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Geschichten aus dem Nichts

Für die Schreiberlingsecke und alle Anderen
von

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Nach der Wache –Aufgabe September -

Nicht jeder Abschied birgt eine spätere Begegnung…
 

Es war mitten in der Nacht gewesen. Obwohl Louis schon lange eingeschlafen war, verweilte Cordula an seinem Bett. Sie lies sich von dem ewig gleichen Rhythmus der ‚Piep‘-Geräusche in Trance versetzen. Doch schon nach kurzer Zeit wurde die Nachtschwester aus ihrer Trance gerissen, als der rhythmische Ton urplötzlich zu einem langen ‚Piep‘ wurde. Sie war schneller auf 100 als ein Porsche, doch all ihre Geschwindigkeit und selbst das Wunder der modernen Medizin konnte es nicht verhindern. Der diensthabende Arzt tat Alles, was in seiner Macht stand, doch der Abschied blieb unausweichlich.
 

Mittlerweile waren sie weg. Nur Cordula blieb zurück. Der Mond hatte sich hinter Wolke versteckt und raubte so dem Zimmer die letzte Helligkeit. Schweigend sah sie Louis an. Sie mussten dem kleinen Jungen das Oberteil ausziehen, so sah Cordula deutlich, zu welch Taten Menschen in der Lage waren, ungeachtet des Alters ihrer Opfer. War das fair? Zögerlich streckte die Schwester ihre Hand nach Louis‘ Brust aus. Sie hatte es schon tausendmal gesehen. Es gehörte zu ihrem Beruf. Doch gegenüber Louis fühlte sie sich wie vor ihrem ersten Toten. Tausendmal, doch bei ihm war es anders. Cordula kniff ihre Augen fest zusammen, als sie ihre flache Hand auf Louis Brustkorb legte. Er war noch warm, dass machte es ihr nicht leichter zu fühlen, wie sich in seinem Inneren nichts mehr tat. Am Liebsten hätte sie sich an Louis ausgeweint, doch sie wollte stark sein. Stark sein für ihren kleinen Patienten, der bis zum letzten Moment stark war. Aber es fiel ihr nicht leicht. Je mehr sie gegen ihre Tränen ankämpfte, desto mehr liefen ihr über die Wangen. War das fair? Wäre das Leben eine Geschichte, sie würde sofort den Rotstift ansetzen und diese Szene durchstreichen. Ein rotes X sollte auf der Seite sein. Louis sollte gesund werden, ins Schwimmbad gehen und dann eine nette Pflegefamilie bekommen. Später würde er dann Lokomotivführer oder Pilot oder Ritter werden, oder das, was Jungs in seinem Alter werden möchten. War das fair? Wäre er nur in der Nachbarfamilie auf die Welt gekommen, hätten sie ihn nie sehen müssen und er könnte jetzt noch… Wie gerne würde sie noch einmal mit ihm reden. Mit ihrem neugierigen Patienten und seinem Wunsch ein Dinosaurier zu werden.

Behutsam zog Cordula ihre Hand zurück und deckte Louis‘ mit blauen Flecken übersäten Körper zu, bis zum Hals.

„L…“ Sie wollte zu ihm sprechen, doch sie war noch nicht bereit dafür. Je länger sie Louis ansah, desto schlechter ging es ihr. Am Liebsten wollte sie sich auf den Boden werfen und Alle verfluchen, doch sie musste stark sein! Stark!

Ihr Schützling…Er sah aus wie immer. Als würde er schlafen. Die Augen geschlossen… etwas blass, doch…schlafend? Aber der Arzt schrieb es… Todeszeitpunkt…War das fair?

Wehleidig sah Cordula auf Louis‘ Arm. Dini lag nicht mehr in diesem. Bei den Wiederbelebungsversuchen war er auf den Boden gefallen. Der Plüschdinosaurier wurde immer mit dem rechten Arm an Louis‘ Körper gehalten. Es war Louis tapferer Arm. Braunülen um Braunülen wurden ihm immer wieder in diesen gelegt. Doch Louis biss immer die Zähne zusammen und drückte Dini an sich. Er war tapfer!

Cordula nahm sich einen Tupfer und entfernte vorsichtig, aber zügig die Braunüle aus Louis‘ Arm. Schnell drückte die Schwester den Tupfer auf die Einstichstelle und hob mit ihrer freien Hand den Plüschdinosaurier an seinen rechtmäßigen Platz.

„Jetzt kannst du frei sein…“, schluchzte die Krankenschwester und legte ihren Kopf auf die Brust des blonden Jungen. Sie konnte nicht mehr stark sein.
 

„Gott geht bestimmt mit dir ins Schwimmbad Louis… Ihr macht euch einen schönen Tag! Und dann geht ihr in den Zoo… Da kannst du dir dann auch Dinosaurier ansehen. Echte… L-Lebende…“ Lebend? Konnte das so stimmen? Lebt er an einem anderen Ort?

„Ist das nicht toll? Du bist der erste Junge der echte Dinosaurier sieht! Dein stachliger Dinosaurier ist bestimmt auch dabei!“ Sanft fuhr Cordula durch Louis‘ Haare und drückte dann den kleinen Jungen an sich. Er war nicht mehr warm, er war kalt. Cordula stiegen wieder Tränen in die Augen. Kalt… War der letzte Rest von Louis fort? Seine Wärme? Seine Seele?

„Hoffentlich hast du Spaß mit den anderen Kindern…“



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  FreeWolf
2012-01-08T10:34:14+00:00 08.01.2012 11:34
Hab' ich nicht kommentiert?
o,o
Oj.

Also.. ich hab' ja schon beim Vorteil geheult. Jetzt heul ich richtig. Cordula ist eine tolle Kinderkrankenschwester, hoffentlich macht sie das nicht kaputt :<
Von:  Jael-chan
2011-09-11T21:24:06+00:00 11.09.2011 23:24
*schnief*
Ich sitz hier gerade heulend vorm Rechner...
Von:  sunshishi
2011-09-04T12:59:24+00:00 04.09.2011 14:59
Hach, ich freu mich so, dass du wieder von Louis schreibst^^

Du hast die Verzweiflung und den bittersüßen Abschiedschmerz sehr gut eingefangen - obwohl es damit ja recht schnell ging. Anfangs war ich etwas verwirrt, weil Louis einfach so gestorben ist, ohne dass du näher drauf eingegangen bist. Aber im Nachhinein finde ich es gut so, weil es eben wirklich so passiert. Man hat nicht immer die Zeit, sich vorher richtig zu verabschieden. Cordula holt das ja dann auch ausgiebig nach *schnüff*

Ein paar Tippfehler sind mir aufgefallen, aber alles in Allem, war es gut geschrieben. Ich mochte die Wiederholung von "War das fair?" und auch die Konzentration auf das Stark sein, was Cordula von sich verlangt bzw. das Tapfer sein, dass sie von Louis kennt. Es macht die Charaktere sehr sympathisch.

Ich wurde sehr gut unterhalten und fand deine Geschichte sehr gelungen^^


Greez
SuShi


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