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Fullmetal Alchemist - Was danach geschah

Was hätte passieren können...
von

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SIEBEN TUGENDEN, SIEBEN VERSCHIEDENE MEINUNGEN, EINE FRAGE

SIEBEN TUGENDEN, SIEBEN VERSCHIEDENE MEINUNGEN, EINE FRAGE
 

„Aber du weißt, was ich gesehen habe, Restraint!“, schrie Humility und sah ihre jüngere, aber intelligentere Schwester wütend an. „Ich dachte, es wäre außer Frage, dass wir etwas tun müssen! Ich meine, wenn wir nichts tun, wird es in der Katastrophe enden!“

„Ich kann nur sagen, was ich schon einmal gesagt habe“, sagte eine fast unwirklich weiche Stimme. Es war die Stimme von Restraint, die Stimme der Mäßigung. Es war eine stets ruhige und sehr leise Stimme. Eine Stimme, die gut zu ihr passte. Restraint war die dünnste der Tugenden. Sie stand kerzengerade neben dem Stuhl, in dem sich Chaste breitgemacht hatte, und hatte eine Hand auf der Schulter des Bruders abgelegt. Restraint hatte hellbraunes Haar und große, tiefgrüne Augen. Sie trug ihre alltägliche Kleidung, ein einfaches graues Kleid, das bis zu ihren Knien reichte, schwarze Strumpfhosen und flache Schuhe. Sie hatte ihren dunkelgrünen Mantel abgelegt, als sie zur Versammlung erschienen war, und in ihren Haaren glitzerten ein paar vereinzelte Regentropfen, die an Diamanten erinnerten.

„Wenn Restraint sagt, dass wir es laufen lassen sollen, dann ist das wohl wie immer die beste Idee“, sagte Chaste leise. Er war ein gutaussehender Mann mit blonden Locken und lachenden blauen Augen. Er saß in seinem Lieblingsstuhl und sah mit seinem sinnlichen Mund und den gut geschnittenen Kleidern wie ein männliches Topmodel aus. Er trug schwarze Jeans, ein weißes Hemd und eine smaragdgrüne Krawatte, die schief saß. Für viele Frauen war er ein Objekt der Begierde, doch er war die Verkörperung der Keuschheit. Die einzigen Frauen, die ihm jemals nahe gekommen waren, waren Restraint und Charity, seine Lieblingsschwestern. Er war älter als die klügste Tugend, aber er war immer nur bei Restraint gewesen. Für ihn war sie mehr als nur eine Schwester. Sie war seine Bezugsperson und alles, was er war, war er durch und für sie. Sie war wichtig für ihn und er wollte sie um nichts auf der Welt verlieren müssen.

„Dass du ihr zustimmen würdest, war so ziemlich das Offensichtlichste auf der Welt“, sagte sein Bruder Goodwill amüsiert. Der schwarzhaarige Mann saß auf seinem Stuhl und fuhr sich kurz mit der Hand durch die schwarzen Haare. Anders als sein Bruder trug er Kleider, die seinen Körper gewollt in Szene setzten und er spielte gerne mit seinem guten Aussehen. Er hatte die Beine übereinandergeschlagen und seine hellroten Augen funkelten. Man hielt ihn oft für einen Ishbalier, weil er rote Augen hatte, dabei war er ein Homunkulus – auch wenn sich die Tugenden gerne von diesem Begriff distanzierten, war er doch meistens sehr negativ konnotiert. Sie wollten nicht mit den sieben Todsünden verwechselt werden und bekamen schon beim Gedanken daran Zustände. Sie nannten sich selbst ‚Boten der Wahrheit’, was ihre wahre Herkunft besser angab. Sie waren keine Menschen und das war für sie kein Problem. Sie waren Gesandte und sie verhielten sich auch wie welche.

„Fall uns doch noch offensichtlicher in den Rücken, Goodwill!“, sagte Restraint gereizt und ließ sich auf die Lehne von Chastes Sessel sinken. „Natürlich halten wir zusammen. Das ist nichts Neues für euch. Es sollte jedenfalls nichts Neues sein. Und auch wenn ihr uns vorwerfen wollt, dass wir Voyeure wären, das ist es nicht. Ich bin nur nicht gewillt, den Plan in Gefahr zu bringen. Wir sprechen hier über besondere Menschen. Menschen mit besonderen Fähigkeiten.“ Sie seufzte schwer. „Habt ihr es vergessen? Fast alle von ihnen haben schon einmal direkt gegen eines der Kellerkinder gekämpft. Zwei von ihnen haben sowohl Lust als auch Envy umgebracht. Nicht, dass einer von uns die zwei Nervensägen jemals als sonderlich sympathisch empfunden hätte, nicht wahr?“

„Es sind Menschen, Darling“, sagte Patience ruhig. „Und Menschen machen Fehler.“

Es war selten genug, dass sich die Geduld einmischte, aber wenn sie es tat, hatte sie immer etwas Wichtiges zu sagen. Sie stand hinter Goodwill und Humility und schleuderte ihre langen goldenen Locken lässig zurück. Äußerlich hatte sie keine Makel. Sie hatte milchweiße Haut, hüftlange Goldlocken und veilchenfarbene Augen. Heute trug sie einen kurzen weißen Rock und ein rosafarbenes Top. Sie hatte ihre Locken mit einem silbernen Haarband gebändigt und wirkte gereizt. Sie war wunderschön und sie war nicht grundlos diejenige, die am leichtesten an Informationen kommen konnte. Sie wirkte auf den ersten Blick cool und weltgewandt. Sie war zwar nicht besonders klug, aber sie war auch nicht dumm. Sie war einfach durchschnittlich begabt. Und sie war diejenige, die Restraint am wenigsten leiden konnte.

„Patience, bitte“, sagte Restraint seufzend und zog ihre Beine an, während sie sich gegen ihren Bruder lehnte. „Ich weiß, dass du, Goodwill und Milly für die Einmischung sind, aber wenn wir es laufen lassen, können sie daran wachsen. Wir sind keine himmlische Truppe, die flügelschlagend ankommt, sobald die Sache aus dem Ruder läuft. Wir müssen sie ihre Fehler machen lassen, das wisst ihr alle. Das steht so in den Regeln.“

„Es würde uns um Jahre zurückwerfen, wenn sie sie verlieren“, sagte Humility und sie klang aufrichtig besorgt, während sie mit ihren Zöpfen spielte.

„Wie schade…“, sagte Chaste und leiser Sarkasmus schlich sich in seine Stimme, während er seinen Kopf auf Restraints Schulter ablegte. „Ich meine, wenn wir wirklich wissen wollen, wie die Sache ausgehen soll, müssen wir es passieren lassen. Wir wissen, wenn wir sie verlieren, verlieren wir eine Menge Zeit, aber wir sollten das Risiko eingehen. Und ich bin bereit, die Verantwortung dafür zu übernehmen.“

„Es war meine Idee, das Risiko einzugehen, also trage ich auch die volle Verantwortung für alles, was passieren kann“, sagte Restraint streng. „Und wenn ich mir sicher bin, dass sich alles zum guten wenden wird, dann ist das meinem Instinkt geschuldet. Was macht dich so sicher, Chaste, das du die Verantwortung tragen willst?“

„Ich beobachte die Menschen seit vielen Jahren“, erwiderte er, „und sie sind niemals in ihren Leben zugleich so stark und so schwach, wie dann, wenn sie lieben. Und echte Liebe ist so selten. So selten, dass ich die Anzeichen kenne. Und wann immer ich in den letzten Jahren echte Liebe gesehen habe, habe ich ihnen ihr Happyend verschafft. Das haben sie verdient. Und weil ich Mr Happyend bin, bekommen auch diese hier ihr glückliches Ende.“

„Einmischung in die Privatleben von Menschen sind verboten, Chaste“, sagte Humility tadelnd. „Und was machen wir, wenn ihr euch irrt?“

„Wir suchen uns neue Menschen und bauen alles von vorne auf“, sagte Restraint, „aber das wird nicht passieren. Ich habe ihn kennengelernt. Er hat dieses entschlossene Funkeln in den Augen. Er hat schon einmal jemanden verloren, der ihm viel bedeutet hat, und er hat sich bei allem geschworen, was er hat, dass er nie wieder jemanden verlieren wird. Und wenn ich eines gelernt habe, in all den Jahren, in denen ich die Menschen beobachte: Sie sind auch dann stark, wenn sie wirklich etwas wollen.“

„Lassen wir es also wirklich am besten einfach laufen“, sagte Charity ruhig und erhob sich aus ihrem Lieblingssessel, bevor sie ihr dunkelblaues Businesskostüm zurechtzupfte und ihre einfache Brille gerade rückte. Sie hatte dieselben goldblonden Locken wie Chaste oder Patience, aber sie war grünäugig und sehr intelligent.

„Wenn ihr meint…“, grummelte Goodwill und sah die geschäftstüchtigste Tugend an. Die beiden waren nie gut miteinander zurechtgekommen. Goodwill fand, dass Charity eine Spaßbremse war, weil sie immer die Regeln befolgte, und sie fand, dass er indiskret und inkompetent war, weil er immer wieder tat, was er selbst wollte und seine Entscheidungen nicht immer durchdachte.

„Wir meinen“, sagte Chaste entschieden und seine Augen leuchteten wie Saphire. Es war ein sehr gefährlicher Gesichtsausdruck.

„Wir meinen“, äffte Patience ihn nach, bevor sie seufzte und den Raum verließ.

„Ich hoffe für euch, dass das gut geht“, sagte Humility, bevor sie ihrer Schwester folgte. Goodwill warf einen Blick auf seine Uhr, bevor sein Gesicht sich erhellte und er aus dem Raum glitt. Offenbar musste er heute arbeiten – in der Kindertagesstätte. Charity küsste Chaste und Restraint kurz auf die Wange, bevor sie ihre Tasche nahm und sich ebenfalls auf den Weg machte.

Chaste stand von seinem Stuhl auf und zog Restraint auf ihre Füße. Sie waren jetzt ganz alleine und er konnte die Sorge in ihren Augen sehen. „Was ist los, Estrai?“, wollte er wissen.

„Spekulieren wir nicht vielleicht zu sehr auf die Gefühle der Menschen?“, fragte sie zurück. „Wir alle setzen darauf, dass ihre Liebe reicht, um sie zu retten. Und dabei kennen wir dieses Gefühl nicht selbst.“ Sie biss sich auf die volle Unterlippe. „Ich habe gelesen und recherchiert, aber ich … ich bin bis heute zu keinem Ergebnis gekommen.“

„Ich verstehe“, sagte er.

„Wir können alles. Wir können lachen und weinen. Wir sind in der Lage, uns Sorgen zu machen. Wir können hassen, aber wir können nicht lieben. Wieso eigentlich nicht? Hass ist doch laut Definition nur umgekehrte Liebe, oder?“

Chaste sah sie mitfühlend an. „Wenn ich wirklich lieben könnte, Restraint, wärst du die einzige, die mein Herz bekommen würde“, sagte er sanft und hielt ihre Hand fest in seiner. „Und wenn ich jemals ein freies Herz bekommen sollte, kriegst du es.“

„Du glaubst an reine Liebe, oder? An eine Liebe ohne Lust…?“

„Darling, wenn ich nicht daran glauben würde, wie könnte ich dir dann mein Herz versprechen? Ich bin schließlich ein Mann von Ehre“, sagte Chaste.

„Ich weiß“, sagte sie und zog ihren Mantel wieder an. „Und wenn ich dein Herz schon kriege, solltest du wenigstens wissen, dass du meins schon seit Jahrhunderten hast.“

Er lächelte leicht. „Wohin gehst du?“, wollte er dann wissen.

„Ich seh’ mir die Show mit eigenen Augen aus der ersten Reihe heraus an. Milly hat uns zwar gezeigt, was ihrer Meinung nach passieren wird, aber ich glaube an die Liebe.“ Restraint lächelte sanft. „Ich seh’ die Tage mal wieder rein. Hoffe, du bist dann auch da…“

Die Tugenden hatten ein großes Anwesen im Osten gekauft und während Humility und Restraint meistens im Land unterwegs waren und es nur selten dorthin schafften, kam Chaste aus verschiedenen Gründen kaum vor die Tür.

„Nach dem letzten Zwischenfall gehe ich nur noch mit einer von euch raus.“ Chaste lächelte fast verlegen. „Ich bin lieber hier, wo man mich nicht die ganze Zeit über anzüglich anstarrt und angrabscht.“

„Du besuchst mich also in Lanchester?“, fragte sie, obwohl sie seine Antwort kannte.

„Nein.“ Er seufzte. „Das gäbe nur Stress mit Patience. Klingt ironisch, ich weiß. Aber sie hasst es, wenn du herkommst. Ich würde zu dir kommen, aber sie bringt mich um – und ich habe nicht mehr so viele Leben.“

„Ich verstehe“, sagte sie leise und küsste ihn kurz auf die Wange, bevor sie davonging. „Bis später!“, rief sie, bevor die Tür zufiel. Sie sagten immer nur ‚Bis später!’, weil sie sich nur so sicher sein konnten, dass sie sich noch einmal wiedersehen würden. Sie hielten beide stets ihr Wort ein.

Immer.

Chaste ging ans Fenster und sah ihr nachdenklich nach. Sie vergaß immer, die Kapuze überzuziehen, wenn es regnete. Er lächelte, als sie aus seiner Sicht verschwand. „Bis später, Estrai“, sagte er leise.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Rhyo
2011-10-01T11:35:24+00:00 01.10.2011 13:35
Naja es ist doch offensichtlich dass sie über Mustang geredet haben.
"Das Funkeln in seinen Augen..." "... Lust und Envy getötet..."

Die Tugenden sind toll ^^
Besonders Chaste *_* neuer Lieblingscharakter xD (von den OCs)
Restraint mag ich auch, ist ja eigentlich klar dass Keuchheit und Mäßigung zusammengehören =D
Diligence kam bis jetzt noch nicht vor, soweit ich mitbekommen habe ist sie die einzige die bei dem Gespräch nicht da war...
Von:  DarkDragon
2011-06-19T17:07:31+00:00 19.06.2011 19:07
Was haben diese Tugenden nur vor und wenn meinen sie? Eine coole Idee von die "Tugenden" als Humukuli anstatt den "Sünden"

lg


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