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Fullmetal Alchemist - Was danach geschah

Was hätte passieren können...
von

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DER PFAD DER HOFFNUNG

DER PFAD DER HOFFNUNG
 

Bahnhof von East City
 

„Du wusstest von dem Tattoo, bevor sie es uns gezeigt haben“, sagte Scar, als er zusammen mit Serena durch den Bahnhof ging. Er musste ein paar Fragen loswerden und als die Hausfrau gesagt hatte, dass irgendwer ein bestimmtes Medikament für sie abholen musste, damit sie nicht krank werden konnte, waren sie freiwillig gegangen. Und er war nicht überrascht, als seine einzige wirkliche Freundin keinerlei Anstalten machte, es zu leugnen. Sie war ehrlich, ehrlicher als die meisten anderen Menschen.

„Ich hatte es geahnt“, sagte Serena leise, während ihre verschiedenfarbigen Augen durch den Raum huschten. „Du musst wissen, dass Helena und ich dasselbe getan haben. Wir haben überlegt, wie wir unsere Aufzeichnungen am besten verschwinden lassen könnten, ohne jedoch irgendein schriftliches Beweisstück zu hinterlassen. Und sie hat die Idee gehabt, dass wir uns gegenseitig die Forschungen anvertrauen. Auf meinen Schultern lastet ihr gesamtes Werk. Wie gesagt, sie hat ein Talent für organische Transmutation und damit auch Heilalchemie. Wenn sie damals nicht schon so gut gewesen wäre, würde ich hier nicht stehen und mit dir sprechen können. Und sie ist nicht nur meine Lieblingsschwester, weil sie mir das Leben gerettet hat. Sie ist meine Lieblingsschwester, weil sie die Grundlagen unserer Mutter nicht verraten hat.“

Scar sah sie an. „Du trägst also auch einen solchen Kreis auf dem Rücken?“, fragte er.

Sie nickte langsam. „Helenas Forschungen sind genial. Sie hat sie mir alle gezeigt, damit ich wusste, dass sie es wert sind, dass ich meinen Rücken dafür opfere“, sagte sie. „Sie ist – falls sie noch am Leben sein sollte – sicherlich auf der Suche nach mir. Sie muss etwas nachlesen, das hat sie mir gesagt, als wir uns zum letzten Mal gesehen haben. Sie hat ein paar Freunde, die vom Militär zu Chimären gemacht worden sind – und sie hat sich geschworen, sie wieder in ihre alten Körper zurückzubringen. Und du sagst zwar immer, dass ich stur wäre, aber sie übertrifft mich um Längen. Könnte daran liegen, dass sie…“

„…wesentlich mehr Übung hat, sehr richtig“, sagte eine helle Stimme hinter ihnen und sie drehten sich eilig um. Dort stand Captain Helena Hamilton in voller Uniform. Die langen silbernen Haare, ein Tribut an ihre ishbalischen Vorfahren, wallten offen um ihre Schultern und ihre violetten Mandelaugen sprühten Funken. Sie war attraktiv, daran gab es keinerlei Zweifel. Sie hatte einen leicht gebräunten Teint und denselben Mund, dieselbe Nase und sogar dieselben Ohren wie ihre jüngere Schwester. Die beiden sahen so aus, als wären sie aus derselben Form geschlagen und dann jedoch unterschiedlich eingefärbt worden.

„LENA!“, kreischte Serena und rannte los, um ihrer Schwester um den Hals zu fallen. „Mann, ich habe wie ein Baby geheult, als ich gehört habe, dass du dumme Nuss dich hättest erschießen lassen! Du darfst mir nie mehr so ’nen Schreck einjagen!“

„Ich merke es mir, Süße“, sagte Helena und tätschelte ihren Kopf, während sie sie herzlich umarmte. Dann sah sie über den silbriggoldenen Kopf hinweg und ihre Amethystaugen trafen auf Scars Rubinaugen. „Danke“, sagte sie schlicht. „Danke, dass Sie auf meine kleine Schwester aufgepasst haben. Ich weiß nicht, wer Sie sind, aber ich kann Ihnen gar nicht genug danken.“ Dann wandte sie sich wieder ihrer jüngeren Schwester zu und aus ihrem Mund sprudelte ein Wortschwall hervor, den kein anderer verstehen konnte. Sie sahen nur, dass Serena hochrot anlief und energisch den Kopf schüttelte, bevor sie auf ebenso unverständliche Art und Weise antwortete.

„Hallo, Scar“, sagte Darius und schüttelte die Hand des Mannes. „Mann, die Hamilton hat uns quasi gekidnappt!“

„Wow, ich hätte nie gedacht, dass ihr zwei euch mal verschleppen lassen würdet“, sagte der Narbenmann amüsiert. „Und wer sind die neuen Freunde? Auch Chimären wie ihr?“

„In der Tat“, sagte Tabea amüsiert und lächelte katzenhaft. „Ich wurde mit einem Tiger transmutiert, das macht mich hin und wieder ein bisschen aggressiv, aber solange man mich in Ruhe lässt, kann ich mich ganz gut konzentrieren…“

Die beiden Schwestern ließen kurz voneinander ab und als Helena ihre Stimme wieder in den Griff bekommen hatte, wischte sie eine Träne von der Wange ihrer Schwester ab und sah Serena ernst an. „Du weißt, was mich hierhergeführt hat, Rena“, sagte sie mit weicher Stimme. „Ich brauche die Aufzeichnungen, wenn ich ihnen helfen will. Ich habe versucht, es aus dem Gedächtnis zu machen, aber du erinnerst dich doch noch an den Verkehrsunfall, den ich zwei Wochen nach der Tätowierungssache hatte. Ich habe mich an nichts mehr erinnern können. Du ahnst gar nicht, wie unglaublich frustriert ich deswegen bin. Nicht mehr zu wissen, was ich jahrelang erforscht habe…“

„Mach dir keine Sorgen deswegen, Lena“, sagte Serena aufmunternd. „Du darfst meinen Rücken immer sehen, wenn du ihn sehen musst. Kann ich daraus schließen, dass du kurz vor dem Durchbruch stehst? Hast du es fast geschafft?“

Scar sah die beiden Schwestern an. Sie waren beide Alchemistinnen und das war der Unterschied zu ihm und seinem eigenen Bruder. Er sah in den seltsam gefärbten Mandelaugen seiner besten Freundin eine Bewunderung, die ihn überraschte. Sie schien zu ihrer älteren Schwester mit mehr als nur Respekt aufzublicken. Es war fast schon eine Art von Verehrung für die ältere Frau. Und auf der anderen Seite schien Helena Hamilton eine sehr weiche Seite zu haben. Die Art, wie sie ihre Schwester umarmte. Das hier war mehr als nur die Beziehung zwischen zwei Schwestern. Die beiden mussten zusammen durch ihre ganz persönliche Hölle gegangen sein.
 

Das verlassene Anwesen der Hamiltons – Im Jahre 1911
 

Die junge Serena sah ihre ältere Schwester an. „Wir … wir müssen es tun, richtig?“, fragte sie, aber sie klang fast so, als ob sie sich selbst nicht glauben würde.

Helena nickte langsam und streckte die Hand aus, um ihre Schwester an der Hand zu berühren. „Du weißt, wir haben keine andere Wahl“, sagte sie sanft. „Tun wir es nicht, wird Kay unsere Forschungen bekommen. So leid es mir auch tut, Rena, wenn wir diese Katastrophe verhindern wollen, müssen wir es tun.“

Die jüngere nickte und zog ihre Augenklappe aus. „Du hast Recht, Helena“, sagte sie, während sie die Unterlagen an ihre Brust presste. „Soll ich anfangen … oder willst du?“

„Fang bei mir an“, sagte Helena leise und streifte ihr Pyjamaoberteil ab, während sie sich auf den Bauch legte. Sie wusste, dass es wehtun würde. Sie wusste, dass es ein Schmerz sein würde, wie sie ihn noch nie zuvor empfunden hatte. Aber sie wusste auch, dass es richtig war, dass sie diesen Schmerz jetzt entgegennahm. Würde sie sich weigern, würde Kay ihre kostbaren Forschungen für eigene Zwecke missbrauchen. Und dann würde es für die sensiblere Schwester so sein, als ob sie in Flammen stehen würde. Deswegen war es besser, wenn sie jetzt diesen Schmerz annahm. Lieber für einig Wochen entsetzliche Rückenschmerzen als für den Rest ihres Lebens seelische Qualen, weil sie es nicht verhindert hatte, als sie noch die Möglichkeit gehabt hatte. Auch wenn Helena es nicht einmal sich selbst eingestehen wollte, wusste sie, dass Kay und auch Nerissa viel zu weit gegangen waren. Kay, die sich nur noch für die militärische Ausrichtung interessierte, war seit dem Tod der Mutter nicht mehr Herrin ihrer Sinne. Nerissa, die den rechten Pfad auch schon lange hinter sich gelassen hatte, forschte an einer Theorie zur menschlichen Transmutation. All das war Helena natürlich nicht entgangen, aber sie wollte es einfach nicht wahrhaben. Sie wollte nicht glauben, dass ihre Schwestern langsam zu Monstern wurden. Aber sie wusste, dass sie es nicht mehr verhindern konnte.

„Es tut mir so unglaublich leid, dass ich dir wehtun muss, Lena“, sagte Serena leise, während sie die Vorlage für das Tattoo auf Helenas Kopf ablegte. „Du wirst es mir nie im Leben wieder verzeihen können, aber ich will, dass du weißt, dass du wirklich der einzige Mensch auf der gesamten Erde bist, dem ich genug vertraue, um es ihm anzuvertrauen. Du wirst mich irgendwann sicherlich dafür hassen, aber ich bin dir so dankbar.“

„Du schindest Zeit, Serena“, sagte Helena, während sie ihre Hände in der Bettdecke vergrub, um sich darin festzukrallen. „Und ich weiß, dass es der einzige Weg ist, diese Sache zu einem friedlichen Ende zu bringen. Ich habe auch Angst, aber ich weiß, dass du mir nicht mehr wehtun wirst als nötig.“ Sie sah ihre Schwester an. „Fang an, Rena. Ich will es schnell hinter mich bringen, weißt du das? Ich will, dass ich morgen früh einen tätowierten Rücken habe, der deine Geheimnisse beherbergt.“

„Ich fange jetzt an“, sagte Serena warnend. Eine alchemistische Tätowierung erforderte viel mehr Aufmerksamkeit als eine gewöhnliche Tätowierung. Und es war auch sehr viel schmerzhafter. Helena biss in eines der Kissen, um nicht zu schreien, als die Nadel durch ihre Haut fuhr, um die Tinte direkt unter die Haut zu setzen. Sie hatte sich für hellblaue Tinte entschieden, weil sie hoffte, dass diese Farbe nicht so sehr auffallen würde. Und Serena zögerte nicht mehr, sobald sie einmal begonnen hatte, weil sie es einfach nur zu Ende bringen wollte. Sie war nicht sadistisch veranlagt und sie spürte, dass Helena schier unbeschreibliche Schmerzen auf sich nahm.

Die Schwestern sprachen nicht, bis es vollbracht war und ein riesiges, hellblaues Tattoo den gesamten Rücken der silberhaarigen Teenagerin bedeckte. Sie hatten sich für die Nacht zu Helenas zwanzigstem Geburtstag entschieden. Es war eine Nacht, in der ihre Schwestern traditionell nicht im Haus waren. Trotzdem hatten sie die Tür zu ihrem Zimmer mit Alchemie ausradiert. Sie wollten nicht, dass ihre Schwestern es erfuhren.

„Wie sieht es aus?“, fragte Helena, als Serena sich erschöpft auf die Seite fallen ließ. Die sonst so klare Stimme der jungen Frau war heiser, weil sie so viele Schreie mit Gewalt unterdrückt hatte.

„Ein bisschen rot, aber irgendwie ziemlich … sexy“, sagte Serena, während sie das Pyjamaoberteil vor ihrer Schwester ablegte, damit Helena es wieder anziehen konnte. Zur selben Zeit zog sie ihr eigenes Schlafanzugoberteil aus und legte sich ebenfalls auf den Bauch. Sie wusste, dass Helena wieder die Starke gespielt hatte – und sie war ihr dankbar dafür. Es war schon schlimm genug, dass sie dazu gezwungen waren, sich gegenseitig so zu brandmarken, aber wenn Helena geschrien hätte, hätte Serena niemals die Kraft gehabt, das Tattoo zu vollenden.

„Dann ist ja alles im grünen Bereich“, sagte Helena, während sie einen letzten Blick auf ihren eigenen Entwurf warf, bevor sie den Blick über den blassen Rücken ihrer kleinen Schwester schweifen ließ. „Und du bist dir sicher, dass es schwarze Tinte sein muss?“, fragte sie noch einmal.

„Helena, ich habe eine Schwäche für die Klassiker“, sagte Serena und verdrehte die Augen. Ihre Schwester wollte ganz offensichtlich nicht damit anfangen, aber sie musste es.
 

Als Kay und Nerissa am nächsten Morgen in Helenas und Serenas Zimmer kamen, lagen die beiden jüngeren Schwestern schlafend in ihren Betten.

„Ich dachte, wir wären gestern Nacht feiern gewesen“, sagte Nerissa. „Die beiden sehen so aus, als hätten sie eine sehr unruhige Nacht gehabt.“

Kay zuckte nur mit den Schultern. „Dann lassen wir sie jetzt eben schlafen und gehen ohne sie in die Bibliothek“, sagte sie gelangweilt. „Ich wette, sie haben die ganze Nacht nur Schlussfolgerungen aufgeschrieben. Sie sind schließlich so kleine, brave Mädchen. Sie sind viel zu langweilig, um jemals etwas anderes zu tun.“

Nerissa seufzte schwer. „Vielleicht hast du Recht“, sagte sie, während ihre Gedanken wieder einmal zu ihren Forschungsmanuskripten wanderten. Sie hatte eigentlich gar keine Zeit, sich um ihre jüngeren Schwestern zu sorgen. Sie musste forschen und das war alles, was sie interessierte. Sie unterschrieb zwar immer brav die Einverständniserklärungen, wenn Serena einen Klassenausflug machte, aber eigentlich nahm sie am Leben ihrer Familie nicht mehr wirklich teil. Nerissa war eine hübsche junge Frau. Sie war die einzige Tochter, der man die Einschläge Ishbals, Xings und Cretas nicht ansehen konnte. Sie hatte langes blondes Haar und tiefblaue Augen. Und nichtsdestoweniger sah sie nicht auf ihre Schwestern hinab. Sie wusste, dass Helena und Serena sich mit ihrem ishbalischen Blut hin und wieder ein wenig schwertaten, weil es besonders in Serenas Fall nur so schwer zu verbergen war, aber gleichzeitig waren die beiden jüngsten auch sehr stolz darauf, das Blut so vieler Völker in sich zu tragen. Das hieß nämlich auch, dass sie viele verschiedene Gesichtspunkte verstehen konnten.

„Natürlich habe ich Recht“, schnappte Kay und warf die roten Haare zurück. „Ich kann nur nicht verstehen, wieso du nicht verstehst…“

„Ich verstehe sehr gut, Kay“, sagte Nerissa herablassend und drehte sich um. „Um genau zu sein, verstehe ich sogar besser als jeder andere. Ich rate dir nur, dich ein bisschen mehr zurückzuhalten.“
 

Ein Zimmer in einem billigen Hotel – East City – Gegenwart
 

Helena hatte ihren Untergebenen eine Woche frei gegeben, damit sie sich in Ruhe in der Stadt umsehen konnten, während sie selbst die Informationen von ihrer Schwester holen würde. Scar hatte einen Sergeant vor dem Eastern Hauptquartier abgefangen und ihm Geld dafür gegeben, damit er Izumi ihre Medizin bringen würde. Aber für Scar war es nicht diskutabel, dass er Serena alleine lassen würde, auch wenn Helena wie eine Frau aussah, die sich nicht nur um sich selbst, sondern auch noch um andere kümmern konnte. Die beiden Schwestern waren im Nebenzimmer und von Zeit zu Zeit konnte der Ishbalier Worte aufschnappen. Er hatte seine eigene Sprache zunächst nicht erkannt, weil sie nicht in die Münder der Mädchen gehörte. Die beiden waren zu jung, um diese Sprache gelernt haben zu können, aber wie so oft schien es Serena nicht zu interessieren, ob ihr Verhalten Sinn ergab. Helenas Aussehen war so ungewöhnlich, dass er unter normalen Umständen Wochen gebraucht hätte, bevor er erkannt hätte, dass auch in ihr das Blut seines Volkes floss, aber jetzt ergab es irgendwie Sinn. In ihrem Fall floss das Blut dreier Völker in ihren Augen zusammen. Xing hatte für die Mandelform gesorgt und Amestris und Ishbal hatten für die ungewöhnliche Färbung gesorgt.

„…natürlich!“ Helenas Stimme durchschnitt die Stille, die kurz eingetreten war. Der Ausruf wurde von einem kleinen Lachen verfolgt. „Himmel, wie dumm war ich eigentlich? Ich hatte die Lösung schon einmal gefunden. Wieso war ich nur so töricht, das wieder zu vergessen? Serena, wenn du mir ein bisschen hilfst, müsste ich es schaffen, sie wieder in ihre richtigen Körper zurückzuführen. Es ist eine harmlose kleine Transmutation, aber ich habe zurzeit gewisse Probleme mit dem direkten Alchemieeinsatz. Meine Kreise sind zurzeit nicht wirklich rund, weil ich mir auf der Flucht den Arm gebrochen habe.“

„Wenn du mir hilfst, Helena, helfe ich dir auch“, sagte Serena leise. „Was sagst du?“

„Ich bin Alchemistin, Süße. Wenn man mir einen Äquivalenten Tausch vorschlägt, kann ich einfach nicht Nein sagen“, sagte die Ältere. „Du erinnerst dich noch an den linken unteren Kreis? Denn brauchen wir. Eigentlich ist es erschreckend leicht, jemanden wieder zurückzubringen, aber ich bin so vergesslich geworden…“

„Gut.“ Serena klang nervös. „Das Militär ist hinter mir her. Es will meine Alchemie, aber ich kann sie ihm nicht geben. Das Dumme ist nur, dass Kay Generalmajor Armstrong auf mich angesetzt hat. Armstrong will meine Alchemie für Briggs. Ich kann es verstehen, es ist dort sicherlich nützlich, Wasseralchemie zu besitzen, aber das ändert nichts…“

„Einer der Gründe, dass ich hier bin, ist, dass mir meine Informanten im Untergrund von Kays furiosem Aufstieg berichtet haben. Für jemanden, der die Briefe nicht gelesen hat, hat sie eine ziemlich gute Vorstellung von dem, was der gute alte Master Hawkeye sein ganzes Leben lang erforscht hat.“

„Er hat es seiner Tochter aufgebürdet“, sagte Serena verbittert. „In unserem Fall war es ein Äquivalenter Tausch. Wir haben beide etwas geopfert und etwas bekommen. Aber sie hat nur ihren Rücken geopfert. Was … was hat sie dafür bekommen?“

Helenas Stimme wurde noch etwas leiser. „Mach dir keine Sorgen, Rena“, sagte sie sanft und ihr Tonfall war liebevoll. „Ich bringe alles wieder in Ordnung. Ich sorge dafür, dass sie dich nicht bekommen. Wenn jemand kommt, der dich verschleppen will, wird er sehr schnell Bekanntschaft mit der aggressiven Ausprägung meiner Alchemie machen. Ich bin nicht so verrückt wie Kay, ich nutzte sie nicht im großen Stil für Zerstörung, aber das wäre nur Selbstverteidigung, Notwehr, wenn du so willst.“

„Und was soll ich tun?“, fragte Serena verzweifelt. „Das Militär ist überall! Wenn sie jemals herausfinden, wo ich bin, werden sie mich dazu zwingen, meine Geheimnisse zu verraten. Helena, du musst mir sagen, was ich tun kann, um das zu verhindern!“

„Wo versteckt man einen Baum am besten?“, fragte die ältere Schwester. „Genau, in einem Wald. Wenn ich an deiner Stelle wäre, würde ich selbst ins Militär eintreten. Du hast unserem Land immer dienen wollen. Wenn du zum Militär gehen würdest, wärst du diesem Ziel einen guten Schritt nähergekommen. Ich würde dich unter mein Kommando stellen und was immer auch passieren würde, niemand könnte deine Fähigkeiten zu Mord und Totschlag missbrauchen. Du wärst sicher, Serena. Du müsstest keine Angst mehr haben. Nie wieder. Du könntest in Frieden leben und weiter forschen.“

„Ich … ich will nicht in den Westen“, sagte die andere leise. „Mir gefällt es in Ishbal. Ich fühle mich dort wohl und ich habe Freunde gefunden. Ich würde tun, was du mir rätst, weil du bisher noch immer Recht behalten hast, aber diesmal…“

„Wenn ich im Westen hätte bleiben wollen, hätte ich das auch einfacher haben können“, sagte Helena. „Nein, ich wollte mich um eine Versetzung in den Osten bemühen. Ich weiß, dass Mutter in Ishbal einiges kaputtgemacht hat, aber ich will es wiederaufbauen. Mein Timing mag diesmal bemerkenswert schlecht sein, weil ihr fast fertig seid, aber wenn ich es schon nicht mehr wiederaufbauen kann, will ich es jetzt beschützen.“

„Du bist wirklich eine bemerkenswerte Persönlichkeit, Helena“, murmelte Serena. „Du weißt, dass du im Westen ausgezeichnete Karrierechancen hattest – und willst nach Ishbal gehen? Das wäre das Ende deiner Karriere – und das weißt du auch!“

„Vielleicht ist es das Ende, vielleicht ist es aber nur ein Umweg auf meinem Weg“, sagte sie. „Ich habe überlegt, ob ich eine Staatsqualifikation ablegen sollte. Damit würde ich sofort um einen Rang nach oben befördert werden. Was sagst du?“

„Du wärst eine gute Staatsalchemistin, Lena, aber denkst du wirklich, dass es das ist, was du willst?“ Serenas Stimme war von leichten Zweifeln, aber zugleich auch Optimismus geprägt.

„Ich muss dieses Land vor Kays Wahnsinn beschützen. Glaub mir, es fällt mir nicht leicht, aber es ist der Weg, der mich nach oben führen wird.“ Helena klang so, als wäre ihre Entscheidung schon vor langer Zeit gefallen.
 

Armstrongs Villa
 

Als Riza Hawkeye wieder zu sich kam, brauchte sie ein paar Sekunden, bevor sie wusste, wo sie war. Sie starrte eine kunstvoll verzierte Zimmerdecke an und lag in einem viel zu großen Bett. Das Bett war tatsächlich so riesig, dass es sie fast verschlang. Und als sie sich langsam aufrichtete, merkte sie schnell, dass sie nicht alleine war. Vor dem Bett standen Izumi und Sig Curtis sowie ihr Vorgesetzter.

„Sie haben uns einen ganz schönen Schreck eingejagt, als Sie plötzlich nähere Bekanntschaft mit dem Parkett machen wollten, Miss Hawkeye“, sagte Izumi ruhig. „Ist es schon häufiger vorgekommen, dass Sie einfach das Bewusstsein verloren haben?“

„Als ich ein Kind war“, sagte die Blondine leise, „aber als ich älter wurde, hat es von selbst aufgehört. Es war nur der Schock. Ich … ich habe mich an etwas erinnert, was ich für immer vergessen wollte. Es waren Serenas Augen. Saphirblau und rubinrot ist eine sehr ungewöhnliche Kombination, nicht wahr? Und das eine Mal, dass ich solche Augen zuvor gesehen habe, war an dem Tag, an dem mein Vater mir das da aufgebürdet hat.“

Mustang setzte sich auf die Bettkante und strich über ihre Schulter. „Mach dir keine Sorgen, Riza“, sagte er sanft. „Es ist schon in Ordnung. Wir werden alles wieder in den Griff bekommen. Ich verspreche es dir. Da jetzt mehr Leute von dem Tattoo wissen, gibt es auch mehr Leute, die das Geheimnis bewahren können.“

Sie nickte nur und lehnte ihren Kopf gegen seine Schulter. „Danke“, sagte sie.

„Ist schon okay, Riza“, sagte er leichthin.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Rhyo
2011-09-06T21:32:24+00:00 06.09.2011 23:32
Ich mag die Schwestern irgendwie nicht...
Naja, Serena ist ganz okay, aber von den anderen halte ich nicht viel =)
Kay ist das totale Miststück, die will nur Krieg führen, Helena wirkt teilweise ziemlich aggressiv und unfreundlich, und Nerissa... naja die ist sowieso schon tot =/
Wo ist eigentlich Scars Meister hin?
Irgendwie wurde der plötzlich vergessen xD
Von:  DarkDragon
2011-06-01T17:25:30+00:00 01.06.2011 19:25
Endlich haben die Schwestern sich wieder^^ Aber die älteren Schwestern sind ganz schön schrecklich, naja eine davon lebt ja nicht mehr. Ich fand es gut das Scar ihr nicht mehr von der Seite Weichen wollte.
Der Schluss war irgendwei knuffig.
lg


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