Hafenstadt der Liebe (überarbeitet)*
3.Kapitel
Hafenstadt der Liebe
Die Augen der Waldelbin glänzten, als sie durch Dunac ritten. Naminé war bisher nur ein Mal am Meer gewesen, und das auch nur um zu baden. Doch der Anblick, der sich ihr hier bot, übertraf alles!
In der Ferne ließ die Sonne tausende Sterne im Meer erstrahlen und die Schiffssegel bewegten sich sanft im Wind. Die Gassen in Dunac waren eng, dennoch war die ganze Stadt einfach malerisch.
Für Naminé sah die Stadt aus, als wäre sie aus einem Bild entsprungen
Sias entging nicht, dass sich Naminé aufgeregt umsah. Insgeheim wunderte ihn dies nicht. Es war wahrscheinlich das erste Mal, dass die Waldelbin ihr Reich verlassen hatte. Weiter als nach Vale war sie nie gekommen.
Hoffentlich fällt ihre Lüge nicht auf, dachte sich der Elbenjäger, und hatte auch schon eine Möglichkeit gefunden abzuhauen, falls Naminés Herkunft aufflog.
Sias ritt voraus. Er steuerte direkt auf den Hafen zu. Ab und zu blickte er sich nach Naminé um. Er wollte nicht, dass die Elbin ihm verloren ging, er hatte keine Lust die ganze Stadt wegen ihr abzusuchen.
Kurz bevor die beiden die Hafenanlage betraten, fiel eine ältere Frau vor die Füße des Pferdes der Waldelbin. Gerade noch zog Naminé an den Zügeln, sonst hätte Lane die Frau zertreten. „Ist etwas passiert?!“, fragte Naminé sofort aufgebracht, sprang aus dem Sattel ihres Pferdes und kniete sich zu der alten Dame.
„Alles in Ordnung?“.
Sias hatte sein Pferd inzwischen zu den beiden Frauen gewendet und wartete ab. „Danke. Ich bin nur ausgerutscht“, sagte die Frau und lächelte Naminé schwach an, während diese ihr aufhalf.
„Sollen wir euch zu einem Heiler bringen?“.
Die Waldelbin wusste selbst, dass der Dame nichts passiert war, doch sie wollte nicht, dass die Frau meinte, Naminé sei unhöflich. Die Frau verneinte. „Nein, danke Mädchen“. Naminé ließ die Frau los und diese drehte sich kurz zu ihr um. „Ihr seid ein sehr nettes Mädchen. Ich hoffe, dass euch in Dunac niemand den Kopf verdreht“.
„D….Den Kopf verdreht?“, fragte sie die Frau und blinzelte sie an.
„Dunac ist die Stadt der Liebe, mein Schätzchen. Unsere jungen Männer schnappen sich alles, was nicht bei drei aus dem Weg ist. Passt gut auf euch auf!“, sagte sie zum Abschied und verschwand im Getümmel.
Naminé blickte ihr eine Weile nach, bis sich Sias plötzlich räusperte.
„Können wir weiter reiten?“.
Die Waldelbin drehte sich um. Sie hatte den Elbenjäger total vergessen! Sie nickte, und stieg auf ihr Pferd. Sias wendete sein Pferd wieder in die andere Richtung und die beiden ritten weiter. „Was meinte die Frau mit Stadt der Liebe?“, fragte sie Sias plötzlich.
Der Elbenjäger seufzte. Manchmal glaubte er, er war mit einem kleinen Kind unterwegs! „Wie sie schon erklärt hat: Halte dich von den Männern hier fern. Eine schwangere Elbin ist keine gute Jägerin“, sagte er sarkastisch. Naminé sah seinen Rücken böse an. „Für wie naiv hältst, du mich?!“. Sias zuckte mit den Schultern. „Halte dich besser immer an mich. Ich will dich nicht aus fremden Betten zerren“.
Sias hielt sein Pferd vor einem Schiff an. Es lag ziemlich am Ende der Hafenanlage und machte einen sauberen Eindruck. In schwarzen Buchstaben war der Name Morgenstern auf dem Schiffsbug gemalt.
„Was wollen wir hier?“, fragte Naminé ihn und klang ein wenig ärgerlich. Sie hatte seine Bemerkung nicht vergessen …
„Ich suche eine Überfahrt für uns. Der Kapitän dieses Schiffes schuldet mir noch etwas“, sagte er und stieg von seinem Rappen ab. „Du wartest hier“, sagte er, im Befehlston und Naminé gehorchte. Sie hatte sowieso keine Lust ihm bei seiner Überredungskunst zuzusehen. Naminé sah sich währenddessen neugierig um.
Entlang der Hafenanlage waren viele Geschäfte und Wirtshäuser und kreischende Möwen saßen überall, auf den Schiffen, den Dächern der Häuser sowie auf den Stegen, die zu den Schiffen führten.
Naminé schloss die Augen und atmete tief die frische, unbekannte Meerluft ein, sie schmeckte sehr salzig. Der Geruch beruhigte die Waldelbin ein wenig.
Plötzlich legte sich eine Hand auf ihren Oberschenkel. Sie öffnete die Augen. Neben ihr stand ein Matrose. Er schien ungefähr 23 Jahre alt zu sein und sah die Elbin grinsend an.
„Na? Bist du hier ganz alleine? Wenn du willst, kann ich dir Dunac zeigen. Du siehst nicht so aus als wärest du von hier“. Naminé sah ihn zuerst verwirrt an, bevor sie antwortete: „Nein, ich möchte Dunac nicht ansehen. Ich warte auf jemanden“.
Naminé hoffte, dass sie ihn mit dieser Halblüge abwimmeln konnte. „Ach, komm schon! Es dauert auch nicht lange!“, bettelte dieser stattdessen und verstärkte den Griff um Naminés Bein. Die Waldelbin schwenkte ihr Pferd ein wenig zur Seite, und der Matrose ließ ihr Bein los.
„Wie schon gesagt: Ich warte hier auf jemanden!“, wiederholte sie diesmal in einen schärferen Ton. Der Gesichtsausdruck des Matrosen verfinsterte sich. „Dann eben nicht!“, sagte dieser wütend und zog von dannen. Ein kleines, triumphierendes Lächeln, zeigte sich auf den Zügen der Elbin. Von wegen sie konnte nicht auf sich selbst aufpassen!
„In 2 Tagen, früher kann ich nicht ablegen“, sagte Kapitän Charlie zu Sias, und der Elbenjäger sah ihm an das ihn diese Situation unangenehm war. Sias seufzte niedergeschlagen.
„Gut. Einverstanden“, sagte dieser und ein paar Goldmünzen wechselten den Besitzer. Der Kapitän zählte das Geld schnell nach, bevor er es einsteckte. „Danke für dein Verständnis, Sias“. Sias winkte ab. „Ich zahle nur für die Überfahrt, nicht für das Essen. Das ist das Mindeste, was du mir schuldest“. Der Kapitän lächelte leicht.
„Ja. Ich weiß. Ohne dich würden meine Mannschaft und ich auf dem Grund der See liegen“. „Es war meine Pflicht. Du hast mich als Wächter eingestellt“, sagte Sias und zwinkerte seinen alten Freund zu.
Sias war vor etwa 2 Jahren auf Charlies Schiff als Wächter angeheuert worden. Sie sollten eine Ladung Gewürze von Dunac aus in die Nordregionen dieses Land bringen. Dort treiben sich oft Piraten herum, doch Sias war mit ihnen fertig geworden, und seitdem traute sich keiner mehr die Morgenstern anzugreifen. Er war dem jungen Mann sehr dankbar dafür. Charlie wanderte an die Reling und beobachtete für eine Weile ein junges Mädchen, das sich mit einem Matrosen unterhielt.
Er grinste, als dieser beleidigt von dannen zog. „Gehört die zu dir?“, fragte er Sias und der Elbenjäger trat neben Charles. „Ja. Gezwungenermaßen“, gestand er ihm und knirschte mit den Zähnen. „Sie ist eine Waldelbin“, stellte Charlie fest und sah ihn schief an. „Seit wann nimmst du deine Feinde mit auf Reisen?“. Sias verzog kurz den Mund. „Sie will Rache an dem Mörder ihres Bruders nehmen“, erklärte er knapp.
„Ach? Und du hilfst ihr dabei?“, fragte er Sias und zog die Augenbrauen hoch. „Nicht ohne einen Hintergedanken“, gestand er und lehnte sich neben ihm. „Ich weiß, wer ihn umgebracht hat. Es war auch die gleiche Person, der mir das Wichtigste genommen hat“, flüsterte er kaum hörbar, und der Wind strich durch sein schwarzes Haar. Charlie wusste, wovon er sprach.
Sias hatte ihm diesen Teil seiner Vergangenheit, im Suff, anvertraut. Da Charlie ein Ehrenmann war, würde er niemals jemanden davon erzählen.
Der Kapitän nickte kurz. „Pass gut auf sie auf. Sie scheint ein nettes Mädchen zu sein“. Sias antwortet darauf nicht, sondern verließ das Schiff. „Bis in 2 Tagen!“.
Naminé schielte Sias an. Sie saß mit dem Elbenjäger in einem Gasthaus, nahe des Schiffes und ihr entging nicht, wie sie die Matrosen anstarrten.
„Wir hätten, wo anders hingehen sollen“, flüsterte sie ihm kaum hörbar zu und dieser nickte. Er glaubte zwar nicht ganz, dass es weiter oben in der Stadt ruhiger war. Genauer gesagt, dass dort oben niemand Naminé beachtete, doch er wollte es ihr nicht sagen. Außerdem wollte der Elbenjäger zu dieser späten Stunde nicht mehr durch ganz Dunac laufen. Einwenig verstand Sias die Blicke der Matrosen.
Naminé war wirklich hübsch, doch sie war eine Waldelbin! So etwas durfte er nicht mal annähernd denken! Sias seufzte. „Wir können morgen Abend auf dem Schiff schlafen, wenn du willst“, sagte er schließlich zu ihr.
„Wirklich? Geht das?“. Sias nickte. Charlie würde sich schon irgendwie umstimmen lassen. Neben Naminé und ihm ließ sich plötzlich jemand nieder. Die Waldelbin sah den ungebetenen Sitznachbar an, es war der gleiche Matrose wie vorher.
„Auf den hast du gewartet?! Du weißt schon es gibt schönere Männer hier in Dunac“, sagte er zu ihr und sah Sias an. Der versuchte ihn, vorerst zu ignorieren.
„Ach? Du glaubst du bist hübscher?“, sagte Naminé sarkastisch und schüttelte den Kopf. „Da ist ja noch ein einäugiger Bettler hübscher als du!“. Sias verkniff sich ein Lachen.
Er drehte den Kopf nun zu den Matrosen. „Verschwinde, Bürschen!“. Der Matrose sog scharf die Luft ein.
„Das werdet ihr mir büßen!“, prophezeite er den beiden und verschwand. Naminé sah Sias an. Der Elbenjäger grinste, worauf die Waldelbin ebenfalls damit anfing.
„Bin ich naiv?“, fragte sie ihn und begann nun zu lachen. Sias stimmte darin ein. „Ich mag dich zwar nicht, doch du bist nicht auf den Mund gefallen“. Naminé streckte ihm die Zunge raus. „Dunac. Die Stadt der Liebe“.