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Criminal Minds - Motel

Reid x Prentiss
von

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Bedingte Aversion

Aus folgenden Gründen werde ich diese Nacht kein Auge zutun:
 

- Das Motel liegt direkt am Highway, genauso gut könnte es ein Flughafen sein – die Lautstärke ist vergleichbar.

- Dadurch, dass wir beide weitmöglichst voneinander entfernt liegen, entsteht unter unserer gemeinsamen Decke ein Spalt, der es verhindert, sich jemals ordentlich aufzuwärmen.

- In diesem Zimmer ist es stockdunkel. Was niemanden kümmern dürfte. Was mich aber sehr wohl stört.

- Emily schnarcht.

- (Der Traum, der kommt. In abgeschwächter Version, wie ich zu hoffen wage. Vielleicht nur ein wenig Schwitzen, ein kurzes Aufwachen. Das Übliche.)
 

Ich liege also auf der Seite, mit Blick zum Fenster, und sehe dem bisschen Schneetreiben zu, das sich erkennen lässt. Neben mir dreht sich Emily herum und atmet und lebt. Ich liege starr wie ein Toter angesichts der Nacht und der Schwärze.

Hm. Antithese. Ich ziehe die Beine an, um mich selbst ein wenig aufzuwärmen, und bin mir auf schreckliche Art und Weise bewusst, dass neben mir eine Frau liegt und mir in den Nacken atmet. Gedanklich füge ich dieses Gefühl in die „Liste der Situationen, mit denen ich in keinster Weise klarkomme“ ein. Ich rutsche ein wenig tiefer unter die Decke, Emily macht ein zufriedenes Geräusch und wie ich so in die Schwärze unter dem Bezug starre, schlafe ich wohl ein.
 

Was sich als fataler Fehler erweist.

Anscheinend hat mich die Klinik mit Einzelzimmer und Therapie vergessen lassen, warum ich so wenig wie möglich schlafe und mich stattdessen von Koffein IV, 20 mg/kg ernähre – nicht umsonst kenne ich alle Staffeln Star Trek auswendig (es sind die einzigen DVDs, die sich in meinem Regal finden) – und nicht umsonst habe ich es seit dem Ereignis X tunlichst vermieden, mein Zimmer und Bett mit anderen Personen zu teilen.

Denn ich werde geschüttelt, auf heftigste Art und Weise, und das ist es auch, was mich letzten Endes aufweckt.

Ich spüre die Krämpfe in meinem ganzen Körper, und schnappe nach Luft – es dauert einige Sekunden, bis ich erkenne, wo ich bin (ein Hotelzimmer), wer bei mir ist (Emily) und vorallem: wer nicht bei mir ist (Hankel). Ich setze mich auf, stütze den Kopf in die Hände und atme tief und langsam durch, bis das Zimmer aufhört, sich zu drehen. Ich bin nassgeschwitzt. Ebenso das Bett.
 

Emily berührt mich am Arm und ich zucke zusammen – sie schreckt zurück und ich greife reflexartig ihre Hand. Sie entspannt sich und hält sie fest. Dann kommt sie näher und drückt mich an sich. Fest. Ich lege meine Stirn auf ihre Schulter und sie lässt es geschehen. Ich glaube wir sitzen noch einige Zeit so da; ihre Haut riecht nach billiger Seife und ihre Haare nach Hotelshampoo-Pröbelchen; ihre Finger sind zart, während sie unablässig langsam durch mein Haar streichen. Zusammen mit beruhigenden Worten wiegen sie mich in einen leichten Dämmerschlaf.
 

Als ich ein weiteres Mal erwache, ist das Licht schon ein wenig grau. Der Morgen kündigt sich an.

Ich liege alleine im Bett und brauche einige Momente, bis ich Emily finde; zusammengerollt im Sessel neben dem Tisch, wie eine zu groß geratene Katze. Sie blinzelt, öffnet die Augen einen Spalt breit, überlegt, wo sie hier nocheinmal ist, und warum ihr alles weh tut; dann erblickt sie mich und sagt nichts.

Ich sehe in ein bleiches Gesicht, gezeichnet von forciertem Wachzustand. Dunkle Ringe unter den Augen, wirr verstrubbeltes Haar, eingefallene Wangen, fahle Haut.

Aber.

Ihre Augen.

In ihnen toben wildes Mitleid und stumme Verzweiflung.

Ich kämpfe mich nach oben , lehne mich an die Wand und erwidere ihren Blick.
 

Es gibt nichts zu sagen.
 

Emily hat ihre Beine angezogen und das Kinn auf die Knie gelegt. Ich die Hände im Schoß gefaltet. Sie mustert mich und fragt sich, was sie heute Nacht beobachtet hat. Was sie sagen soll.
 

„Und?“, breche ich mit heiserer Stimme unser frühmorgendliches Schweigen.

„Hm?“, fragt Emily, schließt die Augen und richtet sich ein wenig weiter auf.

„War es schlimm?“

Sie schweigt. Und wieder die Augen. Kein gutes Zeichen.

„Ist das jede Nacht so?“, fragt sie unsicher und leise, ihre Wörter so zerbrechlich wie Kristallglas.

„Nein.“ Dann: „Ja.“ Dann: „Jede, in der ich schlafe.“

Auf ihrer Stirn hat sich eine tiefe Falte gebildet.

„Und immer so schlimm?“, fragt sie atemlos.

„Wie schlimm wars denn?“

Wieder Schweigen. Sie legt sich die Worte zurecht.

„Du hast um dich geschlagen, geschrien und wolltest einfach nicht aufwachen. Ich-“

Sie bricht kurz ab und sieht zur Seite.

„Ich musste dich packen und schütteln, um dich wach zu kriegen.“

Ich schlucke.

„Jah, das war dann wohl eine schlimmere Version“, sage ich und bemühe mich, es beiläufig klingen zu lassen. Ich merke, wie mir die Röte ins Gesicht steigt. Herrgott. Ich bin nicht schwach.

Emily sieht mich immer noch an, dann fährt sie sich mit der Hand über das Gesicht.

„Und wie hältst du das aus?“, fragt sie.

Ich muss grinsen. Und schlucken.

„Tu ich ja nicht.“

Und dann (mit einem Schulterzucken): „Ich bin in Therapie.“

Sie muss ein wenig lächeln. Immerhin etwas.
 

Dann.

Nimmt sie ihren ganzen Mut zusammen und frägt.

„Und die Drogen haben geholfen?“

Und zum ersten Mal.

Habe ich das Gefühl, dass meine Stimme versagt.

Ich forme die Worte im Mund, doch als sie ihn verlassen, sind sie nicht mehr als ein trauriges Flüstern.

„Mehr als alles andere.“

Ich sehe aus dem Fenster.

Graues Vogelzwitschern.

Kein Niederschlag hier.
 

Diesmal ist unser Schweigen müde und entspannt. Nichts Ungesagtes zwischen uns. Kein Wörter-Vakuum, das Inhalt fordert. Viel eher eine neue Seite in einem leeren Buch.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Casino
2012-10-08T17:29:25+00:00 08.10.2012 19:29
Ich möchte, dass du weiterschreibst. Bitte, bitte,bitte.



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