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Grab der Engel

Reita x Uruha
von

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Kalte Finger

„Scheiße ist das kalt“ leise grummelnd zog ich zitternd den Kopf zwischen meine Schulterblätter und vergrub die Hände noch tiefer in den Taschen der schwarzen Jacke, um sie wenigstens etwas vor dem schneidend kalten Wind zu schützen.

Herbst.

Wie ich dieses Wetter doch hasste. Mal warm, mal kalt, doch meistens matschig und nass, der ewige Wind zerstört die Frisur, der Regen durchnässt die Kleidung und wegen der lausigen Kälte muss sich die gesammte Menschheit in unförmige, dickmachende und steifsitzende dicke Jacken hüllen.

Immer noch vor mich hin murrend ging ich schnellen Schrittes die nasse Straße entlang, darauf bedacht den größten Pfützen, breitesten Schlammgruben und Blätterhaufen auszuweichen. Was sich nicht gerade als leicht erwies, da es natürlich schon dunkel war.

Zu meinem Entsetzen setzte auch noch ein stetiger Nieselregen ein, welcher mich langsam aber sicher bis auf die Haut durchnässte, schließlich hatte ich natürlich weder eine dicke, noch eine wasserfeste Jacke an. Also legte ich noch einen Schritt zu.

Hier und da erleuchtete eine der Laternen den matschigen Kiesweg, doch um den gelben Lichtschein herum war alles in eine tiefe Dunkelheit getaucht. Die Bäume neben mir warfen verzerrte, gruselige, schwarze Schatten auf den Boden und das Rascheln und Rauschen war mehr als beunruhigend.

Doch der schnellste Weg zu mir nach Hause führte durch den großen Park. Im Sommer gab es zwar nichts Schöneres, als sich in das saftige Gras zu legen und sich die Sonne auf die Haut scheinen zu lassen, oder an einem der warmen Abende mit Freunden unten am Bach zu grillen. Doch im Herbst war der Park für jemanden wir mich ein wirkliches Trauerspiel.

Fröstelnd zog ich den Kragen meiner Jacke noch etwas höher, der Regen hatte Gott sei dank nachgelassen, aber der Wind wurde immer eisiger. Stetig schlug er mir schneidend ins Gesicht, rüttelte an meinen Klamotten und ließ mich frieren.

Der Stadtpark konnte im Dunkeln doch recht unheimlich wirken. Wenn das Rascheln und Knacksen aus den dunklen Ecken der Nacht an mein Ohr drang und die verzerrten Schatten der Äste vor mir über den Weg züngelten. Aber ich war selbst schuld, da ich mich ja nicht von Ruki oder einem der andern nach Hause fahren lassen wollte.

Soviel hatte ich nun auch nicht getrunken und an sich war die Party eh nicht so pralle gewesen. Klar, die Stimmung war echt gut, die Leute geil und genug zu trinken gab es auch, aber ich hatte einfach nicht die passende Laune, um zu feiern. Zwar hatten mir bestimmt vier meiner Freunde angeboten, mich nach Hause zu bringen, doch irgendwie wollte ich lieber alleine sein. Tja, Arschkarte, denn natürlich bin ich nicht mit dem Auto auf die Party gefahren, schließlich hatte ich eigentlich vor mich mal wieder so richtig zu besaufen.

Aber daraus wurde irgendwie nichts.

Die Wolken hatten sich ein wenig aufgetan und das bleiche, kalte und helle Licht des Mondes tauchte meine Umgebung in ein magisches licht.

Einen Moment blieb ich stehen, um das Schauspiel, was sich mir bot, zu betrachten. Plötzlich fiel mir etwas ins Auge, etwas, dass nicht ganz in diese kalte, verregnete Nacht passen wollte.
 

Auf der Wiese, die sich rechts von mir erstreckte, stand jemand.

Ich konnte nicht genau erkennen, wer es war, da das Licht des Mondes noch nicht so weit reichte und die Finsternis die Gestalt noch in tiefe Schatten hüllte.

Sie stand unbeweglich da und starrte in den Himmel, der Wind zerrte an ihrer Kleidung und tobte um die Gestalt herum, doch es schien, als würde sie es gar nicht bemerken.

//So ein Idiot// dachte ich nur kopfschüttelnd, konnte meinen Blick aber dennoch nicht von der Gestalt wenden. //Wenn der da noch länger Wurzeln schlägt, wacht der morgen früh mit ner Lungenentzündung und 40 Grad Fieber auf. Aber es geht mich ja nichts an. Bestimmt ein besoffener Penner oder ein lebensmüder, kranker Psycho.//

Trotzdem beobachte ich die Gestalt immer noch und war auf eine Art und Weise von ihr fasziniert, die ich nicht beschreiben konnte. Lautlos sackte sie plötzlich in sich zusammen, fiel regungslos auf das nasse Gras. Einen Moment blieb ich wie versteinert stehen, doch als sie sich am Boden nicht mehr bewegte, fingen meine Beine an, sich fast wie von selbst auf sie zu zu bewegen.

//Bin ich bescheuert?! Was mach ich denn... was geht mich das Schicksal irgendeines armen Schluckers an? Sonst hat es mich doch auch nicht interessiert, was mit anderen Leuten ist// doch ich konnte nicht anders, lief immer schneller und kam schließlich schnell atmend neben der Gestalt an. In dem Moment brach das fahle Licht des Mondes auch in dieser Ecke der Wiese hervor und beschien den reglosen Körper vor mir.

Ungläubig weiteten sich meine Augen, als ich sah, dass die Gestalt nur mir einem dünnen, kurzärmligen T-shirt bekleidet war.

Niemand, wirklich niemand der noch ganz bei Trost war, ging bei diesem Wetter SO aus dem Haus.

Der Schein des Mondes lies seine Haut ungewöhnlich weiß leuchten und unterstrich damit die Schönheit, Zärte und Reinheit dieser Person.

//Wie ein Engel// kurz nach dem ich das dachte, hätte ich mich dafür schlagen können! Engel?! Ich hab wohl doch etwas zu weit ins Glas geschaut als angenommen.

Engel gab es nicht.

Doch auch dieser Gedanke hielt mich nicht davon ab, mich neben ihn in das nasse Gras sinken zu lassen und ihm ein paar vom Wind zerzauste Strähnen seines seidigen Haares aus dem Gesicht zu streichen. Es war ein Junge, durch und durch, und doch hatte er so volle Lippen, lange Wimpern und weibliche, zarte Gesichtszüge, dass man ihn als Mädchen hätte ansehen können.

Als ich mit meinen Fingern seine ebene Haut streifte, zog ich meine Hand erschrocken zurück.

Er war eiskalt, das konnte ich sogar mit meinen ebenfalls vor Kälte tauben Fingern spüren.

//Er wird erfrieren// ohne zu zögern legte ich meine eine Hand um seine Schultern, die andere unter seine Knie und hob ihn hoch.

Er schien ein wenig größer als ich selbst zu sein, doch durch seine schlanke Figur war er nicht zu schwer für mich.

Ich wusste nicht genau, wie ich mir das vorgestellt hatte oder ob ich mir überhaput etwas vorgestellt hatte, doch ich wollte ihn nicht seinem eigenen Schicksal überlassen. Es war eigenartig, dass ich auf einmal das Bedürfnis hatte, mich um jemanden zu kümmern oder jemand anderem als mir zu helfen.
 

Mein Atem ging schwer und schnell, als ich endlich vor meiner Haustür stand und mehr schlecht als recht versuchte, den Schlüssel ins dazu passende Schloss zu stecken und herumzudrehen, ohne den schönen Jungen fallen zu lassen. Das war schwerer als es sich jetzt anhörte, doch schließlich schaffte ich es, schlug die Tür mit dem Fuß hinter mir zu und legte den Jungen erstmal auf mein Sofa.

Ich schmiss meine Schuhe und die Jacke in eine Ecke im Flur, machte das Licht in den umliegenden Räumen an, stellte die Heizung höher und holte schließlich einen Haufen Kissen und Decken, um den Fremden damit einzudecken.

Einen Moment blieb ich einfach stehen und starrte ihn an. Er wirkte immer noch unnatürlich blass, seine Augen waren immer noch geschlossen und er war immer noch unglaublich schön. Die Haare waren brünett, mit vielen blonden Strähnchen durchzogen, samtig weich und glänzend.

Seine Haut wirkte weich und seine sündigen Lippen leicht geöffnet, er sah aus als schliefe er.

Mich überfiel der unglaublich starke Drang, über seine Haut zu streichen und sie noch einmal unter den Fingerkuppen zu spüren.

Langsam, fast wie in Trance, streckte ich meine Hand nach seinem Gesicht aus und strich ihm einmal sanft mit einem Finger über die Wange. Ein leichtes Lächeln legte sich auf meine Lippen und ein warmes Gefühl machte sich in mir breit, bis mir auffiel, dass er noch immer eiskalt war.

Schnell wandte ich mich ab, um in die Küche zu gehen und ihm eine Wärmflasche zu machen. Mein Herz schlug schnell in meiner Brust und mein Atem ging zügiger aus normal, nur wegen einer kurzen Berührung seiner weichen Haut.

Was würde wohl passieren, wenn ich einmal seine wohl geformten Lippen auf meinen spüren würde?

Ärgerlich schüttelte ich den Kopf, nix da, das ist auch nur irgendein Typ, nichts besonders. Außer vielleicht besonders dumm. // Ach ja?// fragte eine andere Stimme feixend in meinem Kopf, //und warum hast du ihn dann mit zu dir genommen? Warum hast du ihn nicht einfach liegengelassen, wenn er nur irgendein komischer Freak ist? Warum geht er dir nicht mehr aus dem Kopf? Und warum machst du dir solche Sorgen um ihn? Wohl kaum, weil du so ein aufgeschlossener, netter und fürsorglicher Mensch bist, oder?//

Seufzend versuchte ich die Stimme zu ignorieren, lehnte mich lässig gegen die Arbeitsplatte und wartete bis das Wasser endlich anfangen würde zu kochen. Es war also schon so weit mit mir gekommen, dass ich anfing, Selbstgespräche zu führen und eine zweite Stimme in meinem Kopf hörte. Klasse.

Als es dann soweit war, goss ich das heiße Wasser vorsichtig in die Wärmflasche, schraubte den Deckel fest und machte mich auf den Weg zurück ins Wohnzimmer, wo der schöne Junge immer noch unbewegt auf dem Sofa lag.

Behutsam hob ich die Decken an und legte die Wärmequelle an die Seite des Fremden und schaute ihm noch einmal ins Gesicht. Erschrocken wich ich zurück, als ich merkte, wie er mich aus seinen wunderschönen braunen Augen ausdruckslos ansah.

„Ähm,“ ich wusste nicht genau was ich sagen sollte, da mich die ganze Situation gerade etwas überforderte „ich bin Reita. Als ich auf dem Weg nach Hause war, habe ich dich im Stadtpark gefunden, du bist zusammengebrochen, erinnerst du dich?“

Der Fremde nickte, beobachte aber immer noch genau jede meiner Bewegungen.

„Ich tu dir schon nichts“ mir war schon klar, wie unsinnig meine Worte waren. Wenn ich in der Wohnung eines Fremden aufgewacht wäre, würde ich auf keinen Fall so gelassen bleiben wie der Junge. „Ähm.. brauchst du etwas? Möchtest du vielleicht mit irgendwem telefonieren? Freunden? Verwandten? Magst du was trinken?“ es war mir unangenehm, so von ihm angestarrt zu werden, obwohl nichts Vorwerfendes oder Ängstliches in seinem Blick lag. Er war ganz und gar emotionslos und genau das war es, was mir solches Unbehagen bereitete. Dieses Nichts.

„Nein, danke“ meinte er dann bloß, ich wusste nicht genau, auf welche meiner vielen Fragen das die Antwort war, doch sie schien ihm vollkommen zu reichen.

Mir aber nicht, was er wohl auch merkte, als ich immer noch unschlüssig vor ihm stand „Wenn es dir nichts ausmacht, würde ich gerne noch etwas schlafen, es wartet eh niemand auf mich.“

„Äh.. Klar, ich bin dann nebenan, wenn du was brauchst, ruf bitte einfach.“

Leicht überfordert verließ ich mein Wohnzimmer, dämpfte das Licht und zog leise die Tür hinter mir zu. Ich lehnte mich von der anderen Seite gegen das Holz und schloss für einen Moment die Augen. Es war komisch, was sich alles in nicht einmal zwei Stunden verändern konnte. Ein ganzes Leben. `Mein` ganzes Leben verbesserte ich mich in Gedanken und gähnte.

Erst jetzt fiel mir auf, wie müde ich eigentlich war. Schnell löschte ich in der Küche das Licht, ging ins Bad und machte mich bettfertig.

Duschen wollte ich dann doch nicht mehr, zog mich also schnell um und legte mich im mein großes Bett.
 

Am nächsten Morgen erwachte ich von dem lauten Regen, der peitschend gegen mein Fenster schlug und in Strömen das Glas hinablief. Leise grummelnd fuhr ich mir mit der Hand über mein Gesicht, setzte mich auf und warf einen prüfenden Blick auf die Digitaluhr neben meinem Bett.

In dieser Wohnung gab es nur Digitaluhren, da ich das Ticken von den Normalen hasste. Es kam mir immer so vor, als würden sie die Zeit zählen, die an einem vorbei strich und mich mit jeder weiteren Sekunde daran erinnern, dass ich älter wurde. Und auch an die, in der ich nichts tat. So etwas konnte ich nicht ab. Es gab mir immer das Gefühl, mich bei allem was ich tat, beeilen zu müssen und ich hasste nichts mehr als Stress.

Sie sagte mir, dass es kurz vor acht war und wenn man bedachte, wann ich gestern ins Bett gegangen bin, es noch sehr früh war.

Seufzend schlug ich die Decke zurück, stand schnell auf und verzog mich ins Bad, da die Temperatur in der Wohnung um einiges kälter war, als die unter meiner Decke.

Ich befreite mich von meinen restlichen Klamotten und schlüpfte schnell in die Duschkabine, um das Wasser mit einem schnellen Griff aufzudrehen.

Laut fluchend sprang ich Rückwärts wieder hinaus, als der eiskalte Wasserstrahl meine Haut berührte. Daran hätte ich ja denken können.

Zögernd streckte ich eine Hand wieder zurück ins kalte Nass und wartete, bis es langsam die passende Temperatur angenommen hatte, um wieder in die Kabine zu steigen.

Ein wohliges Seufzen entfuhr meinen Lippen und ich schloss genießerisch die Augen, als das nun passende Wasser meinen Körper entlang lief.

Nach und nach füllte sich das Badezimmer mit weißem Dunst, während ich einfach nur so da stand und nichts tat.

Dann griff ich irgendwann nach meiner Shampooflasche, wusch mir die Haare und seifte mich genüsslich mit meinem „Dusch Das“ ein. Schnell breitete sich ein angenehmer Duft in dem Raum aus.

Nach einer halben Stunde kam ich dann fertig angezogen, frisch aber immernoch nicht ganz munter aus dem Badezimmer und schlurfte in die Küche, um mir einen starken Kaffee zu kochen.

Als ich aber an der Tür, die zum Wohnzimmer führte vorbei kam, stutzte ich.

Warum war die denn geschlossen? Meine Türen waren eigentlich immer offen, immer. Kopfschüttelnd drückte ich die Klinke herunter und stieß sie mit leichtem Schwung auf.

Das Licht dahinter war gedimmt, doch der sich leicht bewegende Deckenhaufen auf meinem Sofa erregte meine Aufmerksamkeit.

Hatte Ruki oder einer der anderen Jungs gestern hier noch übernachtet?

Ich runzelte leicht meine Stirn, kratzte mich am Hinterkopf, ging einen weiteren Schritt auf das Sofa zu und blickte in das schönste Gesicht, dass ich je gesehen hatte.

Sofort fiel mir wieder ein, was gestern noch passiert war, ich betrachtete den Fremden einen Augenblick lang stumm, doch dann streckte ich langsam meine Hand nach ihm aus und berührte sein Gesicht abermals mit den Fingern. Kalt. Er was immer noch eiskalt, obwohl er langsam hätte wärmer werden sollen, was war nur mit ihm los? Ob ich einen Arzt rufen sollte?

Der Junge bewegte sich leicht und öffnete seine wunderschönen Augen einen Spalt breit.

„Guten Morgen“ sagte ich leise um ihn nicht zu erschrecken und richtete mich etwas auf „Hast du gut geschlafen?“

Verschlafen blinzelte er mich an und rieb sich mit dem Handrücken den Schlaf aus den Augen, langsam nickte er. „Ja, danke“ sofort fielen mir wieder tausende von Fragen ein, die ich ihm stellen wollte, doch ich hielt mich erstmal zurück.

„Kannst du aufstehen? Dann kannst du erstmal ins Bad wenn du magst.“

Wieder nickte er, schob die Deckenschichten zur Seite und versuchte sich zu erheben. Er taumelte etwas und ich schnellte sofort vor, um ihm etwas halt zu geben. Einen Augenblick lang lag er halb in meinen Armen, doch ebenso schnell wand er sich aus ihnen heraus, um mir einen kurzen Blick zu zu werfen.

„Danke“ murmelte der Brünette leise und begann sich langsam zum Badezimmer zu bewegen, ich lief dicht neben ihm her, um aufzupassen, versteht sich. „Sag mal“ fragte ich, als wir schon vor der Tür angelangt waren, „wie heißt du eigentlich?“

„Nenn mich Uruha.“

„Ok, also hier sind Handtücher, Shampoo und so. Nimm was du willtst, ich hol dir schnell ein paar Sachen zum anziehen, warte kurz“ und schon war ich in meinem Schlafzimmer verschwunden, hatte den Kopf in meinen Schrank gesteckt und begann halb wahnsinnig irgendwelche Kleindungsstücke hervorzukramen.

Schnell ging ich wieder zurück.

Uruha stand vor dem Waschbecken, mit der einen Hand stützte er sich darauf ab, die andere hatte er auf den Spiegel gelegt und fuhr so die Konturen seines Spiegelbildes nach. Er war ganz vertieft, merkte gar nicht, dass ich wieder da war und beobachtete weiter seinen Gegenüber in dem kalten Glas.

„Uruha“ fragte ich leise, vorsichtig, damit ich ihn nicht erschreckte. Und doch zuckte er leicht zusammen, drehte sich zu mir um und schaute mich an.

Einfach so.

Ich fühlte mich immer noch so unwohl dabei, deshalb drückte ich ihm die Sachen in die Hand und ging mit einem gemurmelten „Bin in der Küche“ aus dem Raum, um mir endlich meinen lang ersehnten, morgendlichen Kaffee zu kochen.

Mein Körper tat seine gewohnte Arbeit und bereitete mein Getränk vor, doch mein Kopf war immernoch bei dem Fremden in meinem Bad, aus welchem ich jetzt das rauschende Geräusch des Wassers hören konnte.

Was sollte ich jetzt machen? Erstmal Kaffee trinken, schon klar, aber dann?

Seufzend setzte ich mich mit meiner Lieblingstasse an den Tisch und starrte die Wand vor mir an.

Sie war Rot.

Rot, schwarz und grau war meine ganze Küche. Ich hatte eine Schwäche für Design und so musste natürlich auch meine ganze kleine Wohnung darunter leiden, alles, außer meinem Schlafzimmer.

Ich fand, wenn alles total designt war, verlor es schnell die Persönlichkeit, die jede Wohnung hatte.

An sich finde ich das nicht schlimm, ist ja schick, doch das Schlafzimmer ist etwas sehr Persönliches. Es soll weder Schick noch prachtvoll sein, es soll keinem imponieren. Nur gemütlich soll es sein, gemütlich und Privat. Und so war es auch.

Immernoch Löcher in die Luft starrend fing ich an, die Tasse in meine Händen langsam zu drehen, was ein schabendes Geräusch auf dem Holz hinterließ.

Gedankenverloren starrte ich auf das dunkle Gebräu von mir, ich trank meinen Kaffee immer schwarz, schwarz und ohne Zucker.

Langsam, als ob mir erst jetzt klar wurde, dass ich mir den zum Trinken gemacht hatte, führte ich ihn an meine Lippen und nahm einen großen Schluck.

Er war warm, doch schon lange nicht mehr heiß. Das Verstummen des Wassers aus dem Bad lies mich aufhorchen.

Nun fing ich an, einfach nur durch die Tür in den Flur zu starren.

Heute Morgen war ich wirklich kreativ...

Nach einer Weile kam ein unsicherer Uruha in die Küche getapst und setzte sich langsam mir gegenüber an den Tisch.

„Magst´ auch nen Kaffee?“ Er nickte, ich stand auf und machte mich daran, weiteres Teufelszeug in eine Tasse zu kippen „mit Milch und Zucker?“

Fragend schaute ich ihn an, wieder ein Nicken, während er sich ein paar seiner immer noch feuchten Haare aus dem Gesicht strich.

„Sag mal“ fing ich erneut an, als mich die Stille langsam anfing zu nerven „warum hattest du eigentlich nur ein T-Shirt an? Welcher normale Mensch geht bei diesem Wetter So raus?“ Ich wusste, die Frage war nicht die beste, vorallem eigentlich nicht die erste, die jemandem in den Sinn kommt, aber es interessierte mich wirklich. Es dauerte einen Moment bis er mir antwortete, in dem er gedankenversunken in seine Tasse starrte.

„Ich... mir ist einfach nicht aufgefallen, dass es so kalt draußen ist.“

Ich runzelte leicht die Stirn, als ich ihn etwas entgeistert anstarrte „Aber dir muss doch schweinekalt gewesen sein“

„Nein, ich habs gar nicht bemerkt.. und dann bin ich schon umgekippt.“

Mein Mund stand leicht offen, welcher Mensch merkte bitte bei diesem Wetter nicht, dass ihm kalt war?

„Und woher kommst du?“

„Von weit weg.“ Seine Antworten wurden ja immer aussagekräftiger. „Kannst du wieder zurück?“ fragte ich dann noch, schließlich gab es viele, die sich mit ihren Eltern stritten und erst mal irgendwo untertauchen wollten.

„Kann ich, will ich aber nicht“

„Und wo willtst du hin?“ dem musste man ja wirklich alles aus der Nase ziehen.

„Ich suche jemanden.“

„Ah und zu dem willtst du?“

„Ja.“

„Aber du weißt nicht, wo er ist?“

„Nein, weiß ich nicht.“

„Willtst du, bis du ihn gefunden hast, bei mir bleiben?“

Es war das erste Mal, seit wir zu reden angefangen hatten, dass er mich anschaute. In seinem Blick lag Überraschung und eine Spur Dankbarkeit.

„Darf ich denn?“

„Sonst würde ich es dir nicht vorschlagen, du bist ja eh noch nicht richtig fitt, aber du musst mit dem Sofa vorlieb nehmen.“

„Danke“ er lächelte, doch es wirkte nicht echt. Es wirkte so, als hätte er keinen Grund zum Lächeln, nie. Oder als ob er es schon lange nicht mehr getan hätte.

Ich erwiderte es trotzdem und wünschte mir noch im selben Moment, ihn einmal wirklich und aufrichtig lächeln zu sehen. Irgendwie wusste ich auch nicht genau, wie ich dazu kam ihn bei mir wohnen zu lassen. Es passte so gar nicht zu mir.

„Ich ähm, hab noch eine Reisetasche. Die ist in einem der Schließfächer am Bahnhof, würde es dir etwas ausmachen sie mit mir zu holen?“ Einen Moment schaute ich ihn nur an, zu überrascht, dass er mich von sich aus angesprochen hatte.

„Klar, ich hol sie, aber du bleibst hier“

„Nein bitte, ich will mit“

„Na gut, dann komm halt mit, mir egal, is ja dein Leben, bist alt genug“

Wir tranken unsere Tassen leer, zogen Schuhe und Jacken an, ich lieh ihm meinen dicksten Mantel, damit er mir nicht erfror, und gingen hinunter zu meinem Auto. Alles ohne ein Wort zu sagen.

Auch auf dem Weg zum Bahnhof schwiegen wir. Ich hatte die Heizung angemacht, damit Uruha nicht fror, doch ihm schien die Kälte wirklich nichts auszumachen, denn er hatte sich weder beschwert, noch gezittert oder lag es nur an dem dicken Mantel von mir?

Nach einer Weile machte ich eine CD von mir an, von den „Sex Pistols“, meiner absoluten Lieblingsband und die einzige, bei der ich freiwillig und bei klarem Verstand etwas mitsang.

Jetzt summte ich nur, da ich nicht unbedingt vor Uruha singen musste. Den Takt der Musik auf dem Lenkrad mittrommelnd, warf ich immer wieder flüchtige Blicke zu meinem Nachbarn, der die ganze Zeit still aus dem Fenster schaute.

Er hatte seine Stirn gegen das kalte Glas gelehnt, seine Augen auf irgendeinen Punkt in der Ferne gerichtet, ohne ihn wirklich zu sehen.

In seinem Blick lag ein merkwürdiger Ausdruck, als ob ihn etwas quälen würde, bedrücken und schmerzen, ich würde gerne wissen, an was er dachte, was es war, dass ihn solchen Kummer bereitete.

Schnell schaute ich wieder nach vorne, ich musste ja schließlich ein Auto lenken und überhaupt, was interessierte mich plötzlich jemand anderes abgesehen von mir selbst?

Das waren ja ganz andere Seiten an mir, die kannte ich noch gar nicht, die Frage war nur, ob sie gut oder schlecht für mich waren, doch das würde ich schon noch früh genug herausfinden.

Es dauerte nicht lange, bis wir die Tasche aus seinem Schließfach geholt, ins Auto transportiert und wieder zu mir gefahren waren.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von: abgemeldet
2011-01-24T13:38:32+00:00 24.01.2011 14:38
Achja o.o
Ich muss hier eigentlich natürlich auch schreiben, dass du ganz schnell weiter schreiben muss xDD
<3
Von: abgemeldet
2011-01-20T15:27:32+00:00 20.01.2011 16:27
Woah *-*
DIe FF ist ja richtig niedlich :)
Ich mag Reita gern, so ein Macho ^_^
Ich hoffe du kannst schnell ein neues Kapitel hochladen!

Von: abgemeldet
2011-01-16T13:05:01+00:00 16.01.2011 14:05
Endlich hast du sie hochgeladen *-*
Hat ja auch lange genug gedauert ;)
Aber sie ist toll und ich freu mich schon richtig auf das nächste Kapitel n__n
Ich liebe deine Art zu schreiben einfach =D


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