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Unsterblich

My Immortal ~ Eternal Chronicles
von

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Begegnungen

Sie hoffte, sich zu irren. Sie hoffte, dass dort nicht Hyperion stand, der nur auf sie gewartet hatte, dass dort ein ihr fremder Ninja stand, der nur zufälligerweise in der Gegend gewesen war und auch nur wegen einer Laune des Schicksals langes silbernes Haar besaß.

Einen kurzen Moment glaubte sie, hoffen zu dürfen, denn Ayumus Lächeln schwand nicht, als er den anderen Shinobi entdeckte.

Doch dann, gerade als sie erleichtert aufatmen wollte, sanken seine Mundwinkel unsagbar langsam nach unten und er wurde augenblicklich ernst. Fast noch mehr als zu zuvor bei der Begegnung mit dem Leviathan. Leana wusste, dass nichts Gutes zu erwarten war.

Zumindest war er umsichtig genug, sie auf dem Boden abzusetzen, ehe er auf den anderen Shinobi zuging. „Was suchst du hier, Hyperion?“

Seine grollende Stimme erinnerte absolut nicht an den sonst so sanftmütigen Ayumu. Zu Leanas Überraschung antwortete Hyperion sogar, wenn auch nur mit einem einzigen Wort: „Shoubi...“

Sie zuckte zusammen und blickte auf das Schwert hinunter, das im Moment keinerlei Anzeichen dafür zeigte, ein Shinken zu sein. Aber was sie mehr als dieses Wort überrascht hatte, war seine Stimme gewesen. Es war eindeutig die von Zetsu, daran gab es absolut keinen Zweifel. Selbst nach all diesen Jahren war ihr diese Stimme so vertraut als wäre sie nie verstummt.

Ayumu schien das nicht zu verstehen und neigte nur überrascht den Kopf, so dass Leana eine Frage dazwischenwarf: „Warum suchst du danach?“

Er antwortete nicht, aber als er ihr den Kopf zuwandte, spürte sie ein heftiges Ziehen in ihrem Körper, gefolgt von einem beißenden Brennen an ihrem Arm, wo der Orichalcum-Name saß. Es hielt nur einen kurzen Augenblick an, vermutlich weil er der Name immer noch inaktiv war, aber es genügte, um ihr den Schmerz nahezubringen, den Hyperion mit Sicherheit auch durchlitt – zumindest glaubte sie das, da der Shinobi plötzlich keuchte, sich an den Kopf griff und zurückwich als wäre er von einem Angriff getroffen worden.

Dieser kurze Eindruck war derart intensiv, dass sie am Liebsten aufgestanden und zu ihm hinübergelaufen wäre, um ihn tröstend in die Arme zu schließen. Aber sie rührte sich kein Stück.

„Ist das schräg“, brummte Ayumu, ehe er wieder die Stimme hob: „Glaub ja nicht, dass du mir was vormachen kannst! Ich lasse dich nicht so einfach laufen, nachdem du meinen gesamten Clan ausgelöscht hast!“

„Er macht dir nichts vor!“, erwiderte Leana fast schon wütend, auch wenn sie nicht sagen konnte, woher dieser Zorn rührte.

Ayumu sah zu ihr hinüber, sein Blick eine Mischung aus Unverständnis und der Frage, ob sie eigentlich noch wüsste, was sie da sagte.

Genervt davon wandte sie sich ab und verschränkte die Arme vor der Brust. Er tat es ihr nach und drehte sich wieder zu Hyperion, der sich von seinen Schmerzen erholt zu haben schien und zum Kämpfen bereit stand.

„Du bist also bereit zu sterben“, schlussfolgerte Ayumu. „Gut für dich.“

Er zog sein Katana und stürmte auf seinen Feind zu. Hyperion reagierte sofort, doch statt auszuweichen, zog er seine eigene Klinge, um die seines Angreifers abzuwehren. Die wenigen Funken, die von dem Metall sprühten, verglühten noch ehe sie den Boden erreichten.

Beide sprangen auseinander, nur um direkt danach wieder aufeinander zuzustürmen. Mehrmals hintereinander erklang das erneute Aufprallen der Schwerter, öfter als Leana es aufgrund der Schnelligkeit sehen konnte, für ihre Augen gab es wesentlich weniger Aufeinandertreffen. Aber sie glaubte, jeden einzelnen Schlag spüren zu können, wie sich eine Messerklinge mit jedem Schlag tiefer in ihren Arm mit dem Orichalcum-Namen grub und sie war froh, dass dieser im Moment nicht aktiv war. Sie wollte sich gar nicht vorstellen, wie schmerzhaft das dann wäre, denn etwas tief in ihr sagte ihr, dass es keineswegs auf diesem Level bleiben würde.

Doch als sie sich an diesen Schmerz, das ewige Bohren und Nagen, endlich einigermaßen gewöhnt hatte und die Abstände, in denen er sich verschlimmerte, einschätzen konnte, fiel ihr etwas auf, wofür sie sich am Liebsten selbst geohrfeigt hätte, weil es bislang so weit außerhalb ihrer Aufmerksamkeit gewesen war: Ylva war auch hier oben nirgends zu sehen.

Beide Ninja waren immer noch auf den Kampf miteinander konzentriert und sie glaubte, die Entschlossenheit beider in ihrem Kopf spüren zu können. Keiner achtete auf sie, so dass sie sich vorsichtig aufrichten konnte.

Ihre Beine fühlten sich endlich wieder wie Teile ihres Körpers an, die ihr sogar gehorchten, so dass sie keinerlei Probleme damit hatte. Zwar spürte sie ein unangenehmes Prickeln in den Unterschenkeln, so als ob sie eingeschlafen wären und nun erst wieder wachwerden müssten, doch die Sorge um Ylva trieb sie voran. Sie stolperte ein wenig bei ihren ersten Schritten, fing sich allerdings sofort wieder und lief weiter.

Sie wich Ayumu aus, der einen Moment nicht auf sie geachtet hatte und deswegen in seinem ungestümen Kampfwahn beinahe über sie gestolpert wäre. Seine Aufmerksamkeit blieb dennoch weiter Hyperion zugewandt, keiner von beiden schien davon Notiz zu nehmen, dass sie sich von ihnen entfernte.

Mit jedem Schritt, den sie von ihnen wegtat, ließen die Schmerzen nach, auch wenn sie hören konnte, dass der Kampf noch weitertobte. Als sie in einen Gang trat, der von der Klippe wegführte, war der Schmerz nur noch ein leichtes Ziepen, das sich in unregelmäßigen Abständen bemerkbar machte, gefolgt von einem Ziehen, das ihr zu sagen schien, dass sie zurückkommen sollte, statt die beiden aus den Augen zu lassen.

Ihr fiel bald auf, dass dieser Gang anders war als jener, durch den sie hergekommen waren, nicht zuletzt weil er wesentlich mehr Abzweigungen besaß – jener davor konnte Null sein Eigen nennen, dieser schaffe es schon nach wenigen Metern auf vier – auch das Gefühl war ein anderes. Es roch weniger feucht und modrig und es war wärmer, Leana vermutete, dass dieser Gang zu einem anderen Ausweg führte, zumindest wenn man de richtigen Abzweigungen nahm.

Irgendwie musste Hyperion ja hereingekommen sein.

Sie nahm aufs Geratewohl irgendeinen Weg, der ihr richtig erschien, ohne daran zu denken, dass sie sich möglicherweise verlaufen könnte, sie war sich vollkommen sicher, zu wissen, dass das nicht geschehen würde.

Schließlich trat sie in einen Raum, in dem es keinen weiteren Gang gab – aber das war auch nicht nötig, denn sie hatte gefunden, was sie gesucht hatte. Ylva kniete auf dem Boden und unterhielt sich lachend mit etwas, was Leana auf den ersten Blick nicht sehen konnte, doch ein plötzlicher Impuls in ihren Gedanken verriet ihr bereits, wen sie dort sehen würde, auch wenn sie nicht glaubte, dass das sein konnte.

„Ylva.“

Die Inugami wedelte mit dem Schwanz, als sie ihren Namen hörte und fuhr dann herum. „Leana!“

Als sie den Körper zur Seite wandte, konnte Leana erkennen, dass ihr Impuls im Recht gewesen war. Vor Ylva saß ein kleines Wesen, kaum größer als eine Puppe. Das fliederfarbene Haar hätte Leana sofort wiedererkannt, selbst wenn sie eine wesentlich größere Version dieser Person nicht erst vor Kurzem gesehen hätte. „Nanashi.“

Sie freute sich nicht, dieses Shinjuu wiederzusehen. Das hatte sie schon in der Ramenbude nicht getan, aber dennoch war da das Gefühl, dass sie ihren Namen sagen musste, um die Begegnung Realität werden zu lassen. Auch wenn sie nicht im Mindesten verstand, wie es sein konnte, dass sie in dieser Welt zweimal existierte.

Doch das Shinjuu schien sie nicht wiederzuerkennen. „Uhm... wer warst du nochmal?“

Leana runzelte die Stirn. „Wir haben uns erst vor Kurzem getroffen, erinnerst du dich nicht?“

Nanashi schüttelte mit dem Kopf, sie schien es ehrlich zu mein, denn in ihren großen Augen – oh, wie hatte Leana diese unschuldigen Augen, die Zetsu immerzu eingewickelt hatten, zu hassen gelernt – sah sie keinen Funken des Wiedererkennens, sie blieben naiv und ratlos.

Leana konnte das aber nur recht sein, immerhin würde sie Nanashi damit möglicherweise endlich loswerden, zumindest für eine Weile... tief im Inneren hoffte sie immer noch, Zetsu irgendwie wiederzubekommen, wenn sie sich mit Hyperion auseinandersetzte. Aber auf sein Shinjuu konnte sie gut verzichten.

Ylva stand auf, worauf auch Nanashi sich in die Luft erhob. „Woher kennt ihr euch?“

Leana zog es vor, nicht darauf zu antworten. „Lass uns zu Ayumu zurückgehen. Ich mache mir langsam Sorgen.“

Zwar spürte sie in ihrem Arm, dass der Kampf mit unveränderter Intensität anhielt, doch wollte sie wissen, ob es den beiden gutging. Ja, insgeheim sorgte sie sich um beide. Um Ayumu weil er ihr sympathisch war und um Hyperion, weil sie überzeugt war, dass es sich bei ihm um Zetsu handelte – zumindest um einen Teil von ihm.

„Kann Nanashi mit uns kommen?“

Leana hätte gern abgelehnt, aber sie wollte sich weder auf Erklärungen noch auf Diskussionen einlassen, weswegen sie einfach nur nickte. „Von mir aus.“

Deutlich distanziert wandte sie sich ab und ging wieder davon. Sie fand die richtigen Abzweigungen, ohne bei auch nur einer von ihnen lange überlegen zu müssen, denn auf die Art hätte sie wohl nie zurückgefunden, wie sie sich selbst eingestehen musste.

Das Ziehen wurde mit jedem Schritt schwächer als ob es sich freuen würde, dass sie zurückkam, dafür wurde der Schmerz wieder intensiver.

„Ylva, wieso bist du eigentlich hier, statt weiter vorne?“, fragte Leana, um sich von dem neu zu gewöhnenden Schmerz wieder abzulenken.

„Oh, dieser silberhaarige Ninja ist gekommen und meinte, es wäre dort zu gefährlich und ich soll mich ein wenig zurückziehen. Also habe ich das getan.“

„Er hat mit dir gesprochen?“

Hyperion schien ihr nicht sonderlich kommunikativ zu sein, selbst zu ihr hatte er bislang nur ein Wort gesagt, weswegen es sie doch ein wenig verwunderte.

Doch Ylva schüttelte sofort den Kopf. „Nein. Aber wir Inugami sind sehr empathisch, wir spüren, was andere uns sagen wollen.“

Ihre Ohren zuckten, als sie das mit stolzgeschwellter Brust sagte. Leana nickte verstehend und beließ es dabei. Sie bemerkte, dass Nanashi ihnen tatsächlich folgte und in einigem Abstand hinter ihnen herschwebte.

Schließlich, als der Schmerz schon wieder übermenschlich zu werden drohte, erreichten sie die Klippe, wo der Kampf nach wie vor tobte. Inzwischen nutzten beide neben ihren Katana auch die Shuriken, die sie auf den jeweils anderen schleuderten. Allerdings waren sie immer schnell genug, um auszuweichen. Der Boden und die Wände waren bereits mit all den Sternen gespickt, auch der Platz an dem Leana zuvor gesessen hatte.

Gut, dass ich weggegangen bin. Das hätte böse enden können.

Der Kampf wurde überraschend unterbrochen, als Ylva mehrere Schritte vortrat. „He! Hört doch auf damit! Was tut ihr denn!?“

Beide hielten augenblicklich in ihren Bewegungen inne und blickten zu der Inugami hinüber. Der Schmerz schwand augenblicklich und auch das seltsame Rumoren in Leanas Kopf verschwand. Der Kampfeswille von beiden schwand, als sie das Mädchen erkannten. Ayumu senkte sogar den Blick, als würde er sich dafür schämen, dass das Temperament mit ihm durchgegangen war.

Hyperion dagegen hielt lediglich einen kurzen Augenblick inne – und verschwand.

Er löste sich nicht einfach auf, sondern huschte in den Gang hinein, aus dem Leana eben gekommen war, aber derart schnell, dass sie ihm nicht mit den Augen folgen konnte.

Was sie allerdings sehr wohl bemerkte, war der fliederfarbene Schatten, als gemeinsam mit ihm auch Nanashi verschwand.

Ayumu schnaubte. „Hättest du mich nicht unterbrochen, Ylva, hätte ich ihn fertiggemacht. Ich war so dicht dran.“

Mit Zeigefinger und Daumen zeigte er nicht einmal einen Zentimeter Abstand an, wofür er einen skeptischen Blick von Leana erntete, unter dem er nervös zu lachen begann. „Na gut, das war übertrieben. Aber es lief doch ganz gut, oder? Immerhin habe ich ziemlich lange überlebt.“

„Jedenfalls besser als die Sache mit dem Gegenmittel für meinen Fluch“, stimmte Leana zu.

„Dir bleibt wohl nur abwarten“, erwiderte Ayumu, „wenn das nicht funktioniert hat. Irgendwann lässt der Fluch des Mistelzweigs schon nach.“

„Du machst mir Mut...“

„Und so lange bleiben wir zusammen.“ Seine Augen funkelten triumphierten. „Du und ich, durch das Schicksal vereint, auf immer und- he, wo gehst du hin!?“

Noch während des Beginns seines Vortrags, der mit Sicherheit noch kitschiger geworden wäre, war sie bereits in den Gang zurückgekehrt. „Lass uns endlich hier raus. Ich kann diese Höhle nicht mehr sehen.“

Er seufzte ergeben und schloss sich ihr gemeinsam mit der treuherzigen Ylva an – nicht ohne dabei anzumerken, dass er hoffte, sie würden nicht für immer und ewig in diesem Labyrinth herumirren.



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