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Organisation XIII - The Other Truth

Das Leben unter Niemanden
von

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Veränderung II

Kapitel 23 - Veränderung II
 

Xaldin

"Wusstest ihr, dass Frauen wirklich gruselig sein können? Und dass das wirklich nerven kann, wenn man nur solche super-gruseligen Frauen in seinem Umfeld hat? Nein? Tja, dann lasst es mich mal so erklären:

Du bist ein gutaussehender Mann im besten Alter mit der unglaublichen Fähigkeit, den Wind zu beherrschen. Ich meine, ich kann meine Haare immer perfekt wehen lassen. Immer. Das ist sowas wie die absolut beste Ergänzung zu meinem umwerfenden Aussehen. Und nebenbei auch noch wirklich praktisch für einen Krieger, wie es sonst keinen gibt.

Und dann hast du drei Frauen in deinem Umfeld.

Dass jede von ihnen auf ihre Art gefährlich ist, wir sind ja schließlich keine Staubsaugervertreter, ist dir klar, aber hey, gefährliche Frauen sind absolut heiß. Wenn sie nicht gerade die drei sind, mit denen ich mich umgeben muss. Aber lasst mich weitererzählen.

Da wäre als Erste Xeluna, Nr.V. Xeluna sieht an sich echt nicht schlecht aus. Lange Beine, ein süßer, kleiner Hintern und ein absolut geniales Gesicht mit den stechensten Augen, die man sich denken kann. Klingt nach einer guten Frau? Tja, wenn es einen nicht stört, dass sie den Charme einer McDonalds-Pommes hat. Und dass sie wirklich, wirklich böse gucken kann, sodass einen Mann wohl schnell die Kraft im entscheidenden Moment verlassen könnte. Oder dass sie einem immer "ihre Wahrheit" ins Gesicht sagt. Ach ja, und dass Saix hinter ihr her ist. Oder sie hinter ihm. Ich muss zugeben, dass ich dieses Beziehungsgeflecht in der Organisation noch nicht ganz durchschaut habe.

Weiter im Text... Dann wäre da Xiomara, Nr. XI. Sie ist das neuste Mitglied bei uns, obwohl neu es mittlerweile auch nicht mehr trifft. Lange, dunkelrote Haare, sanfte dunkle Augen und erfreulich sanftmütig im Gegensatz zu den anderen beiden. Und ihre Brüste sind konkurrenzlos die Größten. Nun gut, ein Sonnenschein ist sie jetzt auch nicht, aber zumindest keift sie nicht den ganzen Tag rum. Doch auch hier gibt es ein riesiges aber! Denn wenn wir mal davon absehen, dass sie irgendwie bereits zwischen der Aufmerksamkeit von Xemnas(und mit dem will man sich nun echt nicht anlegen. Was er haben will, bekommt er. Basta.) und Axel (der sie wahrscheinlich eh nur auf seine Liste setzen will, der alte Aufreißer.) steckt, ist sie auch noch absolut resistent gegen jede Anmache von mir. Und glaubt mir, ich habe es wirklich probiert. Tja, sie weiß einfach nicht, was ihr entgeht. Ach ja, und sie hat den Tod als Eigenschaft, weswegen Demyx, Roxas und einige andere Waschlappen echte Angst vor ihr haben. Aber das finde ich uninteressant. Niemals könnte ein kleines Mädchen mich bedrohen.

Kommen wir zur Letzten. Wortwörtlich. Larxene, Nr.XII. Sie ist wirklich eine...", irritiert schaute ich von meinem Tagebuch auf, als ich den Lärm vor meiner Tür hörte.

"SCHEISSE!!! Sie bringt ihn um! Wir müssen sie aufhalten!"

Sofort stand ich auf den Beinen und riss die Tür auf, an der Roxas und Xigbar vorbeirannten. Als Xigbar mich erblickte, stoppte er keine Sekunde:

"Xaldin! Übungsraum. Nr.XI ist außer Kontrolle!"

In windeseile stürmte ich hinterher und hatte die beiden bald hinter mir gelassen. Ich war ganz eins mit dem Wind.

Und dann sah ich es, als ich abrupt in dem Eingang des Übungsraumes zum stehen kam.

Blitzschnell erfasste ich die Situation: Xiomara. Schwarzer Nebel. Axel am Boden. Tot oder bewusstlos.

Es war an mir, sie zu stoppen. Mit einem harten Absprung preschte ich auf sie zu, meine Lanzen kreisend um mich in Formation gebracht. Zu meiner linken erblickte ich Xigbar, ebenfalls bereit.

Doch als ich gerade zum Schlag ausholen wollte, keinen Meter mehr von ihr entfernt, hob sie den Kopf. Blickte mich an. Irritiert erkannte ich noch, dass das gesamte Weiß ihrer Augen schwarz war und das sie weinte, bevor mich plötzlich ein Schmerz in der Brust ergriff. Ich brach zusammen. Direkt vor ihr. Neben mir erlitt Xigbar dasselbe Schicksal. Ich war bewegungslos und fühlte mich immer schwächer. Das sollte also das Ende des großen Kriegers sein? Lachhaft.
 

Xiomara

Nein! Ich versuchte noch, Xaldin und Xigbar zu stoppen, während sie auf mich zurannten, doch kein Ton entwich meinen Lippen. Ich war stumm. Meine Eigenschaft hatte die Macht und diese Macht brach nun den Widerstand der beiden.

Was war hier nur los? Wieso konnte ich nicht aufhören, Energie aufzunehmen?

Ich wollte das nicht! Ich wollte Axel nicht verletzten, und auch Xaldin und Xigbar nicht. Doch meine Eigenschaft peitschte immer weiter und nahm mir jede Kontrolle. Verteidigte mich, füllte mich mit Lebensenergie, die nicht die meine war und ließ mich nicht los. Es war wie ein gewaltsamer Strudel, aus dem ich nicht aus eigener Kraft entkommen konnte. Es würde erst aufhören, wenn jede Lebensenergie in meinem Umfeld versiegt war...

Verzweifelt versuchte ich, die Kontrolle über diesen Vorgang zu erringen. Oder wenigstens die Kontrolle über meinen Körper. Jeder Fetzen Kontrolle wäre mir recht gewesen. Doch die Dunkelheit wollte einfach nicht weichen. Zu süß war die verfügbare Lebensenergie, zu groß die Freiheit, die ich meiner Eigenschaft eingeräumt hatte. Es war vergebens, ich war zu schwach.

Ich hatte vollständig die Kontrolle verloren...

"Genug!", ertönte plötzlich eine tiefe, volle Stimme, als im selben Augenblick ein rotes Licht erschien und auf den schwarzen Schleier zuschoß. Hätte ich die Kontrolle über meinen Körper gehabt, hätte ich mich weggedreht und die Augen verschlossen, als ein hellroter Blitz dort aufflammte, wo der Schleier auf das Licht traf. Es war zu grell und nahm mir kurzzeitig vollständig die Sicht.

Erschrocken zuckte ich zusammen, als ich eine große Hand auf meiner Schulter spürte.

Moment! Ich war zusammengezuckt? Probehalber spannte ich die Arme an und stellte erleichtert fest, dass sie reagierten. Doch lange Zeit blieb mir nicht, um mich zu freuen, denn ich erfasste unweigerlich das Bild, dass sich mir bot, als meine Augen sich wieder erholten.

An der Tür stand Roxas mit schreckensgeweiteten Augen und rannte stolpernd los. Zu Axel, der zusammen mit Xaldin und Xigbar vor mir auf dem Boden lagen. Der Schleier war vollständig von dem roten Licht eingesogen worden.

Waren sie...? Nein! Nein! Niemals dürfte das wahr sein! Mein Verstand weigerte sich schlichtweg.

Schluchzend wollte ich mich gerade auf die Knie vor Axel senken, als mich die Hand fester packte, sodass ich gezwungen war, aufzusehen. Xemnas. Natürlich.

Beinahe vorsichtig strich er mir beruhigend über die Wange und ich erkannte, dass ich weinte. Weinte voller Verzweiflung und Hilflosigkeit. Und klammerte mich dabei nun hilfesuchend an seinen Mantel. Was war nur passiert? Wieso? Das konnte nicht sein!

Beinahe erleichtert registrierte ich, wie Xemnas eine Hand an meinen Hinterkopf legte und an jenem wunderbaren Punkt zudrückte, der jemanden bewusstlos werden ließ. Auch wenn ich diese Ruhe nicht verdient hatte, begrüßte ich sie doch. Ich war ein Monster.
 

Xeluna

Der Aufenthaltsraum war komplett leer. Es gab nur wenige Stunden, in denen sich keine Personen in ihm aufhielten. Zum einen Nachts, wenn alle schliefen. Von 1 Uhr Nachts bis 5 Uhr Morgens traf man hier kaum jemanden an. Doch sonst sah man eigentlich immer mindestens ein Mitglied. Entweder war es Zexion, der ein Buch laß, Demyx, eben genannten davon abhalten wollte zu lesen oder etwas aß, Axel und Roxas, die freundschaftliche Gespräche führten, Larxene, die Axel beobachtete und entweder ihre Waffen putzte und schliff oder nur so tat, Xigbar, welcher oft in ernst wirkende Gespräche mit Xaldin verstrickt war, ja, sogar Vexen sah man ab und zu über irgendwelche Dokumente gebeugt.

Doch nun war er völlig leer. Es war noch früh am Abend, normalerweise die Zeit, in der wir Informationen austauschten, über erledigte Missionen sprachen oder einfach entspannten.

Ich zuckte mit den Schultern und ließ mich auf einem der Sofas nieder. Ich schnappte mir einen Stift und ein Formular für Missionsberichte, die immer auf den Tischen bereit lagen und wollte gerade anfangen zu schreiben, als mir ein angefangener Missionsbericht ins Auge fiel.

Seltsam. Zwar gab es keine feste Regel, die besagt, dass man seine Berichte nicht in der Gegend herum liegen lassen kann, doch hat es sich im Laufe der Zeit als unausgesprochenes Gesetz fest gelegt, dass wir sie eben nicht durch das Schloss fliegen lassen.

Ich ergriff den Zettel und begann zu lesen.

„Xigbar und Roxas, Aufklärungsmission und Herzen sammeln in der Arena des Olymp
 

Wir konnten die Vermutung bestätigen. Besagtes Objekt scheint leicht beeinflussbar zu sein und zu negativen Gefühlen zu neigen. Er scheint äußerst interessiert an der Frau zu sein. Sein Herz ist stark und voller Kraft, er würde einen hervorragenden Herzlosen ausmachen.

Wir haben eine Herde von Klappersoldaten gefunden, mindestens 100 Stück, es wurden im Laufe der Zeit noch mehr. Haben sie vollständig ausgelöscht. Größere Herzlose waren ni...“
 

Der Bericht stoppte. Ich legte ihn beiseite und begann meinen eigenen zu schreiben.
 

„Xeluna und Saix, Sondermission (Töten eines Weltenbewohners) im Wunderland
 

Missionsziel ausgeführt.

Das Objekt ist tot.

Keine Herzlosen während der gesamten Mission entdeckt.
 

Xeluna“
 

Ich unterschrieb mit meinem Namen, stand auf und legte das Formular in die dafür vorgesehene Box neben der Tür. In einer schwarzen Hose und einem schwarzen, enganliegenden Oberteil begab ich mich in mein Zimmer, nachdem ich meinen Mantel in unserem Waschzimmer abgelegt hatte.
 

Axel

Wenn ich eines in meinem Leben gelernt hatte, dann dass ich verdammt impulsiv war. Obwohl nein, nicht mal impulsiv. Das wäre zu einfach. Saix hatte dazu mal was vor kurzem gesagt:

"Du bist dir der meisten Konsequenzen und Ereignise mehr als bewusst. Ich kann vollkommen ehrlich sagen, dass du die meisten Details wahrnimmst. Du bist nicht dumm. Du verhälst dich nur so."

Irgendwie schien ich ein Talent dafür zu haben, auf alles, was ich wusste, zu scheißen und mich einfach so zu verhalten, als hätte ich keine Ahnung, was die Folgen meines Handelns wären. Wie bei Xiomara gestern. Ich wollte ihr wirklich helfen. Ich wollte einfach diese verdammte Zurückhaltung brechen, die sie nie abzulegen schien. Sie an ihre Grenze und darüber hinaus bringen.

Tja, gut gemacht Axel... Das hatte ich definitiv geschafft. Und jetzt lag ich hier, immer noch verdammt geschwächt und vor einigen Stunden noch dem Tod für meinen Geschmack viel zu nahe.

Die ganze Nacht seit ich erwacht war, wiederholten meine Gedanken das Erlebte. Wie eine grausame Dauerschleife. Meine ganzen Selbstvorwürfe wurden nur von den krampfartigen Anfällen unterbrochen, die wirklich die Hölle waren. Mir war so furchtbar kalt und keine Eigenschaft der Welt konnte etwas daran ändern. Wahrlich Eiszeit. Mein Körper hatte nicht mehr genügend Energie, um jeden Teil meines Körpers warm zu halten und beschränkte sich nur noch auf die lebenswichtigen Funktionen, hatte Vexen mir bei einem kurzen Check-Up vor einer halben Stunde erklärt. Doch auch er wollte keine Infos rauszurücken, was denn genau nun passiert war. Ich sollte warten, bis Xemnas kam. Toll. Ich konnte nur warten und diese ekeligen Tabletten schlucken.

Und natürlich an sie denken... Wo war sie? Wie ging es ihr? Wann durfte ich sie sehen, um ihr zu sagen, wie leid mir das ganze tat? Und seit wann bitte war ich so verdammt mitfühlend, dass das mein dringenster Wunsch war? Gott, diese Frau hatte es mir wirklich angetan. Und obwohl ich es genoß, zum ersten Mal wieder zu wagen an die Existenz meines Herzen zu glauben, machten mir diese Gefühle -Ja, Saix, ich hatte Gefühle! Hört, hört!- Angst.
 

"Also hat Xemnas' Nichts Xiomaras Tod einfach geschluckt?", fragte ich ungläubig nach, als ich Saix Bericht über gestern Abend lauschte. Saix nickte bedächtig und warnend, nichts falsches zu sagen, während Xemnas stumm am Fuße meines Bettes stand und die Akten lass. Jetzt hatte ich schon Krankenakten. Was für eine Ehre.

"Und wo ist sie jetzt? Geht es ihr gut?" Die Frage, ob ich zu ihr könne, ließ ich unausgesprochen, denn zum einen kannte ich die Antwort, zum anderen wäre ich in keiner Verfassung so dumm, mich vor Xemnas angreifbar zu machen. Ja gut, da gab es nicht mehr viel angreifbar zu machen... als halbnackt und verwundet in einem Bett zu liegen, während er meine medizinischen Werte studierte.

"Nr.XI ist momentan in einem sicheren Raum und erholt sich ebenfalls.", kam es knapp und vollkommen korrekt von Saix. Natürlich, der perfekte kühle Saix. Wie wenig er doch mit Isa gemeinsam hatte. Isa hätte verstanden...

"Es war unverantwortlich, was du dir gestern geleistet hast, Nr.VIII. Hätte ich nicht rechtzeitig eingegriffen, wären drei Mitglieder tot und Xiomara vollkommen unantastbar mit der ganzen absorbierten Macht.", kam es nun leise und gefährlich von Xemnas. Man merke den Unterschied: Ich war Nr.VIII, aber Xiomara wurde beim Namen genannt. Arschloch. Aber leider hatte er in gewisser Weise Recht. Es war meine Schuld.

"Wie auch immer. Ich erwarte von dir keine Fehltritte mehr. Ich lasse mich ungerne zweimal enttäuschen. Bis auf weiteres ist dir der Kontakt zu Xiomara untersagt, sie ist zu wertvoll für weitere Eskapaden." Mit diesen Worten verschwand Xemnas im Tor zur Finsterniss und ließ mir nur Zeit für einen ungläubigen Blick.

Doch mir blieb keine Zeit, meiner Wut Luft zu machen. Saix unterbrach mich mit mahnendem Blick: "Er hat Recht, Axel. Überleg dir gut, was du jetzt machst."

"ER HAT RECHT? Welches Recht hat er, mich von ihr fern zu halten? Ich bin der einzige, den sie im Moment braucht und..."

"Axel!", herrschte Saix mich daraufhin an und verwundert verstummte ich. Er klang wie Isa in diesem Moment, nicht wie der eiskalte Saix. "Du musst dich einmal in deiner erbärmlichen Existenz zusammenreißen. Lord Xemnas würde dich sofort opfern, wenn er sich davon verspricht, Xiomara zu schützen. Sie hat die Schlüsselschwerter."

Etwas milder fuhr er fort:

"Außerdem bringt es dir im Moment sowieso nichts. XI ist vollkommen neben sich. Obwohl ihre Vitalwerte mehr als ausgezeichnet sind, ist sie katatonisch und zeigt nur sporadisch kommunikative Reaktionen."

"Natürlich ist sie neben der Spur, aber das heißt nicht, dass..."

"Axel... Sie hat ausdrücklich gesagt, dass sie dich nicht sehen will. Unter keinen Umständen."
 

Xeluna

Mein erster Weg am nächsten Tag führte mich in die Wäschekammer. Auf dem Tisch lag mein Mantel, frisch gewaschen und ohne Blutflecken. Ich zog ihn über und nickte. Sehr schön. Dann konnte der Tag ja beginnen.

Zu faul, um zu meinem Zimmer zurück zu laufen, öffnete ich ein Tor zur Finsternis und war im Nu wieder dort, wo ich hergekommen war. Wir sollten die Tore nicht für Kurzstrecken nutzen. Kann das System durcheinander bringen, sagt Vexen immer. Mir egal, was der Alte sagt.

Ich duschte schnell, zog mir frische Klamotten an und öffnete das Tor erneut, nur um dieses Mal in der Küche heraus zu kommen. Dort schnappte ich mir eine trockene Scheibe Brot und verzehrte sie ohne mir die Mühe zu machen, einen Belag zu suchen. Sie schmeckte nach nichts. Nicht einmal schlecht. Einfach nach nichts.

Ich hob meine Hand um ein Tor zu öffnen, ließ sie jedoch wieder sinken. Man musste es ja nicht übertreiben und der Aufenthaltsraum war keine Minute von hier entfernt. Also lief ich die unendlich weißen Gänge entlang und erreichte schließlich mein Ziel.

Leer. Schon wieder. Wo waren alle? Nicht einmal in der Küche hatte ich einen meiner Kamerade getroffen. Und woher sollte ich nun meine Mission für heute bekommen?

Nun öffnete ich doch ein Tor und saß im Nu auf meinem Stuhl im Versammlungsraum. Doch auch dieser war leer. Wollten mich heute alle verarschen?

Ich ließ mich zum vierten Mal an diesem Tag (war so früh am Morgen definitiv ein neuer Rekord war!) von der Dunkelheit verschlucken und befand ich nun wieder in meinem Zimmer.

Eine Weile saß ich auf meinem Bett, etwas ratlos, bis ich schließlich den Entschluss fasste, doch herausfinden zu wollen, was hier los war. Ich lief also durch den Gang und klopfte an die Türen der Mitglieder. Roxas antwortete nicht. Er war wohl nicht da. Larxenes Zimmer... überging ich geflissen. Als ich an Xiomaras Zimmer klopfte, schien ebenfalls niemand da zu sein. Yuki ging ich immer noch aus dem Weg. Demyx war ebenfalls nicht da. Was war heute los?

Nun blieb ich vor Axels Zimmer stehen und klopfte an. Hoffentlich war wenigstens er da.
 

Axel

Ein lautes Klopfen unterbrach mein mitleidiges Rätseln über Saix Aussage. Schnell wuschelte mir die Haare aufrecht und rief mit lauter, hoffentlich gelassener Stimme: "Herein!"

Überrascht erkannte ich Xeluna, die misstrauisch in den Raum spähte und schließlich mit ihrem Blick auf mir landete. Ich sah bereits eine zynische Bemerkung kommen, warum ich denn immer noch im Bett lag und so scheiße aussah. Das wäre typisch gewesen.
 

Xeluna

Wow, es schien also doch noch Lebewesen in diesem Schloss zu geben.

Doch dass Axel in seinem Bett lag, während Saix neben ihm stand... nun ja, das entsprach nicht der häufigsten Situation in unserem Tagesablauf.

Ich warf einen kurzen Blick auf den Blauhaarigen, beachtete ihn jedoch nicht weiter, sondern widmete meine Aufmerksamkeit wieder Axel.

"Hab ich was verpasst?"
 

Axel

Beinahe verlegen strich ich mir durch meine Haare und blickte kurz zu Saix. Und überlegte es mir direkt anders und pfiff auf seine Meinung. Ich konnte sagen, was ich wollte. Er war weder mein Boss noch mein Freund.

"Xiomara und ich haben an ihrer Eigenschaft gearbeitet. Und es ist etwas schief gelaufen." Die Untertreibung des Jahrhunderts!

"Man könnte wohl sagen, dass Saix jetzt nicht mehr der einzige Amokläufer im Schloss ist.", versuchte ich einen halbherzigen Witz, den Saix nur damit kommentierte, dass er die Lippen eng zusammenpresste. Humorlos wie eh und je.
 

Xeluna

Meine Augen weiteten sich kaum merklich. Xiomara war also in dieses Chaos verstrickt. Das erklärte zumindest, warum sie nicht da war.

"Wie sieht es dann mit Missionen aus?", fragte ich an Saix gewandt.

Ich weiß, ich hätte mich nach Xiomara erkundigen müssen. Hätte Axel fragen sollen, wie es ihm ging. Hätte Mitleid zeigen sollen. Gestern hätte ich es noch getan.

Gestern hätte ich auch noch zur Kenntnis genommen, es wahrscheinlich sogar erwähnt, dass wir, das ehemalige Trio von Radiant Garden, seit langem wieder mal vereint waren. Doch nun war alles was ich sah ein rothaariger Kerl, der in seinem Bett lag und ein blauhaariger Typ der neben ihm stand und mich ausdruckslos anblickte. Drei Personen in einem Zimmer, die keinerlei Verbindung zueinander hatten.
 

Axel

Wow, wow, wow... Das war aber gar nicht die Xeluna, die ich kannte. Wo war ihre schnippische Art mir gegenüber? Wo die heimlichen Blicke, mit denen sie immer wieder Isa aus Saix locken wollte? Wo war ihre Sorgen gegenüber Xiomara? Waren die beiden nicht Freunde? Verdammt, was zur Hölle war hier los?

Ich kam mir wie in einer schlechten Sitcom vor. Wollte denn jeder mich heute verarschen? Gott, wenn ich nur fit wäre!

"Bis Lord Xemnas es anders entscheidet, macht was ihr wollt. Es gibt dringenderes.", erwiderte der Eiskönig Saix beinahe zickig, soweit der Kerl zickig sein konnte. Er war also genauso irritiert wie ich. Gut. Lag es an mir, oder herrschte zwischen den beiden wirklich Eiszeit? Und nicht diese sexuelle Eiszeit-Spannung, die Xiomara und ich so gerne hatten.

Verwirrt fuhr ich mir abermals durch die Haare, blieb aber aufmerksam still.
 

Xeluna

Ich nickte. "Alles klar, danke für die Information."

Ich drehte mich um und wollte gerade den Raum verlassen, als mir etwas einfiel.

"Gute Besserung." Dann verließ ich Axels Zimmer ohne einen Blick zurück zu werfen.
 

Xiomara

Warum war ich so naiv gewesen?

Wie konnte es nur so kommen?

Ich hatte Axel beinahe getötet.

Ich hatte Xaldin beinahe getötet.

Ich hatte Xigbar beinahe getötet.

Ich hätte jeden töten können.

Ich hätte jeden toten wollen.

Ich hatte die Kontrolle verloren.

Ich war schwach.

Ich war dumm.

Ich war schlecht.

Ich war gefährlich.

Unkontrollierbar.

Tödlich.

Bösartig.

Monster.

Nichts wert.

Keine Freundschaft.

Keine Bande.

Keine Liebe.

Ich musste Axel beschützen.

Ich musste Axel von mir fernhalten.
 

Xeluna

Macht was ihr wollt. Hmm, diese Aussage half mir nicht sehr weiter. Es gab keine Missionen, die ich hätte bestreiten können. Herzen sammeln ohne Schlüsselschwert? Nicht möglich. Aufklärungsmissionen? Was sollte ich aufklären, wenn es nichts aufzuklären gab? Schattenflecken vernichten ohne zu wissen, wo sich welche befanden? Ausgeschlossen.

Ich zuckte mit den Schultern und ließ mich im Aufenthaltsraum nieder. Er war immer noch leer.

Ich blickte aus dem Fenster. Wahrscheinlich viel zu lange. Die Zeit spielte keine Rolle. Ich hatte sowieso nichts zu tun.

Meine Gedanken suchten sich ihren Weg, Gedankenfetzen versuchten sich zu vereinen und Sinn zu ergeben. Ich spürte, dass etwas anders war. Ich fühlte mich anders. Um genau zu sein, fühlte ich eigentlich gar nichts. Hatte keinen Hunger. Keinen Appetit. Kein Bedürftnis, mit jemandem zu sprechen.

Selbst als Vexen für wenige Minuten den Raum betrat und eine (wahrscheinlich beleidigende) Bemerkung fallen ließ, reagierte ich nicht. Ich bekam nicht einmal mit, was er sagte.

Es würde später und später. Ich sah Demyx und Zexion. Sie saßen mir gegenüber, sprachen mit mir. Ich glaube, ich antwortete ihnen sogar. Sie ließen mich nach wenigen Minuten wieder allein. Warfen sich Blicke zu. Setzten sich auf ein anderes Sofa, am anderen Ende des Raumes.

Es war Roxas, der mir schließlich half zu verstehen, was los war. Nicht das er versuchte, mir zu helfen. Nein, ich hörte ihn nur sprechen. Er unterhielt sich mit Demyx. Oder Zexion. Vielleicht auch beiden. Es war nicht von Bedeutung. Auch was er sagte, war völlig irrelevant. Das einzige was zählte war die Tatsache, dass er redete. Und ich mich erinnerte. Mich an seine ersten Tage bei der Organisation erinnerte.

Er hatte nicht gesprochen. Nicht gegessen. Nur da gesessen und die Missionen, die man ihm aufgetragen hatte, erledigt. Er hatte sich wie ein Zombie verhalten. Leblos. Beinahe schon wie ein Dämmerling.

"Es ist normal so." "Er wird sich ändern." Die anderen Mitglieder nahmen sein Verhalten ganz normal hin. Es schien ihnen nicht negativ aufzufallen. Mich hingegen hatte es verwirrt. Vor allem als er, nach einiger Zeit, doch zu sprechen anfing. Es war, als wäre er zu neuem Leben erwacht. Von Tag zu Tag wurde er lebhaften. Sprach mehr. Lachte ab und zu. Began mehr zu essen als nur trockenes Brot. Konnte eigenständig handeln und eigene Entscheidungen treffen.

Es war eines der wenigen Gespräche, die ich jemals mit Vexen geführt hatte. Eines der wenigen, in welchem wir uns nicht beleidigten. Ich hatte ihn gefragt, wieso Roxas sich zu Beginn so seltsam verhalten hatte. Vexen musste es schließlich wissen. Es wusste viel. Organisatorisches, aber auch faktisches.

"Du weißt doch, dass Niemande ein Nebenprodukt sind", fing er an zu erklären. "Wird das Herz eines Jemandes von der Dunkelheit erfasst, wird er zu einem Herzlosen. Vorrausgesetzt sein Herz ist stark. Was zurückbleibt ist eine leere Hülle ohne Gefühle." Ja, so viel wusste ich.

"Das sind die Niemande. Wenn ein Niemand geboren wird, besitzt er rein gar nichts. Doch mit der Zeit fängt er an, sich an seine Vergangenheit zu erinnern. Zwar wird er nie in der Lage sein, zu fühlen, doch kann er sich an seine Gefühle erinnern, sich erinnern, wie er sich in verschiedenen Situationen gefühlt hat und so auch als Niemand scheinbare Gefühle haben." Er stoppte kurz und sprach dann weiter: "Roxas ist erst seit kurzem ein Niemand. Langsam kommt die Erinnerung von seinem Jemand und bald wird er fähig sein, normal zu handeln und zu denken. Genau so wie du und ich. Eher wie ich. Dein Denken scheint nicht normal zu sein, wenn du diese Frage stellen musst. Schließlich hast du das selbe Erlebnis hinter dir und kennst so die Antwort."

Nun ja, es war eines der wenigen Gespräche in denen wir uns nicht SEHR beleidigten.

Ich hatte nie verstanden, was er mit dem letzten Satz gemeint hatte. Als ich geboren wurde... konnte ich mich sofort an alles erinnern. Konnte sofort denken. Konnte sogar fühlen. Oder es mir zumindest einbilden.

Nun, endlich, nach all den Jahren, konnte ich es verstehen.

Ich hatte diese Zombie-Phase nie übersprungen, wie ich anfänglich gedacht hatte. Ich hatte sie einfach nur noch nicht erlebt.
 

Xiomara

"Komm Xiomara, du musst etwas essen."

Xemnas. Wieso war er schon wieder hier? War der Tag bereits vorbei?

Lustlos erkannte ich das Essen als Donuts. Xemnas wusste also, dass ich sie mochte. Gelangweilt biss ich in einen hinein. Ich wollte nicht störrisch sein. Oder undankbar. Oder schlecht. Oder ein Monster. Letzteres konnte ich jedoch nicht ändern.

"Komm, Xiomara."

Seine Hand umfasste meine und führte mich durch das Tor zur Finsternis. Die Korridore darin waren schön. Sie waren finster und unheimlich. Wie ich.

Er führte mich an einen unbekannten Ort. Das Dach unseres Schlosses. Hier war es ruhig.

"Schau dir Kingdom Hearts an."

Ich blickte auf.

"Sobald es vollständig ist, werden wir unsere Herzen wiedererlangen und dazu die absolute Macht über alles."

Herzen...Macht... bedeutungslos.

"Du bist der Schlüssel, Xiomara. Du beherrscht das Schwert."

Seine Hände auf meinen Wangen. Ich war gezwungen, ihn anzusehen. Bernsteinfarben sind seine Augen heute. Zu schön für jemanden wie mich.

"Xiomara, ich vergebe dir, was du getan hast."

Vergebung... Konnte das wahr sein? Durfte man mir vergeben?

"Ich werde dafür sorgen, dass so etwas nie wieder vorkommen wird. Vertrau mir."

Ich spürte mich nicken. Ich wollte ihm glauben.

"Wirst du mir dienen? Ich kann nicht ändern, was du bist, aber ich kann dich führen und beherrschen."

Wieder spürte ich mich nicken und erkannte die Chance, die er mir schenkte. Er schenkte mir einen Sinn. Ich blieb immer ein Monster, aber nun ein angekettetes. Angekettet durch Xemnas. Er war meine Rettung.
 

Zexion

Nichts. Rein gar nichts. Nicht einmal die Spur von einer Information über Xiomaras Eigenschaft konnte ich finden. Seufzend stellte ich das Buch mit dem Titel 'Eigenartige Eigenschaften' zurück ins Regal. Es war bekannt, dass die meisten Eigenschaften etwas mit den Elementen zu tun hatte. Wind, Wasser, Eis, Feuer, Erde, Stein, Pflanzen, so etwas eben. Deswegen wurden sie meistens nicht als Eigenschaften, sondern als Elemente bezeichnet. Eigenschaften wie meine, Illusion, oder Saix's Fähigkeit die Kraft des Mondes zu erhalten, kamen vor, waren aber seltener.

Xemnas' Nichts war eine äußerst seltene Eigenschaft, Kraftvoll und stark, unfassbar mächtig. Doch selbst ihr war ein ganzes Buch gewidmet.

Von der Eigenschaft des Todes konnte ich hingegen nichts finden. Rein gar nichts. In keinem der Bücher wurde sie erklärt, nicht einmal erwähnt. Nicht einmal in 'Elementare Erkundung“. Und dieses Buch enthielt wirklich jede Eigenschaft. Man kann kaum glauben, was es alles so gab. Ich war froh, dass es mich mit meinen Illusionen so gut getroffen hatte.

Vor allem, nachdem ich von einem Niemand gelesen hatte, welcher sich, sobald er verletzt wurde, in eine Fliege verwandelte und sich erst zurück verwandeln konnte, nachdem mehrere Tage vergangen waren. Den Wahrheitsgehalt zweifelte ich etwas an, doch möglich war es wohl. Alles war möglich.

Bis auf das Finden von Informationen über das Element 'Tod'.

Hatte es noch niemanden vor ihr gegeben? War sie die erste, die diese Eigenschaft in sich trug?

Mein Blick fiel auf den Stapel mit Büchern, die ich bereits gelesen hatte. Ein alarmierend hoher Turm. Das Blatt, auf welchem ich geplant hatte, alle Informationen nieder zu schreiben, war leer.

Ich ließ meinen Blick über die Regale schweifen. „Ein Herzloser als Haustier“, „Herzlos, aber treu“, „Herzlose zähmen leicht gemacht“. Diese Abteilung befasste sich ausdrücklich mit dem Zähmen und Trainieren von Herzlosen. Wieso es wirklich Personen (Niemande sowie Jemande) gab, die Herzlose zähmen wollten, konnte ich nicht verstehen.

„Herzlose von A-Z“, „Seltene Herzlose und wo sie zu finden sind“, „Herzlos und Brutal“. Auflistungen von jedem Herzlosen, den es gab. Die besten Wege, sie zu töten. Gefahren, die mit der Herzlosenjagd verbunden waren. Nein, in der Abteilung über Herzlose würde ich nichts finden.

„Weltenreise“, „Wo bin ich?“, So weit das Auge reicht“. Eine interessante Abteilung. Informationen über Informationen über verschiedene Welten. Über Welten, die wir noch nie bereist hatten. Leider erfuhr man alles über sie, bis auf das klitzekleine Detail, wie man dort hin gelangte. Dort lag unser Problem. Wir wussten von der Existenz dieser Welten, doch konnten wir sie meistens nicht bereisen.

„Ruf mich und ich erscheine“, „Schlüsselschwerter und deren Träger“, „Groß vs klein – Waffenhandbuch für Beginner“. Meine Lieblingsabteilung. Alles was man über Waffen wissen musste und noch viel mehr. Ratgeber, wie man seine Waffen am besten beschwor. Wie man sie sogar an anderen Orten beschwören konnte. Beschreibungen von den besten und seltesten Waffen. Erklärungen, wie man seiner Waffe neue Fähigkeiten verleihen konnte. Es würde den meisten nicht schaden, ihre Nasen für ein paar Minuten in eines dieser Bücher zu stecken.

Aber nein. An Theorie war hier fast niemand interessiert. Ein Jammer! So würden wir unser Ziel nie erreichen.

Die Abteilung über Niemande war leer. Die Bücher stapelten sich auf dem Schreibtisch, fast alle davon hatte ich bereits gelesen. Es musste doch noch irgendetwas über Elemente geben!

Ich wollte Xiomara helfen. Ihr einen Weg vorlegen, der ihr half, ihre Fähigkeit ein für alle Mal in den Griff zu bekommen. Doch nichts. Es war zum verrückt werden. Doch wir konnten es nicht dabei beruhen lassen. Sie war eine Gefahr für uns und für sie selbst. Und wir brauchten sie. Nur mit Roxas würden wie nie genügend Herzen sammeln können.

Ich wünschte, wir würden unsere Organisation endlich wieder in den Griff bekommen. Doch wie es im Moment aussah, war Stillstand. Absoluter Stillstand. Seit Xiomara ihren Kontrollverlust hatte, ging nichts mehr voran. Xemnas verlieh keine Missionen mehr. Xigbar und Xaldin waren noch immer außer Gefecht gesetzt, auch wenn es besser mit ihnen aussah als mit Axel. Er lag wirklich flach. Was natürlich Roxas Sorgen bereitete, welcher sich, trotz dass ich es ihm oft genug vorgeschlagen hatte, nicht dazu bewegen ließ, auf Herzenjagd zu gehen. Dass Xiomara zu nichts in der Lage war ist selbstredent. Larxene war übrigens ebenfalls völlig nutzlos. Nach Xiomaras Anfall hatten wir sie ruhig stellen müssen. Sonst hätte sie unsere Schlüsselschwertträgerin kurzerhand umgebracht. Außerdem wollte sie nicht von Axels Seite weichen und hatte sich Xemnas gegenüber so respektlos verhalten, dass er sie in eine unserer Gefängnisszellen gesteckt hatte. Diese Frau konnte laut schreien, dass musste man ihr lassen.

Und sonst... nun, Demyx schien nur mehr als froh zu sein, keine Missionen zu haben. Ich wünschte, er würde mehr Selbstkontrolle besitzen und wenigstens etwas mehr zu unserem Ziel beitragen. Vexen hatte ich seit Tagen nicht mehr gesehen. War wohl noch immer in irgendwelche Forschungsarbeiten vertieft. Wenigstens arbeitete er. Und Yuki hatte mir klar und deutlich gesagt, dass er nur Aufträge von Xemnas entgegen nehmen würde. Arrogant wie er und je. Dass ich nicht einmal versuchte hatte mit Saix zu reden, muss ich eigentlich nicht einmal erwähnen. Blieben nur noch ich und Xeluna. Ich erfüllte meinen Teil, indem ich versuchte, Informationen zu erlangen. Und sie... naja. Ich hatte keine Probleme mit ihr. Sie hatte ihre Missionen immer erfolgreich erledigt, also war ich zufrieden.

Doch nun war auch mit ihr nichts mehr anzufangen. Erst kürzlich hatten Demyx und ich sie im Aufenthaltsraum gesehen. „Hey, hast du schon gehört, was mit Xiomara passiert ist?“, hatte Demyx gefragt. Sie hatte aufgeblickt, doch keine Antwort gegeben. Erst als ich noch einmal nachfragt hatte, schien ein „Ja“, ihre Lippen verlassen zu haben.

Ja, unsere Organisation ging wirklich den Bach runter.
 

Xiomara

Ich erhielt wieder Sinn. Dank Xemnas.

Er war meine Rettung. Mein Anker. Nur er konnte mir die Richtung in dieser Dunkelheit zeigen. Nur er ließ mich auf Erlösung hoffen. Immer wieder erinnerte er mich daran, dass es Erlösung für mich gab. Von ihm.

Die Tage wurden zu Wochen, während ich nicht mehr von seiner Seite wich. Jeden Tag verbrachte ich bei ihm. Brauchte ihn.

Er unterrichtete mich, füllte die Leere in mir mit Informationen über Welten, Herzlose, Waffen und Kampftechniken. Er lehrte mich wahres Kämpfen und Töten, ließ dabei jedoch mein Monster immer außen vor. Sobald ich drohte, die Kontrolle zu verlieren, war sein Nichts zur Stelle. Ich entwickelte mich weiter, wurde stärker, perfekter. Und auch meine Schlüsselschwerter wurden anders, perfekter. Er formte mich. Half mir, mein schwaches Ich zu vergessen. Keine Liebe, keine Freundschaft oder Reue. Es war ein Segen. Ich wurde so, wie er es wollte.

Auch unterband er jeglichen Kontakt zu anderen. "Du sollst nicht abgelenkt werden von deinem Erwachen. Du brauchst niemanden außer mir." Ja, er hatte Recht. Es war richtig und gut so. Ich hatte das Recht verwirkt, selbst zu entscheiden. Und so verbannte ich jeden Gedanken an die Leute, die mir wichtig gewesen waren, als ich gedacht hätte, ich könne kein Monster sein. Ich brauchte niemanden außer Xemnas.
 

Also der Tag kam, an dem Xemnas entschied, dass ich bereit war, hatte ich erst Angst.

"Was ist, wenn ich nicht bereit bin?", fragte ich deshalb leise, während ich auf dem Geländer hockte und Kingdom Hearts anschaute. Xemnas erlaubte mich manchmal diese Auszeit vom Lernen und Trainieren.

"Zweifelst du an meinem Urteilsvermögen?" Seine Hand lag nun besitzergreifend auf meinem Kopf. Zaghaft schüttelte ich diesen.

"Natürlich nicht, Master."

"Dann komm, Xiomara. Wir haben eine Versammlung zu bestreiten." Mit diesen Worten verschwanden wir im Tor zur Finsternis.

Dennoch war es schwer... Xemnas war so weit weg im Versammlungsraum. Das beunruhigte mich.

Doch noch mehr beunruhigten mich die neugierigen Gesichter der anderen. Es schien Jahre her zu sein, seit ich jemand anderen als Xemnas gesehen hatte. Ich erkannte Roxas Sorge, Larxenes Wut, Demys Angst, Yukis Neugierde... Jeder von ihnen ließ mich wissen, dass ich anders war als sie. Doch auch darin hatte Xemnas mich unterrichtet. Immer absolut perfekt wirken. Kalt und ernst. Gefährlich. "Sei dir immer bewusst, was du bist, Xiomara. Du bist jedem von ihnen überlegen, das wissen sie. Das weißt du. Nur mir bist du Respekt schuldig."... Ja, Xemnas hatte Recht. Nur er zählte. Und genau deshalb umrundete mein Blick gleichgültig alle Gesichte und ruhte schließlich auf Xemnas. Ich war sein.
 

Axel

"Organisation XIII, endlich sind wir wieder versammelt. Es waren lange Wochen voller Verwirrung und Neuordnung, doch aus dieser Phase steigen wir gestärkt hinauf zu unserem wahren Ziel, Kingdom Hearts zu erschaffen!"

Könnt ihr euch eigentlich vorstellen, wie beschissen anstrengend es ist, sich diesen Bullshit anzuhören? Und nebenbei sich auch noch auf diesen verdammt unbequemen Sitzen zu halten?

Wütend musste ich mir jedoch jeden Kommentar oder ein Schnauben enthalten.

"Wie ihr alle sicher mitbekommen habt, hat Nr.XI eine schwere Bürde mit ihrer Eigenschaft zu tragen. Vor einiger Zeit wurden deshalb Nr.II ,Nr.III und Nr.VIII verletzt, sie sind jedoch mittlerweile auf dem Weg der Besserung.

Auch kann ich euch verkünden, dass Nr.XI nun wieder bereit ist, aktiv an Missionen teilzunehmen, nachdem ich mit ihr einige Zeit gearbeitet habe."

Gearbeitet... Ja ja, sag doch wie es ist! Sie ist deine willenlose Sklavin. Du hast sie emotional vollkommen von dir abhängig gemacht, du Bastard!

Ich meine, allein wenn ich mir Xiomara anschaute, war das so verdammt klar. Sie regte sich nicht, saß perfekt gerade da und ihr Blick ruhte einzig und allein auf Xemnas. Als würde nichts anderes auf der Welt etwas bedeuten.

"Jedoch wird sie ab nun entweder alleine oder ausschließlich in Begleitung von mir auf Missionen gehen. Zur Sicherheit aller Anwesenden."

Behandel sie doch noch mehr wie ein Monster! Und das ließ sie sich ohne Regung gefallen? Früher hätte Xiomara eine Augenbraue herrlich arrogant hochgezogen und ich hätte meinen Monatslohn verwettet, dass ihre Gedanken mehr als beleidigend gewesen wären. Und jetzt? Nichts. Was hatte er bloß mit ihr gemacht?

"Die Missionen werden ab heute also wieder ihren gewöhnlichen Gang gehen und ich erwarte von jedem absolute Ernsthaftigkeit. Wir haben ein Ziel zu erfüllen."

Mit diesen Worten waren wir also entlassen, denn Saix öffnete das Tor und verschwand. Um wohl im Gemeinschaftsraum auf uns zu warten. Mit Missionen.

Als könnte ich mich jetzt auf irgendwelche banalen Missionen konzentrieren, wenn Xiomara, die ja irgendwie dabei gewesen war, meine Freundin zu werden, weiter bei diesem machtgeilen Mistkerl hockte. Doch Xemnas hatte jede Kommunikation unterbunden, die ich versuchte. Nun, ehrlich gesagt hatte ich in der letzten Zeit auch nicht wirklich die Verfassung, um mehr zu machen, als in meinem Bett zu jammern und Larxene aus dem Zimmer schmeißen zu lassen... Wenigstens in dem Punkt hatte Xemnas gut gehandelt, als er sie erstmal wegsperrte.

Und dennoch. Ich musste doch irgendwie zu ihr durchdringen können. Sie brauchte mich, das wusste ich einfach. Ich konnte sie nicht mit diesem Bullshit, den Xemnas ihr einscheinend eingetrichtert hatte, alleine lassen! Doch offensichtlich war die Manipulation schon recht weit.

Xiomara beachtete mich nicht mehr als jeden anderen. Ihr Blick vollkommen bei diesem Mistkerl. Und nur weil ich die beiden ganz genau im Auge hatte, bemerkte ich sein unmerkliches Nicken und wie sie darauf das Tor öffnete und verschwand. Ich musste einen Weg zu ihr finden... Und der einzige, der mir helfen konnte, war Saix. Saix und seine magische Missionsliste, die mir verraten würde, wo Xiomara heute sein würde.
 

Xeluna

Ich steckte fest. Nicht körperlich, sondern seelisch.

Ich saß im Gemeinschaftsraum und starrte mein Spiegelbild im Fenster an. Leere Augen ohne Regung blickten zu mir zurück. Meine Gedanken überschlugen sich, doch kein einziger Gedanke ließ sich zu Ende denken. Ich wusste nicht, wie lange ich hier gesessen hatte. Stunden? Tage?

Ich hatte Mitglieder der Organisation kommen und gehen gesehen. Axel, Xigbar, Demyx. Sogar Xemnas, gefolgt von Xiomara war einmal durch mein Blickfeld gelaufen.

Es fühlte sich an, als stände die Zeit still. Meine Zeit. Die Zeit der anderen lief weiter. Unaufhörlich tickte die Uhr, Sekunde um Sekunde bewegte sich der Zeiger voran, während meiner sich seit... Stunden? Tagen? Wochen? Seit einer langen Zeit nicht mehr vorwärts bewegt hatte.

„Treffen imVersammlungsraum in fünf Minuten.“ Wessen Stimme es war, konnte ich nicht erkennen. Ich regte mich nicht, kümmerte mich nicht darum. Kurze Zeit später war der Raum leer.

Stille.

Irgendwann füllte er sich wieder. Die Versammlung war wohl vorbei.
 

Axel

"Komm schon, Saix! Du weißt, ich würde dich nicht ohne Grund fragen.", meine Stimme klang wütend, trotz der Tatsache, dass ich leise sprechen musste.

"Und dennoch erscheinen mir deine Gründe mehr als egoistisch. Verschwinde endlich nach Twilight Town zu Roxas und erledige deine Mission."

Wütend schnaubt ich aus. Dieser Idiot! Wie konnte er nur? Und er war mal mein bester Freund gewesen? Pah! Wie oft hatte ich bitte Isa ausgeholfen, wenn es um seine kleinen, zuckersüßen Überraschungen für Lunea ging?

Mit einem Ruck kehrte ich Saix den Rücken zu, bevor meine Wut Überhand gewinnen konnte. Ich kannte mich zu gut. Noch zwei, drei Sätze mehr und ich steckte in echten Schwierigkeiten. Meine Beherrschung war praktisch nicht existent. Besonders nicht, wenn Saix den Arsch spielen wollte. Normalerweise war sogar mein Geduldsfaden länger, aber nachdem Roxas sich im Moment ziemlich merkwürdig verhielt, Xiomara zur Sklavin mutiert war und ich mich auch schon mal fitter gefühlt hatte, war selbst ich nicht in der besten Stimmung. Aber anscheinend wollte niemand darauf Rücksicht nehmen, den schon entdeckte ich den nächsten Pflegefall, der praktisch nach meiner Zuwendung schrie: Xeluna.

Sie war mir schon so verdammt komisch bei dem Besuch in meinem Zimmer vorgekommen und jetzt saß sie mit ausdrucksloser Miene rum. Jedes Mal, wenn ich sie sah, erschien sie mir mehr zu verblassen. Sie war absolut nicht die Frau, die mir als einzige hier wirklich auf die Nerven gehen konnte, ohne Sympathie-Punkte zu verlieren. Irgendwas war das falsch. Sie erinnerte mich irgendwie an Xiomara... Nein.... eher an... Roxas! Oh Gott, nein! Lass das nicht wahr sein.

Mit entschlossenen Schritten ging ich also auf sie zu, kniete mich vor sie und betete zu allem, was es auch immer geben konnte, dass ich den nächsten Schritt überleben würde. Und meine Vermutung sich trotzdem entkräften würde. Ich hoffte also irgendwie auf einen Sechser im Lotto. Ich kniff ihr kurz, aber fest in die Wange. Keine Reaktion. Nur ein kurzes Blinzeln. Nichts. Das war nicht Xeluna. Diagnose abgeschlossen, nächster Patient bitte!

Die normale Xeluna, ja auch die alte Lunea, hätte mich erst mit Blicken und dann mit ihren Waffen durchlöchert. Keiner dürfte sie ohne Erlaubnis anfassen... Außer Isa damals. Das war die eiserne Regel gewesen.

Nun gut... Ich ordnete meine To-Do-List schnell neu:

"Xeluna wieder auf Kurs bekommen" setzte ich vor "Zu Xiomara durchdringen und dann unanständige Dinge mit ihr machen" und "Rausfinden, was mit Roxas los ist"

Sieh sich mal einer den Mist an, mit dem ich mich rumschlagen musste. Und dennoch würdigte es niemand, dass ich dabei immer locker und verdammt gut aussah. Ungerechtigkeit.

Mit einem Ruck schnappte ich mir also Xeluna, schmiss sie mir mit einer gewissen Befriedigung, aufgrund von Saix entrüstetem Blick, über die Schulter und verschwand im Tor zur Finsternis. Es war wieder einmal an mir, den Tag zu retten und mit Xeluna fing ich an.
 

Xeluna

Ich reagierte nicht. Nicht als Axel mich in die Wange kniff, nicht als er mich über seine Schulter schmiss und mich durch ein Tor zur Finsternis trug. Ich weiß nicht, ob ich überhaupt reagieren hätte können. Da ich es nicht einmal versuchte, werde ich es wohl nie wissen.

Ich wollte nicht einmal reagieren.Wozu auch? Es war mir egal, was mit mir passierte. So ein Leben ohne Gefühle war entspannend. Nichts, um das man sich Gedanken machen musste. Keine Wünsche, keine Ziele. Keine Bedürftnisse. Außer natürlich das Lebensnotwendige wie Essen, Trinken, Atmen und Schlafen. Doch sonst gab es nichts, um das ich mich sorgte. Selbst um die Lebensnotwendigkeiten sorgte ich mich eigentlich nicht. Ich aß, um das Gefühl von Hunger zu beseitigen, atmete, weil es ein automatischer Vorgang war, trank, wenn mein Körper auszutrocknen drohte und schlief, wenn mein Körper keine Energie mehr hatte. Doch hätte es mich auch nicht gekümmert, wenn ich einfach verhungert wäre.

Ja, diese Erfahrung in meinem Leben war eine weniger erfreuliche. Und doch, oder gerade deswegen, kann ich mich noch gut an sie erinnern. Genauso wie ich mich während dieser Zeit an meine vorherigen Jahre bei der Organisation erinnern konnte.

Das war es wohl, was meine Phase von denen der Anderen unterschied.

Sie wurden als Niemand geboren, ohne jegliche Gefühle und Erinnerungen. Doch mit der Zeit füllten sich ihrer Gehirne mit Erinnerung, die ihren Jemanden gehört hatten und somit kehrten auch die Erinnerungen an menschliche Gefühle ein.

Ich hingegen hatte erst eine Weile als Niemand gelebt, bis meine Erinnerungen und Gefühle verschwanden. So saß ich also hier (beziehungsweise hing über Axels Schulter), ohne jegliche Erinnerungen meines Jemands, somit ohne jegliche Erinnerungen an Gefühle. Doch alles, was sich in meiner Zeit als Niemand zugetragen hatte, befand sich nach wie vor in meinem Gedächtnis. Nur gaben plötzlich meine eigenen Erinnerungen keinen Sinn mehr. Wieso hatte ich mich so verhalten? Wieso sprach ich manchmal laut, manchmal leise? Wieso sprach ich überhaupt? Wieso hatte ich mich mit manchen Niemanden mehr befasst als mit anderen? Was waren diese 'Gefühle', von denen ich so oft gesprochen hatte?

Ja, die Erinnerungen waren vollständig, doch jegliche Gefühle waren verschwunden.
 

Xiomara

"Erinnerst du dich noch an unser Abendessen, Xiomara? Was ich zu dir sagte im Bezug auf uns?"

Ja, ich erinnerte mich. Es schien jedoch ein anderes Leben gewesen zu sein. Eine andere Person.

"Du bist vielleicht für Axel zu stark, ebenso jedem anderen Mann, aber mir bist du nicht ebenbürtig. Eine Herausforderung...sicher. Es würde lange dauern, bis ich dich gezähmt hätte." Mit diesen Worten hatte Xemnas mich damals eindringlich angesehen. Ich erinnerte mich, abgestoßen gewesen zu sein. Jetzt war ich erleichtert, dass er Recht behalten hatte.

"Ja, ich erinnere mich."

Und ich erinnerte mich an Axel. Und an Xeluna. Und das waren definitiv die falschen Erinnerungen für mein neues Ich. Also stellte ich sie ab.



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