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Dicembre

26 Tage Weihnachten
von

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Sechster Dezember

Er wusste nicht mehr, wie er ins Bett gekommen war. Er wusste generell nur noch alarmierend wenig.

Dass er noch mit Squalo zurück ins Vongola-Hauptquartier gekommen war, wusste er. Und dass sie beide angetrunken gewesen waren.

Angetrunken.

Er war schon angetrunken gewesen, da bestand kein Zweifel, aber scheinbar war der Frust wieder zurückgekehrt, nachdem Squalo sich verdrückt hatte. Oh, heilige Scheiße, ja, Xanxus war ein Frustsäufer. Also hatte er sich an der Hausbar doch noch etwas besorgt. Soweit er sich erinnern konnte, war es nur eine Flasche gewesen. Aber eine volle Flasche mit ziemlich gutem Zeug. Sagte ihm sein Kopfschmerz.

Ab dann gab es nur noch Bruchstücke.

Ein bisschen von der Bar. Dann hatte er sich wohl den großen Saal nochmal angeguckt, der aber schon leer gewesen war. Er erinnerte sich an irgendeinen Flur. Und dann war er schon wieder zurück in die Bar gekommen.

Er hatte jemanden angesprochen.

Das hieß, er war schon ziemlich dicht gewesen, weil Xanxus eigentlich keine Frauen ansprach. Das hatte er das letzte Mal als Teenager gemacht, seitdem war es einfach nicht mehr nötig gewesen. Die kamen von alleine. Und letzten Abend hatte also er mal wieder den Mund aufgemacht.

Wenn seine Erinnerung stimmte, war sie hübsch gewesen. Aber er war ja betrunken gewesen, da konnte man sich nie so sicher sein.

Er hatte sich also eine Quinta geangelt. Und diesmal hatte er noch weniger Ahnung, wer sie war, als sonst, und er wusste nicht einmal, wo sie jetzt steckte. Weil er sich sicher war, dass er sie nicht in seinem Bett gevögelt hatte. Im Gegenteil, er konnte sich an irgendeinen Flur erinnern. An einen völlig leeren Gang und eine kalte Wand. Ja, da war es gewesen. Das war das letzte, was er wusste, danach kam nur noch sein Bett. Ohne Quinta.

Kacke.

Xanxus hatte das Gefühl, dass er mindestens die Hälfte seines Duschwassers getrunken hatte, und trotzdem schmeckte es in seinem Mund noch, als sei irgendein Tier in seinen Rachen gekrochen und dort verendet. Die Zahnpasta änderte auch nicht mehr viel. Also rang er sich tatsächlich mal dazu durch, beim Frühstück etwas zu essen (die Kopfschmerztablette, die er sich danach reinpfiff, sollte man ja auch nicht auf leeren Magen nehmen), und mit der Zeit fühlte er sich wenigstens nicht mehr ganz so, wie ausgekotzt.
 

Bis nach dem Mittagessen erfuhr er nicht, wer Quinta gewesen und wohin sie verschwunden war. Und hätte er entscheiden können, hätte er es auch lieber nicht erfahren. Zumindest nicht so.

Er stand auf einem der Balkone, es war kühl und er blickte hinaus in den Garten, der von vorn bis hinten widerlich grün und getrimmt war. Eigentlich wartete er darauf, dass Squalo hier aufkreuzte. Vielleicht konnte der ihm ja weiterhelfen. Es war okay, wenn Xanxus nicht wusste, wie seine Bettgeschichten hießen. Aber wenn er gar nicht, so richtig überhaupt nicht, wusste, wer sie waren, beunruhigte ihn das. Nur würde er eben nicht von selbst zu Squalo gehen. Er sollte herkommen.

Es war nicht das erste Mal, dass er für seinen verdammten Stolz bezahlen musste.

Er hörte Schritte, die zu leicht für Squalo waren, und dann schloss sich die Balkontür. Xanxus sah nicht auf, bis die Figur an seiner rechten Seite erschien. Okay. Würde er sich aufrichten, würde sie ihm ungefähr bis zur Schulter reichen. Sie war also klein und sie war schmal und aus dem Augenwinkel konnte er dreckig-blonde Haare erahnen. Eine kleine, blonde Frau, die sich einfach so traute, sich zu ihm auf den Balkon zu stellen und ihn wütend anzusehen.

Gut. Statt Squalo war also Squalos Freundin hier aufgekreuzt, die sich wohl ziemlich sicher war, dass Xanxus die Ische seines besten Freundes nicht töten würde, und den Mund deshalb hin und wieder ein bisschen zu voll nahm. Schlimm genug, dass sie überhaupt existierte. Was wollte sie jetzt hier?

»Kannst du mir erklären, was zum Teufel du hier treibst?«

Xanxus schloss die Augen und atmete leise aus. Deshalb hasste er Frauen. Wieso konnte sie nicht einfach Klartext reden, anstatt sich ein keifendes Drama aus der Nase zu ziehen?

Er richtete sich auf, löste sich vom Geländer des Balkons und drehte sich Cat zu, sah ruhig zu ihr hinab, in die grünen Augen, die ihn überraschend aufgebracht anstarrten. Er kannte Cat eigentlich nur ruhig. Höchstens sarkastisch. Okay…

»Ich schätze, ich stehe auf einem Balkon«, antwortete er trocken. »Reicht das als Erklärung?«

Cat verengte die Augen und er konnte sehen, wie sich ihre Kiefer anspannten. »Wärst du jemand anderes, hätte ich dir jetzt schon sowas von die Eier ausgerissen«, brummte sie und verschränkte die Arme. »Hast du auch nur irgendeine Vorstellung davon, wen du gestern Nacht flachgelegt hast, Mister Ladykiller?«

Für einen Moment konnte Xanxus tatsächlich nichts anderes tun, als sie perplex anzublinzeln. Zum Glück war der Moment nur kurz und schließlich runzelte er die Stirn. Nein. Das war ja sein Problem. Er hatte überhaupt keine Vorstellung. Wie es aussah, könnte Cat ihm da weiterhelfen. Und wie sie aussah, würde das nicht so angenehm werden.

»Dich jedenfalls nicht«, meinte er nur dumpf und war froh, dass die Tür zu war, damit ihn niemand hören konnte.

Cat versenkte ihr Gesicht in einer Handfläche, bevor sie sich die Augen rieb und wieder die Arme verschränkte. »Nein, mich nicht«, sagte sie, klang noch immer so ungewohnt aggressiv. »Sondern Noel Blanchard. Lange rote Haare, blaue Augen? Na? Erinnerst du dich?« Xanxus erinnerte sich, aber Cat ließ ihm keine Zeit zu antworten. Hatte er sowieso nicht vorgehabt. »Sie ist Teil meiner Famiglia. Und weißt du was, wenn du unbedingt irgendwen aus der Foggia vögeln musst, dann kannst du das von mir aus auch tun, deine verfluchte Libido interessiert mich einen Scheißdreck. Aber selbst du solltest dich an gewisse Regeln halten, Xanxus. Zum Beispiel daran, dass man besoffen nicht mehr auf die Jagd geht. Und dass man mit Ende zwanzig gefälligst keine Minderjährigen mehr flachlegt, und schon gar nicht so, dass sie heute nicht einmal aus dem Bett aufstehen können

Ah.

Xanxus rekapitulierte. Das Gesicht, das er zu Quinta im Kopf hatte, gehörte zu einer Noel Irgendwas, die für Cat arbeitete, aber anscheinend noch minderjährig war. Er fand es interessant, dass sie zwar Minderjährige in der Mafia beschäftigte, sie sich aber nicht mit ihm einlassen sollten, aber würde er ihr das jetzt an den Kopf werfen, würde er sich nur noch mehr Standpauken anhören müssen und dafür war er definitiv zu faul. Quinta-Noel-Werauchimmer war also jung und scheinbar auch noch nicht wirklich robust genug für Xanxus‘ … Art.

»Ist das wirklich mein Problem?«, fragte er schroff.

Es schien fast so, als habe er Cat damit außer Gefecht gesetzt. Sie sah ihn an, sie wirkte fassungslos, sie löste ihre Arme aus der Verschränkung und Xanxus dachte schon, er sei sie los, als es weiterging.

»Okay, von mir aus gesteh ich dir ein, dass dich meine Mädchen einen feuchten Kehricht interessieren«, fauchte sie – immerhin durfte sie durch Squalo mittlerweile sehr gut wissen, wie sehr man sich in der Varia um andere Leute scherte. »Die sind also nicht dein Problem, aber du hast ein Problem. Wenn du dich schon nicht um den Rest der Welt kümmerst, solltest du dich vielleicht mal um dich kümmern. Du solltest den Arsch bewegen, Narbenfresse. Alles, was ich in den letzten Tagen hier von dir gesehen habe, ist, dass du dich absolut nicht im Griff hast, und wir wissen alle, woran das liegt. Vor mir steht ein schlechter Verlierer, der die Wahl hat, ob er in zehn bis zwanzig Jahren an Leberzirrhose oder Tripper verreckt.«

Hatte sie ihn gerade Narbenfresse genannt?

»Du stolzierst hier durch die Weltgeschichte, kippst dich mit Whiskey voll und fickst alles, was dir über den Weg läuft, und das nur, weil sich ein paar Leute in deinem Leben nicht so verhalten haben, wie es dir passt. Du bist ein kleiner, verkümmernder Krüppel, Xanxus, und wärst du nicht so ein Arschloch, könntest du mir leidtun. Irgendwann hast du alles, was du jetzt noch hast – und das ist jetzt schon verdammt wenig – weggesoffen, weggevögelt oder weggeprügelt. Ich sag dir, irgendwann stehst du allein da. Squalo wird dir nicht ewig die Stange halten. Und Tsunayoshi wird sich das nicht ewig ansehen. Wenn du so weitermachst wie jetzt, hast du bald nur noch Nächte wie die letzte. Dann kannst du dich von deiner beschissenen Varia verabschieden.«

Xanxus stand nur da und sah sie an, die Worte waren in seinem Kopf angekommen und ergaben wenig Sinn und eigentlich hatte er nur Lust, sie auszulachen, weil Sätze wie »Squalo wird dir nicht ewig die Stange halten« einfach nur dämlich klangen. Konnte sie vergessen. Sie hatte offensichtlich nur jemanden gesucht, bei dem sie sich mal aufregen konnte. Bitte sehr.

Cat stemmte die Hände in die Hüften, sah immer noch zu ihm hoch und atmete schließlich schnaubend aus. Hoffentlich bekamen sie und Squalo nie Kinder, dachte Xanxus.

»Wenn ich dich noch einmal bei Noel sehe, schieb ich dir deinen beschissenen Schwanz so tief in den Arsch, dass du ihn auskotzen kannst«, sagte sie, drehte sich um und ging.

Xanxus sah ihr nach, dachte, dass er sich den Spruch vielleicht merken sollte, dann drehte er sich zurück zum Geländer und lehnte sich wieder an, als sei nichts passiert.

Er hatte Lust, nach unten in den Garten zu kotzen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  dumm
2010-12-06T22:39:55+00:00 06.12.2010 23:39
Würde es das Bonus Kapitel nicht geben, wäre das bis jetzt das beste! 8D
GO CAT, GO! Freu mich schon auf das Neue. Hrhr! 8D


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