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Zwölf Sterne für ein Halleluja!
von

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Kapitel 5: Ankunft der Generalität

Kapitel 5: Ankunft der Generalität
 

Erde, zwei Tage zuvor, Peterson Air Force Base, Colorado Springs, Vereinigte Staaten von Amerika

Der Sergeant in Ausgehuniform der US-Luftwaffe wartete gespannt auf die letzten der Gruppe, die nach Atlantis gehen sollte.

Der erste Teil dieser letzten Gruppe war schon vor ein paar Wochen eingetroffen, dreizehn große böse Deutsche mit roten Barretten und Armbinden mit dem netten Schriftzug „MP“ sowie insgesamt zehn Hunden. Der Sergeant wusste zwar nicht, was diese Soldaten, sie hatten sich ihm als Feldjäger vorgestellt, mit Hunden wollen, aber ihre ständige Anwesenheit im Torraum ließ darauf schließen, dass sie ihre Tiere an das Tor gewöhnen sollten. Vier Mal hatte sie sogar SG-2 auf Außenmission mitgenommen, alle zehn Hunde, die zehn Hundeführer und die drei Zusatzsoldaten.

Außerdem war über den Tisch des Generals eine Anweisung vom IOA gegangen, dass man diesen Soldaten jede Unterstützung geben sollte, die sie brauchten. Und was für den Major General Hank Landry galt, galt auch für das SGC.

Im Tiefflug jagten drei Panavia Tornado-Jagdbomber der deutschen Luftwaffe über Peterson und stiegen auf in Richtung Abendsonne. Der Sergeant sah ihnen nach, beeindruckt von den Fähigkeiten der Piloten, die in Goose Bay, Kanada, den Tiefflug trainierten. Als junger Mann wollte er schon zur Luftwaffe, Pilot der unsterblichen F/A-18 werden, doch seine Augen machten ihm einen Strich durch die Rechnung.

Er hatte trotzdem seinen Weg zur US-Luftwaffe gefunden und war dort Techniker geworden – im Cheyenne Mountain. Aber immer noch bewunderte er aus Prinzip jeden Jagdpiloten.

Die drei Tornados unter dem Eisernen Kreuz waren aber nicht ohne Grund nach Peterson gekommen, denn ein Airbus A310 landete auf der Bahn, die die drei Tornados überflogen hatten. Auch diese Maschine trug ein Eisernes Kreuz an der Seite.

Wikipedia hatte dem Sergeant der US-Luftwaffe mitgeteilt, dass die Besucher wahrscheinlich mit einer Maschine der Flugbereitschaft des Bundesministeriums der Verteidigung kommen würden – was auch logisch war, denn einen Generalleutnant steckte man nicht in eine Linienmaschine, zumindest nicht in den Staaten. Außerdem sollten weitere deutsche Militärpolizisten kommen, unter anderem der Kommandant der dreiundzwanzig Mann- und zehn Hundstarken Truppe, ein gewisser Leutnant Friedrich Schulz.

Ein Wagen mit einer Treppe kam an die Maschine herangefahren, deren Vordertür sich in gerader Linie vor dem Sergeant befand und nur darauf wartete geöffnet zu werden. Sie tat es auch als die Treppe davor stand – sofort preschten zehn Soldaten mit roten Barretten und im Flecktarn der Bundeswehr aus dem Flugzeug und stellten sich zu beiden Seiten mit präsentierten Maschinenpistolen auf.

Dann erst trat General aus dem Flugzeug, anders als seine Begleiter im Dienstanzug mit schwarzem Barrett, und schritt erhabenen Schrittes die Rampe hinunter, gefolgt von einem weiteren Mann in Dienstanzug mit schwarzem Barrett, der eindeutig jünger war. Die Hände beider Soldaten steckten in Pechschwarzen Lederhandschuhen.

„Ich nehme nicht an, dass sie Major General Landry sind.“, waren die ersten Worte, die er an den Sergeant richtete. Er lag goldrichtig, sprach verständlich in einem etwas Dialekt belastetem Englisch und ließ eine Augenbraue den Rand seines Barretts berühren.

„Nein, Sir.“, antwortete der amerikanische Unteroffizier und stellte sich kurz vor: „Sergeant Walter Harriman, General Ladrys Adjutant. Er bat mich, sie abzuholen. Er erwartet sie im Besprechungsraum im SGC.“

„Sergeant?!“, fragte der Generalleutnant leicht erbost. „Einen billigen, kleinen Unteroffizier setzen die uns vor die Nase, Jansen.“ Er unterbrach kurz seine kleine Ansprache auf Deutsch um eine Antwort des Hauptmanns zu erwarten. Als dieser ansetzen wollte unter brach er ihn: „Wie auch immer. Wir werden mit den Feldjägern fahren.“

Sollten die Militärpolizisten verstanden haben, was einer der höchsten Offiziere ihres Landes gesagt hatte, ließen sie sich ihre Überraschung nicht anmerken. In diesem Falle hieß es nämlich, dass sich die dreizehn anwesenden Soldaten – zehn Feldjäger, ein amerikanischer Luftwaffenunteroffizier, ein deutscher Generalleutnant und dessen Adjutant – auf einen LKW zwängten.

Selbst der legendäre Generalfeldmarschall Erwin Rommel, der als der Wüstenfuchs in die Geschichte eingegangen war, hatte sich während seiner Zeit als General nie mit einem Haufen mehr oder weniger einfacher Soldaten die Ladefläche eines LKWs geteilt, er war immer in seinem Sd.Kfz. 250 durch Nordafrika oder die Normandie gefahren worden.

Walter war zu überrumpelt um ad hoc zu begreifen, was sich um ihn herum abspielte, als er von einem kleiderschrankförmigen Militärpolizisten auf die Ladefläche gezogen und ihm eine brennende Zigarette in die Hand geschoben wurde. Zwei Schläge mit der flachen Hand eines anderen Soldaten gegen die Rückwand der Fahrerkabine später und der Wagen fuhr los.

Überall klappten Zigarettenetuis auf und wieder zu und wurde das Feuer freigegeben. Hin und wieder fragte jemand murmeld auf Deutsch in die nur vom Motor des LKWs unterbrochene Stille, ob jemand Feuer hätte.

Walter selbst sah sich kurz um. Er saß am Rand der in Fahrtrichtung linken Bank, neben ihm eine attraktive Militärpolizistin von vielleicht fünfunddreißig Jahren, ihm Gegenüber Generalleutnant Armin Kupferstecher und dessen Adjutant Hauptmann Peter Jansen.

Die Bank, auf der er saß, war nicht gerade sauber, der Sergeant mit einem entfernten Verwandten auf Atlantis beschloss am nächsten Tag seine Paradeuniform zur einzigen Reinigung von Colorado Springs zu bringen, die für ihn in Frage kam – mit seiner kümmerlichen Waschmaschine aus den späten Achtzigern würde er gegen die Flecken, die er auf dem Allerwertesten hatte, wahrscheinlich nicht ankommen.

Ihm gegenüber lächelte der General versonnen aus dem LKW nach draußen, zu den immer verdutzter blickenden Soldaten am Eingangstor der Peterson Air Base, die seine Gestalt garantiert nicht einzuordnen wussten. Die Zigarette in seinem Mundwinkel glühte bei einem Zug auf, genussvoll blies er einen Rauchring in die Abgaswolke – Walter fiel seine 'eigene' unfreiwillige Zigarette ein, die er schön unauffällig aus dem fahrenden Fahrzeug warf, denn er war strenger Nichtraucher.

Er war das letzte mal vor einer halben Ewigkeit auf der Ladefläche eines solchen Fahrzeugs gesessen, während der REFORGER-Übung von 1993, als junger Sergeant auf dem Weg zu einer deutschen Luftwaffenbasis um dort die eigenen Maschinen willkommen zu heißen und gründlich zu überprüfen. Damals hätten sie beinahe einen Auffahrunfall mit einem deutschen Panzer gehabt, dessen Kommandant wütend aus dem Turm gebrüllt hatte, aber dann doch sie umrundet hatte, aber nicht ohne ihnen mit einer gekonnten Bewegung des Panzers die Stoßstange ab zu reißen.

Er glaubte zwar nicht so recht daran, aber er dachte die Stimme des Generalleutnants erkannt zu haben – als die des wütenden Panzerkommandanten.

Die Fahrt dauerte nicht lange und führte direkt in den Bergkomplex des ehemaligen NORAD hinein. Schon direkt im Eingangsbereich hielten sie, noch mit Blick auf das sommerliche Colorado und die Wachposten am Eingang zum Berg. „Absitzen!“, rief der deutsche General in den LKW, ein Chor von Bestätigungen folgte.

Es erstaunte den immer noch anwesenden Sergeant zu sehen, wie diszipliniert die deutschen Militärpolizisten aus dem LKW sprangen und an dessen Seite Aufstellung an nahmen – präzise und genau, die Maschinenpistolen präsentiert.

Der Generalleutnant richtete eine kurze Ansprache auf Deutsch an die Soldaten: „Also gut, willkommen in den Vereinigten Staaten. Herr Leutnant, sie bringen die Herren bitte dorthin, wo sie hingehören, Jansen und ich werden weiß der Kuckuck wo rum wuseln. Es kann Sommer befohlen werden und sie dürfen wegtreten.“

„Jawohl, Herr Generalleutnant!“, brüllten die deutschen Soldaten ohne zögern zurück. Anders als die Wachposten im Bergeingang verzogen sie aber im Angesicht des lauten Echos nicht das Gesicht, überhaupt ließen sie keine Gefühlregung erkennen, als sie sich in geschlossener Formation in perfektem Marschschritt in Richtung des Eingangs bewegten.

„So...“, meinte der Generalleutnant und sah Walter an, „und sie bringen uns zu diesem Landry.“

„Ja, Sir.“, antwortete Walter und bedeutete den Deutschen, ihm zu folgen.

Der Weg auf Ebene 27 in den großen Konferenzraum war eigentlich ereignislos, wenn man mal von der Tatsache absah, dass jeder Soldat und Wissenschaftler dem kleinen Terzett schnell aus dem Weg sprang und ihnen verwundert hinterher sah. Deutsche Soldaten in vollem Dienstanzug in Marsch zu sehen war selbst im vor Besonderheiten überquellenden SGC eine Seltenheit.

Als die beiden deutschen Offiziere aber in den Konferenzraum marschieren wollten, in dem schon drei weitere Generäle samt Adjutanten, ein Major General ohne solchen und ein Zivilist warteten, blieb Kupferstecher unvermittelt stehen. Seine Augen verengten sich zu Schlitzen, als er eine Person am Tisch anstarrte.

Obwohl er saß und Augenscheinlich relativ klein war, strahlte er doch eine Aura der Erhabenheit aus, der man sich nicht entziehen konnte. Der Mann war schon vor langer Zeit ergraut und trug militärischen Kurzhaarschnitt – in entsprechender Kleidung hätte er Soldat jeder Nation sein können, denn er hatte ein Allerweltsgesicht. Er trug allerdings die Parade-Uniform der Russischen Armee.

Der am Tisch sitzende General drehte sich um und sah zu dem Deutschen, auch seine Augen verengten sich, er stand auf und trat vor den Stehenden. Beide Generäle sahen nicht sich nicht sehr freundlich an, die Adjutanten wechselten nur einen kurzen, unwissenden und verwirrten Blick.

Dem aufgestandene Offizier stand das Alter auf eine andere Art ins Gesicht geschrieben als Kupferstecher - Falten und einzelne, kleine Narben zierten sein Gesicht, welches einen beinahe ebenso harten Ausdruck zeigte, wie das des Deutschen. Er war aber etwa einen Viertelkopf kleiner als sein Gegenüber, wirkte aber mit den weitaus blitzenderen und Medienwirksameren Sternen und der mit Orden behangenen Brust weitaus beeindruckender.

Dann: „Krukov... alte Bolschewikensau...“, murmelte der Deutsche auf Russisch. Schon beinahe panisch machte dessen Adjutant, ein junger, nicht sehr freundlich aussehender Mann mit vernarbtem Gesicht, den russischen Rangabzeichen eines Lieutenants und Muskeln wie Vin Diesel(/Rapsöl) auf Hormonen einen Schritt nach hinten, als fürchte er, dass sein Chef gleich explodieren würde.

„Kupferstecher... altes Nazi-Schwein...“, murmelte der Russe auf Deutsch. Auch der Adjutant des Panzerkommandanten bekam es mit der Angst zu tun, er beließ es aber bei einem schweren Schlucken.

Auch am Tisch wechselten die Generäle verwirrte Blicke, die sich noch steigerten, als beide Europäer in schallendes Gelächter ausbrachen und sich gegenseitig in den Arm nahmen. Die Adjutanten ließen eher unterbewusst ihre Blicke kreuzen, sahen sich kurz in die Augen und zuckten schließlich beide resignierend mit den Schultern.

„Meine Herren, wenn ich sie kurz an den Tisch bitten dürfte?“, fragte der Zivilist rhetorisch. Allen war klar, dass es mehr ein Befehl war als eine freundliche Bitte. Sie kamen der Aufforderung nach, auch wenn alle Generäle ihn mit angesäuertem Gesicht musterten. Sie waren einige der höchsten Offiziere ihrer Länder – sie ließen sich normalerweise nicht von Zivilisten Befehle erteilen, außer Kupferstecher, denn der hatte die allgemein bemitleidete Position eines Generals in einer der parlamentarischsten Armeen der Welt.

Aber trotzdem setzten sie sich. Die, die über ihnen standen, hatten sie dem Kommando dieses Zivilisten unterstellt. Sie hatten sich gewehrt, doch es hatte nichts gebracht.

Generalleutnant Krukovs Chef, der Kommandant des Moskauer Militärdistrikts, hatte ihm mit der blödesten Formel für einen Soldaten dazu 'überredet', seine sieben Sachen zu packen und sich auf nach Amerika zu machen. Er hatte ihn einfach mit „Das ist ein Befehl!“ angebrüllt.

Am Kopf des Tisches hatte sich General Landry, Kommandant des SGC, niedergelassen, rechts neben ihm hatte sich Lieutenant General O`Neill, Kommandant des Department of Homeworld Security, niedergelassen, auf der anderen Seite Krukov und Kupferstecher.

Krukov gegenüber saß zusätzlich noch ein US-General, ein Mann im beigen Hemd und dunkelblauer Hose mit roten Streifen, vor dem eine weiße Offiziersmütze lag. Der General selbst war etwas älter, hatte ein kleine Narbe an der rechten Wange und ihm stand Sorge ins Gesicht geschrieben. Die beiden Neuankömmlinge kannten ihn nur von Bildern, wussten aber, wer es war: Lieutenant General Allistor Hancock, Kommandant der Vierten Mechanisierten US-Marineinfanteriedivision.

General Landry wiederum gegenüber saß ein Zivilist in Anzug und Krawatte, alt, ehrwürdig und von Ausstrahlung. Alle Generäle waren sich auf eine komische Art sicher, dass der Mann Brite war und nie auch nur ein Küchenmesser in der Hand gehalten hatte, von einem Sturmgewehr gar nicht angefangen.

„So...“, begann der Zivilist. „General Landry, ihre Anwesenheit wird hier nicht mehr benötigt. Ebenso wenig wie die der Lieutenants, des Sergeants und des Captains.“, stellte er fest. Man hätte fast glauben können, dass er besagte raus werfen wollte.

Kurz schwiegen die Generäle, jeder in seinen eigenen Gedanken, die Hancock sehr treffend und vor allem kurz zusammen fasste: „Nein.“ Es war kein böses 'Nein', es war auch kein amüsiertes 'Nein', welches rein alleine dem Zweck diente, den Adressaten zu verarschen – es war schlicht ein ganz normales verneinendes 'Nein'.

Trotzdem, oder vielleicht gerade deswegen, sah der Zivilist den Marine verwundert an. „Entschuldigen sie, General, aber die Anwesenheit ihrer Adjutanten ist nicht erforderlich.“, stellte er nach einem Moment fest.

„Doch, ist sie.“, stellte Kupferstecher fest. Er konnte Menschen und ihre Gesichtsausdrücke recht gut einschätzen – und sein Gefühl sagte ihm, dass Hancock dem Zivilisten gleich an die Gurgel gehen würde. „Aus einem einfachen Grund: Unsere Deppen von Laufburschen müssen wissen, auf welchen Mist sie sich da eingelassen haben – außerdem sollten sie froh sein, ich hätte einen Stab auf Brigadestärke mitbringen können, der ebenfalls anwesend sein müsste.“

Der IOA-Mann gab sich geschlagen, wenn auch widerwillig – er stand de facto alleine gegen zehn erfahrene Soldaten. „Also gut... sie wissen, worum es hier geht.“, begann er mit der Besprechung, die bis in die sehr frühen Morgenstunden dauern sollte.
 

Das war jetzt zwei Tage her.

Krukov und Kupferstecher hatten mehr oder weniger direkt herausgefunden, dass man sie beide nur wegen ihrer internationalen Reputation als Truppenkommandanten – Kupferstechers militärhistorische Doktorarbeit über Rommels wenige aber doch vorhandene Fehler in Nordafrika war immer noch legendär, ebenso wie das waghalsige Voranstürmen der 183. Panzerbrigade während REFORGER 93 – genommen hatte. Und weil man dem ganzen zumindest einen Hauch von Internationalität geben wollte.

Deshalb waren auch deutsche Militärpolizisten vor dem Pegasus-Ausgang der Mittelstation versammelt. Dreiundzwanzig Mann, zehn Hunde und einige Generäle samt Adjutanten – man konnte sagen, was man wollte, aber es war ein beeindruckendes Schauspiel.

Die Feldjäger hielten sich absolut gerade, ebenso wie die Hunde, die Stabsoffiziere davor waren mehr oder weniger ordentlich aufgestellt, das Tor wurde gerade angewählt. Das Personal der kleinen Tiefraumstation sah die Gruppe mit Verwunderung an – sie alle trugen volle Paradeuniform, die Militärpolizisten hatten zusätzlich noch ihre Maschinenpistolen geschultert.

Außer die Hunde, durch deren Fell war noch einmal mit der Bürste heute morgen gegangen worden – und frisch gebürstete deutsche Schäferhunde sahen einfach wunderbar aus. Und frisch gebürstete deutsche Schäferhunde mit einem Soldaten in voller Paradeuniform am anderen Ende der Leine sahen noch besser aus, besonders, wenn diese die roten Barette der Feldjägertruppe trugen.

Krachend etablierte sich vor der Gruppe der Ereignishorizont, einer der Hunde wimmerte leise. Obwohl sie sich so oft im Torraum des SGC und hin und wieder auch auf anderen Welten aufgehalten hatten, waren die Hunde das gewaltige Krachen schlicht ganz nicht gewöhnt. Leutnant Schulz sah zu Generalleutnant Kupferstecher, der nickte. Wie auf Kommando machten die Generäle, ihre Adjutanten und der Zivilist den Weg frei.

„Vorwärts! Marsch!“, brüllte Schulz aus voller Kehle auf Hochdeutsch. Im präzisen Gleichschritt begannen die Soldaten zu marschieren, mit steinernen Gesichtern, die Hunde mit geschlossenem Mund und aufrechter, gerader Haltung. Als die letzten durch waren, schlossen sich die Generäle an, in eine ungewisse Operation.
 

Auf Atlantis war man nervös.

Vier Drei-Sterne-Generäle und ein hoher Vertreter des IOA auf einmal waren doch etwas besonderes. Deshalb tigerte Colonel O`Neil in vollem USAF-Blue-Dress schon seit einer Viertelstunde im Torraum von Atlantis auf und ab, immer wieder mit einem wachsamen Blick zu den zwei Dutzend Soldaten aller Herren Länder, die die Generäle in Formation willkommen heißen sollten. Es fehlten aber noch ein paar wichtige Personen: Doktor McKay war zum Beispiel angekündigt wenn auch nur um „Hallo!“ zu sagen, Doktor Keller sollte – neben ihrer Funktion als optischer Kontrast zu mit Maschinenpistolen beladenen Soldaten – ebenso bei der Begrüßung dabei sein.

Und auch Colonel Sheppard, der eine der wichtigsten Funktionen von Major Lorne – der in der Formation stand – übernommen hatte: Er sollte die ebendiese kommandieren.

Endlich öffnete sich die Tür an der rechten Seite des Torraums, zwei schwatzende Stimmen, eine männlich und die andere weiblich, drangen ans Ohr des Colonels. Er wusste nicht warum, aber sofort wusste er, dass es Sheppard und Keller waren. Sie mussten es sein.

Er wurde nicht enttäuscht – durch die Tür zu seiner rechten Hand traten Doktor Jennifer Keller und Lieutenant Colonel John Sheppard. Beide in den Standard-Dienstuniformen.

O`Neil bekam fast einen Schlaganfall, als er dies bemerkte. Irgendwie fühlte er sich wie die Soldaten Napoleons in der Völkerschlacht von Leipzig – er wusste, er hatte verloren. Er wusste, dass es den Generälen gar nicht gefallen würde, wenn sein Stellvertreter und militärischer Leiter in Standarduniform eine Paradeformation kommandieren würde. Es hatte in der Vorbereitung geheißen, dass ein deutscher General dabei sein sollte.

Wenn alles stimmte, was man über deutsche Generäle sagte, dann steckte er tief in der Scheiße.

Man sagte sich von dieser besonderen Untergattung des Homo Militaris Generalis, dass sie besonders auf Disziplin und Ordnung achteten, dass jeder Tag, ohne dass sie eine Paradeformation abnehmen konnten, für sie ein verlorener Tag war.

Vielleicht wurde nicht so heiß gegessen, wie gekocht wurde, aber das war ihm in diesem Moment ziemlich egal. Er wollte damit auch zeigen, dass er alles im Griff hatte – dass die Railgun-Mannschaften, die Wachen oder die Zivilisten nicht Paradeuniform trugen, das war egal, aber die, die den Ausschuss empfangen sollten, sollten Tipp-Topp in Schuss sein.

Und wie würde es wirken, wenn er noch nicht mal seinen Stellvertreter im Griff hatte?!

Es würde nicht gut wirken.

Plötzlich begann die digitale Anwahlsequenz und dem Colonel rutschte das Herz in die Hose – was sollte er tun?!

In den sauren Apfel beißen war keine Option, ebenso wenig wie Sheppard zu einer Sofortinspektion der Flugabwehr-Batterien am Westpier zu verdonnern. Blieb eigentlich nur ihn in den etablierenden Vortex des Sternentores zu stoßen – was auch keine Option war.

Er entschied sich für ein einfaches wie hochkomplexes Manöver. Zuerst ging er zu Colonel Sheppard und murmelte dann „Das wird wird ein Nachspiel haben, Lieutenant Colonel Sheppard...“ Er ließ es mit Absicht so klingen, als würde er nur mit Müh und Not sich so beherrschen, dass er nicht den Colonel vom Allerwertesten bis zum dritten Halswirbel aufriss – und das auf der Stelle.

Krachend schoss der Vortex, der vielleicht Colonel Sheppards nächste Aufenthaltsstelle werden sollen, aus dem uralten Gerät und formte sich zu einer, wie es schien, schimmernden Wasseroberfläche. Der Colonel war jedes Mal fasziniert wie Mister Spock.

Die ersten Personen traten durch das Sternentor – eigentlich marschierten sie eher, in Reih und Glied, mit einem Marschlied auf den Lippen. Sofort fielen ihm die langen blauen Mäntel und die Kampfstiefel auf – dicht gefolgt von den leuchtend roten Barretten, den großen Schäferhunden und den Maschinenpistolen in den Armbeugen derer ohne Hund.

Auch die Paradeformation sah etwas überrumpelt aus, fasste sich aber schnell. Major Lorne schien gemerkt zu haben, dass Sheppard nicht für das Kommando zur Verfügung stand und hatte es wieder selbst übernommen, nicht ohne ein – so konnte man es deuten – resignierendes Lächeln.

Schließlich kamen die Ausschuss – zwei Amerikaner, ein Brite, ein Deutscher, ein Russe – langsam und bedächtig durch das Tor geschritten. Major Lornes Formation wartete schon in Hab-Acht, die Männer mit den roten Barretten drehten sich auf Kommando auf der Stelle nach Links um gegenüber Lornes Männern Position zu beziehen.

Ein leiser Pfiff durchhallte die kleine Halle des Atlantis-Torraums, abgegeben von dem Mann im Blue-Dress der US-Marines, eine Stimme mit deutschem Akzent murmelte leise „Hübsches Städtchen, das nehm ich!“.

Mit aufmerksamen Blicken studierten die Neuankömmlinge außer General O`Neill – der mit zwei L – den Raum. Dieser schritt schnellen und forschen Schrittes auf seinen Namensvettern mit einem L zu und musterte ihn. Schließlich drehte er sich um und blickte in Richtung Major Lorne.

Kurz sah er zu Sheppard, der mit hochgezogener Augenbraue einen der Schäferhunde musterte – der zurück sah und den Kopf schief gelegt hatte. Doktor Keller indes hatte sich hinter einem sehr großen und breitschultrigem Marine aus Atlantis, wenn sich O`Neil richtig erinnerte hieß er Skittels und war ihm bei seinem letzten Besuch als Page zur Seite gestanden, versteckt und lugte immer wieder hinter ihm hervor um einen panischen Blick auf die Hunde und ihre Führer zu werfen.

Es war offensichtlich, dass die Ärztin Hunde weniger als gar nicht mochte – etwas der Hunde-Freund O`Neill überhaupt nicht verstehen konnte.

Der General wandte sich wieder seinem Untergebenen zu, langsam sammelte sich der Rest des Ausschusses um ihn. Es war eigentlich gar nicht korrekt so, Mister Winters vom IOA sollte an seiner Stelle stehen und nicht er. Der Brite stand aber links vom General, neben sich noch den Russen.

Der USAF-General erhob das Wort – jeder der dachte, dass jetzt etwas hochtrabendes kommen würde, wurde mehr oder weniger enttäuscht. Es kam ein einfaches: „Hab ich nicht gesagt 'Keine Parade'?!“

„Entschuldigen sie, Sir.“, stellte O`Neil – der mit einem L – fest. „Ich dachte allerdings, dass dies ein angemessener Rahmen wäre, um sie und die restlichen Mitglieder ihrer Gruppe mit gebührendem Respekt innerhalb ihrer Funktion zu begrüßen.“

Der Mann, der gekleidet war wie die Männer mit den Hunden, sah zu seinem russischen Kollegen und lächelte verschmitzt. „Was meinst du, alter Freund, zeigen wir ihnen, wie man das in BRD, DDR und UdSSR machte?“, fragte er auf Russisch, eine Sprache, die bis auf Krukov und dessen Helfer kein anderer der Anwesenden verstand.

Lass mich uns ein paar Divisionen und den Roten Platz leasen und dann können wir loslegen!“, antwortete der betagte russische Stabsoffizier. Sie waren sich beide sehr wohl darüber im Klaren, dass sie beobachtet wurden.

Eine Vermutung, die sich sofort bestätigte – Hancock fragte im typischen Tonfall eines US-Generals, diesem 'Wir sind die Besten, ihr alle anderen seit nur unsere Sklaven'-Tonfall: „Was planen sie beide gerade wieder?“

„Bloß Chaos und Unheil – Business as usual!“, antworteten beide im Chor wieder auf Englisch, wie zwei altgediente Lausbuben, die vom Lehrer in der Unterrichtsstunde dabei erwischt wurden, wie sie einen neuen Streich ausheckten. Es war tatsächlich nicht sehr weit von der Wahrheit entfernt – des öfteren war so mancher Stabschef, Adjutant oder General auf einen der beiden hereingefallen, auch während so manch einer Konferenz.

Unvergessen waren immer noch die scherzhaft gemeinten, ernst gespielten Kriegsdrohungen auf so mancher Sicherheitskonferenz über die Geschwindigkeit, mit der internationale Konflikte eskalieren konnten, zwischen den beiden Offizieren wegen der mangelnden Qualität einer russischen Kaffeemaschine und einer deutschen Kaffeesorte. Es war laut so manchem Anwesenden eindrucksvoller gewesen als so mancher stundenlanger Vortrag.

„Wie auch immer.“, begann General O`Neill, wurde jedoch rüde unterbrochen – vom Tor, welches sich wieder aktivierte.

Sofort sprang Colonel O`Neil an – er wollte zeigen, dass er wenigstens etwas im Griff hatte. „Colonel Sheppard, sie zeigen unseren Gästen ihre Quartiere! Sirs, es tut mir Leid, sie so zu unterbrechen und zu behandeln, aber es tritt eine mögliche Gefahrensituation auf. Major, sie schnappen sich die Wachmannschaft, ihre Männer gehen in Stellung. Wer mich sucht, ich bin oben im Kontrollraum.“

Bevor jemand reagieren konnte, war er weg – Sheppard trat an den Ausschuss ran und führte sie aus dem Raum, gefolgt von den Männern mit den Hunden.

Krachend etablierte sich wieder ein Vortex, der weiße Schutzschild war darüber gelegt. Er verschwand fast sofort, die blaue Oberfläche schimmerte in den Torraum, aussehend wie eine glatte Fläche Wasser, welches wider aller Physik sich in dem Rahmen hielt.

Die Marines und anderen Soldaten, die bereits angelegt hatten, senkten ihre Waffen. Wenn sich der Schild senkte, würde derjenige schon in Ordnung sein, der durch kam – und wenn nicht machten die paar MGs und Sturmgewehre auch keinen großen Unterschied.

Schließlich durchbrach die Oberfläche jemand: Ein mittelgroßer Mann in der Atlantis-Uniform für Außeneinsätze, die dazugehörige, pechschwarze Mütze tief ins Gesicht gezogen, das Sturmgewehr, ein deutsches G36, lose an den entsprechenden Riemen um seine Schulter geschlungen, zusätzlich zu einem fremden Gewehr.

Er trug etwas an einer Art Trage hinter sich her, welche von einer pechschwarzen Decke mit dem Symbol der Atlantis-Expedition bedeckt war.

Als die Nächsten, eine strenge unbewaffnete Soldatin, die beinahe aufgelöst eine Hand umklammerte, die unter der Decke hervorragte, gefolgt von einem großen, stämmigen mit gleich zwei Sturmgewehren, einem G36 und einem israelischen TAR-21, das Tor passierten, war den anwesenden Marines klar, dass sie einen Kameraden verloren hatten.

Das Tor schloss sich, der Mann an der Spitze hob den Kopf in Richtung des Balkons beim Kontrollraums, auf dem bereits Colonel O`Neil stand und leicht sprachlos nach unten starrte. Der Mann erhob seine Stimme: „Colonel O`Neil, melde gehorsam: Doktor Yael Kishon ist im Zuge eines Feuerüberfalls zu Tode gekommen. Die begleitende Mission musste abgebrochen werden.“

„Captain Hochstätter, wo ist Doktor Weir?“, fragte der Amerikaner ohne auf die Meldung des Todes der Israeli einzugehen. Es schien fast so, als wäre es ihm egal.

„Ging weiter in die Stadt um dort alleine Kontakt aufzunehmen.“, antwortete der Deutsche. Sein Blick war immer noch steinhart, aus ihm sprachen Entschlossenheit und gebändigte Wut.

„Sie melden sich in einer halben Stunde im Konferenzraum. Alle.“, stellte von der Seite eine Stimme mit deutschem Akzent fest. Die Stimme wäre mit einigen anderen Worten als wohltönend zu bezeichnen gewesen – aber so war sie es nicht. Die Stimme gehörte niemand anderem als Generalleutnant Kupferstecher.

„Verzeihung, aber das ist immer noch meine Basis!“, stellte O`Neil von oben leicht verärgert fest – irgendwo hatte er schon recht, so dachten sich die Torwachmannschaften.

Doch der Deutsche hatte einen entscheidenden Vorteil auf seiner Seite, den er sofort ausspielte. „Und ich hab drei Sterne auf den Schultern und bin einer ihrer Vorgesetzten aufgrund besonderer Tätigkeit! Das bedeutet wiederum, dass auch ihre Untergebenen unter meinem Befehl stehen können – Hochstätter und sein Team sind doch ihre Untergebenen, oder liege ich da falsch?!“ Der Gesichtsausdruck hatte während des ganzen Monologs von leicht spöttisch zu definitiv weit herablassend sich gewandelt – und jeder der wenigen, die Colonel Johnathan O`Neil – mit einem L! – gut kannten wussten, dass er das überhaupt nicht mochte.

Noch weniger mochte er es, wenn sich weitere seiner Vorgesetzten an die Seite des Missetäters stellten, und wenn es auch nur eine Geste war.

„Weggetreten!“, befahl Generalleutnant Kupferstecher mit donnernder Stimme, die durch den ganzen Raum hallte.

Ihm antworteten zwei zusammenschlagende Hacken von Kampfstiefeln des Atlantis-Expeditionskommandos.



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