Zum Inhalt der Seite

Kill this Killing Man I

Zurück ins Leben
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Versager

Dean ging ins Bad. Er ließ lauwarmes Wasser in die Wanne. Dann holte er Sam und ließ ihn hinein gleiten.

Es schmerzte ihn seinen Bruder so zu sehen. Nackt wirkte er noch zerbrechlicher und seine Haut fühlte sich wie altes Pergament an, viel zu trocken.

Immer wieder ließ der den Wasserstrahl über Sams heiße Haut gleiten und drehte dabei das warme Wasser immer weiter ab.

Der Jüngere reagierte nicht darauf.

Vorsichtig fühlte Dean seine Brust. Der Dunkelhaarige strahlte immer noch jede Menge Wärme ab.

Er stand auf, strubbelte Sam durch die struppigen Haare und verließ das Zimmer. Im Gang stand eine Eisbox, er holte mehrere Eimer und schüttete sie nach und nach in die Wanne.

Immer wieder fühlte er Sams Haut. Eigentlich müsste der doch schon erfroren sein. Aber nein, er schien sich sogar ganz wohl zu fühlen.

Schwer hoben sich die Lider über trübe, braune Augen.

„Sammy?“, fragte Dean leise.

Der drehte den Kopf in seine Richtung und blinzelte ihn an.

„Weißt du wer dir das angetan hat?“

Sam schüttelte den Kopf.

„Bitte Sammy, versuch dich zu erinnern!“

„Wollte spazieren“, krächzte er.

„Das warst du und seitdem sind zwei Tage vergangen. Ich hab die ganze Stadt nach dir abgesucht.“

„Zwei Tage?“

Dean nickte nur als er den verwirrten Blick seines kleinen Bruders sah. Das brachte nichts. Irgendetwas schien Sams Gedanken, Sams Erinnerungen zu blockieren. Zumindest was diese zwei Tage anging. Er schüttelte den Kopf. So unglücklich wie Sam nach den vergangenen zwei Tagen in seiner Erinnerung forschte war es wohl keine gute Idee gewesen ihn zu fragen. Außerdem hatte er ein viel dringenderes Problem. Er musste Feuchtigkeit in Sam bekommen, und die Eisstücke, die er ihm immer noch in den Mund schob halfen da auch nicht wirklich weiter.

Sam sagte nichts mehr. Seine Augen waren wieder leer geworden und langsam rutschte er immer tiefer in die Wanne.
 

Zitternd kam er wieder zu sich. Wo war er, was war passiert? Er öffnete die Augen und starrte in das immer gleich bleibend schummerige Licht über sich.

Eis, wo er auch hinsah, überall Eis.

Sam versuchte sich zu bewegen. Sein Rücken kribbelte und er konnte weder seine Hände noch Füße spüren. Er musste seine Arme sehen, um sich zu vergewissern, dass sie noch da waren. Doch kaum hatte er sie gesehen, bereute er es. Denn jetzt setzten die Schmerzen ein.

Die Kälte biss!

Er versuchte sich auf die Seite zu drehen, um dann, über diesen Umweg wieder auf die Füße zu kommen. 'Ich fühle mich wie ein hundertjähriger Rheumakranker', dachte er sarkastisch. 'Können erfrorene Füße einen Menschen tragen, oder brechen sie einfach ab? Zersplittern sie?', fragte er sich.

‚Ich werde es wohl gleich wissen!'

Er versuchte sich zu erheben. Er schwankte und versuchte einen Schritt zu machen.

Er stolperte und krachte in einen Berg Eiszapfen, die da am Boden lagen. Mühsam kam er wieder auf die Beine. Immer wieder nahmen ihm die runden, rollenden Dinger den Halt.

Endlich stand er wieder sicher. Er stopfte sich noch ein paar Eiszapfen in die Tasche und nahm dann einen besonders großen in die Hand und lutschte daran.

Sam war schon erstaunt, dass seine Zunge nicht daran kleben blieb.

Er hatte Durst und doch fror er durch dieses kalte Zeug in seinem Mund noch mehr.
 

Der Ältere fasste zu und setzte Sammy wieder richtig hin. Unablässig tauchte er den Waschlappen in das kalte Wasser und wischte damit über Sams Gesicht. Plötzlich fiel ihm etwas ein. Fernsehen war doch nicht so unnütz wie seine kleine Nervensäge es immer behauptete.

Er durchsuchte sämtliche Schränkchen im Bad und diesmal hatte er Glück. Er fand eine Flasche Babyöl.

„Bleib noch kurz sitzen“, sagte er zu dem Jüngeren und rannte nach unten zum Impala.

Sammy hatte doch darauf bestanden, dass sie diese neumodischen Wärmefolien kaufen sollten, falls er mal mit seinen Babe einen Unfall haben würde. Als ob ER je einen Unfall haben würde. Der Einzige, der sein Babe schrottete war Sam. Dean schüttelte den Kopf. Er suchte die Folien. In den tiefsten Tiefen des Kofferraums fand er sie. Er starrte darauf. Jetzt waren sie wenigstens zu etwas nütze. Dean grinste.

Er rannte zurück in ihr Zimmer. Eine Folie breitete er auf dem Bett aus, dann holte er mehrere Handtücher, die er in Sams Eiswanne tauchte, leicht auswrang und dann auf der Folie verteilte, dann schaute er nach Sam.

„Findest du's da drin noch gemütlich oder willst du warten, bis dir Kiemen und Schwimmhäute wachsen?“ Dean hatte sein Pokerface aufgesetzt. Er wollte Sam nicht zeigen wie unsicher er sich fühlte, wie groß seine Angst um ihn war.

„Kalt!“, Sams Zähne klapperten leise.

„Das ich das noch erleben darf“, grinste der Blonde und hob Sammy aus der Wanne, nur um ihn auf dem Rand abzusetzen. Großzügig kippte er das Babyöl über Sam. Dann trug er ihn, glitschig wie er war, ins Bett und wickelte ihn in die Handtücher ein. Zum Schluss legte er noch die zweite Folie um ihn.

„Siehst aus wie eine Weihnachtsüberraschung“, feixte er, breitete eine Decke über das glitzernde Paket und ließ sich, nachdem er sich umgezogen hatte, er hätte Sammy doch erst im Bett in Babyöl tauchen sollen, wieder auf den Stuhl fallen.
 

Planlos stolperte er weiter einen Gang entlang und fragte sich immer wieder, wie lange er hier noch durchhalten würde. Fast wünschte er sich in den Lavasee zurück.

Mechanisch schaute er in die abzweigenden Gänge. Er hatte die Hoffnung aufgegeben Dean zu finden, und er hatte die Hoffnung aufgegeben einen Ausgang zu finden.

Und da war er plötzlich: Der Ausgang.

Sam lief daran vorbei.

Grüne Bäume und Gras drängten sich in sein Gedächtnis, nur um gleich wieder von Eis überlagert zu werden.

Mühselig humpelte er noch ein paar Schritte weiter. Dann blieb er stehen.

Gras? Bäume?

Er lief zurück.

Wirklich da war ein Ausgang.

Er stolperte auf die Bäume zu.

Er hatte es geschafft! Keuchend ließ er sich in ihrem Schatten fallen. Seine Arme verkrampften sich vor seiner Brust. Er zitterte, seine Zähne klapperten unkontrolliert. Erschöpft schlief er ein.
 

Es war kein erholsamer Schlaf, aus dem er kurze Zeit später wieder aufschreckte. Er stolperte weiter.

Doch er kam nicht weit. Müde und erschöpft lehnte er sich gegen den ersten Stamm, der auf seinem Weg stand. Er rieb sich die Augen.

Durch wie viele Höllen musste er noch gehen? Wie viele Irrwege würden noch auf ihn warten? Wie lange würde Dean noch durchhalten?

Er trank einen Schluck aus seiner Flasche. Vielleicht sollte er zurückgehen und sich ein paar Eiszapfen in die Flasche stopfen? Obwohl der Wald nicht so aussah, als ob es hier kein Wasser zu finden geben würde.

Wasser, Eiszapfen! Unangenehm nass rannen ihm die getauten Eiszapfen an seinem Bein herab. Er hatte vergessen sie aus seiner Tasche zu nehmen.

Er lehnte sich wieder gegen den Stamm und schloss für ein paar Minuten die Augen.
 

Dean stand lachend vor ihm, zog ihn auf die Füße und dann in eine feste Umarmung.

„Du hast mir Angst gemacht Sammy, so schlimm war die Verfolgung doch gar nicht, dass du hier einfach umkippen könntest.“

„Ich bin umgekippt?“

Dean nickte nur.

„Wen haben wir denn verfolgt?“, wollte der Jüngere wissen.

„Bigfoot“

„Es gibt keinen Bigfoot!“

„Doch, schau mal in den Spiegel“, lachte der Blonde und machte immer noch keine Anstalten Sam wieder loszulassen.

„Ich kann alleine stehen!“, grummelte Sam.

„Ich weiß!“

„Dann lass mich los!“, der Jüngere war sauer.

„Ich halte dich doch gar nicht fest“, sagte der Blonde und ging einen Schritt zurück.

Das Gefühl des umklammert werden blieb: „Aber?“
 

Erschrocken riss Sam die Augen wieder auf.

Er hatte immer noch das Gefühl, dass ihn etwas fest an sich gepresst hielt. Dean war es definitiv nicht!

Er schaute an sich herab.

Der Baum hatte einige Äste um ihn geschlungen und ganz langsam wuchs die Rinde um ihn.

„Oh Gott!“, keuchte er und wand sich hektisch aus dieser hölzernen Umarmung. Geschockt stolperte er von dem Baum weg.

Er drehte sich zu dem Monster um und machte einige Schritte rückwärts um nicht doch noch in den Einzugsbereich dieser Baumschlingpflanze zu kommen.

Plötzlich spürte er einen Widerstand in seinem Rücken. Er stand wieder an einem Baum und auch dieser bewegte seine Äste auf ihn zu. Sam keuchte erschrocken und sprang von dem Baum weg. Aber kaum war er von dem einen Baum weg, geriet er schon in den Einzugsbereich des nächsten.

Panisch hetzte er weiter. ‚Wie lange soll das noch gehen? Wie lange wollen sie mich hier noch quälen? Kann ich Dean überhaupt finden oder machen sich die Dämonen einen Spaß daraus mich zu quälen? Genauso wie sie Dean quälen?’ Er wusste es nicht und er hatte auch nicht die Ruhe um darüber nachdenken zu können.

Keuchend kam er auf einer Lichtung an. Mehrmals drehte er sich im Kreis um sich zu vergewissern, dass auch ja kein Ast bis zu ihm reichte.

Hoffnungslos, traurig grinsend, schüttelte er den Kopf. Jetzt hatte er schon Angst vor Bäumen!

Er stützte seine Hände auf den Knien ab und versuchte seine Atmung wieder in normale Bahnen zu lenken.

Plötzlich hörte er Schritte.

Er schaute auf.

„Dean!“, keuchte er erschrocken. Sein Herz raste. Seine Hände wurden feucht. Dean!

„Hallo Sammy!“ Der Blonde klang distanziert, kalt.

„Oh mein Gott, Dean. Bin ich froh dich gefunden zu haben!“

Bist du!?“

„Dean? Was ist mit dir? Ich hab dich gesucht, ich bin durch einen Sandsturm geirrt, über einen Lavasee gesprungen, dann musste ich durch ein Eislabyrinth und die Bäume hier wollten mich auch aufhalten.“

„Wollten sie?“

„Dean? Du bist so komisch!“

„Bin ich?“

„DEAN!?!“, die Panik verklumpte sich in Sams Magen und drängte mit Macht nach oben.

„Du warst zu langsam Sam!“

„Ich bin so schnell gekommen wie ich konnte!“

„Du warst zu langsam!“, erklärte der Blonde kalt. Seine Augen wurden schwarz. „Wie ist das Sam? Wie ist es, sich als Versager zu fühlen? Als der Versager, der nie etwas richtig machen konnte? So hat sich Dean, so habe ich mich mein Leben lang gefühlt. SAM! Jetzt ist es vorbei. Mein Leben ist vorbei. Meine Qualen sind vorbei!

Du warst zu langsam Sam! Sie haben mich gefoltert. Sie haben mich gequält und zerrissen, sie haben mich leiden lassen, wie ich noch nie gelitten hatte, Sam und irgendwann konnte ich nicht mehr. Ich hab es nicht mehr ausgehalten und ich habe aufgegeben. Es war so einfach Sam. Ich habe aufgehört zu kämpfen. Ich hab mich einfach fallen lassen.

Und sie haben mich zu einem der ihren gemacht. Keine Ängste mehr, Sam, keine Schmerzen.“

„Dean, du…“, stotterte der Jüngere.

„Wie ist das Sam, wie ist es versagt zu haben?“, bohrte der Blonde weiter. „Du bist schuld daran, wie ich jetzt bin, was ich jetzt bin. Du warst zu langsam!“

„Bitte“, flehte der Jüngere.

„Danke Sam“, spottete er.

„Nein, Dean, nein!“ stotterte der Dunkelhaarige und wich vor seinem Bruder zurück. Immer weiter und weiter, bis er gegen den Stamm eines Baumes stieß.

„Nein“, murmelte er immer wieder, „nein, nein, nein.“

Er fühlte, wie sich die Äste eines Baumes um ihn schlossen. Er fühlte wie es ihn einschloss und er langsam bewegungsunfähig gemacht wurde. Er wollte sich nicht mehr wehren. Er wollte nicht mehr kämpfen.
 

Noch immer hatte Dean keine Ahnung wie es weiter gehen sollte, noch immer wusste er nicht was er machen sollte. Er wollte hier nicht weg, aber er konnte doch auch nicht hier sitzen und Sam beim Sterben zusehen.

Es war fast Mitternacht. Wieder flößte er Sam Wasser ein. Dann stand er auf. Unruhig lief er hin und her. Er konnte nicht mehr sitzen, er konnte nicht mehr darauf warten, dass es Sam noch schlechter ging, und er konnte schon gar nicht darauf warten, dass Sam sterben würde, denn genau darauf lief es hinaus. Was sollte er nur tun? Erneut zog er die Folien gerade und glättete die Decke. Dann holte er tief Luft.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück