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Mein einzigartiger Engel

Kratos x Raine x ?
von

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Die Angst vor Wasser

Raine packte das letzte Sandwich, welches Kratos zubereitet hatte, in eine Brotdose und verstaute sie ebenso in einen Rucksack. Genügend Proviant für den restlichen Tag hatten sie nun, ebenso genügend Trinkwasser. Genis saß beim Küchentisch, besah sich die Freude in den Augen seiner Schwester und seufzte vor Erleichterung leise aus. Seitdem Kratos wieder hier bei ihnen war, ging es Raine wahrlich besser, aber das ehemalige Mitglied von Cruxis würde nur für einige Tage bleiben, weswegen er sich bereits erneute Sorgen machte. Seine Schwester würde einen weiteren Abschied wohlmöglich nicht verkraften, denn er erinnerte sich sehr wohl an den ersten Abschied. Zwar hatte sich Raine nichts anmerken lassen, aber Kratos' Abschied war ihr sehr nahe gegangen und deswegen glaubte Genis auch, dass seine Anwesenheit notwendig war, um Raine ihr ehrliches Lächeln zurück auf ihre Lippen zu zaubern.
 

"Gut..." murmelte Kratos und nahm den Rucksack an sich, verließ das Haus und wartete auf Raine vor dem kleinen Teich. "Genis, es könnte spät werden, also warte nicht mit dem Abendessen auf uns" erklärte Raine, durchforstete nochmals schnell ihre Umhängetasche und stellte fest, dass sie alles Notwendige eingepackt hatte. "Okay... Viel Spaß in der Ruine und passt auf euch auf, Raine". Die junge Halbelfe nickte ihrem Bruder zu und verließ nun ebenfalls das Haus. Ein kurzer Griff in ihre Umhängetasche und schon hielt sie die Flügeltasche in der Hand, um den Rheaird erscheinen zu lassen.
 

"Willst du fliegen, oder...". "Wie du möchtest, Raine" unterbrach Kratos die junge Professorin und zuckte mit seinen Schultern. Er war auf solch ein Fluggerät nicht angewiesen, da er Flügel besaß, aber wenn Raine mit dem Rheaird fliegen wollte, würde er sich nach ihren Wünschen richten. Die junge Halbelfe nickte zaghaft, setzte sich auf dem Sitz und startete den Antrieb. Auffordernd, denn sie wollte keine Wurzeln schlagen, blickte sie zu Kratos, welcher sich nun in Bewegung setzte und sich vorsichtig auf dem freien Platz hinter ihr setzte, während er seine Hände auf ihre Hüften legte. Raine zuckte unter der sanften Berührung kaum merklich zusammen, schüttelte schließlich leicht ihren Kopf und hob mit dem Rheaird ab.
 

Nach wenigen Minuten durchbrach Kratos jedoch die eisige Stille, da ihm ihr Zucken keineswegs verborgen geblieben war. "Ist alles in Ordnung?" murmelte er, beugte sich ein wenig vor und spürte nun ihren Rücken an seinen Oberkörper. Für einen kurzen Moment geriet das Fluggerät ins Schwanken, ehe die junge Halbelfe wieder die Kontrolle erlangte. "Ähm... Natürlich... Es ist nur schon eine Weile her, seitdem ich den Rheaird in Begleitung geflogen bin". Raine biss sich auf ihre Zunge, während sich ihre Wangen rötlich verfärbten. Wie peinlich ihr nun ihre Worte waren, vermochte sie nicht in Worte zu fassen.
 

Kratos erwiderte nichts zu ihren gestammelten Worten, grinste in sich hinein und blickte schließlich hinunter zu den verschiedenen Städten und Dörfern. Raine neigte den Rheaird kaum merklich in die linke Richtung, hatte sie soeben Meltokio entdeckt und steuerte auf das dahinter liegende Tal zu. "Wir landen" murmelte sie und umkreiste kurz die Villa, suchte einen geeigneten Landeplatz im Garten und betrachtete nochmals das eingestürzte Dach. Hoffentlich stürzte die Villa nicht ein, während sie ihre Untersuchungen durchführten und noch mehr graute es ihr, als sie an das Kellergeschoss denken musste.
 

Nach einigen Minuten standen Raine und Kratos bereits im Garten, liefen durch das viel zu hohe Gras und sahen sich um. Die Bäume wirkten überwuchert, ebenso wie so manche Gebüsche, welche seit etlichen Jahren keine Pflege mehr genossen hatten. "Raine... Wir sollten vorsichtig sein. Ich spüre die Anwesenheit von zahlreichen Monstern". Die junge Professorin nickte leicht, lief dem Braunhaarigen hinterher und blieb schließlich neben ihm stehen. Der Eingang, dachte sich Raine und bewunderte für einen kurzen Moment das große Tor, welches offen stand und geradezu dazu einlud, dieses alte Haus zu betreten.
 

Kratos trat vor, erklomm die zum Teil schon sehr beschädigten Stufen und wagte einen Blick in die Ville. Sofort wurde ihm bewusst, dass er und Raine äußerst vorsichtig über den Boden laufen mussten, denn die Einsturzgefahr konnte er mit bloßem Auge erkennen. Er winkte schließlich Raine zu sich, welche ihren Stab zur Hand genommen hatte, um in Falle eines Falles sofort reagieren zu können. Bei Kratos blieb sie stehen, warf nun ebenfalls einen Blick in die Ruine und wollte auch schon voller Elan eintreten, hätte Kratos nicht ruckartig seine Hand erhoben und ihre Schulter ergriffen.
 

"Wir müssen vorsichtig über den Boden gehen und... Laute Geräusche müssen wir ebenso vermeiden, sonst stürzt die Decke ein". Kratos wollte ihre Freude keineswegs zerstören und deutete mit dem rechten Zeigefinger zur hohen Decke, welche ziemlich zerstört aussah. Die erste Etage konnten sie demnach nicht betreten und wenn dann nur fliegend. "Ich... Entschuldige..." nuschelte Raine verlegen vor sich her, denn sie hatte die eigentliche Gefahr durch ihre Liebe zu Ruinen vollkommen ausgeblendet. Es war also eine gute Idee gewesen, Kratos um diesen Gefallen zu bitten, sonst wäre sie vermutlich in ihr Verderben gelaufen.
 

"Ich weise dich lediglich auf die Gefahrenzone hin" erwiderte er und trat vorsichtig in die Eingangshalle ein, wie er unschwer erkennen konnte. Der Kronleuchter, welcher vermutlich vor Jahren noch an der hohen Decke gehangen hatte, lag in der Mitte des riesigen Raumes, während tausende von Scherben auf den bereits nicht mehr so roten Teppich lagen. Ein Wunder, hier wuchsen noch keine Bäume, da der Baustil sehr stabil zu sein schien, aber Kratos war sich sicher, in den nächsten Jahren war der vollkommene Verfall dieser Villa gekommen. Hinter sich vernahm er leise und vorsichtige Schritte, spürte im nächsten Moment eine Hand an seinem Umhang und blickte schließlich über seine Schulter zu Raine, welche mit wachsender Begeisterung den riesigen Raum musterte.
 

"Wundervoll... Dieser Baustil und diese Gemälde... Es ist ein Verbrechen, dass sich keine Person um diese Villa gekümmert hat und... Ah... Sieh dir nur...". Ein weiteres Mal wurde die junge Professorin zum Schweigen gebracht, doch dieses Mal war es nicht ein Zeigefinger gewesen, sondern eine Hand, die ihre lauten Worte im Keim erstickten. "Deine Begeisterung musst du leise fortsetzen, so schwer es dir auch fallen mag" erinnerte Kratos und zog seine Hand zurück. Raine nickte verlegen und deutete nun auf eine sehr alt aussehende Vase, welche auf der rechten Seite, neben einer sehr großen Treppe, auf dem Boden stand. Er nickte ihr zu, lief mit ihr vorsichtig zu den beiden Treppen rüber, welche zu der obersten Etage führte und betrachtete Raine, die sich auf die Knie fallen ließ und die wertvolle Vase untersuchte. Wahrlich, er konnte ihr momentanes Verhalten nur belächeln, da sie ihre Begeisterung kaum verbergen konnte.
 

"Sieh dir nur diese Vase an. Es handelt sich um ein sehr seltenes Erz und wird zur heutigen Zeit nicht mehr verwendet. Diese kostbare Vase lässt sich weder durch Magie, noch von anderen Einflüssen beschädigen". Raine ließ ihre Finger über die Vase gleiten, ehe sie zu Kratos aufsah und einen flehenden Blick auflegte. Der Braunhaarige ahnte zu wissen, wie er ihren Blick deuten konnte und ging neben ihr in die Hocke. "Du möchtest die Vase untersuchen. Verständlich, aber wir sollten sie erst auf dem Rückwegs mitnehmen" erläuterte Kratos und besah sich nun ebenfalls die weiße Vase, welche mit blauen Mustern versehen war.
 

"Gut... Ich schlage vor, dass wir uns nun den ersten Stock vornehmen. In den Schlafgemächern finden wir sicherlich Hinweise". Die junge Halbelfe erhob sich wieder, streckte sich ausgiebig und blickte nun zur Treppe hoch. Welcher Weg führte wohl zu den Schlafgemächern? Eine Villa war nicht gerade klein, aber je mehr Räume sie erkunden durfte, desto größer wurde ihr Neugierde und ihr Drang nach mehr Wissen. "Einverstanden... Komm zu mir, Raine. Wir werden fliegen" erwiderte Kratos und ergriff ihre Hand, ehe die junge Halbelfe im nächsten Moment auf seine Arme gehoben wurde.
 

Seine braunen Augen schlossen sich für einen Augenblick, während Raine beobachten durfte, wie wunderschöne Flügel auf seinen Rücken erschienen. Die Federn schimmerten bläulich und Kratos' ganze Gestalt wirkte auf einmal völlig verändert. Natürlich hatte sich sein Aussehen nicht verändert, aber sein Mana strahlte plötzlich viel intensiver, jedenfalls kam es der jungen Professorin so vor. Raine bemerkte nicht, dass Kratos bereits einen Meter über den Boden schwebte, doch als er ihr nun endlich in die Augen blickte, erwachte sie aus ihrer Trance und sah sich um. Vor einem Gemälde hielten sie, denn welchen Weg sollten sie nehmen? Die linke oder doch eher die rechte Passage?
 

"Welchen Weg bevorzugst du?" wollte Kratos in Erfahrung bringen und wendete seine Aufmerksamkeit nun dem Gemälde zu. "Moment... Sind das der Hausherr Erik und seine Frau Marianne Selia?" entgegnete Raine und studierte die Haltung des Mannes, welcher auf einen Sessel saß und ausdruckslos wirkte. Braune Augen waren starr gemalt worden, während der Mann bereits vereinzelte graue Strähnchen in seinem blonden Haar besaß. Seine Haltung zeugte wahrlich davon, dass er dem Adel angehörte. Als Raine ihre Augen von ihm abwendete und nun die Frau studierte, fielen ihr einige Unterschiede auf. Marianne besaß grüne Augen, trug ebenso blondes Haar, welche zu einem Zopf gebunden war über ihre Schulter hing und seitlich hinter ihrem Mann stand. Ihr Auftreten wirkte weicher und im Gegensatz zu ihrem Mann trug sie ein leichtes Lächeln auf ihren Lippen.
 

"In der Tat" erwiderte Kratos und blickte nun wieder zu Raine, welche in seinen Armen lag und sich scheinbar einige Fragen durch den Kopf gehen ließ. "Ähm... Den rechten Weg. Entschuldige, ich war ein bisschen...". "Du bist mir keinerlei Rechenschaft schuldig" unterbrach er die junge Professorin und setzte den Weg fliegen fort. Mit wachsender Begeisterung sah sich Raine zu allen Seiten um, erblickte noch weitere Bilder des Ehepaares und ihre Verwunderung wuchs allmählich. Wieso war Samiel auf keines der Gemälde zu sehen? Es erschien ihr geradezu so, als sollte seine Existenz nicht das Tageslicht erblickten, oder?
 

"Kratos... Wieso ist Samiel auf keines der Gemälde zu sehen?". Vielleicht wusste ihr Begleiter eine Antwort auf ihre Frage, weswegen sie nun zu ihm aufblickte, während der Braunhaarige vor einer sehr massiv aussehenden Tür hielt und nun erst der jungen Halbelfe in die Augen sah. "Nun, ich hege eine Ahnung, aber ich suche noch nach Hinweisen. Sollte sich meine Vermutung bestätigen, können wir davon ausgehen, dass Samiel Selia noch lebt" murmelte Kratos und forderte Raine stumm auf, die Klinke zu betätigen.
 

Die Tür gab ein quietschendes Geräusch beim Öffnen von sich, während die junge Professorin über die Worte ihres Begleiters nachdachte. Unmöglich, dachte sie sich insgeheim, aber vielleicht erklärte dieser Fakt, warum keine Gemälde von Samiel zu sehen waren. Wenn der Junge wirklich noch leben sollte, würde sie alles daran setzen, um ihn zu finden, nur um die Wahrheit zu erfahren. Bei ihren Überlegungen bemerkte sie nicht, dass sie sich im Schlafgemach der Eltern befanden und wurde erst aus ihre Gedanken gerissen, als Kratos sich leise räusperte und mit seiner linken Hand auf ein Fotoalbum deutete, welches er im Regal hatte ausfindig machen können.
 

Raine nahm das Album aus dem Regal, pustete den Staub von der Außenhülle und blickte zu Kratos auf, welcher ein küstliches Husten andeutete. "Entschuldige..." lächelte Raine und schlug nun endlich das Album auf. Schon nach der ersten Seite bemerkte sie, dass zahlreiche Bilder fehlten, da im Album einige Seiten leer waren. Warum? Wer hatte die Aufnahmen entfernt und warum waren auf den Bildern nur Erik und Marianne zu sehen? Es erschien Raine wahrlich so, als solle die Existenz des adoptierten Sohnes im Dunkeln bleiben.
 

"Ich verstehe nicht, wieso so viele Bilder fehlen? Wer mag die Aufnahmen wohl entfernt haben?" sprach Raine ihre Fragen aus und klappte das Album wieder zu. Diese Villa verbarg sehr viele Geheimnisse, aber zusammen mit Kratos würde sie Antworten auf ihre Fragen finden. Der Braunhaarige sah sich derweil im Raum um, denn auch er stellte sich unzählige Fragen. Ob Samiel selbst seine Existenz ausgelöscht hatte, oder hütete er wirklich ein dunkles Geheimnis? Kratos wusste es nicht, wendete sich nun wieder Raine in seinen Armen zu und verließ mit ihr das Schlafgemach. Er schwebte den Gang weiter hinunter, verweilte jedoch in der Luft und kehrte wortlos um, da der Weg durch das eingestürzte Dach blockiert worden war.
 

Nun nahmen sie sich den anderen Teil der ersten Etage vor, doch auch dort fanden weder Raine, noch Kratos brauchbare Hinweise. "Nun bleibt uns nur noch das Kellergeschoss" murmelte Kratos und flog die Treppe hinab, welche zur Eingangshalle führte. Die junge Professorin verfestigte ihre Arme um seinen Nacken, drängte sich geradezu an seinen Oberkörper und zitterte kaum merklich. Das Wasser, dachte sie sich und wollte schon leise Protestversuche von sich geben, hätte der Ältere ihr nicht ein aufmunterndes Lächeln geschenkt. Er wusste es, obwohl sie ihre Angst immer wieder bestritt, aber Kratos wusste von ihrer panischen Angst vor Wasser und sagte dennoch kein einziges Wort. Warum?
 

Der Weg zum Kellergeschoss war schnell gefunden und nun wusste Kratos auch, wieso Raine den Keller keineswegs hatte betreten wollen. Der gesamte Gang stand unter Wasser und da er vermutete, dass die junge Halbelfe nicht schwimmen konnte, setzte er sie ab und begann sich zu entkleiden. "Was hast du vor, Kratos?" murmelte Raine fragend und betrachtete den freien Oberkörper des Braunhaarigen. Abgesehen von seiner Shorts trug er nur noch sein Schwert an seiner Seite, aber ihre Frage war immer noch nicht beantwortet worden. Schließlich drehte sich Kratos zu ihr um und erklärte sein nächstes Vorhaben. "Ich werde tauchen und nachsehen, ob der Gang überhaupt passierbar ist. Warte hier so lange auf mich und verhalte dich ruhig". Wie? Er wollte sie einfach alleine lassen? Nein, er konnte doch nicht einfach ins Wasser steigen, ohne zu wissen, welche Gefahren sich in dem tiefen Wasser verbarg. Viel schlimmer, Kratos könnte ertrinken.
 

"Aber...". "Du machst dir grundlose Sorgen, Raine. Gewähre mir fünf Minuten" unterbrach er die besorgte Halbelfe, strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht und stieg schließlich die Stufen hinab. Als das kühle Wasser seinen Bauch berührte, holte er tief Luft und tauchte unter. Eine ganze Minute blieb Raine reglos stehen, doch dann machte sich Panik in ihr breit. Ungeduldig lief sie im Kreis, murmelte unverständliche Dinge vor sich her und starrte immer wieder zur Wasseroberfläche. Fünf Minuten konnten so verdammt lange andauern, vor allem wenn sie sich so große Sorgen um einen besonderen Freund machte.
 

Nach weiteren Minuten, die ihr wie eine Ewigkeit erschien, tauchte ihr Begleiter wieder auf, atmete mehrmals durch und erklomm die wenigen Stufen zu ihr hinauf. "Am Ende des Ganges gibt es eine Passage. Du solltest dir die Schriftzeichen ansehen, die ich nicht lesen konnte, also...". "Ich werde keineswegs in dieses Wasser steigen" unterbrach Raine seine Neuigkeiten. Nein, kein Wesen dieser Welt würde Raine dazu ermutigen, jemals dieses Wasser zu betreten, auch wenn sie natürlich neugierig war.
 

"Raine, ich begleite dich und...". "Ich kann nicht, Kratos... Ich kann es einfach nicht" erhob sie ihre Stimme, ehe sie ihre rechte Hand erhob und sich ihren Mund zuhielt. Kratos blickte die junge Professorin verwundert an, denn noch nie hatte sie ihre Stimme ihm gegenüber erhoben. Ihre Angst vor dem Wasser war also noch größer, als er zu Anfang angenommen hatte. Leise seufzte er aus, legte schließlich seine Hände besänftigend auf ihre Schultern und sah sie lange und intensiv an. "Warum hast du solche Angst? Ich bin doch bei dir und lasse dich nicht ertrinken". Kratos wollte nur ihre Angst verstehen können. Keineswegs würde er sie zwingen, in das Wasser zu steigen, wenn sie solche Angst verspürte.
 

Raine senkte ihren Kopf gen Boden, denn nun konnte sie ihre Angst nicht mehr abstreiten. "Ich... Ich habe früher das Wasser geliebt, aber... Ich war gerade sechs Jahre alt gewesen, als mich ein Mensch im Streit in den Fluss stieß. Er muss wohl gedacht haben, dass ich schwimmen kann, aber... Ich wäre beinahe ertrunken. Meine Mutter hat mich erst am späten Abend bewusstlos am Ufer gefunden und seither meide ich das Wasser" murmelte sie leise vor sich her, denn diese Angst konnte sie einfach nicht vergessen. Raine war sich nicht mal sicher, wie sie überhaupt das Ufer in ihrer Panik erreicht hatte, aber zumindest lebte sie noch.
 

Der Braunhaarige hob ihr Kinn an, betrachtete für wenige Sekunden ihre verängstigten Augen und schüttelte schließlich seinen Kopf. "Nun verstehe ich deine Angst und ich werde dich nicht ertrinken lassen, wie ich schon sagte. Du hast vor wenigen Stunden noch gesagt, dass du mir vertraust, nicht wahr? Also schenke mir dein Vertrauen und ich werde dich nicht enttäuschen". Wieder legte er ein sanftes Lächeln auf und nun musste Raine selbst eine Entscheidung treffen. Entweder, sie vertraute ihm ihr Leben an, oder die Untersuchungen endeten hier, denn unter Zwang würde er die junge Halbelfe wirklich nicht ins Wasser bewegen.
 

"Ich... Ich werde es versuchen" murmelte Raine schließlich und blickte skeptisch zur Wasseroberfläche. Noch immer hatte sie Angst, aber Kratos hatte ihr nochmals versichert, dass er sie nicht ertrinken lassen würde. "Gut... Du solltest dein Gewand ablegen, sonst...". "Wie bitte?" unterbrach die junge Halbelfe ihren Begleiter und errötete. Warum sollte sie sich ausziehen? Was führte Kratos nur im Schilde? "Raine, du missverstehst mich. Dein Gewand erschwert das Schwimmen und du möchtest doch auf dem Rückweg ein trockenes Gewand tragen, oder etwa nicht?".
 

Wohl wahr, dachte sich Raine und legte ihren Stab auf den Boden. Natürlich musste sie Kratos zustimmen, aber sich vor ihm ausziehen? "Ich...". "Du musst dich nicht vor mir schämen, Raine" versicherte er ihr und wendete sich um, damit sie sich in Ruhe ausziehen konnte. Er war doch nicht Zelos, welcher diese Situation ausnutzen würde, denn er hatte genügend Anstand. Überhaupt hatte er noch nie verstanden, warum der ehemalige Auserwählte so viele Frauen um sich herum duldete, denn ihm selbst würden diese schmachtenden Blicke stören. Eine Frau reichte im Leben, aber seit fast sechzehn Jahren war er wieder allein. Bisher hatte er sich auch nicht nach einer neuen Beziehung umgesehen, denn er befürchtete, dass er ein Leidbringer war und sein Glück nur für kurze Zeit genießen durfte.
 

"Ich... Ich bin bereit" murmelte Raine und blickte verlegen zur Seite. Bisher hatte sie sich nur vor ihrem damaligen Freund ausziehen lassen, aber diese Zeit lag schon so lange zurück. Der Braunhaarige warf einen prüfenden Blick über seine Schulter, betrachtete ihren weißen BH und ihr weißes Höschen und streckte schließlich seine Hand nach Raine aus. Nun blickte er ihr wieder direkt in die Augen, da er natürlich vermutete, dass sie sich sehr unwohl in ihrer Haut fühlte. "Schenke mir dein Vertrauen" murmelte Kratos, ehe seine Hand ergriffen wurde und er mit der jungen Halbelfe die wenigen Stufen zum Wasser hinab stieg.
 

Automatisch, weil sie wie Espenlaub zitterte, drückte er sie an seinen Körper, bis das Wasser ihnen bis zum Bauch ging. "Schließe deine Augen und hol tief Luft". Raine gehorchte ihm, ließ ihre Augenlider sinken und holte tief Luft. Im nächsten Moment spürte sie das kühle Wasser um sich herum, wollte schon ihre Augen öffnen, aber eine Hand strich ihr beruhigend über die Wange. Ein kaum merkliches Zeichen dafür, dass sie sich nicht fürchten musste. "Ich muss mich beeilen" dachte sich der Ältere und schwomm mit Raine in seinen linken Arm haltend, den düsteren Gang hinab. Weit war der Weg zwar nicht, aber für Raine konnte eine einzige Minute zu einer höllischen Qual werden und aus diesem Grund musste er die Passage schnellstmöglich erreichen.
 

"Kratos... Ich halte diesen Druck nicht mehr aus" dachte sich Raine und tippte ihm auf die Schulter. Er nahm ihr Zeichen zur Kenntnis, blickte wieder vor sich und endlich konnte er das schwache Licht am Ende des Ganges erkennen. Nur einen Wimpernschlag später tauchte er mit Raine auf, stieg mit ihr die Stufen hinauf und betrachtete den sonderbaren Ort, welcher nur von vereinzelten Fackeln an den Wänden erhellt wurde. "Raine... Alles in Ordnung? Du kannst deine Augen wieder öffnen und auch wieder Sauerstoff zu dir nehmen" murmelte Kratos und wendete seine Augen wieder zur jungen Halbelfe, welche nun endlich den nötigen Sauerstoff überhastet zu sich nahm und nun zu ihm aufblickte. Er hatte sein Wort gehalten, denn Raine war nicht ertrunken, sondern stand lebendig vor ihm. Als sie ihren Kopf jedoch leicht drehte und die Wände betrachtete, blieb ihr beinahe das Herz stehen. Welch grauenvoller Ort.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  xXSakuraHarunoXx
2010-10-13T17:26:09+00:00 13.10.2010 19:26
tolles kapi freuhe mich auf´s nächstes^^.toll das sie es deuch gehalten hatt^^.wie kann ein dummer mensch ein kleines mäschen ins wasser subsen das geht garnz und garniecht/-(.


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