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Opfergaben

von

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Die Gleichung

Die Worte schweben im Raum wie ein unsichtbarer Schleier, der sich über alles legt.
 

Eben noch wollte ich dieses Zimmer verlassen, aus diesem Haus fliehen und nun stehe ich wie angewurzelt da und tue nichts anderes als ihn anzusehen.
 

Warum? Das möchte ich fragen und doch wieder nicht. Ich will eine Antwort und habe zugleich Angst davor. Paradox. Solche Momente gibt es also tatsächlich? Momente, in denen nichts anderes von Bedeutung ist. Ich spüre wie etwas in mir aufkeimt, dass ich nicht kontrollieren kann. Ist es wieder dieses Gefühl? Ich weiß es nicht, aber ich fühle es klar und deutlich, genau wie ich seine Gegenwart fühlen kann.
 

Etwas in mir sagt mir, dass ich gehen soll. Ist es die Vernunft? Ich bin nicht sicher. Gehen bevor es zu spät ist und ich diesen Moment nie wieder los werde. Noch besteht eine vage Chance das alles hinter mir zu lassen. So schwer es auch sein würde, in diesem Augenblick wäre es vielleicht noch möglich all das gerade geschehene in den hintersten Winkel meines Selbst zu verbannen, die Tür zu schließen und nie mehr daran zu denken. Ich bin nicht sicher ob es gelingen würde. Vieles habe ich schon in diesen dunklen Raum verbannt und es ist mir gelungen, es dort zu lassen. Nur manchmal, in diesen sonderbaren Nächten, wenn ich allein und übermüdet zu hause an meinem Schreibtisch sitze, kommen diese Dinge hervor... nun, sie versuchen es und dann kostet es mich all meine Kraft sie zurück zu drängen.
 

Könnte ich das hier je zurück drängen?
 

Ich schucke und suche fieberhaft nach einer Erwiderung. Na, los, Seto. Lache. Lach laut los angesichts solch einer verrückten Äußerung. Strafe seine Worte mit einem eiskalten Lachen. Ein Teil von mir versucht es ernsthaft, aber es gelingt mir nicht. Ich bin zu... ich weiß es nicht. Seine Worte sind zu weit gegangen... viel zu weit und zu tief.
 

Welchen Wert...
 

Wertlos.

Mit einem Mal erscheint mir alles wertlos.

Wertlos und sinnlos.

Mein Leben?

Gibt es in meinem Leben etwas von Wert? Von Lebendigkeit und Dauer?
 

Mokuba
 

Und sonst?
 

Ich lebe mein Leben wie es mir passt... an Freiheiten und Möglichkeiten mangelt es mir nicht und doch... stets bin ich allein. Wenn Mokuba nicht wäre...

Ist es das was er mir zu sagen versucht? Dass mein Leben ein Nichts ist? Ich ein Nichts bin?
 

Oder habe ich nur meinen Verstand vollkommen verloren, dass seine Worte solch eine Wirkung auf mich haben können?

Unsicher sehe ich ihn an. Ich weiß nicht was ich in seinem Gesicht zu finden hoffe, vielleicht der Anflug eines Grinsen, irgendetwas, dass mir zeigt, dass das hier nur ein Spiel ist und er sich dazu entschlossen hat mich bis an den Abgrund zu treiben, warum auch immer. Aber ich sehe nichts davon. Seine Züge sind ernst, ja, feierlich und tatsächlich entschlossen... Meint er das gesagte wahrhaftig so?
 

Mir mein Leben zurück geben... Warum?
 

"Die Antwort, Seto, ist immer die Gleiche." Hat er das vorhin nicht schon einmal gesagt? Liest er meine Gedanken?
 

"Ich..." Ich presse die Lippen aufeinander, denn ich kann jetzt nichts sagen. Das ist ein schwacher Moment und alles was ich sagen würde, wäre sicher ein Fehler. Er hat mich nieder gerungen und ich bin verwirrt und mit solch einem Gefühl sollte ich überhaupt nichts sagen.
 

Unwillkürlich senke ich den Blick.

Gott, gib mir meine Gelassenheit zurück. Hier und jetzt. Lass mich wieder so sein wie immer und diese Gedanken abstreifen wie ein altes Hemd.
 

"Sieh mich an." befiehlt er. Ja, es ist ein Befehl. Seine Stimme duldet keinen Widerspruch. Seit Ewigkeiten hat keiner es mehr gewagt so mit mir zu reden. Ich glaube, mein Stiefvater war der letzte Mensch, der diesen Ton mir gegenüber angeschlagen hat. Mein Widerwille ist sofort da, intensiv wie damals, aber ich tue es. Ich gehorche und blicke zu ihm. Warum? Ich weiß es nicht. Etwas in mir zwingt mich es zu tun.

Es tut weh. Ihn anzusehen tut weh. Das ist eine neue Erkenntnis. Ich bin nicht sicher wo... es ist kein physicher Schmerz, aber ich spüre ihn ganz deutlich. Es ist genau wie bei seiner Berührung und doch kann ich mich nicht abwenden.
 

Ich weiß nicht wieviel Zeit vergeht und wir nur da stehen und einander ansehen. Ich schätze, es sind nur wenige Sekunden, vielleicht eine Minute. Ich bin nicht überrascht als er auf mich zu kommt. Ich weiche nicht, aber ich verspüre auch nicht den Wunsch das zu tun. Ich sehe ihn einfach an und mit jedem Schritt, den er näher kommt, schmerzt es mich mehr. Seltsamerweise wird mein Herzschlag ruhiger. Verrückt, ich hätte mit dem Gegenteil gerechnet, aber ich werde tatsächlich wieder ruhiger. Vielleicht ist das in den letzten Momenten so? Kurz bevor es endet...

Ich hoffe, dass er es endlich beendet. Ich wünsche es mir.
 

"Nur zu..." höre ich mich sagen. "Gib mir den Rest. Ich habe doch ohnehin schon verloren."
 

"Es geht hier und jetzt nicht um Sieg oder Niederlage." entgegnet er geduldig. Ich schaffe es irgendwie gleichgültig mit den Schultern zu zucken. Ja, mir gelingt es sogar trotz diesem schmerzlichen Gefühl seinem Blick stand zu halten. Natürlich bin ich ein Schatte meiner Selbst. Nicht einmal Wheeler ließe sich augenblicklich von mir einschüchtern.
 

"Du kannst nicht verlieren, wenn du nicht aufgibst." erklärt er mir mit dieser warmen, rauhen Stimme. Ich seufze. Es spielt ja auch keine Rolle.
 

Ich bin nicht sicher was ich von ihm erwarte, aber das was er tut, überrascht mich wieder einmal. Wortlos nimmt er meine Hand und ich zucke instinktiv zurück, aber sein Griff ist fest und bestimmend und ich mache erst gar nicht den Versuch ihm meine Hand zu entziehen. Die Berührung ist wieder ein Schock für meine Sinne. Ich spüre erneut wie dieses warme, lodernde Etwas mich ergreift. Behutsam zieht er meine Hand näher zu sich und legt sie sanft auf seine Brust. Erst berühren nur meine Fingerspitzen den warmen Stoff, doch er drückt meine Hand vorsichtig nieder und...
 

Ich fühle sein Herz.

Es schlägt ruhig und gleichmäßig und das Gefühl, dass mich ergreift überrascht mich.
 

"Fühlst du das? Mein Herz?" flüstert er. Ich nicke. Ja, ich fühle es und wie. Ein Schauder läuft mir über den Rücken.
 

"Die Wahrheit ist eine komplexe Sache und oftmals tut sie weh." höre ich ihn sagen. "Und manchmal kann man sie nicht sehen oder will sie nicht sehen." Ich versuche seinen Worten zu folgen, wieder einmal, aber ich verstehe sie nicht. Was will er mir sagen? Was möchte er, dass ich tue?
 

"Ich möchte nicht, dass du niederfällst." erklärt er mir ernst und ich kann nicht anders. Ich muss ihm glauben. Ich weiß, dass er nicht lügt. Jetzt nicht, nie. Ich schlucke und mein Mund ist ganz trocken. Ich spüre wie Tränen in meine Augen treten, so entsetzlich hilflos fühle ich mich gerade. Denn mit Schrecken erkenne ich, dass ein Teil von mir sich nicht von ihm losreißen will. Der Teil, der gerade die Oberhand hat, will nicht weg von ihm, sondern bleiben und weiter seinen Herzschlag unter meiner Hand fühlen. Dieses starke, beruhigende Pochen.
 

Angriff und Gegenwehr.

Invasion und Verteidigung.
 

Ich atme tief ein. "Manchmal kann man nicht nur glauben, was man sieht. Man muss glauben was man fühlt."

Ich fühle sein Herz... und ich glaube zu verstehen.
 

... wie etwas Goldenes, das dir abhanden gekommen ist...
 

_________________________________________________
 

Edit:
 

Noch zwei Kapitel und die Geschichte ist fertig.

Ich hoffe sie werden schnell hoch geladen. Viel Spaß.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  jyorie
2012-12-30T17:49:28+00:00 30.12.2012 18:49
Hi^^

Beginnt kaiba es endlich zu verstehen? Atemu braucht aber auch eine Engelsgeduld bin gespannt ob er es in nur noch zwei Kapitel bis zum Ziel schafft :)

Liebe Grüße Jyorie



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