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Cod3s

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Pitschnasse Modesünden

Hilflos schaute ich die Straße rauf und runter. Niemand- kein Auto, kein Passant…

Wer sollte auch schon hier und um diese Uhrzeit vorbeikommen? , fragte ich mich bitter. Wieder betrachtete ich den Jungen zu meinen Füßen, wie er bewusstlos –fast leblos- dalag.

Keine Polizei, kein Krankenhaus…

Ich hatte nicht vergessen, was dieser Mann gesagt hatte und um ehrlich zu sein, war ich nicht erpirscht darauf gewesen, herauszufinden, was passieren würde, wenn ich ihm nicht gehorchte. Der Regen war nun so stark geworden, dass das Rinnsal am Rande der Straße zu einem größeren Strom herangewachsen war- und mitten drin meine Einkäufe.

Ich seufzte. Es brachte nichts, ihnen nachzutrauern, der Junge hatte eindeutig Vorrang. Ich musste ihn aus den Regen bringen, irgendwie- und das schnell!

Ich kniete mich wieder neben ihn und zog ihn etwas in die Höhe, sodass er gegen die Häuserwand gelehnt vor mir saß, aber immer noch zur Seite wegrutschen drohte, als hielt ich keinen Menschen in den Armen, sondern ein Stofftier.

Ich schluckte leicht, als ich sah, wie groß er eigentlich war …

Nach kurzem Überlegen nahm ich seinen Arm und legte ihn über meine Schulter. Danach kam der zweite, dann hievte ich ihn ganz auf meinen Rücken und stemmte mich in die Höhe.

Eins musste ich dem Mann lassen… egal, was er mit dem Jungen gemacht hat, er hat ihn auf jeden Fall nicht hungern lassen.

Und so schwer beladen und stark taumelnd, schritt ich durch den Regen und brauchte für einen Weg von maximal einer Minute ungefähr fünfzehn. Hinzu kam, dass ich mich mit seiner Größe um einiges verschätzt hatte- er war so groß und ich so klein, dass seine Arme vor meinem Körper bis zu meinem Bauch baumelten und ich seine nackten Füße auf dem Boden fast hinter mir her zog. Irgendwann kam ich zu Hause an und konnte ihn von den Schultern nehmen- zum Wohle meines Rückens, der sich, nun nicht mehr unter der Last leidend, schmerzvoll meldete. Schnell zog ich den Haustürschlüssel und schloss auf. Dann nahm ich ihn von hinten unter den Schultern und hielt ihn vorne vor der Brust, genau wie beim Erste-Hilfe-Kurs gelernt und zog ihn ins Haus, direkt in mein Wohnzimmer. Dort angekommen, legte ich den Jungen längs vor den Kamin, den mein Großvater in schweißtreibender Eigenarbeit meinen Eltern mit dem Haus zu ihrer Hochzeit geschenkt hatte, stapelte Holzscheitel auf und entfachte sie. Kurze Zeit später hatten sie Feuer gefangen und begannen, den Raum mit einer angenehmen Wärme zu erfüllen.

Ächzend schälte ich mich aus den Regensachen und ging zur Haustür zurück, um diese zu schließen und meinen tropfnassen Mantel aufzuhängen. Ein Blick auf den Boden sagte mir, wie nass unsere Klamotten waren- eine lang gezogene Wasserspur zog sich durch meinen ganzen Flur. Ich seufzte.

Schnell lief ich in mein Zimmer, holte ein paar Sachen und kehrte zurück ins Wohnzimmer. Schon am Eingang strich mir die mollige Wärme des Feuers übers Gesicht. Vorsichtig näherte ich mich dem Jungen- von dem ich nicht mal den Namen kannte- und legte die Sachen ab. Er sah schon wesentlich gesünder im Gesicht aus, als gerade eben. Seine Lippen waren nicht mehr ganz so blau und auch seine Wangen hatten wieder Farbe angenommen. Erleichtert setzte ich mich neben ihn und legte mir die Handtücher zurecht. Erst einmal raus aus diesem hässlichen Mantel…

Ich öffnete die schlichten schwarzen Knöpfe und machte mich an den Reißverschluss zu schaffen.

„Du bist besser verpackt, als jedes andere Packet, das ich je geöffnet habe.“, sagte ich schmunzelnd, zog den Mantel auseinander – und erstarrte zum erneuten Mal an diesem Tag zur Salzsäule. Der Junge war bis auf die Unterwäsche nackt…

Ich spürte, wie das Blut in meinen Kopf schoss und ich machte mich schleunigst wieder daran, ihn einzupacken.

Mit klopfenden Herzen stand ich auf und ging- oder besser: stolperte- im Zimmer auf und ab. Wer war dieser Junge und was zum Teufel hatte dieser Kerl mit ihm gemacht?! Die schlimmsten Horrorszenarien spulten sich in meinem Kopf ab und ich wurde immer nervöser.

Keine Polizei… lief es mir eiskalt den Rücken herunter.

Ach verdammt! Was sollte ich tun?

Vielleicht erstmal allen Mut zusammen nehmen und dem Jungen helfen, hallte eine Stimme durch mein Hirn. Ich nickte, als wolle ich mir selber Recht geben und legte ihn erneut mit zittrigen Händen frei. Mein Herz begann wieder wild zu rasen, als ich seinen Körper erblickte. Es war erstaunlich; sein Körper war so durchtrainiert, dass es selbst jetzt, wo er so erschlafft und bewusstlos vor mir lag, so aussah, als spannte er jeden Muskel an. Wie in Trance legte ich meine Finger über seinen Brustkorb, der sich leicht hob und senkte, ohne ihn dabei wirklich zu berühren und doch stellten sich meine Nackenhaare elektrisierend auf…

Mit offen stehendem Mund schaute ich ihn an und es kostete mir sehr viel Kraft mich von seinem Oberkörper zu lösen und ihn höflicherweise auch mal ins Gesicht zu schauen- was nicht weniger schön war. Er musste so alt sein wie ich, denn er hatte jungenhafte Gesichtszüge, die nicht so recht zum Rest des Körpers passten. Wieder wischte ich ihm eine halbnasse Strähne seines pechschwarzen Haaren gedankenversunken aus seinem Antlitz und fragte mich, was er für Augen haben könnte.

Erst nach einigen Minuten begann ich ihm den Mantel komplett auszuziehen und zur Seite zu legen. Dann bettete ich seinen Kopf auf eines der Sofakissen und deckte ihn mit meiner Bettdecke zu. Neben sein Lager legte ich einen meiner Pullover, die mir um Nummern zu groß waren. Es war ein Geschenk meiner Großeltern aus Amerika- ein grauer Pulli mit eingearbeiteten Flies und typischen Touristen- Aufdruck. Und natürlich in XL… die Begründung meiner Oma war, dass das der Letzte gewesen sei und nicht mehr nachgeliefert werden konnte- Haha….

Aber so waren sie eben, das war ihre Art ihren Verwandten klar zu machen, dass es ihnen gut ging; andere schrieben halbe Romane auf Postkarten, sie verschickten Souvenirs.

Ich saß dem Jungen noch lange Zeit im Sessel gegenüber und betrachtete ihn stumm. Dann irgendwann stand ich auf und begab mich in den Flur, zog mir meine Regensachen wieder an, nahm diesmal einen Schirm mit und machte mich in die Nacht auf, um das von meinem Wocheneinkauf zu retten, was der Regen noch hoffentlich nicht fortgespült hatte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  blacksun2
2011-10-22T06:43:27+00:00 22.10.2011 08:43

Für dieses Kapitel hat sich deine Hoffnung „die restlichen Kapitel mögen mich auch so fesseln“ erfüllt
Bin gefesselt, gebunden und geknebelt
Du hast einen sehr tollen Stil, der allein schon Grund genug ist sofort in das nächste Kapitel hineinzuschauen
Außerdem will ich natürlich auch wissen, wie seine Augen aussehen äh *hüstel* ich meine natürlich ob er bald aufwacht
Ich muss schon zugeben, du hast ihn attraktiv beschrieben

o.O wenn ich mir vorstelle einen ausgewachsenen Mann tragen zu müssen, da hat sie Glück, dass sie es bis zur Wohnung geschafft hat

so ich könnt noch in Lobeshymnen ausbrechen, aber ich bin zu neugierig, was mich im nächsten Kapitel erwartet

glg
blacksun

Von:  Thuja
2011-01-26T19:25:55+00:00 26.01.2011 20:25
„die hände weit auseinander streck“
soooo einmalig
„noch weiter auseinaner nehm“
und soooooooooooo super“!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
mist jetzt ist er immer noch nicht aufgewacht und ich muss voller Spannung warten, bis ich mich ans nächste Kapitel setze.
Denn auf diesen Moment bin ich richtig gespannt. Wie wird er wohl reagieren, wenn er in einer völlig fremden Wohnung aufwacht?
Naja , wenigstens hat Finja ihn in die Wohnung bekommen, ich würde sagen unter Aufbietung all ihrer körperlichen Kräfte :D
Und von der Beschreibung des Jungen her, hat sie zumindest nicht das Schlechteste aufgebrummt gekriegt *breit grins*
Auch wenn sein Aussehen für sie bestimmt nur zweitrangig ist. Im Moment hat sie noch genügend andere Probleme.
Auf bald

hdl

PS: nur nebenbei bemerkt: die Überschrift fand ich einfach zum Grinsen. Schön gewählt


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