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Cod3s

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Begegnung im Sturm

„Beeil dich lieber, Finja. Das wird bald noch stärker regnen.“

Ich nickte und hielt die Plastiktüte noch näher an meinen Körper.

„Keine Sorge. Wenn ich laufe, bin ich in 5 Minuten zu Hause.“

Die alte Verkäuferin lächelte. „Pass auf dich auf.“

Winkend verließ ich den kleinen Laden und blieb noch einen Moment unter der bunt gestreiften Markise stehen. Meine Nachbarin hatte nicht untertrieben- der Himmel war grau und der feine Nieselregen verdichtete sich langsam zu dicken Tropfen. Schnell setzte ich noch meine Kapuze auf, stopfte meine langen braunen Haare unter sie und rannte los.

Wie gut, dass ich mir zur Vorsicht Gummistiefel angezogen hatte, denn sonst hätte ich nach wenigen Metern nasse Füße gehabt.

Flink sauste ich um die Straßenecken. Ich hatte Glück, dass die meisten Bewohner dieses Viertels bei schlechtem Wetter in ihren Häusern ausharrten und darauf warteten, dass die Straßen trocken und für sie wieder sicher begehbar werden (der Albtraum eines jeden Rentners- rutschige Gehflächen!) und so musste ich niemandem auf meinem Weg ausweichen.

Nur noch eine Ecke- und dann sollte der Weg für mich enden…

Beinahe hätte ich aufgeschrieen, als plötzlich ein schwarz gekleideter Mann, einer großen Mauer gleich, direkt hinter der Biegung auftauchte. Ich versuchte noch auszuweichen, indem ich im vollen Lauf nach rechts sprang, dabei nur knapp die Bordsteinkante verfehlte und zu fallen drohte. Meine Tüte flog mir voraus und ich sah mich schon im Regenwasser liegen, als sich plötzlich eine prankengleiche Hand wie ein Schraubstock um meinen Oberarm schloss und meinen Fall stoppte. Gerade in dem Moment, als ich zu meinem Retter hochschauen wollte, schleuderte mich dieser mit einer enormen Kraft zurück auf den Weg und gegen die nächste Hauswand, sodass mir die Luft weg blieb.

Verwirrt und auch sehr erschrocken starrte ich den Mann an. Er war komplett in schwarz gekleidet – schwarze Schuhe, schwarze Hose und ein schwarzer, langer Ledermantel, auf dem der feine Regen in winzigen Tropfen abperlte. Die Kapuze des Mantels, der ihm über die Kniebeuge ging, hatte er tief ins Gesicht gezogen, sodass ich ihn nur schemenhaft darunter erkennen konnte… soweit ich es erkennen konnte war sein Gesicht kantig und schlecht rasiert, mit ausdruckslosen hellen Augen. Über der rechten Schulter trug er ein in schwarzes Leder verpacktes Bündel, sein linker Arm, mit dem er mich gefangen hatte, hing nun schlaff herunter. Das schwer aussehende… was auch immer es genau war, schien ihn in keiner Weise zu stören oder daran zu hindern, jemanden zu retten.

„D- danke… Sir.“, sagte ich zaghaft, aber höflich und wollte mich daran machen, meine Sachen vor dem Regen zu retten. Doch bevor ich auch nur einen Schritt machen konnte, ließ mich seine tiefe Stimme in der Bewegung verharren.

„Wohnst du hier?“

„W- wie bitte?“, fragte ich erstickt. Und als hätte er sich mit der Natur abgesprochen, kam in diesem Moment Wind auf, blies ihm den langen Mantel nach hinten und gab die Sicht auf ein über 1 Meter langes Schwert frei, das an seinem Gürtel befestigt war. Erneut blieb mir die Luft weg und ich stolperte vor Schreck ein paar Schritte zurück.

„Ich habe dich gefragt, ob du hier wohnst.“, wiederholte der Mann ruhig, aber ernst und gefasst. Die antike Waffe hypnotisierend hauchte ich ein „Ja“ und der Mann hob langsam seinen linken Arm- in Richtung des Griffes seines Schwertes. Für einen kurzen Augenblick schrie eine innere Stimme in mir auf, dass ich um mein Leben rennen sollte und ich hätte es beinahe getan- wäre sein Arm nicht weiter in die Höhe gewandert und hätte das Bündel über seiner rechten Schulter ergriffen. Mit übertriebener Vorsicht legte er es ab und trat einen Schritt von ihm weg. Schweigend schaute er mich an und ich schaute mit wild pochenden Herzen zurück. Nur zögernd senkte ich meinen Blick auf sein Gepäck – und erhielt einen erneuten Herzstillstand. Sein „Gepäck“ besaß nackte Füße und Hände!

Einen Schrei unterdrückend ließ ich mich neben den Menschen fallen. Nun erkannte ich, dass er in einen ähnlichen schwarzen Ledermantel engewickelt war.

Plötzlich blitzte etwas unterhalb meines Kinns auf- eine schwarze Klingenspitze, die rötlich schimmerte. Ich hielt die Luft an.

„Kümmere dich um ihn.“, brummte der Mann in meinem Rücken nun bedrohlich. „Keine Polizei, kein Krankenhaus. Verstanden?“ Ich nickte und die Klinge verschwand aus meinem Sichtfeld.

Vorsichtig strich ich seinem Opfer die Kapuze aus dem Gesicht. Es war ein Junge, vielleicht so alt wie ich und er war bewusstlos. Entsetzt wischte ich ihm einige schwarze Strähnen aus seinem Gesicht.

„Seine Lippen sind blau… und er ist ganz kalt.“ Und in einem lebensmüden Ausbruch von Wut und Unüberlegtheit fuhr ich herum in die Höhe und schrie: „Was haben Sie mit ihm-?“

Doch das einzige, was ich sah, war die Straßenlaterne auf der anderen Straßenseite, die in der anbrechenden Dämmerung angesprungen war und über mir brach das Gewitter nun endgültig aus.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Kuhfleckenschokolade
2012-05-25T11:44:21+00:00 25.05.2012 13:44
Wow, ich muss sagen, Du verstehst es wirklich, Spannung aufzubauen. :)
Zudem bekommt man - trotz der wenigen Worte - immer eine gute Ahnung davon, wie die Charaktere wohl von der Persönlichkeit sind wie sie sich wohl gerade fühlen. Das ist mir auch schon beim Prolog aufgefallen, in dem einen die Handelnden sofort sympathisch waren. :)
Bin sehr gespannt, wie es weitergeht, wobei ich ja das Glück habe, dass diese Geschichte auf jeden Fall beendet ist, wodurch ich Antworten auf all die Fragen erhalten werde, die Du aufwirfst.
Von:  blacksun2
2011-10-10T04:47:42+00:00 10.10.2011 06:47
okay, so schnell willst du wohl nicht verraten, was es mit „Judgement“ auf sich hat
stattdessen lenkst du die Aufmerksamkeit auf neue Fragen
wer war bloß dieser Fremde? Sehr mystisch, insbesondere wegen dem Schwert
und sie ist jetzt Krankenschwester wider Willen würd ich sagen, na mal sehen wie der junge Mann reagiert, wenn er aufwacht
ich schätze er ist der Mann aus dem ersten Kapitel

o.O ich hoffe kein neugieriger, alter Rentner hat gelangweilt aus dem Fenster gestarrt, die Szene hätte dem sicher einen Herinfarkt verpasst

bin auf jeden Fall sehr gespannt, wie es weitergeht
bis jetzt bin ich von allem überzeugt, von der Story und von deinem Ausdruck, der einen regelrecht in das Geschehen hineinzieht

glg
blacksun

Von:  Thuja
2011-01-18T15:33:47+00:00 18.01.2011 16:33
Wow
Ich muss mich berichtigen
sorry
Dein Ausdruck gefällt mir nicht sehr gut
Er ist super!!!!
Ich liebe deinen Ausdruck. Das Kapitel ließ sich klasse lesen.
Eine perfekte Beschäftigung, wenn es draußen trüb und nass ist

Wie geheimnisvoll
Da hat Finja ja eine große Aufgabe übernommen und das von so einem mysteriösen Mann. Wer er wohl war? Und er trägt ein Schwert. Nicht gerade eine typische Waffe für diese Zeit? Hat er den Jungen so zugerichtet?
Wer ist der Junge überhaupt?
Fragen über Fragen. Und ich kann es kaum erwarten, sie zu lösen, indem ich sobald wie möglich weiterlese.
Eine Vermutung habe ich ja schon. Vielleicht ist der bewusstlose Junge, der, welcher im letzten Kapitel den Ordner unerlaubterweise geöffnet hat
Mmh
Aber ich schätze das muss ich selbst herausfinden.

Mal sehen wie Finja nun mit der Situation umgeht. Sich um einen fremden Kerl kümmern zu müssen, ist sicher…nunja… komisch. Aber ihr bleibt ja kaum die Wahl. Die Drohung des Fremden war eindeutig.
Lol
Tja jetzt wird sie wohl nicht ganz rechzeitig vorm Sturm zu Hause sein. Damit hat sich ihr „Wenn ich laufe, bin ich in 5 Minuten zu Hause.“ wohl erledigt.
Ich hoffe aber für sie, dass sie es nicht mehr allzu weit hat. Wird sicher nicht einfach den Fremden bis dorthin zu schaffen^^“.

hdl



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