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Aufbau einer neuen Welt

von

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Epilog

Die nächsten Monate allerdings konnte er nur selten die Zeit aufbringen, ihr einen Besuch abzustatten. Gesetze mussten geschrieben werden und die neuen Herren seines Landes als Marionetten in dem Glauben gelassen werden, dass sie die Macht hatten. Doch zunächst wollte das Land erobert werden, das er das seine nennen sollte. Scheinbar im Auftrag der Marionettenkönige eroberte er als Kriegsherr bald dieses, bald das angrenzende Gebiet und vergrößerte so seine Macht stetig. Als sein Reich frühere zehn Gebiete umfasste, ließ er es dabei beruhen und ordnete sein Land zunächst nach seinen Regeln. Wenn er nach draußen blickte und die Menschen und anderen Wesen auf der Straße sah, musste er feststellen, dass sein Land wirklich dem Gegenteil von dem entsprach, was sie ihm über das Land seines Bruders gesagt hatte. Zwar waren die Leute nicht wirklich boshaft, doch lebten sie nach reinstem Eigennutz und so gut es ging auf Kosten anderer. Allerdings zeichnete sich darin eine gewisse Gerechtigkeit aus, denn da alle nach diesem Leitsatz handelten, konnte sich keiner beklagen, dass ihm Unrecht getan worden war. Die Lehnsherren, die unter den Marionettenherrscher gesetzt worden waren, waren alle macht- und besitzhungrig, sodass oft kleinere Streitigkeiten um Land oder Einfluss bei dem König geführt wurden.

Wenn er in seiner Drachengestalt dieses Reich überflog, musste er anerkennen, dass es ihm gut gelungen war. Es entsprach seinen Vorstellungen von Gewalt, man konnte sich abreagieren, wann immer man wollte und ein Mord mehr oder weniger fiel kaum auf.

Nun kam die Zeit, da sein Leben zum Alltag wurde und er sich wieder schmerzlicher nach seiner Geliebten sehnte denn zuvor. Wie er hörte, hatte sie ihr Reich in der Mitte errichten können und sich, nach langer Zeit der Migration, sesshaft gemacht in einer reichen und wohlhabenden Stadt. Als er seine Grenzen verließ, fielen ihm sofort einige Unterschiede auf. Bauern zierten die fruchtbaren Felder mit Getreideernten, wo bei ihm nur vereinzelte Flecken Korn angebaut wurde, was das Nötigste hergab, um einen Krieg zu führen oder die Bewohner einer Stadt zu sättigen. Städte waren in ihrem Reich kleiner, mit Blumen verziert und weiter voneinander entfernt, es gab weite Flächen mit Wäldern, die irgendwie lebendig wirkten. Zwar zeigte sich auch hier und da die Spur eines Kampfes, doch traf Sendor nicht auf solche, auch sie schienen in größeren Abständen stattzufinden, sodass das Land und die Leute sich zwischendurch erholen konnten. Insgesamt war ihr Land farbenfroh und auch sehr vielschichtig, was Fabelwesen genauso wie Lebensansichten anzugehen schien, soweit er dies an der Baukunst ersehen konnte.

Ihre Residenzstadt, die er schließlich fand, indem er immer den größeren Straßen folgte, war ein Konglomerat verschiedener architektonischer Stile, Epochen und Können. Es ließ sich nicht sagen, dass die größten Gebäude im Innern der Stadt lagen, sondern sie scheinen zufällig aus dem Boden gewachsen zu sein, ein Hochhaus weit entfernt vom anderen und dazwischen Häuser aller Größen. Zwischendrin sah er auch mal einen Hügel, ob natürlich gewachsen oder aufgeschüttet, auf dem Behausungen standen, der aber ebenso selbst Behausung war. Zwischen all den Wohnungen waren immer wieder große Flächen blühender Wiesen oder lichter Wälder gestreut, die der Stadt mehr denn alles andere eine gewachsene Entstehung zugestand. Es schein ein Paradies für alle Wesen zu sein, die dort lebten und selbst für Diebe gab es Gelegenheiten, soweit er es sehen konnte. Verbrechen schienen hier zwar seltener zu sein, doch dennoch vorzukommen.

Auf einer weiten Wiese landete der Drache und nahm seine liebste Gestalt an: die eines dunkelhäutigen Elben. An die Wiese schloss sich ein Garten an, der zu einem Haus gehörte, dessen Wände Teil des Ganzen zu sein schienen. Im Garten erstreckte sich zu einer Seite hin ein Labyrinth aus immergrünen Hecken und an der Hauswand blühte eine Blumenpracht, die jeden, der ein wenig etwas für Natur übrig hatte, verzückte. Aufs Geratewohl ging er auf dieses Gebäude zu. Die dort Wohnenden würden ihm sicherlich sagen können, wo er Arzala finden konnte. Als er vorsichtig an eine der Hauswände klopfte, da er nicht wusste, ob die Öffnung, vor der er stand, Fenster oder Tür war, kamen ihm einige Kinder neugierig entgegen und stellten ihm unschuldige, doch lästige Fragen. Als er kurz davor war, sie anzuschreien und damit zu bewirken, dass sie weinend zu ihren Eltern rannten, kam eine ihm vertraute Elbe aus dem seltsamen Gebilde und schickte sie nach Hause. Dann wandte sie ihm strahlend ihr Gesicht zu.

„Ich wusste, dass du herfinden würdest! Komm doch herein und setz dich!“, lud ihn Arzala ein und wies ihm den Weg durch Räume, deren Wände aus lebendem Holz zu bestehen schienen und doch eine Art Höhle bildeten. Die von ihnen, deren Lage Fenster erlaubte, waren nicht nur zur Seite hin geöffnet, sondern auch im Dach befanden sich Löcher, sodass sie ganz von Sonnenschein durchflutet waren. Schließlich gelangten sie in eine Küche, deren großer Esstisch darauf hindeutete, dass Arzala nicht selten Besuch hatte. Gegenüber der Kochfläche befand sich eine große Öffnung, die zu einer Treppe führte. Diese leitete in einen ersten Stock, in dem, wie sie ihm erzählte, ihre Privatgemächer lagen. Während der gesamten Führung hatte sie ihm fröhlich erzählt, wozu die einzelnen Räume genutzt wurden und welchen Symbolgehalt sie verkörperten. Wie es schien, hatte Arzala beim Bau dieses Gebäudes jede Art Geschöpf bedacht, das unter ihrer Herrschaft lebte. Nun allerdings schwieg sie einen Moment und sah ihn glücklich, doch mit Tränen in den Augen an. Als er leicht verwirrt von seinem Becher, in dem goldene Flüssigkeit glitzerte, aufsah, setzte sie mit veränderter Stimme fort:

„Ich bin so froh, dich wieder zu sehen. Ich muss ehrlich gestehen, dass ich deine ungestüme Art in letzter Zeit vermisst habe. Dabei kann ich mir das selbst noch nicht so recht erklären.“

Sendor schaute sie zuerst ungläubig, dann freudig an. Seinen Becher stehen lassend, erhob er sich und nahm sie in die Arme.

„Ich habe dich auch vermisst. Doch das aus deinem hübschen Mund zu hören, ist das größte Glück, das ich erfahren kann“, antwortete er ihr und musste Tränen der Freude zurück halten. Eine Weile blieben sie einfach so stehen, vor dem Herd und in der ihm so fremden Küche. Er wusste, er würde sich an dieses Haus gewöhnen können, wenn sie ihm nur die Gelegenheit dazu gab.

„Es ist zwar etwas früh, doch wollen wir es noch einmal mit einer Verlobung versuchen?“, kam ihr zögernder Antrag, der Sendor fast vor Freude einen Sprung in die Luft machen ließ. Er konnte keinen Ton herausbringen, vor Furcht, die Freude in seiner Stimme könnte das ganze Haus einstürzen lassen. So hielt er sie einfach weiter umarmt und drückte sie etwas fester an sich, was sie zweifellos als die Antwort verstand, die er ihr geben wollte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Ned
2010-07-31T15:15:49+00:00 31.07.2010 17:15
In der Stadt würde ich gerne mal Urlaub machen... Oder gleich eine Weltrundfahrt.
Sie hat sich sehr verändert, deine Welt. Also im Gegensatz zu vor acht, neun Jahren. Es wirkt alles erwachsener und selbst Arzala ist "gewachsen", mental. Das sei einmal allgemein gesagt.

Es ist eine schöne Geschichte, muss ich sagen, die Arzala und Sendor wie die entgegengesetzten Pole eines Magneten aussehen lässt - wenigstens in meinen Augen. Ich hab' wirklich Spaß am Lesen gehabt. Stilistisch gesehen war es genauso gut, wie ich es von dir erwartet habe *schleim*. ;) Einzig manche Details in der Formulierung - an der einen oder anderen Stelle hätte ich persönlich 'ne Ellipse verwendet - und das Wort "Fabelwesen" haben mich minimal gestört. Oder sind die Kreaturen in der Welt ebenfalls Märchen, Geschichten und Fabeln entsprungen? Ich weiß, das ist Kleinlichkeit von meiner Seite, mal wieder, aber das gehört zu den Worten, die für mich persönlich etwas atmosphärenzerstörend wirken. ^^"
Nichts desto trotz, ich mag die Geschichte.


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