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Shadowwalkers II

Kampf und Flucht
von

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Zuhause

Nachdem die erste Widersehensfreude von Ashley und ihrer Mutter erst nach einer halben Stunde wieder soweit abgeflaut war, dass die beiden sich nicht mehr die ganze Zeit umarmen mussten, hatte Grace ihre Tochter und Lily nach drinnen gebeten. Ashleys Gesicht zierte nun ein breites Dauergrinsen, als sie das ganze Haus absuchte, nach Dingen, die sich in den Jahren ihrer Abwesenheit verändert hatte.

Grace war ihr die ganze Zeit nachgetigert und hatte ihr jede Einzelheit lang und breit erklärt. Und Lily stand die meiste Zeit nur als Beobachterin daneben. So mancher hätte das als langweilig empfunden, aber sie genoss jede einzelne Sekunde davon, denn Ashley hatte sich seit Jahren nicht mehr so gefreut. Sie schien wie ein kleines Kind, das in einen Süßwarenladen gebracht worden war und sich alles aussuchen durfte, was es wollte.

Schließlich hatte Grace die beiden ins Wohnzimmer gebeten und angeboten ihnen etwas zu Essen zu machen. Ashley stand vor dem Kaminsims und betrachtete unzählige Fotos von der Familie. Sofort ins Auge gesprungen waren ihr auch jene Bilder, die auch sie vor einigen Monaten aus ihrem Fotoalbum genommen hatte und so intensiv betrachten musste.

Schließlich war Lily neben ihr aufgetaucht und legte ihr sanft einen Arm auf die Schulter. Auch sie musterte einige der Bilder für eine Weile und nahm schließlich eines in die Hand, welches Ashley mit etwa neun Jahren zeigte auf einer Schaukel im Garten und neben ihr stand ihre beste Freundin – Lily mit etwa elf Jahren.

„Mann waren wir damals noch jung.“ Flüsterte sie. Ashley sah das Foto an. Für einen Moment wurde ihr Blick düster. „Das war kurz bevor du mir… bevor du mir gesagt hast…“ sie beendete den Satz nicht. Lily war klar, was sie sagen wollte. Und deshalb schwieg auch sie. Schließlich wandte sich Ashley gänzlich von den Bildern ab und setzte sich wieder auf die Couch.

Sie vergrub ihr Gesicht in den Armen und atmete tief durch. Dann fuhr sie sich mit dem Zeigefinger über die Narbe an der Stirn. „Was sage ich ihr, wenn sie mich danach fragt?“ flüsterte sie kaum hörbar. Aber Lily hatte sie klar und deutlich gehört und nahm schließlich neben ihr Platz. „Sag ihr die Wahrheit. Was denn sonst?“ meinte sie schlicht.

„Das ist nicht so einfach.“ meinte Ashley seufzend. Lily strich ihr durchs Haar, als sie antwortete: „Und warum nicht? Ist es für dich einfacher sie anzulügen, wenn sie dich nach dem Grund fragt?“ Ashley lehnte sich leicht an Lilys Schulter und atmete tief durch, dann sah sie Lily an. „Du hast mich bisher nicht ein einziges Mal nach dem Grund gefragt.“

Lily nickte „Stimmt. Ich denke, dass ich weiß, warum du es getan hast und da brauche ich doch nicht noch lange nach zubohren.“ Ashley setzte sich wieder auf und beobachtete ihre Freundin einen Moment genau, dann flüsterte sie wieder: „Du denkst, dass du der Grund dafür bist, oder?“ Lily sah betreten zu Boden, Ashleys Aussage traf den Nagel auf den Kopf.

„Du warst wütend auf mich, oder etwa nicht? Also bin ich mir sehr sicher, dass ich dich dazu getrieben habe.“ Ashley entkam ein schwaches Lächeln. „Ich war wütend auf dich, ein Teil von mir ist es noch immer. Und ich war wütend auf Duncan und auf alle Schattengänger, die zu dämlich sind, um zu sehen, was er mit ihnen macht. Ich war wütend auf die ganze Welt, weil ich es nicht fassen konnte, dass die Dämonen Kacey geholt hatten. Aber letztlich war ich wütend auf mich selbst. Und ich habe die Entscheidung getroffen, dass ich das tue. Auch wenn ich es am Ende doch nicht durchgezogen habe.“

Lily, die froh über diese Worte war, entkam ein Lächeln. Sie nahm Ashleys Hand in ihre und hielt sie einen Moment so fest, als würde ihr Leben davon abhängen. „Ich bin froh, dass du es nicht durchgezogen hast. Der Gedanke, dass ich dich verlieren könnte…“ Ashley unterbrach sie und nahm sie sanft in den Arm. Für einen Augenblick schien die Zeit stehen zu bleiben. Lily atmete tief ein und sog den so schmerzlich vermissten Geruch von Ashley ein.

Dann wurde dieser Moment von einer Stimme unterbrochen, die in der Tür stand und die beiden während den vergangenen Momenten beobachtet hatte. „Ich bin auch froh, dass du das nicht getan hast.“ meinte Grace. Erschrocken, weil sie nicht damit gerechnet hatten, lösten sich Ashley und Lily wieder voneinander. Ashley rieb sich über die Augen und Lily wandte sich an Grace.

„Es tut mir leid. Ich hätte besser auf sie aufpassen müssen, so wie ich es versprochen habe.“ meinte sie ziemlich kleinlaut. Ashley unterdrückte ein Lächeln. Es war schon immer erstaunlich zu sehen, wie Lily, eine Erzdämonin beim Anblick von Ashleys Mutter so weit zusammenschrumpfte, dass der Eindruck entstand, sie würde irgendwann komplett verschwinden.

Grace stellte ein Tablett mit ein paar Sandwiches auf dem Couchtisch ab und schenkte den Beiden dann ein Lächeln. „Ich denke nicht, dass du sie an irgendetwas hättest hindern können, wenn sie sich das in den Kopf gesetzt hat. Ich weiß, wie stur meine Tochter ist. Dir mache ich keinen Vorwurf, ganz im Gegenteil.“ Lily hob argwöhnisch die Brauen und starrte sie ungläubig an. „Ach wirklich?“ fragte sie.

Einen Moment lang schwand das Lächeln aus Graces Gesicht. Sie sah sehr ernst aus. „Das ist ganz einfach, Lily. Die waren es, die mir meine Tochter weggenommen haben. Und du bist es, die sie wieder zu mir nach Hause gebracht hat. Auch wenn ich weiß, dass es nur für eine Weile ist.“ Dann kehrte das Lächeln wieder zurück auf ihr Gesicht. Lily hielt sich zurück. Sie hielt es für unklug, jetzt klar zu stellen, dass das nicht ganz so stimmte.

Auch Ashley machte keine Anstalten, ihrer Mutter in irgendeiner Form zu widersprechen. Sie drückte sanft Lilys Hand, die immer noch an der ihren fest hielt und grinste über beide Ohren und glücklich darüber, wieder hier zu sein. Nach einer eindringlichen Aufforderung von Grace, dass sie doch etwas essen sollten und einem kleinen Imbiss, saßen die drei im Wohnzimmer und schwelgten in Erinnerungen.

Schließlich fragte Ashley irgendwann: „Was hattest du heute Abend noch vor?“ Grace sah zum Fenster hinaus. Das Wohnzimmer zeigte nicht auf die Straße, sondern hinter das Haus, in einen kleinen Garten. Sie stand auf und blickte immer noch aus dem Fenster. „Ich wollte eigentlich die Kinderschaukel wieder aufhängen. Vor ein paar Monaten ist die Schnur gerissen und ich musste eine Neue kaufen. Es wird Zeit, dass sie wieder draußen hängt.“

Ashley hob eine Braue und warf Lily einen seltsam unruhigen Blick zu. Lily verstand zwar, was sie ihr damit sagen wollte, antwortete aber nicht. Schließlich wandte Ashley sich wieder ihrer Mutter zu: „Mum, … du weißt, dass Kacey so schnell nicht wieder nach Hause kommt, oder?“ An ihrer Stimme hörte Lily, dass es Ashley ganz und gar nicht leicht fiel, diese Tatsache auszusprechen und dass sie sich innerliche wünschte, es wäre nicht so.

Einige Augenblicke starrte Grace immer noch hinaus in den Garten. Dann drehte sie sich zu ihrer Tochter um und hatte ein mildes Lächeln auf den Lippen. „Und ob ich das weiß. Ich habe die neue Schnur gekauft und dein Bruder wollte sie dann aufhängen. Aber nur ein paar Tage später waren sie weg. Und ich dachte, dass sich das nicht lohnen würde.“

Ashley sah betreten zu Boden, dann fuhr ihre Mutter fort. „Aber nun bist du heimgekommen und na ja, wer sagt, dass Kacey die einzige sein wird, die diese Schaukel jemals benutzen wird? Ich meine, du kommst langsam auch in ein Alter, in dem du dir so was durch den Kopf gehen lassen solltest…“ Mit einem Mal schnellte Ashleys Blick nach oben. Sie lief bis über die Ohren tomatenrot an und schnappte nach Luft.

Ein kurzer Seitenblick verriet ihr, dass es Lily nicht anders ging. Zwar sah sie nicht ganz so aus wie eine überreife Tomate, aber alleine die Tatsache, dass sie vermeintlich teilnahmslos in die Ecke schaute und nervös mit ihren Fingern auf Ashleys Knie herumtippelte, verriet Ashley, dass Graces Aussage auch sie ein bisschen aus der Bahn geworfen hatte.

Um das Thema so schnell wie möglich zu wechseln, meinte Ashley schließlich „Was hältst du davon, wenn wir sie gleich aufhängen? Dann brauchst du dich nicht dabei so zu schinden.“ Hastig packte sie Lilys Hand und zog sie Richtung Flur. Grace grinste breit. „Glaub ja nicht, dass du damit vom Haken bist. Wir werden uns darüber gewiss noch unterhalten, meine Liebe!“

Ashley tat so, als hätte sie es nicht gehört. Sie hatte nicht die mindeste Lust mit ihrer Mutter ihre eigene Familienplanung zu diskutieren. Für einen Moment spielte sie mit dem Gedanken ihrer Mutter bei einem neuerlichen Versuch, das Gespräch auf diese Richtung zu lenken, schlichtweg zu erzählen, dass Lily ja eh schon eine Tochter hatte. Allerdings würde es wohl etwas kompliziert werden, wenn es darum ging, zu erklären, warum sie älter war als sie beide, also ließ sie es lieber.

Stattdessen zog sie Lily durch eine Terrassentür nach draußen, um sich so weit wie möglich von den unliebsamen Fragen ihrer Mutter zu entfernen und angesichts der Tatsache, dass Lily kein bisschen protestierte, wusste Ashley, dass ihr das genauso recht war.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Angel-of-the-Night
2010-11-07T12:55:33+00:00 07.11.2010 13:55
Ein sehr hmmm sagen wir süßes Kapitel^^
alles ist total gefühlsbetont udn Lilys Reaktion bei Ashleys Mutter ist witzig.
Das mit den Kinderfotos hat einem noch mal sehr gut in Erinnerung gerufen das die beiden ja früher als Kinder beste Freunde waren, was total in die Situation gepasst hat^^
Die Frage am Ende von Ashleys Mutter war einfach göttlich, bin gespannt welche Antwort sie dafür hätte XD

LG


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