Die Erben Hogwarts
>>Der Astronomieturm…
Man hatte von hier aus wirklich einen schönen Überblick über unser Schulgelände. Die verwinkelten Gänge und Höfe, die sonst so saftig grün leuchtenden Ländereien, sogar die Hütte unseres Wildhüters konnte ich vor den dunklen Schatten des Verbotenen Waldes ausmachen. Die Fahnen des Quidditchfeldes flatterten stürmisch in den ungehaltenen Böen des Sturms der mir hier oben noch kräftiger um die Nase wehte als den Anderen da unten, die sich gerade noch in die große Eingangshalle gerettet hatten bevor der Regen eingesetzt hatte. Es hatte etwas beruhigendes, das leise Klappern der Dachschindeln und das Prasseln des reinigenden Regens. So unheimlich sich das Heulen des Windes auch für manche anhören mag, für mich gab es nichts Schöneres.
Meine Mutter schüttelte heute noch lachen den Kopf wenn sie wieder einmal erzählte das ich als Baby schon bei Gewittern immer am besten schlafen konnte. Der einzige Kommentar meines Vaters dazu war, dass wenn der Sturm schon in meinen Augen tanzen würde, ich mich ja schließlich nicht mehr davor zu fürchten brauchte wenn er vor meinem Fenster tobte.
Diese Augenblicke waren einige der wenigen wirklich harmonischen Momente in Malfoy Manor. Auch wenn es mir noch heute kaum einer glauben will, meine Kindheit in diesen altehrwürdigen Gemäuern war hingegen der allgemeinen Meinung wirklich toll gewesen. Auch wenn ich als Einzelkind aufgewachsen bin hatte ich nie wirklich das Gefühl alleine zu sein. Sicher hatte ich mir des Öfteren ausgemalt wie es mit einem kleinen Bruder oder einem Schwesterchen sein würde, richtig vermisst hatte ich es allerdings nie. Die Streichzüge durch unseren riesigen Garten und die Abenteuer die ich dabei erlebt habe, sei es als Piratenkaptain der einen verborgenen Schatz auf der Spur ist, als mächtiger Magier der gegen die bösen Bestien des Waldes kämpfen muss um ein Dorf zu verteidigen oder als mutiger Ritter der die Jungfrau in Nöten vor einem ungarischen Hornschwanz retten muss, meine Fantasie war mein stetiger Begleiter. Der einzige in der Familie der dies missbilligte war mein Großvater. Lucius Malfoy war eine wahrlich bedrohliche Erscheinung wenn er es darauf anlegte, zumindest aus der Sicht eines sechsjährigen Jungen. Einmal belauschte ich mehr zufällig als absichtlich einen Streit zwischen ihm und meinen Eltern in dem es um meine Ehrziehung ging. Mein Vater währe zu lasch und zu nachsichtig mit mir und wäre nicht in der Lage mich zu einem würdigen Erben des Hauses Malfoy zu erziehen. Das war das erste und einzige Mal dass ich meinen Vater die Stimme gegen den Älteren erheben hörte. Vor lauter Angst verkrümelte ich mich zurück in mein Zimmer, doch auf dem Weg dorthin bekam ich noch einige Gesprächsfetzen mit in denen Draco Malfoy klar machte dass er gewiss nicht dieselben Fehler begehen würde und mich aufgrund von verstaubten Ansichten um mein Glück und eine Zufluchtsmöglichkeit bringen würde. Damals maß ich dieser Aussage noch kein wirkliches Gewicht zu, konnte ich noch gar nicht mit den 10 Lenzen die ich zählte. Doch heute weiß ich vor welchem Schicksal mich mein Vater in diesen Tagen beschützt hat. Nichtsdestotrotz wurde ich mit dem Stolz auf meinen Namen und den Gepflogenheiten der gehoben Gesellschaft aufgezogen, aus mir sollte später ja einmal etwas werden wie mir mein Vater an meinem ersten Schultag auf Hogwarts mit auf den Weg gab.
Und heute, fast sieben Jahre später sollte sich der Wunsch meines Vaters erfüllen. Mein letzter Abend im Schloss war angebrochen. Selbst von hier aus konnte ich das Licht aus der Großen Halle durch die riesigen Fenster und durch den Sturm zu mir herauf leuchten sehen. Wir hatten ewig dafür gebraucht diesen Abend zu planen und zu organisieren. Und die Abschlussprüfungen kamen erschwerend noch dazu. Ich könnte dem Himmel jedes Mal wieder für meine Freunde danken. Ohne sie hätte ich das Jahr nie auf die Reihe gebracht.
Die Quidditchmanschaft und meine Verantwortung als Kapitän eben dieser, der Posten als Schulsprecher und die damit verbundenen Verpflichtungen und meine eigenen Ansprüche Jahrgangsbester zu werden. Albus und Lysander hätten das Team höchstwahrscheinlich auch ohne mich leiten können. Schade dass uns letztendlich die Gryffindors doch noch im entscheidenden Spiel geschlagen haben. Gegen die geballte Kraft des Weasley-Potter-Clans ist aber auch wirklich noch kein Kraut gewachsen. Und wenn doch wüssten es eh nur die Longbottoms und die gehörten da schließlich mehr oder weniger auch dazu. Diese Sippschaft war wirklich schon ein Kapitel, ach was sag ich, ein Buch oder eher schon eine ganze Enzyklopädie für sich. Und gerade das Musterbeispiel einer rothaarigen, blauäugigen, kratzbürstigen, quidditchbessesenen, schachspielenden und temperamentvollen Gryffindor-Weasley, die erschwerend dazu noch die Genialität einer Granger vorzuweisen hat, musste zu meiner Schulsprecherpartnerin bestimmt werden. Nicht das diese Tatsache an sich schon schlimm genug gewesen wäre, nein, bei meinem Glück musste es genau die Weasley sein die mich am meisten in den Wahnsinn trieb. Mit jeder anderen wäre ich klargekommen, aber da letztes Jahr Professor McGonagall ja unbedingt in Rente gehen musste und Professor Longbottom an der Konstellation Malfoy & Weasley ja schon seit unserem ersten Schuljahr einen Kobold gefressen hatte, durfte ich mir mit Rose Weasley ein ganzes Jahr lang die Schulsprecherwohnung teilen. Und wäre das alles nicht schon schlimm genug gewesen, musste sie mich einmal mehr daran erinnern dass auf dem Weg zum Jahrgangsbesten an ihr kein Vorbeikommen war. Punktgleichheit! Bei den UTZ! Das auch noch in den selben Fächern. Sogar das alte Gemälde von Professor Dumbledore amüsierte sich köstlich darüber.
Nicht einmal nach Hogwarts werde ich meine Ruhe vor ihr haben. Was muss sie auch in die Fußstapfen ihres Vaters treten wollen? Seit ich mich erinnern kann war mein innigster Wunsch einmal ein berühmter Auror zu werden. Als mein bester Freund Al mich dann noch davon in Kenntnis setzte ebenfalls Auror werden zu wollen war meine Welt in vollkommener Ordnung. Und dann sowas! Und da Albus nun einmal ihr Lieblingscousin war und ihr Vater ja so besorgt um sein Engelchen war, ist aus unserer geplanten Männer-WG eine Potter-Malfoy-Weasley-, und wär das nicht schon schlimm genug, Longbottom-WG geworden. Ja, Madam Weasley hatte ihre beste Freundin Alice Longbottom mit ins ohnehin schon sinkende Boot geholt. Al war ja ganz begeistert davon seine feste Freundin und seine beiden besten Freunde auf einem Haufen zu haben. Die Beziehung zu Alice hielt jetzt schon sage und schreibe 2 Jahre, sehr zur Freude unseres amtierenden Schulleiters. Hogwarts war jetzt für sieben wunderbare Jahre mein Zuhause gewesen, hier habe ich Menschen kennengelernt die mich mein Leben lang nicht mehr verlassen werden, zusammen haben wir gelacht, Unfug getrieben, Strafen abgesessen und wenn es nötig war auch zusammen gekämpft, gelitten und geweint.
Das Gewitter hatte schon vor einigen Minuten nachgelassen, so dass nun die Sterne am Nachthimmel funkeln. Das Gewitter hat die Luft gereinigt und die Wiesen glitzern jetzt im sanften Licht des Mondes. Das Leben in diesen Mauern wird auch durch das Verschwinden unseres Jahrganges nicht weniger werden, neue Hexen und Zauberer werden dieses Schloss ihr Zuhause nennen und irgendwann in der Zukunft werden auch unsere Kinder hier ein und aus gehen. Ich weiß nicht ob es dieses Gefühl der Beständigkeit oder ob es die Freude auf die kommenden Jahre ist, die mir gerade einen Schauer guter Gefühle durch den Körper jagt. Auch wenn ich mir als Teil der Erben Hogwarts in die Reihe berühmter Schüler einreihen konnte, werde ich mir jetzt auch in der Gesellschaft der Zauberer einen Namen machen müssen. Allerdings mit der Gewissheit dass Hogwarts immer ein Teil meiner, unserer Jugend sein wird. Denn auch wenn es nur eine Schule ist, die Werte die uns hier vermittelt wurden und die wir mitnehmen werden ein Leben lang bleiben. Freundschaft, Toleranz und Zusammenhalt, dafür steht dieses Gemäuer und das werde ich nie vergessen. Nie werde ich meine Zeit in Hogwarts vergessen…«
Klappernde Schritte rissen den blonden Slytherin aus seinen Gedanken.
„Hier hin hast du dich also verzogen! Alter, Rose dreht gleich durch wenn du nicht sofort deinen Hintern nach unten bewegst und mit ihr zusammen den Ball eröffnest.“ Albus Severus Potter hatte die Hände in die Hosentaschen seines Festanzuges gesteckt und blickte mit grünen, fesselnden und vor allem wissenden Augen seinen besten Freund an. „Hogwarts wird uns nicht vergessen, genauso wenig wie wir Hogwarts vergessen werden. Und jetzt komm endlich sonst bist nicht nur du nen Kopf kürzer sondern ich auch noch.“ Ohne ein weiteres Wort drehte sich der Potterspross um und verschwand wieder nach unten. Einen letzten Blick aus dem Fenster werfend wollte sich Scorpius bereits abwenden als eine kleine Bewegung seine Aufmerksam erregte. Lächelnd schloss er die Augen und wünschte sich das die Zukunft immer einen Hauch von Hogwarts in sich tragen möge. Die Sternschnuppe und den Astronomieturm hinter sich lassend schritt der Malfoy lächelnd seinen letzten Taten als Schulsprecher entgegen. Am Ende der Treppe warteten bereits Albus und Alice, Lysander und Dominique, die sich erst vor einem halben Jahr zusammengerauft hatten, Lorcan und Lucy, die nach eigenen Angaben nur wirklich gute Freunde waren, und der Rest der Erben Hogwarts, sprich der noch auf der Schule verweilenden Teil der Weasley-Potters, sowie Lorcans Zwillingsbruder Lysander, Adrian Zabini und Kate Nott. Und da war noch sie. Das weiße, perlmutt schimmernde Kleid umspielte ihren zarten Körper und ließ ihr rotes Haar wie ein Meer von Flammen leuchten. Doch was ihn immer noch am meisten in den Bann zog waren ihre Augen, die so tief wie ein Ozean waren, momentan allerdingst wie ein wütender Taifun blitzten.
„Scorpius Hyperion Malfoy! Wo warst du?“ Ihre Stimme konnte lieblich und einfühlsam, oder wie gerade, schneidend wie Gryffindors Schwert sein.
„Mich von Hogwarts verabschieden, Engel.“ Jeder im Umkreis von 10 Metern erwartete jetzt das Donnerwetter des Jahrhunderts von Rose Weasley. Doch zur Verblüffung aller Umstehenden schritt sie mit einem liebevollen Lächeln auf ihren Freund zu, nahm ihn bei der Hand, küsste ihn kurz aber voller Liebe und öffnete mit einem Schwenk ihres Zauberstabes die riesigen Türen und offenbarte somit den Blick auf eine wunderschön geschmückte und mit Schülern bevölkerte Große Halle.
„Na wenn das so ist, werden wir uns jetzt mit Pauken und Trompeten von Hogwarts verabschieden so dass man noch in 20 Jahren davon schwärmen wird!“ Entschlossen schritt sie auf die Menge zu die sich sofort vor ihnen teilte.
Und so nahm eine weitere Generation Abschied von diesen Hallen, die sie ihre Heimat nannten um auch die leuchtende Zukunft zu erobern und ihr Eigen zu nennen.
Und alles war gut.