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Fate

A next generation story.
von

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Fate kills

Draußen peitschte der Wind die Regentropfen gegen das Fenster, während er es sich bequem in einem Sessel vor dem Kamin gemacht hatte.

Vor ihm stand ein Glas Wein, das er sich gönnte, denn schließlich gab es etwas zu feiern.

Genussvoll leckte er sich über die Lippen. Das Zaubereiministerium war nur noch Schutt und Asche. Zweidrittel der Minister waren tot. Seine schwarzen Schachfiguren leisteten ganze Arbeit. Besonders drei stachen hervor. Rose Weasley, Lily Potter und Liam Pucey. Sie verstanden was er wollte und sorgten dafür, dass sein Plan in Erfüllung ging. Besser konnte es für ihn gar nicht laufen.

Die ansteigende Verzweiflung aufgrund der Machtlosigkeit gegenüber seiner Manipulation ließ ihn frohlocken. Er genoss es wie sie alle so emsig versuchten eine Lösung zu finden und immer mehr an Hoffnung verloren. Nicht mehr lang und sie waren alle gebrochene Seelen.

Er konnte den Augenblick seines Sieges kaum erwarten. Er, das Schicksal, würde über sie alle triumphieren und sie waren völlig wehrlos dagegen. Er würde sie wie kleine Ameisen zertreten und jede Sekunde davon auskosten, um sein ganzes restliches Leben von diesem Erfolg zerren zu können.

Die Zaubererwelt würde aufhören zu existieren. Damit würde er in die Geschichte eingehen. Er war der Bezwinger der Zauberer und der Magie.

Er griff nach seinem Glas Wein und trank ein Schluck, während er sich im Sessel räkelte und streckte.

Das Anwesen war völlig still, aber er musste bald seiner Pflicht nachkommen und noch einen Rundgang machen bevor die Nacht endete.

Nicht, dass er vorhatte, die Kinder davon abzuhalten hinaus in die Nacht zu schlüpfen. Seine weißen Schachfiguren sollten ruhig weiter das Haus verlassen um auf die schwarzen Schachfiguren zu treffen. Es war wieder Zeit ein paar Schachfiguren vom Brett zu fegen.

Es hatte ihn ziemlich sauer aufgestoßen zwei Schachfiguren zu verlieren, indem sie die Seiten gewechselt hatten. Aber er würde den Augenblick genießen, wenn die zwei begreifen würden, dass sie nicht länger Einfluss auf den Verlauf des Spieles hatten. Sie waren raus und dazu verdammt zuzuschauen. Das würde noch mehr Verzweiflung und Entsetzen produzieren.

Aber die nächsten Schachfiguren würden qualvoll sterben müssen. Neue Erinnerungen für sein Denkarium. Neue Morde an denen er sich ergötzen konnte.

Er freute sich schon darauf wie ein kleines Kind, das sich auf Weihnachten freute. Für ihn würden unter dem Weihnachtsbaum keine Geschenke liegen. Unter seinem Baum würden die Leichen der Kinder liegen und statt besinnlicher Weihnachtsmusik würde er das Klagen und Weinen der Eltern hören, während er genussvoll ein Glas Rotwein zu sich nehmen und eine Ente verspeisen würde. Dann war es das perfekte Fest.

Er prostete seinem Schatten zu, der sich vor ihm erstreckte und trank das Glas leer.

Zeit für seinen Rundgang. Hoffentlich lagen nicht alle Kinder in ihrem Bettchen und schliefen.

Grinsend kontrollierte er die einzelnen Räume und konnte ein Lachen kaum verkneifen, als er feststellte, dass ein Bett leer war.

Wieder eine Schachfigur auf dem Weg in ihr Verderben. Bald würde es wieder einen Toten mehr zu betrauern geben und er könnte sich wieder ein Glas des vorzüglichen Rotweins gönnen.

Leise lachend setzte er seinen Rundgang fort und verschmolz wieder ganz mit seiner Umgebung.

Er war das Schicksal und das würde niemand bezwingen können.
 

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Scorpius wusste, dass er sich mit den anderen hätte absprechen müssen bevor er sich auf eigener Faust auf den Weg machte, aber er hatte niemand bei sich gewollt.

Albus hatte in ihrem Gespräch ein entscheidendes Detail verraten. Er konnte ihm zwar nicht genau sagen, wo das Versteck der schwarzen Figuren lag, aber er hatte ihm zumindest den Stadtteil benennen können. Scorpius war sich nicht sicher wie viel sein bester Freund den Erwachsenen erzählt hatte, aber falls sie auch wussten, wo sie suchen mussten, würden sie morgen damit anfangen und er hätte sein Chance verspielt Rose zu finden und mit ihr zu reden.

Dieses Mal musste es ihm gelingen. Er profitierte von der neuen Hoffnung, die Albus Rückkehr in ihm ausgelöst hatte. Er fühlte sich wieder gestärkt.

Er wusste, dass es kein einfaches Unternehmen werden würde, denn Rose hatte ihm bis jetzt kein einziges Mal zugehört und er glaubte nicht mehr daran sie von seinen Gefühlen für sie überzeugen zu können, aber er würde sie wieder daran erinnern, dass sie Freunde und Familie hatte, die sie schmerzlich vermissten.

Das wichtigste war in ihr wieder positive Gefühle zu erwecken und er wusste, dass er damit völlig ausschied, denn sie hatten nichts gemeinsam erlebt, dass Rose glücklich stimmen würde, aber er wollte trotzdem noch nicht aufgeben.

Scorpius hatte wach gelegen im Bett und sich hundert und aberhundert Gedanken gemacht, was Rose glücklich machte und ihm war einiges eingefallen an das er sich erinnern konnte. Dinge, die er nur aus der Ferne beobachtet hatte. Momente in denen sie gelächelt hatte. Gründe aus denen er sich in sie verliebt hatte.

Auf seinen Weg nach draußen aus dem Gebäude durch den Geheimgang hielt ihn niemand auf noch sah er einen Wachposten. Ob das wirklich nur daran lag, dass der Puppenspieler dafür sorgte, dass die Aufpasser so sorglos waren und nicht bemerkten, dass jemand verschwand?

Wenn er sich zurückerinnerte hatte er noch nie Probleme gehabt das Gebäude zu verlassen. Wahrscheinlich führte er gerade nur einen Schachzug aus und Scorpius wusste, dass er umdrehen sollte und den anderen von seinem Vorhaben erzählen sollte, um nicht in die Falle zu laufen, aber er blieb nicht stehen.

Stattdessen apparierte er und fand sich in einer dunklen Gasse in London wieder.

Die Dämmerung war noch einige Stunden entfernt und so schnell würde niemand das Fehlen des Malfoys bemerken. Genug Zeit für ihn durch die Gassen zu schleichen und nach Anhaltspunkten zu suchen. Vielleicht war ihm das Glück hold und er traf Rose.

Scorpius hatte das Gefühl, dass der Puppenspieler dafür schon sorgen würde und er sich die Suche auch sparen konnte, aber ein bisschen Bewegung schadete ja nicht.

Bereit für alles hielt er seinen Zauberstab fest umklammert und begann sich seinen Weg durch die Gassen des Viertels zu bahnen.
 

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Rose fuhr aus dem Schlaf hoch. Sie war sauer, weil sie endlich wieder ohne Alpträume geschlafen hatte. Erst wusste sie nicht, was sie aufgeweckt hatte und vermutete, dass sie doch einen Alptraum gehabt hatte, aber dann wurde sie sich der Leere bewusst.

Lorcan war bei ihr gewesen als sie eingeschlafen war, aber jetzt war sie wieder alleine. Sie strich über die leere Seite des Bettes, aber sie konnte keine Wärme spüren. Es war als hätte sie sich nur eingebildet, dass Lorcan bei ihr gewesen war.

Unruhig und besorgt, dass er sie ebenso wie Albus verlassen würde schwang sie sich aus dem Bett und griff nach ihrer Kleidung. Wahrscheinlich hatte er nicht schlafen können und war nur irgendwo im Haus, um sie nicht aufzuwecken.

Angezogen schlich sie leise die Treppe hinunter und sah nach, ob Lorcan in der Küche oder im Saal war, aber dort wurde sie nicht fündig.

Sie kannte Lorcan nicht gut genug um zu wissen wohin er sich zurückzog um alleine zu sein. Sie hatte sich nie größere Gedanken dazu gemacht. Rose erinnerte sich, dass Lorcan eigentlich nie mit der Gruppe zusammen gewesen war. Er hatte an den Missionen teilgenommen, aber er war immer wieder verschwunden und erst wieder aufgetaucht, wenn er gebraucht wurde.

Wohin war er wohl immer verschwunden?

Sie stand für einen Augenblick unentschlossen im Flur. Lorcan und sie waren kein Paar und sie wusste, dass da nichts zwischen ihnen war, also hatte sie keinen Grund nach ihm zu suchen. Am besten ließ sie ihn in Ruhe und ging zurück ins Bett bevor das Licht hereinfiel und der Tag begann. Doch Rose fühlte die Angst. Sie fürchtete sich vor dem Alleinsein. Furcht ergriff sie bei der Vorstellung, dass der Wahnsinn wieder nach ihr greifen würde und trieb sie weiter durchs Haus.

Bald hatte die Rothaarige alle Räume durchsucht und hatte Lorcan immer noch nicht gefunden. Die Unruhe in ihrem Herzen wuchs von Sekunde zu Sekunde und schwoll immer weiter an, sodass sie das Gefühl hatte nicht mehr atmen zu können.

Sie musste Lorcan finden. Sofort oder sie verlor den Verstand.

Es begann bereits alles vor ihren Augen zu verschwimmen und ihr wurde bewusst, dass sie begonnen hatte zu weinen. Rose versuchte ruhig zu atmen und sich zu beruhigen, aber das machte es nur schlimmer und stehen bleiben machte ihr Angst.

Sie sollte nach Nathan schauen und Lorcan aufgeben aber sie konnte nicht. Sie hatte das Gefühl eine unsichtbare Macht drängte sie nach vorne und zwang sie immer weiter Richtung Abgrund.

Wenn Lorcan nicht hier war, konnte er nur alleine nach draußen gegangen sein. Möglicherweise war er in einen Kampf geraten und brauchte Hilfe.

Sie wussten, dass es nur eine Ausrede für sie war, um zu rechtfertigen, dass sie sich nun auch in die Nacht aufmachte, aber sie klammerte sich daran fest, als wäre sie das einzige, was sie vor dem Ertrinken bewahren konnte.

Lorcan bedeutete ihr nicht wirklich etwas, doch ihre Angst ihn auch verlieren zu können und damit sich selbst endgültig zu verlieren, trieb sie hinaus in die Dunkelheit der Gassen Londons.
 

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Louis träumte von der Schlacht in Hogwarts. Er war gefangen in den Flammen, die drohten ihn zu verschlingen. Er sah an sich herunter und stellte mit Entsetzen fest, dass seine Kleidung blutig war. Erschrocken ließ er seinen Zauberstab fallen. Um ihn herum waren so viele Leichen. Sie lagen alle mit geöffneten Augen da und starrte ihn an, als wäre er für ihren Tod verantwortlich.

Er begann zu zittern, obwohl es unerträglich heiß in der Halle war und das Feuer sich immer weiter den Weg zu ihm bannte, war ihm entsetzlich kalt.

Dann ertönte das Lachen. Es war ein grausames, kaltes Lachen, das ihm das Blut in den Adern gefrieren ließ. Im Schatten des Feuers konnte er eine Person ausmachen, die das Schauspiel genoss und sich sichtlich daran ergötzte, während er hilflos darauf wartete, dass das Feuer ihn verschlang und er diesem Alptraum entfliehen konnte.

Wenn er wenigstens das Gesicht des Puppenspielers erkennen konnte, dachte Louis, doch die Flammen züngelten wild und verbargen die Person völlig.

Nur das Lachen konnte er hören und dann ertönten die Schreie aus dem Ministerium in seinem Kopf, die ihn nicht mehr losließen und ihn entsetzlich quälten.

Louis wollte schreien, doch kam kein Ton über seine Lippen und das Feuer ließ sich nun Zeit näher zu kommen. Alles schien ganz langsam zu geschehen und dann sah er das grüne Licht, das ihm wie eine Erlösung vorkam und ihn an einen friedvolleren Ort brachte.

Der Weasley schlug die Augen auf und ein Keuchen entfuhr ihm. Erleichtert stellte er fest, dass er immer noch in seinem Bett lag und er in Sicherheit und auch am Leben war, obwohl der Tod ihm im Traum sehr verheißungsvoll erschienen war, um dem Schmerz zu entfliehen.

Doch trotz dieser Erkenntnis fühlte er sich nicht sicher. Im Gegenteil. Er hatte das Gefühl, dass ihm im Traum der letzte Halt entglitten war.

All die positiven Gefühle, die die Rückkehr von Albus in ihm ausgelöst hatte, waren wieder wie vom Erdboden verschluckt und er kam sich völlig ausgeliefert vor.

Louis kämpfte sich aus seinem Bett hoch und warf ein Blick auf die gegenüberliegende Seite, doch Lysanders Bett lag unberührt im Schatten. Der Scamander musste noch immer in der Bibliothek sein und seine Recherche vorantreiben.

Nun da er aufgewacht war und sicher so schnell keinen Schlaf mehr fand, beschloss er seinem besten Freund Gesellschaft zu leisten. Das war immer noch besser als immer wieder diesen Alptraum durchleiden zu müssen.

Angekleidet schlich er durch die dunkle Flure, während er Ausschau nach der Person hielt, die mit dem Nachtrundgang dran war, doch er begegnete niemanden auf dem Weg zur Bibliothek.

Manchmal wünschte er sich, dass er einen Tarnumhang besaß. Das würde einiges leichter machen. Er musste dabei an das Märchen der drei Brüder denken. Wenn er den Umhang aus dem Märchen hätte, könnte er sich vor dem Tod verbergen. Dann würde ihn der Puppenspieler vielleicht auch nicht mehr kontrollieren können und er konnte damit alle beschützen, die ihm lieb und teuer waren.

Als er die Bibliothek betrat, wurde Louis wieder ganz mulmig zumute. Es war viel zu still. Lysander machte zwar nie mehr Lärm als nötig, aber dieser Stille fehlte jegliches Geräusch.

Louis durchquerte die Bibliothek mit großen Schritten und kam an der Stelle zu stehen an dem er Lysander zuletzt gesehen hatte, als er ins Bett gegangen war.

Alles lag verlassen da. Die Notizen lagen immer noch auf dem Boden, doch sie waren in keiner Ordnung mehr sondern völlig durcheinander.

Erstarrt blieb Louis einen Augenblick stehen und versuchte zu begreifen wo Lysander war.

Doch er kannte die Antwort auf diese Frage bereits. Es war der gleiche Grund warum er aufgewacht war und jetzt hier stand.

Der Puppenspieler hatte wieder zugeschlagen und hatte seinen nächsten Zug gemacht.
 

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Dominique wurde schlagartig aus dem Schlaf gerissen als Molly sie packte und schüttelte.

Sofort war sie wach und setzte sich auf.

„Was ist passiert?“, fragte sie ängstlich, denn sie konnte ihrer Cousine schon an der Nasenspitze ansehen, dass etwas Schlimmes vorgefallen sein musste.

„Lysander ist verschwunden“, antwortete Molly nur knapp und verschwand schon aus dem Zimmer, um die nächsten aufzuwecken.

Dominique zögerte keine Sekunde und kleidete sich blitzschnell an. Ihr Zauberstab lag griffbereit unter ihrem Kissen und dann folgte sie Molly hinaus auf den Flur, wo Louis totenbleich im Gesicht stand. Sie umarmte ihren Bruder, doch er erwiderte die Berührung nicht.

Er fühlte sich furchtbar kalt an und er zitterte in ihren Armen.

„Ich hätte ihn nicht alleine lassen dürfen. Ich hätte bei ihm bleiben müssen“, flüsterte er immer und immer wieder vor sich hin wie ein Mantra.

„Es wird alles wieder gut“, versuchte Dominique ihren Bruder zu beruhigen, doch die Worte fühlte sich seltsam schal in ihrem Mund an und sie glaubte selbst nicht daran, dass diese Nacht einen guten Ausgang nehmen würde. „Es ist nicht deine Schuld. Es ist der Puppenspieler.“

Inzwischen waren alle aufgeweckt worden und James meldete auch das Verschwinden von Scorpius.

„Wir müssen nach ihnen suchen“, erklärte James. „Bildet Dreiergruppen und sucht in London. Es ist gleichgültig von wo ihr eure Suche startet. Wenn der Puppenspieler beabsichtigt, dass wir sie finden, werden wir sie auch finden.“

Dominique erschien die Vorstellung grauenvoll, dass sie sich fast darauf verlassen konnten, dass sie die anderen antreffen würden, weil der Puppenspieler es so wollte, aber James hatte Recht. Immer nur wenn der Puppenspieler es zugelassen hatte, waren sie auf die anderen getroffen. An all den anderen Tagen hatten sie nur verzweifelt und vergeblich gesucht ohne irgendeine Spur zu entdecken.

Sie hatten keine Möglichkeiten gefunden das Schachspiel des Puppenspielers zu durchbrechen und sich gegen die Regeln aufzulehnen. Sie waren immer noch machtlos.

Daher schauderte es ihr bei den Gedanken, was sie vorfinden würden, wenn sie das Schicksal von Lysander und Scorpius herausfinden würden.

Nicht noch zwei weitere Opfer. Das konnte sie nicht ertragen. Es musste doch endlich alles ein Ende nehmen. Bevor sie alle wahnsinnig vor Kummer und Schmerz wurden.

Weil sie ihren Bruder nicht alleine lassen wollte, blieb sie bei Louis und James, während Molly mit Roxanne und Adam, der neu dazugekommen war, die zweite Gruppe bildeten.

Albus und Claire wollten auch mitkommen, doch James überzeugte seinen Bruder davon zurückzubleiben und im Anwesen zu warten, ob Scorpius und Lysander wiederzurückkehrten. Albus protestierte wütend, aber Claire hielt ihn zurück, flüsterte ihm etwas zu und er nickte ergeben.

Dominique kannte die Angst, die James zu diesem Schritt zwang. Ihr wäre es auch lieber ihr Bruder blieb hier, aber sie hatte zeitgleich auch eine Heidenangst, dass er dann auch ebenso verschwinden konnte, weil der Puppenspieler ihn manipuliert hatte.

Nachdem sie ein Zeichen abgemacht hatten, um sich gegenseitig alarmieren zu können, verließen sie das Gebäude und machten sich getrennt auf den Weg nach London.

Es begann draußen bereits zu dämmern und Dominique konnte nicht aufhören daran zu denken, dass auch nach der Schlacht in Hogwarts die Sonne aufgegangen war und das ganze Ausmaß der Nacht sichtbar gemacht hatte. Dieser Sonnenaufgang musste anders sein. Aber sie wusste es war hoffnungslos. Der Puppenspieler behielt die Oberhand.
 

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Fred lief durch die Straßen. Die Dämmerung hatte bereits eingesetzt und er hatte Lily immer noch nicht wieder gefunden. Sie war in der Nacht einfach verschwunden, als hätte eine unsichtbare Hand sie gepackt und mit sich gezogen. Er spürte die Macht dieser Hand ebenfalls.

Dieser Drang weiterzugehen und dabei ein unbestimmtes Ziel vor Augen zu haben. Er wusste, dass er eigentlich nach Lily suchte, um die er sich immer mehr Sorgen machte, doch er hatte das Gefühl, dass ihn diese Macht in eine andere Richtung drängte und er verschwendete all seine Kraft darauf den entgegengesetzte Weg einzuschlagen, um Lily zu finden.

Ihm war egal welches Ziel eigentlich für ihn bestimmt war, denn er wusste, dass an diesem Ende nicht Lily auf ihn warten würde. Also widerstrebte er dem Drang in sich.

Er ahnte Schlimmes. Alles erinnerte ihn auf einmal an die Nacht in Hogwarts, als das Schloss brannte und sie im blinden Freudentaumel geflohen waren, weil sie triumphiert hatten und das in vollen Zügen genossen. Nur dieses Mal würde das Gegenteil eintreten. Sie würde verlieren und aus dem Freudentaumel würde ein entsetzter Aufschrei werden. Lily war in Gefahr. Sie alle waren in Gefahr. Niemand beschützte sie hier draußen. Sie waren auf sich alleingestellt.

Diese Erkenntnis machte Fred Angst. Niemand würde ihm zur Hilfe kommen. Er konnte nicht einmal in seine eigenen Verbündete vertrauen, denn sie waren so im Nebel und in ihren eigenen, selbstsüchtigen Zielen versunken, dass es ihnen egal war, ob Lily oder er starb.

Liam wäre wahrscheinlich sogar froh sie loszuwerden und auch die Flintgeschwister würden nicht um sie trauern. Genauso wie keiner Albus oder Claire nachgeweint hatte.

Sie waren keine Familie. Sie waren keine Freunde. Sie waren nicht einmal wirklich Verbündete.

Das stimmte ihn traurig. Bis jetzt waren sie ihm eigentlich wie eine Gemeinschaft vorgekommen, die zusammenhielt und gemeinsam an einem Strick zogen, doch das war nicht die Wahrheit.

Es war nur eine Illusion, die sie sich alle geschaffen hatten, um nicht ihr eigentliches Zuhause und ihre richtigen Freunde zu vermissen.

„Was verband ihn eigentlich mit den anderen?“, fragte er sich, als er weiter durch die Straßen eilte und in jede Gasse mit seinem Zauberstab hineinleuchtete in der Hoffnung irgendwo Lily zu entdecken.

Während er über diese Frage nachgrübelt, fiel ihm etwas anderes auf, doch bevor er weiter nachdenken konnte, traf es ihn wie einen Schlag in der Magengrube. Und mit einmal wusste, dass er ganz nah dran war. Lily war hier. Der Drang in die andere Richtung zu laufen war übermächtig geworden und ihm war bereits absolut schlecht von diesem Druck, der auf seinem Magen lasten zu schien. Aber er würde jetzt nicht mehr umdrehen. Nicht einmal, wenn er sich nicht mehr sicher war, ob das Mädchen, das er retten wollte, noch das Mädchen war, dass er liebte.

Fred legte die letzten Meter der Straße unter gewaltiger Anstrengung zurück und wollte an der Ecke nach rechts abbiegen, als er vor Schock und Entsetzen zurückprallte, denn der Anblick, der sich ihm in der nächsten Gasse bot, konnte nur einem Alptraum entsprungen sein.

Er war zu spät gekommen.
 

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Molly war völlig erschöpft. Sie hatte noch kein Auge zugetan seit dem Angriff auf ihren Vater. Aber sie konnte jetzt keine Schwäche zeigen. Sie sah Adams besorgten Blick, der genauso entkräftet wirkte wie sie selbst. Als sie nach Malfoys Manor zurückgekehrt waren, hatte die Weasley sich die Zeit genommen Wood über alles aufzuklären bevor Louis panisch hereingestürmt gekommen war.

Sie hatte also noch keine Sekunde zum Durchatmen gefunden und hatte keine Zeit gefunden ihre Gedanken wieder zu ordnen. Die Weasley hatte das Gefühl, dass sich die Dinge beschleunigt hatten seit dem Angriff auf das Ministerium. Es prasselt alles wie riesige Hagelkörner auf sie ein und sie hatten keine Chance in Deckung davor zu gehen.

„Alles in Ordnung?“, fragte Adam leise als er zu ihr aufschloss, während Roxanne das Schlusslicht bildete und darauf achtete, dass keiner von hinten angriff.

Molly war es leid so zu tun, als wäre alles in Ordnung, denn das stimmte schon seit Monaten nicht mehr, also schüttelte sie den Kopf.

„Wie ist es mit dir? Wie geht es deiner Schwester?“

Sie hatte Annie nicht mehr gesehen seit dem Angriff auf Hogwarts. Die Erwachsenen hatten entschieden, dass die Wood zwar hilfreich war, aber dass sie dem jungen Mädchen nicht noch mehr Gewicht auf ihre schmalen Schultern legen wollte und so war Annie in die Behandlung gegeben worden, damit sie ihre Fähigkeiten trainieren konnte und mental stärker wurde.

„Annie ist tieftraurig darüber, dass sie keinen Kontakt mit ihren Freunden haben kann und dass sie ihnen nicht helfen kann. Daran verzweifelt sie, aber sie bemüht sich stärker zu werden und sich von Hilfe zu erweisen.“

Zu sich selbst schwieg Adam. Molly wusste, dass er gut befreundet mit Luke Finnigan gewesen war, der bei der Schlacht in Hogwarts umgekommen war. Und auch Fred kannte er sehr gut. Es musste ihn ebenfalls belasten, doch er konnte von Glück reden, dass er bis jetzt noch nicht tiefer in das Geschehen hineingezogen worden war. Aber sie hatte ihn nun genau dort hingebracht. Mitten in das Geschehen. Und Molly fühlte sich dafür verantwortlich und schuldig. Adam war ein guter Mensch, der nicht auch noch zerstört werden musste wie es mit ihnen bereits geschehen war.

Adam legte ihr eine Hand auf die Schulter und strich ihr kurz mitfühlend über den Rücken, aber ließ die Hand wieder sinken, weil er das Gefühl hatte sich zu viel herausgenommen zu haben und Molly blieb überrascht stehen. Sie wollte ihm sagen, dass sie ihn gar nicht gut genug kannte und dass er die Hände von ihr lassen sollte, denn es gab wichtigeres als sie zu trösten. Aber diese Worte kamen ihr nicht über die Lippen, denn es war ihr gar nicht unangenehm gewesen und sie erkannte, dass sie genau diese Geste gebraucht hatte. Niemand hatte sich die Zeit genommen, um für eine Sekunde sein Mitgefühl auszudrücken und ihr einen Moment der Schwäche zu gewähren.

Molly wünschte sich Adam würde sie umarmen und sie könnte all ihren Tränen freien Lauf lassen, doch das hier war der falsche Moment und diese kleine Geste musste ihr als Trost vorerst genügen.

„Molly, schau!“, entfuhr Roxanne entsetzt und sie zeigte nach oben in den Himmel, wo ein grüner Blitz ganz in ihrer Nähe aufgeflackert war.

„Nein“, stieß Molly aus und begann zu rennen, während es am Himmel noch zwei weitere Mal grün aufblitzte. Es konnte nicht wieder passieren. Das hier würde sie endgültig zerstören.
 

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Scorpius hatte das Gefühl in einer Dauerschleife festzustecken in der immer wieder die gleiche Szene wiederholt wurde. Nur eben immer ein bisschen anders, doch immer mit dem gleichen Ende.

Rose und er zogen sich an wie das Licht die Motten und so stand er mitten in London der Person gegenüber, die er unbedingt treffen wollte und doch dieses Treffen ebenso sehr fürchtete.

Die rothaarige Weasley war genauso erstarrt wie er. Auch sie musste sich wie in einem Film vorkommen, den sie sich immer wieder ansah und der immer noch nicht das richtige Ende genommen hatte. Scorpius hatte so lange darüber nachgedacht, was er ihr sagen konnte, um sie zu überzeugen, aber jetzt fiel ihm nichts mehr davon ein.

Er konnte einfach nicht anders als sie anzustarren. Sie sah nicht gut aus. Ihr Gesicht war bleich und ein wenig eingefallen. Das Haar hing ihr wirr ums Gesicht und in ihren Augen blitzte ein Hauch von Wahn auf. Wahrscheinlich litt sie unter furchtbaren Alpträumen. Ihr Bruder geisterte ihr sicher ständig durch den Kopf und ihr musste es völlig unmöglich erscheinen nach Hause zurückzukehren. Wenn er sie so sah wollte er sie nur umarmen und sie vor alldem schützen.

Scorpius trat einen Schritt auf Rose zu, die immer noch einer Eissäule glich.

„Ich wünschte ich könnte die Zeit zurückdrehen“, begann er stockend und ließ seinen Gefühlen freien Lauf. „Wenn ich all das hier ungeschehen machen könnte. Wenn ich an den Tag vor den Sommerferien zurückgehen könnte, als wir alleine im Vertrauensschülerzimmer gewesen sind. Du hattest dieses blaugeblümte Kleid an, in dem du richtig süß ausgesehen hattest und du hast mich wütend angefunkelt, als ich dich gefragt habe, wer den so einen schlechten Modegeschmack hat. Aber das war gelogen. Es war perfekt. Du warst perfekt in diesem Moment.“

Der Malfoy verstummte für einen Augenblick um zu sehen, ob sich bei Rose etwas regte und es sah so aus, als wäre sie ihm auf diesem Ausflug in die Vergangenheit gefolgt und erinnerte sich mit ihm zurück.

„Eigentlich wollte ich dich küssen“, gestand Scorpius. „Aber ich liebe es einfach wenn du wütend wirst und mich so böse anfunkelst. Deswegen konnte ich nicht aufhören dich zu reizen. Und dann wirfst du mir plötzlich an den Kopf, dass du überhaupt nicht verstehen kannst, wie dein Herz schneller schlagen kann bei einem Idioten wie mir und dass du ganz sicher nicht in mich verliebt bist.“

Er sah selbst alles klar vor seinen Augen, als wäre es erst gestern passiert. Wie Rose ihn anschrie und wie ihr dann klar wurde, was sie gerade gesagt hatte. Ihr war die Röte ins Gesicht geschossen und dann war sie aus dem Zimmer gerannt, während er immer noch verblüfft am selben Fleck verharrt war und ihr hinterher gestarrt hatte.

„Ich hätte dich aufhalten sollen. Dir die Wahrheit sagen sollen. Dass es mir genauso geht. Dass ich dich liebe. Ich hätte dich einfach küssen sollen. Ich wünschte ich könnte die Zeit dahin zurückdrehen und es einfach tun.“

„Du lügst“, stieß Rose aus. In ihren Augen schimmerten Tränen. „Du lügst. Du willst mich nur durcheinander bringen und nutzt meine Gefühle aus. Du weißt, dass ich stärker bin als du und deswegen erzählst du mir diese Lügengeschichte. Aber es verletzt mich nicht!“

Scorpius seufzte. Es war egal was er sagte. Die Dauerschleife war noch nicht durchbrochen. Es hatte sich nichts geändert. Rose würde ihm nie glauben.
 

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Rose fühlte sich von einem Pfeil durchbohrt. Wie konnte Scorpius nur so grausam sein und ihr eine solche Lügengeschichte auftischen?

Er nutzte ihre Schwäche geschickt aus, denn alles in ihr wollte ihm glauben, dass dieser Moment hätte anders laufen können, aber sie wusste, dass nichts davon passiert war und nichts je passieren würde.

„Rose Weasley ist tot“, sagte sie wütend und versuchte davon nicht nur den Malfoy sondern auch sich selbst zu überzeugen. „Also ist deine Geschichte nutzlos.“

„Du hast dich zurückerinnert“, erwiderte Scorpius. Seine Stimme klang dabei so hoffnungslos. Er glaubte nicht mehr sie überzeugen zu können.

Das überraschte Rose mehr als sie zugeben wollte. Die ganze Situation behagte ihr nicht. Sie hatte das Gefühl, dass Scorpius diesmal die Oberhand hatte, ohne dass sie gegeneinander kämpften. Seine Worte hatten etwas in ihr ausgelöst. Nicht nur die Erinnerung an den Tag an den sie ihm aus Versehen ihre Liebe gestanden hatte, nein, es erinnert sie auch an Hogwarts. Und das tat soviel mehr weh als die Was-wäre-wenn-Geschichte, die ihr Scorpius so schön beschrieben hatte, denn das würde auch eine völlig andere Zukunft bedeuten. Eine, in der Hugo noch am Leben war und sie mit seinen Witzen aufzog. In der Albus noch ihr bester Freund war und sie Alice alles erzählen konnte. Wo sie Pyjamaparties mit Dominique und Roxanne veranstaltete und sie stundenlang über Jungs quatschen würden. Eine in der sie möglicherweise sogar die Freundin von Scorpius sein könnte.

Es fühlte sich wie tausend Dolche an, die sie eiskalt durchbohrten, während sie das Bild einer anderen Zukunft vor sich sah, die es nie geben würde, nach der sie sich aber völlig verzehrte, weil es alles andere ungeschehen machen konnte und sie vor diesem Abgrund in sich selbst retten konnte.

Rose wollte am liebsten nur noch schreien und weinen, doch sie konnte Scorpius gegenüber keine Schwäche zeigen. Sie hatte es selbst beschlossen. Es gab keinen Weg für sie zurück. Sie hatte die tollpatschige Rose Weasley hinter sich gelassen und sie begraben.

Das war das einzige an das sie glauben sollte. Alles was sie getan hatte war richtig gewesen. Nichts davon musste verändert werden. Und Scorpius war nur ein Feind, den sie auslöschen musste.

Rose klammerte sich an diesen Gedanken und hoffte der Nebel würde die Vorstellung dieser anderen Zukunft ausradieren, doch ihre Gedanken blieben klar, während sie den Zauberstab hob und zum wiederholten Mal den Malfoy attackierte. Es würde alles aufhören, wenn Scorpius vom Erdboden verschwunden war, redete sie sich ein, doch sie glaubte daran gar nicht mehr.

Als er auf dem Boden lag und sich unter ihrem Folterfluch wand wie ein Frettchen, wurde ihr klar, dass er nicht einmal den Versuch gestartet hatte sich gegen sie zu wehren. Er hatte sich seinem Schicksal ergeben. Sie konnte es in seinen Augen sehen, dass er sich nicht mehr dagegen auflehnen würde, wenn sie ihn jetzt tötete.

Rose stolpert überrascht zurück und brach den Zauber dadurch ab. Ihr Wille Scorpius zu foltern war ihr entwichen wie der Atemstoß, der ihr über ihre Lippen geschlüpft war, als sie sich über ihre eigene Reaktion erschrak.

Der Malfoy war liegen geblieben und machte nicht einmal die Anstalten aufzustehen. Sein Zauberstab lag locker in seiner Hand. Er starrte nur in den Himmel, sah nicht einmal sie an.

Was machte Scorpius nur heute mit ihr? Sie war stärker als er. Es war ihr ein leichtes ihn einfach hier auf der Stelle umzubringen. Sie musste ihn auch gar nicht foltern. Nur ein kleiner Zauberspruch, ein grüner Blitz und alles wäre vorbei.

Aber sie konnte nicht. Sie sah ihn dort kampflos und ungeschützt auf dem Boden liegen, während seine Worte ihr durch den Kopf tanzten und der Wunsch nach dieser andere Zukunft ihr schwer auf dem Herzen drückte und ihr die Luft abschnitt.

Warum konnte nicht alles wahr sein, was Scorpius gesagt hatte?
 

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Liam hatte nicht damit gerechnet auf diese Szene zu treffen. Ausgerechnet Rose hatte ihren Zauberstab sinken lassen, obwohl Scorpius ihr hilflos ausgeliefert war und sie ihn so einfach töten könnte. Er konnte nicht verstehen wie die Weasley in diesem Augenblick nur zögern konnte, aber wenn sie es nicht fertig brachte übernahm er mit Freuden diese Aufgaben. Er zog seinen Zauberstab im Gehen. Keiner der beiden hatte ihn bis jetzt wahrgenommen. Das hier war also seine Chance.

Jetzt konnte er Scorpius alles heimzahlen. Nie hatte er verstanden, wie Scorpius Albus Potter als besten Freund vorziehen konnte. Sie waren zusammen aufgewachsen und unzertrennlich gewesen bis sie nach Hogwarts gekommen waren. Natürlich war er vor Scorpius nach Hogwarts gekommen, aber er hätte nicht gedacht, dass das irgendetwas an ihrer Freundschaft ändern würde.

Doch Scorpius war so darauf bestrebt gewesen dem Ruf seiner Eltern zu entfliehen, dass er sich lieber Albus als besten Freund gesucht hatte, weil das einen ganz anderen Eindruck machte, als wenn er als Malfoy wieder nur mit den Kindern der ehemaligen Todesser zusammen war.

Liam hatte ihm das nie verziehen, denn in seiner Vorstellung hätte er zusammen mit Scorpius weiter Gryffindorschüler zur Schnecke gemacht und die Schule als Könige regiert.

Doch so war alles anders gekommen. Ihre Freundschaft war zerbrochen und sie waren ihre Wege getrennt voneinander gegangen.

„Avada Ked…“, setzte Liam an, doch plötzlich riss ihm ein Zauber seinen Zauberstand aus der Hand.

Überrascht drehte sich er sich um, während nun auch Scorpius und Rose auf ihn aufmerksam wurden. Hinter ihm stand Fred Weasley, der Liams – durch die Luft fliegenden – Zauberstab geschickt aufgefangen hatte. Liam verstand die Welt nicht mehr. Irgendetwas lief hier gerade eindeutig falsch.

Rose, die es nicht schaffte Scorpius den Todesfluch zu verpassen und Fred, der sich gegen ihn stellte.

„Scorpius steh auf“, befahl Fred.

Der Malfoy sah genauso verdattert drein wie Liam sich gerade fühlte, kam dem Befehl aber nach und entfernte sich ein paar Schritte von Rose, die immer noch nichts unternahm.

„Rose reiß dich zusammen“, brüllte Liam sie wütend an, denn sie hatte noch ihren Zauberstab in der Hand und konnte noch kämpfen und die Lage wieder verändern.

Aber sie reagierte überhaupt nicht, sondern sah tatenlos dem Geschehen zu, das sie genauso wenig verstand wie er es tat.

„Fred, was…“, versuchte Scorpius den Weasley zu seinem Motiv zu fragen die Seite zu wechseln und ihm zu helfen, doch Fred funkelt ihn nur kalt an.

„Komm“, befahl er mit eisiger Stimme erneut und zog Scorpius mit sich mit. „Wir gehen.“

Liam wusste, dass er etwas unternehmen musste. Fred konnte nicht einfach verschwinden und Scorpius mit sich nehmen. Das konnte er nicht zulassen. Das würde einer Niederlage gleich kommen.

Er stürmte los um die beiden zu Boden zu reißen und zur Not auch mit den Händen zu erdrosseln. Er konnte nicht verlieren. Fred drehte sich um und verpasste ihm einen Ganzkörperklammerfluch, der ihn nach hinten kippen ließ und ihn zwang dabei zuzusehen wie Fred seinen Zauberstab mehrfach zerbrach und ihm die Bruchstücke zuwarf, während er mit Scorpius disapparierte.

Liam schmeckte auf der Zunge den bitteren Geschmack der Niederlage. Das würde er ihnen heimzahlen. Beim nächsten Mal würde er sie alle töten.
 

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Lily war durch das Geräusch einer zuschlagenden Tür aufgewacht. Sofort hatte sie das Bild von Albus vor den Augen, der sich in der Nacht davonschlich. Wütend schoss sie hoch. Wehe es wagte noch jemand die Gruppe zu verlassen. Sie würde denjenigen auf der Stelle töten. Sie überlegte kurz Fred aufzuwecken, doch er würde ihr nur ins Gewissen reden und ihr Einhalt gebieten. Das konnte sie jetzt nicht gebrauchen. Daher schlich sie so leise wie möglich aus dem Zimmer und verschwand nach draußen um denjenigen zu finden, der das Haus mitten in der Nacht verließ.

Sie hatte Glück. Derjenige war noch nicht weit gekommen. Die Person vor ihr entpuppte sich als Lorcan und Lily wollte schon wieder umdrehen, denn schließlich wusste jeder, dass Lorcan immer verschwand, aber auch immer da war, wenn man ihn brauchte. Aber sie war neugierig. Es sah nicht so aus als würde Lorcan einen ziellosen Spaziergang durch die Gassen von London machen. Im Gegenteil schien er ein eindeutiges Ziel vor Augen zu haben und so blieb Lily ihm auf den Fersen.

Sie hatte sich eigentlich schon länger gefragt was in Lorcan vor sich ging. Er erschien ihr völlig undurchsichtig. Er tat was von ihm verlangt wurde und das war alles. Die restliche Zeit verbrachte er nicht bei der Gruppe. Nie tat er seine Meinung kund. Nie kommentierte er das Geschehene auch nur.

Er war völlig kalt und emotionslos und genau aus diesem Grund vertraute Lily ihm. Immer wenn sie in Gefahr waren tauchte er auf und half ihnen. Er war immer im richtigen Augenblick zur Stelle.

Trotzdem würde Lily gern mehr über ihn erfahren. Wo war Lorcan, wenn er nicht bei ihnen war? Sie hoffte die Antwort auf diese Frage jetzt herauszufinden.

Lorcan blieb vor ihr plötzlich stehen und drehte sich um. Lily reagierte schnell genug und sprang zurück in die Gasse aus der sie gerade hatte abbiegen wollen, um dem Scamander zu folgen.

Sie wusste nicht was er tun würde wenn er sie entdecken würde. Wie würde er darauf reagieren?

Schon in der Zeit in Hogwarts hatte sie Lorcan nicht einschätzen können. Er sagte immer er tat alles aus purer Neugierde. Schaute einfach zu was passierte ohne dabei einzugreifen. Er war eins dieser Kinder, die alles ausprobierten, um zu sehen zu welchem Ergebnis sie kamen. Schon als sie Kinder waren war er stundenlang verschwunden und dann dreckverschmiert mit blutigem Knie und aufgeschlagenem Kinn zurückgekommen, während seine Augen vor Freude geglüht hatten, weil er wieder etwas Neues herausgefunden hatte.

Als Lorcan weiterging wurde ihr klar, dass er sie schon längst bemerkt hatte, aber nichts unternehmen würde, weil er sehen wollte, was sie tun würde.

Einen Augenblick zögerte Lily. War sie nur eins der Experimente von Lorcan? Wo würde er sie hinführen? War sie neugierig genug um es darauf ankommen zu lassen?

Die Antwort darauf lautete eindeutig Ja und so folgte sie Lorcan weiter. Nichts ahnend, dass sie auf ihren Untergang zusteuerte und nicht von diesem Ausflug zurückkehren würde.
 

~~~
 

Lorcan hatte schon immer gewusst, wann Lysander mit ihm reden wollte. Selbst über größere Entfernungen wusste er was sein Bruder fühlte und wann er ihn brauchte.

So war es auch heute Nacht gewesen. Er hatte neben Rose grübelnd im Bett gelegen, als er gespürt hatte wie Lysander nach ihm rief und sofort war er losgegangen. Er hatte auch sofort seinen ungewollten Verfolger bemerkt, aber ihm war nicht danach Lily jetzt abzuschütteln. Sollte sie mitkommen und sein Treffen mit Lysander beobachten.

Er hatte das Gefühl er wusste was sein Bruder von ihm wollte und das konnte nur eins bedeuten. Wenn Lily hören würde was Lysander zu sagen hatte, würde sie sicherlich entsetzt reagieren. Er war gespannt darauf zu sehen, was für Auswirkungen, das auf Lily haben würde, die von ihnen allen am tiefsten in der Manipulation gefangen war.

Lysander wartete schon auf ihn. Er erkannte die Ecke mit dem Muggelzaubergeschäft, das sie als Kinder so begeistert hatte und wo sie sich stundenlang von dem Besitzer des Geschäftes Zaubertricks zeigen lassen hatten. Er konnte sich noch zu gut daran erinnern.

„Du bist gekommen“, stellte Lysander fest. „Aus freien Stücken?“

Lorcan wusste, worauf sein Bruder hinaus wollte und er hatte das Ziehen schon den ganzen Weg hierher gespürt. Das hier war vom Puppenspieler gewollt. Ebenso wie Lilys Anwesenheit.

„Nein. Worüber willst du mit mir reden?“

Lysander seufzte und sah ihn an. Lorcan erschrak. In dem Blick seines Bruders lag etwas das er noch nie bei Lysander gesehen hatte. Hoffnungslosigkeit.

„Du weißt wer der Puppenspieler ist, nicht wahr?“, fragte Lorcan frei heraus. „Aber du weißt nicht wie du ihn aufhalten kannst.“

Er konnte seine Neugierde kaum bezwingen. Wenn er nur den Namen hatte. Das würde alles ändern. Er könnte genau herausfinden wie die Manipulation funktionierte. Auf diese Weise würde er sehen können wie er kontrolliert wurde und konnte diesen Vorgang dann nach Belieben unterbinden oder zulassen. Das würde ihm die Macht geben.

„Du machst es schon wieder“, meinte Lysander ruhig zu ihm. „Du denkst nie an die Menschen. Du siehst nur ein neue aufregende Methode der Manipulation, die du erforschen kannst.“

Lorcan grinste verschmitzt. Er konnte seinem Bruder gegenüber nicht verbergen was er dachte. Aber das hatte er auch nie vorgehabt. Er war nun mal wie er war.

„Er ist bei euch, nicht wahr?“, fuhr Lorcan fort. Auch er hatte alles getan um herauszufinden wer der Puppenspieler war, aber Lysander hatte ihn bei dieser Schnitzeljagd scheinbar geschlagen.

Lysander schwieg und sah ihn nur ganz ruhig an.

„Du wirst mir den Namen nicht verraten, nicht wahr? Du willst nur von mir hören, ob ich zu den gleichen Schlüssen gekommen bin. Du willst immer nur deine Theorien von mir bestätigt hören.“

Irgendwie enttäuschte Lorcan diese Erkenntnis. Er hatte gedacht, dass sein Bruder ihm gegenüber das Geheimnis preisgeben würde. Das er ihm alles erzählen würde so wie früher. Aber er hatte sich geirrt. Es war nicht mehr wie früher. Sie standen auf gegnerischen Seiten.

„Du wirst es den anderen erzählen, sobald du zurückgehst“, stellte Lorcan sachlich fest. „Ich bin mir nicht sicher ob ich das zulassen sollte. Andererseits wäre es mehr als interessant zu sehen was dann passiert. Eine verlockende Vorstellung.“

„Was ist nur aus dir geworden?“, fragte Lysander ihn leise. „Du bist völlig geblendet. Ist es wirklich so faszinierend Menschen zu töten? Ist dir wirklich alles egal?“

Er konnte den Vorwurf in der Stimme seines Bruders hören. Das Unverständnis wie er diesen Weg einschlagen konnte und sich nicht einmal schuldig dafür fühlte. Lorcan wollte ihm widersprechen und ihm sagen, dass er nicht geblendet war, dass die Manipulation keinen Einfluss auf ihn hatte und dass er noch klar denken konnte, aber er wusste, dass es gelogen wäre.
 

Lorcan schwieg für einen Moment und auch Lysander sagte nichts. Es musste auch zwischen ihnen nichts mehr gesagt werden. Sie wussten genau wie sich der andere gerade fühlte.

Gerade jetzt mit seinem Bruder an seiner Seite kam er sich so verloren und einsam vor. Auf einmal hatte er das Gefühl, dass er nie dem Puppenspieler überlegen war. Er hatte sich für so objektiv und distanziert gehalten, so als könnte ihn nichts berühren, aber das stimmte gar nicht.

Sein Bruder konnte ihn immer noch berühren. Hier fühlte er sich verletzlich und angreifbar. Hier fühlte er sich schuldig und nur hier sah er wirklich klar.

Daher beschloss Lorcan seine Vermutungen mit seinem Bruder zu teilen, auch wenn er nicht dafür erfahren würde, wer der Puppenspieler war.

„Er ist auf eurer Seite. Er hat den Krieg gegen Voldemort als Kind miterlebt. Er ist also Anfang oder Mitte dreißig. Wahrscheinlich lügt er aber sowohl über sein Alter als auch über seinen Namen und Herkunft. Er ist im Personal von Hogwarts zu finden. Er wird unter den Leuten sein, die ich geschockt habe, als der Kampf losgebrochen ist. Er wird alles dafür getan haben so unschuldig wie möglich auszusehen. Wahrscheinlich nimmt ihn keiner wirklich wahr, aber er wird trotzdem zum engsten Kreis gehören. Und er war auf jeden Fall einer der Gäste auf der Hochzeit von Ted und Victoire, weil dort hat alles seinen Anfang genommen.“

Lysander hörte ihm nur zu ohne das Gesagte zu kommentieren. Aber Lorcan wusste, dass er Recht hatte. Er hatte sehr lang über all das nachgedacht und würde nichts von sich geben, dass er nicht für richtig hielt. Und das wusste sein Zwillingsbruder auch, der jetzt bestätigend nickte.

„Danke“, fügte Lysander seinem Nicken hinzu.

Vielleicht war es wirklich Zeit, dass der Puppenspieler enthüllt wurde und dass alles ein Ende finden würde. Danach würde es immer noch genug für ihn geben, dass er analysieren konnte. Das Ende des Puppenspielers würde nicht das Ende seiner Erforschungen bedeuten. Es war nur die Rückkehr von der Feldarbeit zum Labor, wo er nicht mehr in der ersten Reihe stand und es am eigenen Körper erlebte sondern alles rekonstruieren musste.

Lysander trat auf ihn zu und umarmte ihn. Lorcan ließ es zu und erwiderte die Umarmung.

„Du musst nach Hause zurückkommen“, flüsterte Lysander ihm ins Ohr. „Du darfst dich nicht selbst verlieren. Öffne deine Augen und schau auf deine Taten.“

Damit ließ sein Bruder ihn wieder los und drückte ihm etwas in die Hand bevor er sich umdrehte und ging. Lorcan starrte auf das kleine Amulett in seiner Hand. Es war ein Kette aus Butterbierkorken wie ihre Mutter sie ihnen immer gebastelt hatte, damit sie vor all den unheimlichen Kreaturen dort draußen geschützt waren, wenn sie wieder in den Wäldern verschwanden und ihrem Wissensdrang nachgaben. Er musste lächeln, weil er damit viele glückliche Kindheitserinnerungen verband und so sah er viel zu spät auf.

Der grüne Blitz hatte schon die Luft zerrissen und traf Lysander in die Brust. Sein Bruder wurde durch die Luft geschleudert und landete direkt vor seinen Füßen.

Lorcan starrte hinunter auf den leblosen Körper seines Bruders. Der verträumte Gesichtsausdruck war verschwunden und die wissbegierigen, leuchtenden Augen waren erloschen.

Der Schmerz kam mit solcher Gewalt, dass es ihn förmlich auseinander riss. Dann folgte die Wut und Lorcans Blick fixierte die Person, die ihm gerade seinen liebsten Menschen auf Erden geraubt hatte. Die ihm seine andere Hälfte gestohlen hatte und ihn diesen unendlichen Schmerz aussetzte.

Lily sah ihn herablassend an. Ihr war es völlig gleichgültig wen sie gerade getötet hatte.

Er war der Beobachter. Der Distanzierte, der alles objektiv betrachtete und analysieren konnte. Den nichts treffen konnte und der durch nichts verletzt werden konnte. Außer durch eine einzige Sache.

Lorcan schrie vor Kummer und Wut laut auf. Lily lachte nur.

„Was hast du denn?“, fragte sie unverblümt. „Das war das einzig Richtige.“

Lorcan musste an verletzte Tiere denken, die in eine Raserei verfielen und alles attackierten. Er war verletzt und würde aus diesem brutalen Schmerz heraus alles mit sich reißen. Der Todesfluch flog über seine Lippen und Lily weitete nur erschrocken die Augen bevor sie reagierte und denselben Fluch zurückschleuderte.

Die zwei Todesflüche trafen sich nicht in der Mitte. Nur grüne Blitze, die aneinander vorbei flogen und allem ein Ende bereiten würde.

Lily fiel zuerst zusammen wie eine Puppe, der man die Fäden durchgeschnitten hatte. Lorcan konnte in ihrem Blick den Unglauben sehen und die Wut darüber, dass es jetzt für sie zu Ende war. Dass sie besiegt worden war und alles verloren hatte. Und er spürte nur die kurze Genugtuung der Rache, die ihm aber nicht einmal für eine Sekunde den Schmerz nehmen konnte, der ihn völlig und ganz verschlungen hatte und ihn von innen heraus zerfleischte. Er breitete die Arme aus und wartete auf sein Ende. Dabei hielt er das letzte Geschenk seines Bruders fest umklammert. Ohne seinen Bruder würde er nicht nach Hause gehen.
 

Dann wurde alles in grünes Licht getaucht.
 



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