Die verhängnisvollen Sekunden
Einige Zeit nach dem Gespräch zwischen Marco und Whitebeard
In der Zwischenzeit hatte Ace die Entfernung zum kleinen Hafen der Insel rudernder Weise zurückgelegt. Die Überfahrt war still verlaufen, da sich Birdie in Grund und Boden schämte und Zangoy seine Gedankengänge lieber für sich behielt.
„Na das kann ja ein toller Ausflug werden.“, dachte die Feuerfaust und hoffte inständig, dass diese Aufgabe so leicht zu bewältigen war, wie es Marco beschrieben hatte. Ace hatte kein Problem diesen Auftrag zu erfüllen. Im Grunde war er froh, sich nützlich machen zu können und außerdem konnte er sich kaum an seinen letzten Landgang erinnern. Unwillkürlich fragte er sich, ob Marco darauf Rücksicht genommen hatte und ihn deshalb die Abwechslung ermöglichte. Irgendwie
gefiel Ace dieser Gedanke.
Nachdem sie an einem Steg etwas abseits angelegt hatten und aus der engen Nussschale herausgeklettert waren, sah sich Ace suchend um. Er fand kein einziges Marine Schiff vor Anker. Das deutete er als einen guten Anfang. An den Hafen schloss sich ein kleiner Markt an und außer ein paar größeren Häusern dahinter, konnte er nichts Bemerkenswertes ausmachen.
Nun wandte er sich seinen Begleitern zu.
„Was brauchen wir alles?“, fragte er in die schweigenden Mienen.
„Also ich weiß nicht, was ihr zu tun habt! Ich, für meinen Teil, muss darüber in die Apotheke und dann auf dem Markt nach Heilkräutern und Ähnlichem suchen. Ihr würdet da nur stören! Erledigt eure Geschäfte und kommt dann her! Ich will hier keine Wurzeln schlagen!“, äußerte Zangoy arrogant und fordernd, in einer Tonlage, die nur so von Selbstüberschätzung strotzte.
Er wandte sich mit diesen Worten um und Ace wünschte sich, der Typ hätte nicht den Mund aufgemacht.
„Hier, bleib stehen, Zangoy. Wir kehren dann zurück, wenn wir alles haben und ich es sage oder möchtest DU rudern?“, wies Ace den Älteren zurecht und lief ihm ein paar Schritte nach. Er war schließlich für die Sicherheit der Beiden zuständig und er würde sicher nicht, wegen dem Altersunterschied zu Zangoy, seine Autorität untergraben lassen.
Er erntete für den Dämpfer nur einen bösen Schulterblick und die schnippische Antwort: „Was immer du willst, Kommandant.“
Der Apotheker hatte sich zum Sprechen noch nicht einmal umgewandt und begann nun seinen eingeschlagenen Weg fortzusetzen.
Ace schluckte jegliche sinnlose Aggression herunter und holte einmal tief Luft, bevor er sich zu Birdie drehte, der immer noch schüchtern an der Anlegestelle stand und nicht recht zu wissen schien, was er tun oder lassen sollte. Irgendwie tat er Ace leid.
„Und was haben wir beide vor?“, eröffnete Ace lächelnd das Gespräch mit seinem jungen Nakama.
„Ei…Ein…Einkaufen“, stammelte Birdie mühevoll.
„Das ist mir klar, Birdie. Was sollen wir denn einkaufen?“
Ace lächelte immer noch. Der Junge war hundertmal zugänglicher als der alte Kauz.
„Ähhh ja, Stoffe für neue Segel und ein paar neue Taue.“
Die Antwort kam diesmal etwas flüssiger über die Lippen des Jungen, der eben noch rot wie eine Tomate angelaufen war.
Segelstoff wurde viel gebraucht, vor allem in diesem Gebiet der Grandline kam es oft zu heftigen Stürmen und Ersatz an Segeltuch und Tauen machten in Anbetracht des großen Schiffes noch mehr Sinn.
„So, das wird wohl nicht allzu schwer werden.“, stellte Ace fest und lief Richtung Markt. Birdie war nicht so überzeugt, beeilte sich aber, um zur Feuerfaust aufzuschließen. Zusammen ging das ungleiche Paar zum bunten Treiben des Marktes. Hier war doch eine ganze Menge los.
Trotz des kleinen Marktes wurde eine große Vielfalt angeboten. Abgesehen von Nahrung, Getränken, Waffen, Kleidung, sowie Hausrat, sahen sie von weitem Zangoy unglaublich freundlich, für seine Verhältnisse, mit einem Kräuter- und Gewürzhändler debattieren und sie fanden schlussendlich den Stand eines freundlichen Seilers, der günstiger Weise auch Segeltücher anbot.
Aufmunternd nickte Ace Birdie zu, damit er schon einmal vorging, um diesen die Möglichkeit eines Erfolgserlebnisses zu lassen. Der Junge entfernte sich zögernd und schritt langsam zum Verkaufsstand.
„Möchtest du mal kosten. Die Brötchen mit Pilzaufstrich hab ich selbst gemacht. Wenn ich groß bin, darf ich bei meiner Mama am Stand mit verkaufen, aber bis dahin verschenke ich meine Werke.“, wurde Ace plötzlich von einem kleinen, blonden Mädchen mit riesigen Kulleraugen und Sommersprossen angesprochen, das ihm einen Teller mit drei Brötchen hinhielt. Er lächelte dankbar und antwortete:
„Hallo. Wenn das so ist junge Frau, dann koste ich sehr gern ihre Meisterwerke.“
Das Mädchen sah freudig zu, wie Ace ein Brötchen mit dem grünen Aufstrich schmatzend verspeiste und ihre Kochkünste lobte.
Ace fand es schön, wie sehr sich die Kleine über sein Urteil freute. Als er jedoch nach einem weiteren Brötchen greifen wollte, quietschte sie lautstark protestierend auf, trat ihn mit voller Wucht gegen sein rechtes Schienbein und rannte samt Brötchenteller davon.
Ace kratzte sich daraufhin verwundert am Kopf, zuckte jedoch mit den Schultern und trat zu Birdie an den Seilerstand heran. Der Schiffsjunge schien nicht mehr lange zu brauchen. Ein Stapel der gesuchten, qualitativ hochwertigen Ware, soweit Ace dies beurteilen konnte, lag bereits vor ihm und der Verkäufer nannte einen guten Preis. Doch als das Kramen des Braunhaarigen in seinem Geldsack hektischer wurde, beunruhigte das Ace.
„Was ist los Kleiner?“, fragte Ace vorsichtig.
„Verdammt, mir fehlen 75 Berrys!“, kam die erschütterte Antwort von dem Jungen.
Verzweifelt blickte er Ace an. Ein Seitenblick zum Kopf schüttelnden Verkäufer schloss für Ace die Möglichkeit des Verhandelns aus. In diesem abgelegenen Winkel der Grandline musste man gute Handarbeit auch fair bezahlen, sonst konnten die Handwerker ihre Geschäfte nicht weiterführen. Angestrengt dachte Ace über die Konsequenzen eines nicht vollständig ausgeführten Auftrags nach. Er würde sich vor Marco bis auf die Knochen blamieren. Das musste er auf jeden Fall verhindern.
„Du bleibst hier und wartest auf mich. Ich suche Zangoy. Der hat bestimmt noch Geld übrig.“, versuchte Ace den Jungen und sich selbst zu beruhigen und lief davon.
Er fand den Gesuchten zwischen den vielen Ständen an der gleichen Stelle wie vorhin. Auch Zangoy schien gerade bei dem Kräuterhändler bezahlen zu wollen. Ace war mit schnellen Schritten bei ihm und fing sich einen weiteren bösen Blick ein.
Bevor Zangoy seinen abfällig lächelnden Mund aufmachen konnte, erklärte ihm Ace schnell und knapp die Situation:
„Uns fehlen noch 75 Berry für das Segelzeug.“, unterbrach Ace jegliche dumme Bemerkung des Älteren.
„Na und? Das ist doch nicht meine Schuld, dass ihr nicht in der Lage seid zu handeln. Ich habe meine Ausgaben genau berechnet und werde jetzt die eingeplante Summe bezahlen. Mehr Geld hab ich außerdem nicht!“, lautete die vernichtende Antwort.
„Ich warne dich! Komm mir nicht so! Denkst du wirklich, dass du das alles sofort brauchen wirst? Kann ein Teil nicht auf der nächsten Insel gekauft werden?“, zischte Ace mühsam beherrscht und deutete auf den großen Haufen aus Tüten, Leinensäckchen und Tuben. Er bekam wirklich Probleme sein feuriges Temperament unter Kontrolle zu halten. Ace wusste, dass der Segelbedarf dringender gebraucht wurde als die Medikamente und Heilmittel. Zumindest hoffte er, dass Marco dies so sehen würde.
Doch Zangoys Gesicht nahm einen ungesunden Rotton an.
„Was willst du mir sagen, hä? Willst du mich anzünden oder was?“, startete der Ältere einen Gegenangriff.
„Warum nicht? Gegen Verbrennungen hast du bestimmt etwas eingekauft.“, flüsterte Ace drohend und über seine Oberarme leckten urplötzlich Flammen. Er zitterte leicht.
Der Verkäufer, der bis eben gar nichts verstand, hatte nun die Gefahr für sich und seinen Stand erkannt und wollte einfach nur, dass die beiden Piraten endlich das Weite suchten.
„Warten Sie bitte, wenn sie den Beutel mit dem knolligem Wallwurz nicht nehmen, sparen sie 75 Berry. Auf ihrem Schiff wird sich sicher niemand so schnell eine Efeupilzvergiftung zu ziehen. Wer isst schon grüne Pilze?“, beeilte er sich, um den streitenden Männern einen friedlichen Ausweg anzubieten.
Doch der miesepetrige Alte schaute als würde er seinen Crewmitgliedern genau dies sogar zutrauen. Diese lebende Fackel hingegen machte den Eindruck besänftigt zu sein, denn die Flammen erloschen so plötzlich wie sie aufgeflammt waren.
„Na gut. Ich nehme den Wallwurz nicht. Hier nimm dein Geld und sortiere deinen Sauhaufen von Stand.“, brummte Zangoy nicht ganz überzeugt und warf dem erleichterten Händler ein Bündel Berrys hin.
Der Verkäufer zählte kurz nach, packte die erworbene Ware rasch in einen Leinensack und drückte sie dem Grüngekleideten in die Arme.
„Auf Wiedersehen die Herren.“, sagte er bestimmt. Man konnte zwar alles denken, musste es aber nicht laut sagen.
Ace sah die Erleichterung in den Augen des Händlers. Jetzt hatte er schon fast ein schlechtes Gewissen. Er lächelte ihm noch kurz zu, bevor er sich stumm mit Zangoy im Schlepptau zu Birdie aufmachte. Dieser wartete ja schließlich immer noch beim Seiler.
Ace wollte plötzlich einfach nur von der Insel weg. Er fühlte sich nicht wohl, seine Haut prickelte und er war auf einmal richtig müde. Nachdem auch Birdie, mittlerweile recht fröhlich, die restlichen Berrys dem Händler überreicht hatte, wurden die erstandenen Sachen ebenfalls verpackt.
Beladen mit ihren Einkäufen machten sich die drei Whitebeard Piraten auf den Weg zu ihrer kleinen Nussschale. Ace überließ Birdie das Verstauen der Waren und zu aller Überraschung passten auch die drei Männer noch in das winzige, überladene Beiboot. Obwohl Ace nur zu gern den Apotheker zurückgelassen, nein eher ‚vergessen‘, hätte.
Im Gegensatz zu ihrer Hinfahrt spürte Ace die Anstrengung durch das Rudern deutlicher, als zuvor. Er schwitzte sogar ein wenig, was bei jemanden, der das Feuer selbst war, eher selten vorkam.
Die beiden Anderen waren während der Ruderfahrt wieder verstummt. Doch schienen sie auch erleichtert über das Ende des Ausfluges. Dennoch bemerkte keiner von ihnen, dass Ace am ganzen Körper zitterte.
Ihm war sehr übel. Sein Magen krampfte mittlerweile schmerzhaft. Doch er ließ keinen Ton verlauten. Das hatte ihm gerade noch gefehlt, dass er sich dumme Kommentare von diesem überheblichen Kauz anhören musste.
Wie sollte er bitte Pops und Marco erklären, warum sie nun einen gegrillten Apotheker hatten.
„Wahrscheinlich habe ich einfach zu wenig getrunken.“, mutmaßte Ace.
Als sie endlich an der Moby Dick anlegten, war auch Ace Atmung recht schwer geworden. Ihm war plötzlich schwindlich, aber er wäre lieber ins Wasser gefallen, anstatt Birdie oder Zangoy um Hilfe zu bitten. Er ließ die Beiden an Deck klettern, um sich kurz zu fangen.
Ace hatte das Bedürfnis sich ein weiteres Mal zu setzen, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Er hörte, dass an Board der Befehl zum Segeln gegeben wurde und spürte, wie sich das große Flaggschiff in Bewegung setzte.
Zunächst bemerkte niemand, dass Ace nicht an Deck war, denn einige Kameraden hatten gleich damit begonnen, das Segeltuch auszulegen, zu scheiden und zu nähen. Den Lärm des beschäftigten Treibens hatte nach und nach alle anderen, selbst Whitebeard, dazu veranlasst, sich auf ein anderes Deck zurück zu ziehen oder unter Deck zu gehen.
Auch Marco war im Inbegriff zu gehen, als ihm auffiel, dass er die unverkennbare Stimme der Feuerfaust noch gar nicht gehört hatte. Das wunderte ihn, denn Ace Anwesenheit nahm er ständig deutlicher wahr, als alles andere um sich herum. Marco schaute über die Reling zu dem kleinen Einkaufsboot und sah Ace, aber irgendwas kam ihm komisch vor.
„Alles okay bei dir, Ace?“, rief er nach unten.
„Ja, ja - alles in Ordnung! Ich hab nur noch mal die Vertäuung überprüft.“, kam es seltsam gequält von dem Jüngeren.
Marco glaubte ihm nicht, doch sagte nichts weiter.
„Komm, wir gehen was essen. Du hast doch bestimmt Hunger nach deinem anstrengenden Einkaufstag?“, versuchte Marco seinen Kameraden anzulocken.
„Warte auf mich, ich komme hoch.“, forderte Ace ihn auf und kletterte langsam an den Streben zum Deck hinauf. Marco streckte ihm eine Hand hin, die er gern nahm.
Ace spürte, wie ihn nun doch all seine Kräfte verließen.
Das bleiche, verschwitzte Gesicht des jungen Kommandanten erschreckte Marco. Ace sah richtig schlecht aus.
„Hey, was ist mit…“, weiter kam Marco nicht.
Als Ace über die Reling steigen wollte, blieb er mit einem Fuß hängen und fiel direkt in Marcos starke Arme und mit dem Kopf gegen dessen muskulöse Brust.
Seine Augen waren glasig, die Wangen waren stark gerötet und er zitterte am ganzen Leib. Marco vermutete, dass Ace Fieber hatte, da seine Haut so schwitzig und heiß war. Er starrte den jungen Kommandanten wie paralysiert an. Eine Art Panik überkam ihn, als er Ace Zustand vollständig erfasst hatte.
Plötzlich legte Ace eine Hand an seinen Kopf und schloss Marcos Lippen mit den seinen für einen winzigen Augenblick, bevor er ohnmächtig zusammensackte. Geschockt realisierte der Geküsste kurz das eben Geschehene, verstärkte seinen Griff und fing Ace ein weiteres Mal auf, bevor dieser noch zu Boden fallen konnte.
„Wir brauchen hier sofort einen Arzt! Jetzt gleich!“, schrie Marco den Leuten zu, die an dem Segel arbeiteten.
In genau diesem Moment wurde ein kleines, blondes Mädchen mit riesigen Kulleraugen und Sommersprossen dafür ausgeschimpft drei Brötchen an drei Personen verschenkt zu haben, die mit einer Paste aus Efeupilzen bestrichen waren. Den beiden Vergifteten hatte man schnell mit einer Heilkräuterkur helfen können und so befanden sie sich mittlerweile auch außer Lebensgefahr. Nur den dritten Betroffenen konnte niemand finden. Dem Kräuterhändler beschlich der Verdacht, dass es sich um einen der Piraten handeln musste, die am Nachmittag seine Kunden gewesen waren.
“Dumm nur, dass sie alles gekauft hatten, außer den Beutel mit knolligem Wallwurz, dem einzigen Gegenmittel der tödlichen Efeupilzvergiftung.“, dachte er resignierend und gab die Hoffnung auf, dass der dritte Vergiftete auch überleben würde.
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Ende Kapitel 5
So meine lieben Leser,
was sagt ihr zu diesem Kapitel? Ich bin wirklich sehr gespannt, welche Eindrücke und Gedanken ihr dazu habt. Ich freue mich auf euer Feedback.
Ich wünsche euch allen eine schöne Woche.
Vielen lieben Dank an samiya, die in Vertretung ganz fleißig das Beta-Lesen übernommen hat. *verbeug*
Viele Grüße
ceres