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Die Vereinigungssage

von

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Kapitel 6

Ludwig wurde am nächsten Morgen schon früh wach, denn er war wieder sehr aufgeregt, außerdem fuhren sie fast zwei Stunden bis zu dem Bekannten. Er wohnte weit außerhalb der Stadt in den nahen Bergen, wo er eine riesige Villa hatte. Als Ludwig noch klein gewesen war, war er mit seinem Vater fast jedes Wochenende dort hingefahren. Ihm hatte es immer sehr gefallen.

Als er mit Luwer runter kam, der noch halb am schlafen war, war sein Vater schon dabei das Frühstück zu machen. Wie unschwer zu erkennen war hatte sein Vater gestern noch so einiges besorgt, die Lieblingspralinen seines Freundes und ein neues Buch. Meistens passierte es zwar, dass man ein Buch mit brachte, was der Mann schon besaß, da seine Bibliothek mindestens genauso groß war wie die der Universität, aber irgendwie schaffte sein Vater es doch auch gelegentlich mal ein Buch mitzubringen, was er noch nicht besaß.

„Morgen“, gähnte Ludwig und setzte den Drachen in seinen Hochstuhl.

„Guten Morgen ihr beiden“, entgegnete sein Vater und setzte sich dann mit seinem Tee zu Ludwig an den Tisch, welcher sich schon gesetzt hatte. Schweigsam, wie meistens, aßen sie und machten sich dann auch gleich auf, nach dem sie noch abgeräumt hatten.

Im Auto nahm Luwer die ganze Rückbank für sich ein und kaute wieder auf seinen Stiften rum. So war er wenigstens beschäftigt, denn es war seine erste Autofahrt und der Hausherr hatte schon etwas sorgte, dass seinem Auto etwas passieren konnte.

Es passierte nichts. Als sie ankamen war das Auto noch völlig in Ordnung.

Sie fuhren durch das schwere eiserne Tor, vorbei an den Statuen von Drachen und parkten neben dem Oldtimer des Hausbesitzers. Während Ludwig noch damit beschäftigt war Luwer einzufangen, kam schon ihr Bekannter ihnen entgegen und schloss seinen Vater strahlend in die Arme.

„Max, schön dich mal wieder zu sehen“, strahlte der Mann mit tiefer, aber freundlicher Stimme.

Eigentlich würde man ja nun ehr jemanden erwarten, der wie Merlin aussah und den lieben langen Tag nur Dungeons & Dragons spielte, aber ihr gegenüber war so ziemlich das Gegenteil. Wenn man es nicht wusste würde man nicht denken, dass er sich fast ausschließlich nur für Drachen interessierte und so weit Ludwig wusste spielte er such nicht D&D. Der Mann war von recht kräftiger Gestalt und hatte unheimlich freundliche Augen, fand zumindest Ludwig. Diesen Blick würde er gern einmal auf Papier einfangen. Die blauen Augen, huschten nun um den Wagen hinweg zu Ludwig, der auch lächelte.

„Du bist groß geworden“, stellte der Mann fest und kam zu ihm rum.

„Danke“, erwiderte Ludwig und ließ sich drücken; Luwer hatte er im Rucksack verstaut.

Ihr Gastgeber bat sie Richtung Haus.

„Also, Mäxchen, du klangst am Telefon so mysteriös, was führt euch zu mir?“, fragte der Mann.

„Sei nicht immer so neugierig Daragon“, erwiderte der andere frech Grinsend, „und nenn mich nicht Mäxchen, schon gar nicht vor meinem Sohn.“

Was Ludwig anging, der grinste von einem Ohr zum anderen, denn Mäxchen klang bei einem Zwei- Meter- Mann schon echt fies.

„Du bist doch aber mein Mäxchen. Na gut, dann sag, wie geht es deinem Bruder? Hat er mal wieder was interessantes?“

„Ja, hat er. Deswegen sind wir auch mit hier“, nickte Ludwigs Vater und folgte mit seinem Sohn in das Haus.

Wo man auch hinsah über all waren Drachen. Entweder waren es Skulpturen aus Porzellan oder die, die man in jedem beliebigen Krimskrams-Laden fand oder es waren Bilder, Gemälde, Skizzen, Pop-up, alles mögliche. Was auch viel herumlag und stand waren Bücher, Fachbücher, Fantasy-Romane und Ludwig glaubte sogar auf einem Beistelltisch im Flur ein Buch über Pferde gesehen zu haben.

Zu den Drachen befanden sich im Wohnzimmer noch Ritterrüstungen und alte Waffen. Mit nur einem Blick auf die Wand erkannte Ludwig, dass dort alle zehn Waffen hingen, die laut seinem Onkel in Frage kamen für die zehn Drachenreiter.

Er nahm seinen Rucksack ab und setzte sich in einen der bequemen Ohrensessel. Den Pinsel hinter seinem Ohr rückte er etwas zurecht und sah sich dann noch weiter um.

„Kann ich euch was anbieten?“, fragte ihr Gastgeber freundlich.

„Einen Tee wenn du da hast“, meinte Ludwigs Vater.

„Im Moment nichts, danke“, sagte Ludwig, der sich zu dem Tisch gebeugt hatte und eine Schneekugel mit einem Drachen darin begutachtete.

„Eine sehr detailreiche Arbeit, nicht?“, lächelte Daragon, während er einen Bediensteten herein rief und um den Tee bat.

„Ja, und vor allem eine nette Idee“, nickte er zustimmend.

Daragon setzte sich nun auch zu ihnen.

„Also, raus mit der Sprache, was führt euch zu mir?“

Mehr oder weniger sahen beide nun Ludwig an.

Seufzend wand er sich von der Schneekugel ab uns nahm seinen Rucksack auf den Schoss.

Zu erst rezitierte er das Gedicht, welches im Mittelpunkt der ganzen Sache stand.

„Na ja, kein sehr guter Reim“, kommentierte der Mann das ganze nur, aber er war noch immer neugierig, das sah Ludwig an dem glitzern in seinen Augen. Nicht ohne Grund sagte man, dass die Augen das Fenster zur Seele eines Menschen sind. In den grünen Augen seines Gegenüber konnte Ludwig lesen wie in einem offenen Buch.

„Dieses Gedicht und die dazugehörige Materie beschäftigt sich mit Drachen. Es ist ehr Klischeehaft, es gibt zehn Drachen und zehn Reiter, die gegen das Böse kämpfen müssen um den Frieden in ihrer Heimat zu bewahren.“

„Klischee, aber immer wieder anders umgesetzt. Allerdings sagt mir das nichts in Bezug auf das Gedicht, wenn du es so nennen möchtest.“

„Möchte ich nicht, aber so lässt es sich am einfachsten Betiteln. Mit diesen Texten beschäftigt sich gerade mein Onkel. Sie sind in einer ganz eigenständigen Sprache geschrieben, die er nun schon übersetzen konnte und auch schon einige Texte. Lange Rede kurzer Sinn, als Beigabe zu diesen Schriften gab es zehn Eier, aus denen Drachen geschlüpft sind“, sagte er gerade heraus.

Sein Gegenüber musste schallend Lachen.

„Ich gebe ja gern zu, dass ich manisch vernarrt bin in Drachen, aber das ist ein bisschen weit hergeholt. Es sind Fabelwesen, die in die Zeit des Mittelalters gehören.“

„Mir ist dieses Fabelwesen näher als man denkt“, sagte er und holte Luwer aus dem Rucksack; er war ein Plüschtier.

„Zeig dich mein kleiner“, hauchte er dem Drachen zu, welcher gleich lebendig wurde und sich neugierig um sah. Zuletzt fiel sein Blick auf ihren Gastgeber, der ihn mit geöffneten Mund anstarrte.

„Ist der wirklich echt?“, fragte er nach und blickte nun Ludwigs Vater an, welcher zustimmend nickte.

Ludwig war aufgestanden und kam mit dem Drachen um den Tisch.

„Sag hallo Luwer“, meinte er lächelnd und hielt Daragon den Drachen entgegen. Luwer surrte freundlich und streckte dem Mann die kleinen Ärmchen entgegen.

„Nimm ihn“, bekräftigte sein Vater das ganze, „ich war am Anfang auch recht geschockt.“

Nun wagte Daragon sich dem kleinen die Hand zu rechen. Luwer griff nach zwei Fingern und schnupperte Daran.

„Ajog! Snifwer!“, quietschte er und befreite sich aus Ludwigs Armen.

Luwer hing an der Hand es Mannes, welcher den Arm zurück zog und den Kleinen somit auf seinen Schoss setzte. Sofort schnüffelte Luwer weiter und kommentierte sein Tun immer und immer wieder mit den beiden Worten.

„Wow, ich bin echt geplättet. Was sagt er da?“

„Nun ja, Ajog heißt Freund. Was allerdings Snifwer heißt kann ich dir nicht sagen, das höre ich zum ersten Mal, aber ich kann meinen Onkel fragen.“

„Das wäre nett.“

„Morgen habe ich wieder Unterricht bei ihm, Gäste wie du sind gern willkommen“, lud Ludwig den Mann ein.

„Ich kann ja noch ein bisschen darüber nach denken“, lächelte er, „aber ihr seit doch sicher nicht nur hier her gekommen um mir zu sagen, dass es Drachen wirklich gibt, oder?“

„Deswegen auch, aber eigentlich wollten wir dich bestechen, damit du uns ein paar Geheimnisse erzählst.“

„Dann bestecht mich mal. Wobei der kleine hier schon gute Arbeit leistet.“

„Den nehme ich aber wieder mit“, sagte Ludwig lächelnd, der sich wieder gesetzt hatte.

„Natürlich.“

Sein Vater holte nun das Buch und die Pralinen aus dem Beutel. Sogleich funkelten wieder die Augen des Mannes. Er nahm das Buch und blätterte hindurch.

„Ich glaube das reicht als Bestechung. Ich werde versuchen euch eure Fragen so gut als möglich zu beantworten.“

Und sogleich legte Ludwig auch los. Den Vormittag über sprachen sie größtenteils allgemein über Drachen, Fähigkeiten, Formen, Farben, Elemente. Ludwig erzählte auch das ein oder andere von seinen Mitstreitern.
 

Zum Mittagessen legten sie eine gezwungene Pause ein, dann Ludwigs Vater konnte es absolut nicht leiden, wenn man beim Essen redete.

Nach jenem gingen sie dann in die Bibliothek, die ich eigentlich über all im Haus befand, und drangen tiefer in die Materie ein. Nach einer Weile sprach Ludwig auch die Waffen an.

„Die Waffen… nun, dazu sollten wir wieder ins Wohnzimmer gehen, denn die sind etwas besonderes bei Drachenreitern“, meinte Daragon und ging voraus. Ludwig folgte. Sein Vater war in der Bibliothek geblieben und schmöckerte durch die unzähligen Bücher.

Im Wohnzimmer blieben sie vor der Wand stehen.

„Ich bin Pazifist“, seufzte Ludwig.“

„Wenn das wirklich stimmt, was du mir erzählt hast, dann passt sich vermutlich auch die Waffe dem Reiter an. Weist du denn welche Waffen es gibt?“

„Die Zehn, die Dort hängen. Wieso eigentlich hängen sie dort?“

„Oh, das ist einfach. In vielen verschiedenen Schriften, bestätigten sich die ein oder andere dieser Waffen. Das sind alles Originale, die die Jahrhunderte überlebt haben. Ich kann dir auch sagen, dass ich so etwas ähnliches in meinen Regalen Stehen habe, wie wovon du mir erzählt hast. Ich zeige es dir nachher mal, aber jetzt wieder zu den Waffen. Laut meinen Unterlagen kann jedes Element theoretisch jede Waffe nutzen, aber so weit ich weis, passt sich die Waffe meist dem Reiter an. Für dich, mit Luwer empfehlt sich zum Beispiel das Gewähr. Du hast einen Adlerblick, nimmst schnell deine Umgebung auf und triffst auch verbal meistens in Ziel. Zu dem könntest du mit einem Gewähr alles mögliche abfeuern, denn die Fantasie kennt keine Grenzen. Unter dem selben Aspekt ging auch die Schleuder. Schau mich nicht so böse an, du kannst auch mit Gänseblümchen um dich schießen“, meinte er grinsend.

Ludwig funkelte ihn an und boxte auf seine Schulter.

Lachend rieb er sie sich und sprach dann weiter, „anderes Beispiel“, begann er und nahm den Fächer von der Wand, „dieses optisch ansprechende Schmuckstück zum Beispiel wäre für niemand anderen besser geeignet als für den Wind. Sie kann die Luft wie Messer durchschneiden, sie nach vorn treiben und sogar Wirbelstürme erzeugen. Speer oder Wurfstern würden sich ehr für Feuer und Eis eignen, denn die kann man anbrennen bzw. gefrieren lassen und dann auf den Gegner werfen.“

Er hing den Fächer zurück.

„Pfeil und Bogen sind ebenso für Elemente wie Feuer, Eis und Elektrizität zu empfehlen. Aber auch die Kette wäre gut für Blitz und Donner. Schleuder, Stab und Kette hingegen würden sich auch für Erde empfehlen. Deine möglichen Waffen gingen auch für Metall. Allerdings fällt mir gerade nichts passendes für Licht und Schatten ein.“

„Du hast das Schwert noch nicht vergeben“, bemerkte Ludwig.

„Eigentlich ist das Schwert die Grundwaffe eines jeden Ritters mein Lieber. Elemente wie Erde oder Luft können es natürlich weniger verwenden, Metall auch nicht unbedingt, aber für alle andere ist es nutzbar. Metall und Fantasie können alles daraus Formen. Eis und Feuer können es gefrieren oder entflammen lassen. Licht könnte es zum blenden benutzen, Schatten könnte es zu einem Geist machen. Elektrizität kann es als Leiter benutzen.“

„Was ist eigentlich mit Wasser? Das hast du auch ausgelassen und die Axt.“

„Dir entgeht aber auch nichts“, lächelte er, „nun die Axt kann genauso verwendet werden wie das Schwert. Wasser hm… Da ginge durchaus der Fächer, Schleuder oder Gewehr. Beim Fächer würde es arbeiten wie Wind. Mit Schleuder und Gewehr so wie Fantasie oder Metall. Im allgemeinen betrachtet ist die Auswahl der Waffen nicht so leicht. Vertraue einfach auf dein Herz, es wird dir schon die richtige Waffe zukommen lassen.“

Seufzend nickte Ludwig und sah die zehn Waffen an der Wand noch einmal genau an.

„Sag mal, kannst du mit all denen da umgehen?“, fragte er und zeigte auf die Wand.

„Ich? Ja, ich bin in allen zehn Waffentechniken bewandert“, nickte der Mann und bat Ludwig dann sich doch an den Tisch zu setzen. Brav folgte er der stummen Bitte und nahm auch Luwer wieder an sich, der zuvor die ganze Zeit bei Daragon gewesen war.

Daragon verließ das Wohnzimmer und kam nach ein paar Minuten mit einem viel zu hohen Stapel Bücher wieder, die er auf dem Wohnzimmertisch ablegte.

Fragend blickte Ludwig an dem Stapel vorbei zu ihrem Gastgeber.

„Das sind einige der Werke die dem sehr gleich sind von dem du mir erzählt hast. Das Reich heißt Ascadion und ist in zehn Provinzen aufgeteilt. Die Patronen der Provinzen sind zehn Drachen. Lass mich die Karte suchen…“

„Du solltest dringend Onkel Otto besuchen, ihr zwei könntet vielleicht wahre Wunder vollbringen“, bemerkte Ludwig lächelnd.

„Ich brauche nur einen Schlafplatz, dann komme ich gern ein paar Tage mit… Gefunden!“

„Bei uns sind Gäste immer willkommen“, meinte der Junge lächelnd und machte Platz auf der Couch. Daragon setzte sich neben ihn und legte das alte lederne Buch auf seinen Schoss.

„Ich rede mal mit deinem Vater. Also, pass auf. Normalerweise sehen auch die Karten aus Fantasyromanen genauso aus wie normale Landkarten, unförmig. Ascadion aber ist symethrisch perfekt. Es erinnert mit seiner Form stark an Atlantis, denn das Land ist rund.“

Er hatte die Seite mit der Karte geöffnet und Ludwig konnte da nur zustimmen, es sah fast genauso aus wie Atlantis.

„Vielleicht ist es ja Atlantis“, schmunzelte Ludwig und sah sich alles genau an.

„Du wirst es mir sicher bald erzählen können. Das Land ist recht simpel aufgeteilt. Es besteht aus vier inneren Kreisen. Vorstellen musst du dir die Aufteilung wie bei einer Pyramide. Der Grundfuß dieser Pyramide besteht aus vier Elementen, in Ascadion ist das der äußerste Kreis. Erde, Wasser, Feuer und Luft bilden den äußeren Kreis. Die zweite Ebene von unten besteht aus drei Elementen, hier sind es drei Provinzen, dazu gehören Metall, Eis und Fantasie. Die dritte Ebene hat nur noch zwei Elemente, in Ascadion sind das Licht und Schatten und in der Mitte, wo sich die Hauptstadt befindet ist natürlich nur noch ein Element vertreten…“

„Elektrizität“, warf Ludwig ein.

„Du nennst es Elektrizität, in Ascadion nennt es sich „Freiheit“. Ich bin sehr froh, dass ich überhaupt etwas herausgefunden habe was hier drin steht. Wie du siehst wurde dieses Buch nicht mit lateinischen Buchstaben verfasst“, Ludwig nahm das Buch zu sich, während der andere weiter sprach, „jedenfalls in Ascadien werden die Drachenelemente nicht wie hier bezeichnet mit Erde, Eis und Metall. Sie haben ehr eine Bezeichnung in Bezug auf das was sie verkörpern. Was du so schamlos als Fantasie bezeichnest ist eigentlich „Unendlichkeit“.“

„Ich werde mich bessern“, lächelte er lieb, „ich kann lesen war hier steht, aber ich kann es nicht übersetzen. Wenn du möchtest kann ich dir was vorlesen und dir die Aussprache deutlich machen.“

„Bitte“, nickte der Mann in Bezug auf beides.

Ludwig nickte und begann. Auch wenn er hier und da stockte, er gab sich große Mühe es fließend und betont vorzutragen. Daragon war richtig begeistert. Mittlerweile hatte sich auch Ludwigs Vater wieder zu ihnen gesellt.

„Ich komme doch mit euch runter. Das ist alles sehr faszinierend“, sagte er und blickte ehr zu seinem Gegenüber als zu Ludwig.

„Von mir aus kannst du so lange bleiben bis du glücklich bist“, erwiderte der Mann lächelnd.

Den Rest des Nachmittags unterhielten sich die drei noch etwas, nicht nur über Drachen; nebenbei packte Daragon schon einige Sachen zusammen. Von großer Wichtigkeit waren natürlich seine Bücher und Aufzeichnungen. Wenn Ludwigs Vater nicht erwähnt hätte, dass es vielleicht sinnvoll war auch noch Anziehsachen einzupacken, hätte der andere das glatt vergessen.

„Aber Hauptsache deine Bücher“, seufzte er Kopfschüttelnd und hatte nun Luwer auf den Arm, da Ludwig noch immer im Wohnzimmer saß.

Zum Abendessen dann begaben sie sich wieder ins Esszimmer und aßen erneut recht schweigsam. Gleich danach packten sie alles ins Auto, zwei große Kisten voller Bücher und eine kleine Tasche mit Anziehsachen und anderen Kleinigkeiten, und fuhren mit ihrem Gast zusammen wieder nach hause.
 

Wieder daheim rief Ludwig gleich bei seinem Onkel an und erzählte ihm wen sie mitgebracht hatten. Otto freute es auch, dass Daragon mal von seiner Burg runter kam und wollte sich gleich Morgen früh mit ihm treffen. Da Ludwig ja immer noch von der Schule aus Zwangsurlaub hatte konnte er in aller Ruhe morgen mit gehen.

„Du nutzt das ganz schön aus, dass du eigentlich Hausarrest hast, was?“, meinte sein Vater als sie im Wohnzimmer saßen und Ludwig das Telefon wieder aufgelegt hatte.

„Hättest du nicht eigentlich Schule?“, fragte Daragon gleich noch dazu, der Luwer so allmählich in den Schlaf streichelte.

„Ja. hätte ich eigentlich, aber ich wurde vier Wochen von der Schule verwiesen, wegen Nichts“, murrte er und sah seinen Vater funkelnd an.

„So unschuldig wie er wirken mag als Künstler, aber er kann auch ein richtiger Draufgänger sein. Er wollte mir eine Plastikflasche an den Kopf treten, hat aber einen Baum getroffen und die abgeprallte Flasche hat dann einen jüngeren Schüler am Kopf verletzt. Ich musste ihn verweisen, allerdings hat es kam seinem Image geschadet…“, seufzte er, denn letzteres gefiel ihm so gar nicht, aber daran konnte er nichts ändern.

„Böser Junge“, meinte Daragon grinsend.

„In fünf Wochen sind doch eh Sommerferien“, erwiderte Ludwig Schulterzuckend.

„Aber dieser Vorfall wird dich immer verfolgen.“

„Wenn meine Zukunft so aussieht wie auf seinem Schoss, dann kann mir das doch sowieso egal sein, oder? Selbst wenn ich studieren sollte, ich denke nicht, dass es die Uni interessiert ob ich mal von der Schule verwiesen wurde.“

„Ludwig, abmarsch“, sagte sein Vater betont und deutete nach oben.

Grummelnd stand der Junge auf und nahm Luwer mit sich nach oben, der mittlerweile tief und fest schlief.

„Gute Nacht“, meinte er noch und verschwand dann die Treppe nach oben. Er legte Luwer in sein Bett und setzte sich dann noch etwas vor Richards Terrarium, der noch wach war.

„Schön, dass Ihr wieder zurück seit Meister“, zischte er, „Ihr hattet Besuch in eurer Abwesenheit. Sie erschien am Fenster, gerade als ich auf dem Weg war auf Euer Bett.“

„Kann ich dir das Siezen nicht irgendwie abgewöhnen?“, seufzte er, „das war sicher nur Richard, er kommt meist die Leiter hoch in mein Zimmer. Was wollte er denn?“

„Er sprach nicht mit mir, aber er schien traurig, dass Ihr nicht da wart.“

Ludwig griff nach seinem Handy und rief bei seinem besten Freund an, da fiel ihm ein, dass er ja noch gar nichts von Luwer wusste. Ob er es ihm erzählen sollte? Ach, was sollte schon passieren, sie waren Freunde seit sie denken konnten. Sie hatten bisher alle ihre Geheimnisse mit einander geteilt.

Es klingelte im Handy.

„Ja?“, kam es leicht angesäuert vom anderen Ende.

„Richardlein“, meinte Ludwig zuckersüß, „tut mir leid, dass ich nicht da war, aber mein Vater hat mit mir einen kurzfristigen Ausflug gemacht.“

„Und das konntest du mir nicht mitteilen?“,

fragte der andere grummelnd.

„Ich falle vor dir auf die Knie und entschuldige mich tausend mal, aber dazu musst du zu mir rüber kommen. Ich muss dir sowieso noch etwas gestehen.“

„Soll ich gleich kommen?“

„Bitte, aber pass auf, dass mein Vater dich nicht sieht. Du kennst ihn ja…“

„…keine Übernachtungen am Sonntag“, sagten beide dann im Chor. Richard lachte und Ludwig lächelte sanft.

„Ich bin schon halb auf dem Weg zu dir, bis gleich.“

„Ja“, nickte Ludwig und legte dann auf.

„Was habt Ihr vor?“, fragte der Waran nun.

„Noch jemanden erzählen, dass ich einen echten Drachen besitze“, sagte Ludwig und legte den Pinsel auf das Terarrium. Er stand auf und zog sich schon mal um.

Wenig später klopfte es an seinem Fenster und er öffnete.

„Ganz leise“, meinte er und half ihm rein.

„Was’n das für ne Echse?“, wollte Richard gleich wissen und deutete auf den Waran. Mit einem Scharfen Blick bedeutete Ludwig dem Tier, dass es schweigen sollte.

„Schuhe aus bitte. Das ist Richard ein Zwergwaran. Mein Onkel hat ihn mir geschenkt, vor ein paar Tagen schon.“

„Wegen dem Vieh bin ich heute fast von der Leiter gefallen. Du hast ihn schon einige Tage und erzählst mir nichts!?“, erboste sich der andere.

„Cool down mein Bester. Es gibt noch mehr was ich dir beichten muss“, meinte Ludwig und drückte Richard auf seinen Schreibtischstuhl.

„Noch mehr? Noch ein Waran der vielleicht Ludwig oder Cosima heißt?“

„Als ob ich nichts besseres zu tun hätte. Nein, das ist es nicht“, meinte er und seufzte schwer. So recht wollte er dann doch nicht gleich damit raus rücken.

Da er Sekunden lang nichts sagte stand Richard wieder auf und nahm Ludwig in den Arm, „was ist los? Hast du ne Freundin? Bist du endlich schwul? Naht der Weltuntergang?“

„Nein. NEIN! Kann ich dir nicht sagen“, erwiderte er, „ich weis nicht wie ich es dir sagen soll…“, seufzte er und lehnte sich an ihn.

„Vorsicht, oder mir geht noch einer ab.“

„Dann werfe ich dich aus dem Fenster“, grummelte Ludwig, „das ist keine Situation für solche Scherze.“

„Dann sag mir was los ist.“

Ludwig atmete noch einem tief durch und drückte sich soweit von Richard weg, dass er die Hände auf seine Schultern lagen konnte. Sie sahen sich gegenseitig tief in die Augen.

„Mein Waran kann sprechen und ich besitze einen echten Drachen“, kam es dann direkt heraus.

Richard starrte ihn an und fing dann an schallend zu lachen. Erschrocken fuhr Ludwig etwas zusammen und hielt ihm dann die Hände vor den Mund.

Auf der Treppe waren Schritte zu hören. In Panik schob er Richard in seinen Kleiderschrank und schnappte sich sein Handy. Er warf sich aufs Bett und tat so, als würde er mit jemanden telefonieren, der ihm gerade einen Witz erzählt hatte. Wenige Augenblicke später erschien sein Vater im Zimmer.

„Was treibst du hier oben?“

„Ich telefoniere, ist doch nicht verboten oder?“, fragte er und hielt den unteren Teil seines Handys mit der Hand zu.

„Ist es nicht, aber etwas leiser bitte. Grüße an Richard“, sagte sein Vater und ging dann wieder.

Ludwig fand es immer wieder aufmunternd, dass sein Vater immer zu erst an Otto dachte, wenn er telefonierte. Gut, meistens war es auch dieser, aber es war keine Selbstverständlichkeit, dass er immer nur mit diesem telefonierte.

Er wartete noch bis sein Vater wieder im Wohnzimmer sein musste, dann holte er den anderen aus dem Schrank raus. Richard ließ sich nun auf dem Schreibtischstuhl nieder und sah zu Ludwig hoch, der vor ihm stand.

„Das war ein Scherz mit dem Waran und den Drachen, oder?“, fragte er nach.

„Nein“ erwiderte Ludwig Kopfschüttelnd und holte den Waran zu sich heran.

\\Bitte, sag mir, dass du auch mit andere sprechen kannst.\\

„Richard, sag hallo zu Richard“, meinte Ludwig.

„Guten Abend der Herr“, meinte der Waran und streckte dem anderen die Kralle entgegen. Nach dem geschockten Gesicht seines besten Freundes zu urteilen verstand er den Waran, denn er schüttelte ihm auch die Kralle, ganz in Trance. Es dauerte noch einen Moment bis er sich wieder gefangen hatte, „cooler Roboter.“

Ludwig sah ihn an und seufzte schwer.

„Er ist echt“, Ludwig brachte das Tier wieder in sein Terrarium.

„Okay, wenn du meinst. Also, wo ist dein Drache?“, fragte Richard dann.

„Du glaubst mir immer noch nicht.“

„Wie denn bitte? Es gibt keine Drachen, das sind Fabelwesen und was deinen Waran an geht, der modernen Technik ist es durchaus möglich solche Roboter zu erstellen.“

„Das kannst du aber knicken. So lebensechte Tiere können sie noch nicht erstellen, vor allem nicht, die eine so feine Sprachabstimmung haben. Richard, glaub mir, sowohl der Waran, als auch der Drache sind echt“, sagte er und hob den schlafenden Luwer aus seinem Körbchen um ihn Richard zu zeigen.

„Das ist Luwer.“

„Also ich habe mir die ja ein bisschen größer vorgestellt.“

„Er ist noch ein Baby wenige Tage alt“, seufzte Ludwig, „ich zwinge dich nicht dazu mir zu glauben. Ich finde es nur schade, dass du es nicht tust.“

Er legte den kleinen wieder zurück und nahm seinen Pinsel.

„Dann beweise ich es dir anders. Dein größter Wunsch ist es, einmal in einem Regen aus Kirschblüten zu stehen. Bitte, diese Regen sollst du haben“, meinte er und dachte an die Kirschblüten und begann einfach in die Luft zu tippen. Kurz gab es ein kleines blitzen, dann erschien eine Blüte nach der anderen und sie regneten auf den Jungen hinunter.

„Bitte, das kannst du nicht mit Technik erklären. Mit diesem Pinsel kann ich alles erscheinen lassen was ich will.“

Hin und weg von dem ganzen starrte Richard auf die Blüten und Ludwig, der immer mehr erscheinen ließ, bis er keine Lust mehr hatte.

„Das kann ich wirklich nicht erklären. Mit dem Ding kannst du wirklich alles erscheinen lassen?“

„Das kann ich sogar allein mit meinen Gedanken mein Süßer, aber ob das mit den Gedanken auch in der Realität funktioniert weis ich nicht. Was soll ich dir zeichnen?“, fragte er mit einem zufriedenen Grinsen.

„Nichts. Ich glaube dir“, gab Richard ehrlich zu und wischte die Blütenblätter von sich runter.

„Du bist eben ein sehr rationaler Mensch“, lächelte Ludwig und nahm ihn in den Arm, „schön, dass du mir glaubst. Du darfst das aber niemanden erzählen.“

„Das versteht sich von selbst“, nickte Richard eilig und stand auf. Er drückte Ludwig noch mal und flüsterte grinsend, „typisch Künstler.“

Ludwig drückte ihm noch eine Kopfnuss auf und begleitete ihn dann zum Fenster.

„Hast du morgen Zeit?“

„Am Abend vielleicht“, meinte Ludwig und hielt ihm das Fenster auf.

Seufzend sah Richard ihn an, „du hattest in den letzten Tagen kaum Zeit für mich.“

„Ach mein süßes Dienerchen. Ich rufe dich morgen Abend an und dann können wir so lange reden wie du willst, okay?“

Schmollend nickte er und kletterte dann runter. Ludwig sah ihm noch nach und schloss dann das Fenster. Nun legte auch er sich hin und schloss die Augen. Bald schon war er eingeschlafen und träumte wieder von der grünen Wiese, wo er sich austoben konnte.



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