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Legenden der Verdammnis

von

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Er bleibt hartnäckig

„Meinst du, ich kann so gehen?“ Tenten sah unsicher in den Spiegel, als sie vor ihrem Kleiderschrank stand und an sich herumzupfte. „Der Rock ist zu kurz, oder?“

„Ja“, sagte Sakura einfach. Sie lag auf dem Bett ihrer Freundin und zog ein missbilligendes Gesicht. „Und zwar viel zu kurz. Und dein Top …“

„Ah, vergiss es lieber, Saku … Ich denke, der Rock geht schon.“

„Das Top …“

„Ist auch okay.“ Tenten nickte ihrem Spiegelbild zu und prüfte das Make Up. Immer wenn sie ausgingen, fragte sie Sakura nach ihrer Meinung, und so langsam müsste sie eigentlich verstanden haben, dass es keinen wirklichen Sinn machte.

Tenten fragte, ob etwas zu gewagt war, und Sakura antwortete mit Ja.

Tenten überging Sakuras Meinung, die ihr viel zu vernünftig schien und trug es trotzdem.

Im Gegenzug ließ Sakura dafür keine Gelegenheit offen, ihr die viel zu gewagte Kleidung unter die Nase zu reiben …

Es war wirklich immer das gleiche.

„Und was ist mit dir? Willst du nicht …“ Tenten hielt inne und sah zu ihrer schwarzgestrichenen Tür. Es hatte leise geklopft und nun steckte ihre Mutter den Kopf ins Zimmer.

„Hallo Sakura“, grüßte sie und trat ein. „Ich wollte nur kurz wissen, wann ihr zurück seid, Spätzchen.“ Sie sah ihre Tochter fragend an und lächelte verhalten. „Muss es wirklich ein so kurzer Rock sein? Du bist doch erst …“

„Sechzehn, genau! Und alle sechzehnjährigen tragen so was, Mum!“

Tentens Mutter schaute zu Sakura, die entgegen den Worten ihrer Freundin eine Jeans trug. „Sakura …“

„Sakura und du, ihr seid in einem Club, oder?“, unterbrach Tenten mürrisch. „Kurz ist heute nun mal angesagt, und wir wissen beide, dass Sakura nicht ganz hinterherkommt!“

„Vielen dank“, lächelte Sakura amüsiert, während Frau Ama ausseufzte.

„Ich sag ja gar nichts mehr, Spätzchen. Wann wolltet ihr zurück sein?“

„Um elf“, sagte Sakura und erntete einen fuchsigen Blick ihrer Freundin.

„Um eins“, korrigierte Tenten betont.

„Um eins?“, sagten Sakura und Frau Ama zur gleichen Zeit.

„Das ist viel zu spät!“, meinte Sakura und richtete sich auf.

„Das ist es wirklich“, fügte Tentens Mutter hinzu, die von Sakura nicht selten aus dem Konzept gebracht wurde. Am Anfang hatte sie immer geglaubt, es sei nur eine Masche des Mädchens, um ihr Vertrauen zu erschleichen, aber mittlerweile war sie sich ziemlich sicher, dass Sakura wirklich so war.

Und ab und an auch etwas hinterher, wie ihre Tochter behauptete …

„Wie wäre es mit zwölf? Das ist doch ein Kompromiss.“ Frau Ama lächelte gütig, obwohl sie innerlich überlegte, was sie mit einer Tochter wie Sakura wohl getan hätte. Angebettelt, einmal länger wegzubleiben? Auch kurze Röcke zu tragen und den gängigen Trends zu folgen? Aufmüpfig zu werden?

Herr je …

„Meinetwegen“, holte Tenten ihre Mutter aus den Gedanken. „Dann um zwölf. Aber vermutlich sind wir dann die ersten, die gehen werden …“
 

„Ohhh, sieh nur!“, rief Tenten, hakte sich bei Sakura unter und zog sie zu einem Tisch, der im Dunkeln einer verborgenen Ecke des Lokals lag. „Da ist Neji!“

„Ich weiß“, lächelte Sakura vergnügt. Tentens Benehmen sobald sie den älteren Schüler sah, war meistens sehr amüsant, und es war nicht selten, dass sie sich dann um Kopf und Kragen redete.

„Du könntest ihn fragen, ob er mit dir tanzt“, schlug Sakura vor, als Tenten schon hinter der Getränkekarte verschwand, kaum dass Neji sie bemerkt und kurz zugenickt hatte. „Obwohl ich der Meinung bin, dass er zu alt ist.“

„Zu alt?“ Tenten sah abrupt auf und reichte Sakura die Karte. „Neji ist achtzehn!“

„Das weiß ich. Zwei Jahre unterschied können …“

„Oh bitte, Saku!“, stöhnte Tenten und legte sich über den halben Tisch. „Abgesehen davon, dass ich mich sowieso nicht trauen werde, ihn zu fragen … Hör wenigstens für einen Abend auf die Vernünftige zu sein!“

„Du stimmst mir also zu, dass er zu alt ist?“

„Nein!“ Tenten schüttelte entsetzt den Kopf. „Dreh dir doch meine Worte nicht immer zurecht! Ich meinte, dass du dich doch ab und an wirklich mal wie ein durchgeknallter Teenager verhalten könntest.“

„Ich kann es ja versuchen.“ Sakura zwinkerte belustigt. „Aber einer von uns muss doch ein wachsames Auge haben.“

Tenten zog eine jämmerliche Miene einer Antwort vor und bestellte sich und Sakura Cocktails, die – wie nicht anders zu erwarten – alkoholfrei waren.

„Braves Kind“, scherzte Sakura, lehnte sich zurück und ertrug für die nächsten Stunden das unaufhörliche Pochen der Musik.

Bis zwölf war viel zu lange …
 

Sakura beobachtete mit genauster Aufmerksamkeit die Uhrzeiger über der Bar. Bisher hatte sie drei Stunden auf diese Weise hinter sich gebracht, und nur noch eine einzige würde folgen, ehe sie endlich Tenten nach Hause bringen konnte. Danach konnte sie endlich etwas Ruhe genießen und für ein paar Stunden Tokio verlassen. Morgen war keine Schule und Tenten würde den ganzen Sonntag verschlafen, weswegen sie sich auch keine großen Sorgen zu machen brauchte. Mit aller Gemächlichkeit könnte sie sich das nötige Blut besorgen, zurück in ihre Wohnung fahren und den Rausch überstehen, der sie danach immer überfiel. Mit etwas angenehmer Musik würden sich die Aggressionen schnell legen, und am Montag würde alles ganz normal weitergehen.

Es war ein guter Plan, wie Sakura fand. Sie seufzte zufrieden auf und blickte flüchtig zu Tenten, die mit ein paar anderen auf der Tanzfläche lachte und tanzte. Sakura hatte dankend abgelehnt, als Tenten sie aufgefordert hatte mitzukommen. Sie tat recht viel für ihre Freundin, aber manche Dinge gingen dann doch zu weit. Und sich noch näher an die schallenden Lautsprecher zu wagen, wäre selbstzerstörerisch gewesen …

Sakura kniff die Augen zusammen, als neben ihr jemand die dritte Zigarette am Stück rauchte. So sehr sie es auch mochte unter den Menschen zu leben; an einige Dinge würde sie sich niemals gewöhnen können. Ihre Nase und auch ihre Augen waren fiel zu empfindlich, als dass sie es lange in so einem Lokal aushalten konnte, und kaum dass noch ein zweiter Mann zu rauchen begann, stand sie wütend auf.

„Ich geh mal an die frische Luft“, sagte sie zu Tenten und nickte deren Freundinnen zu, die ihr fragende Blicke zuwarfen. Sakura wusste, dass die Leute sie seltsam fanden – genauso wie Sakura nicht verstand, warum es hier allen gefiel in dunklen Sachen und mit blassgeschminkter Haut durch die Gegend zu laufen. Manche sahen aus, als wären sie längst tot, und andere wiederum glichen knallbunten Vögeln in neonschrillen Farben. Die Musik, die sie hörten, durchdrang den ganzen Körper und ließ ihn vibrieren, und manche Lieder hatten nicht einmal mehr eine erkennbare Melodie. Warum sich Tenten so zu ihnen hingezogen fühlte, konnte sie eigentlich nicht nachvollziehen – aber da sie es nicht ändern konnte, tat sie wenigstens ihr mögliches, um den Menschen tolerant zu begegnen.

Doch ab und zu ärgerte es Sakura trotzdem. Nicht wenige sprachen über den Tod, wie über einen angenehmen Begleiter, dabei wusste nicht einer von ihnen, was er wirklich bedeutete.

Und dass es nichts grausameres gab, als ihm gegenüberzustehen …
 

Sakura war ein wenig durch die Straßen gelaufen, um der lauten Musik zu entkommen. Unterwegs war sie einem Pärchen begegnet, und sie hatte sich bei dem Gedanken an ihr köstliches Blut erwischt. Es gefiel ihr nicht, dass sie nun schon so ausgelaugt war, aber noch schaffte sie, die Kontrolle über sich zu behalten.

Allerdings hatte sie sich diesmal wirklich viel Zeit gelassen, und ein zweites Mal durfte es nicht so weit kommen. Es war lange her, dass sie einfach so fremden Menschen nachgesehen hatte und sich dabei vorstellte, wie sie ihnen in die Kehle biss.

Sakura stöhnte genervt vor sich her und schlug den Rückweg ein. Es war halb zwölf, und sie war froh endlich nach Hause zu kommen. Sie würde ein paar Dinge einpacken und den nächsten Zug in die Vororte Tokios nehmen, einen geeigneten Kerl ausfindig machen, über ihn herfallen und sich ein paar kräftige Schlucke gönnen. Danach würde er irgendwann aufwachen und glauben, überfallen worden zu sein. An sie aber würde er sich nicht mehr erinnern …

Sakura musste das durstige Grollen in ihrem Innern unterdrücken. Es war wirklich Zeit. Dass sie das letzte Mal so einen Drang gehabt hatte, lag mittlerweile Jahre zurück. Normalerweise hielt sie ihre Abstände ein und ließ nichts dazwischen kommen. Diesmal war es jedoch passiert, aber noch war sie guter Dinge.

Sakura hatte das Lokal fast erreicht, als sie ruckartig stehen blieb und allein durch Reflex in den Schatten glitt. Sie verengte die Augen und lauschte den Stimmen, die zu ihr drangen und verdächtig nach ihrer Freundin klangen. Wie eine samtpfötige Katze bewegte sie sich ungesehen durch die Nacht und ging entlang der Mauerwand, bis sie Tenten erkennen konnte.

Und einen fremden Jungen, der nicht nach Neji aussah und sie dennoch küsste …

Sakura knurrte leise und zwang sich, nicht dazwischen zu gehen. Es ging sie nichts an, mit wem sich ihre Freundin abgab, auch wenn sie zuvor noch gemeint hatte einen anderen zu mögen. Tenten musste ihre Entscheidungen alleine treffen, und sollte sie einen Fehler begehen, musste sie diesen auch alleine bereuen.

Dennoch versuchte Sakura die städtischen Geräusche auszublenden und sich nur auf die Worte der beiden zu konzentrieren. Es wurde nicht viel gesagt, aber irgendwann glaubte Sakura Tenten nein sagen zu hören, währenddessen der Junge das Nein aber nicht akzeptierte.

Für Sakura reichte das, und als sie aus der Dunkelheit hervortrat, grollte es abermals tief in ihrer Brust.

Sie spannte die Muskeln an und tat, als würde sie einatmen. Oftmals konnte sie diese menschliche Geste beruhigen, und gerade jetzt glaubte sie nicht sehr ruhig zu sein.

„Tenten!“ Sakura tauchte in Bruchteilen einer Sekunde neben den beiden auf und krallte dabei ihre Finger in die eigene Handfläche. Sie roch den Alkohol des Jungen, doch durfte sie deswegen nicht leichtfertig handeln. Sie war eine Schülerin, und als Schülerin konnte sie niemanden gegen die Wand werfen, sosehr es ihr auch danach verlangte …

„Sakura?“, sagte Tenten überrascht und drückte sich von dem Jungen fort, der ebenso verwirrt schien. „Wo kommst du her?“

„War spazieren“, zwang sich Sakura zur Antwort. „Was tut er da?“

„Nichts, ich … wir können gehen, Saku. Ich hab schon meine Tasche und wollte dich nur noch suchen.“

„Hmm.“ Sakuras Augen lagen gefährlich auf dem Jungen, der breit zu grinsen begann und sich wankend von der Mauer abstieß.

„Ihr wollt die Party schon verlassen?“, sagte er und stieß dabei gurgelnd auf. „Jetzt schon? Ist doch grade lustig geworden, oder Ten?“ Er leckte sich über die Lippen und wollte nach Tentens Arm greifen, doch zog Sakura sie ihm gleichen Moment schon zurück.

„Wag es nicht …“, zischte sie unheilvoll, doch als sie den erschrockenen Blick ihrer Freundin bemerkte, drehte sie sich nur um und holte erneut Luft. „Lass uns gehen. Es ist spät.“

Tenten nickte unsicher. „Klar …“

„Ey Mädels, wartet doch …“ Der Junge hatte seinen eigenen Schrecken überwunden und lief den beiden Mädchen nach. „Wir können doch noch ein bisschen unter uns feiern, oder? Ey, Süße, warte!“ Er griff sich Sakura, doch auch als sie sich umdrehte, grinste er nur weiter. „Was meinst du?“

„Du willst … wissen, was ich meine?“ Sakuras Stimme war nur noch ein bedrohliches Flüstern. „Das werde ich dir gerne verraten …“

„Sakura?“ Plötzlich griff auch Tenten nach Sakuras Hand. „Können wir bitte einfach gehen?“

Sakuras Mundwinkel zuckten, doch nickte sie schließlich. Sie durfte die Kontrolle nicht verlieren. Nicht vor ihr.

„Du solltest alleine feiern“, sagte sie betont ruhig, doch ließ sie der Junge noch immer nicht los.

„Und wenn ich nicht will?“, grinste er vielsagend. „Was dann?“

„Dann …“, setzte Sakura an, als ihr ein weiterer Duft in die Nase stieg und sie schlagartig verstummen ließ.

„Dann werde ich dir eins auf die Nase geben müssen“, lachte eine weitere Stimme, und noch im selben Augenblick wurde der Junge von Sakura gerissen und unsanft zu Boden gestoßen.
 

Sakura hatte noch immer Mühe, sich zu beruhigen. Sie stand vor ihrer Wohnung und kramte nach dem Schlüssel, doch ihre Gedanken kreisten die ganze Zeit um das eben Geschehene.

Yuichi …

Sakura konnte nicht sagen, ob er im richtigen oder falschen Moment aufgetaucht war. Sie wusste auch nicht, ob es etwas Gutes oder Schlechtes hatte. Eigentlich gut, und doch auch wieder schlecht.

Es war zum Verrückt werden!

„Hier“, sagte plötzlich die Stimme des jungen Vampirs und mit einer schnellen Bewegung hatte er aus Sakuras Tasche den Schlüssel geholt. Sie konnte ihn nur entgeistert ansehen, denn dass er ihr gefolgt war, hatte sie nicht einmal mitbekommen.

„Ich hab dir doch gesagt …“, setzte sie an, doch war Yuichi schon in ihrer Wohnung verschwunden, kaum dass sie die Tür geöffnet hatte. „Das geht nicht, Yuichi!“, knurrte sie wütend, als sie ihm ins Wohnzimmer folgte. „Was hast du dir vorhin dabei gedacht?“

„Ich wollte nur helfen“, sagte Yuichi schnell und schmiss sich vor den Fernseher. Er schaltete ihn einfach an und tat, als wäre es etwas vollkommen Normales. „Du sahst so aus, als wenn du den Kerl abmurksen wolltest. Ich dachte, das wäre vor dem Menschenmädchen unangebracht. Also siehst du?“ Yuichi grinste breit. „Nur geholfen.“

„Ich hätte ihn nicht umgebracht!“, zischte Sakura. „Ich hatte mich unter Kontrolle, verstanden?“

Yuichi seufzte theatralisch und legte sich auf der Couch lang. „Ich weiß, dass du sauer bist. Aber überleg mal, wie das Mädchen schon so geguckt hat, weil du dich komisch verhalten hast. Das war wirklich, wirklich unvorsichtig von dir …“

„Du bist gerade unvorsichtig …“, brodelte Sakura und zog den Stromstecker des Fernsehers, bevor sie einfach in ihr Schlafzimmer marschierte.

Ignoranz war vielleicht die einzige Möglichkeit sich gegen den unverschämten Bengel zur Wehr zusetzen, auch wenn er möglicherweise – und es war nur ein minimales möglicherweise – recht hatte.

Tenten hatte tatsächlich erschrocken geschaut und nicht verstanden, was mit einmal los gewesen war. Als sie ihre Freundin dann nach Haue gebracht hatte, war sie immer noch verwirrt gewesen, auch wenn sich Sakura sicher war, dass es bald vergessen sein würde. Und vielleicht hatte es auch nur an der Prügelei gelegen, die sich der freche Bengel mit dem anderen Jungen geliefert hatte.

Und wenn Sakura ganz ehrlich war, dann hatte Yuichi seine Sache gut gemacht. Er hatte so wenig unmenschliche Stärke benutzt, dass es nicht einmal ihr fremdartig vorgekommen wäre. Aber hieß das nun, dass sie in seiner Schuld stand?

Sicher nicht!

„Was ist?“, fauchte Sakura, die gerade ihr nach Qualm stinkendes Shirt ausgezogen hatte und sich trotzdem einfach umdrehte. „Bist du jetzt auch noch ein Spanner?“ Wütend blickte sie Yuichi an, der in der Tür zu ihrem Schlafzimmer stand und breit grinste. „Mach die Augen zu! Du bist ein Kind und hast nicht zu starren!“

„Ich bin sechzehn, und ich lass mir doch kein halbnacktes Mädchen entgehen, das auch wie sechzehn aussieht!“ Yuichi grinste immer mehr, und während Sakura ihn mit zornigen Blicken durchbohrte, kroch sie in ein neues T-Shirt. „Ich glaube, dass war das Tollste, was ich bisher gesehen hab …“, fügte er noch glucksend hinzu, als Sakura stramm an ihm vorbeimarschierte und ihr altes Shirt dabei achtlos in eine Ecke warf.

„Dann solltest du zufrieden sein und gehen!“, zischte sie, suchte nach ihrem Rucksack und schmiss eine Jacke und ihre Brieftasche hinein. „Ich will nämlich noch weg, also wäre es jetzt wirklich an der Zeit …“

„Wo willst du hin?“, fragte Yuichi und tauchte in einer unmerklichen Bewegung vor Sakura auf, als sie schon in den Flur lief. „Willst du trinken gehen? Du könntest mich mitnehmen!“

„Niemals!“

„Oh bitte, Sakura, nur einmal! Dann sehe ich wie es geht, und danach …“

„Nein, und Ende der Diskussion!“, knurrte Sakura, riss die Tür auf und war schon im nächsten Moment verschwunden.
 

Sakura war schlecht gelaunt, als sie durch die Straßen von Kazuha lief. Die Kleinstadt unweit von Tokio war ein Ort, zu dem sie öfter fuhr, wenn sie durstig war. Hier gab es düstere Gegenden und versteckte Winkel, in denen sich Menschen der übelsten Sorte nur zu gern aufhielten.

Und Sakura hatte heute Nacht gleich zwei von ihnen aufgelauert und bewusstlos in den Häusernischen liegen lassen.

Ihr Gewissen beruhigte sie damit, dass sie es nötig gehabt hatte. Sie war ungemein geschwächt gewesen, und gerade in Zeiten wie diesen, in der sie das Böse an jeder Ecke lauern sah, war es nicht gerade vorteilhaft.

Sakura wusste jedoch, dass es gefährlich war, was sie tat. Sie hatte den beiden Männern viel Blut genommen, und nun spürte sie ihre innere Angriffslust mehr als sonst nach dem Trinken. Sie würde länger als einen Tag brauchen um den Rausch loszuwerden, und vermutlich würde sie auch am Montag nicht zur Schule können. Tenten würde deswegen bestimmt sauer werden …

Seufzend suchte sich Sakura eine Bank in dem dunklem Park der Stadt und lauschte dem leisen zwitschern der Vögel. Sie waren Nachtschwärmer wie sie, und dennoch gab es einen entscheidenden Unterschied.

Sie lebten …

Als Sakura die Augen schloss und leise grollte, holte sie menschengleich tief Luft.

„Was willst du hier, Yuichi? Habe ich mich nicht klar ausgedrückt?“, fragte sie ins Nichts, und doch bekam sie die erwartete Antwort.

„Du bist besser drauf, oder?“, erwiderte der junge Uchiha und ließ sich neben sie auf die Bank fallen. „Ich meine weniger deine Laune. Die ist noch schlimmer, aber dein Gehör ist besser, stimmt’s?“

„Du bewegst dich auf sehr dünnen Eis, Junge. Geh und lass mich in Frieden. Du nervst, und ich möchte im Augenblick meine Ruhe haben.“

„Soll ich später wiederkommen?“

Sakura fixierte den jungen Vampir mit einem beunruhigenden Blick. „Reiz mich jetzt nicht!“

„Du bist wirklich noch übler drauf! Warum? Liegt das am Trinken? Wenn ich trinke, geht es mir eher immer besser, und sogar mein Bruder, der – und das kannst’e mir glauben – noch übler drauf sein kann als du, der ist danach erträglicher.“

„Das freut mich für dich und deine Familie …“ Sakura ballte unbewusst ihre Hände und grub die Fingernägel ins eigene Fleisch. Yuichi beanspruchte ihre Nerven ungemein, doch noch mehr tat sie es selbst.

Sie hasste ihre Reaktion auf zuviel menschliches Blut, und sie hätte sich jetzt am liebsten selbst eingesperrt. Im Moment fühlte sie sich wie ein ungebändigtes Monster, und es war nur ein kleiner Teil ihres Willens, der sie zur Kontrolle zwang.

Der stärkere Teil; der, der frei sein wollte. Der kennen gelernt hatte, was Freiheit bedeutete.

„Muss es nicht“, hörte sie Yuichi sagen, und sie fragte sich, ob er wirklich annahm, dass sie es ernst gemeint hatte.

Mürrisch wandte sie ihm ihr Gesicht zu und wartete, dass er weitersprach. Es war offensichtlich, dass er das vorhatte, und da Sakura sich in ihrer Selbstbeherrschung üben wollte, ließ sie es vielleicht für ein paar Minuten zu.

„Du magst mich nicht, oder?“, fragte er dann mit deprimierten Unterton. Er grinste zwar, doch klang er viel zu traurig, als dass es echt wirkte.

„Nein“, gab Sakura schlicht zurück.

„Weil ich ein Uchiha bin, nicht wahr? Die meisten Vampire mögen unseren Clan nicht, weil sie meinen, er würde sich total über die anderen stellen und seine Macht missbrauchen. Ich meine, ich kann doch aber nichts …“

„Halt die Klappe, Yuichi“, stöhnte Sakura und lehnte den Kopf in den Nacken, um genervt in den Sternenhimmel zu sehen. „Mich interessiert es nicht, wer oder was du bist, okay? Du nervst einfach, deswegen …“

„Wirklich?“ Yuichis Augen wurden groß und zu Sakuras Unglauben begann er breit zu grinsen. „Meinst du das echt?“

„Du bist … ein totaler Spinner, oder?“ Sakura schüttelte fassungslos den Kopf. „So einen wie dich hab ich noch nie getroffen. Und der Teufel möge uns davor bewahren, dass es noch mehr mit deinem dümmlichen Mundwerk gibt …“

„Ich bin einzigartig, ich weiß“, lachte Yuichi. „Aber du willst du mir nicht verraten, warum du so mies drauf bist? Ich meine, jemanden wie dich gibt’s bestimmt auch nicht so oft, was?“

„Nein“, sagte Sakura verächtlich. „Selbst der Teufel würde das nicht zulassen …“, murmelte sie dann und stand abrupt auf. „Und jetzt hör auf mich zu belästigen. Du benimmst dich wie ein Kind und nicht wie ein Sechszehnjähriger. Du solltest wissen, wann genug ist!“

Yuichi sah beleidigt auf, doch dann sprang auch er auf die Beine und zuckte mit den Schultern. „Gut, dann verschwinde ich eben erst mal wieder.“

„Nicht erst mal! Ich will nicht, dass du mir noch mal nachläufst!“

„Werd ich aber“, lachte Yuichi und machte einen Satz nach hinten, als Sakura bösartig knurrte. „Weil ich dich nämlich trotzdem mag.“

Dann war er weg, einfach so.

Sakura aber starrte regungslos in die Dunkelheit und spürte den seltsamen Stich in ihrer Brust.



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Kommentare zu diesem Kapitel (18)
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Von:  vanii
2010-05-30T17:55:43+00:00 30.05.2010 19:55
hey (:
also die ff ist ja mal ein hammer
der typ der saku immer auflauert ist ja mal sowas von niedlich, zwar nervig aber iwie auch niedlich (:
ich hoffe dich das du die ff wieder aufnimmst, denn wenn nicht wäre es sehr schade weil ich die nämlich wirklich klasse finde

glg

vanii
(:
Von:  xSasuSakux
2010-05-30T14:29:47+00:00 30.05.2010 16:29
Oh
Wie Suez
Ich mag die FF
Und Yuichi ist ja i.wie voll niedlich
Auch wenn er sehr nervig ist xDD
Mal sehen wann Sasu mal drin vorkommt
Ich hoffe, dass du die FF bald wieder aufnehmen wirst =)

Lg
xSasuSakux
Von:  kijara-chan
2010-02-23T19:27:03+00:00 23.02.2010 20:27
Die story finde ich super :-)
bin jetzt endlich auch mal dazu gekommen sie zu lesen. Aber was muss ich da lesen?!?! Abgebrochen?!?! Das doch ein Scherz, oder?!
Das kannst du mir doch nicht antun....

Liebe Grüße Sarah
Von: abgemeldet
2010-02-20T15:51:44+00:00 20.02.2010 16:51
echt klasse kapi
freu mich schon sehr aufs nächste

Von:  Angelstar91
2010-02-20T13:56:30+00:00 20.02.2010 14:56
Super Kap
Und ziemlich amüsant
Irgendie ist yuichi ja schon nervig
Aber trotz allem muss man ihn einfach mögen =D
Süß ist er ja irgendwie schon ^^
Bin mal gespannt wie lange Sakura noch auf stur schalten kann
Nicht mehr lang, und dann gbt sie doch auf und freundet sich mit ihm an
Ich fands super wie er die beiden vor dem Jungen "gerettet" hat
Wäre er nicht aufgetaucht, dann hätte Sakura ihn wohl erledigt und Tenten hätte es gesehen
Die schöpft ja jetzt schon Verdacht, denk ich mal
Freu mich aufs nächste Kap ^^
Von:  Saika_a
2010-02-20T11:58:31+00:00 20.02.2010 12:58
der vorletzte Satz kommt einfach richtig gut!
bin mal gespannt, wann er das nächste mal bei Saku aufkreuzt^___^
RÄD SvM


Von:  Saika_a
2010-02-20T11:14:59+00:00 20.02.2010 12:14
der vorletzte Satz kommt einfach richtig gut!
bin mal gespannt, wann er das nächste mal bei Saku aufkreuzt^___^
RÄD SvM


Von:  Sakura-Jeanne
2010-02-20T08:40:12+00:00 20.02.2010 09:40
hammer kapitel
Von:  fahnm
2010-02-20T02:41:40+00:00 20.02.2010 03:41
Super Kapi!^^
Ich freue mich schon auf das nächste kapi!^^
Von:  Zuckerschnecke
2010-02-19T23:25:24+00:00 20.02.2010 00:25
och mensch sie ist so fies zu ihm
und er so süß ^-^
also, nicht dass das hier so ne dreiecksbeziehung
wird wenn sasuke noch hinzu kommt oder? oô wird
bestimmt lustig, aber wäre dann auch viel herzschmerz und bla
naja mal sehen wie es weiter geht

=)


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