Zum Inhalt der Seite

Shit Happens

Vampire haben's auch nicht leicht
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Die durchgeknallte Cousine

Anmerkung: Chiyo
 

Ich blinzelte mühsam gegen das Licht an der Decke. Mal sehen, was wir hier alles hatten; Bestandsaufnahme. Ich drehte den Kopf vorsichtig nach rechts, weil links ja der Schmerz war, der überraschenderweise gar nicht mehr so schlimm wie zuvor war. Hmm… Blau, definitiv. Gleich daneben lila… Weiter im Text. Auf meinem Bauch war auch ein Gewicht… rot. Und über mir auch rot… Rote Glubschies… Ich glaub, ich sah auch gleich rot, verdammt! Als ich Ryo gerade eine scheuern wollte, weil er sich so frech über mich gebeugt hatte, krallte sich Killer in meinen Bauch und ich schrie höllisch auf. Dadurch erschrak auch das kleine schwarzhaarige Mädchen und Michiru wäre beinahe auf ihren Pumps ein paar Meter nach hinten geschlittert.

„Na, seid ihr denn des Wahnsinns??? Was begafft ihr mich denn so? Noch nie einen Vampir beim pennen gesehen, oder was?!?“

„Doch schon, aber wir haben sehnlichst darauf gewartet, dass Ihr endlich aufwacht“, erwiderte Ryo, der sich den Hinterkopf rieb, welchen er sich bei meiner Aktion von eben am Türrahmen angehauen hatte.

„Er hat recht, Chiyo. Du hast fast einen ganzen Tag durchgeschlafen und wir mussten auf dich warten, damit wir endlich…“

Michiru brach den Satz ab und sah wehleidig zu der kleinen Schwarzhaarigen.

„Damit ihr was?“

Sie schüttelte den Kopf und wechselte stattdessen das Thema.

„Aber du siehst besser aus. Deine Schulter scheint fast verheilt zu sein.“

Ich sah, wie Schuldgefühle in ihren Augen aufglommen und ich winkte ab.

„Ja, ja… Ist doch alles unwichtig, zur Hölle!“

Ich klopfte gereizt auf das Bett und verletzte mich natürlich prompt wieder.

„AUA! MANN!!! Also, warum hattet ihr doch gleich gewartet?“

Ich setzte meinen besten Hundeblick ein, in der Hoffnung nun endlich ein paar Antworten zu kriegen. Ja, manchmal hatte auch ich ein Dauer-Abo der langen Leitung bezogen…

„Chiyo!“, rief Michiru und ich zuckte die Schultern.

„Herrin!!“, brüllte Ryo und ich warf ihm einen vernichtenden Blick zu.

„Chibiusa…“, schluchzte die Kleine und ich gab mir einen imaginären Tritt in den Hintern.

Scheiße! Weil ich so lange geratzt hatte, konnte das unschuldige Ding nicht beigesetzt werden… Mist. Mann, war das peinlich. Sofort versuchte ich sie zu trösten und tätschelte ihr die Schulter und bemühte mich, meine Krallen nicht auszufahren unter ihrer zarten, zerbrechlichen Haut. Ich glaube, ich hatte Hunger und würde demnächst auf die Jagd gehen müssen.

„Tut mir leid, ich wollte nicht… Also, ich meine… ich… ich weiß nicht, was ich meine!“

Ich hätte am liebsten mitgeheult.

„Hey, ihr beiden. Lasst uns mal kurz allein, wir kommen gleich nach.“

Ich wies mit dem Kopf in Richtung Tür und ein paar Sekunden später waren Ryo und Michiru schon draußen. Ich setzte mich auf die Bettkante und bemerkte etwas besonders Plüschiges unter meinem Po. Schlagartig riss ich die Decke hoch und zerrte Killer aus meinem Bett. Ja, war das denn zu fassen?! Plüschte die in meiner Kuscheldecke rum… Ich öffnete nochmal kurz die Tür, um sie mit einem Wurf in die Arme von Ryo zu befördern. Doch unglücklicherweise landete sie nicht ganz in seinen Armen und… Na ja; sagen wir mal, als ich die Tür schloss und mich wieder setzte, hörte ich merkwürdige Laute aus seinem Mund schreien. Junge, der hatte vielleicht ein Organ!

Ich wies mit einer einladenden Handbewegung auf den Platz neben mir und sie nahm zögernd platz. Verlegen schaute ich auf meine in Socken gehüllten Füßchen (jawohl, es sind Füßchen, so mini wie die sind) und tippelte ungeduldig mit ihnen auf und ab. Ich mochte es nicht, wenn jemand weinte, geschweige denn, wenn Kinder weinten. Und von Menschentränen will ich gar nicht erst anfangen.

„Wie heißt du?“

„Hotaru…“

Ein Glühwürmchen.

„Ich bin Chiyo“, sagte ich und versuchte dabei so zu grinsen, dass meine spitzen Beißerchen nicht allzu sehr entblößt wurden, wollte sie ja nicht noch mehr verängstigen. Sie antwortete nicht, schluchzte stattdessen in ihre kleinen Hände.

„Also, Hotaru… willst du… eine… ein… ähm… willst du einen Lolli?“

Sie sah mich an, als ob ich ihr eines meiner tiefgekühlten Blutpäckchen angeboten hätte.

„Einen Lolli?! Meine beste Freundin wurde gerade getötet und zwar von deinem Bruder! Und du bietest mir einen ‚Lolli’ an?!?“

Ich schluckte. Den Part der Story hatte ich schon verdrängt. Nariaki hatte uns alle verraten und ein kleines Mädchen getötet… Das konnte ich irgendwie noch nicht so recht verdauen. Er hatte uns doch vorher so viele Hinweise gegeben und dann… Warum?

„Du bist auch nicht besser als er…“

Ihre mehr hauchende als sprechende Stimme riss mich aus den Gedanken.

„Was hast du gerade gesagt?“

„Du hast mich schon verstanden! Dein Bruder ist ein Mörder! Ihr seid alle Mörder, ihr elenden Dämonen!! Ich hasse euch! Ich hasse DICH!!!“

Sie schrie auf. Ich biss mir auf die Unterlippe bevor ich ihr antwortete. Doch das half nicht viel, vieles rutschte mir dennoch raus.

„Glaubst du, ich freue mich darüber was passiert ist?! Mein Bruder ist trotz allem was in der Vergangenheit passiert ist meine Familie! Die einzige, die ich hab… Der Rest meiner Familie wurde von Leuten wie dir getötet! Und jetzt sieh mich an! Ich sitze nicht hier rum und heule!“

Kaum hatte ich die Worte ausgesprochen, bereute ich sie auch schon. Ich rechnete damit, dass sie wieder aufschluchzen würde, doch das tat sie nicht. Aus unerklärlichen Gründen waren ihre Tränen versiegt und mir dämmerte, dass sie den Schmerz aus meiner Stimme herausgehört haben musste.

„Was ist passiert? Ich meine, zwischen deinem Bruder und dir.“

Ich keuchte unwillkürlich auf und fasste mir an mein Herz. Bisher hatte ich mit niemandem darüber gesprochen; es hatte auch nie jemanden vorher interessiert, und diejenige, die Interesse gehabt hatte, war unerreichbar.

„Ich… kann nicht darüber sprechen.“

„Tut mir leid.“

Hotaru senkte die Stimme.

„Schon okay.“

Irgendwann würde ich darüber sprechen, wahrscheinlich sogar mit ihr.

„Aber eines kann ich dir sagen; wir sind nicht alle böse. Sicher, es gibt das ein oder andere schwarze Schaf“, ich versuchte nicht an meinen Bruder zu denken, „doch das ist nicht anders als bei euch Menschen.“

Sie nickte zögerlich.

„Vielleicht hast du recht.“

„Sicher, hab ich recht.“

Ich streckte ihr spaßeshalber die Zunge raus und sie lächelte sogar ein bisschen.

„Weißt du, ich hab auch Angst. Ich hab nämlich keine Ahnung, was aus meinem Bruder werden soll… Schon krass! Immer muss ich mich um ihn kümmern, obwohl er älter ist! Wir müssen einfach nach vorn blicken.“

„Ja, das stimmt. Aber… deinem Bruder kann ich trotzdem nicht verzeihen. Und wenn ich ihn sehe, werde ich mich rächen.“

Ich stutzte. Nicht, weil ich ihr nicht abnahm, dass sie solch einen Groll gegen Nariaki aufbrachte, sondern mehr, weil mir die Vorstellung entsprang, was ER tun würde, wenn er auf sie traf. Diese Frage konnte ich nämlich nicht beantworten… Wann hatte es angefangen, dass wir uns so sehr voneinander entfernt hatten?
 

„Lass uns gehen, sie wartet.“

Ich stand ebenfalls auf und gemeinsam gingen wir zu den anderen in den Garten hinaus. Ich weiß nicht, woher Ryo den Kindersarg genommen hatte (und ehrlich gesagt, wollte ich es auch gar nicht wissen), es zählte nur, dass er einen besorgt hatte. Er war weiß und mit Blumen bestückt und alles drum herum war schön aufgebahrt. Welcher Depp kam eigentlich auf die Idee, dass wir das kleine rosa Menschlein in meinem Garten vergruben…? Als ich einen Blick in die Richtung meiner Lehrlinge samt Tötungsmaschine warf und diese verlegen und pfeifend zur Seite starrten, konnte ich ein aufkommendes Knurren nicht unterdrücken. Nachdem er sich versichert hatte, dass mein Blick nicht mehr tödlich war, schlenderte Ryo zu mir herüber.

„Was fällt dir ein, du Spaten…?“

Ich hielt jedoch inne, da mir einfiel, wo wir uns befanden. In meinem Vorgarten mit… Ich verkneif’s mir lieber.

„Wir sollten einen Priester oder sowas herholen.“

„Einen Priester?“

Aus unerklärlichen Gründen zuckte eine meiner Augenbrauen schon wieder. Vielleicht sollte ich deswegen mal zum Arzt gehen, sooft wie das in letzter Zeit passierte.

„Ja! Menschen trauern doch so.“

„Nix gibt’s! Am Ende hat der noch ein paar Silberkügelchen dabei und macht einen auf Exhibitionist!“

„Ihr mein Exorzist?“

„Sag ich doch! Nix da, sowas kommt mir nicht ins Haus!“

„Aber…“

„Aber wir könnten Hikari herholen, die wäre perfekt für den Job geeignet.“

„Meine durchgeknallte Cousine? Ich weiß nicht… Das letzte Mal hat sie einen Geist in der Dusche beschworen, als Genba auf dem Klo war. Ich sag Euch, so grün hab ich den noch nie gesehen. Apropos… Genba…“

Ich beschloss, ihm lieber schnell das Wort abzuschneiden, bevor er depressiv werden konnte. Ich wusste GENAU, wie er sich fühlte.

„Hikari ist mittlerweile reifer geworden. Sie ist am Ende ihres Studiums zum Medium und wird so eine kleine Trauerfeier ja wohl noch hinkriegen.“

„Auf Eure Verantwortung.“

„Damit kann ich leben.“

Ich rief sie in Gedanken an und ein paar Minuten später erschien sie auch schon neben mir. Hikari war schon eine Sache für sich, da gab ich Ryo vollkommen recht. Kurzes verwuscheltes, silbernes Haar und orangerote Augen. Gepaart mit einem unkonventionellen bunten Outfit, bei dem so mancher alte Knacker einen Herzinfarkt bekommen hätte.

„Hey, Chiyo, du altes Haus!! Ryo-Herzchen!!“

Ich hatte ganz vergessen, wie wundervoll sie mit Worten umgehen konnte. Sie tänzelte rüber zum Sarg und lugte hinein.

„Ui! Zu viel Rosa für meinen Geschmack. Ist zwar lieb gemeint, aber ich habe schon gegessen.“

Ich korrigiere; ich habe VERDRÄNGT, wie wundervoll sie mit Worten umgehen konnte.

„Hikari-chan!“

Ryo sprang seiner Cousine entgegen, um sie zurechtzuweisen.

„Wir sind hier auf einer Beerdigung und du sollst das arme Mädchen zur letzten Ruhe geleiten! Also reiß dich gefälligst am Riemen!“

Ich wusste gar nicht, dass er so vernünftig sein konnte.

„Oh….“

Langsam schien es ihr zu dämmern. Und zu unserem Wehleiden lief sie nochmals zum Sarg.

„Jetzt, wo du es sagst… Die Kleine hat auch schon bessere Tage gesehen. Nur nicht den Kopf verlieren, was?“

Ihre schrille Stimme ertönte im Garten. Und ohne mich umzusehen wusste ich, dass auf einmal sehr viele wütende Blicke auf sie gerichtet waren. Bunny stapfte wie ein wild gewordenes Nilpferd auf sie zu und schalt sie zurecht.

„Was fällt dir ein??? Du redest hier zufällig von meiner Tochter!!“

Sie öffnete gerade den Mund, um Kontra zu geben, doch ich sprang dazwischen.

„Verkneif es dir, Hikari! Tu einfach nur deinen Job, okay?“

Ich sah kurz zu Ryo rüber, der mich mit seinem ‚hab-ich-doch-gesagt-Blick’ ansah.

„Ja, ja…“

Sie stellte sich demonstrativ vor den Sarg. Mit einem Fingerschnippen erschien eine Art Bibel in ihrer Hand und sie sah sogar tatsächlich so aus, als wäre sie gewillt, die Zeremonie durchzuführen. Ich warf eine Schweigeminute für die Kleine im Sarg ein. Killer saß neben mir auf dem Boden und sah aus, als trauere sie mit. Als ich einen Blick zu Hotaru warf, sah ich, wie ihr still die Tränen herabflossen und ich erlaubte mir in einem unbeachteten Augenblick ebenfalls eine Träne zu vergießen.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Origami
2011-09-22T22:53:23+00:00 23.09.2011 00:53
Ich find deine Fanfic einfach klasse und das obwohl ich die Kombi aus Sailor Moon und Vampieren etwas ... ähm...speziell find. Aber hey du hast gerade Chibiusa gekillt - die hasse ich seit der ersten Folge also beide Daumen hoch!!!!

So werd jetzt weiterlesen :)


Zurück