Liebe ist nicht nur sterblich...
Wer von Hoffnung lebt, stirbt an Enttäuschung - so trügerisch es sein mag, dient dieser Schimmer an Glaube wenigstens dazu, uns auf angenehmen Wege an das Ende des Lebens zu führen.
Er lag, die Arme hinter seinem Kopf verschränkt, auf dem großen Bett und sah wie schon zuvor verführerisch und geheimnisvoll aus. Seine tiefen blauschwarzen Augen trafen ihren Blick. Ausgestreckt auf dem Bett liegend, beobachtete sie ihn, das rosa lockige Haar umrahmte ihr Gesicht, welches sie auf den Händen abgelegt hatte. Noch nie hatte er etwas Schöneres gesehen und das hungrige Tier in ihm dachte, dass der Anblick ihres nackten Körpers noch viel schöner wäre. Was würde jener ihnen wohl zu Leide tun, wenn er erfuhr, dass ihm solche Gedanken durch den Kopf flogen und er nicht im geringsten Reue verspürte.
Denn Sie war die kostbare Verführung. Er der liebende Baron.
Ein keuscher Kuss für ihn, nur eine Kostprobe, wo er doch so gerne schlemmen wollte. Aber sie stöhnte und klammerte sich an ihn, sekundenlang. Dann zog sie sich zurück. Er fluchte unterdrückt, aber rau und deutlich. Er wollte so gerne mehr und sie hatte ihm diese Kost entzogen. Diese Berührung war ein Grund seines Daseins und der süße Nachgeschmack ihrer Lippen verspürte er immer noch auf den seinen.
Das letzte Mal ließ sie ihren Blick über ihn gleiten, um sein Bild bis zum Ende in ihr Gedächtnis zu versiegeln. Die tiefe Farbe seiner Augen, die verlockenden Lippen und dieses pechschwarze Haar. Etwas, was sie hätte niemals in ihr Herz lassen sollen. Und doch hatte sie es getan.
Ihre Lippen versiegelten wieder seine Lippen. Er fühlte sich heiß an und doch lag die Kälte in ihm. Er war männlich und bewies es in jeder Bewegung, die er machte. Mit einer kommenden Leidenschaft verschloss sie ihre Lippen immer wieder mit seinen, als er im nächsten Augenblick schon mit seinen Zähnen nach ihrer Unterlippe biss und genießerisch Besitz davon nahm. Tief in ihr glühte etwas auf und ihr brennender Geist verschmolz mit der Glut ihres Körpers. Sie fuhr mit den Fingern über seine Brust und spürte, wie sein Herz stark, stetig und schnell schlug. Ihrer beider Begierden hatte auf ihn eine ebenso starke Wirkung wie auf sie, aber er hatte keine Angst davor. Ganz im Gegenteil. Er war selbst wild, das konnte sie zu gut spüren und sein hungriger Blick ruhte immer noch auf ihr und machte sie fast Wahnsinnig. Alles an ihr schien jetzt zu pulsieren, Mund, Kopf, Brüste, die glühende Hitze zwischen ihren Beinen und auf jedem Zentimeter ihrer schweißnassen Haut.
Ein Stöhnen kam aus ihren vollen Lippen, als er sie auf das Bett legte und an ihren reizenden Gewölben spielte. Allein von ihrer einzigen Bekleidung, etwas dünnem Stoff, der noch das wichtigste verbarg, lag sie vor ihm und krallte ihre Finger in seine Haare. Sein harter aus Marmor besetzter Oberkörper streifte immer wieder über ihre Haut, als sie ein weiteres Mal wie schon zuvor in einen Kuss versanken. Es schien, als ob sie einander leer saugen wollten und keiner hatte vor, dieses Spiel zu verlieren. In seinem Kopf schwebte eine Rauchwolke. Die Lippen dieser Frau machten ihn wahnsinnig und er besaß sie vollkommen.
So viel hatten sie in jener Nacht auf's Spiel gesetzt, als der Mond am Himmelszelt stand und das Licht durch das einzige Fenster der Kammer scheinen ließ. Nur zu gut war ihnen im Klaren gewesen, dass die Jagd auf sie schon zu lange begonnen hatte und ein einziger Fehler ihrerseits reichte, dass sie beide am Ende ihres Lebens standen und ein Gebet allein die Hoffnung war, die sie noch besaßen. Doch ein Gedanke hielt sie zusammen und Gesten waren genug Worte, um sich zu verständigen, wie weit sie trotz alledem gehen würden. Nicht ans Ende der Welt. Auch wenn das die entschieden wohligere Entscheidung gewesen wäre. Doch eines Tages hätte man sie doch gefunden und gerichtet. Vielleicht schon in jener überraschenden Minute. Oder an den nächsten vergangenen Tagen. Gerichtet für die falsche Zuneigung. Denn sie war die Frau vom Bruder des Barons. Er der liebende Baron, der den Bruder um seine Liebe bestohlen hatte.
Liebe ist nicht nur sterblich, denn sie geht weit über den Tod hinaus. Deswegen hatten die Liebenden nicht den Weg ans Ende der Welt schlagen wollen. Sondern waren bereit zu zweit zu sterben. Für die verbotene Liebe zueinander.