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Und am Anfang, da warst du...

Sherlock Holmes and the Prisoners of Today (H/W)
von

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Rot

„ Ich fühlte mich unwohl in meiner Haut. Nicht nur wegen dieser Leiche, dieser mitleidserregenden Kreatur, deren Züge von Entsetzen und Schock verzerrt wurden.

Nicht nur wegen Holmes, der keine Rücksicht auf Totenehrung nahm, nicht auf mich, nicht auf die Beamten.

Ich fühlte mich unwohl, weil alles, was ich um mich herum wahrnahm, kalt war. Steril. Die Beamten sprachen sachlich, Gregson machte sich Notizen und Holmes...

Sein Genie war unverkennbar, er zog Schlüße und erkannte in einer Geschwindigkeit Zusammenhänge, dass es mich fast ein wenig gruselte.

Doch seine arrogante, viel zu sachliche Art , seine Gefühlskälte schien wohl der hohe Preis für seinen unermeßlichen IQ zu sein.

Mein Mitbewohner, der sonst sehr penibel auf sein Äußeres achtete, ließ keinen Zentimeter, nicht ein Fleckchen der Decke und der Tapete unbeachtet, legte sich flach auf den staubigen Boden, zog sich am verußten Kaminsims empor um eine Stelle der Decke genauer in Augenschein zu nehmen. Schon nach wenigen Augenblicken war sein grauer Anzug von Staub und Ruß bedeckt, was ihm anscheinend nicht auffiel. Er war sosehr vertieft in seine Arbeit, er musste uns alle vergessen haben.

Er ließ sich den Tascheninhalt des Opfers zeigen und ich machte brav meine Notizen. Warum ich dergleichen tat war sehr ersichtlich, als sein Mitbewohner hatte ich mich sogleich zu seinem Privatarzt erkoren, denn Holmes ging mehr als fahrlässig mit sich und seiner Gesundheit um. Sein Handgelenk war also weiterhin bandagiert, diese Entzündung musste unbedingt abklingen.

Einen weiteren Grund, mich schreiben zu lassen, konnte ich mir selbst zusammenreimen. Holmes war Linkshänder – und diese waren nicht gern gesehen in der Gesellschaft. Ihnen wurde das Schreiben mit der linken Hand oft geradezu herausgeprügelt. Mein eigener Bruder war zu Lebzeiten Linkshänder gewesen, weswegen ich dieser Sache sehr tolerant gegenüberstand.

Gregson, der neben mir stand, lächelte auf eine seltsame Art und Weise und schien zufrieden darüber, Holmes hierher zitiert zu haben. Die anderen Beamten hatten sich langsam aus dem Raum entfernt, als Holmes ihnen mit seinen Blicken unmissverständlich erklärt hatte, dass sie hier nicht länger willkommen waren. Ich staunte darüber, mit welcher Gehorsamkeit die Polizisten reagierten.

Obwohl ich zugeben musste, dass Holmes Blicke mehr als furchteinflößend sein konnten.

„Und – Was haben sie schon entdeckt, Holmes?“

Ich drehte mich erschrocken um. Hinter mir, in der Tür, stand ein großer, hagerer Mann mit weißblondem Haar und strengen Stirnfalten. Er stellte sich als Komissar Lestrade vor und sprach den Detektiven erneuert an.

„Na, was ist, Holmes? Bereits irgendeine Spur? Habe ich etwa etwas übersehen...?“

Aus der Stimme Lestrades war die Überheblichkeit und der Spott über meinen Mitbewohner nur schwer zu überhören.

Dieser drehte sich nur langsam um, zog eine Braue in die Höhe.

„In der Tat, Lestrade, haben Sie UND Gregson es nicht geschafft, irgendetwas von Belang herauszufinden. Wie lange bearbeiten Sie diesen Fall schon, Sir?“

Lestrade lief rot an und knirschte mit den Zähnen. „Seit heute Morgen.“ Zischte er, angestrengt beherrscht.

„Das ist schwach, Lestrade, sehr schwach. Ich bin seit genau 28 Minuten hier und habe soviel über diesen Fall herausgefunden, dass ich ihn lösen kann, nur eines, oder zwei ,wichtige Puzzleteile fehlen noch um das Bild zu komplettieren.“

Und wie um seine Überlegenheit zu demonstrieren, fuhr Holmes sich eitel durch das dichte, staubgraue Haar. Lestrade schien dem Bersten nahe.

„Sie bluffen doch nur, Holmes! Was in diesem Raum könnte bitte von Bedeutung sein, abgesehen von dieser Leiche?!“ Ich hatte das Gefühl, sogleich würde der Komissar auf meinen Freund zustürtzen und ihn verprügeln, doch glücklicherweise geschah nichts dergleichen. Stattdessen ignorierte Lestrade Gregsons höhnische Blicke und stapfte aufgebracht aus dem Zimmer.

Holmes schüttelte seinen großen Kopf und inspizierte weiter die unzähligen Bodendielen.

Ich kam mir in dieser Situation reichlich überflüßig vor, also schritt ich behutsam durch den Raum und betrachtete die alte, verblasste Tapete. Sie war in einem einst wohl strahlendem Gelb gehalten, doch nun war sie dreckverkrustet und stark verblasst.

An manchen Stellen hatten sich ganze Tapetenbahnen gelöst , die nun lose und in Fetzen gerissen am Boden hingen.

Ich wäre fast über eine dieser Bahnen gestolpert, als ich mich an der bloßen Wand abstützen wollte und feststellte, dass der Tapetenkleister noch ein wenig klebrig war. Verwundert zog ich meine verklebte Handfläche von der Wand ab. Als ich dann meinen Blick ein wenig nach oben richtete, fiel mir etwas merkwürdiges auf.

Eine kleine Stelle, etwas über mir, war wohl mit einer Art roter Farbe besudelt.

Ich streckte mich ein wenig und konnte erkennen, das dort wohl ein Wort geschrieben stand.

Alarmiert drehte ich mich zu Holmes um.

„Holmes!“ Er zuckte zusammen und sah mich genervt an. Dieses mal interessierte es mich nicht.

„Sehen Sie, hier. Ich denke ich habe etwas gefunden.“

Er schritt schnell auf mich zu und beugte sich über meine Schulter. Holmes war ein sehr großer Mann, weshalb er sich nicht strecken brauchte sondern den Schriftzug auf seiner Augenhöhe fand.

Holmes hatte eine seiner schweren Hände auf meine schmerzende Schulter abgelegt und schien ganz in das Geschriebene versunken. „Blut..“ Flüsterte er.

„Das ist Blut.“ Er sprach zunehmend lauter. Mir wurde schlecht. „Eine Nachricht in Blut geschrieben...“Rache“, hm?“

Ich schluckte und registrierte Holmes´ sehr eigentümlichen Geruch. Es war wohl eine Mischung aus Rasierwasser, starkem Tabak, Kaffee und etwas angenehm süßem.

Sogleich kamen Lestrade und Gregson wie aus dem Nichts herbeigestürmt und begutachteten das Wort an der Wand.

Während also Holmes die Augen geschloßen und die Stirn in tiefe Falten gelegt hatte und Lestrade, sowie Gregson ihre Theorien über die Bedeutung des Wortes zum besten gaben, fiel mir etwas ein.

Holmes dachte angestrengt nach, doch schien er die Lösung nicht zu kennen.

Also räusperte ich mich kurz.

„Meine Herren, ich glaube nicht, das dieses Wort für „Rachel“ steht. Ich denke nämlich es ist ein Wort aus einer anderen Sprache.“

Gregson und Lestrade sahen mich ungläubig an und Lestrade lächelte höhnisch. „Mein Lieber Freund, Dr. Watson, es ist bewundernswert, dass Sie sich solcherlei Gedanken machen, aber Sie sollten die Arbeit doch den Profis-“

Aufeinmal würgte Holmes Lestrades Redeschwall mit einem vernichtendem Blick ab und wandt sich mir zu.

„Beachten Sie die Komissare nicht, Watson. ihre scharfsinnige Bemerkung erstaunt mich. Fahren Sie fort.“ Er legte interessiert die Fingerkuppen aneinander und sah mir durchdringend in die Augen. Sein Lob hatte mir geschmeichelt und es gelang mir auch, die entrüsteten Blicke der Komissare zu ignorieren.

„Als ich in Afghanistan war, hatte ich einen Mitstreiter. Er war ein Deutscher. Von ihm lernte ich einige Brocken dieser Sprache, wissen Sie. Ich kenne auch dieses Wort, er trug es selbst als Tättowierung auf dem Oberarm.“

Holmes schien geradezu begeistert, doch Gregson fuhr mich beleidigt an.

„Ja, ja, ersparen Sie uns die Details.Was bedeutet dieser Frevel nun, Doktor?“

Ich starrte Nachdenklich auf den klobigen Schriftzug.

„Es heißt „Revenge“.“ Meine Stimme hatte ich zu einem Flüstern gesenkt.

Den beiden Komissaren schien ein Kloß im Hals zu stecken, denn schlagartig wurden auch sie still.

Unvermittelt klatschte Holmes seine Hände aufeinander und schien um einiges weniger genervt als zuvor.

„So! Großartige Arbeit, Watson! Ich wußte, es würde etwas bringen, Sie bei mir zu haben!“

Ich fühlte, wie mir das Blut in den Wangen zirkulierte, als Holmes mir Stolz auf die gesunde Schulter schlug. Ich war Lob, und gerade wenn es aus seinem Munde kam, alles andere als gewöhnt und war dementsprechend gerührt.

„Naja, im Prinzip hätte jeder darauf kommen können..“ Winkte ich ab.

Gregson und Lestrade warfen mir noch einen kurzen Blick zu, ehe sie Holmes erneuert in ein Gespräch um gewisse Details verwickelten.

Die restliche Zeit schien mein Gefährte mich nichtmehr zu benötigen und ich suchte schnellstmöglichst die Flucht aus dem Raum, in der die Leiche lag.

Ich setzte mich erneuert in die angrenzende Küche und nahm zerknirscht wahr, dass mein Kriegsbein unangenehm schmerzte und mein Blut diese Wellen des Schmerzes im Takt meines Pulses durch das Fleisch jagte.

Ein Polizeibeamter brachte mir eine beruhigende Tasse Tee, während drei weitere begannen, den leblosen Körper Drebbers aus dem Nebenraum zu hieven.

Ich versuchte, das Schauspiel vor meiner Nase auszublenden und schlürfte meinen Kamilletee, als ich plötzlich einen Blick im Nacken spürte.

Obwohl es nicht den Anschein hatte, waren meine Sinne durch den Krieg ein wenig geschärft worden und es war schwer, sich vor mir zu verbergen, oder mich zu verfolgen.

Langsam drehte ich also meinen Torso nach hinten, um zu sehen, das Holmes im Türrahmen hinter mir stand und mich stumm ansah. Er sagte nicht ein Wort, kein Muskel rührte sich. Er sah mich einfach nur an, scheinbar wie weggetreten. Er schien sehr in Gedanken versunken, denn seine Lippen bewegten sich stumm. Erst als ein Polizist ihn zaghaft ansprach um nach etwas zu fragen, löste Holmes sich blitzschnell aus seiner Starre und stand Rede und Antwort. Ich zog die Stirn kraus und wunderte mich sehr über solch ein Verhalten, doch schlußendlich zuckte ich nur mit den Schultern und stürtzte den Rest meines inzwischen kalten Tees.

Einige Minuten später tastete ich gerade mit schmerzverzerrtem Gesicht mein verwundetes Bein ab, als hinter mir eine tiefe, schnarrende Stimme erklang.
 

„Watson, wir sind hier fertig. Gehen wir.“

Ohne auf eine Antwort zu warten packte er mich in gewohnter Manier am Oberarm und schleifte mich geradezu hinter sich her. Es war unglaublich was für einen festen Griff mein Mitbewohner hatte, ich konnte meinen Arm keinen Millimeter aus seiner Umklammerung lösen.

Erst, als wir im Begriff waren, in eine wartende Kutsche zu steigen, ließ er mich los und setzte sich seelenruhig auf seinen Platz.

Wütend rieb ich meinen schmerzenden Oberarm. „Als würde der Schmerz im Bein nicht auch schon reichen. War es nötig, mich so zu ziehen?“

Holmes ignorierte meinen Zorn und sah träumerisch aus dem Fenster der Droschke.

Ich seufzte ergeben.

„Wo fahren wir eigentlich hin, Holmes?“ Erkundigte ich mich verunsichert. Holmes feixte mich schelmisch an.

„Das, Watson, ist ein Geheimniss.“

Nicht ein weiteres Wort entkam seinen Lippen.

Und ich saß dort in dieser Droschke, neben mir Sherlock Holmes, und fragte mich, was mich mit diesem Mann wohl noch alles erwarten würde.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  mausilausi
2010-03-08T00:40:17+00:00 08.03.2010 01:40
juhu ein neues Kapitel
ich bin jedesmal hellauf begeistert wenn ich sehe das ein Neues On ist
Ein großes Lob ist angebracht da die Story so lebhaft erzählst das man alles wie in einem Film vor den Augen abspielen sieht
Freue mich voller Anspannung auf das nächste Kapitel


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