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Folge dem Schicksal

von

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Prolog

Träumen war leicht. Man musste einfach nur Musik aufdrehen, sich entspannen und schon war man mit seinen Gedanken ganz wo anders. Fort waren alle Sorgen, nichts war mehr wichtig. Nur die Ruhe, die einen völlig ausfüllte.

Ja, träumen war leicht. Als viel schwieriger erweist sich das Leben, mit seinen unzähligen Pflichten.

Nie hätte ich gedacht, dass ich meinen Alltag je so sehr zurückwünschen würde, jetzt wo ich dem Tod ins Auge blicke. Ich dachte immer ich hätte vor nichts Angst, wäre furchtlos.

Meine Eltern hatten mich früher immer dafür gelobt nicht wehleidig zu sein, doch die Schmerzen waren einfach unerträglich.

Ich sah, wie er langsam auf mich zuging und schloss gequält die Augen.

1. Der Brunnen

So, hier folgt gleich das 1. Kapitel!

Viel Spaß!

Julia
 

--°°--
 

Ich seufzte genervt auf. Nach dieser einen Akte suchte ich nun schon seit 2 Tagen! Dementsprechend wütend war auch mein Vorgesetzter Yamamoto-sama, ein sehr beleibter und eigensinniger Mann.

Seit Stunden lag er mir schon in den Ohren, ich solle ihm endlich diese Papiere beschaffen.

Leichter gesagt als getan. Erschöpft wischte ich mir mit dem Handrücken über die Stirn.

Ich war hier in dieser Firma erst seit einem knappen Monat eingestellt. Mit meinen 17, knapp 18 Jahren war ich die jüngste Angestellte und der Sündenbock für alle Fehler.

Die Arbeit im Archiv war nicht gerade das, was ich unter Abwechslung verstand und auch nicht das was ich mir eigentlich erhofft hatte. Ich war relativ naiv an die Sache rangegangen und nun hatte ich den Salat. Mehr als Sortieren und Akten suchen war da nicht drin.

Wütend begann ich im nächsten Regal nachzusehen. Der Kerl, der vor mir hierfür zuständig gewesen war, hatte ganze Arbeit geleistet. Sarkasmus lässt grüßen. Ordnung musste ein Fremdwort für ihn gewesen sein.

Tja, im nächsten Karton war schon mal Fehlanzeige. Ich zog die Augenbrauen zusammen. Das konnte doch nicht sein, oder? Ich war schon die Hälfte der Regale durchgegangen und hatte langsam aber sicher keine Lust mehr.

Die Tür wurde aufgerissen und vor Schreck ließ ich den Karton, den ich gerade in die Hände genommen hatte, fallen. Der Krach der dadurch entstand ließ mich erneut zusammenzucken.

„Hendricks-san, passen Sie gefälligst auf. Los, heben Sie den Karton sofort auf!“

Ich biss die Zähne zusammen und kniete mich vor meinen Vorgesetzten auf den Boden, um den Karton wieder ins Regal zu stellen. Meinen Blick weiterhin nach unten gesenkt, um sein überhebliches Grinsen nicht sehen zu müssen.

Er war gerade erst in Fahrt gekommen: „Wie lange glauben Sie, bin ich noch dazu gewillt auf diese Akte zu warten?! Ich habe Ihnen eine einfache Aufgabe gegeben, oder etwa nicht? Das kann doch nicht zu viel von Ihnen verlangt sein?!“

Ich schluckte meinen gesamten Hass und Ärger gegen diesen Mann herunter und atmete tief ein. Das letzte Mal, als ich ihm etwas Falsches hinterher gerufen hatte, musste ich ihm einen ganzen Tag lang Kaffee und Jause zur Strafe bringen. Und soviel wie der Kerl am Tag verschlang war das eine ganze Tortur.

„Ich suche ja danach, Yamamoto-sama. Aber es herrscht ein unglaubliches Chaos hier drinnen und es ist schwer überhaupt irgendetwas zu finden.“ Er machte eine wegwerfende Geste: „Papperlapapp! Kommen Sie mir nicht mit solchen Ausreden! Finden Sie die Akte und bringen Sie sie mir dann in mein Büro.“ Sprach´s und weg war er. Hinter ihm knallte die Tür zu und wieder mal zuckte ich zusammen. So ein Idiot.

Ich packte den Karton der mir eben noch aus der Hand gefallen war und sah die Dokumente durch, um im nächsten Moment dankend die Hände gen Himmel zu richten. Endlich, hier waren sie! Wäre Yamamoto-sama nur ein wenig später gekommen… Tja, das Glück ist ein Rindvieh und sucht seinesgleichen…

Schnell packte ich die Akte in einen Schnellhefter und stellte den Karton wieder ins Regal, diesmal an die richtige Stelle. Beizeiten musste ich hier wirklich Ordnung schaffen.

Anschließend machte ich mich auf den Weg in sein Büro. Als ich den Raum betrat, traf ich ihn laut telefonierend vor. Er hatte stets die Angewohnheit sehr stark zu gestikulieren, und auch dieses Mal fuchtelte er heftig mit den Händen durch die Luft. Wortlos knallte ich ihm die Akte auf den Schreibtisch, doch er fand es scheinbar nicht nötig mich auch nur eines Blickes zu würdigen.

Wütend machte ich auf dem Absatz kehrt und verließ sein Büro.

Am liebsten hätte ich gekündigt, doch ich brauchte das Geld dringend. Ich wohnte allein mit meiner Golden-Retriever-Dame in einer kleinen Ein-Zimmer-Wohnung, die ich mir gerade so leisten konnte. Auf unnötigen Schnick-Schnack musste ich also verzichten, dafür reichte das bisschen Gehalt das ich bekam nicht aus. Während ich arbeitete kümmerte sich meine Nachbarin Takada-san um sie. Die alte Dame erleichterte mir somit einiges.

Resigniert schnappte ich mir Jacke und Tasche und verließ schnurstracks das Gebäude. Ich war wieder mal spät dran, ich hätte schon längst zu Hause sein sollen. Bescheuerte Akte.

Bevor ich zu meiner Wohnung ging, klopfte ich bei Takada-san. Es dauerte eine Weile, doch kaum wurde die Wohnungstür geöffnet, schon wurde ich von einem goldenen Wirbelwind umgeworfen. Lachend versuchte ich mit Händen und Füßen der nassen Zunge meiner Hündin zu entkommen.

„So, jetzt ist aber Schluss, Cleo!“ Kichernd rappelte ich mich auf, wobei ich mir den Sand von der Jacke klopfte und sah zu der schmunzelnden kleinen Frau.

„Jetzt hat sie ihr Frauchen endlich wieder.“ Takada-san blickte auf meine schwanzwedelnde Hündin herab, die treu zu mir aufblickte. Ihr Gesicht wurde plötzlich nachdenklich. „Aber heute hat es ja wieder besonders lange gedauert.“ Ernst sah sie mir in die Augen. „Sind Sie sich absolut sicher, dass Sie sich überhaupt auch noch um einen Hund kümmern können?“

Der Ausdruck, der sich auf ihrem Gesicht widerspiegelte ließ mich wütend die Augen zusammenkneifen und führte zu einer Kurzschlussreaktion meinerseits. Was bildete sie sich ein?!

Ich funkelte die alte Dame an: „Wenn mein Hund Ihnen zu viel Ihrer kostbaren Zeit geraubt hat, tut es mir furchtbar leid.“ Ich riss ihr Cleo´s Leine aus der Hand. „Danke, dass Sie meinem beschissenen Tag noch die Krone aufgesetzt haben!“

Gekränkt sah mich die alte Dame an, doch ich schnappte mir Cleo und ließ Takada-san allein im Flur stehen.

Schon am Hauseingang taten mir meine Worte leid. Genervt seufzte ich auf. Das war doch zum Haare raufen! Abermals hatte ich mich nicht im Griff gehabt. So hatte ich bereits meine erste Hundesitterin vergrault. Die Frau ging mir seitdem aus dem Weg und würdigte mich keines Blickes. Sie nutzte jeden günstigen Moment aus, um fürchterliche Gerüchte über mich und meinen Charakter in der Nachbarschaft zu verbreiten. Was meiner Beliebtheit nicht gerade zugute kam. Eine alleinlebende 17-jährige warf schließlich viele Fragen auf und seitdem wurde stetig über mich getratscht und die Gerüchteküche brodelte nur so. Einzig und allein Takada-san hatte mir damals angeboten für sie einzuspringen und ich hatte das Angebot dankend und vor allem erleichtert angenommen. Tja, das hatte ich mir nun bestimmt gründlich vermasselt.

Schlecht gelaunt bog ich um die Straßenecke, meine Hündin hinter mir her zerrend, bis diese protestierend aufjaulte.

Sofort blieb ich stehen und bückte mich zu ihr herab. „Tut mir leid, mein Mädchen. War nicht böse gemeint. Heute ist einfach nicht mein Tag, weißt du?“ Treuherzig blickte sie zu mir auf. Cleo war wirklich die Einzige, die immer zu mir hielt. Klingt irgendwie ziemlich erbärmlich…

Resigniert kraulte ich sie noch ausgiebig hinter den Ohren, bevor wir unseren Weg fortsetzten.

Lustlos seufzte ich auf. Mir fehlten Abenteuer und Abwechslung in meinem Leben. Jeder Tag war nur noch Routine – immer das Gleiche und das Tag für Tag. Als würde ich einfach nur noch vor mich hinleben, ohne viel Anteilnahme an den Ereignissen des Tages. So wollte ich mein Leben einfach nicht akzeptieren!

Endlich kamen wir an meinem Lieblingsplatz hier in der Stadt an. Es handelte sich hierbei um einen kleinen Park, der einzige hier in der Nähe, und er strahlte mit seinen vielen Bäumen und dem saftigen Gras eine gewisse Ruhe aus. Ich sog zufrieden die Luft ein und nahm das wohlige Aroma von taufeuchten Wiesen und frischem Laub auf. Ein selbstgenügsames Lächeln schlich sich auf mein Gesicht. Um diese Zeit kamen kaum Leute hierher, und so konnte ich hier ein paar ungestörte Stunden verbringen, weit weg von der Arbeit, weit weg von meiner Nachbarschaft, weit weg von all dem Stress. Ein paar Bänke standen verteilt herum und luden zum Ausruhen und Entspannen ein, doch das Besondere an diesem Ort war der alte Brunnen, der ein wenig abseits stand. Ich konnte es nicht richtig beschreiben, aber er hatte etwas sehr Mystisches und Geheimnisvolles an sich. Bis jetzt hatte ich jedoch immer einen großen Bogen um ihn gemacht.

Wenn ich ihn mir ansah, ging meistens die Fantasie mit mir durch und ich malte mir die verrücktesten Geschichten aus. Schnell wand ich den Blick ab, als mir auch schon eine Gänsehaut über den Rücken lief und musste gleich darauf den Kopf über mich selbst schütteln. Das war doch lächerlich!

Ich nahm Cleo von der Leine und schon huschte sie schnuppernd davon. Erschöpft ließ ich mich auf eine der Bänke sinken. Eine Zeit lang sah ich Cleo noch zu wie sie fröhlich von Baum zu Baum trabte, schloss dann aber müde die Augen und ließ mich treiben.

Diese Ruhe war einfach herrlich. Das waren die einzigen Momente meines Lebens, in denen ich sie nicht missen wollte. Ich lehnte mich erschöpft zurück und ließ den Nacken nach hinten an die Lehne sinken.

Ein Bellen ließ mich aufschrecken und ich riss die Augen auf.

Cleo?!

Panisch sprang ich auf und sah in die Richtung, aus der ich ihr Bellen wahrgenommen hatte.

Cleo stand bei dem Brunnen, beide Vorderpfoten an den Brunnenrand gestützt und bellte diesen Non-Stop an.

Was war nur in sie gefahren?! Ich rief ein paar Mal nach ihr, wurde aber schlicht von ihr ignoriert.

Ich verdrehte die Augen. Wahrscheinlich hatte sie eine Maus gesehen und diese war vor Schreck in den Brunnen geflüchtet. Genervt ächzte ich auf und schlenderte in ihre Richtung. Bei ihr angekommen hörte das Gebell schlagartig auf. Stattdessen fing sie an zu Winseln und ihre Blicke wandten sich abwechselnd mir und dem Brunnen zu.

„Was ist los? Ist etwas im Brunnen?“ Mir lief es eiskalt den Rücken herunter. War da nicht mal ein Horrorfilm mit so einem Brunnen gewesen? „Ach reiß dich zusammen, Rina! Mach dir nicht gleich in die Hosen!“, rief ich mir selbst Mut zu und nahm den Brunnen etwas genauer unter die Lupe.

Er musste uralt sein, zumindest machte es den Anschein, und war mit Brettern zugenagelt, was mich doch ein wenig wunderte. Vielleicht um etwas einzusperren?

Wieder überkam mich eine Gänsehaut, ärgerte mich doch sogleich darüber. So ein Unsinn! Ich hatte eindeutig eine viel zu lebhafte Fantasie!

Ein Kratzen ließ mich aus meinen Gedanken aufschrecken. Im ersten Moment hatte ich gedacht, das Geräusch käme aus dem Brunnen, doch es war nur Cleo, die begonnen hatte auf den Brettern herumzukratzen. Nachdenklich betrachtete ich meine Hündin. Ihr Verhalten war mehr als ungewöhnlich und sie würde nur wegen einer Maus keineswegs so einen Trubel veranstalten.

Was wäre, wenn wirklich jemand hier drinnen eingesperrt worden war? Vielleicht reagierte Cleo deshalb so merkwürdig.

Mein erster Gedanke galt der Polizei, doch was wenn ich doch falsch lag? Auf eine Blamage konnte ich getrost verzichten!

Genervt seufzte ich auf. Der Tag wurde einfach nicht besser… „Na gut, na gut! Ich breche das Mistding auf!“, beruhigte ich mich und auch Cleo, die kaum dass ich die Worte ausgesprochen hatte, mit dem Gejaule aufhörte und mich nun aufmerksam beobachtete. Ich warf ihr einen müden Blick zu. Das würde später noch Konsequenzen haben, versprach ich mir.

Jetzt stand ich vor dem nächsten Problem: Wie sollte ich dieses Ding öffnen? Ich starrte auf die Bretter und im nächsten Moment blinzelte ich einmal. Dann nochmal. Keine Nägel! Sofort griff ich nach einem der Bretter und schon hatte ich es in der Hand. Perplex beäugte ich es. Das war ja einfach… In Gedanken klatschte ich mir mit der Handfläche gegen die Stirn. Wie blöd konnte man nur sein?

Nun folgte Brett nach Brett. Sorgfältig stapelte ich die Leisten auf dem Boden, um danach einen Blick in den Brunnen zu werfen. Nichts außer vollkommener Dunkelheit. Ich beugte mich ein wenig tiefer rein, konnte aber immer noch nichts erkennen. Er war einfach zu tief.

„Hallo?!“ Mein eigenes Echo hallte mir entgegen, und das war auch schon die einzige Antwort die ich bekam.

„Tja, da hast du dich wohl geirrt. Da ist nichts und niemand dr-“

Bevor ich meinen Satz zu Ende bringen konnte, sauste ein goldener Schemen an mir vorbei. Ich wollte noch Cleo´s Namen rufen, da war sie schon in den Tiefen des Brunnens verschwunden. War sie denn von allen guten Geistern verlassen?! Panisch beugte ich mich erneut über den Brunnenrand und rief nach ihr. Keine Antwort. Oh Gott… Ein dicker Kloß bildete sich in meiner Kehle. Was sollte ich nur machen?

Ich beugte mich noch tiefer in den Brunnen hinein, in der Hoffnung vielleicht ein paar Umrisse erkennen zu können, doch da war nichts.

Das konnte doch nicht sein, sie musste da unten irgendwo sein!

Plötzlich spürte ich, wie meine vor Schweiß nassen Handflächen den Halt verloren. Ehe ich es verhindern konnte, fiel ich kopfüber in die Tiefe, nicht in der Lage die Situation auch nur in geringster Weise zu realisieren, dafür ging alles zu schnell.

Das einzige was ich noch mitbekam, war ein blau schimmerndes Licht, bevor ich in eine grundlose Schwärze glitt.

2. Neue Zeit, neue Welt

So! Endlich Kapitel Nummer 2!

Ich würde ich mich über konstruktive Kritik freuen ;-)
 

Eure Julia
 

--°°--
 

Ich wachte durch etwas Feuchtes an meiner Wange auf. Als ich die Augen öffnete, musste ich mich erst an das grelle Licht gewöhnen, das oben durch die Brunnenöffnung drang. Benommen richtete ich mich ein wenig auf. Anscheinend war ich durch den Aufprall ohnmächtig geworden, denn ich fühlte mich etwas benebelt und schwindlig. Wie lang lag ich schon hier drinnen?

Wieder etwas Nasses, das über meine Wange glitt. Cleo! Beruhigend strich ich ihr mit der einen Hand über den Kopf, während ich mir mit der anderen über meinen brummenden Schädel rieb.

Verwirrt hielt ich in der Bewegung inne. Eigentlich sollte mir jetzt alles wehtun. Der Brunnen war sehr tief und der Aufprall hätte eigentlich fatale Folgen haben müssen.

Vorsichtig stand ich auf. Nein, keine Schmerzen. Wie war das möglich?! Perplex starrte ich nach oben. Doch das Licht, das von oben herab drang, war dermaßen blendend, das ich rein gar nichts erkennen konnte. Wenn jetzt helllichter Tag war, musste ich bereits stundenlang hier unten liegen!

Eins war klar: Ich wollte unbedingt hier raus!

Cleo drehte sich unruhig von einer Seite zur anderen. Ihr schien diese bedrängende Enge hier überhaupt nicht zu behagen. Mir übrigens auch nicht.

„Naja, schaun wir mal das wir hier rauskommen, oder?“

An den Wänden wuchsen Kletterpflanzen, die sich bis zum Boden hinunterschlängelten. Das der Brunnen dermaßen bewuchert war, war mir vorhin gar nicht aufgefallen! Wie konnten diese Pflanzen hier unten in der Dunkelheit so gut gedeihen? Immerhin war es sehr unwahrscheinlich, dass sie in der Zeit, die Cleo und ich hier unten zwangsweise verbracht hatten, neu gewachsen waren.

Ich zuckte mit den Schultern. Sie kamen mir gerade Recht, vielleicht konnte ich daran hochklettern.

Einen Versuch war es zumindest wert.

Ich zog probemäßig an einer besonders dicken Liane und blickte nochmal zu Cleo herab, die mich aufmerksam beobachtete. „Keine Sorge, mein Mädchen, sobald ich hier raus bin, hol ich Hilfe um dich da raus zu bekommen.“

Langsam und vor allem vorsichtig arbeitete ich mich nun Stück für Stück höher. Ich musste mich extrem konzentrieren, um mir einen sicheren Halt zu garantieren und die ersten Schweißperlen rannen meine Stirn herab und kitzelten mich an der Nase. Sehr unangenehm.

Weiter oben angekommen konnte ich Stimmen hören. Erleichtert atmete ich auf. So ein Glück! Die Leute da oben konnten mir bestimmt helfen Cleo aus dem Brunnen zu holen! Ich arbeitete mich noch das letzte Stück herauf, und klammerte mich dann mit einem Riesenseufzer an den Brunnenrand.

Es war ruhig. Komisch, hatte ich nicht vorhin noch Stimmen wahrgenommen?

Erschöpft sah ich auf. Nein, ich hatte mich nicht geirrt. Vor mir standen ein Mädchen und ein Junge, beide geschätzte 16 Jahre alt. Naja, der Junge vielleicht ein wenig älter.

Das schwarzhaarige Mädchen trug eine Matrosenuniform, so wie in vielen japanischen Schulen nun mal üblich, deren grasgrüner Rock ihr bis zur Mitte des Oberschenkels reichte. Ihr Oberteil war weiß und um den Kragen war ein kardinalrotes Tuch gebunden.

Doch neben dem Jungen sah es doch sehr blass aus. Er hatte lange weiß-silbern glänzende Haare und steckte in einem übergroßen, blutroten… was auch immer das sein sollte. Es schien eine Art Ganzkörper-Anzug zu sein, ziemlich schwer zu beschreiben. Seine Augen leuchteten golden, doch das Seltsamste an ihm waren die weißen Hundeohren, die an seinem Kopf ansetzten. War hier in der Nähe eine Cosplay-Veranstaltung, oder hatte ich Fasching verpennt?

Die beiden starrten mich nicht minder verdutzt an. Ich hatte allem Anschein nach einen Streit unterbrochen, da sie ihn an einem seiner Ohren gepackt, und als sie mich erblickt hatte, in dieser Bewegung erstarrt war.

Ich merkte, wie ich langsam abrutschte. Panisch krallte ich mich am Brunnenrand fest, um nicht noch weiter gen Boden zu rutschen. Schnell fixierte ich die beiden, die immer noch an der gleichen Stelle standen und mich anstarrten, und ich fauchte: „Genug geglotzt! Helft mir endlich verdammt!“

Nach einem kurzen Zögern löste sich ihre Starre und sie zogen mich mit einem Ruck heraus, woraufhin wir alle auf dem Boden landeten. Ich hielt mir mit schmerzverzerrtem Gesicht den Hintern. „Aua…“ Doch mein Gesichtsausdruck wechselte schlagartig zu völlig perplex.

Wo zum Teufel war ich?! Wo war die Stadt, der Verkehr, der Asphalt? Mich umgab nichts außer zahlreichen Bäumen, deren Äste laut im Wind knarrten. Natur pur.

Verstört drehte ich mich ein paar Mal um die eigene Achse, doch die Umgebung wollte einfach nicht die alte werden.

Das schwarzhaarige Mädchen ging langsam auf mich zu und hielt mir ihre Hand entgegen. „Hallo, mein Name ist Kagome.“ Zögerlich nahm ich ihre Hand in meine. „Sag mal, woher kommst du?“ Ich sah sie verwirrt an, bevor ich meinen Blick über meine Umgebung gleiten ließ. „Naja, also bevor ich in diesen Brunnen gestürzt bin, war ich noch in Tokio. Hier war ich ganz bestimmt nicht.“

Kagome sah unsicher zu dem Jungen. Dieser verdrehte nur die Augen und schnauzte sie genervt an. „Wie ein Dämon riecht sie nicht. Hat sie vielleicht einen Splitter bei sich?“ Kagome schüttelte stumm den Kopf, worauf er ratlos mit den Schultern zuckte.

Ich konnte die beiden nur vollkommen verstört ansehen. Was redeten sie da? Ich war völlig überfordert mit der Situation und brachte kein einziges Wort heraus.

Ein Jaulen unterbrach meine Gedanken. Durch den ganzen Tumult hatte ich Cleo vollkommen vergessen! Verzweifelt sah ich zu den Beiden. „Oh Gott, könntet ihr mir helfen meinen Hund da raus zu holen?“

Schnell rannte ich zum Brunnen, um sie danach erneut flehend an zu sehen.

„Deinen Hund?“ Kagome stellte sich an meine Seite und lehnte sich über den Brunnenrand. Schwunghaft richtete sie sich wieder auf, den Blick überrascht an Inuyasha gerichtet: „Tatsächlich! Ich wusste nicht dass auch Tiere durch den Brunnen hierher gelangen. Schnell Inuyasha, hol ihn da raus!“

„Sie.“, verbesserte ich Kagome. „Hä?“ Ratlos wandte sie sich mir zu. „Es ist ein Mädchen. Cleo.“ „Ach so. Ok.“ Kurz nickte sie mir zu, dann sah sie wieder zu dem Jungen. „Nun mach schon Inuyasha!“

Wütend murmelte er noch etwas vor sich hin und sprang sogleich einfach in die Tiefen des Brunnens hinab. „Was machst du da?!“ Panisch wollte ich mich hinunter beugen, doch da schoss er wie ein roter Blitz aus dem Brunnen – Cleo in seinen Armen.

Das war doch nicht normal, oder? Wie konnte er einfach so mir nichts dir nichts in einen Brunnen und wieder hinaus springen, als wär es das Einfachste auf der Welt?!

Doch bevor ich meine Gedanken laut aussprechen konnte, sprang Cleo schon an mir hoch. Meine Hündin schien sich mächtig zu freuen endlich der dunklen Enge entkommen zu sein.

Kagome machte nun wieder einen Schritt auf mich zu und sah mich unsicher lächelnd an: „Wie´s aussieht müssen wir dir einiges erklären.“

Ich seufzte nur. Das konnte ja heiter werden.
 

--°°--
 

Also mit dem Cosplay-Ding hatte ich völlig falsch gelegen. Alles was ich begriffen hatte war, dass ich mich in einer völlig fremden Welt befand, in einer völlig anderen Zeit noch dazu, mit Wesen, die ich mir im Traum nicht seltsamer hätte ausdenken können.

Aber ich hatte inzwischen aufgehört mir Fragen zu stellen und beschlossen, zunächst einmal alles so hinzunehmen wie es war.

Ich saß nun mit Kagome, Inuyasha, Shippo (mir wurde erklärt, dass es sich bei ihm um einen Fuchs-Dämon bzw. –Youkai handeln würde), Kaede (eine uralte Miko, also eine Priesterin), dem Mönch Miroku (der Kerl hatte mich ernsthaft gefragt, ob ich ihm nicht ein Kind gebären könnte) und Sango (eine Dämonenjägerin, die nach der eben erwähnten Frage, dem ebenfalls gerade erwähnten Mönch mit einem überdimensionalen Bumerang den Hintern versohlte – ein sehr amüsantes Bild) in einer Hütte. Ich stellte einige Fragen bezüglich der verschiedenen Personen und bekam in einer Art Kurzfassung ein wenig über sie erzählt.

Bei Shippo handelte es sich um ein fuchsartiges Wesen im Kleinkinderformat. Er hatte einen buschigen Schwanz und sein Gesicht war recht kindlich. Überhaupt war seine naive Art wirklich süß.

Kaede war eine schrumpelige alte Dame, die sich aufgrund ihrer gebückten Haltung meist auf ihren Bogen lehnte. Man erklärte mir, dass es die Aufgabe einer Miko war, bösartige Dämonen dem Dorf fernzuhalten. Ich konnte es mir nicht verkneifen, dass mein Blick kurz zu Inuyasha glitt. Kaede war also so eine Art Priesterin mit magischen Fähigkeiten.

Miroku war so ein Fall für sich. Er trug als Mönch eine lange dunkelblaue Robe und sein schwarzes Haar war hinten zu einem dünnen Zopf gebunden. Sein äußert anzügliches Verhalten konnte so manche Frau zur Weißglut bringen. Kagome erzählte mir, er hätte ein schwarzes Loch in der linken Hand, das, wenn er es nicht mit seinen Gebetsperlen blockierte, alles und jeden einsog. Er war mir eindeutig nicht geheuer und ich hielt sicherheitshalber stets Abstand zu ihm.

Sango, vom Beruf Dämonenjägerin, trug meist einen roten Kimono. Ihre Haare hatte sie weit unten angesetzt zurückgebunden und ihre Dämonenkatze Kirara wich ihr nie von der Seite. Sehr auffällig war der riesige Bumerang, der aus den Knochen zahlreicher Dämonen angefertigt worden war und den sie stets bei sich trug.

Sie erklärte mir außerdem, dass ich in der japanischen Sengoku-Jidai, dem mittelalterlichen Zeitalter gelandet wäre. Zuerst hielt ich das ganze für einen schlechten Scherz. Doch nach und nach konnte ich meine Situation mehr oder weniger zu akzeptieren. Was blieb mir auch anderes übrig?

Die Gruppe war auf der Suche nach einem Halbdämon namens Naraku, um zu verhindern, dass dieser alle Splitter des Shikon no Tama, dem Juwel der vier Seelen sammelte, um so ungeheure Kraft zu erlangen.

Mir brummte noch immer der Schädel von so vielen Infos. Ob ich wirklich so alles verstanden hatte, wusste ich nicht, doch nachfragen wollte ich auch nicht.

Meine Augen blieben an Inuyasha hängen. Er stach mit seinem roten Suikan (für mich sah es aus wie ein übergroßer Schlafanzug) sehr aus der Gruppe hervor.

„Was glotzt du so?!“, fuhr er mich sogleich an. Ich kniff die Augen zusammen. Hatten sich diese Ohren gerade bewegt? Skeptisch ging ich auf ihn zu. Da! Schon wieder! Misstrauisch sah ich ihn an. Ich war jetzt eine Armlänge von ihm entfernt. Inuyasha sah mich derweil wütend an.

„Willst du dich mit mir anlegen?!“ Er wollte noch etwas ansetzen, da hatte ich schon mit beiden Händen seine weißen Ohren gepackt. Entzückt schrie ich auf. „Die sind ja echt! Oh, und total weich!“

Jetzt platzte Inuyasha endgültig der Kragen. Er schrie mir noch ein „Was fällt dir ein?!“ entgegen, ehe er nach dem rostigen Schwert griff, das an seiner Seite baumelte. Kaum hatte er es aus der Scheide gezogen, hielt er ein Schwert in den Händen, das sich auf wundersame Weise verwandelt zu haben schien. Nun war es zirka zehnmal so breit und auch um einiges länger und glänzte silbrig im Schein des Lagerfeuers.

Mit so einer Reaktion hatte ich gewiss nicht gerechnet. Panisch rannte ich aus der Hütte, hatte aber nicht mit Inuyashas Schnelligkeit gerechnet, der im nächsten Moment schon wieder vor mir stand. Die anderen, die die Szene zuvor noch amüsiert beobachtet hatten, sprangen alarmiert auf und folgten uns ins Freie.

Ich brachte rasch einen Sicherheitsabstand von drei Metern zwischen mich und dem rasenden Halbdämon. Gerade sah es so aus, als wollte er mit dem Riesen-Ding nach mir schlagen, da rief Kagome das Macht-Wort: „Sitz!“

Im selben Augenblick ging Inuyasha vor mir unsanft zu Boden. „Krachte“ traf es definitiv besser.

Zuerst atmete ich erleichtert auf, um in nächsten Moment schadenfroh auf ihn herab zu grinsen.

Nun folgte eine zehnminütige Schmipftirade von Kagome auf den im Dreck liegenden Halbdämon.

Für so temperamentvoll hatte ich das Mädchen nicht eingeschätzt, aber irren war schließlich menschlich.

Also ich sah mich in diesem Szenario keineswegs als Sündenbock. Woher sollte ich auch wissen, dass dieser Typ so dermaßen empfindlich war?

Zufrieden und mit reinem Gewissen setzte ich mich derweil zu den anderen, die ebenfalls wieder in der Hütte Platz genommen hatten. Nach einiger Zeit und zahlreichen „Sitz-Rufen“ gesellte sich auch Kagome wieder zu uns.

Nun etwas heiser, wandte sie sich an mich: „Ich denke, du hast nicht vor noch länger hier zu bleiben, oder?“

Worauf sie Gift nehmen konnte. Ein Blick reichte, um meinen Standpunkt klar zu machen. Lächelnd sah sie mich an: „Wenn du es schaffst her zu kommen, sollte die Rückreise kein Problem darstellen, schätze ich mal.“

Nun gut, auf zum Brunnen!

3. Treffen

So, hier kommt Kapitel 3
 

Viel Spaß!
 

--°°--
 

Egal was wir versuchten, nichts funktionierte. Jeder Versuch wieder nach Hause zu kommen schlug fehl. Dabei waren wir alle erdenklichen Möglichkeiten durchgegangen: Wir veränderten die Falltechnik (wobei Kagome noch meinte, die wäre völlig irrrelevant), die Reihenfolge, das heißt zuerst Cleo, dann ich, so wie es bei der Herreise auch der Fall gewesen war, und umgekehrt.

Kagome gab mir sogar einen dieser Juwelensplitter, die es ihr ermöglichten durch die Zeit zu reisen.

Doch nicht einmal das brachte mich in meine Zeit zurück. Selbst Kagome war mit ihrem Latein am Ende.

Inzwischen war es Abend geworden und ich saß mit der recht ungleichen Gruppe um ein Lagerfeuer, dessen Flammen lichterloh vor sich hin züngelten und uns reichlich Wärme spendete.

Uns umgab ein finsterer Wald und ab und zu drangen seltsame und für mich unbekannte Geräusche zu uns durch.

Aber beunruhigen ließ ich mich nicht, schließlich würde der Hundejunge schon für unseren Schutz sorgen. Das versicherte mir zumindest Kagome, und die musste es ja wissen, oder?

Für Kaede, die alte Miko war es Zeit zu gehen. Bevor sie jedoch zu ihrem Dorf zurückkehrte, wandte sie sich noch einmal mir zu: „Kind, es gibt nur einen vernünftigen Grund, warum du nicht in der Lage bist in deine Zeit zu gelangen. Anscheinend hast du hier eine Aufgabe zu erfüllen, worin auch immer sie liegen mag.“ Sie erhob sich schwerfällig und stützte sich auf ihren Bogen, ihren Blick weiterhin meinen fixierend. „Das Schicksal hat dich hierher geleitet, nun musst du dich diesem fügen.“

Und weg war sie.

Für eine alte Frau mit Augenklappe hatte sie ziemlich schnelle Beine.

Trotzig sah ich ihr hinterher. Vernünftiger Grund, pah! Was sollte an all dem vernünftig sein?! Und von wegen Schicksal! Cleo trägt schließlich Schuld daran, warum wir hier festsaßen.

Gedankenversunken betrachtete ich meine Hündin. Immer noch verstand ich nicht, was Cleo veranlasst hatte, aus heiterem Himmel in den Brunnen zu springen. Hatte sie gespürt, was es mit ihm auf sich hatte? Tja, sie schien zumindest die Ruhe weg zu haben und mit der jetzigen Situation recht zufrieden zu sein.

Die plötzliche Unruhe ignorierte sie ebenso wie ich, und sie blickte treuherzig zu mir auf, als wollte sie mir versichern, dass sich alles zum Guten wenden würde.

Geistesabwesend strich ich ihr über den Kopf, was sie genüsslich die Augen schließen ließ.

Die plötzlich herrschende Stille ließ mich hochblicken.

Erschrocken stellte ich fest, dass keiner mehr auf seinem Platz saß, sondern alle in Kampfstellung übergegangen waren. Was hatte sie dermaßen alarmiert aufspringen lassen?

Sie starrten alle unruhig auf einen fixen Punkt in der Dunkelheit des nahen Waldes und schienen etwas angespannt abzuwarten.

Verwirrt beobachtete ich die Szene. Vorsichtig ging ich auf Kagome zu, die ebenfalls ihren Bogen abschussbereit gespannt hielt. Sie hatte scharfsichtig die Augen zusammengekniffen und schien zu versuchen etwas Bestimmtes anzuvisieren.

„Was ist denn mit EUCH auf einmal los? Was soll dieses nervöse Getue?“ „Psst!“, zischte sie zornig. Ich trat vorsichtshalber einen Schritt zurück. Dass sie sogar mir gegenüber aggressiv wurde, überraschte mich doch ein wenig.

Selbst Cleo sträubte nun knurrend ihr Fell. Und normalerweise war sie nicht misstrauisch. Es war zwar schon mal vorgekommen, dass sie den ein oder anderen ihr unbekannten Gegenstand (wie zum Beispiel einen Hammer…) anknurrte, aber DAS hier?

Kagome wagte einen Seitenblick in meine Richtung, doch als sie sprach, war ihr Blick wieder starr nach vorne gerichtet: „Sesshomaru ist auf dem Weg hierher.“, flüsterte sie.

Misstrauisch sah ich sie an. Mit dem Namen konnte ich überhaupt nichts anfangen.

Als könnte sie Gedanken lesen, fuhr sie fort: „Sesshomaru ist Inuyashas Halbbruder, vollwertiger Hundedämon und sogenannter Daiyoukai. Er herrscht über den gesamten Westen dieses Landes und ist nicht gerade gut auf Inuyasha zu sprechen.“ Ich konnte die Untertreibung geradezu spüren.

„Und was will er hier?“ Kagomes Blick wurde noch ernster. „Er ist hinter Tessaiga, Inuyashas Schwert her.“

„Er kommt.“, knurrte Inuyasha, was den Hund in ihm deutlich zum Vorschein kommen ließ, wie ich fand. Er hatte sein Schwert Tessaiga fest mit beiden Händen gepackt – seine Knöchel traten bereits weiß hervor – und auch die anderen wirkten kampfbereit. Ich kam mir hier reichlich fehl am Platz vor.

Die Atmosphäre ließ mein Blut in den Adern gefrieren und ich traute mich nicht einen Mucks von mir zu geben. Angespannt hielt ich die Luft an und starrte konzentriert in die Tiefen des Waldes, konnte aber nichts Außergewöhnliches erkennen.

Und plötzlich stand er wie aus dem Nichts da. Ich hatte nicht mal ausmachen können aus welcher Richtung er kam. Sein Anblick raubte mir schlicht den Atem und ließ mich hinter Kagome Schutz suchen.

Ich hätte nie gedacht, dass eine einzelne Person soviel Autorität und Kälte ausstrahlen konnte. Und dabei stand er einfach nur da und starrte Inuyasha mit seinen goldenen Iriden an.

Sesshomaru sah Inuyasha nur entfernt ähnlich. Während Inuyasha doch auch etwas Menschliches an sich hatte, so strahlte er etwas sehr Wildes und Animalisches aus.

Zwar hatte er genauso wie der temperamentvolle Halbdämon weißes Haar, das silbern im Mondlicht glänzte, doch die Hundeohren fehlen.

Seine Ohren ähnelten denen des Menschen, doch liefen sie am Ende spitz zu und verliehen im etwas Magisches.

Er trug eine Art weißen Kimono, mit dazu passender Hose, die luftig im Wind flatterten.

Darüber trug er einen stacheligen Brustpanzer, der ihn nur noch bedrohlicher scheinen ließ. An den Seiten seiner Wangen hatte er rötliche Streifen und an seiner Stirn prangte ein violetter Sichelmond. Fasziniert beobachtete ich die Szene, die sich nun abspielte.

„Was willst du, du wandelnder Flohzirkus?! Du bekommst Tessaiga nicht!“ Aha. Inuyasha gab sich von seiner besonders reizenden Seite. Doch sein Halbbruder blieb erstaunlich ruhig. Mit seiner tiefen und monotonen Stimme konterte er sogleich: „Ich freue mich auch dich wieder zu sehen. Wie es scheint, hast du ein weiteres Menschenweib aufgegabelt. Dass du zu unnützen Sammlungen neigst, ist mir neu.“

Na toll. Der war nicht viel besser als Inuyasha. Ärgerlich murmelte ich in mich hinein: „Was fällt dem ein?! Unnütze Sammlung… So ein Idiot.“

Doch plötzlich durchbohrte mich sein Blick. Eingeschüchtert duckte ich mich hinter Kagome.

Da ertönte auch schon wieder seine Stimme: „Deine Menschen neigen zu Respektlosigkeit. Vielleicht solltest du sie abrichten.“

Kagome schien aufzufallen, dass ich knapp davor war wieder meinen Senf dazuzugeben.

„Du solltest ihn nicht provozieren, Rina. Das könnte böse für dich enden.“, presste sie zwischen ihren Zähnen hervor.

Dann ging´s auch schon los. Wie auf Kommando zogen Inuyasha und Sesshomaru gleichzeitig ihre Schwerter und preschten wie die Blitze aufeinander los. Das Aufeinandertreffen der Klingen ließ nur so die Funken sprühen, und bei jedem Mal zuckte ich unwillkürlich zusammen.

Die beiden bewegten sich so dermaßen schnell, dass es schwer war ihnen mit den Augen zu folgen.

Wir anderen hatten beschlossen genügend Abstand zu halten.

„Gehen die immer so aufeinander los?“ Fragend hatte ich mich an den, auf Kagomes Schulter sitzenden Fuchsdämon Shippo gewendet.

„Ja, wir können nur hoffen, dass Inuyasha nicht allzu schwer verletzt wird.“

Das schien ihr Kagomes Stichwort zu sein, denn sie zielte mit einem Pfeil in die Richtung der beiden Kämpfenden. Doch Sango hinderte sie am Schießen: „Nicht, Kagome. Von hier aus ist es unmöglich den Richtigen zu treffen.“

Angeschlagen ließ Kagome Pfeil und Bogen sinken. Es schien ihr gar nicht zu behagen untätig in der Gegend zu stehen.

Ich widmete meine Aufmerksamkeit wieder den Kämpfenden. Gerade attackierte Sesshomaru den Hanyou mit einer Art leuchtenden Peitsche, die aus Zeige- und Mittelfinger kam. Inuyasha konnte gerade noch ausweichen, statt seiner wurde ein Baum in Mitleidenschaft gezogen, der sofort längs halbiert auseinanderfiel.

Geschockt starrte ich auf das Szenario, hatte ich doch bis jetzt noch nichts dergleichen gesehen. Inuyasha konnte von Glück reden, nicht von diesem Ding getroffen worden zu sein.

Ein paar Meter voneinander entfernt kamen sie zum Stillstand.

„Es scheint, als wärst du noch träger als das letzte Mal, Halbblut.“ Sesshomaru sah den Halbdämonen herablassend an, was Inuyasha sichtlich zur Weißglut trieb.

Cleo forderte beanspruchte plötzlich meine Aufmerksamkeit für sich. Sie wurde immer unruhiger und begann zu winseln. Verwirrt beobachtete ich ihr Verhalten. Warum nahm sie dieser so mit?

„Mal sehen wie du damit klar kommst!“ Mit einem gebrüllten „Kaze no kizu“ holte Inuyasha einmal kräftig aus und schwang sein Schwert in Sesshomarus Richtung.

Und dann ging alles ganz schnell. Ehe ich es verhindern konnte, sprintete Cleo auf das Kampffeld und direkt auf die nun entstehenden Energiewellen zu, die Inuyashas Angriff auslösten.

Meinem Impuls befolgend handelte ich – ich rannte ihr hinterher.

Im Unterbewusstsein nahm ich noch Kagomes Rufen wahr, dann… gleißendes Licht.
 

--°°--
 

Als ich wieder zu mir kam, wurde ich erst mal von höllischen Kopfschmerzen übermannt. Außerdem tat mir jeder einzelne Knochen weh und das Aufstehen fiel mir schwer.

Wo war ich? Ich blinzelte und sofort wurde ich von hellem Sonnenlicht geblendet. War vorher nicht noch Abend gewesen?

Als ich endlich wieder klare Umrisse erkennen konnte, fiel mir die an mir vorbeiziehende Landschaft auf.

Verwirrt richtete ich vorsichtig meinen Oberkörper auf um einen besseren Überblick zu bekommen. Ich lag auf dem Sattel eines großen zweiköpfigen … Tieres, dessen einer Kopf mich kurz musterte. Bevor ich mich wundern konnte, tauchte unmittelbar vor meinem Gesicht der Kopf eines kleinen Mädchens auf. Fröhlich grinste es mich an und setzte sich mir gegenüber, wobei es seinen orangefarbenen Kimono zurecht zupfte.

„Du bist ja endlich wach! Jetzt können wir ganz viel Zeit miteinander verbringen! Sesshomaru-sama hat gesagt, dass du auf mich aufpasst, solange du hier bist. Jaken-sama kann das nämlich nicht so gut.“ Dabei schielte es zu einem krötenartigen Wesen, das bei diesem Kommentar empört schnaufte. Das kleine Mädchen ließ sich davon jedoch nicht beirren und redete weiter auf mich ein.

„Wie heißt du eigentlich?“

Verdutzt sah ich das Mädchen an, was es dazu brachte seine Frage zu wiederholen, wobei es jede Silbe einzeln betonte.

„Serina. Ich heiße Serina. Aber Rina ist mir lieber.“ Verzweifelt blickte ich zu ihr herab, doch die Kleine quatschte wieder munter drauf los. „Hey, unsere Namen sind ja fast gleich! Ich bin Rin.“

Kurz holte sie tief Luft. „Das dort“ Sie deutete erneut auf diese Kröte, „ist Jaken. Er hat bis jetzt immer auf mich aufgepasst, wenn Sesshomaru-sama nicht da war.“ Kurz sah ich zu diesem sonderbaren Wesen herab. Inzwischen sollte mich ja nichts mehr wundern. Es hatte ungefähr die Größe von Shippo. Seine Haut war eine Mischung aus Braun- und Grüntönen, und seine riesigen tennisball-großen Augen sahen starr geradeaus.

Rin plapperte auch schon weiter. „Der Drache, auf dem wir gerade sitzen, heißt Ah-Uhn, er ist ganz lieb.“

Es war also ein Drache. Schweigend betrachtete ich das schuppige Wesen. Von selbst hätte ich diese Kreatur nie erkannt, doch nun war es doch sehr einleuchtend. Schon die braunen Schuppen sprachen für sich. Allerdings konnte ich nirgends Flügel entdecken.

Mit den Worten „Und meinen Meister kennst du ja schon.“, endete Rins Vortrag, wobei sie mit dem Zeigefinger auf Sesshomaru deutete, der die Truppe anführte. Anscheinend ein absolutes No-Go für den lieben Jaken, der sofort rot vor Wut anlief und Rin anschrie: „Rin, wie kannst du es wagen mit deinem dreckigen Zeigefinger auf meinen Meister zu zeigen! Das zeugt von Respektlosigkeit, du dummes Mädchen!“

Als Jakens Standpauke unterbrochen wurde, sah ich auf. Zwei Worte genügten um das krötenartige Wesen auf die Knie zu zwingen: „Schweig, Jaken.“ Sesshomaru brauchte sich noch nicht einmal umdrehen. Augenblicklich murmelte Jaken unzählige Entschuldigungen, um danach wieder aufzuspringen und uns hinterherzulaufen. Ich konnte nur die Augenbrauen heben, mir fiel nicht einmal ein Kommentar dazu ein.

Rin studierte unterdessen ihren Zeigefinger und murmelte „Meine Finger sind nicht dreckig.“ und schob die Unterlippe vor. Sie sah zu mir und hielt mir ihre Hand vors Gesicht. „Oder?“

Ich lächelte sie kurz an und schüttelte den Kopf. „Nein, sind sie nicht. Ganz sauber.“

Das reichte scheinbar um ihre heile Welt wiederherzustellen, denn kurz darauf beugte sie sich zu den beiden Köpfen des Drachens und begann ihnen etwas über die vielen Blumen, die sie bereits gepflückt hatte zu erzählen. Ich konnte mir ein Schmunzeln nicht verkneifen.

Plötzlich wurde ich mir meiner gegenwärtigen Lage wieder bewusst. Ich zog die Augenbrauen zusammen. Warum war ich hier? Gerade wollte ich Rin um etwas Hintergrundinfo bitten, doch ich kam nicht dazu, da der Trupp plötzlich stoppte und mich völlig aus dem Konzept brachte.

Von einer Sekunde auf die andere stand Sesshomaru neben uns. „Wir machen Rast.“

Also bei Inuyasha war er noch gesprächiger gewesen. Als könnte er Gedanken lese, visierte er mich plötzlich an. Kühl blickte er mir in die Augen. „Weib, du kommst mit mir.“

Mir fiel die Kinnlade herunter. Hatte ich mich gerade verhört?

Schon wollte ich ihm mal gehörig die Meinung geigen, doch ein einziger Blick ließ mich verstummen.

Jetzt konnte ich zumindest Jakens Reaktion vorhin nachvollziehen. Es lebe der Fortschritt…

Sesshomaru war schon ein Stück Richtung Wald vorrausgegangen und drehte sich kurz zu mir um.

Schnell rannte ich ihm nach. Ein wenig mulmig war mir schon dabei, doch ich wollte unbedingt wissen was vorhin geschehen war.

Ich machte mir vor allem Sorgen um Cleo und hoffte das sie wohlauf war.

Schweigend folgte ich ihm in den angrenzenden Hain. Umso länger wir gingen, desto unbehaglicher wurde es mir, denn die Dunkelheit hatte etwas Einengendes an sich.

Nur noch wenig Licht drang durch die Baumkronen. Vorsichtig setzte ich einen Schritt vor den anderen, um nicht etwa über eine herausragende Baumwurzel oder loses Geäst zu stolpern.

Wütend knirschte ich mit den Zähnen. Was sollte das Ganze?! Was wollte er von mir?! Und noch wichtiger: Warum mussten wir so tief in den Wald vordringen, völlig abgeschottet von den anderen? Ich ahnte Schreckliches.

Plötzlich blieb er stehen.

4. Druckmittel?

Für mich kam der Stopp so unerwartet, dass ich ihm mit voller Wucht in den Rücken lief. Ich hielt mir die schmerzende Nase. Dieser Brustpanzer war aber auch verdammt hart!
 

Ruckartig drehte er sich um und funkelte mich wütend an: „Pass auf, wo du hinläufst, Menschenweib!“ Allein sein Blick war schon sehr einschüchternd, trotzdem konnte ich mich nicht mehr bremsen. „Pah! Du hättest mich ja vorwarnen können, bevor du stehenbleibst! Kann ja keiner wissen!“ Am liebsten hätte ich mir die Hand vor den Mund gehalten. So ein Anfall war in meiner jetzigen Situation keineswegs hilfreich.
 

Mein Ausbruch schien ihm nicht zu gefallen, doch ich konnte mich nicht mehr stoppen. „Und überhaupt! Du kannst mich nicht einfach so verschleppen und dann erwarten, dass ich auch noch kooperiere! Für wen hältst du dich eigentlich?!“

Sein Blick zeigte mir, dass ich eindeutig zu weit gegangen war und im nächsten Moment hatte er mich auch schon am Kragen gepackt und hochgehoben, so dass ich keinen Boden mehr unter den Füßen spüren konnte.
 

Mir verschlug es den Atem. Panisch umklammerte ich seine Hand und versuchte seinen krampfhaften Griff zu lockern. Er blickte mir noch einmal tief in die Augen – ein sehr einschüchternder Blick – bevor er mich brutal gegen einen nahestehenden Baum schleuderte.

Ächzend richtete ich mich ein wenig auf und hielt mir stöhnend den Rücken. Ich konnte gerade noch die Tränen zurückhalten, die sich langsam in meinen Augen bildeten.
 

Erst nach einem kurzen Moment – mir kam es wie eine halbe Ewigkeit vor – hatte ich mich wieder gefangen. Ich wollte mich gerade an dem Baum hochziehen, da wurde ich erneut am Kragen gepackt.

Rote Augen – Zeichen seiner Wut – funkelten mich zornig an. „Wie es scheint, muss man dir noch ein paar Manieren beibringen.“

Nun bekam ich es mit der Todesangst zu tun. Ich hatte ihn völlig überschätzt. Scheinbar waren ihm verbale Attacken nicht aussagekräftig genug.
 

Erst jetzt sah ich ein, dass Kagomes Warnung vollkommen berechtigt, wenn nicht sogar untertrieben gewesen war.

Ein weiteres Mal machte mein Rücken die Bekanntschaft mit dem Stamm eines Baumes. Meine Knochen hielten dem Anschein nach relativ viel aus, zumindest war nichts gebrochen. Noch nicht.
 

Vorsichtig öffnete ich die Augen und hatte augenblicklich sein Gesicht vor mir. Er war meinem unglaublich nah – unerträglich nah. Mir ging das alles zu schnell.

Ich atmete flach ein und aus, sehr darauf bedacht kein zu lautes Geräusch zu machen. Wollte ihn nicht noch mehr reizen.

Langsam nahmen seine Augen wieder den ursprünglichen Goldton angenommen, sein Blick war jedoch nur noch kälter geworden. Ich konnte mir ein Frösteln nicht unterdrücken und wich sofort seinen Augen aus.
 

Nun näherte er sich meinem linken Ohr, seine Stimme nicht mehr als ein Flüstern: „Das nächste Mal, wenn du meinen Namen in den Mund nimmst, hast du ein „-sama“ anzuhängen. Dass du einen respektvollen Ton anzuschlagen hast, brauche ich nicht zu erwähnen, nicht wahr?“ Ich konnte sein spöttisches Lächeln beinahe fühlen. Ein kalter Schauer fuhr mir über den Rücken. Sein Gesicht entfernte sich ein paar Zentimeter von meinem, doch ich konnte mit einem Mal seine Kralle über meine Kehle fahren spüren. Ich hielt die Luft an.
 

„Du wirst mir helfen, Tessaiga in meinen Besitz zu bekommen.“ Er schien es nicht mal als nötig zu erachten diesen Satz als Frage zu formulieren, ließ mir keine andere Wahl. Sein Flüstern jagte mir erneut einen Schauer über den ganzen Körper und ich konnte nur leicht nicken.

Er schien mit meiner Antwort zufrieden zu sein, hatte er auch keine andere erwartet, denn er erhob sich und blickte nun auf mich herab. „Wir gehen.“ Schon machte er kehrt.
 

Mühevoll und mit zusammengebissenen Zähnen rappelte ich mich auf und sofort wurde mir schwarz vor den Augen, sodass ich mich an dem Baum hinter mir festklammern musste, um nicht wieder am Boden zu landen. Mir war schwummrig und alles drehte sich.

Ich fasste mir benommen an die Stirn. Was war gerade passiert?

Vorsichtig setzte ich einen Fuß vor den anderen, um dem Hundedämon zu folgen, doch ich fiel immer weiter zurück.
 

Schwungvoll drehte er sich aufeinmal zu mir um, und richtete mit seinem kalten Tonfall das Wort an mich: „Lauf schneller, ich habe nicht vor noch mehr meiner kostbaren Zeit an dich zu verschwenden.“

Ha. Was für ein Gentleman.

Einen Kommentar aber verbiss ich mir dieses Mal und versuchte mein Tempo zu beschleunigen.
 

Sogar ich lernte mal aus meinen Fehlern.

5. Neuer Feind

Sesshomaru war sofort, als wir an unserem Lagerplatz angekommen waren, mit den Worten „Pass auf Rin auf“ verschwunden und ließ mich verdattert stehen. Dann jedoch überkam mich eine große Welle der Erleichterung.
 

Kurz sah ich mich hier um. Der Platz lag nahe dem Wald und man hatte einen guten Ausblick auf die Landschaft in der Ferne, die größtenteils aus weiten Wiesen und Feldern bestand. Bis dato hatte ich Natur nie in so einem Ausmaß erlebt, konnte man das hier doch keinesfalls mit den Parks in der Stadt vergleichen.
 

Ich setzte mich stillschweigend neben Rin, die damit beschäftigt war, Blumenkränze zu flechten. Sie sah kurz lächelnd zu mir auf, um sich anschließend wieder mit leuchtenden Augen ihrem Kunstwerk zu widmen.

Natürlich nahm ich die Aufgabe, ein Auge auf Rin zu halten, war. Nicht etwa weil ich Angst vor diesem Dämon hatte, versuchte ich mir einzureden, nein, ich fand das kleine Mädchen schlicht und einfach süß.
 

Ich war sonst nie ein Fan von kleinen Kindern gewesen, ich hatte sie eher als Störfaktor erachtet, aber Rins unschuldige und naive Art und ihre permanente Fröhlichkeit musste man einfach gernhaben.
 

Ihre Liebe zu Sesshomaru konnte ich zwar weder nachvollziehen noch verstehen, und sie sah zweifelsohne einen Ersatzvater in ihm.

„Willst du dich nicht nützlich machen? Warum mein Meister unbedingt einen Menschen, und dazu noch eine Frau mit auf Reisen nimmt, will mir nicht in den Kopf.“
 

Mit hochgezogenen Augenbrauen sah ich zu Jaken, der wieder Mal am Meckern war. „Du brauchst gar nicht so zu schauen, du wertlose Kreatur!“

Ok, das ging eindeutig zu weit. „Hör mal, ich habe es mir nicht ausgesucht, Teil eurer Gruppe zu werden. Also such dir eine sinnvolle Beschäftigung, geh Fliegen fangen, du Zwerg!“
 

Mit offenem Mund starrte er mich aus seinen großen gelben Augen an und sein Gesicht nahm ein tiefes Rot an. Gerade setzte er zu einer weiteren Schimpftirade an, da kam ich ihm zuvor: „Verdammt, zisch endlich ab!“

Er gab einen empörten Laut von sich, um kurz darauf beleidigt kehrt zu machen. Man konnte ihn noch eine Weile vor sich hin schimpfen hören, bis er sich zu dem Drachen Ah-Uhn setzte und begann seinen Kopfstab zu polieren.
 

Ich verdrehte die Augen und beschloss mich wenn möglich von ihm fernzuhalten, oder zumindest seine Anwesenheit zu ignorieren. Nervige kleine Kröte.

Seufzend sah ich in die Ferne und beobachtete ein paar Fasane, die auf den Feldern auf der Suche nach Nahrung waren.
 

Mir ging ungeheuer vieles durch den Kopf. Zum einen diese ganze Sache mit dem Zeitreisen, die vielen einzigartigen und ungewöhnlichen Wesen und zum anderen auch noch Sesshomaru, der mich für seine Zwecke missbrauchen will, um an ein blödes Schwert zu kommen.
 

Bis jetzt hatte ich alles Erlebte einfach hingenommen und nicht hinterfragt, was wahrscheinlich daran lag, dass ich es immer noch nicht ganz realisieren konnte.

Wieder gingen mir Kaedes Worte durch den Kopf. Eigentlich glaubte ich nicht an das Schicksal – ich mochte den Gedanken lieber, mein Leben selbst im Griff zu haben.
 

Und jetzt hatte ich rein gar nichts im Griff du war den Geschehnissen völlig ausgeliefert.

Ich legte mich auf den Rücken und sog scharf die Luft ein. Gerade so konnte ich ein Aufstöhnen unterdrücken.
 

Rin, die meine gequälte Miene bemerkt hatte, setzte ein fragendes Gesicht auf, und als ich ihr meine zerkratzten und mit blauen Flecken und Blutergüssen bedeckten Arme zeigte, sprang sie sofort auf, rannte zu Ah-Uhn und holte aus einer der Satteltaschen eine kleine hölzerne Tube heraus. Sie hielt sie mir vor die Nase: „Sesshomaru-sama hat mir diese Salbe gegeben, weil ich so oft hinfalle. Sie hilft ganz schnell.“ Als ich nicht sofort reagierte, drückte sie mir die Tube in die Hand.
 

Vorsichtig trug ich die Salbe auf, wobei Rin mir half, die Blutergüsse und Kratzer am Rücken einzucremen, und sie ging mit äußerster Behutsamkeit vor.

Auf die Frage, wie es zu den Verletzungen gekommen war, behauptete ich, ich sei gegen einen Baum gerannt – mir fiel auf die Schnelle nichts besseres ein - was sie laut auflachen ließ. Das kleine Mädchen hielt sich den Bauch vor Lachen und ich sah lächelnd auf sie herab. Ich war schließlich kein Unmensch und nahm ihr die Illusion von Sesshomaru als guten Ersatzvater, den sie ihn ihm sah.
 

Zum Glück fragte sie nicht weiter nach, denn da wäre ich wirklich in Erklärungsnot gekommen.

Die Schmerzen linderte die Salbe zwar nur gering, doch sie wirkte angenehm kühlend auf der Haut.
 

Langsam und vor allem vorsichtig ließ ich mich in die Wiese sinken – Rin hatte sich wieder ihren Blumenkränzen gewidmet – und starrte in den wolkenlosen Himmel hinauf.

Es musste mir unbedingt gelingen mein Temperament in Bezug auf Sesshomaru im Zaum zu halten und meinen Stolz abzulegen. Aber es war so schwer aus seiner Haut zu kommen.
 

Ich hasste es einfach Schwäche zu zeigen und neigte in Situationen, in denen ich mich ausgeliefert fühlte, zu Überreaktionen, die mich meist nur noch mehr in den Schlamassel reinritten. So gut kannte ich mich inzwischen.

Dazu kam noch die Sorge um Cleo. Rin konnte mir auch nicht weiterhelfen, als ich sie nach meiner Hündin fragte, sie war bei dem Vorfall mit Jaken und dem Drachen Ah-Uhn beim Blumenpflücken gewesen, wie sie mir stolz berichtete. Das Mädchen schien regelrecht vernarrt in Blumen zu sein.
 

Und Sesshomaru hatte ich bestimmt nicht vor zu fragen.

Ich gab es nicht gerne zu, aber ich war endlos verzweifelt. Ich saß durch und durch in der Scheiße – entschuldigt den Ausdruck.

Sesshomaru wollte mich für seine Zwecke missbrauchen, nur um an dieses blöde Schwert von Inuyasha zu kommen. Wozu eigentlich? Waren ihm die zwei, die an seiner Seite baumelten etwa nicht genug? Er musste die Dinger ja nicht unbedingt sammeln?!
 

Ich würde ihn vermutlich nie durchschauen.

Meine Gedanken wurden durch ein Knurren unterbrochen.

Im ersten Moment dachte ich Cleo sei der Ursprung und hatte mich schon freudig umgedreht – Knurren hin oder her – doch anstatt meiner Hündin sah ich den sonst so friedlichen Drachen Ah-Uhn, der sich schützend vor Rin und mich aufgebaut hatte.
 

Sofort schrillten bei mir alle Alarmglocken. Jaken rannte zu uns und fing natürlich sofort wieder an zu meckern: „Du blödes Vieh, was ist denn jetzt schon wieder los?!“ Wütend sah ich zu ihm herab: „Jaken, halt einmal in deinem Leben deine verdammte Klappe!“ Empört starrte er mich an, blieb aber ansonsten still. Ich schickte ein kurzes Stoßgebet gen Himmel. Wenn nur alles im Leben so einfach wäre.
 

Vorsichtig lugte ich hinter Ah-Uhns Rücken hervor, konnte aber weit und breit nichts Ungewöhnliches entdecken.

„Hinter dir, Schätzchen.“ Ich riss die Augen auf und wirbelte erschrocken herum. Kurz konnte ich noch einen Blick auf einen großen schwarzgekleideten Mann erhaschen, bevor Ah-Uhn mir den Blick versperrte.
 

Der gutmütige Drache hatte sich erneut vor mich und die Kleine gestellt. Sein Knurren wurde immer lauter und furchterregender. Rin starrte ängstlich in die Richtung des Mannes und klammerte sich verstört an mich. Schützend legte ich meinen Arm um sie und ging mit ihr einen Schritt zurück. Wir mussten hier unbedingt weg!

Den Fremden schien Ah-Uhn in keinster Weise einzuschüchtern – im Gegenteil.

Kalt lächelte er das Tier an: „Du bist mir im Weg, Drache.“ Und mit einem einzigen Hieb schleuderte er Ah-Uhn von sich. Ich konnte ihn noch aufjaulen hören, bevor er mit voller Wucht gegen einen Fels unmittelbar in der Nähe krachte. Bevor ich es verhindern konnte, lief Rin dem Drachen sofort nach, Jaken ihr hinterher.
 

Ich blieb als einzige wie angewurzelt stehen. Meine Augen huschten hin und her und mir fiel es schwer einen einzigen Gedanken zu fassen. Was sollte ich tun?!

Doch eins wusste ich genau, ich durfte den Fremden auf keinen Fall in Rins Nähe lassen.
 

Aber der Fremde schien keineswegs an Rin interessiert zu sein, sein Blick galt einzig und allein mir. Sollte ich mich jetzt geehrt fühlen? Doch bevor ich meine sinnlosen Gedanken fortführen konnte, war er aus meinem Sichtfeld verschwunden. Panisch sah ich mich um, als mich auch schon zwei Arme von hinten umschlungen. „Hier bin ich.“, hauchte er mir ins Ohr. Sofort begann ich mich zu wehren, wobei ich Rins Rufe um Unterbewusstsein wahrnahm, doch ihn schien das augenscheinlich nicht zu stören.
 

„Lassen Sie mich verdammt noch mal los!“, rief ich in meiner Verzweiflung, doch der Mann lachte nur leise: „So zart und doch so widerspenstig. Gefällt mir.“

Er begann mit seiner Nase seitlich an meinem Hals Richtung Nacken zu streichen, wobei er schnuppernd die Luft einsog. Schlagartig verkrampfte sich mein Körper. Was hatte er vor?!
 

„Lassen Sie das!“ Doch er ignorierte meine Proteste einfach.

Er erreichte nun mein Schlüsselbein. Ich hörte ihn leise Worte flüstern, konnte ihn jedoch nicht verstehen. Vorsichtig strich er meine Bluse am Ausschnitt zur Seite. „Ah, das Zeichen. Ich wusste, ich hatte mich nicht geirrt.“
 

Verwirrt hielt ich inne. Zeichen? Meine er etwa mein Muttermal? Ich schielte umständlich zu meinem Ausschnitt herunter. Dort, über meiner linken Brust hatte ich ein tropfenförmiges Muttermal, ähnlich einer Träne. Doch das war schon das einzig besondere daran.

Sanft strich der Fremde darüber und mich überkam eine Gänsehaut. Nun wurde ich wirklich rasend.
 

Der Typ konnte mich doch nicht einfach so betatschen?!

„Hey, was soll das?! Finger weg!“, schrie ich völlig außer mir und versuchte um mich zu schlagen, doch sein Griff wurde nur noch fester, er nahm mir fast die Luft.
 

„Ganz ruhig, Schätzchen. Ein kleiner Biss, dann lasse ich dich in Ruhe.“ Ungläubig drehte ich meinen Kopf und sah ihn an. Wollte er mich verarschen?

Er grinste boshaft auf mich herab und entblößte so seine spitzen Zähne. „Es könnte etwas weh tun.“ Sein gespieltes Bedauern machte mich nur noch wütender. Er wollte schon zu einem Biss ansetzen – ich konnte seine Zähne an meine Halsschlagader kratzen spüren – als ihn eine Stimme aufsehen ließ: „Nimm deine Finger von ihr.“
 

Das war doch…?

6. Rettung

„Ich wiederhole mich nur ungern. Lass sie los, sie gehört mir.“

Sesshomaru stand plötzlich mitten auf der Lichtung, nur einige Meter von mir und dem Fremden entfernt. Seine Arme umschlangen mich nun noch fester, und ich bekam langsam wirklich Probleme mit der Atmung. Sein Griff war unglaublich schmerzhaft und ich biss die Zähne zusammen.
 

Der Fremde grinste: „Liegt dir etwas an diesem Menschenmädchen, Sesshomaru? Du kannst sie mir doch überlassen. Natürlich gegen Bezahlung.“ Sie kannten sich?!

Er strich mir über die Taille und hinderte mich am Weiterdenken. „Sie hat bestimmt einen größeren Nutzen für mich, als für dich. Wenn du verstehst was ich meine.“ Obszön grinste er mich an und schmiegte seinen Kopf an meinen Nacken.
 

Panik durchflutete mich. Sesshomaru würde mich doch nicht an diesen Perversen verkaufen, oder?

Doch Sesshomaru starrte den Fremden nur mit zusammengekniffenen Augen an. Die Spannung war förmlich zu spüren.
 

Plötzlich glühte seine Hand grün auf und eine grüne Flüssigkeit tropfte von ihr herab. Der Boden, der davon beträufelt wurde, löste sich augenblicklich auf.

Meine Augen weiteten sich. „Säure.“, schoss es mir durch den Kopf. Was hatte er vor?!
 

„Oh, Sesshomaru, du willst doch nicht mit deinem Dokkasu angreifen, jetzt wo ich die Kleine zweckentfremdend als Schutzschild missbrauchen könnte?“ Er lachte kurz auf.

„Geschmolzen nutzt sie keinem etwas.“ Er schien allein die Vorstellung furchtbar amüsant zu finden, denn er fing an unkontrollierbar zu kichern. Oh Gott, der Typ war vollkommen irre!
 

Hilfe suchend sah ich zu Sesshomaru. Doch entweder er sah meine flehenden Blicke nicht, oder er beschloss sie schlichtweg zu ignorieren. Beide Varianten gefielen mir kein bisschen. Na vielen Dank auch.
 

Dann schien er irgendetwas hinter uns zu fixieren. Meinem Bedroher schein das nicht aufzufallen: „Na, Sesshomaru. Hat es dir die Sprache verschlagen?“ Er kicherte wieder, was mich unmittelbar die Augen verdrehen ließ. So ein Idiot.
 

Ich sah den Hundedämon noch irgendwem dezent zunicken. Mir blieb nicht viel Zeit mich darüber zu wundern, denn ich wurde plötzlich mitsamt dem Fremden nach vorne geworfen. Der Stoß kam so unvermutet, so dass ich augenblicklich losgelassen wurde und mich noch rechtzeitig zur Seite rollen konnte, um nicht von seinem Gewicht zerdrückt zu werden.
 

Das schien Sesshomarus Stichwort zu sein, denn er zog eines seiner Schwerter und stürzte sich blitzschnell auf den fremden Dämon, der inzwischen wieder auf den Beinen war.

Doch anstatt mich wieder als Schutzschirm auszunützen, zog dieser ebenfalls sein Schwert und parierte den Angriff.
 

Er schien Schwierigkeiten zu haben, Sesshomaru etwas entgegenzusetzen, hatte er mit dem plötzlichen Angriff anscheinend nicht gerechnet.

Gequält rieb ich mir die linke Schulter, die den Aufprall nicht so recht vertragen hatte. Auch für meine anderen Verletzungen war der Sturz alles andere als heilfördernd gewesen.
 

Ich wollte mich gerade aufrichten, als mich ein fremdes Gewicht wieder herunterdrückte.

Zuerst war ich erschrocken, doch dann konnte ich meine Freude gar nicht fassen.

„Cleo! Wo kommst du denn aufeinmal her?! Warst du das etwa gerade?“ Lachend umschlang ich meine Hündin mit den Armen. Cleo bellte einmal kurz auf, als wollte sie mir zustimmen, um mir daraufhin freudig über das Gesicht zu schlecken. Eine große Welle der Erleichterung durchflutete mich. Ihr war nichts passiert! Aber war sie mir etwa den ganzen Weg gefolgt? Verrücktes Mädchen!

Völlig baff betrachtete ich sie.
 

Aus den Augenwinkeln konnte ich den immer noch herrschenden Kampf zwischen den beiden Dämonen verfolgen, der wenige Meter von uns entfernt stattfand.

Es war zwar genug Abstand, dass wir nicht im Weg waren, geheuer war mir die unmittelbare Nähe aber trotzdem nicht. Schnell brachten Cleo und ich einen größeren Abstand zwischen uns und dem Kampfgeschehen. Sesshomaru behielt eindeutig die Oberhand, und die beiden Kämpfenden schienen nichts von ihrem Umfeld mitzubekommen, so sehr beanspruchte das Gefecht ihre Aufmerksamkeit.
 

Aufeinmal überkam mich ein Gedanke. Dies war eine einmalige Chance für eine Flucht!

Ich wollte mich schon Richtung Wald umdrehen, das Blut pochte mir vor Aufregung in den Ohren, als ich inne hielt. Wo sollte ich denn hin? Ich befand mich hier nicht nur in einer fremden Gegend, sondern sogar in einer völlig anderen Zeit! Ich schätzte 15./16. Jahrhundert, der Kleidung nach zu urteilen. Wie könnte ich mich hier nur zurechtfinden?
 

In meinem Inneren tobte ein Kampf zwischen Vernunft und Spontanität.

Schließlich sank ich ein wenig in mich zusammen. Bestimmt würde ich meine Entscheidung später bereuen, dich ich beschloss bei Sesshomarus Truppe zu bleiben. Bei ihm war ich wenigstens vor anderen Dämonen sicher, und da er hinter Inuyashas Schwert her war, mussten wir ihm, Kagome und den anderen früher oder später begegnen. Sie würden mich bestimmt nicht hängen lassen.
 

Ein Funken Hoffnung baute sich langsam in mir auf. Ich würde bald wieder zu Hause sein, zumindest versuchte ich mir das einzureden.

Ich zog die Augenbrauen zusammen. Der Gedanke noch länger bei Sesshomaru zu bleiben, behagte mir trotzdem nicht.
 

Ich wandte mich wieder den beiden Kämpfenden zu. Sie waren gerade wieder zum Stillstand gekommen. Der fremde Dämon hielt sich schwer atmend eine blutende Wunde an der Taille, die an dieser Stelle sein Oberteil durchtränkte, wobei Sesshomaru noch nicht einmal schwitzte. Kein einziges Zeichen der Erschöpfung war auf seinem Gesicht zu lesen. Was zum Teufel war er? Dämon hin oder her.

Der Blick des Mannes huschte kurz zu mir, was mich leicht zusammenzucken ließ und mir eine Gänsehaut bereitete. Wenn Blicke töten könnten...
 

Er wandte sich wieder Sesshomaru zu: „Eins lass dir gesagt sein, Sesshomaru. Ich kriege das Mädchen, wart´s nur ab. Wir sehen uns wieder.“ Und mit diesen Worten und einer kurzen Handbewegung löste er sich ohne Vorwarnung in Luft auf. Er war weg, man hatte nicht einmal verfolgen können wie und wohin er geflüchtet war.
 

Sesshomaru schien meine Verwirrung aufgefallen zu sein und beantwortete meine unausgesprochene Frage mit einem Wort: „Illusionszauber.“ Erstaunt sah ich ihn an, völlig verblüfft ungefragt eine Antwort bekommen zu haben. Leider war ich genauso schlau wie vorher, da ich mit dieser Aussage nicht viel anfangen konnte.

Und Nachfragen stand auf keinen Fall zur Option, man sollte sein Glück schließlich nicht überstrapazieren.
 

Ich schielte zu dem Hundedämon herüber. Er hatte mir gerade wirklich geholfen, oder? Trotzdem. Bedanken würde ich mich bei ihm bestimmt nicht. Das fehlte gerade noch! Trotzig schnaubte ich auf, was mir einen herablässigen Seitenblick von Sesshomaru einbrachte.
 

Und als hätte er meine Gedanken gelesen, berichtigte er sie auch gleich: „Denke nicht, ich hätte dir geholfen, Weib. Ich brauche dich noch, und tot bringst mit bedauerlicherweise nicht viel.“

Fassungslos und mit offenem Mund starrte ich ihn an. Da! Schon bereute ich meine Entscheidung, wie ich es vorausgesagt hatte. Wie konnte ich nur so blöd sein?! Das war nun wirklich zum Heulen.
 

Da richtete Sesshomaru das Wort an Jaken, der sofort nachdem die die Luft rein gewesen war, seinen Meister nonstop für dessen „glorreichen“ Sieg lobte, jedoch vollkommen ignoriert wurde.

„Jaken, du wirst mit Rin und Ah-Uhn zum Schloss zurückkehren. Die Frau und der Köter kommen mit mir.“
 

Jaken sah den Hundedämon mindestens genauso verdutzt an wie ich. „A-a-aber Meister, seid ihr sicher, dass ihr dieses unnütze Menschenweib eurem stets treuergebenen Diener vorziehen wollt? Sie stellt doch nur eine unnötige Last für Euch dar!“ Wieder genügte ein Blick um den Froschdämon verstummen zu lassen. Doch diesmal entschied Sesshomaru dem noch eins draufzusetzen.
 

Herausfordernd funkelte er den nun schweißgebadeten Jaken an: „Zweifelst du etwa an meinen Entscheidungen, Jaken?“ Dieser stand bereits nahe einer Ohnmacht. Kreischend fiel er vor Sesshomaru auf die Knie. „Oh nein, mein Herr! Eure Entscheidungen sind die weisesten, klügsten, brillantesten,…“ Mit einem Fußtritt beförderte der Inuyoukai seinen Diener zu Rin und dem bereits einigermaßen wieder erholten Ah-Uhn. „Jaken, meine Anweisungen waren deutlich.“
 

Ein Kichern konnte ich mir nicht verkneifen. Schadenfroh blickte ich dem jammernden Froschdämon hinterher. Geschah dem Idioten recht – von wegen unnütz!

Als wäre Satan persönlich hinter ihm her, sattelte Jaken Ah-Uhn in einer Geschwindigkeit, die ich ihm nie zugetraut hätte. Bevor sie die Heimreise antraten, galoppierte Rin noch auf mich zu. „Siehst du, Sesshomaru-sama hat dich gerettet, bestimmt hat er dich auch sehr gern.“
 

Glücklich strahlte sie mich an. Ich widersprach ihr nicht. Das Bild ihres perfekten, gütigen Meisters würde ich ihr nicht zerstören.

Traurig sah sie zu mir auf. „Du kommst mich doch besuchen, oder? Du musst unbedingt das Schloss von meinem Meister sehen! Und den Garten , da gibt es sooo viele Blumen!“ Um ihren Worten Ausdruck zu verleihen, breitete sie ihre Arme aus. Innerlich rang ich mit mir. Ich wollte die Kleine wirklich nicht anlügen, aber enttäuschen wollte ich sie in dem Moment auch nicht.
 

Schließlich nickte ich. „Natürlich werde ich das.“ Vielleicht hatte sie mich nach einer Zeit schon wieder längst vergessen.

Rin strahlte nun übers ganze Gesicht. „Ich muss dir dann auch noch mein Zimmer zeigen, und die Ställe, Sesshomaru-sama hat mir ein eigenes Pferd geschenkt, und…“ „Rin.“
 

Wir beide sahen zu dem Daiyoukai und Rin verstand. Stürmisch umarmte sie mich, ich konnte mir ein Aufstöhnen gerade noch verkneifen, und drehte sich dann schwungvoll um, um auf den Rücken des Drachen zu steigen, wobei sie auch Jaken beim Aufstieg half.
 

Als alle Beide ihren Platz eingenommen hatten, erhob sich Ah-Uhn und im nächsten Augenblick schwebte er schon in der Luft. Mir war immer noch unklar, wie der Drache das ohne Flügel machte.

Breit grinsend und anscheinend stolz mir so eine Show bieten zu können, winkte Rin mir während des Fluges noch zu, bis sie am Horizont nur noch als kleiner Punkt zu erkennen war.
 

Wehmütig sah ich ihr nach. Nun fühlte ich mich Sesshomaru restlos ausgeliefert, immerhin hatte ich durch Rins Abreise auch einen wirkvollen Puffer verloren.

„Wir brechen auf.“ Trotzig erwiderte ich seinen Blick, um gleich darauf lautlos aufzuseufzen.

Resigniert streichelte ich Cleos Kopf. Das konnte ja heiter werden.
 

--°°--
 

Wir trotteten nun seit Stunden, besser gesagt ICH trottete, und langsam aber sicher machte ich schlapp. Und es sah nicht so aus, als würden wir in absehbarer Zeit eine Pause machen.

Der werte Herr brauchte ja keine. Aber die Blöße, ihm irgendeine Form von Schwäche geradezu auf dem Silbertablett zu servieren, würde ich mir nicht geben.
 

Wenn ich wenigstens das Ziel unserer Wanderung kennen würde… Stirnrunzelnd sah ich zu Cleo herab, die neben mir her wanderte.

Hatte sie sich mit Sesshomaru, während der Fremde mich in seiner Gewalt hatte, etwa abgesprochen? Wieso konnte er sich in dieser Weise mit ihr verständigen? Oder hatte ich mir das ganze nur eingebildet? Diese Frage beschäftigte mich nun schon eine Weile, bis ich sie schließlich verwarf.
 

Es brachte ja doch nichts, mir den Kopf über solche Dinge zu zerbrechen. Ich hatte mich bestimmt getäuscht.

Das Ziel unserer Reise interessierte mich aber immer noch.

Ich wägte zuerst Pro und Kontra ab, und fasste schließlich eine Entschluss. Ich holte einmal tief Luft und holte zu Sesshomaru auf.
 

Nun ging ich neben ihm, stillschweigend noch ein kurzes Gebet betend (und dabei war ich eigentlich nicht gläubig, aber Gott half bekanntlich allen Menschen in Not, oder?).
 

Ich fragte einfach drauf los: „Wohin gehen wir eigentlich?“ Ich räusperte mich. War dieses piepsige etwas etwa meine Stimme gewesen? Ich rechnete schon mit einer verbalen Attacke seinerseits, wurde jedoch positiv überrascht. Er sah kurz auf mich herab (er war mindestens zwei Köpfe größer als ich), sah dann aber weiter geradeaus, als er mir antwortete:
 

„Wir sind auf dem Weg zum Herrscher des Nordens. Saigo war jahrelang dessen Berater, wurde vor langer Zeit jedoch von ihm wegen Hochverrats verbannt. Koroshi wird es bestimmt interessieren, was sein ehemaliger Consultant seit Neuestem so treibt.“ Ich konnte ihn nur anstarren. Wow, ich hatte ihn noch nie so viel auf einmal reden gehört.
 

Herausfordernd sah ich ihn an: „Ich dachte dieses Schwert wäre so wichtig für dich.“ Er sah mich immer noch nicht an, als er mir antwortete. „Ich weiß meine Prioritäten zu setzen.“

Ich hob eine Augenbraue. Angeber.
 

Aber eines interessierte mich noch: „Wer ist überhaupt Saigo?“ Spöttisch sah er mich an. „Hast du deinen Verehrer bereits vergessen? Ich dachte bis jetzt immer, dass ihr Menschen wenigstens mit einem Kurzeitgedächtnis ausgestattet wärt.“
 

Empört holte ich Luft, um mich im nächsten Moment beleidigt wieder zu Cleo zu gesellen.

„Ganz ruhig Rina.“, redete ich mir in Gedanken gut zu. „Das konntest du nicht wissen.“ Immerhin wollte ich nicht schon wieder am nächstbesten Baum kleben. Bei dem Gedanken überkam mich eine Gänsehaut und ich wurde wieder auf meine Blessuren aufmerksam.
 

Vielleicht sollte ich mir ein Mantra einfallen lassen… Resigniert seufzte ich auf. Wenigstens wusste ich nun Cleo in Sicherheit. Obwohl – konnte man das in Sesshomarus Gesellschaft so ohne weiteres behaupten?

Schweigend liefen wir weiter.
 

Mittlerweile hatte sich die Landschaft weitgehend verändert. Felder und Äcker waren weitflächigen Wiesen gewichen, deren Gras sanft im Wind schaukelte. Hier und da waren auch einzelne Bäume verteilt, die der Landschaft eine gewisse Atmosphäre verliehen.
 

Ich war sprachlos angesichts dieser Naturschönheit.

Plötzlich blieb Sesshomaru stehen. Diesmal rannte ich ihm nicht in den Rücken, war ich schon davor mit offenem Mund stehengeblieben.
 

„Unglaublich…“,flüsterte ich ehrfürchtig.

7. Antworten

Der Ausblick war gigantisch. Vor uns erstreckte sich ein imposantes Schloss aus grauem Stein, dessen Türme hoch in den Himmel ragten. Genauso hatte ich mir die Burgen im europäischen Mittelalter immer vorgestellt. Unter den vielen Türmen stach besonders der Hauptturm, der größte von allen, hervor. An seiner Spitze flatterte eine lange violette Fahne, auf der ein aufsteigender Drache abgebildet war.
 

Als ich sah, dass Sesshomaru schon weitergegangen war, lief ich im schnell nach, bis ich ihn eingeholt hatte. Wir gingen nun einen schmalen Trampelpfad entlang, der zu dem hünenhaften Eisentor führte, das vor uns emporragte.

Ich kam aus dem Staunen gar nicht mehr raus, vor allem von dem Schloss konnte ich kaum die Augen lassen.
 

Allein der Daiyoukai zeigte bei dem Anblick keinerlei Emotion. Die Torwächter rissen schockiert die Augen auf, als sie ihn erblickten und öffneten so schnell sie konnten das metallene Tor und gewährten uns somit Einlass.

Ich folgte Sesshomaru auf einen weiten Platz, in dessen Mitte ein kolossaler Springbrunnen in Form eines feuerspeienden Drachen die Umgebung zierte.
 

Alles hier war unglaublich eindrucksvoll und imposant, und ich kam nicht umhin mich genauer umzusehen. Es herrschte reger Betrieb. Etliche Diener waren damit beschäftigt, die vielen Pflanzen und Büsche in Form zu bringen und rannten gehetzt durch die Gegend. Doch als auch sie Sesshomaru erblickten, hielten sie in ihrem Tun inne und fielen augenblicklich vor ihm auf die Knie.
 

„Sesshomaru-sama, welch Ehre euch hier begrüßen zu dürfen.“ Ich runzelte die Stirn. Anscheinend war Jaken nicht der einzige der sich dermaßen dem Dämon fügte. Missmutig schnaubte ich. Also konnte ich mir hier schon mal keine Hilfe erhoffen. Gähnend machte es sich Cleo neben mir auf dem Boden gemütlich. Ich kniete mich zu ihr und kraulte sie ein wenig, denn auch Sesshomaru hatte nun Halt gemacht. Mit einer kurzen Handbewegung befahl er einen der Diener zu sich.
 

Nervös wurden unter der Dienerschaft Blicke gewechselt, bis sich einer, auf den Knien rutschend, in seine Nähe wagte. „Was kann ich für euch tun, Herr?“ Der Diener blickte starr auf den Boden, und seine Haltung wirkte geradezu verkrampft. Ich wollte wirklich nicht wissen, was die Leute hier dazu bewog solch eine Reaktion hervorzubringen, hatte ich ja schon genug Erfahrung mit dieser „speziellen“ Seite des Dämons gemacht.
 

„Unterrichte den Schlossherren von meiner Anwesenheit.“ Der Diener machte noch kurz eine Verbeugung, als Zeichen des Respekts, wobei seine Nase schon fast den Boden berührte, bevor er aufsprang und mit gebeugter Haltung und vor allem ohne Sesshomaru den Rücken zu kehren in Richtung des Schlosses eilte. Nun wandte sich der Hundedämon mir zu: „Steh auf.“ Zögernd tat ich wie geheißen. „Wenn Koroshi vor uns steht hast du dich zu verbeugen. Du sprichst nur wenn du gefragt wirst. Ich nehme nicht an, dass dir die Etikette bekannt ist, also mach mir keine Schande.“
 

Stumm sah ich ihn an, ein wenig empört, machte mir diesmal aber nicht die Mühe etwas darauf zu erwidern. Wenn dieser feine Schlossherr unserem gefühlslosen Dämon auch nur in kleinster Weise ähnlich war,…

Plötzlich wurde das Schlosstor aufgerissen. Freudestrahlend kam uns ein schlanker, in feines Gewand gekleideter Dämon entgegen. An seinem Rücken waren sehnige Schwingen zusammengefaltet, die denen der Drachenstatue bis ins kleinlichste Detail ähnelten, was mich zu der Vermutung führte, dass es sich hierbei um einen Drachendämon handelte. Keine besonders schwere Schlussfolgerung.
 

Jetzt machten auch die unzähligen Drachenstatuen, die ich nach und nach entdecken konnte, einen Sinn. Wahrscheinlich eine Art Verherrlichung seiner Rasse.

Die schulterlangen, schwarzen Haare des Schlossherrn waren hinten im Nacken streng zusammengebunden, trotzdem wehten ein paar vereinzelte Strähnen eifrig im Wind. Im Großen und Ganzen machte er, zu meiner eigenen Verwunderung, einen überaus sympathischen Eindruck – wenn man das über Dämonen sagen konnte.
 

Koroshi hatte einladend die Arme ausgestreckt, wie für eine Umarmung, und kam mit schnellen Schritten auf Sesshomaru zu. Bei diesem angekommen, senkte er jedoch seine Arme und klopfte dem Hundedämon freundschaftlich auf die Schulter. Sesshomaru reagierte einfach gar nicht, was mich doch ein wenig wunderte.

„Sesshomaru, altes Haus! Was verschafft mir die Ehre dich in meinem bescheidenen Heim begrüßen zu dürfen?“ Im Gegensatz zu Sesshomarus fiel meine Reaktion alles andere als zurückhaltend aus: mir klappte der Mund auf – und so sah ich bestimmt nicht gerade intelligent aus.
 

Dass Sesshomaru so eine Person kannte UND sie akzeptierte, kam mir mehr als suspekt vor.

Er fiel Koroshi zwar nicht freudestrahlend in die Arme, trotzdem konnte ich eine tiefe Verbundenheit zwischen ihnen erkennen. Da war ein gewisses Aufblitzen in Sesshomarus Augen, das sonst nicht da war. Gerade wollte er dem Schlossherrn antworten, als dessen Blick auf mich fiel.
 

„Oh Sesshomaru, hast du deine Gefährtin mitgebracht? Ich wusste immer schon, dass du ganz nach deinem Vater kommst, was die Vorliebe an Frauen betrifft.“ Mit einem breiten Grinsen kam er auf mich zu, Cleo umgehend, und bevor ich das Missverständnis aufklären konnte, fand ich mich in einer festen Umarmung wieder, die mir beinahe den Atem nahm. Ich, nun mit der Situation völlig überfordert, erwiderte die Geste unbeholfen.
 

„Sie ist meine Dienerin.“, widersprach Sesshomaru sofort und funkelte mich warnend an, jeden Protest sofort im Keim erstickend. Doch Koroshi behielt seine Fröhlichkeit bei und setzte nur ein „Schade“ an.

Plötzlich hielt er inne und wandte sich wieder mir zu. Ich zuckte unter seinem fixierenden Blick zusammen und konnte nicht verhindern diesem ein wenig auszuweichen. Ich konnte diesen nicht deuten, es war Neugier und Spannung, gemischt mit… Trauer?
 

Er kam wieder näher und begann leicht an mir zu schnuppern, was ihm einen unsicheren Blick meinerseits einbrachte. Jedoch traute ich mich nicht mich dagegen zu wehren.

Koroshi wandte sich fragend an Sesshomaru: „Dieser Geruch… Sie ist eine…“, wurde von diesem aber mitten im Satz unterbrochen. „Nicht hier.“
 

Der Schlossherr sah noch kurz zu mir und nickte dann zustimmend in Sesshomarus Richtung. Mit einer einfachen Geste deutete er uns ihm zu folgen.

Während wir auf das Schloss zugingen konnte ich nicht verhindern Koroshis Rücken anzustarren. Was sollte das gerade und was hatte er gemeint? Ratlos sah ich zu Sesshomaru auf, der meinen Blick jedoch schlicht ignorierte.
 

Wir betraten nun das Schloss durch das riesige Portal und ich wurde wieder von der Imposanz eingenommen. Es war zwar recht einfach gehalten, also nicht etwa so protzig wie es im Barock üblich gewesen war, doch gerade diese Einfachheit strahlte eine immense Dominanz aus. Die Wände bestanden aus grauem Stein und alle paar Meter hing ein gold-metallener Kronleuchter von der Decke, der den dunklen Gang in ein schummriges Licht tauchte. Hier waren noch keine Fenster, stattdessen bestückten eindrucksvolle Gemälde unzähliger Adeliger die Wände.
 

Nachdem wir durch etliche Gänge, die sich nicht besonders voneinander unterschieden, gewandert waren, ging Sesshomaru mit einem Mal zielsicher auf eine gewaltige hölzerne Flügeltür zu, bereit sofort einzutreten, wurde aber von Koroshi aufgehalten. „Mein Freund, ich denke deine kleine Dienerin ist äußerst erschöpft. Wir sollten unsere Unterredung auf morgen verschieben.“
 

Erst jetzt, da Koroshi es erwähnt hatte, fiel mir meine Müdigkeit auf. Auch meine Beine hatten schon bessere Tage gesehen. Wie zur Bestätigung gähnte Cleo neben mir herzhaft auf.

Mit zusammengekniffenen Augen sah mich Sesshomaru an, und ich zuckte unter dem starrenden Blick zusammen. „Du machst nur Umstände“ schien er damit sagen zu wollen.
 

Gleichgültig wandte er sich Koroshi zu: „Wir brauchen sie nicht dabei.“ Doch der Schlossherr schüttelte den Kopf. „Natürlich muss sie dabei sein, es geht schließlich um sie und ihre Herkunft. Wir wollen ja nicht unhöflich sein, mein Freund.“
 

Wütend stampfte ich mit dem Fuß auf. „Hallo? Ich bin hier, könnt ihr aufhören ständig in der 3. Person von mir zu sprechen?!“ Das brachte mir zwar wütende Blicke seitens Sesshomaru ein, doch ich strich mir nur gehetzt ein paar Strähnen aus dem Gesicht, bevor ich weiter redete. „Könnte mir jetzt irgendwer sagen was das Ganze soll?“ Koroshi hatte meinen kleinen Ausbruch mit gemischten Gefühlen beobachtet, verwundert aber auch belustigt. Nun lächelte er mich wieder an: „Alles zu seiner Zeit, meine Liebe.“ Er deutete auf eine Tür rechts von uns. „Das ist dein Gemach. Sesshomarus ist ein paar Türen weiter.“
 

Schließlich wünschte er uns noch einen erholsamen Schlaf, ging weiter den Gang entlang und ließ Sesshomaru und mich verdutzt allein zurück, Cleo natürlich inbegriffen.

Kurz sah ich zu dem Hundedämon auf, um im nächsten Moment schleunigst in meinen Raum zu schlüpfen – Cleo voran - um seinen zornigen Blicken zu entgehen. Mann, war der sauer!
 

Kurz lauschte ich noch seinen sich langsam entfernenden Schritten, um dann erleichtert an der Tür herunterzusinken. Ich atmete tief durch und legte dann meinen Kopf auf die Knie.

Gedankenversunken kraulte ich gleichzeitig Cleo, die sich neben mir niedergelassen hatte.
 

Irgendetwas ging hier vor sich, doch ich blickte kein bisschen durch. Die Ereignisse hatten sich so schnell überschlagen, dass ich irgendwann den Faden verloren hatte und mir der Durchblick völlig fehlte.

Kaum war ich einigermaßen über diese ganze Dämonengeschichte hinweg, da wurde ich schon mit dem nächsten Ereignis bombardiert. Was sollte dieser plötzliche Wirbel um mich? Was wollten die alle von mir? Das alles war mir nicht im Geringsten geheuer.
 

Niedergeschlagen seufzte ich und stand mühselig auf. Ich blickte mich in dem großen hellen Zimmer um – am Bett blieb mein Blick hängen. An diesem großen traumhaften Himmelbett. Wahrscheinlich hätte mir in diesem Moment selbst eine Matte genügt, doch man nahm, was man kriegte, oder?

Ich ließ mich so wie ich war darauf fallen und kuschelte mich in die weichen Decken und im nächsten Augenblick war ich eingeschlafen.
 

--o^o--
 

Sonnenlicht kitzelte meine Nase und ich blinzelte. Ich brauchte eine Weile um mich orientieren zu können und nach meiner Erkenntnis presste ich brummend das Kissen gegens Gesicht. Am liebsten würde ich für immer liegen bleiben und schlafen…
 

Der Duft von frischem Gebäck stieg mir in die Nase und ich war schlagartig wach. Ich richtete mich auf. Auf einem runden Mahagonitisch am Fenster war ein großes silbernes Tablett angerichtet, das durch das Sonnenlicht hell aufglänzte. Ein wenig wunderte ich mich schon, dass ich niemanden hereinkommen gehört hatte, zuckte dann aber mit den Schultern. Hastig schlüpfte ich aus dem Bett und stürzte mich geradezu auf das Croissant, das mir als erstes ins Auge gesprungen war. Genüsslich biss ich hinein und eine kurze Zufriedenheit erfüllte mich.
 

Ich bediente mich noch an den anderen Köstlichkeiten, die da für mich bereitstanden, bis mein Magen fast platzte. Völlig satt lehnte ich mich zurück, nachdem ich mich versichert hatte, dass auch Cleo nicht leer ausgegangen war, und schloss die Augen.

Plötzlich wurde die Tür aufgerissen. Vor Schreck wäre ich beinahe vom Sessel gefallen!
 

„Mach dich fertig. Auf dem Nachttisch wurde ein Yukata für dich bereitgelegt.“ Mehr hatte Sesshomaru – wer sonst – nicht zu sagen, denn er schloss augenblicklich die Tür hinter sich, bevor ich auch nur ein Wort herausgebracht hatte.

Ich legte mir die Hand auf mein klopfendes Herz. Puh, hatte ich mich erschrocken, der hatte vielleicht eine Art… Sesshomarus Worte realisierend sah ich zum Nachttisch, wo sich tatsächlich der eben erwähnte Yukata befand – ich nahm zumindest an dass es sich um einen handelte.
 

Vorsichtig breitete ich ihn auf dem Bett aus, den glatten Stoff sachte berührend. Gespannt lächelte ich vor mich hin – ich wollte immer schon mal einen Yukata anprobieren!

Jetzt stand ich jedoch vor einem Problem: Wie zog man sich solch ein Kleidungsstück an? Ratlos starrte ich den Yukata an und hielt ihn ein wenig von meinem Körper weg.
 

Letztendlich beschloss ich es einfach zu versuchen, frei nach dem Motto „Selbst ist die Frau!“ und stellte mich vor den langen Spiegel, der neben dem Bett stand. Nun gesellte sich auch Cleo zu mir, die gähnend beschlossen hatte, mich bei meinem Vorhaben zu beobachten.

Ich warf mir den Yukata über die Schultern und schlüpfte durch die Ärmel.
 

Unbeholfen versuchte ich nun die beiden Enden wie einen Bademantel um den Körper zu wickeln, wobei ich beide Hände benötigte um diese zusammenzuhalten. Schon so sah es seltsam aus, aber wie sollte ich jetzt den Obi umwickeln? Also versuchte ich die beiden Enden nur mit einer Hand zu halten und den Obi mit der anderen umzubinden, was viele Verrenkungen mit sich brachte.
 

Schließlich hatte ich auch das geschafft und besah mir das Endergebnis im Spiegel. Missmutig starrte ich auf mein Abbild. Also das sah nun wirklich bescheuert aus. Erst jetzt fiel mir auf, dass scheinbar noch ein paar Teile zum Yukata dazugehörten. Ein schlichtes und dünnes weißes Gewand und eine brettartiges Etwas, wo das hingehörte konnte ich nun wirklich nicht sagen.
 

Völlig überfordert löste ich das Ganze wieder, bereit für einen Neustart, als aufeinmal die Zimmertür aufgerissen wurde und mit einem Mal Sesshomaru mitten im Raum stand. Missbilligend sah er mich an. Kurz erwiderte ich seinen Blick, ehe ich vor Scham rot anlief und mit einem Quietschen hinter einem der Bettpfosten huschte – kein gerade vorteilreiches Versteck.
 

Gott, war das peinlich! Vorsichtig lugte ich hinter dem Bettpfosten hervor, was Sesshomaru nur eine Augenbraue heben ließ. „Keine Sorge, Weib. Ich bin in keinster Weise an deinem Körper interessiert.“

Als ob es darauf ankommen würde! Immer noch machte ich keine Anstalten hinter meinem provisorischen Versteck hervorzukommen. Und da entschied Sesshomaru für mich.
 

Von einem Moment auf den anderen stand er plötzlich vor mir und zog mich ruckartig vor den Spiegel. „Ich habe nicht vor den restlichen Tag auf dich zu warten. An deine lächerlich überbewerteten Bedürfnisse haben wir schon genug Zeit verschwendet.“
 

Er drehte mich so zum Spiegel, dass ich erkennen konnte, wie er sich hinter mich stellte. „Ich mache das nur ein einziges Mal.“

Ruckartig zog er mir den Yukata aus, was mich reflexartig die Arme um meinen Körper schlingen ließ. Ich wurde nur noch röter, stand ich jetzt nur noch in Unterwäsche vor ihm. Doch er ließ sich nicht beirren und hielt mir nun das weiße Gewand hin, das ich jetzt als Untergewand identifizieren konnte.
 

Schnell schlupfte ich hinein und er band es mir geschwind zu. Nun warf er mir den Yukata über und deutete mir in die Ärmel zu schlüpfen. Mit geschickten Händen zog er die beiden Enden vorne straff zusammen und ehe ich mich versah hatte er mir schon den Obi umgewickelt. Er zog vorne den Stoff noch etwas straffer, darauf bedacht keine Falten zu hinterlassen, was mich ein wenig zappeln ließ. Diese Nähe zu ihm, auf so „friedliche“ Weise war mir nicht geheuer.
 

Nun nahm er dieses hölzerne Ding zur Hand und platzierte es genau bei meiner Taille, dort wo auch der Obi gebunden war. Und jetzt verstand ich, es sollte das Ganze zusätzlich stützen! Er zog mir den Yukata mit so einer Selbstverständlichkeit an, als würde er sowas alltäglich machen.

Bewundernd besah ich mein Spiegelbild, ehe ich ein leises „Danke“ an Sesshomaru richtete.
 

Dieser aber ignorierte dies völlig und drehte sich schwungartig um. Doch bevor wir das Zimmer verlassen konnten, richtete er unerwartet das Wort an mich: „Im Übrigen solltest du dich baden. Du stinkst. “ Mit diesen Worten ging er voraus und ließ mich verdutzt und mit offenem Mund stehen. Ich brauchte einen Moment das Gesagte auf mich einwirken zu lassen, um im nächsten Moment empört die Luft einzusaugen. Stampfend ging ich ihm nach, Cleo schwanzwedelnd mir hinterher.

Doch es war nicht leicht mit ihm Schritt zu halten, und so joggte ich eher, die argwöhnischen Blicke der Dienerschaft ignorierend.
 

Wir kamen bis zu der Flügeltür von gestern, die – kaum standen wir davor – mit einem langgezogenen Quietschen geöffnet wurde.

Der Hundedämon betrat sogleich den Raum, ich jedoch zögerte noch einen Augenblick. Die Angst vor dem Ungewissen lähmte mich geradezu. Doch ich wollte auf jeden Fall Antworten, also biss ich die Zähne zusammen und folgte Sesshomaru, immer noch ein wenig zögerlich.
 

In der Mitte des Raumes stand ein langer Tisch, aus glatt geschliffenem Holz, reich dekoriert, an dessen Kopfende uns bereits Koroshi lächelnd erwartete.

Sesshomaru nahm sofort neben ihm Platz, ich blieb unschlüssig stehen. Durfte ich überhaupt an der großen Tafel Platz nehmen? Immerhin hatte mich Sesshomaru als seine Dienerin vorgestellt.
 

Aber den Schlossherrn schien das keineswegs zu stören. „Setz dich doch. Ich hoffe du hast gut geschlafen.“, lächelte er mich an und deutete auf den anderen Platz neben ihm, Sesshomaru gegenüber. Unsicher nickte ich auf seine Frage hin bezogen und folgte seiner Bitte, den Blicken des Hundedämons auf mir deutlich bewusst.

„Nun gut, Sesshomaru, was genau ist denn jetzt der Grund für deinen plötzlichen Besuch? Immerhin komme ich nicht oft zu dieser Ehre.“ Bei letzterem schmunzelte der Schlossherr.
 

Sesshomaru jedoch behielt seine ernste Miene bei: „Es geht um Saigo, du erinnerst dich doch bestimmt noch an ihn.“ Kaum war der Name gefallen, hatte sich Koroshis Stimmung schlagartig verfinstert. Seine Augen blitzten kurz rot auf. „Als ob ich dieses Schwein je vergessen könnte.“ Seine Hände verkrampften sich, verbogen den metallenen Becher, den er in der Hand hielt.

Verwundert blickte ich ihn an. So wütend hätte ich ihn mir nie ausmalen können bei seiner freundlichen Natur.
 

Sesshomaru fuhr fort: „Ich hatte kurz vor unserer Grenze ein kurzes Aufeinandertreffen mit ihm.“

Koroshi hämmerte mit der Faust auf den Tisch, der unter dieser Kraft erzitterte. Seine Stimme war fast nur noch ein Knurren: „Wie kann er es wagen, sich meinen Befehlen zu widersetzen?! Bei einer Verbannung ist ihm sogar der Aufenthalt in der Nähe der Grenzen dieses Landes untersagt!“ Er war völlig außer sich.

Ich wich ein wenig in meinem Sessel zurück. Mit so einem Ausbruch hatte ich bei Gott nicht gerechnet.
 

Der Hundedämon ließ sich nicht davon beirren: „Er wollte das Blut des Menschen.“

Schock war nun auf Koroshis Gesicht zu lesen und die Blicke der beiden Dämonen waren jetzt auf mich gerichtet.

Verblüfft sah ich die beiden an: „Auszeit, Auszeit!“, rief ich und formte ein „T“ mit den Händen. „Ich versteh hier nur Bahnhof, verdammt nochmal! Könntet ihr mich bitte aufklären, bevor ihr mich wie einen Affen im Käfig anstarrt?!“
 

Koroshi sah mich kurz verwirrt an, bevor er sich an Sesshomaru wendete. „Weiß sie nichts von ihrer Herkunft?“ Der Inuyoukai schüttelte nur leicht den Kopf.

Ernst sah mich der Schlossherr nun an. „Rina, du bist eine Seishin.“

Hä?! Perplex sah ich ihn an und mir fiel nicht mal auf, dass er mich soeben beim Namen genannt hatte. „Bitte was bin ich?“
 

„Eine Seishin. Man könnte es mit Fruchtbarkeitsgöttin übersetzen, das ist aber schon ziemlich veraltet und sehr weit her geholt, du bist jetzt keine Gottheit oder dergleichen. Aber das Zeichen auf deiner Brust und dein Geruch beweisen das du anders bist.“

Mit zusammengekniffenen Augen sah ich ihn an. „Das ist nur ein Muttermal! Absolut nichts Besonderes!“
 

Koroshi schenkte meinen Worten keine Beachtung. „Vor vielen Jahrhunderten entdeckte man Menschenfrauen, die in der Lage waren vollwertige Kinder eines Dämons zu gebären. Sie galten als überaus fruchtbar und wurden deshalb häufig als Gefährtinnen auserkoren, vor allem bei adligen Dämonen, da so ein Nachkomme garantiert wurde. Sie galten außerdem als heilig, hatten aber den gleichen Stand wie Dämonen.“ An dieser Stelle schnaubte Sesshomaru abfällig, wobei ich ihm einen müden Blick schenkte.
 

„Aber warum wollte Saigo dann mein Blut trinken?“ Allein der Gedanke ließ mich erzittern.

Sogleich beantwortete der Drachenyoukai meine Frage mit ernstem Gesicht: „Das Blut einer Seishin wirkt kurierend und kräftigend und kann ab einer bestimmten Dosis zu ungehöriger Macht führen. Aus diesem Grund waren sie unter den Dämonen sehr wertvoll. Heutzutage sind sie sehr rar. Um genau zu sein, weiß man von keinen Lebenden, dich ausgenommen.“
 

Verstört blickte ich ihn an. Und ich sollte so eine Seishin sein? Ich konnte mir das wirklich nicht vorstellen. Geistesabwesend strich ich über die Stelle, wo sich mein Muttermal befand, bevor ich die nächste Frage stellte: „Wieso sind sie heute so selten? Gibt es einen Grund dafür?“
 

Seine Augen verdunkelten sich plötzlich. Hatte ich etwas Falsches gesagt?

Den Blick an die Decke gerichtet antwortete er: „Ja den gibt es durchaus.“ Kurz atmete er tief ein und wieder aus, für einen Seufzer aber zu heftig. „Sie wurden nach einer Zeit von beiden Seiten nicht mehr akzeptiert, vielen Dämonen gefiel es nicht, dass sie ihnen gleichgestellt wurden, und die Menschen fürchteten sich vor ihnen, beschuldigten sie, Ausgeburten des Teufels zu sein.“ Angewidert schüttelte er den Kopf. „Darum lebten sie abseits der Gesellschaft in großen Gruppen und wurden von den Menschen wie Aussätzige behandelt. Ihnen wurde untersagt mit Ihresgleichen zu leben, denn das waren sie ja. Einfache Menschen, nur mit besonderen Eigenschaften. Mit Mikos zu vergleichen, nur ohne wirkende Kräfte.“
 

Sein Blick traf nun meinen: „Sie wurden als Hexen verbrannt. Eine nach der anderen.“

Mit dem hatte ich bei weitem nicht gerechnet. Bestürzt sah ich ihn an. Koroshi schien das jedoch mehr mitzunehmen als mich, denn er hatte den Blick geistesabwesend aus dem Fenster gerichtet, eine Trauer, die ich mir nicht erklären konnte, zeichnete sein Gesicht.

Sesshomaru allerdings unterbrach die Stille, und ich konnte nicht verhindern empört dreinzusehen.
 

„Was gedenkst du nun gegen Saigo zu unternehmen? Er muss unter Kontrolle gebracht werden.“

Der Drachendämon schreckte kurz auf und widmete dann dem anderen wieder seine Aufmerksamkeit. Kurz schien er zu überlegen, wobei er seine Hand ans Kinn legte.

Schließlich blickte er Sesshomaru in die Augen: „Ich kann das Schloss nicht verlassen. Das Band mit dem Herrscher des Ostens muss erneuert werden und er hat meine stärksten Krieger als Eskorte gefordert.“
 

Kurz setzte er eine Pause an und kam für einen Moment ins Grübeln, ehe fortfuhr und Sesshomaru eine Hand auf die Schulter legte. „Ich weiß es ist eine egoistische Bitte, mir sind jedoch die Hände gebunden. Würdest du dich an meiner statt um Saigo kümmern? Du bist der einzige dem ich hinsichtlich dieses Auftrags vertraue.“ Ich blickte von ihm zu Sesshomaru und wartete gespannt dessen Antwort ab.

Der Hundedämon sah Koroshi stumm an, sein Gesicht zeigte nicht die geringste Regung.
 

Plötzlich stand er auf. „Ich werde ihn beseitigen.“ Mit diesen Worten verließ er mit schnellen Schritten den Saal, mich völlig fassungslos zurücklassend. Ließ er mich jetzt allein hier zurück? Ruckartig stand ich auf, nicht genau wissen, was ich mit mir anfangen sollte.

Koroshi schien meine Verzweiflung aufgefallen zu sein und beruhigte mich sogleich: „Er ist auf dem Weg zu seinen Gemächern. Selbst er gönnt sich ab und zu etwas Ruhe. So wie ich ihn kenne, werdet ihr morgen Früh aufbrechen.“

Sesshomaru und ausruhen? Ein grotesker Gedanke…
 

Koroshi fing auf einmal an seine Nase zu rümpfen. Verwundert sah ich ihn an, wobei er entschuldigend meinem Blick begegnete. „Ich glaube es ist das Beste, ich zeige dir das Bad.“

Verdattert blickte ich zu ihm auf. Fing er jetzt auch damit an? Ich verzog die Augenbrauen. „Ist es wirklich so schlimm?“

Probehalber roch ich an mir. Doch so schlimm wie die beiden Dämonen behaupteten war es wirklich nicht. Koroshi fing an zu lachen. „Du scheinst nicht viel über Dämonen zu wissen. Du kommst nicht aus dieser Gegend, oder?“
 

Verneinend schüttelte ich den Kopf. Nicht aus dieser Gegend? Er hatte ja keine Ahnung…

„Hatte ich mir schon gedacht. Also, Dämonen besitzen einen sehr ausgeprägten Geruchssinn. Manche stärker, manche weniger stark, doch dem Menschen weitaus überlegen. Das betrifft so ziemlich alle unserer Sinne. Du brauchst dich also nicht zu wundern.“ Ich brachte nur ein „Ach so“ heraus. Wieder lachte er und klopfte mir freundschaftlich aber vor allem kräftig auf die Schulter. Es war zwar nett gemeint, doch durch die Wucht stolperte ich ein wenig nach vorn.
 

Er kicherte kurz auf. „Und dass du Sesshomarus Dienerin bist, glaube ich mit Sicherheit nicht.“ Erstarrt hielt ich inne. „Woher wisst Ihr das?“

Lächelnd schüttelte er den Kopf. „Seine Dienerschaft behandelt er anders. Und er nimmt keine menschlichen Diener auf seine Reisen mit.“ Inwiefern er sie anders behandelte, wollte ich lieber nicht wissen.
 

Mit einem Mal fiel mir etwas ein. „Koroshi-sama“ fing ich an, wurde aber lächelnd von ihm unterbrochen: „Nenn mich Koroshi-san. Das ist mir lieber, Rina-chan.“

Meine Wangen röteten sich ein wenig bei der verniedlichenden Anrede. „Also gut, Koroshi-san. Als wir von Saigo angegriffen wurden, und er mich gepackt hatte, war Sesshomaru in der Lage sich mit Cleo durch einfachen Augenkontakt zu verständigen. Woran liegt das?“
 

Kurz nickte Koroshi. „Inuyoukais wie Sesshomaru sind in der Lage sich mit Hunden zu verständigen, so wie ich in der Lage bin mich mit Drachen zu verständigen. Deine Hündin ist Sesshomaru sozusagen untergeordnet. Er ist schließlich der Herr der Hunde.“ Irgendwie gefiel mir das ganz und gar nicht. Wenn das so war, wollte ich Cleo lieber nicht in seiner Nähe wissen.

Immer noch lächelnd erhob sich Koroshi. „Und jetzt zeige ich dir das Badezimmer.“

8. Erneuter Angriff

Ich lad mal einfach ein neues Kapitel hoch, obwohl ich mir nicht so sicher bin, ob die Geschichte überhaupt jemand liest :(

Wer auch immer darauf stöß,
 

Viel Spaß :)
 

lg, Julia
 

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Also mit so einem Badezimmer hatte ich mit Sicherheit nicht gerechnet.

An sich passte es gar nicht zum Rest des Schlosses: Es sah fast so aus wie ein Onsen*, mit den vielen Pflanzen die rund um das Wasserbecken angeordnet waren. Das Beeindruckende jedoch warm dass die Rückseite des Raumes zur Gänze fehlte und das Zimmer ins Freie führte.
 

Man gelangte in einen kleinen Innenhof, der von drei Seiten von natürlichen Felsen umgeben war, die Sichtschutz boten. Das warme Wasser des Beckens, das sich im Freien verbreitete, reagierte mit der kühlen Luft und ließ Dampfschwaden aufsteigen.

Ich fühlte mich plötzlich wie bei einem Wellnessurlaub. Ich entspannte mich zusehends. Hier konnte ich wenigstens für einen Moment alles um mich herum vergessen.
 

Als ich aus dem Wasser stieg, stand ich jedoch vor einem Problem: mein Yukata, den ich zuvor noch sorgfältig zusammengelegt neben das Becken gelegt hatte, war plötzlich weg! Sogar meine Unterwäsche war verschwunden.

Ratlos stand ich nun völlig unbekleidet in dem halboffenen Raum und sah mich nun panisch nach etwas um, mit dem ich meine Blöße verdecken konnte.
 

Mein Blick fiel auf eine Reihe weißer Kästen, die links von mir an der Wand standen.

Ich öffnete einen davon und landete sogleich einen Glückstreffer: weiße Handtücher waren hier in mehreren Stapeln säuberlich eingeschlichtet. Ich nahm mir sofort eines heraus und wickelte es um meinen Körper.
 

Es bedeckte gerade noch ein Drittel meiner Oberschenkel.

Ich überlegte kurz und beschloss dann in meinem Zimmer nach Kleidung zu suchen.

Vorsichtig öffnete ich die Tür und spähte hinaus. Der Gang war menschenleer. Das war meine Chance!
 

Schon sprintete ich los und lief bis ans Ende des Gangs, der dort nach links verlief. Ich rannte weiter. Ziellos bog ich bei der nächsten Gabelung nach rechts ab. Wo war ich nur?

Ich hatte mich völlig verlaufen. Hier sahen aber auch alle Gänge gleich aus! Verzweifelt sah ich mich um, während ich krampfhaft mein Handtuch festhielt. Es war zum Haare raufen!

Vielleicht war es das Beste, wieder zum Ausgangspunkt zurückzukehren und von vorne zu beginnen.
 

Ich drehte mich also entschlossen um und ehe ich mich versah verspürte ich einen heftigen Aufprall , der mich unsanft auf den Boden fallen ließ. Da ich während des Sturzes mein Handtuch festhielt, landete ich mit voller Wucht auf meinen Ellenbogen. Schmerzerfüllt schrie ich auf und sah dann benommen nach oben.
 

Vor mir stand ein muskulöser, bärtiger Mann mit langen schwarzen Haaren, die seine Schultern bedeckten. Er trug eine Art Uniform, und wie bei Koroshi waren auf seinem Rücken dunkle Schwingen zusammengefaltet.
 

Abfällig grinste er auf mich herab: „Na wen haben wir denn da? Wenn das nicht die kleine Dienerin des großen Sesshomaru ist.“ Er beugte sich zu mir herab, sein Grinsen wurde nur noch bösartiger: „Es wird viel über dich geredet, kleine Seishin. Allerdings hatte ich angenommen, du wärst hübscher.“ Er zuckte mit den Schultern, und mit einem Mal wurde sein Blick anzüglich. „Dein Aufzug zumindest gefällt mir.“
 

Ich reagierte sofort und drückte das Handtuch noch fester an mich, verzweifelt versuchend die bloßen Stellen meines Körpers zu verdecken. Mein Gesicht fühlte sich heiß an und ich ärgerte mich noch mehr über mich. Plötzlich wurde ich am Arm gepackt, und der Fremde rammte mich gegen die Gangwand.
 

Panisch hielt ich mit der freien Hand das Handtuch weiterhin fest und nun fand ich auch meine Stimme wieder: „ Was fällt Ihnen ein, lassen Sie mich los?!“ Empört versuchte ich meinen Arm frei zu bekommen, doch sein Griff wurde dadurch noch stärker. Die Situation kam mir sehr bekannt vor. Sein Gesicht kam meinem näher. „Wusstest du, dass ich dich mit einem einzigen Biss an mich binden kann?“
 

Hämisch lächelte er mich an. „Wollen wir das mal ausprobieren?“ Ich verstand zwar den Sinn seiner Worte nicht ganz, doch allein der Anblick seiner spitzen Zähne ließ mich panisch werden.
 

Heftig wehrte ich mich, schlug um mich, doch jetzt drückte er mich mit seinem ganzen Gewicht an die Wand und nahm mir so völlig die Bewegungsfreiheit. Mich überkam eine Gänsehaut. Das war viel zu nah! Doch jetzt traute ich mich gar nicht mehr mich zu bewegen, wollte jegliche Reibung zwischen unseren Körpern verhindern.
 

Mit einem Mal spürte ich seine Lippen an meiner rechten Schulter. Kurz riss ich die Augen auf, um sie sofort wieder zu schließen. Es fühlte sich so an als wollte er zu einem Biss ansetzen, doch ehe ich seine Zähne spüren konnte wurde er auf einmal von mir weggerissen.
 

Meine Beine gaben nach und ich landete auf dem Boden, als auch schon Sesshomarus Stimme ertönte: „Wer hat dir die Befugnis erteilt, Hand an mein Eigentum zu legen?“

Der Drachenyoukai rappelte sich mühselig auf, wobei er ein „Das war doch nur Spaß“ murmelte, während er eine Verbeugung andeutete.
 

Sesshomarus Augen blitzten kurz rot auf, was dem Mann scheinbar gehörig Respekt einflößte und ihn blitzartig das Weite suchen ließ. Doch bevor er hinter einer Ecke verschwand, sandte er mir noch böse Blicke zu und rief: „Wir sehen uns noch, Mädchen!“, ehe er aus unserem Sichtfeld verschwand. Seine Worte entlockten Sesshomaru ein Knurren und er sagte: „Koroshi hat seine Bediensteten nicht genügend unter Kontrolle.“
 

Ich erwachte endlich aus meiner Starre und rappelte mich auf. „Wer war das?“

Sesshomaru blickte auf mich herab. „General Jiro.“ Besorgt sah ich in die Richtung, in die dieser geflüchtet war. Der Inuyoukai richtete erneut das Wort an mich. „Nun geh zurück in dein Zimmer. Als meine Dienerin kannst du es dir nicht erlauben, Männer zu verführen.“
 

Empört sog ich die Luft ein. „Na hör mal! Ich hatte nicht vor, diesen Typen in irgendeiner Weise auf mich aufmerksam zu machen!“

Sesshomaru hob eine Augenbraue und ließ seinen Blick an mir herabgleiten. „Und du hast dir erstaunlich viel Mühe gegeben.“
 

Ich stemmte entrüstet die Hände in die Seiten, musste diese Haltung aber augenblicklich wieder aufgeben, da das Handtuch zu verrutschen drohte.

„Nun geh.“ Ich wollte gerade auf dem Absatz kehrt machen, als mir wieder einfiel, dass ich keine Ahnung hatte wo ich war. „Ähm, ich weiß nicht wie ich in mein Zimmer komme…“

Er hob eine seiner Augenbrauen. „Selbst an Orientierungssinn mangelt es dir. Armseliges Geschöpf.“
 

Jetzt machte er sich auch noch lustig über mich! Beleidigt starrte ich ihn an. „Zeigst du mir jetzt den Weg oder nicht?“
 

--°o°o°--
 

Sesshomaru hatte mich ohne ein Wort zu verlieren in mein Zimmer verfrachtet und war genauso wortlos wieder verschwunden.

Kaum hatte ich den Raum betreten, als auch schon Cleo freudig an mir hochsprang und ich musste mich wieder bemühen mein Handtuch nicht zu verlieren.
 

Cleo hatte sich hier bestimmt ziemlich gelangweilt und Gassi war sie auch schon eine Weile nicht. Unschlüssig sah ich mich um, als mein Blick auf den Mahagonitisch fiel, an dem erneut Essen angerichtet war. Doch Hunger hatte ich im Moment wirklich nicht. Auf dem Sessel lag ein neuer Yukata, in einem blassen Gelb mit dezentem Blütenmuster.
 

Entschlossen entfaltete ich ihn und stellte mich vor den Spiegel. Ich hatte mir die Handgriffe Sesshomarus im Groben gemerkt, es würde hoffentlich nur ein paar Anläufe in Anspruch nehmen. Und tatsächlich! Nach wenigen Versuchen saß der Yukata. Zwar nicht so makellos, wie Sesshomaru es zustande gebracht hatte, aber immerhin konnte ich mich so einigermaßen blicken lassen.
 

Ich musste mich eindeutig noch ein wenig daran gewöhnen solch ein Kleidungsstück zu tragen, vor allem weil die Bewegungsfreiheit ein wenig eingeschränkt war.

Kurz wanderte mein Blick erneut durch den Raum, doch nach der Erkenntnis dass hier absolut nichts zu unternehmen war, entschloss ich mich, mir mit Cleo die Füße zu vertreten.
 

Ich rief sie zu mir und ihr war ihre Freude richtig anzusehen. Wir steuerten zusammen einen beliebigen Gang an, wobei Cleo freudig um mich herumsprang, und nennen wir es weibliche Intuition, ich fand sofort den Weg zu einem Garten.

Erneut kam ich aus dem Staunen nicht mehr heraus. Er war wunderschön! Schon vom Eingang aus konnte ich erkennen, wie viel Kunstfertigkeit hier nötig war, um so ein Paradies zu schaffen.
 

Wie bei den meisten japanischen Gärten sah hier alles arrangiert und gewollt aus, und doch strahlte er jene Ruhe und Harmonie aus, die unberührte Natur in einem auslöste.

Ehrfürchtig betrat ich den Garten, während Cleo begeistert vorauslief, und ging den kleinen Pfad, der hier errichtet war, entlang. Zu meiner Rechten erstreckte sich ein kleiner See, in dessen Mitte sich eine kleine Steininsel befand, und unzählige Fische schwammen nah an der Wasseroberfläche.
 

Wenn ich mich nicht irrte, waren es Koi-Karpfen, für die Menschen heutzutage Unsummen von Geld ausgaben. Bäume erstreckten sich über mir, in denen zahlreiche Gärtner ihr Herzblut in die perfekte Gestaltung der Äste steckten. Jeder einzige Schnitt wurde gut überlegt, nichts war dem Zufall überlassen. Die Konzentration der Männer bei ihrer Arbeit war so groß, dass sie uns nicht bemerkten.
 

Kurz bellte Cleo auf, um meine Aufmerksamkeit wieder ihrem Treiben zuzuwenden, doch sie bekam nicht nur meine Beachtung, denn nun sahen auch die meisten Gärtner auf. Doch Cleo sprintete weiter quer durch die Vegetation, was ihr empörte Aufrufe einbrachte.
 

Im Schnellgang eilte ich weiter an den Gärtnern vorbei, denn nun war ihr Blick auch auf mich gefallen, und alle hielten plötzlich inne. Ich konnte spüren, dass man jeden meiner Schritte beobachtete und als sie glaubten ich wäre außer Hörweite, fingen sie an zu tuscheln. Ich konnte zwar nicht viel verstehen, doch Wörter wie „Zeichen“ oder „Seishin“ konnte ich klar heraushören.
 

Unter den empörten aber auch neugierigen Blicken fühlte ich mich wirklich unbehaglich und ich beschloss unseren kurzen Trip hier für beendet zu erklären.

Ein Pfiff genügte und Cleo verstand, als ich auf dem Absatz kehrt machte. Meine Schritte wurden schneller als ich wieder in unmittelbarer Nähe der Gärtner war und ich konnte mich erst wieder entspannen, als sie außer Sichtweite waren.
 

Gerade noch konnte ich erkennen, wie die Sonne den Horizont berührte und so den Himmel in ein atemberaubendes Rot-Orange färbte, bevor ich wieder das Schloss betrat.

Cleo ging voran und führte mich, wie selbstverständlich, direkt vor meine Zimmertür.

Sogar mein Hund konnte sich den Weg merken! Ich öffnete die Tür und erstarrte kurz, als ich merkte, dass ich nicht allein im Raum war.
 

Doch als sich diese Person verbeugte, erkannte ich, dass es nur eine Dienerin war. Immer noch in der Verbeugung verharrend streckte sie ihre Arme aus, in denen sie ein leichtes Seidengewand hielt. „Das ist für euch. Für die Nacht.“ Kurz blickte sie auf, als wollte sie sichergehen, dass ich reagierte, doch als ich langsam auf sie zuging senkte sie ihren Kopf sofort wieder. Vorsichtig nahm ich das Nachtgewand entgegen und wollte etwas sagen, doch sei eilte wie von der Tarantel gestochen an mir vorbei und flüchtete aus dem Raum.
 

Perplex sah ich ihr nach. Was sollte das denn jetzt? Ich zuckte mit den Schultern und legte erst mal das Nachthemd auf das Bett.

Ich hielt inne. Was sollte das Ganze hier überhaupt? Jetzt war ich anscheinend zu einer wandelnden Legende mutiert, die eine ganze Dienerschaft in Aufruhr versetzen konnte.
 

Ich massierte mir kurz die Schläfen. Meine Gedanken waren ein einziges Chaos. Ich konnte mir ehrlich nicht vorstellen etwas „Besonderes“ zu sein. Immerhin hatte ich die ersten 18 Jahre meines Lebens wie jeder normale Mensch verbracht! Und dann, wie aus dem Nichts, wirft ein einziger unglücklicher Zufall mein ganzes Dasein aus der Bahn.
 

Tief in mir hoffte ich immer noch, dass das alles nur ein schlechter Traum war, dass ich plötzlich aufwachen könnte und alles wieder war wie immer.

Ich konnte nicht verhindern, dass mir Tränen in die Augen traten. Mit einer harschen Bewegung wischte ich sie weg, bevor sie meine Wangen berühren konnten. Nein, ich würde jetzt nicht weinen. Vor allem nicht hier!
 

Eine plötzliche Wut erfasste mich, ließ meine Bewegungen unkoordiniert und hart werden. Ich begann am Obi meines Yukatas herum zu nesteln. Irgendwie musste ich das Ding ja wieder aufkriegen! Als mir das endlich geglückt war, warf ich ihn achtlos in eine Ecke, der Yukata und das Unterhemd folgten gleich darauf. Verdammt! Wütend starrte ich vor mich hin, als ein kurzes Winseln meine Aufmerksamkeit auf Cleo zog.
 

Langsam näherte sie sich mir und leckte beruhigend meine Hand. Alles wird gut, schien sie mir damit sagen zu wollen.

Ich ließ mich auf meine Knie und umarmte sie. „Du bist ein Hund. Was weißt du schon von der Zukunft?“, murmelte ich vor mich hin, doch wie zur Antwort schleckte sie mir einmal übers Gesicht und sah mich dann hechelnd an. Ich musste lachen. „Danke.“, flüsterte ich ihr zu.
 

Schließlich erhob ich mich und mein Blick fiel auf das Nachthemd. Mit einem Seufzen nahm ich es an mich, entledigte mich unter ständiger Beobachtung der Tür, meiner Unterwäsche und zog es mir über. Locker schmiegte es sich an meinen Körper und jeder Schritt brachte es leicht zum Flattern. Ich hatte noch nie etwas so Wertvolles angehabt und ich musste zugeben, es hatte etwas an sich. Aber in die Öffentlichkeit konnte ich mich so bestimmt nicht wagen, denn jetzt bemerkte ich, dass der Stoff so dünn war, dass meine Haut durchschimmerte.
 

Mit einem Gähnen ließ ich mich ins Bett fallen. Cleo machte es sich unterdessen auf dem Teppich zu meiner Seite gemütlich, und als ich mich schließlich zudeckte, ließ sie ihren Kopf auf ihre Pfoten sinken.
 

Kurz lächelte ich zu ihr herab und löschte dann die Öllampe, die neben mir auf dem Nachtkästchen stand. Und obwohl mir immer noch tausend Gedanken im Kopf umherschwirrten, war ich schnell eingeschlafen.
 

--°o°o°--
 

Ein Kratzen ließ mich aus dem Schlaf schrecken. Zuerst dachte ich, ich hätte nur geträumt, doch als es ein weiteres Mal ertönte, wusste ich, dass es real war.
 

Verschlafen richtete ich mich auf. Das Zimmer war dunkel und ich konnte nur leichte Umrisse der Einrichtung erkennen, immer wieder verschwamm mir vor Müdigkeit die Sicht.

Ein leises Jammern folgte einem erneuten Kratzgeräusch und endlich konnte ich den Verursacher erkennen. Cleo saß vor der Zimmertür und versuchte mir klar zu machen, dass sie den Raum verlassen wollte.
 

Träge stieg ich aus dem warmen Bett, in das ich so schnell wie möglich zurückkehren wollte.

Kurz stieß ich gegen das Nachtkästchen und ich sog scharf die Luft ein. Meine große Zehe brannte, doch ich ignorierte den Schmerz und kämpfe mich weiter durch den Raum, wobei ich versuchte den Möbeln auszuweichen, indem ich die Augen zusammenkniff, um meine Umgebung besser zu erkennen.
 

Meine Bewegungen waren einem Torkeln gleich, und ich atmete erleichtert auf, als ich endlich die Tür erreichte.

Um schnell wieder ins Bett zu kommen, beschloss ich Cleo einen kleinen Ausflug zu gewähren und kaum hatte ich die Tür geöffnet, war sie auch schon fort.

Ich gähnte einmal kurz auf. Gegen fast jedes Möbel stoßend, kehrte ich zurück unter die warmen Laken, wo mir sofort wieder die Augen zufielen.
 

--°o°o°--
 

Wieder ließ mich ein Geräusch aus dem Schlaf fahren, doch diesmal war es das Knarren des Parkettbodens unter Schritten, die direkt auf mich zu kamen. Bevor ich einen klaren Gedanken fassen konnte, wurde mir auch schon eine Hand auf den Mund gelegt.

Schockiert riss ich die Augen auf, und sofort blickte mir Jiros hämisch grinsendes Gesicht entgegen.
 

Ich wollte schon nach ihm schlagen, doch er schnappte sich augenblicklich beide meiner Handgelenke und hielt sie mir über meinen Kopf. Nicht mal treten konnte ich ihn, da er meine mit seinen Beinen blockierte. „Ich sagte doch, wir würden uns wiedersehen. Und ich halte meine Versprechen. Immer.“
 

Sein Flüstern verschaffte mir schlagartig Gänsehaut und entsetzt konnte ich nur zusehen, wie sein Gesicht meiner Schulter näherkam. Sein Blick war wahnsinnig und kurz hielt er inne, nur um seinen Mund an mein Ohr zu legen. „Bei unserer ersten Begegnung wollte ich dir nur Angst einjagen. Doch nach der Demütigung, die mir durch Sesshomaru widerfahren ist, werde ich dich jetzt zu MEINEM Besitz machen. Das kann auch er nicht rückgängig machen.“
 

Ich konnte sein Grinsen praktisch spüren, und mit einem Mal leckte er mir aufreizend den Nacken entlang. Ich konnte ein trockenes Schluchzen nicht verhindern.

Wieso wollte hier jeder mein Blut?!

Natürlich wusste ich den Grund, nur wahrhaben wollte ich ihn nicht. Vor allem nicht jetzt.
 

Von Angst ergriffen begann ich mich hin und her zu werfen, und schaffte es so, seine Hand von meinem Mund zu schütteln. „Lassen Sie mich los!“ Doch er lachte nur. Er versuchte nicht einmal mich erneut zum Schweigen zu bringen, es schien, als ob ihn meine Abwehr noch mehr anstachelte. Langsam, so dass ich jede seiner Bewegungen mitverfolgen konnte, näherte er sich nun meiner Schulter.
 

Jetzt kamen die Tränen, die ich gestern noch versucht hatte hinunterzuschlucken. Diesmal jedoch waren es Tränen der Verzweiflung, die meine Wangen benetzten.

Er bedeckte meine Schulter mit zarten Küssen und ich erschauderte angewidert. Mehr als „Nein“, dass ich pausenlos vor mich hin rief, kam nicht von meinen Lippen. Die Panik blockierte mein Denken vollständig.
 

Seine Hand glitt zu meiner Taille hinab, und Übelkeit überfiel mich. Ich wollte nicht so von ihm berührt werden!

Einmal tauchte noch sein Gesicht vor meinem auf. Angeekelt wandte ich mein Gesicht zu Seite und bot ihm so unbewusst meinen Hals an.
 

Er lachte erneut auf und sagte noch „So machst du es mir nur leichter, Mädchen.“, als ich aus den Augenwinkeln sehen konnte, wie er sich über die Fänge leckte. Ich kniff die Augen zusammen, und erwartete resignierend das Unvermeidlich, als mit einem Mal sein Gewicht, das auf mir gelastet hatte, verschwunden war.
 

Verwundert blinzelte ich. Wieder mal hatte mich Sesshomaru aus dieser Situation gerettet. Er stand da, seine Präsenz schien den gesamten Raum einzunehmen und er hielt Jiro, am Hals gepackt, in die Luft. Mit einem Ruck drückte er den General an die Wand, seine Augen leuchteten im Dunkel rot auf. „Ich hatte dich gewarnt.“, sagte er noch, bevor seine Hand grün aufleuchtete und er sein Dokkaso einsetzte.
 

Der General schrie vor Schmerz auf und ich konnte im grünen Schimmer erkennen, dass an den Stellen, an denen Sesshomarus Hand seinen Hals berührte, die Haut zum Schmelzen brachte.

Ein Gestank von verbranntem Fleisch erfüllte den Raum und ich senkte den Blick und presste gleichzeitig die Handflächen an meine Ohren, um so wenig wie möglich von dieser Szene mitbekommen zu müssen.
 

Ein dumpfer Knall ließ mich vorsichtig wieder aufblicken. Sesshomaru hatte den General achtlos fallen gelassen, welcher nun reglos am Boden lag. War er…? Ich wollte den Gedanken nicht zu Ende denken.
 

Jetzt konnte ich auch Cleo im Halbdunkel erkennen. Hatte SIE Sesshomaru zu Hilfe geholt?

Sein Blick wandte sich nun mir zu. „Du wirst den Rest der Nacht in meinem Gemach verbringen. Ich habe nicht vor, dich ununterbrochen aus Situationen zu retten, die du dank deiner Dummheiten praktisch anziehst.“
 

Protestierend sprang ich aus dem Bett, musste mich jedoch aufgrund meiner noch weichen Knie am Nachtkästchen neben mir festhalten.

„Auf keinen Fall schlafe ich bei dir im Zimmer! Vor allem nicht mit DIR!“
 

Sesshomaru ließ mein Ausbruch völlig kalt. „Mein Bett ist unbenutzt. Ich benötige keinen Schlaf. Und nun komm.“ Trotzig verschränkte ich die Arme, obwohl ich mich wegen meines kindlichen Verhaltens blamiert fühlte. Ich wollte ohnehin nicht hierbleiben, vor allem, da ich an der unnatürlichen Position von Jiros Kopf erkennen konnte, dass dieser auf keinen Fall am Leben sein konnte. Und das Zimmer mit einer Leiche zu teilen, kam nicht in Frage.
 

Trotzdem gab mir meine Aussage auf unerklärliche Weise Kraft, weil ich den Eindruck hatte wenigstens etwas unter Kontrolle zu haben.

Dieser Gefühl hielt aber nur kurz an, denn mit einem Mal wurde ich gepackt und ehe ich mich versah, fand ich mich über Sesshomarus Schulter wieder. Er hatte so viel Schwung genommen, dass mir alle Luft aus den Lungen wich, als ich gegen seine Schulter prallte.

Cleo folgte uns schwanzwedelnd, was die ganze Szene etwas lächerlich aussehen ließ.
 

Kaum waren wir in seinem Zimmer angelangt, ließ er mich kurzerhand auf das Bett fallen.

Empört richtete ich mich auf und so sah ich, dass der Daiyoukai gerade den Raum wieder verlassen wollte. Spöttisch rief ich ihm nach: „Ich dachte du wolltest auf mich aufpassen?!“ Blitzartig stand er wieder vor mir und funkelte mich warnend an. „Ich kann mich nicht erinnern, etwas derart Lächerliches gesagt zu haben.“
 

In Gedanken musste ich ihm Recht geben. Ich hatte das vorhin Gesagte einfach so interpretiert.

„Wenn du meinst. Wohin gehst du?“

Selbstgefällig blickte er mich an. „Ist das für von so großer Bedeutung? Aber ich will gnädig sein. Ich gehe mir deinen Geruch abwaschen.“
 

Meinen empörten Aufschrei ignorierend verließ er nun endgültig den Raum.

Missgelaunt ließ ich mich nach hinten fallen. Wieso schaffte er es jedes Mal, mich derart zur Weißglut zu bringen?!
 

Aber eins musste man ihm lassen. Er war immer zur rechten Zeit am rechten Ort. Und hier in dieser Welt schien ich das Unglück wirklich magisch anzuziehen. Seufzend ließ ich mich ins Kopfkissen sinken, und auch Cleo ließ sich wieder an der Seite des Bettes nieder.

Immer noch fragte ich mich, ob sie Sesshomaru zu Hilfe geholt hatte. Schon wieder eine von vielen unbeantworteten Fragen.
 

Tief atmete ich ein und kuschelte mich tiefer ins Kopfkissen. Zwar hatte Sesshomaru behauptet, das Bett wäre unbenutzt, doch trotzdem konnte ich seinen Geruch wahrnehmen, der mich angenehm erschaudern ließ. Schon allein diese Reaktion ließ mich rot anlaufen. Das lag bestimmt am Schock, oder ich entwickelte langsam das Stockholm-Syndrom, versuchte ich mich zu beruhigen.
 

Es dauerte noch lang, bis ich endlich eingeschlafen war.
 

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*Onsen: ist die japanische Bezeichnung für eine heiße Quelle. Im Allgemeinen versteht man unter Onsen ein öffentliches Bad (Sentō), das von einer natürlichen heißen Quelle gespeist wird. (Quelle: Wikipedia)



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Kommentare zu dieser Fanfic (4)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Buffy12
2010-03-04T14:30:12+00:00 04.03.2010 15:30
bitte schreib schnell weiter
ich bin gespannt wie es weiter geht
mit sesshomaru
Von:  Buffy12
2010-03-03T13:51:22+00:00 03.03.2010 14:51
bitte schreib schnell weiter das kap is super
freue mich sehr wie es weiter geht mit sesshomaru
Von:  Buffy12
2010-02-27T18:07:10+00:00 27.02.2010 19:07
bitte schreib schneller weiter das kap is super
bin schon sehr gespannt wie es weiter geht
besonders mit sesshomaru
Von: abgemeldet
2009-11-25T15:02:11+00:00 25.11.2009 16:02
Hi^^
Also..ich wollt nur sagen, dass mir die geschichte bis jetzt gut gefällt und ich auf jeden fall gespannt auf eine Fortsetzung bin.
Vor allem würd ich gern wissen, warum das alles passiert Oo
Schreib bitte schnell weiter!
Lg Yve


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