Weiß
.If Tomorrow Never Comes.
.: Weiß :.
Es war nur ein leises Rascheln zu hören, wenn er sich bewegte.
Die Bettdecke.
Sie war angenehm warm um seinen nackten Leib geschlungen.
Dabei hatte es ihn gestern Nacht gefröstelt,
als er sachte in sie gebettet worden war.
Seine entblößte Haut, erhitzt durch diese elektrisierende Nähe, die er mit seinem Partner erfuhr, hatte sich geschmeidig in den weichen Stoff geschmiegt und seine Wärme schon bald auf diesen übertragen.
Er wüsste nicht mehr zu sagen, wann die Bettwäsche sich der Hitze ihrer Leiber angepasst hatte.
Im Grunde war es ihm auch gleich.
Der Duft von Kaffee kitzelte seine Nase.
Leises Klappern und Klacken, Gluckern und Kratzen.
Bald auch schon das leise Summen des jungen Mannes, dessen wärmender Leib ihm bis vor einer knappen Stunde noch in dieser weichen Bettwäsche Gesellschaft geleistet hatte.
Obwohl die verschlossenen Lider ihm nicht ermöglichten, etwas davon zu sehen, was in seiner Umgebung vor sich ging, so hatte er das Geschehen dennoch genauestens vor Augen.
Bestimmt stand er jetzt in der Küche.
Frisch geduscht und vollständig angezogen.
Da heute Samstag war, trug er diese legere Jogginghose.
Nach der letzten Nacht war er gewiss gut gelaunt, wie sein leises Summen dezent bestätigte, also würde er wohl die Hellgraue der Dunkelblauen vorgezogen haben.
Seinen Oberkörper bedeckte das ärmellose Shirt mit dem V-förmigen Einschnitt, ebenfalls in hellem Grau. Diese geradezu farblose Farbe gefiel ihm sehr, deswegen trug er auch öfter ein entsprechend helles Outfit.
Seinen Hals schmückte das schwarze Lederband, an dem ein kleiner Anhänger befestigt war.
Ein Iolith in der Form eines kleinen, kompakten Kreuzes. Keine zweieinhalb Zentimeter groß.
Nicht etwa, weil er religiös wäre. Zwar meinte er mal, er sei katholisch getauft worden, doch im Grunde glaubte er nicht an Gott. Nein, er mochte nur die Form dieses Symbols, das seit Jahrhunderten schändlich missbraucht wurde.
Vielleicht wegen der ganzen Ironie, die hinter dieser Geschichte verborgen lag.
Er stand also in der Küche.
Es wäre kitschig, seine Gestalt mit einem Engel zu vergleichen.
Das fiele ihm auch niemals ein, der er sich in der Ruhestätte dieses Teufels wälzte.
Er war auch nicht erhaben. Nicht auf eine solch bedeutende Art.
Nein, er war völlig normal.
Wie er dort sicherlich sein Marmeladenbrot schmierte.
Erdbeer-Vanille-Marmelade. Jeden Morgen. Er wurde dieses Geschmacks offensichtlich nicht überdrüssig.
Gleichmäßig kratzte das Messer über die Brotscheibe, bis Metall an dickes Glas stieß, um bald darauf wieder zur Brotoberfläche zu finden, welche die kratzenden Geräusche nur bedingt zu dämpfen schaffte.
Dazu der frische Kaffee, den die Maschine nebenher aufbrühte und dessen Geruch sich langsam in den Schlafbereich zu ihm gestohlen hatte.
Es war keine dieser modernen Maschinen. Nein, ihm genügte ein älteres Modell, solange es seine Arbeit erledigte und seinem von Hause aus niedrigerem Blutdruck am Morgen eine kleine Starthilfe verschaffen konnte.
Dazu der Zucker, aus Marmelade und etwas frischem Obst. Wenigstens dieses war regelmäßig ein Anderes.
Noch würde er barfuß sein.
Seine nackten Sohlen schmiegten sich an die glatte Oberfläche der weißen Fließen.
Weiß, so wie beinahe die gesamte Einrichtung in seiner kleinen Wohnung.
Selbst die Bettwäsche war weiß. Die Vorhänge an den Fenstern. Das Ledersofa im Wohnbereich, welcher modern von der offenen Küche abgetrennt war.
Möbel – weiß.
Fernseher – ein helles Silber.
Teppich unter dem Wohnzimmertisch – cremefarben.
Nun leckte er sicherlich seine Finger ab.
Das machte er nur beim Frühstück.
Seine Zunge fing die Marmeladenreste von Fingerspitzen und -kuppen ab, um ja nichts von dem süßen Brotaufstrich zu verschwenden.
Er war ein sparsamer Mann.
Und dennoch geizte er nicht.
Nicht mit dem Geld, nicht mit seiner sympathischen Art.
Oftmals mit Worten und zärtlichen Gesten.
Fast immer auch mit einem Lächeln.
Aber nicht mit seiner Wärme.
Wärme, die nicht nur diese Wohnung erfüllte, obwohl sie so kühl hätte wirken müssen.
... farblos.
Farblos, wie das Leben, das sie führten.
Ein Farbklecks war alles, dessen es noch benötigte.
Für ihre vollkommene Glückseligkeit.
.:Weiß x Ende:.