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Leben ist tödlich

Devil's Playground
von

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Tales Of Blood

Devil's Playground - Tales Of Blood
 


 

Zögerlich trat Vincent durch das schwarze Loch in der Wand, das einst eine Tür gewesen war. Vorsichtshalber zog er den Kopf ein, um sich nicht an den scharfen Steinkanten zu stoßen.

Vor ihm tat sich nun der gewaltige Saal auf, die ausgedehnte Ahnenhalle, welche er bereits aus seinem Traum kannte. Der Raum war übermäßig hoch, als hätte man vergessen, die drei zusätzlich geplanten Stockwerke noch einzubauen. Unwillkürlich fühlte sich Vincent klein und nichtig gegenüber den Ausmaßen dieses Ortes. Sein Unbehagen verdoppelte sich mit jedem Schritt, mit dem er sich tiefer in die lang gestreckte Halle wagte. Im Gegensatz zur Bibliothek schien dieser Ort von den Eindringlingen verschont worden zu sein. Hatten sie es etwa nicht gewagt, diese altehrwürdigen Gefilde zu entweihen? Erneut überkam Vincent das drückende Gefühl, beobachtet zu werden, welches ihm zu seinem Leid, nun schon altbekannt vorkam. Immer wieder drehte und wendete er seinen Kopf in alle Richtungen, zuckte plötzlich mit dem ganzen Körper herum, nur um alles still und friedlich vorzufinden. Doch die quälende Ahnung ließ ihn nicht los, nagte an seinen Nerven und klammerte sich an seinen Verstand. Wurde er jetzt etwa auch noch verrückt? Leidlich musste er ungewollt an Pamina denken. Schnell schob er den Gedanken beiseite, er musste sich jetzt auf Wichtigeres konzentrieren. Er war ans Ende des breiten Saales gelangt, die unzähligen Augenpaare der Bildnisse seiner Ahnen starrten ihm entgegen, erhaben und vorwurfsvoll, als könnten sie bis auf den Grund seiner Seele blicken.

Verunsichert zog er den Kopf ein. Dies Alles entsprach erschreckend detailgetreu seinem Traum.

Oder viel mehr seiner Erinnerung?

Ein kalter Schauer stahl sich über seinen Rücken, eine dunkle Vorahnung, die Vincent veranlasste die Arme schützend um seinen frierenden Leib zu schlingen. Der stolze junge Mann verspürte plötzlich den Drang, ängstlich wie ein kleines Kind davon zu laufen, um sich danach in eine stille Ecke zu verkriechen und den erlösenden Tränen freien Lauf zu lassen. Zweifel stiegen in ihm auf.

Vielleicht war es ja gut wie es war, besser sogar. Wer weiß was ihn erwarten würde, sollte er seine Erinnerung denn wirklich wiedererlangen. Er konnte sein Gedächtnis ja kaum ohne Grund verloren haben. Aber wenn er jetzt nicht ging, wenn er sich nicht dieser erdrückenden Angst stellen würde, dann würde er das alles nie erfahren, seine Herkunft, seine gesamte Existenz bliebe auf ewig ein ungelöstes Rätsel. Die Ungewissheit würde ihn bis an sein Lebensende plagen, der Selbsthass ihn erdrücken. Nein, so durfte er nicht denken, das durfte nicht geschehen!

Angespannt atmete er ein paar mal tief durch, sein lauter Herzschlag dröhnte noch immer in seinen Ohren und trotzdem zwang er sich, die Arme zu senken und eine offene, wenn auch wenig überzeugende Körperhaltung einzunehmen. Vincent tastete nach dem Messer, das er aus Vorsicht mitgenommen hatte. Er versuchte, sich den Traum, die Erinnerung an diese Halle, noch einmal ins Gedächtnis zu rufen. Sein Portrait müsste im Gang rechts von ihm hängen. Langsam wandte er den Kopf nach rechts. Nichts außer ein breiter Korridor, beidseitig behängt mit unzähligen Gemälden, tat sich vor ihm auf. Er musste jetzt nur seine Schritte dorthin lenken, sein Abbild und die seiner nächsten Verwandten suchen und doch zögerte er. Etwas veranlasste ihn dazu, sich umzudrehen und sich dem zweiten Bildergang zuzuwenden. Vielleicht war es ein Instinkt, eine dunkle Vorahnung oder doch einfach nur Neugier, die ihn dazu bewegte, er würde später oft darüber grübeln und doch keine Antwort finden. In diesem Moment jedoch wünschte er sich, er hätte es nicht getan.

Worauf sein Blick jetzt fiel, war kein andächtiger Ort der Stille und der glorreichen Vergangenheit.

Es war ein blutiger Fleck der Zerstörung und qualvollen Todes. Blindlings stolperte er ein paar Schritte rückwärts und rutschte dabei auf einer nassen Stelle am Boden aus. Blut.

Es war überall, die dunkelrote Flüssigkeit tropfte von den Wänden, verzierte den Boden mit makaberen Mustern, während es aus blassen, leblosen Körpern tropfte, die sich in dem Gang zu stapeln schienen.Weit aufgerissene, starre Augen starrten Vincent ungläubig entgegen, Münder, aufgerissen zu letzten qualvollen Hilferufen und vom Todeskampf verrenkte Glieder waren die einzigen Zeugen der letzten Momente dieser armen Kreaturen.

Aus Vincents Gesicht wich alle Farbe, bis er fast genauso blass war, wie die grausam verstümmelten Leichen vor ihm. Ruckartig warf er sich herum, wandte den Blick von der schrecklichen Szenerie ab und erbrach sich zitternd auf dem kalten Steinboden. Seine Beine schienen ihn nicht mehr tragen zu wollen, als er sich an der Mauer entlang zu dem gegenüberliegenden Korridor schleppte, der so friedlich und unberührt wirkte, dass es Vincent schon wieder den Magen umzudrehen drohte, doch seines spärlichen Frühstücks hatte er sich schon

restlos entledigt. Taumelnd steuerte er auf das Ende des Ganges zu, vor dem Bild des Massakers hinter ihm flüchtend. Er stolperte unzählige Male über seine eigenen Füße, bis er zu kraftlos war, um erneut aufzustehen und sich weiter vorwärts zu kämpfen. Noch immer unkontrolliert zitternd und verzweifelt schluchzend rollte er sich an der scheinbar schützenden Wand zusammen und gab sich seiner Angst hin.
 

Es war still. Ungewöhnlich still, verdächtig still.

Wie lange er so regungslos am Boden gelegen hatte, wusste Vincent nicht. Vielleicht ein paar Minuten, eine Stunde, einen Tag lang? Ihm war, als erwachte er aus einer Starre, die ihn Zeit und Raum hatte vergessen lassen. Ungelenk erhob er sich.

Bloß nicht umdrehen. Nicht umdrehen, vorwärts laufen, nicht umdrehen.

Schwankend versuchte er einige Schritte, bis sein Gang wieder fester wurde.

Raus, ich muss hier raus!

Hektisch blickte er um sich, suchte einen Ausweg, wobei er strikt darauf bedacht war, ja keinen Blick über seine Schulter zu werfen und erneut in Panik zu versinken.

Weg, wer immer das auch war, er ist sicher schon lange weg.

Seine schnellen Schritte hallten an den Steinmauern wieder, zerschnitten die drückende Stille und dröhnten in seinen Ohren. Hinter ihm knarrte es leise. Ruckartig fuhr Vincent herum, sein Messer lag bereit in seiner Hand.

Nichts. Es war nichts, du machst dich nur selbst verrückt! Ruhig, ganz ruhig.

Nervös fuhr er mit den Fingern das Muster an seinen Messergriff nach. Doch um ihn herum war nur Stille.

Reiß dich zusammen!

Zwanghaft atmete Vincent einmal tief durch. Seine Kehle fühlte sich trocken an, staubtrocken und wie zugeschnürt, als hätte er sie über längere Zeit nicht gebraucht. Das Luftholen bereitete ihm Schmerzen, sein Atem kratzte in seinem Hals. Er versuchte zu schlucken, es gelang ihm nicht. Flach atmend kämpfte er sich weiter vorwärts. Es dauerte nicht lange, da hatte er sich auch schon in dem Labyrinth aus Gängen hoffnungslos verirrt. Sein Traumgedächtnis ließ ihn vollkommen im Stich.

Es muss einen Ausweg geben!

Kurz bevor seine zerbrechliche Zuversicht gänzlich in sich zusammenbrach, spürte er es.

Einen Lufthauch. Wo frische Luft war, gab es auch einen Ausgang! Oder zumindest ein offenes Fenster, durch das er vielleicht fliehen konnte. Die Suche nach seinen verlorenen Erinnerungen musste sich vorerst seinem dringenden Bedürfnis, sein Leben in Sicherheit zu bringen, unterordnen.

Von neuer, aufkeimender Hoffnung beseelt, stürzte er in die Richtung, aus der der leichte Luftzug zu kommen schien. Vincent brauchte keine drei Schritte, bis er das Fenster gefunden hatte.

Ein kleines Fenster, viel zu klein und in unerreichbarer Höhe. Die plötzliche Ernüchterung traf ihn hart und er sackte zu Boden. Spöttisch fiel ein wenig Licht durch die Luke, lockte trügerisch.

Nicht aufgeben, du kannst jetzt nicht aufgeben, Weiter, immer weiter.

Erneut stemmte der verzweifelte junge Mann sich hoch und schleppte sich weiter durch dunkle Schächte.

Es gibt einen Ausgang, es gibt einen Ausgang, es gibt einen Ausgang.

Er achtete nicht mehr, wohin er ging, starrte auf den verdreckten Boden und zwang seine Füße weiter vorwärts. Wehrlos und scheinbar gleichgültig folgte er den verschiedenen Gängen.

Platsch.

Er war in etwas getreten. Sein Schuh wurde von einzelnen Spritzern einer dunklen Flüssigkeit überzogen.

Blut, nein, bitte nicht schon wieder!

Widerwillig hob er den Blick.
 

Er stand nur wenige Zentimeter von einem breiten Türrahmen entfernt, das sich anschließende Zimmer schien äußerst schlicht, zumindest von seinem Blickwinkel aus. Was den verstörten jungen Mann zögern ließ, waren die zahlreichen Blutstriemen, die sich über den Boden zogen wie frische Schürfwunden. Ein Schritt über die Türschwelle und er war drinnen. Als Erstes nahm er den beißenden Geruch wahr, der ihm plötzlich entgegen schlug. Rohes Fleisch, fauliges rohes Fleisch. Vincent spürte den Brechreiz bereits kommen und versuchte angestrengt den aufdringlichen Geschmack nach Galle herunterzuschlucken. Nachdem er seinen Körper wieder halbwegs unter Kontrolle gebracht hatte, blickte er sich vorsichtig um. Dort lagen sie, in der äußersten Ecke des Zimmers. Es waren die blutigen Leichen zweier Männer, der kleinere Blonde lag mit abstrakt verrengten Gliedern auf dem Boden, der Andere hing zusammengesackt auf einem Stuhl, beide hatten ihm das Gesicht zugewandt, die blicklosen Augen auf ihn gerichtet, als wäre er ihr Mörder. Zögerlich trat Vincent auf die beiden Toten zu. Ihre blassen Gesichter erschienen ihm so vertraut, vertraut auf eine unheimliche Art und Weise, denn jetzt sah er sie mit von qualvollen Schmerzen verzogenen Gesichtszügen, gebannt in eine blass weiße Totenmaske. Unwillkürlich fuhr seine Hand zu seinem eigenen Gesicht, tastete es langsam mit den Fingern ab. Kalt und rau, aber doch irgendwie lebendig. Gepresst atmete er ein paar Mal ein und aus, versuchte den Knoten, der sich in seiner Lunge gebildet zu haben zu schien, wieder zu lösen. In seinem Kopf breitete sich allmählich ein stechender Schmerz aus, der umso heftiger pochte, je länger er in das Antlitz des unmittelbaren Todes vor ihm blickte. Kannte er die beiden erbärmlich zugerichteten Männer von einem der vielen Wandportraits oder hatte er sie sogar selbst gekannt, mit ihnen in durchzechten Nächten gescherzt und gelacht? Der schon überstrapazierte Magen des jungen Mannes begann sich wieder zu verkrampfen. Vielleicht sollte er lieber nicht über seine Verbindung zu den zwei Toten nachdenken, jetzt war es sowieso zu spät für ein klärendes Gespräch. Vincent versuchte seiner Furcht Herr zu werden und überwand die kurze Distanz zwischen sich und der auf dem Boden liegenden Person. Den kläglich wenigen Mut zusammennehmend, der ihm noch geblieben war, kniete er sich neben die verrenkte Leiche des Blonden auf den Boden, murmelte ein paar entschuldigende Worte und schloss ihm dann die Augenlider über die neblig trüben Pupillen. Er hatte das seltsam drückende Gefühl, dass er den Toten diese letzte Ehrerbietung schuldig war. Gerade als er sich dem anderen, noch immer auf dem Stuhl Sitzenden zuwenden wollte, fiel ihm von seiner Position am Boden auf, das dieser zweite Ermordete etwas in der Hand hielt. Der blutige Arm, dessen Knochen eindeutig gesplittert waren, hing schlaff herab, die vorher wohl kraftvoll geballte Faust war leicht geöffnet und ein dünnes Lederband hatte sich zwischen den steifen Fingern verfangen. Am Band baumelte eine schmale Ampulle, welche fest mit einem kleinen Korken verschlossen worden war. Unsicher über seine plötzliche Eingebung zog Vincent den Lederriemen aus der Hand des Toten und barg es nun in seiner eigenen kalten und verschwitzten Faust. Wenn der Mann es selbst in seinem Todeskampf nicht losgelassen hatte, musste das Fläschchen von äußerster Wichtigkeit sein.
 

„Na wen haben wir denn da?“, schallte eine dröhnende Stimme hinter ihm.

Vincent schien augenblicklich das Blut in den Adern zu stoppen, während ihm gleichzeitig mehrere eisige Schauer den Nacken herauf krochen. 'Flieh!', schrie ihm sein Verstand entgegen.

Das war nicht irgendeine Stimme, das war sein Peiniger und Verfolger!

„Wer hätte gedacht, dass du so schnell hierher findest? Keine Sorge, gleich wirst du mit deinen jämmerlichen Brüdern hier im Tode wieder vereint sein.“

Als Vincent den Kopf ruckartig herumdrehte, um über seine Schulter seinem Verfolger entgegen zu blicken, sah er gerade noch den Schlag auf sich zukommen, doch es war bereits zu spät um zu reagieren. Hart traf ihn die Faust des Angreifers und schmetterte ihn an die nächste Wand. Der Schmerz explodierte in seinem Kopf und in den kommenden Sekunden, die ihm wie Stunden erschienen, sah er wie der Raum sich um ihn drehte, bis endlich die Ohnmacht über ihn kam.
 


 

Cliffhanger!^^

Irgendwie tut er mir ja doch Leid, der Vincent ... D:

Aber bald hat er es geschafft... vorerst zumindest XD *muhahaha*

Ja....sorry ich hab wieder unendlich lange gebraucht^^"

Wann das nächste Kapi kommt, kann ich auch noch nicht versprechen, da bei mir

jetzt erstmal ein Umzug ansteht und dann mein Studium anfängt. (Angeblich haben

Studenten ja immer so viel Zeit...)
 

*Tüte Haribo aufreißt*



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  AILE
2010-09-04T18:11:17+00:00 04.09.2010 20:11
ja, da kann einem vince wirklich leid tun (ne angewohntheit von mir leuten kosenamen zu verteilen XD)

sieht ja echt makaber aus im stübchen... und endlich *tadam* der auftritt des peinigers! bin echt gespannt wer das ist.
vince wirkt echt sehr menschlich, doch er besitzt keinen schatten, was ihn unweigerlich unmenschlich macht. also ist er für seinen zustand bissel zu menschlich. aber was er ist wissen wir, die leser, noch nicht. also bleibts vorerst bei einem überaus menschlichen vincent.

erledige deinen umzug und dann ran an den nächsten kapitel XDDD

*knuddel*_____________________*
Von: abgemeldet
2010-09-03T20:11:27+00:00 03.09.2010 22:11
grrr weiter @_@


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