Zum Inhalt der Seite

Mayaku, Gókan to Damaru [Teil I]

Die Vergangenheit ist unwiderruflich
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Das graue, in Vergessenheit geratene Mauerblümchen [Teil 1]

Ich war so zerfressen von meinen Schuldgefühlen, so niedergedrückt von den Erwartungen meines Vaters, dass ich keinen anderen Ausweg mehr gesehen hatte…
 

Das graue, in Vergessenheit geratene Mauerblümchen [Teil 1]
 

27. März 1999
 

“Die Blutung will nicht aufhören!”

“Machen Sie etwas, ansonsten verlieren wir sie beide!”

“Versucht wenigstens das Baby zu retten!”
 

Zusammen gekauert saß sie auf dem harten, unbequemen, quietschgelben Stuhl und hatte ihre Arme um die Beine geschlungen. Ihren Kopf hatte sie auf die Knie gestützt, während sie mit zusammengekniffenen Augen ihre aufkommenden Tränen herunter zu schlucken versuchte. Zärtlich streichelte das lange, blaue Ponyhaar ihre blasse Stirn und wippte auf, immer wenn ihre Schultern erzittern, da sie ein erneutes Schluchzen unterdrückte.
 

Angst kroch dem jungen, zerbrechlichen, fünfjährigen Körper den Rücken empor.

Angst, ihre Mutter vielleicht nie mehr zu sehen.

Angst, vielleicht noch ihr kommendes Geschwisterchen nie kennen zu lernen. Erneut bebte der kleine Körper auf.
 

Die lauten Stimmen der Ärzte und Krankenschwestern drangen bis zu ihr nach draußen in den Wartegang vor. Sie hörte die Sätze, verstand jedoch nicht den Sinn jedes Wortes. Aber die Leute in dem Raum - wo zur Zeit ihre Mutter lag - klangen verzweifelt und voller Hektik. Sie brüllten sich gegenseitig an und klagten den jeweils anderen an, dass dieser Schuld wäre, wenn sie beide verlieren würden.
 

Dann war Stille...
 

Nur die auf- und abgehenden Schritte ihres Vaters waren zu hören, welcher nervös über den Gang lief.

Zitternd krallte sie ihre dünnen, kleinen Finger in den weißen Stoff ihres Kleidchens. Sie presste ihren Kopf mehr auf ihre Knie. Heiße Tränen liefen ihr über die Wangen. Sie konnte diese nicht mehr zurückhalten. Vor allem nicht, als vor ihren Augen die jüngste Erinnerung an ihre Mutter erschien.

All das Blut.

Der verbeulte Wagen.

Die panischen Rufe der Menschen um sie herum.

Ihre regungslose Mutter.
 

Sie zuckte zusammen, als ein lauter Schrei aus dem Raum zu hören war. Der Schrei eines Babys.

Knarrend ging eine Tür auf. Die Stimme eines Arztes ertönte und rief jemanden zu sich. Neben sich hörte sie die schweren Schritte ihres Vaters. Sie hallten laut in ihren Ohren wider. Kamen mit ihrem schnell schlagenden Herz in Einklang, bis beides eine monotone Melodie ergab.

Erneut ertönte der Schrei eines Babys. Der Lebensschrei ihres Geschwisterchens.
 

Und trotzdem...
 

Nur weil sie mit ihrer Mutter unbedingt bei dem schönen Wetter in den Park wollte.

Nur weil sie diese so gedrängt hatte, obwohl sie wusste, dass es ihrer Mutter nicht gut ging.
 

Der nächste Satz fraß sich tief in ihren kleinen, naiven, fünfjährigen Verstand. Nistete sich dort ein und bescherte ihr Schuldgefühle. Der Glanz in ihren Augen stumpfte ab. Denn den Sinn der nächsten Worte hatte ihr vor einigen Tagen bei dem Tod ihres Kaninchen ihre Mutter erklärt.
 

“Ihre Frau ist verstorben. Wir konnten leider nichts mehr für sie tun...”
 

Ihre Mutter war tot... und sie war schuld daran.
 

~*~*~
 

27. März 2007
 

Neben ihr ertönte das schrille Klingeln ihres Weckers. Müde schob sie ihre blasse Hand unter der Zudecke hervor und drückte den Störenfried aus. Sie blieb noch einige Sekunden in ihrem Bett liegen. In ihrem Kopf herrschte für einen kurzen Moment absolute Leere. Allein, weil sie diese Nacht nicht wirklich ein Auge zu bekommen hatte. Aber es dauerte nicht lange, bis die Gedanken wie ein Sturm tosender Wellen auf ihr einbrachen.
 

Gestern konnte sie noch versuchen, das heutige Datum zu verdrängen. Konnte noch mehr oder weniger mit einem Lächeln die Leute ansehen. Aber auch da fiel es ihr schon schwer. Und heute? Heute würde sie es sicherlich nicht schaffen lächelnd durch das Haus zu gehen.
 

27. März…
 

Dieser Tag hatte sie vor Jahren tief geprägt. Er hatte sich tief in ihr Herz gefressen und dort seine schmerzlichen Wurzeln ausgeschlagen. Noch heute holten sie die Bilder von vor acht Jahren ein.
 

Zitternd krallte sie ihre Hand in ihre Zudecke und zog diese noch mehr über ihren Kopf. Ihr Körper erbebte, als sie ihre lavendelfarbenden Iriden schloss und erneut das regungslose Bild ihrer Mutter vor ihren Augen sah. Auch wenn das Gesicht in all den Jahren in ihren Erinnerungen verblasst war, so wusste sie immer noch, welche Person dort zu sehen war und auch warum. Ihr blaues Haar verdeckte die Sicht auf ihre geröteten Wangen. Tränen kamen in ihr auf und brannten unvergossen hinter den verschlossenen Lidern. Wieder wurde ihr Körper durch ein unterdrücktes Schluchzen geschüttelt.
 

Ruhelos rasten ihre Gedanken durcheinander. Nur ein einziger Satz schrie sie immer wieder an:
 

‘Du bist Schuld, dass deine Mutter gestorben ist!’
 

Auch wenn ihr genug Menschen erzählt hatten, dass sie keine Schuld an diesem verhängnisvollen Unfall trug, so hatte sich dieser Gedanke wie Gift in das kleine, fünfjährige Herz gefressen. Und jetzt war sie dreizehn und weiterhin beherrschte dieser Gedanke sie.
 

Immer wieder erbebte ihr Körper. Krampfhaft krallte sie ihre Finger in den Stoff ihrer Decke, so dass ihre Fingerknöchel weiß hervortraten. Sie vergrub ihr Gesicht tiefer in ihrem Bettlaken, spürte die harten Sprungfedern auf ihrer Haut, je mehr sie sich gegen die Matratze drückte. Heiße, salzige Tränen kullerten über ihre Wangen, sickerten lautlos in das weiße Laken und hinterließen dort dunkle, nasse Flecken.
 

Niemand sah die unscheinbare Flüssigkeit.

Niemand nahm Kenntnis von den glitzernden Perlen, die immer weiter die Wangen hinab liefen.

Niemand nahm sie wahr.

Niemand erkannte den Schmerz, der immer wieder die zierlichen Schultern des jungen Mädchens erzittern ließ.

Niemand...
 

Und wieder fühlte sie sich so unendlich allein gelassen. Einsam und verlassen... wie an dem Tag, als ihre Mutter von ihr ging.
 

~*~*~
 

Mit langsamen Schritten ging sie aus ihrem Zimmer und verschloss die Tür hinter sich. Tonlos seufzte sie auf und rieb sich noch einmal schnell über ihre geröteten Augen. Wischte somit ihre Tränenspuren fort. Ihr blaues, nackenlanges Haar war ein wenig zerzaust.
 

Sie war ein wenig in Verzug. Und dies war nicht gut, da ihr Vater strengstens auf Pünktlichkeit achtete. Mit schnellen Schritten ging sie den leeren Gang entlang, bog einmal ab und stand nach kurzer Zeit vor einer weißen Holztür. Ihr Herz schlug schnell hinter ihrer Brust. Sie war mindestens fünf Minuten zu spät. Sicherlich war ihr Vater nicht darüber erfreut. Hart schluckte sie den aufkommenden Kloß in ihrem Hals herunter. Zitternd legte sie ihre Hand auf ihre Brust, versuchte damit ihr rasendes Herz zu beruhigen. Dann klopfte sie mit Verzögerung an.
 

Es herrschte Stille. Man konnte die Sekundenzeiger der Turmuhr im Flur ticken hören. Sie zählte in Gedanken mit.
 

1... 2... 3... 4... 5...
 

“Herein!”
 

Die herrische Stimme ihres Vaters ertönte. Sie klang nicht gerade sanft, sondern schroff und ein wenig zornig. Wieder zögerte sie, ehe sie zitternd ihre Hand auf die Klinke legte. Knarrend drückte sie diese herunter und öffnete die Tür zum Speisesaal. Sie hatte Angst vor dem Kommenden.
 

Ihr Vater war streng. Sehr sogar. Sicherlich würde er sie wieder für ihr zu spät kommen bestrafen. Ihr Blick war gen Boden gerichtet, damit sie nicht in die wütenden Augen ihres Vaters schauen musste. Wie jedes Mal, wenn sie zu spät kam. Auch dieses Mal fühlte sie wieder, wie die wütende Aura ihres Vaters im Raum präsent war. Sie spürte die prüfenden Augen aller Anwesenden auf sich.
 

“Hinata...”
 

Eine ruhige Stimme. Zu ruhig für ihren Geschmack, aber sie kannte diese Tonlage. Sie hob ihren Kopf an und sah nur einen kurzen Moment in die zornigen Augen ihres Gegenübers, ehe sie den Blick wieder abwandte.
 

“Du bist zu spät. Du weißt, was dies heißt. Bitte verlasse wieder den Raum.”
 

Sie nickte zu der Aussage. Ihre Strafe für ihr Zuspätkommen. Sie durfte am Frühstück nicht mehr teilnehmen.
 

Mit langsamen Schritten ging sie zurück und schloss hinter sich die Tür. Kurz lehnte sie sich gegen diese und biss sich auf ihre Unterlippe. Ihre Augen hatte sie fest zusammengekniffen, um nicht wieder zu weinen. Bestürzt rannte sie wieder in ihr Zimmer, um sich für die Schule fertig zu machen. Lautlos schloss sie die Tür hinter sich, damit ihr Vater sie nicht wieder tadelte, weil sie diese zugeknallt hatte.
 

Niemand hatte Notiz davon genommen, dass sie an diesem Morgen blasser war als sonst.

Niemand hatte bemerkt, dass ihre Augen sehr gerötet waren.

Niemand hatte erkannt, dass sie geweint hatte und dass es ihr nicht besonders gut ging.

Niemand hatte sich Sorgen gemacht und nachgefragt, was los sei.

Aber alle hatten sie gemustert. Alle hatten sie mit ihren Blicken gescannt.
 

Wie jedes Mal.
 

Doch niemand erkannte es. Oder interessierte es niemanden?
 

Mit zittrigen Fingern schloss sie den langärmligen, schwarzen Blazer ihrer Schuluniform. Wieder brannten Tränen in ihren Augen, perlten von ihren Winkeln ab und rannen über ihre leicht geröteten Wangen. Allein, weil ihr Vater sie wieder einmal bestraft hatte, da sie zu spät kam. Dabei waren es nur knappe fünf Minuten gewesen. Außerdem war sie nicht jedes Mal unpünktlich. Ihre kleinere Schwester wurde nie so behandelt, dabei kam sie viel öfter zu spät als sie. Aber ihr Vater ließ dies immer wieder durchgehen. Nur weil ihre kleine Schwester jünger war als sie. Hinata selber wurde früher auch nicht anders behandelt als heute. In dem Alter, in dem Hanabi jetzt war, wurde sie schon für ihr Zuspätkommen bestraft.
 

Sie fand es ungerecht.
 

Und verstand nicht, warum ihre Schwester besser behandelt wurde als sie. Nur weil sie bessere, schulische Leistungen erbrachte als sie mit acht? Sicherlich war dies der Grund. Gerne würde sie nachfragen, aber sie hatte Angst vor der Reaktion ihres Vaters. Vielleicht würde er sie nur wieder ausschimpfen und maßregeln. Sie sollte sich nun beeilen, wenn sie sich wieder verspätete, würde sie nur noch mehr bestraft werden. Schnell wischte sie sich mit dem Handrücken über das Gesicht und zog ein Taschentuch aus ihrer Schultasche. Sie putze sich noch hastig ihre Nase und schniefte leise.
 

Sie musste zur Schule.
 

Wo sie auch von niemandem beachtet werden würde...
 

~*~*~
 

Hinata saß auf ihrem Platz. Die Hände hatte sie auf ihren Schoß gebettet und wartete, bis die Schulstunde wieder begann. Leider hatte vor nicht weniger als eine Minute erst das Pausenklingeln ertönt. Ihre lavendelfarbenden Augen blickten sich neugierig im Raum um. Meistens blödelten die Jungs aus ihrer Klasse herum und verzapften lustige Streiche mit anderen Mädchen aus dem Raum. Zum Glück wurde sie davon verschont, einfach weil sie nicht so sehr auffiel. Die Jungs ignorierten sie oft oder schenkten ihr keine Beachtung. Wie auch die Mädchen aus ihrer Klasse. Sie fand es schade, aber insgeheim war sie froh, dass sie somit ihre Ruhe hatte. Sie hatte genug Ärger zu Hause und wollte damit dem Stress in der Schule aus dem Weg gehen.
 

Sie senkte ihren Blick auf ihre Tischplatte, als sie bemerkte, dass eines der wenigen Mädchen in der Klasse sie anstarrte, so als wäre sie ein Tier im Zoo. Dabei wollte sie nicht so viel Aufmerksamkeit wie die Giraffen, die sie so gerne im Zoo betrachtete.
 

Ihr Blick war weiter auf die Tischplatte gerichtet, musterte dort die Maserung in diesem. Hier und da waren mit Scheren oder Zirkeln einige Namen oder Symbole eingeritzt und mit Tinte aus dem Füllhalter ausgemalt worden. Sie verstand nicht, warum man so etwas machte. Wieso musste man in das Eigentum anderer ritzen oder es kaputt machen? Würde sie dies bei Hanabis Schreibtisch machen, sie würde sicherlich wieder großen Ärger bekommen.
 

“Was hast du da gemacht?!”
 

Überrascht hob sie ihren Blick, als sie auf ihre Klassenkameraden sah. Zwei Mädchen, welche neben ihr an der Schulbank saßen, unterhielten sich lautstark über etwas. Eine Blondhaarige, deren Haar gelockt über die Schultern fiel und eine Brünetthaarige mit kurzem, glattem Haar. Ihr fielen nicht sofort die Namen ein, da sie nicht sonderlich viel mit ihnen gesprochen hatte.
 

Normalerweise schickte es sich nicht, den Gesprächen anderer zu lauschen, aber irgendwie war in Hinata für diesem kurzen Moment die Neugier erwacht, die in jedem Kind in diesem Alter noch herrschte. In ihren blassen Augen glitzerte es geheimnisvoll, wie schon lange nicht mehr.
 

Unauffällig stützte sie sich mit ihrem linken Ellenbogen auf ihrer Bank ab und bettete ihren Kopf in die offene Handfläche. Sie konzentrierte sich, damit sie hören konnte, was ihre Nachbarn erzählten.
 

“Ich hab mich hier geschnitten.”

“Du dich selber?”

“Ja klar!”
 

Neugierig lunzte die Blauhaarige über ihre Handfläche, um einen Blick auf den Arm des Mädchens erhaschen zu können. Sie erkannte einen dichten Verband, über diesem das blondhaarige Mädchen besorgt strich. Sie blickte in das Gesicht der Braunhaarigen, auf dem ein stolzes Lächeln zu sehen war.

War sie etwa stolz darüber, dass sie sich selber weh getan hatte? Hinata verstand das nicht.

Hatte es denn nicht doll geschmerzt, als sie sich selber verletzt hatte?

Warum war sie so darüber froh?

Vielleicht, weil sie es selbst gemacht hatte?

Aber war es etwa was Gutes, wenn man sich selber verletzte?

Sie war verwirrt über dieses Verhalten und diese Handlung. Sie runzelte ihre Stirn und wandte kurz den Blick ab, da die beiden anderen Mädchen zu ihr herüber sahen. Hoffentlich hatten sie nicht bemerkt, dass sie zugehört hatte. Aber dem war anscheinend nicht so. Nach kurzer Zeit wandten sich die beiden von ihr ab und widmeten sich wieder ihrem Gespräch, dem die Hyuga aufmerksam lauschte.
 

“Warum?”

“Ich hatte Streit mit meinem Vater. Aber jetzt ist wieder alles gut.”
 

Skeptisch hob sie nun die Augenbrauen hoch. Wenn man sich selber verletzte, konnte man Streit aus dem Weg gehen? Das wusste sie noch gar nicht. Sie hatte auch noch nie davon gehört, dass dadurch wieder alles gut werden würde. Aber sie hatte auch oft Streit zu Hause. Auch mit ihrem Vater. Sie löste ihre Haltung und legte wieder beide Arme auf die Tischplatte. Mit ihrer rechten Hand fuhr sie zögerlich über ihren schwarzen Blazer, strich die Konturen ihres Armes ab.

Sie konnte sich nicht vorstellen, dass es etwas helfen sollte, wenn man sich selber verletzte.

Selbst wenn sie sich selber weh tun würde, würde ihr Vater dann nicht wieder sauer auf sie sein und sie ausschimpfen?

Vielleicht sogar wieder bestrafen?
 

Bei diesen Gedanken legte sie ihre Hand auf ihren Bauch, welcher leise mit Grummeln begann. Ihr war schon richtig schlecht vor Hunger. Aber erst nach der nächsten Schulstunde würde sie etwas zur Frühstückspause in der Kantine holen können.
 

“Hat das nicht weh getan?”

“Nö, kein bisschen.”
 

Wieder schwang Stolz in der Stimme des braunhaarigen Mädchens mit. Wieder war Hinata verwirrt. Es tat nicht weh? Dies konnte sie sich nicht vorstellen. Allein schon, wenn sie sich eines ihrer blassen Knie aufscharrte, schmerzte und brannte es schlimm. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass es nicht weh tat, wenn man sich selber verletzte oder den Arm aufschnitt.
 

Wieder fiel ihr Blick auf ihre Schulbank, musterte erneut die Bilder und Schriftzeichen, die in das Holz geritzt waren. Der Tisch hatte auch keine Schmerzen, wenn man ihn mit Scheren oder Zirkeln ritzte und mit Tinte beschmierte. Aber ein Tisch war nur ein Stück Holz auf vier Beinen. War es vielleicht mit dem Arm genauso? Fühlte man nichts, wenn man sich selber verletzte? Vielleicht wurde er ja irgendwie taub, wie bei einer Betäubung beim Zahnarzt, wo man nicht mehr spürte, dass der Arzt den Zahn zog.
 

Vielleicht...
 

Zögerlich fuhr sie mit den Fingerkuppen über das Holz, fühlte unter diesen die Einkerbungen in der Bank. Vielleicht hatte der Tisch auch Schmerzen, wenn man in ihn Sachen hineinritzte. Nur konnte dieser nicht schreien oder weinen. Oder sich wehren. Aber ein Tisch hatte auch keinen Streit mit einem in der Familie. Ein wenig skeptisch zog Hinata ihre Augenbrauen zusammen. Ihre Fantasie malte nur dumme Ideen in ihrem Kopf aus.
 

Sie sollte sich nicht so viele dumme Gedanken darüber machen. Am Besten, sie vergaß schnell wieder, was sie gehört hatte. Vielleicht hatte diese Braunhaarige recht und es schmerzte wirklich nicht. Vielleicht aber hatte sie auch unrecht. Das wusste Hinata nun nicht. Und ausprobieren wollte sie es auch nicht. Dafür hatte sie zu viel Angst vor den Konsequenzen mit ihrem Vater.
 

Es dauerte nicht lange, da ertönte das Pausenvorklingeln und alle bewegten sich nur träge an ihre Plätze. Wieder legte sie ihre Hände auf ihren leeren Bauch, welcher wieder hungrig aufgrummelte. Nur noch die Stunde und dann könnte sie endlich etwas essen.
 

~*~*~
 

Mit schnellen Schritten rannte sie durch die belebten Straßen. Die rosane Kapuze ihres Anoraks hatte sie sich tief ins Gesicht gezogen, sodass sie noch gerade so den Weg vor sich erkennen konnte. Sie trat in mehrere Pfützen, welche sich bei dem plötzlich eingebrochenen Regenschauer in Massen auf den Wegen gebildet hatten. Sie spritzte damit mehrere Menschen an und hatte nicht einmal mehr die Zeit, sich für dieses unmögliche Verhalten zu entschuldigen. Denn sie war wieder einmal in Verzug. Dieses Mal war der Grund ihr Klassenlehrer, der sie wegen etwas Wichtigem hatte sprechen müssen.
 

Dabei war sie gestern noch eindringlichst von ihrem Vater belehrt worden, dass sie heute ja pünktlich nach Hause kommen sollte. Und jetzt war sie schon eine halbe Stunde in Verzug. Dies würde Ärger geben. Und an die Vier in der Mathearbeit, die ihr Vater zu sehen bekommen würde und auch noch unterschreiben musste, daran wollte sie noch nicht denken.
 

Ihre Beine schmerzten durch die ständige Belastung und den schnellen Rennen, aber sie durfte nicht mehr Zeit verlieren. Ihr Atmen glich einem Keuchen, während Schweiß und Regenwasser über ihre Schläfen und Wangen liefen. Angst kroch ihr den Rücken empor, als sie an die Strafe dachte, die ihr Vater ihr dieses Mal erteilen würde. Sie schluckte hart, biss sich auf die Unterlippe und senkte leicht den Blick.
 

Warum wieder sie? Und gerade heute war so ein Tag, an dem ihr Vater schnell und meistens reizbar war.
 

27. März…
 

Hastig versuchte sie ihren Schlüssel in das Haustürschloss zu stecken. Auf Grund ihrer Angst rutschte sie immer wieder unruhig am Metal vorbei und zerkratzte damit etwas das Schloss. Klingeln wollte sie nicht. Sicherlich würde ihr Vater sie sofort an der Wohnungstür herunterputzen. Nach einigen verstrichenen Minuten schaffte sie es ihren Schlüssel ins Schloss zu versenken. Sie öffnete die Tür, schlug diese hinter sich geräuschvoll zu und rannte die Stufen des Sechser-Apartments nach oben. Vor ihrer Wohnungstür blieb sie stehen, keuchte angestrengt und musste sich einen kurzen Moment gegen die Wand lehnen.
 

Sie hatte Angst...

Angst, diese Wohnung zu betreten.

Zitternd suchte sie ihren Wohnungsschlüssel in ihrem Bund und hielt diesen vor das Schloss. Von Innen hörte sie die wütende Stimme ihres Vaters. Sie zögerte, lauschte der Stimme des Mannes, hatte Angst.
 

Langsam und träge schob sie ihren Schlüssel ins Schloss und öffnete auch hier die Tür. Geräuschlos, in der Hoffnung, ihr Vater würde nicht mitbekommen, dass sie schon zu Hause war, schloss sie hinter sich die Türe. Lautlos schlüpfte sie aus ihren Schuhen.
 

Sie roch den Geruch von Duftstäbchen und Kerzenwachs.
 

27. März…
 

Gerade an diesem Tag pflegte ihr Vater auf Pünktlichkeit, wenn es um die Altarschmückung im Wohnzimmer ging.

Gerade an dem Tag war die ganze Familie zusammen und trauerte um den Tod ihres Familiemitgliedes.
 

Und heute...
 

Heute war Hinata zu spät. Sicherlich war das Ritual schon vollendet. Das Gebet schon vorbei. Dabei wollte sie sich noch für so vieles still und heimlich bei ihrer Mutter entschuldigen und ihr sagen, dass sie diese immer noch lieb hatte, auch wenn sie nicht mehr da war.
 

Zögerlich ging sie den leeren Flur entlang. Der Geruch der angezündeten Duftstäbchen wurde immer stärker, je näher sie dem Wohnzimmer kam. Und ebenfalls ihre Angst...
 

Zitternd legte sie ihre Tasche gegen die Wand, schritt langsam ins Zimmer. Ihren Kopf gesenkt, die Augen reumütig geschlossen, betrat sie den Raum, in dem ihr Vater mit gefalteten Händen zum Gebet dort stand. Die Wörter von dem Gemurmel des Mannes verstand sie nicht, aber sie hörte an der Stimme, dass dieser aufgebracht war. Das dieser sich über etwas beschwerte und aufregte. Erst zum Ende hin wurde die Stimme sanfter, sprach liebevoll mit der Toten und dann herrschte Stille im Raum. Sie schluckte hart. Jetzt kam sicher ihre Strafe...
 

“Du bist spät...”

“Ich weiß, To-san.”
 

Ihre Stimme zitterte vor Angst. Sie hatte Mühe ihre Wörter über die Lippen zu bekommen. Eine gefährliche Aura schwappte zu ihr rüber, raubte ihr für einen kurzen Moment den Atem und den Verstand. Sie getraute sich nicht ihre Augen zu öffnen, so groß war die Panik, in die vor Wut verzerrten Augen zu sehen. Sie ballte ihre Hände zu Fäusten, bis ihre Fingerknöchel weiß hervortraten. Ihre Schultern bebten und die nächsten Wörter stachen wieder tief in ihr verletzliches Herz.
 

“Du bist unzuverlässig, faul und deine Unpünktlichkeit wird dir irgendwann mal zu Schaden kommen. Warum kannst du nicht wie deine kleine Schwester Hanabi sein?”
 

Weil ihre kleine Schwester Hanabi nicht wie sie in vielen Nächten aufschreckte, nur weil sie den Tod ihrer Mutter vor Augen hatte.

Weil ihre kleine Schwester Hanabi sowieso mehr durfte als sie selber.

Weil ihre kleine Schwester Hanabi die Prinzessin ihres Vaters war.

Weil ihre kleine Schwester Hanabi besser war als sie...

Warum verglich er sie immer wieder mit ihr?

Hinata hatte eine andere Vergangenheit als die jüngste Tochter. Sie war halt nicht so gut, wie ihre Schwester, verstand eben nicht gleich alles auf Anhieb. Dennoch bemühte sie sich genauso sehr wie Hanabi. Aber die Eigenschaft, dass sie sich genau anstrengte, um ihre Ziele zu erreichen, aber dafür nur ein wenig mehr Zeit brauchte, die übersah ihr Vater wieder einmal.
 

Wut keimte in ihr auf.

Hanabi hier, Hanabi dort.

Warum war er nicht einmal auf sie stolz?

Ihre Fäuste zitterten, während sie sich auf die Unterlippe biss, um Ruhe zu bewahren und um die Wörter, die auf ihrer Zunge lagen herunterzuschlucken.
 

Sie focht innerlich einen Kampf mit ihrer Wut und der Angst auf ihren Vater.
 

“Warum kannst du nicht so sein wie Hanabi?”
 

Die Angst verlor...
 

“Warum vergleichst du mich immer wieder mit ihr?!”, schrie sie heraus und erzitterte am ganzen Körper. Ihre eigene Stimme klang unheilvoll laut in ihren Ohren. Sie wusste gar nicht, dass sie so laut werden konnte.
 

“Warum willst du, dass ich genauso bin wie sie!?”
 

Sie schrie weiter, während in ihrem Hinterkopf immer wieder ängstlich die Stimme rief, dass es nun genug war. Aber sie konnte nicht aufhören. Ihre Stimme gehorchte ihr nicht, während ihr Körper vor Zorn und Furcht erbebte.
 

“Warum willst du-“
 

Ein lautes Klatschen erfüllte den Raum und Stille zog ein. Erschrocken keuchte Hinata auf und legte ihre Hand auf ihre vor Schmerz pochende Wange. Für einen kurzen Moment war sie wie erstarrt. Ihr Vater hatte sie geschlagen. Zum ersten Mal in ihrem Leben. Zwar war dieser immer Mal wieder wütend geworden und hatte sie angeschrieen. Nie, aber wirklich niemals hatte er ihr eine Ohrfeige verpasst oder sie anders geschlagen.
 

”Wie redest du mit deinem Vater?! Was denkst du, wer du bist, dass du mich mit solch einer Lautstärke anschreien kannst?!”, wurde es ihr entgegen geschrien. Sie zuckte zusammen. Nun war sie zu weit gegangen. So wütend war ihr Vater noch nie gewesen.
 

“Was für ein ungezogenes Mädchen! So habe ich dich niemals erzogen, dass du so aufmüpfig gegenüber deinem Vaters wirst!”, schrie er sie weiter an und sie sah schon, wie bald eine zweite Ohrfeige auf sie zukommen würde. Aber irgendwie reagierte ihre Zunge schneller als ihr Verstand.
 

“Du hast dich doch nie um mich gekümmert!”

“Das war die Arbeit deiner Mutter!”

“Die ist nur nicht mehr da!”
 

Die nächsten Worte bekam sie mit einer weiteren Ohrfeige mitten ins Gesicht gepfeffert. Sie taumelte zurück, als die Wucht des Schlages sie traf. Aber nicht der Schlag war es, der ihr kleines Herz zum Bluten brachte, sondern die Worte, die sich schon seit Jahren tief in ihrem Inneren verwurzelt hatten und jetzt anscheinend zu wachsen begangen...
 

“Du bist daran Schuld, dass es so ist.”
 

Stille zog ein. Keiner sagte mehr ein Wort. Auch wenn die Worte über den Lippen des Vaters aus Zorn ausgesprochen waren und nicht der Wahrheit entsprachen, hatten sie sich tief in sie gegraben. Ihr kam es vor, als würde die Luft dünner werden, bis sie fast keine mehr bekam. Unvergossene Tränen brannten in ihren Augen. Ihre Wange fühlte sich taub an. Ihre Unterlippe zitterte und Blut rann aus ihrem Mundwinkel, da sie sich vor Schreck wegen des Schlages auf die Zunge gebissen hatte. Hastig wischte sie dieses mit dem Handrücken ab, betrachtete es kurz auf ihrer blassen Haut. Blut... Es stach aus dem Weiß ihrer Hand heraus. Erschrocken riss sie die Augen auf, torkelte nach hinten und schaffte es sich an dem Rahmen der Tür festzukrallen, um nicht umzustürzen.
 

“Gehe bitte in dein Zimmer. Ich möchte dich heute nicht mehr sehen.”
 

Ruhig kamen die Worte über die Lippen des Vaters. Als wäre nie etwas passiert. Als wären die letzten Worte nie gesagt worden. Hinata wusste nicht, was sie machen sollte. Hektisch stellte sie sich wieder aufrecht hin und blickte zu Boden.

Ihre Strafe...

Aber für was?
 

Dafür, dass sie zu spät kam oder…
 

“Verstanden, To-san.”
 

...dafür, dass sie daran Schuld war?
 

~*~*~
 

Zusammengesunken saß sie in ihrem Zimmer auf ihrem Schreibtischstuhl. Heiße, salzige Tränen rannen ihr über die Wangen. Sie konnte und wollte sie nicht mehr zurückhalten. Dafür hatte sie einfach nicht mehr die Kraft. Ein Schluchzen unterdrückend biss sie sich auf die Unterlippe, damit kein Geräusch zu hören war.
 

Ihre Augen waren stur und stumpf auf ihr Schulheft gerichtet. Hier und da erkannte man einige Wasserflecken von ihren Tränen. Das Papier war an diesen Stellen aufgeweicht und leicht gewellt. Zum Hausaufgaben machen hatte sie gar keine Konzentration mehr. Genauso wenig die Motivation.
 

Für was machte sie dies hier überhaupt?

Ihr Vater würde doch so oder so nicht auf sie stolz sein.

Es war sinnlos...

Dennoch wollte sie auch keinen Ärger deswegen von ihm bekommen.

Die nächste Strafe wäre einfach zu viel für sie.
 

Zitternd umklammerte sie den Stift in ihren zierlichen Fingern, versuchte die Matheaufgaben zu lösen, aber der Gedanke an ihren Vater und den ganzen Strafen von diesem lenkte sie wieder ab. Warum hasste er sie so? Ihre Augen richteten sich auf. Ihr Blick schweifte über ihren Schreibtisch und blieb an einem Foto stehen. Das einzige hier in diesem Zimmer. Auf dem Bild war sie und ihre Mutter mit einem schwangeren Bauch zu sehen.
 

Wieder wurden ihre Schultern durch ein unterdrücktes Schluchzen geschüttelt. Zitternd griff sie nach dem Bild, fuhr mit ihren Fingern über das kalte Glas des Rahmens, in dem dieses eingesperrt war.
 

Eine Wut überkam sie.

Eine Wut auf ihre Mutter, die sie hier allein gelassen hatte.

Zornig packte sie das Bild und warf es mit einem lauten Klirren zu Boden. Keuchend stand sie auf und betrachtete ihr Werk.
 

Und plötzlich übermannte sie eine unendliche Trauer.
 

Sie wollte das gar nicht. Ihre Mutter konnte nichts dafür, dass sie nicht mehr da war. Sicherlich wollte diese nicht schon so früh sterben. Sicherlich hätte diese gerne noch Hanabi kennen gelernt. Gerne noch mit Hinata herumgealbert. Aber es war vergänglich. Dem Tod konnte man nicht entkommen. Sobald er einen in seinen Krallen hatte, war es schier unmöglich. Dies hatte sie schon vor langer Zeit erkannt. Und sie war daran Schuld, dass der Tod die Krallen nach ihrer Mutter ausstrecken konnte.
 

Zitternd und leise schluchzend beugte sie sich über das zerschellte Glas des Bilderrahmen, welches am Boden verstreut war. Sie griff nach einer der größeren Scherben und schnitt sich daran. Erschrocken zuckte sie zurück und steckte sich den blutenden Finger in den Mund, um die rote Flüssigkeit abzulecken. Es schmerzte nicht sehr, brannte nur leicht. Überlegend runzelte sie ihre Stirn. Plötzlich fiel ihr wieder das Gespräch ihrer beiden Klassenkameradinnen ein:
 

“Ich hab mich hier geschnitten.”

“Du dich selber?”

“Ja klar!”

“Warum?”

“Ich hatte Streit mit meinen Vater. Aber jetzt ist wieder alles gut.”

“Hat das nicht weh getan?”

“Nö, kein bisschen.”
 

Zitternd griff sie nach einer der größeren Glasscherben und hielt diese nach oben. Sie glitzerten im Licht der hereinscheinenden Sonne. Wie wunderschön dies aussah. So wunderschön, dass es wiederum so vergänglich und zerbrechlich schien.
 

Ihre Hände zitterten vor Angst wegen des Unbekannten. Zögerlich hielt sie die Scherbe an ihren Arm.
 

Wartete... Schwieg... Sie hatte Angst…
 

Aber vielleicht würde dadurch alles besser werden. Schließlich hatte ihre Klassenkameradin keinen Streit mehr mit ihrem Vater gehabt. Außerdem meinte diese auch, dass es nicht schmerzen würde. Jetzt war nur noch die Frage, wo sie ansetzen sollte. Ziellos irrte ihre bebende Hand über ihren linken Arm. Sie hatte noch ihren Blazer an, wäre besser diesen auszuziehen. Hastig ließ sie die Scherbe fallen und zog ihren Blazer aus, genauso wie ihr weißes Hemd, was sie darunter trug.
 

Oben ohne saß sie nun vor dem Haufen Scherben und dem Bild zwischendrin. Wieder fielen ihre glanzlosen Augen auf das Gesicht ihrer Mutter. Wahllos griff sie wieder eine der Scherben und legte sie aufgeregt an ihren Arm.

Wieder den Blick auf ihre Mutter gerichtet, liefen ihr wieder Tränen über die Wangen.

Dabei war der Fluss für einen kurzen Moment verebbt gewesen.

Ruhelos wirkte ihr Körper und ihre Schultern erzitterten zum erneuten Male.

Sie biss sich auf ihre Lippen.
 

“Gomen nasai, Ka-san...”
 

Sie wisperte diese Worte und legte die Scherbe an ihre blasse Haut. Mit der scharfen Seite fuhr sie sich von der linken Schulter über den Oberarm herab, vor dem Ellenbogen hielt sie an. Die Scherbe fiel zu Boden. Blut sickerte aus der Wunde und lief langsam über die blasse Haut...
 

Sie spürte keinen Schmerz.

Es tat nicht weh.

Ein Glücksgefühl durchströmte ihren Körper.

Eine Erleichterung machte sich in ihr breit.

Leider wusste sie nicht, dass durch die in diesem Moment in ihrem Körper ausgeschütteten Endorphine, so genannte Glückshormone, den Schmerz unterdrückten.
 

Einige Blutflecken tropften auf das am Boden liegende Bild.

Genau unter die Augen ihrer Mutter und liefen dort weiter hinab.

Es sah aus, als weinte ihre Mutter blutige Tränen...
 

Aber Hinata bemerkte dies nicht. Sie hatte sich selber verletzt.

Scham stieg in ihr auf. Und Angst auf die Folgen.

Was würde passieren, wenn ihr Vater davon wüsste?

Wenn er davon erfahren würde?

Würde er sie vielleicht wieder bestrafen?

Oder würde er sie anders behandeln?

Der Streit zwischen ihrer Mitschülerin und dem Vater war dadurch ja auch wieder geschlichtet worden.

Aber ihr Vater war anders. Sicher würde er wieder sauer sein.
 

Zitternd legte sie ihre Hand auf den blutigen Schnitt. Die Wunde pochte leicht und brannte ein wenig. Aber sie spürte es nicht wirklich.

Warum machte sie sich eigentlich noch so viele Gedanken darüber, was ihr Vater davon hielt?

Schließlich hatte er zu allem, was sie machte, etwas auszusetzen.

Sie schloss ihre Augen und weitere Tränen liefen ihr über die Wange.
 

Es war doch egal...

Sie war doch eh jedem egal...

Den anderen würde es auch egal sein, wenn sie sich nun geritzt hatte.

So wie alles andere ihnen egal war.

Sie schluchzte leise, krallte ihre Nägel tiefer ins Fleisch.

Jetzt schmerzte es, aber nicht so sehr wie ihr Herz.

Sie war allen sowieso egal.

Welche Erkenntnis dies doch war. Am liebsten hätte sie diese nicht gehabt.

Erneut schluchzte sie, während das Blut durch ihre Finger zähflüssig durchsickerte.

Nun war alles egal.
 

Hätte sie gewusst, dass dieser erste Schnitt ihr Leben noch mehr zerstörte, dieses noch mehr bestimmte und sie abhängig machte, dann hätte sie diesen niemals gesetzt…



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (17)
[1] [2]
/ 2

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Sumino
2010-09-24T17:43:50+00:00 24.09.2010 19:43
ich habe echt geheuelt als hinata sich mit ihren vater gestriten hat und ihr das gasagt hat T-T
Von:  Kokorokizu
2010-09-12T10:30:06+00:00 12.09.2010 12:30
Toll beschrieben, wirklich.
Man kann sich richtig in die arme Hinata hinein versetzen. Richtig emotionsvoll. Wie sie verzweifelt ist. Sie kann einem Leid tun. Obwohl sie unschuldig ist, macht sie sich Vorwürfe und wird von ihrem Vater gehasst.
Von:  Spielzeugkaiser
2010-09-05T20:27:03+00:00 05.09.2010 22:27
Es ist wirklich beeindruckend wie gut du dieses Thema rüberbringst.
Du beschreibst Hinatas Leid perfekt, aber trotzdem ist es nicht irgendwie überzogen, zu viel oder gar kitsch.

Außerdem schreibst du es genau so, das es zu ihrem Charakter passt.
Ihre Geschichte wird erzählt und niemand wundert sich mehr, es scheint also nicht aus der Luft gegriffen, das mag ich^^

Was mir immer wieder aufgefallen ist, sind die Wiederholungen.
(Damit meine ich die gewollten, die, die als Stilmittel benutzt werden.)
Das hast du echt auf dem Kasten, das kann ich dir sagen =)
So einfach ist das wirklich nicht, es passiert ziemlich schnell dass das Ganze dadurch langweilig und monoton wird, aber du setzt sie immer genau richtig ein^^
(in diesem Kapitel war es glaube ich vor allem das Wort 'Niemand' das so oft aufgetaucht ist, und es hat gepasst!)

In diesem Sinne:
Schönes erstes Kapitel^^
Von:  Maso-Panda
2010-08-28T22:00:22+00:00 29.08.2010 00:00
Tolles Kappi
Ich konnte Hinas beweggründe echt gut nachvollziehen da ich schon des öfteren mit sowas konfrontiert wurde
echt toll geschildert
Von: abgemeldet
2010-06-30T12:43:15+00:00 30.06.2010 14:43
Wie toll *-*
tut mir leid wenn ich das alles erst jetzt lese *-*
wahaha *-* ich muss sofort das nächste lesen *-*
<3 LG
Von: abgemeldet
2010-05-29T19:53:26+00:00 29.05.2010 21:53
echt cool das kapp. sorry hab nie zeit gehabt da sich es lese..werde auch versuchn das nexte kapp. zu lesen ^^
die gefühle sind sehr gut rüber gekomme, und dein schreibstil ist ja auch super klasse =o
lq.
Hony
Von:  Knuddel-chin
2010-05-17T14:28:32+00:00 17.05.2010 16:28
Hey,
das Kapitel ist richtig gut geschrieben,
ich mein, man kann so richtig mit Hinata mitfühlen
mich hat so ein leichtes Zittern gepackt, als ich das gelesen hab... einfach nur ... wah...
ich weiß nicht, was ich hier noch schreiben soll, außer das es verdammt gut geschrieben ist
...
ich würd sagen, bis zum nächsten Pitel

liebe Grüße
Knuddel-chin
Von:  TyKa
2010-05-15T22:37:45+00:00 16.05.2010 00:37
oh man ..
das geht einem echt an die substanz
wer sowas nicht lesen kann oder sich nicht vorstellen mag sollte es unterlassen ...
aber es ist auch ein tolles kapitel in der hinsicht
nachzudenken über die dinge die hinata mit sich macht
die gründe, die gefühle, einfach alles was damit zu tun hat ...
und man mus sbei diesem kapitel schwer schlucken

aber ich bin beeindruckt von deiner art udn weise
die sachen zu be- und umschreiben und darzustellen
so kann man das sehr gut lesen
auch wenn das thema heikel ist und ich eigentlich nicht schreiben möchte
dass es "gut" ist
damit meine ich einfach deine art und weise WIE du diese FF schreibst
ich denke du weißt ja wie ich es meine
*schmunzel*

mach weiter so
vielen dank für die ens
und die fortsetzung

lg
TyKa
Von:  rikku1987
2010-05-10T17:08:53+00:00 10.05.2010 19:08
schluchz heul,schnief ( mit zittrigen händen zu favos nimmt)
Von:  FreakyFrosch1000
2010-05-10T10:44:26+00:00 10.05.2010 12:44
OMG!!!!
die arme Hinata!!"schnief"
ich hasse ihren Vater!! wie kann ein Mensch nur so sein??
bis zum nächsten Kapitel :)
Lg freakyfrosch


Zurück