Zum Inhalt der Seite

Jaded

{MadaIta}
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

As Time Goes By

As Time Goes By

Untertitel: Ausflüge und Ausflüchte
 

War nicht einfach, nach dem Heile-Welt-Szenario wieder einzusetzen, ich hoffe mal, ich habe es geschafft. Natürlich nicht ohne Unterstützung, denn „As Time Goes By“ von Herman Hupfield aus 1931, das auch der großartige Frank Sinatra in seinen Fingern hatte, wurde mir von Flecki49 zugespielt :) Allein schon, weil die Idee nicht von mir war, fühlte ich mich verpflichtet, den OS nicht so schleifen zu lassen.

Enjoy!
 

„Ich befürchte, er könnte eine Lernschwäche haben.“

Itachi hatte es geschafft, sich in eine bizarre Situation zu manövrieren, und er wusste nicht mal, wie. Also drückte er sich nur den Hörer seines schnurlosen Telefons gegen die Ohrmuschel und versuchte, einen Arm in seinen zweiten Jackenärmel zu schieben. Es war jetzt wärmer draußen, definitiv Frühling, aber er hatte sich angewöhnt, etwas über seinem Pullover zu tragen.

„Ist es schlimm?“

Verhaltenes Zögern am anderen Ende der Leitung, während Itachi verbissen mit seinem Ärmel kämpfte.

„Er hat die Aufnahmeprüfung der Grundschule nicht bestanden.“

Itachi schnaufte ärgerlich und wusste nicht, ob er damit den Ärmel meinte oder die Antwort. Er hatte das nicht gemeint, er hatte gefragt, ob es schlimm war. Minderwertigkeitsgefühle oder depressive Phasen. Derlei unbedeutende Details, denen kleine Jungen gelegentlich anheimfielen.

„Was macht ihr jetzt?“

„Ich weiß nicht. Wir versuchen, eine andere Schule mit ähnlichem Standard zu finden. Solange soll er möglichst außer Haus sein, damit er es nicht so mitbekommt.“

Itachi brummte, was nach Zustimmung klang. Eigentlich hatte er sich nur mit dem Arm verheddert. Schließlich klemmte er sich den Hörer zwischen Schulter und Ohr und versuchte, von dort aus in den Ärmel zu kommen. Es konnte gar nicht sein, dass er einen Wachstumsschub gehabt hatte, dazu war er zu alt…

War Schweigen so ermutigend? Anko wartete auf ihn, und sie tolerierte immer nur einen Makel. Itachis Makel war bereits sein langsames Bedienen einer zu komplizierten Kaffeemaschine, wenn Unpünktlichkeit dazukam, würde sie das nicht so einfach hinnehmen.

„Es ist natürlich schwierig, man kann ihn nicht allein losschicken. Ich hatte da-“

Itachi hatte seinen Arm in den Ärmel geschoben, ein kalter Schauer rann seinen Rücken hinab und schien sich in seinem Magen zu einem Klumpen zu zementieren. Hatte er einfließen lassen, dass er lernen musste, dass seine Prüfungen anstanden? Dass er einen Job hatte, um den er sich zu kümmern hatte? Aber dann würde sie fragen, warum das nötig war, wenn seine Eltern doch übereingekommen waren, dass sie die Kosten für sein Studium und die entsprechende Logis trugen und er es später zurückzahlen konnte, wenn er es denn unbedingt wollte, weil er ein solcher Pedant war…

Sie hatte den Moment gehört, ganz sicher. Sie wusste, wenn er sich anbieten wollte, auf seinen kleinen Halbbruder aufzupassen, hätte er zumindest eine Andeutung gemacht. Wenigstens einen Tag lang. Weil Itachi noch nie eine Prüfung vermasselt hatte.

Sie hatte weitergeredet, und in diesem egoistischen Augenblick bereute Itachi sein Schweigen nicht. Sie interessierte sich nicht für ihn, oder? Instrumentalisierte sie ihn so, wie jede Frau es angeblich tat? Oder war er nur der selbstsüchtige Störfaktor, der ständig wollte, dass sich alles um ihn drehte und Dinge wie Familienzusammenführungen deshalb kategorisch ablehnte?

„… im Zoo. Er mag seinen früheren Kindergärtner ganz gern, vielleicht befreit ihn das von einem Teil des Drucks. Magst du mitkommen?“

„Ich muss arbeiten“, erwiderte Itachi steif und knotete seine Schuhe zu, den Hörer immer noch zwischen Ohr und Schulter. Sein Ohr wurde taub, das war Druck. Nicht… das da. Hätte man für ihn auch so einen Affenzirkus gemacht?

„Hast du keine Mittagspause oder so?“

„Ich werde sehen, was sich machen lässt.“

„Wäre schön. Ich schicke dir eine Mail mit dem Programm.“

Programm. Also bitte. Es wurde lächerlich. Und Itachi wusste mittlerweile, dass er zu spät kam.

„Musst du jetzt los?“

„Ja. Wiederhören, Mikoto.“
 

A sigh is still (just) a sigh

The fundamental things apply

As time goes by
 

Natürlich ärgerte Anko sich über ihn, das hatte Itachi nicht anders erwartet. Es war nicht gerade der ideale Ausgangspunkt, um sie um etwas zu bitten, das mit weniger Arbeit zu tun hatte.

Es war erst Mai, doch Anko trug Bermudas und ein Band-Shirt. Sie wirkte jünger so, obwohl sie gelegentlich darüber scherzte, dass ihr Busen nicht richtig in Form war. Ihre Beine waren es jedenfalls, sie hatte immer noch die strammen Waden einer Fußballerin.

„Klingt ja ganz abgefahren“, brummte sie trocken und blickte Itachi skeptisch an, während sie ihre Finger über die Tasten und Hebel der Kaffeemaschine fliegen ließ, ohne überhaupt hinsehen zu müssen.

„Ich wusste immer, dass du den Job nur genommen hast, weil du’n Sorgerecht haben wolltest. Gereicht hat’s ja nicht.“

Sie führten dieses Gespräch etappenweise, weil einer von ihnen bis dahin wieder etwas zu tun bekommen hatte. Es verhinderte zumindest, dass Itachi sich gereizt fühlen konnte, bis sie beide wieder da waren, hatte er ihre Taktlosigkeit halb vergessen.

„Es ist nicht mein Sohn.“

„Sondern?“

„Halbbruder.“

Anko musterte ihn gründlicher als ein Nacktscanner. Auf eine abartige Weise machte es Itachi nichts aus, er erwiderte ihre Aufmerksamkeit kühl.

Schließlich grunzte sie zog in betont proletenhafter Art die Nase hoch.

„Da muss deine Mutter sich ja ganz schön angestrengt haben.“

„Woher willst du wissen, dass meine Mutter es war?“

Itachi gelang es, eine neutrale Miene zu behalten. Er wusste, dass Anko ihn reizen wollte, doch das war es gar nicht so. Ein boshafter Stich von schlechtem Gewissen bohrte sich unter seiner Weste in seine Rippen. Er hatte heute vermutlich schon dasselbe gedacht, mehrmals, als Mikoto ihn so unerwartet angerufen hatte.

„Bloß Mütter stellen solche Forderungen“, murmelte Anko gleichgültig und drückte ihm kalte Gläser mit Eiskaffee in die Hand, dann wandte sie sich ab. Sie hatte ihr Portemonnaie schon halb von ihrem Gürtel gepflückt, als sie wieder aufsah.

„Wird nichts. Du siehst ja, was hier los ist, und ich steh‘ nicht drauf, den Laden allein zu schmeißen. Du hast gesagt, du machst, also machst du.“

Sie war ungerecht. Er opferte drei Mal in der Woche seine Mittagspause, um von der Universität hierher zu rennen, und in den anstehenden Semesterferien nicht selten ein Wochenende. Itachi wusste das, er akzeptierte es, weil er sich ohnehin distanzierte und es ihm gelegen kam, wenn er für andere keine Zeit hatte. Seit Kisame ihn besucht hatte, war das Thema Sexualität nie wieder angesprochen worden.

Anko wischte mit einer schwungvollen Bewegung den verstreuten Kristallzucker von der Arbeitsfläche, wobei sie Itachi warnend im Blick behielt.

„Kannst ja gehen, wenn es dir nicht passt“, fügte sie ohne Wimpernzucken hinzu und lächelte automatisch, als jemand etwas bestellte, was Itachi nicht genauer verstand. Anko beherrschte im Gegensatz zu ihm ein professionelles Lächeln.

Nein, er konnte nicht einfach gehen. Aus mehreren Gründen nicht. Itachi biss die Zähne zusammen und kam sich feige vor.

„Kannst sie ja hierher einladen.“

Grandioser Ersatz, übrigens.
 

Als Itachi sich später zu Hause das ‚Programm‘ ansah, das Mikoto ihm geschickt hatte, seufzte er leise. Sie hatte wirklich nichts unversucht gelassen, um Sasuke immer und überall beschäftigt zu halten, eine Beschäftigungstherapie vom Feinsten. Und so hatte sie auch die Betreuer in sorgfältige Reihenfolge gebracht. Sämtliche Mitglieder ihrer neuen Familie, zu denen sie irgendwie Vertrauen hatte – Itachi kannte nicht mal alle Namen – schienen eingeplant zu sein, und trotzdem reichte es nicht, also hatte sie für einen Tag wirklich diesen Kindergärtner engagiert. Der war sicher begeistert. Bezahlte Mikoto ihn eigentlich dafür? Das erklärte, warum sie Itachi einspannte, der kostete wenigstens nichts.

Missmutig betrachtete Itachi die Tabelle auf dem Bildschirm. Der Vormittag des fraglichen Tages war mit einem Zoobesuch belegt, wie er es schon wusste, der Nachmittag mit einem Bummel. Das war vermutlich das Problem, kleine Jungs bummelten nicht, das langweilte sie. Aber wenn Itachi sich den Rest des Ablenkungsprogramms ansah, konnte er Mikotos Ringen allmählich verstehen – es gab fast nichts, wohin Sasuke noch nicht geschleift worden war, Kino, Schwimmbad, Museum, Ponyreiten, Vergnügungspark, sogar zum Yoga. Das Deprimierende daran war, dass er all das wohl mit Erwachsenen absolviert hatte, damit ihn kein altersmäßig Nahestehender an sein Versagen erinnerte.

Itachi druckte den Plan aus und schaltete den Computer ab. Ohne das Brummen des Rechners war es seltsam still in der Wohnung, bloß der Wasserhahn tropfte gelegentlich vor sich hin.

War es ein Grund für Eifersucht? Vielleicht verschaffte es ihm ja geheime Befriedigung, diese Probleme zu sehen, andere Menschen zu vernachlässigen. Vielleicht war er so kaputt, und ein Masochist obendrein. Er vermisste jemanden, der ihn nicht ernst nahm, der seine Wünsche einfach überging.

Es musste ja nicht unbedingt Madara sein, aber jemand, der diese Anforderungen erfüllte. Und zwar alle beide.

Morgen war es dann also.
 

Woman needs man - and man must have his mate

That no one can deny
 

An diesem Tag – es war ein Samstag – ließ Itachi seine Kellnerkluft im Schrank. Er hatte das weiße Hemd ordentlich gebügelt und den lose sitzenden Knopf an seiner Weste wieder festgenäht.

Was zog man an, wenn man Fremde traf? Itachi machte sich Gedanken, bis er sich schlichtweg entschloss, sich so nüchtern und geschlossen zu kleiden wie sonst, und er nahm etwas mit, was nach scharfem Rasierwasser und Rohheit roch.

Itachi war gut vorbereitet. Er hatte das ausgedruckte Programm, dessen Zeiten er im Kopf behielt, einen Stadtplan, sein U-Bahn-Monatsticket, eine Flasche halbstilles Wasser, Stifte und Papier und ein paar Süßigkeiten, von denen er nicht wusste, ob sie für seine Nerven waren oder für Sasukes. Mikoto hatte ihm nicht gesagt, was der Junge gern aß, wahrscheinlich weil sie ihm nicht unterstellen wollte, dass er so wenig über ihn wusste. Tatsächlich war es aber so. Diese Familie war Spießrutenlauf genug, wie sollte er denn da darauf achten, was Kinder alles in sich hineinstopften…

Also gut, was auch immer. Gegen zwei würde die Bespaßungseskorte den Zoo verlassen und dann essen gehen, und was dann war, oblag der Fantasie. Da allmählich sämtliche Unterhaltung abgearbeitet war, die irgendwie kinderfreundlich war, würde es gar nicht so leicht sein, da etwas zu finden, und Kreativität war nicht Itachis Stärke. Er ging größtenteils davon aus, dass der designierte Betreuer sich etwas ausgedacht hatte.

Dennoch stellte er fest, dass er unruhig war. Itachi sah den meisten Dingen mit stoischer Unbewegtheit entgegen, als gingen sie ihn nichts an. In gewisser Weise empfand er auch so, als er an der Bushaltestelle auf die kleine Ausflugstruppe wartete. Im Grunde ging es ihn nicht viel an. Es war, als würde er jemanden vom Flughafen abholen und hätte sein Pappschild mit dem Namen vergessen.

Trotzdem sah er auf die Betonplatten unter sich, als der Linienbus hielt und Menschen hinein und hinaus strömten. Doch er sah keine kleinen Jungen und auch niemanden, der nach Kindergärtner aussah.

Großartig, jetzt verspäteten sie sich auch noch. Oder hatten sie sich verirrt? Itachi holte den ausgedruckten Plan hervor und glättete ihn. Nein, es war jetzt zehn nach zwei, das Mittagessen war angesetzt. Und möglichst kein Junkfood, das war für den Körper eines Heranwachsenden ganz schlecht.

Itachi blickte auf und sah sich um. Der Bus war wieder abgefahren, und sein Halbbruder stand auf der anderen Straßenseite und starrte diesem schmutziggrünen Ding nach, während er anscheinend darauf wartete, dass die Fußgängerampel auf Grün umsprang.

Itachis erster Gedanke war, dass der Junge zerrupft aussah. Man hatte ihn offenbar vorhin vom Arm abgesetzt, denn sein Pullover war etwas hochgerutscht. Er hatte einen Rucksack über der Schulter und hielt den Gurt sicherheitshalber mit einer Hand fest, seine Mutter hatte ihn wohl zur Vorsicht gemahnt.

Die andere Hand umklammerte den Zeigefinger eines Mannes, des Mannes, der ihn vorhin getragen hatte und außer Atem wirkte.

Eine Frau beugte sich herunter und zog Sasukes Pullover herunter und stopfte den Saum bei der Gelegenheit in den Hosenbund, wo er, kleine Jungen kennend, sicherlich keine zehn Minuten bleiben würde.

Itachi kannte die beiden Erwachsenen nicht, auch wenn kein Zweifel bestand, dass sie Sasukes Betreuer waren. Doch er war vielmehr davon gebannt, wie sehr sie wie eine junge Familie wirkten; wie Sasuke den Zeigefinger des Mannes festhielt und die Frau die Kleidung des Jungen ordnete. Altersmäßig hätten die beiden es bestimmt geschafft, Sasukes Eltern zu sein, und sie hatten beide schwarzes Haar. Fraglos hatte sie im Zoo jeder für eine Familie auf einem samstäglichen Ausflug gehalten.

Die Ampel zeigte Grün. Der Mann sortierte daraufhin seinen menschlichen Schützling und die Frau ihren tierischen. Zu Itachis gereizter Faszination zog sie ein dickes rosa Zwergschwein an einer roten Leine hinter sich her.

Es war doch hoffentlich nicht zu spät, umzukehren und seinen Arbeitstag noch wahrzunehmen, oder…

Es war in dem Moment zu spät, als Sasuke ihn ebenfalls entdeckte. Zwar gab der Junge nicht die typischen Anzeichen von Erkennen von sich – kein Lächeln, Winken oder Quieken – aber der Mann, der mutmaßlich sein Kindergärtner war, schien Itachi trotzdem geübt auszufiltern und änderte den Kurs.

„Hi.“

Bevor Itachi sich versah, streckte der Mann die Hand aus. Er war eine hochgewachsene, normale Erscheinung und schlaksigen Gliedern und langem, schwarzem Haar, das in seinem Nacken zu einem unordentlichen Zopf zusammengefasst war. Er hatte einen gewöhnlichen Teint und war nicht umwerfend attraktiv, da seine Lippen für einen Mann zu voll waren und die Proportionen seines sonst eher schmalen Gesichts durcheinander brachten, doch er wirkte resolut und sympathisch, schwer zu verunsichern.

Itachi ergriff die Hand und verzog tapfer nicht die Miene, als sie zusammengedrückt wurde.

„Du bist Itachi?“, erkundigte der Kindergärtner sich und hielt sich nicht damit auf, ob Itachi geduzt werden wollte. Zu viel Berufsgefühl in diesem Menschen, der laut Mikotos Anleitung Izuna hieß.

Itachi nickte mehr oder minder überzeugt und ließ seinen Blick fragend zu der Frau schweifen, die nicht Teil des Programms war. Sie war etwas älter als Itachi und zierlich, ihr Haar war kurz und der Pony modisch um das hübsche Gesicht drapiert. Sie trug ein geblümtes Kleid mit Bolero und wirkte mehr wie jemand, der vorgehabt hatte, auf ein Date zu gehen. Vielleicht war das auch so, und sie hatte nur das Pech, dass ihr Freund nicht Nein sagen konnte. Nur seit wann nahm man Schweine mit auf seine Dates?

Die Frau lächelte entwaffnend und bot ihm ebenfalls die Hand an. Itachis Wortkargheit schien sie nicht sonderlich zu stören.

„Fein! Ich bin Shizune, freut mich. Ich bin eigentlich mit in den Zoo gekommen, um dort Fotos zu machen. Hast du etwas dagegen, wenn ich mich anschließe?“

Itachi hatte nicht angedacht, das abzulehnen, obwohl er wirklich nicht damit gerechnet hatte, dass diese Gruppe um ihm fremde Personen und Tiere erweitert wurde. Er fragte sich noch, ob Shizune ihm nur ihren Vornamen genannt hatte und wie er sie ansprechen sollte, als er Sasukes Blick auffing.

Er wurde jetzt bald fünf, oder? Oder war er erst vier geworden? Alt genug, um Prüfungen zu bekommen. Er war ungewöhnlich reserviert für ein Kind seines Alters, Izunas Hand hatte er immer noch nicht losgelassen. Itachi sah seine Befürchtung, Shizune könnte mit ihrem putzigen Ausstattungstier weggehen und ihn weiter ans Alleinsein mit seinem merkwürdigen Relikt von Bruder rücken, der von ihnen beiden die älteren Rechte hatte und offensichtlich nicht wusste, was er mit denen sollte. Und Itachi für seinen Teil wollte auch nicht mit diesem Kind allein sein, das er so wenig wiederkannte und sicher das nächste Mal auch nicht wiedererkennen würde. So sah die Realität aus.

Itachi musste zu Izuna aufschauen, doch es kam ihm leichter vor, als Sasukes unterschwellige Beunruhigung zu erwidern.

„Sicher, warum nicht.“
 

On that you can rely

No matter what the future brings

As time goes by
 

Essen war kaum besser, wirklich.

Junkfood war von vornherein verboten, und allein die Anwesenheit dieses Schweins – es hieß Tonton, wie Shizune strahlend verkündete – machte es unmöglich, irgendeine Art von Fleisch zu essen, ohne die junge Frau in ihrer Vegetarierehre zu kränken und Sasuke angeekelt die Lippen zusammenkneifen zu lassen. Das tat er allerdings auch, wenn man ihm anbot, ein Eis essen zu gehen. Er mochte kein Eis. Welches Kind mochte kein Eis?!

Itachi hatte wenig Verständnis für diese kleine Kreatur. Elenderweise war er der einzige Ortskundige, weshalb Sasukes Garde selbstverständlich von ihm erwartete, dass er irgendeine Art von Lokal kannte, die zu empfehlen war. Und das tat Itachi nicht, zu Anko konnte er diese Gruppe ohnehin nicht schleppen.

Schließlich suchte er sich aus lauter Verzweiflung das seltsame Restaurant aus, das Madara und er mit Hashirama und Mito besucht hatten. Freilich kein besonders glücklicher Ort, aber wenigstens erinnerte sich hier keiner an ihn.

Shizune bestand darauf, Fotos von ihnen zu machen, und sie zeigte auch die Fotos vom Zoo. Dafür benutzte sie eine Digitalkamera mit relativ großem Display, und offenbar hatte sie sich Mühe gegeben.

Itachi hatte sich die Bilder mit blanker Miene angesehen. Sasuke sah dort besser aus als jetzt, was kein solches Wunder war – er war müde und musste sich ausruhen. Ob seine Stimmung danach besser war, konnte Itachi auch nicht sagen. Denn sie kamen ja nicht wirklich zum Ausruhen.

Dass sämtliche Lebensmittel hier irgendeinen süßen Unterton hatten, war Itachi bereits bekannt, doch für ihn war das kein Problem. Für Sasuke offenbar schon, denn er weigerte sich, irgendetwas zu essen und zog die Nase kraus, sobald man darauf bestand.

Für Itachi war es eine Geduldsprobe, er war kleine Diven nicht gewohnt. Izuna stellte sich geschickter an, er schien sich nicht mal zu wundern. Kindergärtner waren offenbar ein eigenartiger Menschenschlag.

Izuna und Shizune waren offenbar ein Paar, das war beim Betrachten der Fotos nicht weiter schwer festzustellen. Shizune schaltete zwar verlegen darüber hinweg, doch Itachi entgingen die typischen Bilder von händchenhaltenden, umarmenden und/oder küssenden Menschen nicht. Sasuke war in solchen Fotos allenfalls im Hintergrund, vermutlich hatten sie nur fotografiert, wenn sie ihn außer Sichtweite wussten. Itachi hätte ohne Weiteres geglaubt, dass Mikoto auch eine Etikette aufgestellt hatte, die besagte, dass ein Paar sich nicht wie eines zu verhalten hatte.

Was sie nun miteinander anfangen sollten, fragte Itachi sich. Und der Blick von Sasukes dunklen Murmelaugen schien dasselbe zu fragen, während er das Ende von Izunas Zopf in der Faust hielt wie eine Rettungsleine.

Und nein, er wollte nichts essen.
 

You must remember this

A kiss is still a kiss
 

Nach diesem Essen war Itachi ziemlich überzeugt, dass er es nicht durchstehen würde, wenn er diesen Jungen einen ganzen Nachmittag unterhalten sollte. Irgendeine Beschäftigung musste her, dringend, sonst würde diese Art von peinlichem Schweigen eintreten, die unweigerlich zu Gereiztheit und Wortgewalt führte.

Izuna schien seine Meinung zu teilen, doch es kostete die Aufbietung von Shizunes ganzem Charme, um Sasuke von seinem vertrauten Anker loszueisen und ihn vor ein Reiterdenkmal zu stellen, wo er Tonton auf den Schoß nahm und ernsthaft in die Kamera starrte. Er wirkte wie zerdrückt, und Itachi wusste nicht, ob es an der vermasselten Prüfung lag oder an der Lawine, die dieses Ereignis losgetreten hatte.

Dann wandte er sich wieder dem Stadtplan zu, den er entfaltet hatte. Izuna fuhr stirnrunzelnd eine Straße mit dem Zeigefinger nach. Er hatte schöne, lange Finger, und die konzentrierte Miene stand ihm auf eigenartige Weise. Schade, dass er schon eine Freundin hatte.

Itachi schüttelte den Kopf und vertiefte sich wieder in den Plan.

„Hat er denn wirklich jeden Film schon gesehen?“

„Nein, aber er findet Kinderfilme lächerlich, und in etwas Anderes darf er nicht rein“, brummte Izuna, ohne aufzusehen. Itachi wunderte sich nicht mehr, dass der Kindergärtner Sasuke besser kannte als er, in manchen Bereichen vielleicht sogar besser als Mikoto ihn kannte. Sasuke war nicht chronisch anhänglich, doch Izuna schien er zu mögen. Er gehorchte zumindest dessen Anweisungen und hörte ihm zu. Und er hielt sich an ihm fest, obwohl Sasuke an sich nicht klammerte, und hin und wieder entlockte Izuna ihm sogar ein kurzes, immer noch ernsthaftes Lächeln.

Itachi versuchte sich zu erinnern, ob es immer so gewesen war.

„Was ist mit Kegeln?“

Itachi wusste, dass der Vorschlag dämlich war, eine Bowlingkugel war definitiv zu groß für Sasuke. Er war allmählich mit seinem Latein am Ende, das war alles. Echter Sport kam nicht in Frage, weil Sasuke schon müde war und nicht richtig hatte essen wollen (Shizune hatte mit größerem Nachdruck einen Salat gefunden, den sie ihm aufnötigte, doch davon lebten Kinder auch nicht), und dann war Kino plötzlich tabu und alles Andere war auch schon… Es war zum Auswachsen.

Izuna faltete den Stadtplan wieder zusammen, seine gerade Nase kräuselte sich etwas.

„Wir könnten auf den Spielplatz gehen, wie man es mit Kindern macht. Bolzen gehen. Aber wenn ich das tue…“

Aus seiner Stimme sprach weniger Angst als vielmehr Resignation. Über diesen verhexten Samstag, über sein eigenes Verhalten oder Mikotos, über die Pädagogik oder über irgendwas, was er nicht verriet. Einen Moment lang schien er etwas Anderes zu sehen als einen verdrossenen kleinen Jungen mit einem zappelnden Schwein auf dem Schoß.

„Hör mal…“

Izuna verlagerte das Gewicht und schürzte seine glatten Lippen. Er schien etwas sagen zu wollen, und Itachis Magen zog sich vor Nervosität zusammen. Es war nur ein weiterer fremder Mensch, dessen Meinung ihm egal sein konnte. Und er wollte es nicht wissen, wirklich. Wenn es irgendeine Art von Problem in Sasukes Familie gab, dann wollte er davon gar nicht erst erfahren.

Aber es kam nicht dazu, dass Izuna irgendetwas sagte, denn seine weichen Gesichtszüge erstarrten von einer Sekunde auf die Nächste.

„Madara…“

Itachi wirbelte herum, aus Reflex presste er sich die Hand auf die Brust, als hätte er sich erschrocken. Nun, er hatte sich auch erschrocken, und er hatte das Gefühl, wenn er jetzt den Mund aufmachte, würde jeder Ton eine Oktave zu hoch sein.

Madara sah keinen von ihnen beiden an, auch wenn Itachi tausend Dinge gleichzeitig einfielen. Es war nicht warm genug für ein T-Shirt, wo kam dieser Idiot eigentlich her, wie sollte er das erklären, und warum hatte sein Herz es gewagt, einen Satz zu machen. Die Lage war gleichzeitig peinlich und ersehnt.

Madara blickte an ihnen vorbei, es raschelte.

„Die Schweinelady!“

Shizune schaute auf und grinste zum ersten Mal an diesem Tag.

„Wir kennen uns, oder?“
 

Moonlight and love songs - never out of date

Hearts full of passion - jealousy and hate
 

Rot-orange und weiße Freesien in einem unscheinbaren, weißen Papier. Sie dufteten hypnotisch, und sie zeigten auf Shizune.

„Sind die für mich?“

Eines musste man Madara lassen, er zuckte nicht mit der Wimper, und erst bedachte er Tonton ausführlich mit einem indignierten Blick, bevor er sich um irgendetwas Anderes kümmerte. Itachi hatte das Gefühl, dass er nie erfahren würde, für wen die Blumen gewesen waren, und sie standen Shizune gut, die sie mit einem breiten Lächeln in Empfang nahm und den Strauß Schnittblumen in ihre Armbeuge legte. Sie hatte nur scherzhaft gefragt, doch die Ausflucht war geglückt.

Izunas Erstarrung hatte sich gelöst, als hätte es sie nie gegeben. Lässig hakte er seine Daumen in die Hosentaschen und musterte Madara schweigend. Itachi hatte nicht vergessen, dass Izuna den anderen erkannt hatte. Kurios, Madara war sonst nicht der Typ, der ausgerechnet Kindergärtner befreundete.

„Hi.“

Izuna verlagerte das Gewicht aufs andere Bein. Sasuke ging wieder hinter ihm in Deckung, er schien von dem hochgewachsenen Fremden nicht begeistert zu sein. Allerdings war er momentan von gar nichts begeistert.

„Ihr kennt euch auch?“, fragte Itachi schließlich und betonte das letzte Wort beinahe ironisch.

Madara schmunzelte; er wirkte irgendwie überdreht, als hätte er einen Adrenalinschub hinter sich und wäre noch nicht wieder ganz klar. Itachis Magen verdrehte sich nervös, er presste seine Zunge nach oben, als wollte er sie davon abhalten, Worte zu formen.

War nicht so gemeint. Du bist auch schuld. Ich bin nicht feige. Du bist feige, du bist ja abgehauen. Aber so lange solltest du nicht wegbleiben. Woher kennst du Shizune. Woher kennst du Izuna. Warum hast du mich überhaupt blamiert. Kommst du jetzt zurück.

„Klar. Deine Mutter ist 'ne Schlampe.“

Izuna nahm Madaras Beleidigung gelassen hin, mit einem hintergründigen Lächeln.

„Ich weiß. Deine auch. Sie lutscht-“

„Nicht vor Sasuke“, unterbrach Itachi ihn, weil er das Gefühl hatte, dass es kein anderer sagen würde. Sein Mund war trocken, und sein Herz schlug immer noch heftig.

Sasuke indes sah aus, als fände er zum ersten Mal heute ein Gespräch interessant. Mikoto würde ihnen die Köpfe abreißen.

Shizune schien die Wandlung ihres Freundes auch nicht zu verstehen, doch sie zückte mechanisch ihre Digitalkamera und machte ein Foto von ihnen.

„Kommst du mit?“, fragte Izuna angelegentlich, ohne seinen Blick von der im Sonnenlicht blitzenden Linse abzuwenden. Madara brummte, was vermutlich als eine Art Zustimmung galt.

„Wenn du dich benimmst.“

Auch Itachi konnte seine bereits eingenommene Stellung nicht verändern, auch wenn er ein störendes Kribbeln im Nacken spürte und es ihn reizte, über die Haut zu reiben.

„Was meinst du, warum ich allein gekommen bin“, erwiderte Madara, und Itachi wusste, was er meinte. Er gab sich geschlagen.

„Und, was machen wir jetzt?“

Shizune war wieder hinter ihrer Kamera aufgetaucht und lächelte ihnen hoffnungsvoll zu, als würde sie erwarten, dass jetzt der große Clou kam.

Madara zuckte mit den Schultern.

„Paintball.“
 

And when two lovers woo

They still say: "I love you"
 

Unnötig zu sagen, Itachi war nicht einverstanden. Nicht einverstanden damit, das auf einer Promenade zu diskutieren, und nicht damit, dass der Vorschlag von Madara kam. Und mit dem Vorschlag an sich sowieso nicht.

Sasuke blickte zwischen ihnen hin und her. Vermutlich wusste er nicht, was Paintball war, aber viel offensichtlicher war er es gewohnt, dass man über seinen Kopf hinweg über rätselhafte Dinge redete und ihm dann das Ergebnis mitteilte. Sicherheitshalber war er wieder an Izunas Zeigefinger vor Anker gegangen und wartete schicksalsergeben ab, was man sich ausdachte.

Shizune schien ebenfalls ihre Zweifel zu haben.

„Das ist doch gar nicht erlaubt, Sasuke ist viel zu klein. Und das Spiel viel zu gewalttätig, das könnte seine Psyche beeinflussen“, hielt sie dagegen. Sie meinte es gut, und Itachi stimmte ihr zu, allerdings begann auch sie völlig natürlich, über Sasuke so zu reden, als sei er gar nicht anwesend.

Izuna schwieg mit schwer deutbarer Miene, sodass Shizune sich an ihn wandte und in einem nachdrücklicheren Ton hinzufügte: „Izzy, sag‘ auch was dazu.“

Madara schnaubte, was vermutlich seine Reaktion auf ‚Izzy‘ war und anbei noch das löbliche Vermeiden eines Grinsens.

„Uns fällt nichts mehr ein“, murmelte Izuna schließlich und erntete eine empörte Miene ganz für sich allein. Das Paar schien daraufhin in ein stilles Duell überzugehen, wie es offensichtlich nur Paare von Anfang an konnten, und ließ die Diskussion solange stehen.

„Wer ist der Zwerg überhaupt?“

Madara deutete auf Sasuke, der gleichgültig zu ihm hochstarrte. Itachi war sich nicht sicher, ob er angesprochen war, doch von den anderen beiden würde eh keiner so schnell reagieren, bis sie ihr Kräftemessen nicht ausgestanden hatten.

„Sasuke. Mein Halbbruder.“

„So was hast du“, grunzte Madara schnippisch.

„Ich weiß, dass ich’s dir nicht gesagt habe.“

Itachi wich dem Ausdruck von Überraschung aus, der ohnehin zu kurz währte, um sich lange daran zu erbauen. Er wusste nicht viel über Madara, aber der wusste auch nicht viel über ihn. Sie nahmen sich nichts.

„Unpädagogisch!“, trumpfte Shizune auf und drückte Tonton an ihre relativ flache Brust, als wollte sie ihr Hausschwein vor dem schädlichen Einfluss schützen und nicht Sasuke.

„Wir könnten VIP spielen“, warf Madara ein, und Itachi hatte das Gefühl, dass er es… für Izuna aussprach, damit dieser sich nicht den Ärger einhandelte. Er hatte keine Ahnung, warum er auf solche Interpretationen kam, doch aus irgendeinem Grund funktionierten die beiden scheinbar mit demselben Mechanismus. Wie Geräte, die dieselbe Art Batterie benutzten, ohne sich dabei ähnlich zu sein.

„Du willst mich nur mit Fachjargon verwirren“, schmetterte Shizune mürrisch ab.

„Der Hosenscheißer will aber“, beharrte Madara grinsend. Izuna musterte ihn trocken.

„Ein Flachwichser wie du nennt meine Schüler nicht Hosenscheißer, sonst sorge ich dafür, dass du nicht mal mehr wi-“

„Izuna!“, fuhr Shizune ihn an, mechanisch schaute sie sich um, ob einer der Passanten auf sie aufmerksam geworden war.

Madara stöhnte unterdrückt auf.

„Deine Freundin ist langweilig“, knurrte er, jedoch so leise, dass ihn Shizune wahrscheinlich nicht hörte. Izuna hörte ihn durchaus, allerdings bedankte der sich auch mit einem ruppigen Schlag der flachen Hand in Madaras Nacken. Wobei er es irgendwie schaffte, das raue Haar schnell genug beiseite zu schieben, um ein sattes Klatschen zu erzeugen.

„Fang‘ nicht davon an. Mito war langweilig.“

„Ich weiß.“

Madara rieb sich die sich rötende Haut im Nacken und kniff die Augen zu.

„Tja. Schätze, ich stehe einfach auf Langweiler.“
 

Ja, sie gingen. Letztendlich.

Shizune war dagegen, aber Itachi setzte sich durch, indem er die Verantwortung übernahm. Er war nicht Sklave einer Äußerung, hoffentlich; er hatte das Gefühl, dass wenn Mikoto so sehr darauf bestand, Sasuke das Programm für Große durchlaufen zu lassen, er es ihrem Sohn schuldig war, ihn auch genau das erleben zu lassen.

Madara wusste, wo sich eine Anlage befand, und der Weg dorthin war nicht weiter kompliziert. Doch von einem ganz elementaren Problem erlöste sie das nicht: Sasuke war einfach zu jung. Abgesehen von den schweren Schäden an seiner Psyche, die Shizune ihnen leuchtend ausmalte, war er einfach zu jung, zu klein. Niemand würde ihm überhaupt erlauben, dass er das Gelände betrat, vom Teilnehmen ganz zu schweigen.

Wenigstens die erste Hürde ließ sich umgehen, indem sie sich ausführlich mit dem Betreiber der Paintball-Anlage auseinandersetzten. Shizune bestand darauf, dass sie Tonton nicht draußen anbinden konnte, und irgendjemand musste auf die Sau aufpassen, und man konnte einen kleinen Jungen nicht draußen stehen lassen… In diesem Fall kam es ihnen wohl zugute, dass Izuna und Shizune so frappierend wie Sasukes Eltern wirkten. Dem Quengeln einer Fusion aus Mutter und Tierhalterin konnte niemand lange Paroli bieten, und irgendwann, in ein paar Jahren, würde Sasuke sicher auch mal herkommen. Das mit der Werbung zog sich ja immer.

Itachis Herz schlug dennoch bis zum Hals, als sie den kleinen Schuppen betraten, indem Helme, Markierer und sonstige Ausrüstung gelagert wurde. Es sah ganz so aus, als wollte der ältliche Wächter zumindest hier die Oberhand behalten, damit die ‚Jungs‘ nicht mit den Markierern herumfuchtelten und die Helme richtig anlegten.

Itachi behielt seinen Halbbruder argwöhnisch im Auge, während er ungelenk in die ihm etwas zu großen Handschuhe schlüpfte. Sasuke beobachtete sie alle äußerst ernsthaft, das Ende von Tonton roter Leine in beiden Händen. Es war nicht zu erkennen, ob er Angst vor ihnen hatte.

Ging dieser Farbmist aus der Kleidung wieder raus? Itachi hatte nicht vorgehabt, sich seine Sachen heute zu ruinieren!

Der Wächter kontrollierte mürrisch den Sitz der Helme und händigte ihnen dann die geladenen Markierer aus, um ihnen dann möglichst unbegreiflich deren Anwendung zu erklären und sie krächzend zu ermahnen, dass er jeden abknallen würde, der seinen Helm während des Spiels abnahm.

Madara murmelte irgendetwas von einem alten Sackgesicht mit anatomischen Mängeln, und Sasuke sah konzentriert weg, wie jemand, der allzu genau lauschte. Da waren sie schon wieder allein.

Itachi seufzte leise und sah Izuna dabei zu, wie dieser Neoprenbinden in einen Helm stopfte, damit dieser auf Sasukes kleineren Kopf passte. Shizune beobachtete ihn ebenfalls, äußerst zweifelnd. Mit demselben Ausdruck hatte der Mann vorhin ihr geblümtes Kleid bedacht, und so Unrecht hatte er da nicht mal.

„Ich finde das immer noch nicht richtig.“

„Es soll ja niemand ihn treffen. Das ist der Sinn der Sache.“

Madara hatte einen Knieschoner gefunden, den er Sasuke wie eine Schulterplatte auflegte und festzurrte. Schien eher, als wollte jemand den Jungen zum Eishockey schicken.

„Er ist der VIP, und er muss ungetroffen die Fahne erreichen. Und möglichst auch ohne bemerkt zu werden…“, ergänzte Izuna und setzte Sasuke den Helm auf. Er saß etwas schief, und Itachi begann sich ernstlich zu wundern, ob er hier nicht eine soziale Katastrophe einläutete.

Aber Sasuke hatte nicht protestiert. Vielleicht war er es gar nicht mehr gewohnt, dass ihn jemand nach seiner Meinung fragte.

Shizune wog ihren Markierer zweifelnd in der Hand und fuhr über die Laufsocke, die ein vorzeitiges Auslösen des Schusses verhinderte.

„Vier gegen einen. Klingt fair.“

„Dann gibt es wohl eine Schutzmannschaft“, murmelte Itachi leise.

„Wir knallen euch ab und ihr knallt uns ab, damit wir nicht den Zwerg abknallen. Das ist fair“, bestimmte Madara achselzuckend und Izuna musterte ihn schief.

„Wer hat bestimmt, dass du Angreifer bist?“

„Ich beschütze keinen abgebrochenen Meter, Izzy.“

Shizune verschränkte die Arme. Mit ihrem Helm, dem geblümten Kleid und dem Markierer in einer Hand wirkte sie keineswegs so drollig, wie man meinen sollte.

„Ich bin im Team, das auf dich schießt.“

Itachi musste sich wundern, wie Madara es immer so schnell schaffte, sich Frauen zum Feind zu machen.

Izuna stieß ihn an. Er grinste, scheinbar grundlos.

„Und du?“

Itachi blickte Madara absichtlich nicht an. Izuna sollte in einem Team mit seiner Freundin sein, sie waren überhaupt viel sanfter und hatten sich den ganzen Tag mit Sasuke beschäftigt, auch wenn das mit Sicherheit nicht zu jeder Zeit einfach war. Jemand, der dafür sorgte, dass dieser Junge keine blauen Flecken bekam, sollte jemand sein, der sich wirklich Gedanken um ihn machte.

Itachi machte sich Gedanken, aber waren es denn die Richtigen?

„Zu den Verteidigern. Zu Sasuke“, formte er langsam.

Izuna grinste breiter und klopfte ihm auf die Schulter.

„Besser so. Brüder sollten in einem Team sein.“
 

It’s still the same old story

A fight for love and glory

A case of do or die
 

Sie schmuggelten Sasuke auf eines der Felder, indem Shizune ihn mit ihrem Rock abschirmte und ihn so schnell wie möglich hinter einem Hindernis versteckte. Tonton hatte der Junge weiterhin auf dem Arm – irgendwohin musste das Vieh ja.

Die beiden Teams hatten zugestimmt, an verschiedenen, möglichst entgegengesetzten Punkten zu starten. Ein künstlicher Parcours bot Deckung, doch die kleine Fahne, der Zielpunkt, lag verheerend offen.

Itachi hasste diesen Helm jetzt schon, er drückte, und das Visier war nicht ordentlich gereinigt worden. Er drückte den Markierer gegen die Brust und blickte sich um; Shizune hatte ihn vorgeschickt, weil er weniger auffällig gekleidet war. Widersprechen konnte man ihr da nicht.

„Ich wette, sie warten in der Nähe der Fahne“, brummte Shizune und nahm unbeholfen die Waffe in den Anschlag. Da sie hinter Sasuke ging, schien ihr das Gewissensbisse zu bereiten, und sie senkte sie meist gleich wieder. Er war immer noch still und bewegte sich leise.

„In dem Fall müssen wir sie zuerst markieren.“

„Ich kann nicht gut zielen…“

„Schieß, so oft du kannst.“

Shizune schnaufte zustimmend, es klang blechern durch den Helm. Itachi konnte nicht widerstehen.

„Woher kennst du Madara?“

„Aus dem Zug. Die große Klappe vergisst man nicht so schnell.“

Shizune schwieg kurz und fügte hinzu: „Seine Chauvinisten-Attitüde muss nicht sein. Ich sollte ihm auf den Arsch schießen. Tut mir leid, Sasuke!“

Durch die Entschuldigung hatte sie erst recht die Aufmerksamkeit des Kindes angezogen, falls er es nicht eh gehört hatte. Itachi seufzte.

In diesem Moment löste sich ein Schuss. Tonton kreischte auf und wand sich aus Sasukes Armen, um panisch grunzend davonzupreschen.

„Jetzt! Auf die Sau!“
 

The world will always welcome lovers

As time goes by
 

Sasuke stürzte ohne zu Überlegen hinter dem fliehenden Tonton her, und auch Shizune war so alarmiert durch den Ausruf, dass sie ihr verängstigtes Haustier retten wollte. Sie raffte ihr Kleid und setzte den beiden nach, kleine Farbkugeln summten durch die Luft.

Itachi hätte gewettet, dass es Madaras Kugel war, die Tonton traf, grüne Farbe spritzte über den dicklichen rosa Körper. Zu schaden schien es dem Schwein nicht, aber es quiekte gellend und wechselte die Richtung, wobei es die Leine hinter sich herschleifte.

Shizune nahm sich, ob absichtlich oder nicht, Itachis Rat zu Herzen und feuerte auf die erste Ahnung von schwarzem Haar, das sie entdeckte.

Itachi konnte ihr nicht folgen. War vielleicht eine Falle, ihm ganz egal, er versuchte, seinen Halbbruder einzuholen, der in Windeseile über das Gelände flitzte und dabei Haken schlug. Farbgeschosse schlugen ein, spritzten jedoch nur vereinzelt auf ihn, ohne ihn direkt zu treffen.

Der Junge stolperte und fiel, sein Helm saß jetzt noch schiefer.

Doch das einzige, was Itachi von ihm hörte, war: „Scheiße!“

In diesem Moment entdeckte Itachi jemanden. Er achtete nicht darauf, wer es war, es war jedenfalls nicht Shizune, das Kleid hätte er erkannt. Blitzschnell hob er den Markierer und zielte auf die Silhouette, die ihrerseits Sasuke ins Visier genommen hatte. Trat einen Schritt zurück, um den anderen absolut sicher zu treffen.

Und strauchelte. Weil dieses… Schwein hinter ihm war und sich geduckt hatte.

Itachis Schuss löste sich, ohne irgendwas außer leerer Luft zu treffen, und er landete auf dem Hosenboden, sein Markierer schlitterte aus seiner Hand und über das spärlich mit Gras bewachsene Gelände.

Knurrend rappelte er sich wieder auf und rannte weiter, hinter Sasuke her, der der Fahne nun hoffnungsvoll nahe kam. Itachi holte ihn endlich ein, der Helm des Jungen war noch weiter verrutscht, und er keuchte.

Sasukes Finger berührten die Fahnenstange, und ein grüner Fleck breitete sich auf Itachis Hemdbrust aus, wo er Sasuke hätte treffen sollen. Er riss sich den Helm vom Kopf, trotz der scharfen Anweisung, gerade das nicht zu tun, wenn noch nicht jeder wusste, dass das Spiel vorbei war.

„Du dreckiges Arschloch, so kommst du nicht davon!“

Und wie sich herausstellte, konnte Sasuke definitiv keine Lernschwäche haben, wenn er sich jeden einzelnen Fluch dieses Tages in chronologischer Reihenfolge und entsprechender Betonung gemerkt hatte.

Das Leben konnte ja so scheiße gut sein.
 

fin



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (4)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Al
2011-03-15T12:11:23+00:00 15.03.2011 13:11
Oh Gott, Sasuke tut mir leid!!!
Das arme, arme Kind!!!
Das grenzt in meinen Augen schon an missbrauch... klingt hart, ist aber so.
Ist ja nicht so, als hätten selbst kleine Kinder schon einen eigenen Willen, eigene Wünsche, ach was, das wird völlig überbewertet -.-
Izunas erscheinen ist interessant. Mit seinem auftauchen hab ich nicht gerechnet ^^
Anscheinend haben Madara und Izuna nicht das beste Verhältnis... und sind wohl wie Feuer und Wasser. Bin schon sehr gespannt, auf nähere Erläuterungen diesbezüglich.
Ich hoffe doch sehr, dass das Verhältnis zwischen Sasuke und Itachi sich noch bessert. Itachi soll sich nicht so anstellen!!! Sasuke braucht ihn.
Itachi muss Sasuke retten!!! Aus den Klauen dieser verrückten Mutter!
Ich denke, Itachi würde Sasuke auch gut tun...
Auf jeden Fall war das mal wieder ein suuuuuuuuper Kapitel.
Freu mich schon auf das nächste ^^
Von:  Toybox
2011-03-05T13:50:17+00:00 05.03.2011 14:50
Das tut einen irgendwie im Herz weh wenn Itachi sich so wenig für Sasuke interessiert, aber ich denke (wenn es ne Vorsetzung gibts ) das sie sich schon aneinander gewöhnen xD

Izzy hört sich echt toll an :D
Von:  mangacrack
2011-03-03T11:30:27+00:00 03.03.2011 12:30
Ha, Madara wird sich freuen, wenn er erst so richtig merkt, dass er jetzt jemanden hat, den er negativ beeinflussen darf. Vielleicht vermutet er, dass man Sasuke in so einer spießigen Famile, die schon Itachi hervorgebracht hat, nicht sich selbst überlassen sollte. Denn es muss ja seine Anwesenheit und sein Einfluss sein, wenn Sasuke Flüche von sich gibt.
Itachi wird sich schon noch an seinen kleinen Bruder gewöhnen.
Madara scheint mit seinem recht wenig Probleme zu haben, das Izzy hat einen schon fast liebevollen Klang.
Nur mit Itachi muss er sich jetzt wieder vertragen.

mangacrack
Von:  Flecki49
2011-03-03T09:35:19+00:00 03.03.2011 10:35
So, jetzt krieg ich sogar den ersten Kommentar- Vollkommen übermüdet, ich hoffe, ich hab alles richtig mitgekriegt.
Wunderschön^^
Sasuke ist so süß, und ertut mir so leid. das ist glaub ihc so der Fall von wegen kind wird nicht gefragt was es machen will hauptsache unterhaltungsprogramm- ob ihn das langweilt ist schnuppe.
Ich hoffe Itachi und Madara kriegen ihn wieder hin- bin ich egtl fest von überzeugt xD
Außerdem, Madara, vonwegen, "So was hast du"- du hast Ita ja selbst auch net gesagt das du ein Brüderchen hast! Also echt mal^^
Sehr schön, ich freu mich schon auf die Fortsetzung, sollte mir noch ein Lied einfallen, werd ichs dir vorschlagen.
Weiter so!
*Schokokekse dalass*
Lg, Flecki^^


Zurück