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Hinter Gittern

Der Gazette-Knast
von

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Kapitel 5

Als ich erwachte, fühlte ich mich irgendwie gut. Ob es daran lag, dass ich mich nun so gut mit Reita verstand? Vielleicht. Oder weil ich eine Nacht hatte, die völlig traumlos und entspannend gewesen war.

Es gab nur eine dunkle Wolke, die diesen Tag trübte. Ich würde Ruki gleich beim Frühstück sehen. Ich hatte keine Ahnung, wie ich mich ihm gegenüber verhalten sollte.

Ich verdrängte diesen Gedanken erstmal und zog mich an. Ich weckte Flitti vorsichtig und gemeinsam gingen wir zum Bad.

„Wie war's bei Reita?“, wollte sie gleich wissen.

„Ist alles okay. Ich hab mich bei ihm entschuldigt und er sich bei mir und dann hab ich ihn einfach mal geküsst.“, erzählte ich und konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen.

„Ist ja wunderbar. Aber mit Aoi geht’s mal überhaupt nicht. Er wollte sich gestern bei mir entschuldigen. Ich wollte die Lügen nicht mehr hören. Als ob der von allein auf die Idee kommen würde, sich bei mir zu entschuldigen.“ Sie klang ziemlich mürrisch.

„Und selbst wenn nicht. Er hat den Mut aufgebracht, zu dir zu kommen. Vielleicht hat er es doch ernst gemeint.“, mutmaßte ich.

„Blödsinn. Er ist und bleibt ein Arschloch.“, schloss sie.

In dem Gang vor dem Bad herrschte reges Treiben. Kai, Reita, Ruki und Aoi standen mit Handtüchern um die Schultern an die Wand gelehnt und warteten.

„Boah, die Schwuchtel kann sich ruhig mal beeilen.“, meckerte Ruki. Alle schienen ziemlich genervt zu sein, weil Barbie das Bad blockierte.

„Guten Morgen.“, sagte Flitti gleichgültig. Als sie Kai ansah, lächelte sie jedoch.

Die Jungs drehten sich zu uns um. Aois Blick wurde etwas traurig, Ruki wandte sich gleich wieder ab, Kai grinste und Reita lächelte mir zu. Ich erwiderte es leicht. Mein Blick fiel natürlich auch auf Ruki, der stur auf die verschlossene Badtür sah. Ich sah kurz Reita an, bevor ich mit Flitti in unserem Bad verschwand.

„Das kann ja heiter werden.“, stellte ich fest.

„Au ja. Aber das nur wegen Aoi und Ruki. Das kotzt mich an.“

Flitti ging duschen, während ich Zähne putzte. Dann war ich dran.

„Ich weiß gar nicht, wie ich das durchhalten soll mit Ruki. Ich werde ihn sicher jeden Tag sehen. Und bei dir wird es mit Aoi nicht anders sein.“, sagte ich, während ich mich abtrocknete.

„Vielleicht sollten wir sie einfach ignorieren. Mich wundert es schon, dass du so leichtfertig damit umgehst. Immerhin wurdest du vergewaltigt. Andere wären zusammengebrochen und könnten einem Mann, geschweige denn dem Vergewaltiger nie mehr in die Augen sehen.“, meinte Flitti.

„Ich hab keine Ahnung, woran das liegt. Vielleicht, weil ich von den Drogen so benebelt war. Oder ich hab das alles nur noch nicht ganz verarbeitet.“, mutmaßte ich.

„Wäre möglich. Vielleicht solltest du mal zum Psychologen.“, scherzte Flitti.

„Wohl kaum. Der bohrt dann so tief, dass ich einen echten Schaden bekommen.“, lachte ich. Es war eigentlich eine ernste Angelegenheit, aber trotzdem blödelten wir rum. Es ging halt nicht anders.

Wir waren nun fertig und verließen das Bad. Kai kam ebenfalls gerade raus und Reita ging rein. Nur Aoi und Ruki warteten noch. Also würden wir sie nicht gleich beim Frühstück sehen.

„Hey, Mädels. Ihr seid aber schnell.“, stellte Kai fest.

„Kannste ma sehen. Aber vielleicht ist Uruha einfach nur zu langsam.“, lachte Flitti.

„Der brauch so lange, wie wir restlichen vier zusammen.“, meinte Kai.

Gemeinsam gingen wir in die Küche. Kai warf Brötchen in den Ofen und ich deckte mit Flitti den Tisch. Noch waren wir bei bester Laune. Und als Reita in die Küche kam, machte mein Herz einen kleinen Hüpfer.

„Hi, ihr. Alles klar?“, fragte er. Seine Haare hingen ihm ins Gesicht. Sie waren noch nass vom duschen. Boah, wie konnte man nur so geil nach dem Duschen aussehen?

„Noch.“, meinte Flitti.

„Immer noch nichts klar mit Aoi?“, wollte Reita wissen.

„Gar nichts. Und wenn es nach mir ginge, würde da auch nichts mehr klar werden.“, grummelte sie.

„Warum gibst du ihm nicht mal eine Chance, damit ihr euch wenigstens nicht mehr in den Haaren habt?“, fragte Kai.

„Ich sehe keinen Vorteil darin für mich.“

„Aber für uns.“

„Und der wäre?“

„Keine Streitereien mehr.“, sagte eine andere Stimme. Es war Aoi.

„Ich will nicht mit dir reden, also lass mich endlich in Ruhe.“, ging Flitti ihn an.

Etwas eingeschüchtert setzte sich Aoi an den Tisch. Jetzt sagte er nichts mehr.

Kai machte noch Kaffee und dann kamen auch Uruha und Ruki. Uruha war sicher noch mal in seinem Zimmer gewesen.

Alle nahmen Platz. Ich achtete darauf, dass ich nicht mal in der Nähe von Ruki saß.

Mir fiel auf, dass das das erste mal war, wo wir alle zusammen am Tisch saßen. Vorher hatte immer einer gefehlt.

Das Essen verlief fast schweigend. Es war schon angenehm so. Und ich musste nur wenig darauf achten, Ruki nicht anzusehen.

Jedoch merkte man deutlich die Spannung am Tisch. Aoi, der Flitti heimlich beobachtete und einen betrübten Blick drauf hatte, Flitti, die lieber etwas mit Kai übers Kochen redete und alle anderen gleich mal komplett ignorierte. Ich schaute ab und zu mal zu Reita, der mich scheinbar öfter zu beobachten schien. Immer wieder tauschten wir ein kleines Lächeln aus. Aber mehr auch nicht.

Nach einer halben Stunde waren wir endlich fertig. Flitti und ich halfen Kai noch beim Aufräumen. Die anderen Jungs waren schon weg. Auf einmal stand Fujiwara-san in der Tür.

„Flitti? Ich habe heute eine Aufgabe für dich. Und für euch natürlich auch.“, sagte er. „Also Flitti. Du musst heute mal auf das Dach. Dort muss was repariert werden.“

„Super. Warum macht das nicht einer der Jungs?“, fragte sie genervt.

„Weil ich in deiner Akte gelesen hab, dass du handwerklich begabt bist.“

„Dreck. Ja, das stimmt.“, gab sie zu.

„Na also. Am besten gehst du dir was Arbeitstaugliches anziehen und dann kommst du raus vor die Haupttür.“, schloss Fujiwara-san. Flitti ging dann gleich mal. „So und jetzt zu euch. Sai, du gehst heute in den Garten. Dort muss Unkraut gejätet werden und das Laub sammelt sich auch schon ziemlich an.“

„Aber der Garten ist so riesig.“, sagte ich.

„Du machst das ja nicht allein. Ich werde nachher einen der Jungs noch zuteilen.“, lenkte er ein. „Kai, du musst heute das Mittagessen allein machen. Ich hab hier ein Rezept, dass du mal ausprobieren sollst.“

Der Wärter gab Kai einen Zettel und dieser las ihn. Dann nickte er.

Ich ging aus der Küche und traf Flitti auf dem Weg.

„Und? Was musst du machen?“, fragte sie mich.

„Ich darf in den Garten und Unkraut jäten.“, sagte ich.

„Boah und ich mach so ne Scheiße. Und das noch allein.“

„Glaub ich nicht. Mir wird auch noch einer der Jungs zugeteilt. Ich denke nicht, dass du das allein machen musst. Aber Kai bekommst du nicht. Der macht heut ein spezielles Mittag.“

„Na super. Dann krauch ich sicher nachher mit Barbie auf dem Dach rum.“

„Oder mit einem der Junkies.“, sagte ich sarkastisch.

Flitti ging in Richtung des Haupteinganges und ich in unser Zimmer. Dort zog ich mir eine kurze Hose und ein weites T-Shirt an, um mich dann auf zum Garten zu machen. Fujiwara-san hatte nicht gesagt, wo ich denn einen Eimer oder andere Gartengeräte herbekam. Egal.

Ich betrat den Garten und am Teich lagen schon Geräte. Super. Und Eimer standen auch da.

Ich schnappte mir einen davon und eine kleine Hacke. Dann sah ich mich um. Wo sollte ich nur anfangen? Der Garten war so groß… Ich würde einfach an der Tür anfangen.

Neben der Tür war ein kleines Beet mit Sträuchern. Und einer Menge Unkraut. Hier würde ich anfangen. Ich hockte mich mit dem Rücken zur Tür hin und fing an mit hacken. Diese Arbeit war stupide, eintönig und so dermaßen schlecht für meinen Rücken, aber egal. Besser, als den ganzen Tag nichts zu tun.

Als ich schon die Hälfte sauber hatte, hörte ich ein Geräusch hinter mir. Ich drehte meinen Kopf und sah Reita.

„Was machst du hier? Sag nicht, dass du mit mir Unkraut jäten sollst.“, sagte ich staunend.

„Ich soll eigentlich erst die Bäume beschneiden. Aber danach helfe ich dir beim Unkraut.“, meinte er und zeigte mir die Baumschere, die er in der Hand hatte. Dann ging er zum ersten Baum. Dort legte er los.

Ich machte das Beet fertig und ging dann zum nächsten. Es war warm und man kam schnell ins schwitzen. Reita musste es ähnlich gehen, denn nach dem fünften Baum zog er auf einmal sein Shirt aus. Mir stockte der Atem, denn ich hatte ihn genau in diesem Moment beobachtet.

Ich schaute schnell weg. Dieser Körper… Ich schüttelte den Kopf. Durfte ich so was denken? Verdammt. Ich würde sicher heute Nacht von diesem geilen Körper träumen…

Ich arbeitete stur weiter vor mich hin und schaute ihn nicht wieder an. Zumindest versuchte ich das.

„Soll ich mal was zu Trinken holen?“, fragte er auf einmal. Mist, er stand hinter mir. Das spürte ich genau.

Statt mich umzudrehen, nickte ich nur.

„Willst du Wasser oder was anderes?“

„Wasser…“, sagte ich. Auf einmal spürte ich wie trocken mein Mund schon geworden war.

„Gut, bis gleich dann.“ Reita ging.

Ich atmete auf. Seine Gegenwart machte mich ziemlich kirre. Das war nie so bei einem Kerl gewesen. Okay, ich war auch nie wirklich verknallt gewesen. Moment. Verknallt? War ich etwa in Reita verliebt? Ich verdrängte diesen Gedanken. Doch er kam immer wieder zurück. Der Kuss… Das war nicht einfach nur so ein Kuss. Das musste was zu bedeuten haben.

„Bist du schon fertig mit dem Beet?“, kam es auf einmal von hinten. Reita war wieder da.

Ich schreckte rum und sah ihn mit großen Augen an. Doch mein Blick war nicht auf sein Gesicht gerichtet. Ich starrte ja seinen Körper förmlich an. Ich wurde rot und schaute schnell weg.

„N-Nein…“, sagte ich.

„Hier ist dein Wasser.“, sagte Reita und gab mir die Flasche.

Ich nahm sie dankend entgegen.

„Was ist mit dir los? Du bist etwas rot im Gesicht. Du hast bestimmt zu lange in der Sonne gearbeitet.“ Reita hockte sich neben mich und legte eine Hand auf meine Stirn. Durch die Wasserflasche ist sie angenehm kühl. Ich sah ihn an.

„Alles okay…“, meinte ich und drehte meinen Kopf weg, um so seiner Hand zu entgleiten. Ich öffnete die Wasserflasche und trank gierig einen Schluck. Die Pulle stellte ich neben mir auf den Boden und arbeitete dann weiter.

Reita stand wieder auf. Ich spürte seinen Blick eine Weile auf mir ruhen, bevor er wieder zu den Bäumen ging.

Nach einer halben Stunde hatte ich die Beete im vorderen Teil fertig. Also machte ich mich auf in Richtung des Teiches. Ich ging so nah ran, dass ich fast reinfallen könnte und hockte mich wieder hin. Vorsichtig sammelte ich die Blätter vom Teich. Ich hatte das Gefühl, dass mich der kleinste Lufthauch in das Wasser pusten könnte.

„Fall bloß nicht rein.“, hörte ich Reita hinter mir. Damit hatte ich nicht gerechnet. Als ich mich zu ihm umdrehen wollte, rutschte mein Fuß weg und ich fiel nach hinten.

„Shit!“, rief ich und landete mit einem Platschen im Wasser. Das Wasser war ungefähr einen halben Meter tief, sodass ich in sitzender Position komplett nass war.

Reita schaute mich erschrocken an und fing dann an mit feiern. Er lachte so laut und derbe, dass er sich den Bauch hielt und ihm die Tränen kamen.

Ich fand das nicht so lustig. Wütend stand ich auf und stieg aus dem Wasser. Ich trat gegen den Eimer, sodass dieser durch den halben Garten flog und gegen einen Baum knallte. Reita bekam sich scheinbar wieder langsam ein, aber er lachte immer noch. Dann verließ ich diese grüne Todesfalle.

Bei jedem Schritt, den ich machte, platschte es. Ich stapfte erstmal zu meinem Zimmer, wo ich mir neue Sachen nahm. Dann ging ich zum Bad.

Verdammter Scheißdreck. So was musste auch immer mir passieren. Aber ich war jetzt ziemlich sauer auf Reita. Statt sich einen abzufeiern, hätte er mir auch aus dem Wasser helfen können. Aber nein. Lassen wir die Tussi lieber im schlammigen Wasser sitzen, dass vielleicht mal vierzehn Grad Celsius hatte. Ist ja egal!

Ich knallte die Tür des Bades zu und zog mich aus. Wieder stopfte ich die Sachen in die Waschmaschine und stellte mich anschließend unter den Duschkopf. Ich drehte das Wasser auf und spülte den ganzen Dreck weg. Meine Haare waren ebenfalls nass geworden und so haute ich ordentlich Shampoo drauf.

Nach fast 20 Minuten war ich fertig mit Duschen und stieg raus. Ich rubbelte mich trocken und schlüpfte in die neuen Sachen. Nachdem ich meine Haare gekämmt hatte, verließ ich das Bad.

Was soll ich jetzt machen? Ich geh sicher nicht wieder in den Garten, wo Reita mich wieder auslachen kann.

Außerdem verspürte ich Hunger. Vielleicht durfte ich Kai heute endlich mal in der Küche zur Hand gehen.

Also machte ich mich auf den Weg in die Küche…
 

Flitti war wie gesagt vorn zum Haupteingang gekommen, wo sie eine Leiter an die Hauswand gelehnt vorfand. Daneben standen Holzlatten, Nägel und anderes Werkzeug. Ohne viel zu überlegen, schnappte sie sich ein paar Latten und stieg die Leiter hoch. Als sie über die Dachkante spähte, blieb ihr fast der Atem stehen.

„Das kann doch nicht wahr sein.“, sagte sie, während sie die restlichen Sprossen erklomm.

„Flitti.“ Auf dem Dach saß Aoi. Er trug unverkennbar Arbeitskleidung und sah darin trotzdem unverschämt gut aus.

„Sag nicht, dass ich mit dir das Dach reparieren soll.“, murrte sie.

„Sieht so aus.“, gab er tonlos zurück.

Seit Flitti ihn so derbe abgewiesen hatte, kam ihr Aoi nicht mehr so machohaft und überheblich vor. Eher eingeschüchtert und still.

„Dann habe ich wohl keine andere Wahl. Geh runter und reich mir die restlichen Latten hoch, die wir brauchen.“

Ohne ein weiteres Wort stand Aoi auf und stieg wieder die Leiter runter. Flitti ging zum Rand des Daches und legte sich hin, damit sie die Latte entgegennehmen konnte. Als alle Latten oben waren, warf Aoi die verschlossene Schachtel mit Nägeln hoch und die Werkzeugkiste brachte er so mit hoch.

Flitti suchte erstmal eine kaputte Stelle im Dach. Als sie eine fand, riss sie die verrottete Latte ab und legte eine neue hin. Sie nagelte sie fest.

Aoi half ihr dabei und sie wechselten sich ab mit dem festnageln. Alles in allem war es ziemlich harmonisch und still.

In der Mitte des Daches war nun alles wieder okay und Flitti ging zum Rand des Daches. Aoi folgte ihr. Dabei achtete sie nicht richtig auf die Fläche unter ihr. Auf einmal brach sie ein. Sie schrie vor Schreck auf, als die morschen Bretter unter ihren Füßen wegbrachen.

„Flitti!“, rief Aoi und griff nach ihrem Arm.

Sie hing mitten im Dach und nur Aoi hielt sie.

„Hilf mir!“, schrie sie und strampelte mit den Beinen, um Halt zu finden.

Aoi schnappte sich auch noch ihren zweiten Arm. So zog er sie hoch. Dabei legte er sich nach hinten und zog sie auf sich drauf. So wurde das Gewicht nicht auf einen Punkt konzentriert und sie brachen nicht noch ein zweites Mal ein.

Flitti war aus dem Dach raus und lag nun zitternd auf Aoi. Ihre Hände hatte sie in seine Schultern gekrallt. Aoi hatte seine Arme um sie gelegt und hielt sie ganz fest. Er spürte ihr Zittern und dass sie leicht weinte. Tröstend strich er über ihren Kopf.

„Beruhige dich. Es ist alles okay. Es ist nichts passiert. Du bist in Sicherheit.“

Sie beruhigte sich leicht und ihr Griff entspannte sich. Nach ein paar Minuten richtete sie sich auf und stieg von Aoi runter. Ihre Tränen wischte sie schnell weg.

„Warum hast du mich nicht einfach fallen gelassen?“, wollte Flitti dann wissen.

„Was? Warum sollte ich dich loslassen?“

„Weil du mich hasst und ich nur total abweisend zu dir bin, obwohl du dich bei mir zu entschuldigen versucht hast.“

„Flitti, ich… Ich habe eingesehen, dass ich dich mag. Ich verstehe es ehrlich gesagt nicht. Nicht, nachdem wir uns immer so dermaßen angezickt hatten.“

Erstaunt sah sie Aoi an, der nun saß. „Du magst mich?“

Aoi nickte nur und sah sie dabei an. In seinem Blick lag Ehrlichkeit.

„Also… ach scheiße, was soll’s. Ich mag dich auch, Aoi und ich möchte deine Entschuldigung annehmen.“

Jetzt war Aoi mehr als erstaunt. Flitti und ihn mögen? Das hatte er sich nur eingebildet. Das war Quatsch.

„Kannst du mir verzeihen, dass ich so gemein zu dir war?“, wollte sie wissen.

„Natürlich.“ Aoi schien erleichtert.

Nachdem sie noch eine Weile gewartet hatten, arbeiteten sie weiter. Diesmal aber um einiges vorsichtiger.

Es war schon Mittagszeit und sie waren endlich fertig. Die kaputten Latten hatten sie schon nach unten geschmissen. Die fast leere Nagelschachtel folgte und den Werkzeugkoffer nahm Aoi mit runter.

Als sie endlich wieder festen Boden unter den Füßen hatten, fühlten sie sich gleich wieder besser.

„Jetzt habe ich aber wirklich Hunger.“, meinte Aoi mit einem Grinsen.

„Ich auch. Aber vorher muss ich Duschen. Die Sonne hat mich aufgeheizt und mir ist warm wie Sau.“

„Stimmt. Also ab zum Bad.“

Sie gingen wieder ins Gebäude und verabschiedeten sich erstmal kurz. Flitti holte neue Sachen aus ihrem Zimmer und ging dann zum Bad, wo sie Aoi wiedertraf.

Jeder ging in sein Bad und nach gut 20 Minuten trafen sie sich wieder im Gang.

„Boah, du duschst genauso schnell wie ich?“, stellte Aoi fest.

„Sieht so aus. Das sollte dir zu denken geben.“, grinste Flitti.

Beide gingen nun in Richtung Küche, von wo aus schon ein betörender Duft ausging…
 

Kai ließ mich ihm helfen und gemeinsam fabrizierten wir ein Mittagessen, das sogar die Jungs und Flitti umhauen wird. Ich hatte natürlich nur genau das gemacht, was Kai gesagt hatte. Aber dafür, dass ich keinen Plan vom Kochen hatte, hatte ich mich gar nicht mal so blöd angestellt. Auf jeden Fall war Kai mit mir zufrieden.

Das Essen stand auf dem Tisch und nach und nach kamen alle rein. Als erstes fand Uruha den Weg her. Er sah auch ziemlich fertig aus. Wer weiß, was er machen musste. Und auch Ruki, der danach eintraf, sah geschafft aus.

„Hm, das riecht aber gut, Kai.“, sagte Ruki.

„Das möchte ich aber auch meinen. Immerhin haben wir uns abgerackert.“, lachte Kai.

„Wir?“, wollte Ruki wissen.

„Sai und ich.“

Rukis Blick fiel auf mich. Ein leichtes Lächeln lag auf seinen Lippen und das machte mir Angst.

Als nächstes trudelten Flitti und Aoi ein. Gemeinsam. Ich dachte, ich schaute nicht richtig. Sie unterhielten sich und beide grinste immer mal wieder. Mit großen Augen starrte ich Flitti solange an, bis sie es bemerkte. Als sie mich fragend ansah, deutete ich auf Aoi und machte eine Geste des totalen Unverständnisses.

„Ich erzähle es dir nachher.“, meinte sie.

Wir setzten uns und wollten anfangen.

„Aber Reita fehlt noch.“, stellte Uruha fest. „War er bei einem von euch zugeteilt gewesen?“

„Ja.“, sagte ich nur.

„Und?“, bohrte Ruha weiter.

„Er ist im Garten.“

„Was macht er da?“

„Vermutlich die Bäume beschneiden und sich immer noch totlachen.“, sagte ich sarkastisch.

„Warum sollte er sich totlachen?“, wollte Kai wissen.

Mist. Ich hatte mich verplappert. Aber eigentlich konnte ich es auch erzählen. Wenn einer lacht, würde ich abhauen. „Ich bin beim Blätterabsammeln in den Teich gefallen. Reita hat sich schlapp gelacht und keine Anstalten gemacht, mir zu helfen.“

„Boah, wie gemein.“, meinte Kai.

Keiner lachte. Gut so.

„Das Wasser war doch sicher kalt, oder?“, wollte Flitti wissen.

„Ja und schlammig auch.“

„Siehste, ich hab deine Wäsche in der Waschmaschine gesehen. Oder diese schlammigen Teile.“

„Ich hatte Glück, dass das Wasser nicht so tief war. Sonst wäre ich da sicher nicht allein rausgekommen. Reita hatte ja keine Anstalten gemacht, mir zu helfen.“

„So ein Arsch.“, meinte Aoi. Da musste ich wirklich zustimmen.

Und auf einmal kam der Arsch auch rein. Alle sahen ihn an.

„Ist jemand gestorben?“, fragte Reita und ließ seinen Blick über alle Gesichter schweifen.

Ich sah ihn böse an und wandte mich dann dem Essen zu.

„Was is denn los?“, drängte er weiter und setzte sich dann.

Provokativ strich ich meine noch nassen Haare nach hinten. Reita sah mich an.

„Scheiße. Du bist doch wohl nicht etwa sauer, weil ich gelacht habe, oder?“, fragte er vorsichtig.

„Nein. Ach was. Ich hätte am liebsten mitgelacht, wenn ich mich nicht so tierisch erschrocken hätte!“, sagte ich sarkastisch.

„Hey, du nimmst mir das doch nicht übel.“

„Tue ich doch. Ich kann es nicht leiden, wenn man mich auslacht. Dann hätte ich auch in der Schule bleiben können.“, sagte ich, schlang noch schnell was hinter und stand dann auf. Ich brachte mein Geschirr weg und haute dann wirklich ab.

„Sai!“, rief Reita mir hinterher.

„Ich bin fertig.“, sagte ich und ging. Ich wollte mal nachsehen, wie es im Garten aussah und ob Reita wenigstens etwas richtig gemacht hatte.

Ich betrat den Garten und sah mich um. Die Bäume sahen alle ordentlich aus und Unkraut entdeckte ich keines mehr. Ich lief ein wenig weiter und sah auch, dass alle Blätter vom Teich runter waren. Reita hatte offensichtlich alles gemacht. Und ich hatte wirklich gedacht, er hätte nur noch gefeiert und sich nicht wieder eingekriegt.

Langsam schritt ich weiter bis an den Teich. Vielleicht sollte ich einfach meinen Kopf in das Wasser stecken und einfach ersaufen. Dann konnte mir alles egal sein.

Ich setzte mich im Schneidersitz vor den Teich und starrte auf das Wasser. Ich entdeckte, dass ich bei meiner Fallaktion eine Seerose aus ihrer Verankerung gerissen hatte. Ich beugte mich vorsichtig vor und zog sie raus. Traurig betrachtete ich sie.

Einfach aus ihrem Leben gerissen, ohne jede Vorwarnung. Sie war noch so schön. Ich würde mir eine große Schüssel holen und sie in unser Zimmer stellen. Vielleicht würde sie noch eine Weile halten.

Doch jetzt noch nicht. Jetzt wollte ich einfach nur hier sitzen und die Ruhe genießen. Allein. Aber ich blieb nicht lange allein. Reita war mir gefolgt.

„Sai.“, sagte er und setzte sich zu mir.

Ich drehte meinen Kopf weg.

„Hey. Es tut mir wirklich leid. Aber du hättest sicher auch gelacht, wenn mir das passiert wäre.“, meinte er.

„Schon, aber ich hätte dir zuerst geholfen und dann gelacht.“, meinte ich.

„Kann ich das irgendwie wieder gut machen?“, wollte er wissen.

„Ja, lass mich in Ruhe.“, gab ich sauer zurück.

„Sai!“, sagte er energisch und ich wandte ihm meinen Kopf zu.

Dann küsste er mich einfach. Ich ließ es mir gefallen. Das war zumindest ein guter Ausgleich für seinen Lachflash. Aber das würde sicher nicht ganz reichen.

„War's das?“, fragte ich danach. Ich tat gleichgültig, um ihm noch ein wenig Schuldgefühle zu geben.

Betrübt sah er mich an. Okay, das konnte ich nicht ertragen. Ich nahm seinen Kopf in meine Hände, beugte mich vor und küsste ihn ebenfalls. Dabei fielen wir nach hinten. Ich schrie kurz auf, weil ich mich natürlich erschreckt hatte. Dann lachte ich, als ich auf Reita saß. Erstaunt sah er mich an.

„Soll das hier jetzt heißen, du verzeihst mir?“, fragte er mich.

Ich nickte, beugte mich hinunter und verschloss seine Lippen erneut. Reitas Hand streichelte meinen Rücken. Ich genoss die Berührung irgendwie.

„Mir fällt grad ein, dass Flitti mir noch erzählen wollte, warum sie auf einmal so gut mit Aoi klarkommt.“, sagte ich und richtete mich wieder auf.

„Stimmt. Sie haben sich vorhin gar nicht belegt oder so was. Ich hatte mich schon etwas gewundert.“, meinte Reita.

„Ich werde mal zu ihr gehen. Dann kann sie es mir mal erzählen. Da muss was auf dem Dach passiert sein.“, überlegte ich.

„Sie waren auf den Dach?“

„Ja. Fujiwara-san hatte gesagt, dass sie da was reparieren sollte. Flitti hat handwerklich ganz schön was drauf. Ich hab mehr so Talent fürs Basteln.“ Ich grinste, als ich an meinen Sprengstoff denken musste.

„Ach so. Und Aoi ist dann auch ein Handwerker oder was?“, lachte Reita.

„Weiß ich nicht. Vielleicht wollte der Wärter auch nur irgendeinen Kerl mit auf dem Dach haben. Er hätte dich genauso auswählen können.“

„Hätte er nicht.“, widersprach Reita.

„Hö?“

„Er hatte uns nämlich gefragt, was wir machen wollten. Dabei erwähnte er auch Flitti auf dem Dach und dich im Garten. Ich habe gleich gesagt, dass ich in den Garten will.“

Überrascht sah ich Reita an.

„Aber als du am Anfang so komisch zu mir warst, habe ich mich irgendwie mies gefühlt. Als ob ich etwas falsch gemacht hätte.“

„Du hast dich ausgezogen.“, stellte ich trocken fest.

„Ey, mir war warm. Da zieh ich mich halt aus.“ Dann grinste er. „Hat es dich scharf gemacht?“

„Bitte? Ich höre wohl nicht richtig? Nein, aber es hat mich schon etwas verwirrt.“, meinte ich und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Ach komm. Sei ehrlich. Was hast du dabei gedacht?“, bohrte Reita.

„Dass du einen tollen Körper hast. Mehr nicht.“ Die Worte kamen mir einfach über die Lippen, ohne viel nachzudenken.

„Oho. Wie nett.“ Reita richtete sich auf und verschränkte seine Hände hinter meinem Rücken. Sein Gesicht war meinem ganz nah.

„Kannste mal sehen. Aber ich geh jetzt. Ich bin total neugierig.“, sagte ich und stieg von Reita runter. Ich hatte die Seerose noch immer in der Hand.

„Ach man. Du hättest ruhig sitzen bleiben können.“, sagte er und stand dann ebenfalls auf.

„Später mal. Jetzt will ich Flitti ausquetschen.“, sagte ich und ging mit Reita aus dem Garten. Wir kamen an der Küche vorbei, wo Kai und Flitti beim Abwaschen waren.

„Flitti? Bist du bald fertig?“, fragte ich.

Sie drehte sich zu mir um und entdeckte Reita und mich.

„Jepp. Gleich.“, meinte sie und schnappte sich den nächsten Teller. „Ist bei euch wieder alles okay?“

„Ja. Alles geklärt. Ich bin auch nicht mehr sauer. Wenn ich so ihm Nachhinein darüber nachdenke, finde ich es eigentlich auch ziemlich komisch. Sah bestimmt total bescheuert aus, wie ich da im Wasser saß.“ Ich grinste. „Hey, kann ich mal eine Schüssel haben?“

„Wofür?“, wollte Kai wissen und ich zeigte ihm die Seerose.

„Die hab ich versehentlich bei meinem Sturz abgerissen. War keine Absicht gewesen.“

„Ich geb dir eine Schüssel.“ Kai holte eine aus dem Schrank und füllte sie mit Wasser. Dann gab er sie mir vorsichtig.

„Arigatou.“, sagte ich. „Kommste dann in unser Zimmer, Flitti?“

„Klar. Bis gleich.“

Ich ging ganz langsam mit der Schüssel aus der Küche. Reita folgte mir, weil er in die gleiche Richtung wie ich musste. An seiner Tür blieb ich mit stehen.

„Bis später dann mal.“, sagte ich zu ihm und er gab mir einen Kuss.

„Bai.“, meinte er und ging in sein Zimmer.

Ich schaffte es unbeschadet in unser Zimmer und stellte dort die Schale ab. Jetzt wartete ich nur noch ungeduldig auf Flitti.

Fünf Minuten später kam sie auch schon rein.

„Und jetzt erzähl endlich.“, sagte ich ohne Umschweife.

„Ist ja gut.“, meinte sie grinsend und setzte sich auf ihr Bett. „Also. Ich war auf dem Dach und da sah ich, dass Aoi derjenige war, der mit mir das Dach reparieren sollte. Ich fand’s natürlich scheiße, aber ich habe ihn erstmal rumkommandiert. Irgendwann war ich am Rand des Daches und da bin ich eingebrochen.“

„Was? Du hast ein Loch in das Dach gemacht?“

„Ja, aber ich habe es wieder zugemacht. Interessiert es dich gar nicht, dass ich dabei hätte ziemlich tief stürzen können?“

„Doch, aber du bist ja unbeschadet hier, da ist es doch egal, was war, oder?“

„Ja, ja. Jedenfalls ergreift Aoi meine Hände und zieht mich wieder hoch. Dann liege ich erstmal eine Weile auf ihm. Seine Nähe hat mir irgendwie gut getan und ich hab mich dann wieder beruhigt.“

„Awww. Ist aber schön, dass ihr euch versteht. Streitereien sind blöd. Das hab ich bei Reita auch gemerkt. Eine Weile kann man sauer sein, aber irgendwann geht’s nicht mehr.“, stellte ich fest.

„Ach, ich hätte sicher noch eine Weile stur bleiben können.“, grinste Flitti. „Aber er hat mir ja freiwillig das Leben gerettet und das fand ich schon eine nette Geste.“

„Na dann ist gut, wenn’s gut ist.“, lachte ich.

„Übrigens wollte ich dir letztens noch was erzählen. Ich hab ein geiles Zimmer gefunden. Da steht ne Anlage und haufenweise geile CDs. Und drei PCs mit Internetanschluss auch noch.“

„Wirklich? Wie geil ist das denn? Warum hat uns eigentlich nie einer irgendetwas über die Räume hier erzählt?“, fragte ich mich.

„Keine Ahnung. Vielleicht wollten sie nicht, dass wir Spaß haben.“, mutmaßte Flitti.

„Wahrscheinlich. Das ist voll gemein. Aber dann würde ich vermutlich nur noch da drin sein. Übrigens kannst du mir den Raum mal zeigen. Wir haben ja jetzt eh nichts mehr zu tun.“, sagte ich und stand wieder auf.

„Wie wäre es, wenn du mal deine Seite aufräumst? Wir sind gerade mal zwei Tage hier und auf deiner Zimmerhälfte sieht es aus wie Sau.“, stellte Flitti fest.

Dagegen konnte ich nichts sagen. Ihre Seite war ordentlich. Bei mir lagen Sachen und diverse Bücher herum. Mein Bett war nicht gemacht und auf meinem Nachttisch sah es auch unordentlich aus.

„Später.“, winkte ich ab und ging zu Tür. Mit einem Seufzen folgte Flitti mir und wir gingen raus.

Das Zimmer war nicht mal weit weg von uns. Super. Dann konnte ich am Nachmittag wenigstens mal was Tolles machen.

Flitti öffnete die Tür und präsentierte mir stolz den Raum. Ich war wirklich erstaunt. Es waren sogar ziemlich neue PC-Modelle und die Anlage war von Pioneer. Wow. Jetzt war ich beeindruckt.

„Wahnsinn.“, sagte ich ehrfürchtig.

„Pass auf, das Geilste kommt noch.“, meinte Flitti und zeigte mir die CDs.

„Das gibt’s doch nicht.“, kam es über meine Lippen.

„Doch. Siehste ja.“, grinste Flitti und griff eine CD aus dem Stapel. Es war eine von Blutengel. Diese legte sie in den Player und drehte auf.

Dann ging sie zum PC und schaltete ihn an. Ich nahm neben ihr Platz und machte diesen ebenfalls an.

Dass es hier auch Internet gab, fand ich spitze. Ich surfte aber nur eine Weile. Dann hatte ich keinen Bock mehr. Ich wollte mich lieber entspannen und die Sofas waren ja eine direkte Einladung. Also PC wieder aus und auf das Sofa gelegt.

Ich machte es mir bequem und schloss meine Augen. Die Musik drang leise zu mir durch. Ich wurde schläfrig und pennte sogar ein…



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