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Efeu

Schlicht und Immergrün
von

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Veränderungen

Die Musik dröhnte so laut, dass er kaum seine Gedanken hören konnte. Zu allem Überfluss hatte seine kleine Schwester ihr Zimmer abgeschlossen, weswegen er leider Gottes nicht zu ihr hinein stürmen und sie zwingen konnte, die Musik leiser zu machen. Also musste er sich Rihanna anhören, sehr laut und ausgesprochen ätzend. Pubertierende Mädchen waren wirklich das Schlimmste, was einem passieren konnte. Wenn er bedachte, dass seine andere Schwester sicherlich auch bald in so eine Phase kommen würde, dann hatte er deutlich den Wunsch, sich aus dem Fenster im dritten Stock zu stürzen. Seine Rihanna- hörende Schwester hieß Katharina. Die Kleinere, die noch nicht in den unheilvollen Zustand der Pubertät gerutscht war, hieß Nathalie. Natürlich mochte er sie eigentlich. Am meisten mochte er sie, wenn sie nicht nervten. Und das kam leider selten vor. Als älterer Bruder hatte man es wirklich nicht leicht. Er hegte schon länger den Wunsch auszuziehen, nur leider Gottes konnte er sich das nicht leisten. Sonst hätte er sicherlich schon alle sieben Sachen gepackt und wäre verschwunden.
 

Er massierte entnervt seine Schläfen, schnappte sich schließlich seinen MP3- Player und setzte sich auf sein Fensterbrett. Er sollte dringend sein Zimmer aufräumen, seine Mutter würde ihm sicherlich bald aufs Dach steigen, wenn er nicht bald etwas Ordnung in das kreative Chaos brachte. Sein Zimmer war nicht sonderlich groß, daher fiel die Unordnung noch mehr auf. Seine Möbel waren wild durcheinander gewürfelt, der Schreibtisch war am ältesten und aus klapprigem Kieferholz. Darauf stand sein riesiger Monitor und die Tastatur konnte man kaum erkennen, da sie unter einem Berg Mappen und Heften begraben lag. Eigentlich hatte er Hausaufgaben machen wollen, aber die laute Musik seiner Schwester trug nicht gerade zur Steigerung seiner Konzentration bei. Sein Blick glitt über den ramponierten Kleiderschrank, an dem noch aus jüngeren Tagen Sticker von Star Wars und Pokemon klebten. Manchmal dachte er sich, dass ihm das eigentlich peinlich sein sollte, aber irgendwie wollte ihm das nie so recht gelingen. Eigentlich war ihm so gut wie gar nichts peinlich.
 

Sein Bett war wie immer ungemacht, immerhin legte er sich abends ohnehin wieder hinein. Abgesehen davon diente es auch als Sitzgelegenheit, wenn er Besuch hatte, daher war es gleich doppelt unnötig, die Bettdecke zusammen zu legen. Die Wand über seinem Bett war gepflastert mit Postern von The Offspring, den Ärzten und Nirvana. Hier und da hatte er Bilder ausgedruckt, auf denen halbnackte Frauen zu sehen waren. Dabei legte er allerdings Wert auf Ästhetik, er mochte nur schwarzweiße Bilder. Alles Andere war ihm zu pornografisch. Das Regal direkt neben seinem Schreibtisch war voll gestopft mit Ordnern, DVDs, CDs und einer Sammlung von Actionfiguren (allesamt aus Star Wars). Er entdeckte eine alte Brotbox, die er letzte Woche mit in der Schule gehabt hatte. Die Erinnerung daran, dass noch ein halbes Käsebrot darin sein musste, ließ ihn kurz erschaudern.
 

Sein Fußboden könnte mal wieder den Staubsauger gebrauchen, allerdings wäre es sinnlos, mit diesem Haushaltsgerät durch sein Chaos aus Papier, Klamotten, seiner Akustikgitarre und Notenheften zu pflügen. Am Ende würde er nur seine Unterlagen wegsaugen und das wollte er wirklich nicht. Die vier Kleiderhaken an seiner Tür waren überfüllt, irgendwo unter seinem Bett musste sein zweiter Schuh liegen – ein dunkelbrauner Chuck – den er morgen wieder brauchte… allerdings wollte er ungern wissen, was sonst noch so unter seinem Bett lag. Er hätte seine Schuhe eben nicht so energisch quer durch sein Zimmer pfeffern sollen, überlegte er, während er sich die Stöpsel seines MP3- Players in die Ohren schob. Endlich erstarb Rihannas Gesang und wurde von Farin Urlaub ersetzt, der ihm nun einen Vortrag über den ‚perfekten Augenblick’ hielt.
 

Er schaute hinunter auf die Straße und beobachtete einen Lieferwagen, der einige Schwierigkeiten hatte, im engen Efeuweg zu manövrieren. Elias beobachtete amüsiert, wie der Lastwagenfahrer sich im Wenden in 90 Zügen versuchte und es schließlich schaffte, den LKW in die Einfahrt ihres Mehrfamilienhauses – Efeuweg 4 – zu komplimentieren. Ihre Nachbarn – eine schrecklich lärmige Familie mit zwei Kleinkindern – war vorletzte Woche ausgezogen und hatte eine leere Vierzimmerwohnung zurück gelassen. Soweit Elias informiert war, hatten sie ein drittes Kind erwartet und die Wohnung war ihnen angesichts des Zuwachses zu klein geworden. Wenn Elias bedachte, dass seine Eltern im Wohnzimmer auf einer Schlafcouch schliefen, damit ihre Kinder alle ein eigenes Zimmer hatten…

Er lauschte dem verstummenden Lied, hörte kurzzeitig wieder Rihannas Gesang (»…hate that I love you boy…!«), ehe Kurt Cobain seine Ohren mit Come as you are bereicherte.
 

Ein schwarzer, ziemlich teuer aussehender Audi bog in ihre Straße ein und hielt direkt neben dem Lieferwagen. Elias konnte nur vermuten, dass es sich hierbei um die Nachmieter handelte und beobachtete interessiert, wie eine Frau mittleren Alters ausstieg. Sie trug ein dunkelblaues Kostüm und wirkte alles in allem sehr geschäftsmäßig. Als sich die Beifahrertür öffnete, sagte sie etwas, ehe sie sich an die aussteigenden Möbelpacker wandte, um ihnen Instruktionen zu erteilen.

Elias lehnte den Kopf an die kühle Fensterscheibe, während eine milchige Septembersonne versuchte, durch ein Loch in den dichten, grauen Wolken zu dringen. Vermutlich wehte draußen eine kühle Brise. Seine Augen beobachteten den Beifahrersitz, von dem sich nun eine recht schlaksige Gestalt erhob. Einen Moment später stieg ein Junge aus, er musste wohl ungefähr in Elias’ Alter sein. Seine Haare waren schwarz, viel mehr konnte Elias aus dem dritten Stock nicht erkennen. Er schob seine Hände in die Taschen seiner verblichenen Jeans und sah an der efeubewachsenen Hauswand hinauf.
 

Tatsächlich sah der Neuling nicht sonderlich aufrührerisch aus. Self Esteem von The Offspring dröhnte in seinen Ohren, während er zusah, wie der Junge auf das Haus zuging, so langsam, als wollte er den Moment des Eintretens möglichst lange hinauszögern. Vermutlich würde es von nun an ziemlich ruhig in der Nachbarswohnung werden, dachte Elias, als der Fremde das Haus schließlich betrat und aus Elias’ Sichtfeld verschwand.



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Kommentare zu diesem Kapitel (16)
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Von:  Yanosuke
2012-03-12T21:18:46+00:00 12.03.2012 22:18
Hey
Ich mal wieder.
Also was mir bei dem Kapitel aufgefallen ist, dass sehr kurze Sätze schreibst. Dadurch liest man deine Geschichte sehr abgeharkt. Trau dich auch mal eine Komma zu setzen und die Sätze länger zu machen. *g*
(Bezieht sich auf den ersten Absatz der ersten Seite)

Schön beschriebener Anfang, die chars wurden Vorgestellt ansonsten ist ja noch nichts großes passiert. Man wei0 nur, dass er unordentlich ist XD
Irgendwie sympathisch.

Lg
Suke


Von:  Robert_Maddison
2010-11-04T16:49:58+00:00 04.11.2010 17:49
hey ^^

Efeu fängt echt suoer an ^^
Ich mag deinen Schreibstil und besonders wie du auf kleiner Details achtest gefällt mir ^^
Das unaufgeräumte Zimmer konnte man sich richtig gut vorstellen.

LG
Robert_Maddison
Von:  Usagi_Jigokumimi
2010-03-29T16:41:47+00:00 29.03.2010 18:41
Ich hab eigetlich nur eine frage: Welches rihanna(wird sie so geschrieben) hört seine schwester?
ist es unfaithful?
das ist nämlich das lieblingslied von der kleinen schwester meiner besten freundin, die hört das auch permanent...-.-
der erste kapitel klingt ganz gut, bin etwas neugirig wie es weiter geht, und ob s wirklich so ruhig wird...^^
lg,Usagi
Von:  Laniechan
2010-03-28T15:35:25+00:00 28.03.2010 17:35
ich glaube nicht, dass ich es schaffe jedes kapi zu kommentieren...da sitz ich sonst morgen noch ^^' aber es fängt gut an

was ich toll finde, ist dass ich mir alles bildlich vorstellen kann und das macht für mcih eine gute geschichte aus ^w^
Von:  xXSimcaXx
2010-02-28T16:59:11+00:00 28.02.2010 17:59
Das fängt gut an^^
Bin schon neugierig wie es weitergeht.
Was ich lustig finde ist dass ich mir als ich das gelesen habe auch self esteem von offspring angehört habe xD
Von:  Heartsbane
2009-11-18T17:30:48+00:00 18.11.2009 18:30
Ich finde die Idee vom Mehrfamilienhaus und so sehr interessant :)
Und du hast auch einen angenehmen Schreibstil, den man gerne liest.

Elias ist ja mal oberunordentlich xD Ich selbst bin schon zu faul zum aufräumen, aber da würd ich mich echt ekeln... ja. =S
Außerdem wäre ich immer am schreien, wenn ich mir die Musik anderer anhören müsste, das mag ich gar nicht.

Ich kann mir vorstellen, dass es echt schön sein muss andere Leute vom Fenster aus zu beobachten, besonders wenn die von da an Nachbarn sind.

Bin schonmal gespannt wie es weitergeht, kann aber dauern bis ich die ganzen Kapitel gelesen habe xD

Liebe Grüße,
Core.
Von:  Cynthira
2009-09-14T16:30:39+00:00 14.09.2009 18:30
GENIAL! ich habe so das gefühl, das wird keine 0-8-15 story *freu* =D
im übrigen bewundere ich deinen schreibstil zutiefst! freue mich auf die weiteren kapitel =)

grüsse =)
Von: abgemeldet
2009-08-31T19:50:01+00:00 31.08.2009 21:50
~ And action! ~

Hallo, da bin ich. Ähm, einfach nur so. ^^

>Wenn er bedachte, dass seine andere Schwester sicherlich auch bald in so eine Phase kommen würde, dann hatte er deutlich den Wunsch, sich aus dem Fenster im dritten Stock zu stürzen.
Sorry, aber: Muahahaha. Irgendwie kann ich das verstehen. *g*

>Eigentlich war ihm so gut wie gar nichts peinlich.
Er gefällt mir schon jetzt. So sollte es auch sein. Jeder sollte zu seiner Vergangenheit stehen - egal wie peinlich. Ich versuche es auch immer wieder.

Was bleibt mir hier groß zu sagen? Ausgesprochen guter Text. Keine mir ersichtlichen Fehler, verdammt guter Ausdruck. Ich freue mich auf mehr davon. ^^

Dein Stil ist einfach super. Wie du sein Zimmer beschrieben hast, ohne dass es an eine Aufzählung erinnert. Das finde ich beeindruckend. Der Efeuweg. Ich sehe sein Zimmer im dritten Stock, wie er am Fenster steht - gesichtslos.

Viele Grüße,
Gaemon

~ Reaction ~
Von: abgemeldet
2009-08-09T11:43:24+00:00 09.08.2009 13:43
Also ich muss ja sagen das Katharina mich i.wie an mich erinnert xD du musst dir ja auch ab und zu solche Musik anhörn' ^-^


Ich finde Elias total sympathisch weil er mich total an dich erinnert :D das "kreative Caos" und so :P

Naja jedenfalls finde ich das Kapitel total gut weil es einfach der Realität entspricht und man sich total gut hineinversetzen kann, auch wenn's ein Junge ist.

Haste gut gemacht Schwesterherz ^-^ und jetzt etwas was du nicht gerne magst: Mach schnell weiter ich bin sooo gespannt xD
Von:  dark-butterfly
2009-06-29T11:25:38+00:00 29.06.2009 13:25
Ich finde die beschreibung von dem Zimmer und Elias Stimmung ^^
wirklich super. Man kann es sich gut vorstellen,
dass erste Kapitel sagt ja noch nicht viel aber ich freue mich schon
auf mehr!



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