Teil IX: Gegen das Schicksal
Sasuke Uchiha fuhr herum, sah sie auf ihn zukommen und schien beinahe amüsiert. Das nächste, das sie bemerkte, war der Blitz, der neben ihr einschlug und sie zur Seite schleuderte. Der Uchiha sah sie nicht mal mehr an. Krampfhaft versuchte Tenten wieder auf die Beine zu kommen, sie hatte kaum mehr Kraft und ihre Beine fühlten sich äußerst wackelig an.
Ihre Handflächen taten weh, als sie sich aufstützte. Ihr Kleid war zerrissen und ihr Haar hing ihr zerzaust ins Gesicht. Ihre Sicht schwand und Tenten erkannte Neji und Sasuke nur noch schemenhaft irgendwo in der Ferne. Sasuke stand direkt über Neji, der sich jetzt leicht zu rühren schien. Der Blitzangriff des Uchihas war zwar nicht so effektiv gewesen, wie er gewesen wäre, hätte Neji ihn nicht zuvor getroffen, aber immer noch effektiv genug.
Auf einmal stieß sie mit der Hand an etwas Kaltes und ein Schwall Energie floss in sie. Tentens Sicht klarte sich auf und sie starrte auf den Tsuriai, der auf dem Boden lag. Der blutrote Stein schimmerte im düsteren Licht und Tenten vermutete, dass Neji ihn beim Sturz verloren haben musste. Immer hatte er ihn bei sich getragen und jetzt erkannte sie darin ihre einzige Chance. Sie hatte gewusst, dass es irgendwann dazu würde kommen müssen. Sie hatte es immer verdrängt, doch jetzt… Jetzt gab es keinen anderen Ausweg mehr. Tenten streckte ihre Hand aus, schloss sie um den Stein und gab sich vollkommen seiner Kraft hin.
Sasuke hob das Schwert und Neji, der sich halb aufgerichtet hatte, blickte ihm ausdruckslos entgegen. Tenten spürte die Macht des Tsuriai in jedem Winkel ihres Körpers, ihre Hand, die fest um den Stein geschlossen war, war von Licht umhüllt. Das Mädchen stand auf. Es war ein anderes Gefühl als beim ersten Mal, da sie die Magie gespürt hatte, stärker, schneller, mächtiger. Doch diesmal wollte Tenten die Kraft nicht versiegen lassen, sie wollte sie benutzen. Sie würde sie benutzen. Wenn sie ihre Gabe nur einsetzte, würde sie nicht sterben… Der Kraftstrom schwoll an, als sie all ihre Gedanken darauf konzentrierte. Und die Welt um sie schien unbedeutend zu werden, klein und schmächtig entgegen der Macht des Tsuriai. Das Licht flackerte, wechselte von Hellgelb zu Giftgrün und ging anschließend in Blau und Rot über.
Ein Windstoß peitschte über die Klippe und Tenten spürte wie sich ihr Haar aus den Knoten löste, zu denen sie stets ihr Haar hochgesteckt hatte. Jetzt fiel es ihr in voller Länge den Rücken herunter. Ab und an nahm ihr eine Strähne die Sicht, doch es kümmerte sie nicht. Sasuke Uchiha hob das Schwert noch höher und Tenten wusste, dass er gleich zuschlagen würde. Die Kraft pulsierte in ihr, Tenten spürte, dass sie ihr Maximum bald erreicht hatte. Sie richtete ihre freie Hand auf Sasuke Uchiha. „Halt!“, schrie sie und langsam, ganz langsam, drehte sich der Uchiha zu ihr um.
Und zum ersten Mal war sein Gesicht wie leer gefegt. Dann wechselte sein Gesichtsausdruck zu Überraschung und Entsetzen, als er erkannte, was das zu bedeuten hatte. Der Druck, der sich langsam im Stein aufbaute, wurde unerträglich und Tenten spürte die Grenze, die es zu überschreiten galt. Ihr Blick wanderte zu Neji, der sich mit den Armen aufstützte, den Kopf hob und ihren Augen begegnete. In diesem Moment brach die Grenze.
Die Energie wirbelte herum, umkreiste sie und Tenten fühlte sich, als stände sie mitten im Auge eines Tornados. Das Licht spaltete sich in alle Farben auf, flimmerte und strahlte dann noch heller. Der Wind verzog sich und auf einmal war es totenstill. Der Tsuriai glühte, zitterte in ihrer Hand und dann brach die Energie sich in einem einzigen Schlag frei, raste auf den Uchiha zu und traf ihn mit voller Wucht.
Und auf einmal waren da Bilder. Ein kleiner Junge mit schwarzem Haar, der vor einem älteren Mann kniete, und wegen einer Dummheit gerügt wurde. Sie sah wie der Junge sich verbissen verneigte, aber als er den Raum verließ, hatte er Tränen in den Augen. Eine weitere Erinnerung… Der Junge war älter geworden, hatte einen beherrschteren Gesichtsausdruck und war damit beschäftigt zu lernen, wie er seine Gabe kontrollieren konnte. Blauweiße Blitze sammelten sich in seiner Hand…
Das war Sasuke Uchihas Vergangenheit! Mit Entsetzen stellte Tenten fest, dass irgendwie eine Verbindung zwischen ihnen entstanden war. Bilder ihrer eigenen Kindheit rauschten an ihrem inneren Auge vorbei und Tenten fragte sich, ob Sasuke das auch sah. Und sie verstand, dass sie in diesem Moment die gleichen Momente ihres Lebens durchlebten. Sie erkannte Sasukes Verbitterung und ihre eigene Trauer um Haruka-san. Schweiß trat ihr auf die Stirn. Das war nicht gut… Das war ganz und gar nicht gut! Sie musste die Verbindung trennen. Mit all ihrer Konzentration riss sie sich von der Macht des Tsuriai los. Der Stein glühte noch ein letztes Mal, dann saugte er das Licht auf und schimmerte matt.
Das Schwert segelte durch die Luft, kam klirrend auf dem Boden auf. Sasuke Uchiha überschlug sich ein paar Mal bevor er mit dem Rücken gegen einen niedrigen Felsen krachte. Tenten fiel auf die Knie. All das musste nur wenige Sekunden gedauert haben…
Tenten atmete heftig, es kostete sie Anstrengung, mehr als sie gedacht hatte. Dann fiel ihr Neji wieder ein und sie stürzte auf ihn zu. „Neji! Neji! Bist du in Ordnung?“ Neji blinzelte und auf einmal wirkte er schwach und gebrechlich. So, als hätte er in einem Augenblick ein ganzes Leben hinter sich gelassen. Sein Haar hing ihm wirr ins Gesicht und verstärkte noch den gebrochenen Eindruck, den er bei ihr hinterlassen hatte. Auf ihre Frage kam keine Reaktion … „Neji!“ Er sackte in sich zusammen und Tenten konnte nichts weiter tun, als ihn festzuhalten und zu stützen. Sein Kopf fiel zur Seite und erst jetzt wurde Tenten bewusst, dass sein Herzschlag unregelmäßig ging. Vor ihren Augen verschwamm sein Gesicht, seine Konturen wurden immer unklarer, ihre Gedanken waren wirr und dann merkte Tenten, dass es das gleiche Gefühl war wie in der Nacht, als er fast gestorben war. Nejis Leben neigte sich dem Ende. Zum Schluss hatte es Uchiha doch noch geschafft, er hatte ihm den entscheidenden Schlag versetzt, als Neji ihn völlig unüberlegt angegriffen hatte. Alles in ihr kam zum Stillstand, ihr Kopf war wie leer gefegt. Da waren nur noch Nejis Atem, der langsam schwächer wurde, und dieses endgültige Gefühl in ihr. Wie lange kannte sie ihn jetzt? Wie lange hatte sie ihn gefürchtet, wie lange über sein Schicksal nachgedacht und wann war dieses Gefühl in ihrem Inneren aufgetaucht? Jetzt lag er vor ihr, dem Tode nah… Er hatte sein Versprechen gehalten, er hatte sie beschützt… Eine einzige Träne lief ihre Wange herunter. Letztlich war ihr Bestes doch nicht gut genug gewesen, denn sonst hätte sie früher eingreifen können. Sie hätte ihm von Anfang an helfen sollen. Aber hätte er das zugelassen? Nein… Neji ließ niemand anderen an seiner Stelle kämpfen…
Und erst jetzt verstand Tenten, dass Neji sie niemals in Gefahr gebracht hätte. Nur der Falke, der über den Wolken fliegt, erkennt die Wahrheit. Konan hatte Recht gehabt, sie hatte nur nicht hinter seine Fassade geblickt. All die Angst, die sie ausgestanden hatte. All die Zweifel, die sie gegen ihn gehegt hatte. Was bedeuteten die schon, jetzt wo sie es endlich verstanden hatte? Tenten legte eine Hand an seine Wange. Es war so einfach… Sie liebte ihn.
„Du kannst ihm nicht mehr helfen.“ Sasuke hatte sich halb aufgerichtet und stützte sich mit den Händen ab. Allerdings rührte er sich nicht, woraus sie schloss, dass ihr Angriff ihm alles abverlangt hatte. Er grinste arrogant und Tenten hasste ihn wie sie in ihrem ganzen Leben noch nie jemanden gehasst hatte. Ihr Blick wanderte wieder zu Neji. Er sah so friedlich aus, nicht jeden Tag an sein Schicksal erinnert. Immer hatte er sich gewünscht frei zu sein und jetzt… Ihr Blick wurde weicher, sie strich ihm eine Strähne aus dem Gesicht.
Tenten wusste nicht mehr, wann sie es entschieden hatte. Vielleicht irgendwann in der Nacht in der er erstmals von dem Fluch eingeholt worden war. Vielleicht schon früher und vielleicht war es schon immer da gewesen in ihrem Herzen, als Ino ihr von den Vergessenen erzählt hatte… und dem Weg wie sie erlöst werden konnten. Jemand wie Sasuke Uchiha, dem man sein ganzes Leben eingeprägt hatte, dass die Ehre des Clans, seiner Familie, über allem stand, würde nie genauso empfinden wie sie. Sie blickte ihm direkt in die Augen und erkannte darin die Schwäche, die sie kurz in seinen Erinnerungen gesehen hatte. „Was verstehst du schon von diesen Dingen?“, sagte Tenten zu Sasuke. Dann schloss sie die Hand fester um den Tsuriai.
Diesmal war es anders als die anderen Male. Die Magie schien mit ihr selbst zu verschmelzen, sie war nicht so aggressiv, sie war eher sanft, fast als würde sie ihren Tod begrüßen und sie vorsichtig mit sich ziehen. Tenten dachte an die anderen. Noch nie in ihrem Leben war sie so froh gewesen, dass das Schicksal ihr den harten Weg zugestanden hatte. Wenn es das nicht getan hätte, dann hätte sie nie Deidara, Ino, Kiba, Sakura, Lee und Temari, Gaara, Pein und Konan getroffen. Und Neji. Sie hätte niemals wirkliche Freunde gefunden, für die sie bereit war ihr Leben zu riskieren. Sie hätte niemals den Menschen gefunden, den sie liebte. Zum Schluss war sie glücklich. Tenten spürte, wie die Magie in ihr stärker wurde, sie alles in ihr aufsaugte; ihre Gedanken, ihre Erinnerung, ihr Leben, ihre Gefühle. Alles glitt in den Kreislauf des Tsuriai, der ein helles Licht aussandte. Neji… Er würde nicht allein sterben… Ein Lächeln trat auf ihr Gesicht. Sie verspürte keine Angst, nicht einmal im Angesicht ihres Todes. Sie dachte an alles und an nichts.
Alles war anders geworden, seit sie ihn das erste Mal gesehen hatte. Es hatte sie eingeschüchtert, aber ein Teil von ihr hatte sich gefreut, dass er sie in der Dunkelheit nicht allein gelassen hatte. Tenten sah auf den Stein. Der schwarze Schmetterling in seinem Inneren schien fast mit den Flügeln zu schlagen, so als wolle er dem kristallenen Gefängnis entfliehen. Vielleicht … war sie ein bisschen wie die Nachtfalter. Man wurde ihrer zuerst nicht gewahr, man sah nicht ihre Schönheit, ihre Fähigkeiten, ihre Gefühle, sie waren im Schatten, immer auf der Suche nach Licht und erst später, viel später, erkannte man, was an ihnen wirklich besonders war. Denn sie gaben nie auf in ihrer Suche nach dem wahren Licht… Alles was man tun musste war, ihnen einen zweiten Blick zu schenken. Wie den Menschen. Denn jeder war auf seine eigene Art besonders.
Dann spürte sie, wie der Stein seinen Tribut forderte. Tenten lenkte ihre ganze Kraft in den Tsuriai. Nejis Körper begann zu leuchten, als sie das einzige tat, das ihm helfen konnte. Lösen der Grenzen… Zuletzt wäre er doch noch frei von den Fesseln, die ihn gefangen hielten. Das letzte, das sie sah, bevor sie die Augen schloss, war sein Gesicht und die Erinnerung an seinen Blick aus den mondhellen Augen. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen, als sie fiel.
Eine plötzliche Bewegung, ein Schlag gegen ihre Hand. Schmerz. Und ihre Hand war leer. Irgendwo in der Ferne hörte Tenten wie der Tsuriai auf den Felsen aufkam, dann hörte sie nichts mehr, und kurze Zeit später sah sie durch ihre Augenlider ein gleißendes Licht, dass alles um sie herum erhellte. Der Lärm einer gewaltigen Explosion übertönte alles andere und Tenten verlor kurz die Orientierung.
Auf einmal spürte sie warmen Atem auf ihrem Gesicht. Tenten blinzelte. Sie müsste tot sein, oder nicht? Sie hatte den Tsuriai benutzt, oder hatte es etwa nicht geklappt? Sie hatte ihre Gabe benutzt, sie hatte die Grenzen des Fluches gelöst. Neji müsste frei sein und sie tot. Was war passiert? Auf ihrer Haut breitete sich eine Gänsehaut aus, als der sanfte Atem ein weiteres Mal über ihre Wange strich.
Tenten öffnete die Augen vollständig und blickte direkt in Nejis Gesicht, der die Hand wie zum Schlag erhoben hatte. Er sah sie nicht an, doch selbst wenn er es getan hätte, niemals hätte sie diesen Blick deuten können. Eine Strähne fiel ihm ins Gesicht und verbarg es vor ihr. Sie wusste nicht, was sie fühlen sollte. Er hatte das eine getan, das sie niemals erwartet hatte. Neji hatte sie aufgehalten, bevor sie ihre Gabe einsetzen konnte. Bevor sie ihr Leben für seine Freiheit opfern konnte. Warum hatte er das getan?
Ein höhnisches Lachen unterbrach ihre Gedankengänge. Sasuke Uchiha hatte sich aufgerichtet. Mit der Zerstörung des Tsuriai war auch der Schaden verschwunden, den sie ihm zugefügt hatte. Er war ohne Zweifel in der Lage sie beide zu töten. Voller Entsetzen starrte sie ihn an, immer in Erwartung, dass er einen Blitz in seiner Hand manifestierte und auf Neji und sie schleuderte. Aber es kam anders. Noch immer lachte der Uchiha, zog sich mithilfe seines Schwertes auf die Beine, der lange Umhang wehte hinter ihm her, als er sich umwandte.
Noch immer zierte ein hämisches Lächeln sein Gesicht. „Ich hätte nie gedacht, dass du so dumm sein könntest, Hyuga“, begann er, „das war die einzige Chance deinem Schicksal zu entfliehen. Sie hätte sich für dich geopfert, aber du weißt es nicht zu nutzen. Du hast die einzige Person von dir gestoßen, die dich retten könnte.“ Er sah sie überheblich an. Tenten lief ein eiskalter Schauer den Rücken herunter. „Ich werde dich nicht töten“, fuhr Sasuke Uchiha fort, „leb dein Leben und hasse dein Schicksal. Hasse es mehr als alles andere und verurteile dich für deine Feigheit, die dich im einen Moment gehindert hat frei zu sein. Lebe und leide! Denn das ist schlimmer als der Tod!“ Nejis Gesicht war vollkommen ausdruckslos und das löste in Tenten mehr Angst aus, als es alle Worte des Uchihas gekonnt hätten. „Wir werden uns nicht wiedersehen. Ich werde dich vergessen haben, noch bevor ich weiß, dass du tot bist.“ Damit sah er sie beide ein letztes Mal an. Dann drehte er sich um und verschwand in den Schatten des Waldes.
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„Warum hast du mich aufgehalten?“ Sie standen am Rande der Schlucht und blickten auf die endlose Weite aus Wäldern, Flüssen, Wiesen und Äckern. In der Ferne ragte ein Gebirge auf. Der Tsuriai war in der bodenlosen Schlucht zerbrochen. Der Sturz war hart und schnell gewesen. Einer solchen Wucht konnte selbst ein so mächtiger Gegenstand nichts entgegen setzen. „Du wärst endlich frei gewesen“, flüsterte Tenten. Neji wandte sich zu ihr um. „Vielleicht habe ich etwas gefunden, das mir wichtiger ist.“ „Aber“, setzte Tenten an, „die ganze Zeit habe ich gedacht-“ „Du hast gedacht, dass ich dich einfach so opfern würde.“ Sie schwiegen, Tenten hatte den Blick abgewandt und wagte nicht ihn anzusehen. „Ja“, sagte sie tonlos.
Tenten beobachtete, wie die Sonne durch die Wolkendecke brach. Das Gewitter war vorbei, aber immer noch war da dieses dumpfe Gefühl in ihr. Und irgendwie schämte sie sich. Die ganze Zeit hatte sie gedacht, dass Neji nur auf die passende Gelegenheit wartete, sie zu benutzen. Am Ende hatte er das vollkommene Gegenteil getan: Er hatte ihr Leben über seine eigenen Wünsche gestellt. Sie zuckte zusammen, als sich seine Hand um ihre schloss. „Hätte ich dich geopfert, würden sich die Leute auch daran erinnern, dass ich deinen Tod verschuldet habe. Es wäre nicht weniger, als wenn ich dich wirklich umgebracht hätte, Tenten.“ „Aber du hättest alles haben können! Du könntest zu deinem Clan zurück, du könntest wieder der sein, der du warst und du wärst frei!“ Einen Augenblick lang drückte er ihre Hand zu fest, drehte sie dann so, damit sie ihn ansehen musste und sah ihr fest in die Augen. „Mein Clan ist für mich schon vor langer Zeit gestorben. Es wäre nicht mehr dasselbe, wenn ich zu ihnen zurückkehren würde – mit oder ohne Fluch. Und-“, für einen Moment hielt er inne, „ich glaube, dass ich mich erst in dem Moment wirklich gefunden habe, als ich wusste dass du stirbst, wenn ich nichts unternehme.“ Noch nie hatte Tenten ihn so ernst reden hören und es imponierte ihr auf eine Weise, die kein Mensch vor ihm in ihr ausgelöst hatte.
„Sie haben es allesamt mein Schicksal genannt“, sagte er dann, „aber wer bestimmt denn, was wir aus unserem Leben machen? Keine Macht der Welt kann unsere Entscheidungen beeinflussen, weil wir sie treffen. Wir sollten keine Ausreden für unsere Lage suchen. Die Welt ist nicht gut oder schlecht, es kommt nur darauf an wie wir die Dinge sehen.“ Sein Blick verlor sich irgendwo in der Weite und Tenten sah Neji verlegen von der Seite an. Sie wusste beim besten Willen nicht, was sie darauf sagen sollte. Erwartete Neji überhaupt, dass sie etwas sagte? Doch noch immer hielt er ihre Hand gedrückt. Der Wind peitschte ihre Haare aus ihrem Gesicht. Über der weiten Ebene entwickelte er ungeahnte Kräfte, die durch nichts gebremst wurden. Die kalte Luft ließ Tenten zittern und sie dachte zurück an die kalte Winternacht, in der Haruka-san gestorben war. Hätte sie wohl erwartet, dass ihr Leben eine solche Wendung nehmen würde? Wahrscheinlich nicht, aber – und diese kleine Einschränkung machte sie glücklich - sie hatte es nie wirklich ausgeschlossen. Solange sie glücklich war, hätte ihre Großmutter es gut geheißen.
Zuhause. So lange hatte sie danach gesucht, obwohl sie es eigentlich längst gefunden hatte. Die Ausgestoßenen waren ihr zur Familie geworden, egal wie lästig und nervig sie manchmal waren, egal wie sie sich auch verhalten mochten. Inmitten der Hoffnungslosigkeit hatte sie es endlich gefunden. Sie brauchte nicht mehr danach zu suchen. Tenten griff an ihre Hüfte, wo sie den letzten Beutel mit dem Tee festgebunden hatte, bevor Neji ihn auf seinem Pferd hatte befestigen können. Sie öffnete den Beutel und der exquisite Geruch breitete sich aus. „Darjeeling“, sagte Tenten auf Nejis fragenden Blick, „der wertvollste Tee, den ich besitze.“ Und dann warf sie den Beutel in die Schlucht, wo der Wind ihn mit sich riss und die Teeblätter in alle Winde verstreute. Tenten sah ihnen nach und lächelte, als ein winziges Blatt Papier ebenfalls davongetragen wurde. Jetzt war auch sie frei.
„Neji?“, fragte sie leise, „darf ich bei dir bleiben?“ Er drehte leicht sein Gesicht zu ihr und die untergehende Sonne verlieh seinen hellen Augen einen sanften Orangeton. Es war das Schönste, das sie je gesehen hatte. Und dann merkte sie, dass sie zitterte. Als würde sie sich fürchten von ihm abgewiesen zu werden. Neji sagte nichts, aber Tenten wusste, was er mit diesem Blick ausdrücken wollte. Er legte seine freie Hand an ihre Wange und zog sie zu sich. Neji lehnte seine Stirn gegen ihre und Tenten spürte wie sie rot wurde. Doch dann überwand sie alle Ängste, zog ihn ihrerseits zu sich heran und küsste ihn. Und der Augenblick verging mit dem Geruch von Tee und der Gewissheit der Freiheit und dem einzigartigen Gefühl, das nur Liebe in einem Menschen auslösen konnte.
Es würde nicht einfach werden. Sie würden weiterhin von den Clans gejagt werden, von den Menschen verhasst sein. Es würde nicht einfach werden die anderen wieder zu finden. Nichts war einfach, aber es war nicht unmöglich. ‚Es kommt ganz darauf an, was du aus deinem Leben machst’, hatte Haruka-san gesagt. Tenten wusste jetzt, was sie tun wollte; sie wusste wer sie war und was ihr wirklich etwas bedeutete. Sie lösten sich voneinander und in diesem Moment wusste Tenten noch etwas anderes. Sie würde nie wieder allein sein.
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Und der Vorgang fällt! Dies ist das Ende einer langen Zeit des Schreibens, der Ideenfindung und dem Spaß, den mir diese Geschichte gebracht hat. Und ich muss sagen, es ist genau das Ende, das passt, alles abrundet und das ich mit mir selbst identifizieren kann. Alles ist anders gekommen, was auch immer ihr erwartet habt, das ist der Schluss, ein bisschen offen, aber ich mag ihn wirklich.
Doch bevor ich jetzt in Tränen ausbreche und das Ende bedauere, möchte ich Arianrhod- ganz herzlich zum Geburtstag gratulieren. Nachtfalter sollte eigentlich letztes Jahr zu ihrem Geburtstag fertig sein, aber nun ist es ja doch anders gekommen. Lustigerweise passte das ganz genau. :) Happy Birthday, Sorca, ich hoffe, es hat dir gefallen ^-^
So und jetzt zu euch anderen ^-^ Da hier nicht so viele kommentiert haben, kann ich mich jetzt noch mal bei jedem einzeln bedanken. Dafür, dass ihr die FF verfolgt habt, spekuliert habt wie es weiter geht und mir treu wart. Leider kann ich jetzt nicht mehr jeden Freitag etwas updaten, aber ich arbeite dran schneller und produktiver zu werden ^^
Danke, dass ihr bei mir wart und mich unterstützt habt. Danke für über 70 Kommentare und auch an alle Leute, die die Geschichte auf ihrer Favoritenliste haben. Vielleicht rafft sich der ein oder andere ja zum Schluss noch mal auf und kommentiert ^-^
Danke an: Honoka5, toya-peachblossom, suz, Tentenmaus, Xenia-Crow, Neji_Ten, Kerstin-san, kirschrose, Airi-chan, Lysette, SorceressKonan, tenten-chan94, Divinity, kimje, Tema-Ten-chan und Shinobi-Angel. Vielen, vielen, vielen Dank ^^
Ich hoffe, es hat allen gefallen und vielleicht liest man sich ja mal wieder ^^
hel
moony