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Das Geheimnis Luzifers

und seines menschlichen Engels
von

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Illusionen

Nach dem Tod seiner Frau, war Cecilias Vater sehr niedergeschlagen gewesen und hatte sich von Cecilia zureden lassen, das ich auf der Trauerfeier Musik spielen und koordinieren durfte. Das machte mich sehr glücklich, da ich so mehr Zeit mit Cecilia verbringen konnte und mich gleichzeitig von meiner besten Seite ihrem Vater präsentieren konnte. Da ich mich Tage und Nächte lang auf dem Gelände ihrer Familie befand, um alles zu planen, erkannte ich wie verdorben die Menschen um sie herum doch waren. Es war mir wirklich schleierhaft, wie sie in all dieser Verdorbenheit so rein bleiben konnte. Doch das war ein Grund mehr sie anzubeten und ein Grund mehr für mich wieder ans Werk zu gehen. Ich wollte nicht das ihre beiden kleinen Schwestern ebenso verdorben wurden, wie Cecilias ältere Geschwister, oder einen plötzlichen Sinneswandel durchleben, wie es bei Cecilias Vater gerade der Fall war. Er veränderte sich keineswegs ins Positive, eher das Gegenteil war der Fall. Und auch einige Bedienstete waren Lastern verfallen, denen sie lieber nicht hätten nachgeben sollten. Als wäre das alles nicht schon schlimm genug, aber der Tiefpunkt war bei mir erreicht, als mir Cecilia eines Abends, unter Tränen, berichtete das ihr Vater völlig unangekündigt einen neuen Mann für sie gefunden hatte. So organisierte ich nicht nur die Musik für die Trauerfeier, sondern auch die für Cecilias Verlobung mit diesem hochnäsigen adeligen Abschaum. Gegen ihn würde ich meinen persönlichen kleinen Rachefeldzug führen.
 

Bei dem Begräbnis funktionierte alles wie es sollte, das Einzige für mich verwunderliche war, das alle Personen so unschuldig wirkten. Die trauernde Familie, saß teilweise Tränen vergießend beieinander und spendete sich gegenseitig Trost, während die anderen Gäste in betretenes Schweigen verfielen waren. Das einzige Geräusch außer dem Schluchzen, erzeugte das von mir dirigierte kleine Orchester. Man konnte gerade als Außenstehender gut merken, das diese Frau ein wirklich wundervoller Mensch gewesen sein musste. Es waren so viele Leute zu ihrer Beerdigung gekommen, die sie scheinbar gekannt haben und noch dazu sah keiner dieser vielen Leute glücklich aus, alle machten betrübte Gesichter. Leider war der Tod für jeden Menschen unausweichlich, egal wie gut oder schlecht dieser Mensch gewesen ist, irgendwann holt der Tod uns alle und zurück bleiben nur die Trauernden und ihre Erinnerungen an den Toten. Aber gerade diese Erinnerungen halten geliebte Menschen auch nach ihrem Tod noch lebendig. Erst wenn wir sie vergessen, sind sie für immer tot. Die Menschen haben sehr verschiedene Arten mit dem Tod geliebter Personen umzugehen. Manche trauern ganz für sich alleine, andere nur im engsten Familienkreis und dann gibt es auch noch solche die ihre Trauer mit sehr vielen Menschen teilen, so wie es hier der Fall war.
 

Auch ich trauerte etwas um die Verstorbene, obwohl ich sie nie persönlich kennen gelernt habe, bin ich ihr doch mehr als dankbar dafür, das sie eine so wundervolle Tochter wie Cecilia zur Welt gebracht hat. Von Cecilia habe ich auch immer nur Gutes über ihre Mutter gehört, daher vermute ich das sie ihre Gutherzigkeit von ihrer Mutter übernommen hat.

Ich hätte Cecilia wirklich gerne erzählt, das ich mich in ihrem Namen, an den Mördern ihrer Mutter gerächt hatte. Aber manche Dinge bleiben lieber unausgesprochen und selbst wenn ich mich entschließen sollte, ihr mein Geheimnis zu offenbaren, wäre dies sicherlich nicht der richtige Zeitpunkt dafür, musste sie doch erst mal den Verlust ihrer Mutter überwinden. Eigentlich gefiel es mir nicht, gerade ihr etwas verschweigen zu müssen, aber ich wollte sie nicht unnötig in Gefahr bringen. Zu diesem Zeitpunkt ahnte ich noch nicht einmal ansatzweise, das ich das schon längst getan hatte, aber vielleicht wäre es nie soweit gekommen, wäre Luzifer nicht so besitzergreifend.
 

Auch auf der anschließenden Trauerfeier herrschte noch eine sehr bedrückende Stimmung, was aber nicht weiter verwunderlich war. Ich wich praktisch nicht von Cecilias Seite, da ich das Gefühl hatte, das sie es sonst nicht schaffen würde, sich durch diesen ganzen unangenehmen Trauerfeierablauf zu quälen. Wenn sie mich brauchen würde, wäre ich da, damit auch sie ihren Emotionen freien Lauf lassen konnte, denn es erschien mir fast so als würde sie allen etwas vorspielen. Ich fragte mich wirklich was in diesem Moment in Cecilia vorging.
 

Nach dem Tod meiner Mutter überfiel mich ein Gefühl, als wollte es mich zerreißen. Immer wieder stellte ich mir die Frage, wieso es ausgerechnet sie sein musste, auch wenn es mir ein wenig selbstsüchtig erschien, , da meine Mutter sicherlich nicht das einzige Opfer dieser Banditen gewesen war, konnte ich einfach nicht verstehen, welch grausamen Weg das Schicksal für sie gewählt hatte. Aber das schlimmste am Tod meiner Mutter war, das sich etwas Bedeutendes veränderte. Es war wie ein unsichtbarer Wall, der zu Mutters Lebzeiten scheinbar niemals vom Bösen überschritten worden war. Aber nun lag der Wall zersplittert vor uns, getränkt in Boshaftigkeit. Ein Moment der Unachtsamkeit und man schnitt sich an den scharfen Splittern und der folgende immerwährende Schmerz ließ einen alles Vergessen, was vorher wichtig war. Prinzipien und Regeln, ganze Gemüter verwandelten sich in groteske Abbilder ihrer selbst. Ich konnte lediglich dafür beten, das es mir gelingen würde, wenigstens etwas von diesem Wall wieder zusammenzusetzen, um meiner Mutters Willen und alles was ich an der Art meiner Mutter immer so geliebt habe. Obwohl ich selber tief unglücklich war und manchmal das Gefühl hatte ich könne eine Ewigkeit nur weinen, versuchte ich stark zu sein. Stark für meine kleinen Schwestern Elisa und Sarah, die es sicherlich am schlimmsten von allen traf, aber auch für meinen Vater, der die Liebe seines Lebens nun nie wieder in den Arm nehmen konnte und auch für meine älteren Geschwister, obwohl ich nicht recht deuten konnte was in ihren Köpfen gerade vorging. Für sie alle würde ich stark sein, so wie es auch meine Mutter vor mir gewesen war.
 

Es gab nur eine Person, der ich mein Leid und meine Tränen anvertraue. Ihm würde ich ohne Bedenken auch mein Leben anvertrauen und wenn es nötig wäre, um ihn zu schützen, würde ich es auch hergeben. Immerhin hatte ich ihm mein Herz schon geschenkt und das Herz war doch das Einzige was einen Menschen am Leben erhielt, deswegen gehörte ihm nicht nur mein Herz, sondern auch mein Leben. Manche mögen eine solch vertrauensvolle Liebe vielleicht naiv finden, doch ich wusste ganz genau, das er dieses Vertrauen verdiente.

Da er der Familie noch nicht angehörte, sehr zu meinem Bedauern, traf ihn der Tod meiner Mutter nicht so schwer, wie meine Familie oder mich selber, aber dennoch schien auch er eine gewisse Anteilnahme am Tod meiner Mutter zu zeigen. Es war erstaunlich, das er immer die richtigen Worte zu finden schien, sodass mir schwierige Situationen leichter erschienen und mein Leid in den Hindergrund rückte. Auch wenn er kein großer Krieger war, hatte er doch seine eigene Art, mich vor Unheil zu schützen. Dafür liebte ich ihn viel mehr als ich es je gekonnt hätte, wäre er einer dieser Männer gewesen, die sich ihrer Kampfeslust wegen, gegenseitig töteten.
 

Zwei Tage nach der Trauerfeier kam Cecilia völlig aufgelöst und in aller Frühe in meine Kammer geeilt. Ich wurde von ihrem, nicht gerade leisen, Eintritt geweckt und blinzelte sie verschlafen an. „Was führt euch zu dieser Stunde schon zu mir?“, fragte ich sie besorgt, während ich mich aufsetzte. Sie blickte wirklich unglücklich drein, völlig entgegen ihrer wahren Natur. „Meiner jüngeren Schwester, Elisa, geht es ganz fürchterlich schlecht. Ihr Kopf ist stark erhitzt, doch ich wage nicht von ihrer Seite zu weichen in dieser schweren Stunde, jedenfalls nicht lange genug, um unseren Arzt aufzusuchen. Ich vertraue dir und möchte dich deshalb bitten, das für mich zu erledigen, möglichst bald, denn es eilt. Du wirst es doch tun, nicht wahr?“, bat sie mich mit ihrer Engelsstimme. „Ja natürlich, wie könnte ich dir diesen Wunsch verwehren, Liebste?“, meinte ich lächelnd und sprang sogleich auf. „Ich bin dir zu tiefstem Dank verpflichtet, Laurence“, meinte sie schon etwas erleichterter und umarmte mich kurz und war Sekunden später schon wieder zu Tür heraus verschwunden. Ich tat das nicht nur aus Liebe zu ihr, denn auch ihre jüngeren Schwestern waren mir irgendwie ans Herz gewachsen. Es waren gute Mädchen und dazu noch so jung, für sie war es einfach noch nicht an der Zeit zu sterben. Schnell kleidete ich mich an und machte mich auf den Weg zum Hausarzt ihrer Familie. Ich war ihm bis jetzt nur ein, zwei Mal begegnet und einmal war ich auch schon in seiner Praxis, als Cecilia sich nicht besonders fühlte. Er wohnte nur einen einstündigen Ritt von hier entfernt.
 

Völlig außer Atem kamen ich und das Pferd vor dem Haus des Arztes zum stehen. Schnell band ich das Pferd an und stürmte mit der Tür ins Haus. Eine beleibte Frau steckte den Kopf aus der Küche. „Mein Mann schläft noch, kommt später wieder“, murmelte sie nicht sonderlich freundlich und sie verschwand wieder in die Küche. Seufzend folgte ich ihr in die Küche. „Aber gute Frau ich komme im Auftrag der Sayns. Die jüngste Tochter Elisa leidet unter hohem Fieber. Ihr müsst euren Mann sofort wecken, er muss mitkommen, ich bitte euch, es eilt“, drängte ich ungeduldig. „Junger Mann es ist früh am Morgen und ich und mein Mann sind auch nicht mehr die Jüngsten, also hör gefälligst auf hier so eine Hektik zu verbreiten, verstanden“, zeterte die Frau los und hielt mir einen Kochlöffel unter die Nase. „Gute Frau, jede Minute zählt, ansonsten stirbt die Kleine vielleicht!“, erklärte ich noch ungeduldiger. „Wenn ihr es so eilig hab, dann geht zu meinem Mann nach oben, es ist das zweite Zimmer rechts, wenn ihr die Treppe hochgeht“, brummelte sie und wendete sich wieder dem Essen zu.

Sofort verließ ich die Küche und eilte die Treppe hinauf. Die Tür zum Schlafzimmer des Arztes flog regelrecht auf, aber darauf konnte ich jetzt keine Rücksicht nehmen. „Herr Doktor wachen sie auf“, rief ich während ich mich mit schnellen Schritten dem Bett näherte. Keine Reaktion. Er schlief einfach weiter. Doch ich hatte keine Zeit höflich zu sein, deswegen schüttelte ich ihn. „Wachen sie bitte sofort auf“, brüllte ich ihn fast an. Aber auch dann dauerte es noch einen Moment bis der ebenfalls beleibte Mann die Augen aufschlug und mich verwirrt und misstrauisch anblickte, wenn auch etwas verschlafen. „Verzeihen sie die Grobheit, doch sie müssen sofort mitkommen. Elisa von Sayn hat hohes Fieber und scheint dem Tode nahe. Wir dürfen nicht so viel Zeit vertrödeln!“, erklärte ich schnell. „Sie hat Fieber, sagst du? Sonst noch etwas auffälliges?“, fragte er ganz sachlich. Ich schüttelte den Kopf, denn Cecilia hatte sonst nichts weiter erwähnt. Der Arzt erhob sich schwerfällig und trottete, für meinen Geschmack, viel zu langsam ins Nebenzimmer. Dieses war vorgestellt mit Regalen in denen etliche Bücher und Fläschchen, in den verschiedensten Farben, standen. Mit einer Seelenruhe, schaute er nach den Ettiketen der Fläschchen, während ich nervös daneben stand und von einem Fuß auf den anderen trat, am liebsten hätte ich ihn wirklich angebrüllt, er solle sich beeilen, doch das stand mir nicht zu, immerhin war die kleine Elisa auf seine Hilfe angewiesen. Nach einer halben Ewigkeit, zumindest erschien es mir so, fand er offensichtlich die richtige Mixtur und drückte sie mir in die Hand. „Das sollte helfen und nun geh“, brummte er offensichtlich schlecht gelaunt. „Wie viel muss sie den davon nehmen und wann können wir auf eine Besserung hoffen?“, fragte ich schnell bevor er mich abwimmelte. „Ähm...ich würde sagen ein Löffel voll, stündlich und mit etwas Glück sollte es ihr heute Abend schon etwas besser gehen, ansonsten ist es vielleicht bereits zu spät“, erklärte er und trottete zurück ins Schlafzimmer. Ich blieb noch einen Moment länger stehen und schaute mir die grünliche Flüssigkeit an. Sehr vertrauenserweckend sah sie nicht aus, aber ich war kein Arzt, deswegen nahm ich es einfach hin wie es war, wenn sie ihren Zweck erfüllte war ihr aussehen nebensächlich. Als ich gerade an dem Schlafzimmer vorbei ging hörte ich den Arzt irgendwas genervt vor sich herbrummeln. Die Tür war nur angelehnt, deswegen drangen die Worte trotz des Nuscheln, doch recht deutlich zu mir vor. „So eine Aufregung wegen einem verwöhnten Kind und dann auch noch ein Mädchen, solche Verschwendung und deshalb hat mich dieser junge Bursche nun aus dem Bett geholt“, hörte ich. Ich konnte das was ich gehört hatte echt nicht fassen, wie konnte ein Arzt, dem viele Menschen ihr Leben anvertrauten, nur so abfällig reden, nur weil er etwas unsanft geweckt wurde. Ich erkannte anhand dieser Aussage, das auch der Hausarzt der Familie vollkommen verdorben war. Doch im Moment gab es wichtigere Dinge und deshalb verließ ich das Haus des Arztes und machte mich schnell auf den Weg zurück.
 

Ich saß am Bett meiner kleinen Schwester Elisa und betete inständig das Laurence schnell wieder hier sein würde. Immer wieder musste ich den Lappen auf der Stirn von Elisa wechseln, um ihren Kopf wenigstens etwas zu kühlen. Das Erschreckende daran war, das zwischen dem Wechsel immer nur wenige Minuten lagen und ich gut jede halbe Stunde dazu gezwungen war, frisches Wasser zu holen. Der Lappen der nach dem eintauchen ins Wasser wirklich sehr kalt war, erhitzte sich so erschreckend schnell auf dem kleinen Köpfchen meiner Schwester, dass ich dachte sie würde jeden Augenblick sterben. Deshalb war ich dankbar für jede weitere Minute die verging, da es eine weitere Minute war in der meine Schwester lebte und noch eine winzige Chance bestand sie zu retten.

Ich hielt ihre Hand, damit sie sich an etwas in dieser Welt klammern konnte, damit sie wusste, dass ich sie auch in dieser schweren Stunde nicht alleine lasse. Die war völlig verschwitzt und wollte sich immer wieder von ihrer Decke befreien, doch Kälte war bei Fieber nicht gerade förderlich. Es war nicht einfach alles gleichzeitig zu tun und nicht eine witzige Sekunde von ihrer Seite zu weichen, aber es gab auch niemanden sonst hier, dem ich meine, dem Tode nahe, Schwester anvertraut hätte. Ich fühlte mich so schuldig, so als wäre ich Schuld an dem Zustand meiner Schwester. Die Zeit nachdem meine Mutter gestorben war, hatte ich mich viel zu sehr um mich selbst gekümmert, vielleicht wäre Elisa nicht krank geworden, wenn ich besser auf sie acht gegeben hätte.

Wo blieb Laurence nur mit dem Doktor? Ich war wirklich langsam den Tränen nahe. Ich fühlte mich so machtlos, denn ich konnte nicht verhindern, dass sie stirbt. Das Einzige was ich tun konnte, war für sie da zu sein und ihr die Wartezeit wenigstens etwas einfacher zu machen. Wieso musste der Arzt auch so weit weg wohnen? Was hatte sich Vater nur dabei gedacht? Elisa wühlte sich im Schlaf immer wieder hin und her, doch das verwunderte mich nicht, denn wer wusste schon von was für üblen Träumen, das kranke Kind heimgesucht wurde. „Mama“, murmelte sie plötzlich gequält und drückte meine Hand ganz fest mit der Ihren. „Mama“ flüsterte sie immer und immer wieder. „Mama, lass mich nicht alleine“, brüllte sie nun und warf sich wild von rechts nach links und andersherum. Ich setzte mich schnell aufs Bett und nahm sie in den Arm. „Elisa wach auf“, flüsterte ich und strich ihn vorsichtig übers Gesicht.

Die Kleine schlug die Augen auf und sah sich gehetzt um, bis sie erkannte, dass alles in Ordnung war, dauerte es einen Moment. „Schwester“, flüsterte sie schwach und sah mich an, „mein Kopf tut so schrecklich weh und mir ist so heiß.“ Es klang sehr ausgelaugt, aber in ihrer Situation erwartete ich nichts anderes. „Ich weiß, meine Kleine, aber keine Angst Laurence kommt gleich mit dem Doktor und der hilft dir dann. Sicherlich bis du bald wieder auf den Beinen“, versuchte ich ihr Mut zu machen. Sie lächelte schwach und kuschelte sich an mich. „Ich hab dich lieb, Schwester“, murmelte sie und schloss die Augen. Ich strich ihr vorsichtig übers Haar und war richtig gerührt von ihren Worten. „Ich hab dich auch lieb, Elisa“, flüsterte ich. „Können wir Mama besuchen gehen, wenn ich wieder gesund bin?“, fragte Elisa mich nach einer Weile. „Natürlich, können wir und dann können wir auch noch viel Spaß miteinander haben“, erwiderte ich leise. Ich könnte es nicht ertragen, wenn Elisa wirklich sterben würde. Sie ist so jung und unschuldig, aber Sarah wäre sicherlich noch trauriger, denn als Zwillinge hatten Elisa und Sarah eine ganz spezielle Bindung zueinander.
 

Wie einfältig die beiden doch waren, dachte Luzifer, denn er beobachtete ihr Treiben auf Erden durch die schwarzspiegelnde Fläche Almanera genannt. Er war die Verbindung zwischen dem Totenreich und der Welt der Lebenden. Er beobachte wie Laurence völlig gehetzt im Schloss ankam und auch wie die beiden anschließend versuchten dem kranken Kind die Medizin einzuflößen. Doch auch junges Leben war vergänglich, das würden die beiden nur allzu früh merken. Wenn der Tod kam waren die Menschen machtlos, egal wie viel Mühe sie sich gaben, ihn abzuwenden. Einzig Todesgötter wie er selbst, wussten wann die Zeit für einen Menschen gekommen war, sie konnten es sehen, wie lange jeder Mensch noch zu leben hatte. Wenn sie wollten konnten sie es auch beeinflussen, allerdings nur in eine Richtung gehend, denn der Tod persönlich ließ sich auch von ihnen nicht seiner Opfer berauben. Todesgötter hatten ein recht merkwürdiges Verhältnis zum Tod, vor allem wo sie doch nie selbst sterben konnten, unabhängig davon was ihnen zu stieß.

Laurence und Cecilia verwendeten wirklich viel Zeit darauf sich um das kleine Mädchen zu kümmern, jede weitere Stunde die verging flößten sie der Kleinen erneut Medizin ein und schienen zu hoffen und beten, was Luzifer überhaupt nicht gerne sah, mal abgesehen davon Gott würde ihnen nicht helfen, denn Gott mischte sich nicht in die Angelegenheiten seiner Schützlinge ein, es sei denn einer von ihnen wollte sich mit ihm auf eine Stufe setzen, das hatte er selbst zu spüren bekommen.

Wiederum war es auch sehr belustigend wie viel vertrauen, Cecilia doch in Laurence zu schienen hatte, denn ihn überließ sie ihre kranke Schwester, um sich selbst etwas zu erholen. Was andererseits wieder ärgerlich war, war die Tatsache, das Laurence dieses Vertrauen nicht missbrauchen würde, zumindest noch nicht. Laurence mochte wie ein Unschuldslämmchen aussehen, doch er konnte sein inneres Böses nicht ewig verstecken und kontrollieren, dazu hatte seine böse Seite in den vergangen Tagen schon zu oft Blut geleckt.

Schnell neigte sich dieser turbulente Tag dem Ende zu und das blaue Zelt wurde verschlungen von einem alles übertönenden Schwarz. Doch nicht nur der Tag begab sich in die Hände der Finsternis.

Endlich mal etwas erfreuliches für Luzifer. Er bereitete ihm große Freue sich am Leid und Schmerz der Menschen zu laben und die Aussicht auf ein neues Werk von seinem Schützling bereitete ihm zusätzliche Freude.
 

Nun saß ich hier am Bett der kranken Elisa, zusammen mit Cecilia und beide konnten wir nur warten, ob sich ihr Zustand besserte, aber bis jetzt hatte sich nichts verändert. Sie fühlte sich fast noch heißer an, aber das konnte auch täuschen. Langsam begann ich mich zu fragen, ob das Zeug, welches mir dieser Quacksalber mitgegeben hat, überhaupt wirkte. Plötzlich schlug die Kleine die Augen auf und Cecilia war sofort bei ihr. „Wie fühlst du dich, Elisa?“, flüsterte sie sorgenvoll. Die kleine Elisa lächelte schwach. „Cecilia, Schwester, ich werde gleich Mama wiedersehen, dann brauchst du dir keine Sorgen mehr um mich zu machen. Mama wird schon für mich sorgen.“, sagte Elisa so leise, das man wirklich genau hinhören musste. Cecilias Augen weiteten sich, sie nahm ihre Schwester behutsam in den Arm. „Nein, Elisa, nein bitte nicht. Ich will nicht noch jemanden verlieren, denn ich liebe, bitte bleib bei uns. Mama kannst du auch später noch wiedersehen, bitte halte durch Elisa, bitte“, flehte sie ihre Schwester am und brach in Tränen aus. Ich legte meinen Arm um Cecilia, selbst den Tränen nahe. „Weine nicht Schwester“, flüsterte Elisa und wischte unter Aufbietung ihrer letzten Kräfte, die Tränen von Cecilias Gesicht,“ meine Zeit ist gekommen, aber sorg doch bitte dafür, das Papa und unsere Geschwister wieder fröhlich sein können, sonst werde ich auch noch ganz traurig, so wie Mama. Ich bin wirklich glücklich, das ich eine große Schwester habe wie...di..ch...“ Das waren ihre letztem Worte und ihre kleinen Augen schlossen sich für immer und ihre Seele begab sich in die ungewisse Finsternis. „NEINN!“, schlurtzte Cecilia unter einem Strom auf Tränen, doch jetzt konnten wir nichts mehr tun. Ich konnte Cecilia nur in den Arm nehmen und für sie da sein. Sie durchweichte mein Hemd mit ihren Tränen, aber das war nur ein geringer Preis, denn ich gerne bereit war zu zahlen, wenn es zu ihrem Wohl war.

Als Cecilia sich irgendwann in den Schlaf geweint hatte, trug ich sie in ihr Zimmer, legte sie ins Bett und bereitete die Decke über sie. Anschließend überbrachte ich die traurige Nachricht, der restlichen Familie, doch es gab noch jemand, der es unbedingt erfahren sollte und zu diesem machte ich mich auch sogleich auf.
 

Als ich beim Haus des Arztes angekommen war, nahm ich meinen Geigenkoffer und das Fläschchen mit der Medizin mit nach drinnen. Ich fand den Hausarzt und seine Frau am Tisch vor, sie schienen gerade mit dem Essen fertig zu sein. „Guten Abend, ich komme um ihnen die Nachricht zu überbringen, dass das Kind gestorben ist“, erklärte ich als erstes. „Mein Beileid an die Familie der Kleinen“, murmelte die Frau des Arztes sogleich. Er selbst schaute nur nachdenklich drein. „Scheinbar hat meine neue Mixtur nicht funktioniert“, war alles was er herausbrachte. „Nein, offensichtlich nicht“, murmelte ich leise, damit die Wut nicht so stark aus meiner Stimmer herausklang, denn in diesem Moment hätte ich ihn am liebsten zu Tode geprügelt, doch ich wusste, das ich dazu nicht in der Lage war und außerdem sollte ich mir an solchen apathischen, gleichgültigen Leuten nicht die Hände schmutzig machen. Ich stellte die nutzlose Mixtur des Doktors auf den Tisch. Diesmal war es noch schwieriger mir selbst die Maske der Gleichgültigkeit aufzuerlegen, um diesem trägen Sündiger seiner gerechten Strafe zuzuführen.

„Dürfte ich sie vielleicht noch ein weiteres Mal um ihre fachkundige Meinung bitten, in einer etwas anderen Gelegenheit“ schmeichelte ich ihm. Geblendet von diesem Kompliment, war es einfach ihn geradewegs auf den Weg des Todes zu führen. „Ich spiele Musik und sicherlich auch auf der Trauerfeier des kleinen Mädchens und ich bin mir nicht ganz sicher, ob das von mir ausgesuchte Stück zu so einem Anlass passend ist, vielleicht könnten sie mir da weiterhelfen?“, fragte ich gespielt freundlich. „Aber natürlich, spiel ruhig Junge“, meinte der Doktor großzügig. „Vielen Dank“, erwiderte ich und fügte in Gedanken hinzu, das ihr es mir so einfach macht euch zu bestrafen.

Ich packte meine Geige aus und spielte das Stück, welches Gott mir empfohlen hat auszuprobieren, auch wenn ich nicht genau wusste, inwiefern es den zeitlichen Verlauf des Geschehens beeinflussen würde. Dabei stellte ich mir mit dem größten Vergnügen, den sehr qualvollen Tod dieses Sündigers vor. Danach verließ ich sein Haus und verschwand zurück zum Schloss.
 

Luzifer hatte Laurence auch weiterhin beobachtet, da er sowieso nichts besseres zu tun hatte. Es freute ihn, dass es tatsächlich schon so bald wieder zu einem Tod eines vermeintlich bösen Menschen kommen würde. Jedenfalls böse in den Augen seines Schützlings, für ihn selbst waren Menschen alle gleich, nur Laurence war dank ihm etwas Besonderes. Er fragte sich wie lange es wohl dauern würde, bis Laurence verstand, wie das mit der Beeinflussung der Zeit funktionierte, aber eigentlich war er ein schlaues Kerlchen, somit rechnete er mit wenigen Tagen. Neun Stunden später richtete Luzifer seinen Blick wieder auf das Haus des Doktor, da es ihn sehr interessierte, was sich Laurence für den Doktor ausgedacht hatte.

Der Doktor verließ das Haus und ritt mit dem Pferd irgendwo hin. Luzifer fragte sich ob das geplant war oder nicht, aber er wartete einfach, dann machte der Doktor plötzlich an einem riesigen See halt und nun konnte Luzifer sich denken, was Laurence für ihn als Todesart aufgewählt hatte. Er musste sehr wütend auf den Doktor sein, wenn er ihm einen solch qualvollen Tod bereitete. Ohne das Pferd anzubinden lief der Doktor zum Wasser und ging hinein immer tiefer und tiefer, bis er schließlich in den blauen Fluten verschwand. Man sah immer mal wieder vereinzelt keine Luftbläschen aufsteigen, doch kurze Zeit später kamen viele auf einmal, was bedeuten musste, das der Doktor gerade dabei war zu ertrinken. Ohne Luft in den Lungen konnten die Menschen schließlich nicht leben und es war mit Sicherheit einer der schlimmsten Tode zu ertrinken. Einfach zu spüren, wie man keine Luft mehr bekommt und sich stattdessen immer mehr Wasser in der Lunge ausbreitet, kurze Zeit später verliert man das Bewusstsein und schließt für immer die Augen, da das Gehirn nicht mehr mit Sauerstoff versorgt wird. Es dauerte nur wenige Sekunden bis die Leiche des Doktor wieder zur Wasseroberfläche kam. Fett schwamm nun mal oben und davon hatte der Doktor reichlich besessen. So würde ihn bald jemand finden. Menschen ließen sich Luzifers Meinung nach viel zu sehr von ihren Gefühlen leiten, aber bei Laurence war gerade das wunderbar, da er sich dadurch immer zu neuen Gräueltaten inspirieren ließ. Luzifer wurde auch weiterhin viel Spaß mit Laurence haben, da war er sich ziemlich sicher.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2009-11-10T09:35:05+00:00 10.11.2009 10:35
Das ist wirklich toll! Hier finde ich die Sprünge zwischen den Personen wirklich gut gelungen! Sie sind klar getrennt und deshalb nicht verwirrend, sondern sehr spannend!
Es ist echt witzig, was Luzifer für einen Spaß an der ganzen Sache hat xD
Ich bin schon gespannt, wies weiter geht!

lg kim


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