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Warmes Blut gefriert nicht

LavixKanda
von

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..Und die hoffnungslose Zukunft..

Er sah auf Lavis Hand und zögerte. War es nicht das, was er sich insgeheim gewünscht hatte? Aber in ihm machte sich Unsicherheit breit. Er war doch all die Jahre auch alleine zurechtgekommen. Er war stark geworden. Ja, er war doch stark. Da brauchte er keine Hilfe. Da brauchte er niemanden an seiner Seite. Doch wieso war es in letzter Zeit so schwer geworden, alleine zu sein? Wieso war die Dunkelheit so kalt geworden, dass er es in ihr nicht mehr aushielt? Irgendetwas in ihm hatte sich verändert und er ahnte, dass Lavi der Schuldige dafür war. Lavi hatte etwas getan, etwas, dass ihn jetzt so sehnsüchtig und doch so abneigend hier stehen ließ. War er denn nicht schwach, wenn er Lavi jetzt seine Hand reichte? Würde es nicht sein Ziel verraten, stark zu werden, wenn Lavi ihn beschützen würde?

Yu hatte das Gefühl, innerlich gleich zu zerreißen.

„Ich weiß, dass du mich hasst, aber dass du dir auch nichts mehr wünscht, als bei mir zu sein. Ich bin dein Segen und dein Fluch, ich bin die Sehnsucht in dir, nicht wahr? Du kämpfst so sehr gegen deine Gefühle an, dabei willst du nichts anderes, als nicht mehr alleine zu sein. Du träumst, dass man dich beschützt, aber es wird nur ein Traum bleiben solange du dich deinen wahren Gefühlen nicht stellst, Yu. Was hast du schon zu verlieren? Dein Herz? Du hast es doch schon verloren..“

Noch immer hielt Lavi ihm die Hand hin, während Yu den Blick gesenkt hatte, da er Lavis Blick nicht standhalten konnte, denn er hatte das Gefühl, dort in einen Spiegel zu sehen, der ihm die bittere Wahrheit zeigte, die er nicht sehen wollte.

„Ich kann dir deinen Traum erfüllen, Yu. Ich werde dich beschützen. Das ist ein Versprechen. Und selbst wenn du jetzt nicht meine Hand nimmst und gehst, werde ich dich dennoch immer beschützen. Ich werde bei dir sein, egal was kommt.“

Kanda biss sich auf die Unterlippe und sah Lavis Hand an. Je länger sein Blick auf Lavis Hand ruhte, desto mehr verstand er, dass er nicht mehr alleine sein wollte. Es war so warm, bei ihm war es so warm, er war so warm, wärmer als die Sonne selbst.

Alles in ihm schrie, diese Hand zu nehmen. Es war ein Verlangen, das er noch nie zuvor in sich gespürt hatte. Ja, er wollte raus aus der Dunkelheit, er wollte bei ihm bleiben. Auch wenn es ihm nicht gefiel und er Lavi am liebsten für seine Worte den Kopf abgeschlagen hätte, er hatte Recht. Lavi hatte mit allem was er gesagt hatte Recht. Und auch wenn es schwer war, dies zu akzeptieren, zu verlieren hatte er wirklich nichts.

Als er seine Hand, und damit auch seine kleine Welt, in Lavis Hand legte, war er froh, dass Lavi ihn an sich zog und nicht mehr losließ.
 

Lavi schloss glücklich sein Auge, als er Yu endlich so in seine Arme schließen konnte. Wie lange hatte er darauf schon gewartet? Er wusste es nicht mehr, aber seiner Meinung nach eh viel zu lange.

„Yu...“

Er sah ihn an und strich ihm vorsichtig über die Wange, so, als wäre Kanda aus Porzellan und leicht zerbrechlich.

„Egal was passiert, ich werde dich nicht alleine lassen..“

Zärtlich nahm er Kandas Gesicht in seine Hände und küsste ihn. Er spürte, wie Yu erschrak und versuchte, sich ihm zu entziehen. Doch er hielt ihn weiter fest, jetzt, jetzt würde er ihn nicht mehr gehen lassen. Er würde ihm zeigen, wie schön das Licht sein konnte. Er würde ihm alles Schöne zeigen, er wollte in ihm wie ein Sturm wüten und alles offen legen. Das Alte, das Schlechte, einfach wegfegen und Platz für Neues, für ihn in Kandas Herzen schaffen.
 

Langsam hörte er auf, sich dagegen wehren zu wollen. Es hatte sowieso keinen Sinn. Lavi hatte ihn schon voll und ganz eingenommen. Zögerlich begann er, den Kuss zu erwidern. Dieses Gefühl war ihm fremd, noch nie war jemand ihm so nahe gekommen, nein, noch nie hatte er jemanden so nahe an sich rangelassen. Doch Lavis Lippen hatten irgendetwas anziehendes, wogegen er sich einfach nicht mehr wehren konnte. Noch immer war er unsicher, ob es wirklich okay war, aber er rief sich Lavis Worte in Erinnerung, alles, was er zu ihm gesagt hatte und versuchte, versuchte wirklich an diese zu glauben.

Er spürte, wie Lavis Arme sich ein wenig enger um seinen Körper schlangen und er fürchtete, dass Lavi dadurch bemerken würde, wie wild sein Herz schlug. So löste er den Kuss und drückte sich von ihm weg. Er konnte nur erahnen, wie rot sich seine Wangen gefärbt hatten, weswegen er es bevorzugte, den Kopf leicht zur Seite zu drehen und wegzuschauen.
 

Lavi lachte nur leise, als Yu, scheinbar peinlich berührt, sich etwas von ihm wegdrehte. Doch von heute an würde er nicht mehr zulassen, dass Kanda sich von ihm abwandte. Er ergriff Kandas Kinn und drehte seinen Kopf zu sich, ehe er ihn erneut küsste, dieses Mal inniger als zuvor. Sein anderer Arm legte sich um Kandas Hüfte und zog ihn so wieder an sich. Ihm so nahe zu sein, es war einfach zu schön, als das er es wieder missen wollte. Seine Lippen, seine Haut, sie waren weicher als er es sich erträumt hatte und seine kalten Hände ließen jedes Mal einen Schauer über seinen Rücken laufen. Und er wusste, irgendwann würde Yu sich nicht mehr dagegen sträuben ihm so nahe zu sein, irgendwann würde er ihn ansehen und lächeln. Ein Lächeln von Yu geschenkt zu bekommen hatte er sich schon immer gewünscht.
 

„Komm mit Yu! Gleich geht die Sonne unter, lass uns in den Garten gehen!“ meinte Lavi lächelnd, als sie auch den zweiten Kuss gelöst hatten und ergriff Kandas Hand. Ohne eine Antwort abzuwarten, zog er ihn aus dem Zimmer.

Yu, noch immer ganz aufgewühlt durch die Küsse, stolperte einfach hinter Lavi her und ließ sich in den Garten ziehen.

„Von hier kann man den Sonnenuntergang wirklich gut sehen. Ich schau ihn mir manchmal an.“

Ich weiß... dachte sich Kanda und folgte Lavis Blick in den Himmel. Er hatte Lavi schon öfter hier gesehen, wie er an den Baum gelehnt saß und sich alleine den Sonnenuntergang angeschaut hatte. Er war kein einziges Mal zu ihm gegangen. Er hatte nur ab und zu dagestanden und ihn ein wenig beobachtet, aber nie sonderlich lange, hatte er doch nie bemerkt werden wollen. Er wusste nicht genau wieso er Lavi immer mal wieder zugesehen hatte, wahrscheinlich weil Lavi selber fast wie die Sonne war. Er hatte immer mit gemischten Gefühlen da gestanden. Voller Hass, voller Sehnsucht. Und jetzt stand er wirklich mit ihm zusammen hier. Nie hatte er sich so etwas ausgemalt, kein einziges Mal daran gedacht, dass dies irgendwann passieren könnte.

Der Himmel färbte sich rot während die Sonne ihren Rückweg antrat, um Platz für die Nacht einzuräumen. In Yu stieg ein mulmiges Gefühl auf, endlich konnte er den Anblick der Sonne ertragen, die warmen Strahlen wieder spüren und nun wollte sie schon gehen? Was, wenn über Nacht wieder alles anders werden würde? Wenn die Sonne ihn am nächsten Tag wieder verhöhnen würde, oder wenn sie einfach gar nicht scheinen würde? Wer gab ihm die Sicherheit, die Garantie, dass es morgen nicht schon wieder wie gestern sein würde?
 

Lavi entging Kandas sehnsüchtiger und unsicherer Blick Richtung Sonnenuntergang nicht und schloss ihn deswegen von hinten fest in seine Arme.

„Keine Angst Yu, ich bin doch da. Du brauchst keine Angst mehr zu haben.“

„Tz.. ich habe keine Angst!“

„Haha, okay, okay.. meinetwegen. Setzen wir uns?“

Wieder wartete Lavi keine Antwort ab und setzte sich einfach, zog Yu mit, sodass dessen Rücken an seiner Brust lehnte und er weiter seine Arme um ihn legen konnte.

Auf Kandas Wangen trat wieder eine leichte Röte, doch schwieg er und schaute der Sonne zu, wie sie sich weiter neigte. Auch Lavi schaffte es, zu schweigen und einfach nur dem Sonnenuntergang zuzusehen.
 

Die Sonne neigte sich ihrem Ende zu und der Garten wurde von einer sanften Dunkelheit erfasst. Kanda schaute weiter in den Himmel, auf dem sich die ersten Sterne abzeichneten und wo die silberne Flut des Mondes den Nachthimmel erhellte. Er spürte, wie Lavi ihn eine Spur mehr an sich drückte und wie sich dessen Hand auf seine legte.

„Yu..? Frierst du? Deine Hände sind heute besonders kalt...“

„Nein.. nein mir ist nicht kalt.“

Wenn er ehrlich war, war ihm noch nie so warm gewesen wie gerade in diesem Moment.
 

In dieser Nacht wurden heimlich alle Lebensmittel und Labore durchsucht. Zum Schrecken aller die von dem Gift wussten, waren die Nahrungsmittel tatsächlich vergiftet worden. Glücklicherweise schien noch keines dieser Lebensmittel verwendet worden zu sein. Unauffällig wurde alles entsorgt. Nun war es sicher, sie mussten einen Verräter in den eigenen Reihen haben. Komui traf diese Erkenntnis am meisten. Dennoch musste schnell gehandelt werden, bevor der Täter merkte, dass sie von dem Gift wussten. Am frühen Morgen fanden sich Reever, Kanda und Lavi im Büro von Komui ein.

„Wir haben nur diesen Tag.“ sagte Komui ernst und stand von seinem Stuhl auf.

„Nur diesen Tag, um herauszufinden, wer uns verrät. Wenn wir länger brauchen wird er wissen, dass wir von dem Gift wissen. Schließlich haben wir die vergifteten Lebensmittel entfernt. Lavi und Kanda, ihr werdet die Zimmer von allen Wissenschaftlern und Findern durchsuchen. Das ein Exorzist dahinter steckt ist unwahrscheinlich. Reever und ich werden in der Zwischenzeit dafür sorgen, dass ihr ungestört seid. Ich habe heute viele auf kleine Missionen geschickt, war gar nicht so einfach, sich was auszudenken..“

Komui ließ sich wieder auf seinen Stuhl fallen und seufzte leise.

„Für die, die noch hier sind, werden Reever und ich schon eine Beschäftigung finden.“

Ein Grinsen schlich sich auf seine Lippen und seine Augen bekamen einen verliebten Ausdruck.

„Komurin wird uns mit allen Mitteln unterstützen!“

Auf Lavis Gesicht bildete sich kurz ein entsetzter Ausdruck, als Komui Komurin erwähnte. Jedoch wäre dieser sicher in der Lage, ihnen einige Zeit zu verschaffen.

„Wonach sollen wir genau suchen Komui?“

„Nach allem verdächtigen was ihr finden könnt. Am Besten wäre es natürlich, ihr würdet das Gift finden. Wenn ihr glaubt, fündig geworden zu sein, dann meldet sich einer von euch bei mir. Wir werden dann sofort überprüfen, ob es das Gift ist oder einer der Substanzen, mit denen es hergestellt wurde.“

Lavi nickte verstehend.

„Ihr müsst euch beeilen, denkt daran. Wir haben nur diesen Tag. Ich befürchte, dass der Verräter mit den Noah oder gar mit dem Millennium Earl selbst zusammen arbeitet. Wir müssen diesen.. diesen Mistkerl unter allen Umständen finden!“

Komui ballte die Hand zur Faust und schaute in die ernsten Gesichter seiner Gegenüber.

„Fangt im zweiten Stock an, dieser ist leer.“

„Komui.. wir werden ihn finden. Und dann Gnade ihm Gott.“

Kandas kalte Stimme jagte selbst Komui einen kalten Schauer über den Rücken und mit gemischten Gefühlen sah er den beiden Exorzisten nach.

„Viel Glück...“
 

Kanda machte sich mit Lavi auf den Weg in den zweiten Stock, wo sich die Schlafräume der Finder und der Wissenschaftler befanden.

„Wir teilen uns auf, dann geht es schneller.“ sagte Kanda und war schon im ersten Zimmer verschwunden, hatten sie doch keine Zeit zu verlieren.

Es war wirklich eine mühselige Aufgabe. Die meisten Zimmer waren vollgestopft mit allem möglichen Kram und es dauerte lange, bis ein Zimmer gründlich durchsucht war, auch wenn sie alle nicht besonders groß waren. Es waren schon über fünf Stunden vergangen und sie hatten erst die Hälfte der Zimmer durch. Viel Zeit blieb ihnen nicht mehr, doch bis jetzt hatte sich einfach nichts ergeben. Es gab keine Anzeichen für irgendein Gift.

Kanda verließ das gerade durchsuchte Zimmer und widmete sich dem nächsten. Jedoch ließ sich dieses nicht öffnen, es war von innen zusätzlich verriegelt, was ihn stutzig werden ließ.

„Lavi? Ich glaube, ich habe was...“

„Hm?“

Lavi lugte aus einem anderen Zimmer hervor, ehe er dieses verließ, die Tür ordentlich schloss und zu Yu rüber ging. Er blieb neben ihm stehen und schaute die Tür an.

„Ich finde, sie sieht nicht verdächtig aus, die Tür mein ich. Sieht doch aus wie jede andere.“

Yu sah ihn leicht genervt an.

„Versuch sie zu öffnen!“

Lavi zuckte leicht mit den Schultern und versuchte nun ebenfalls sein Glück, doch kaum hatte er die Türklinge berührt verstand er, was Kanda gemeint hatte.

„Ein extra Schloss... so so.. das ist natürlich wirklich verdächtig.“

Ein Grinsen huschte über Lavis Gesicht.

„Meine Fertigkeiten als Bookman sagen mir, dass das hier das Zimmer ist was wir suchen! Lass mich nur machen! Ich bring uns schon unauffällig hier rein!“

Kanda verschränkte die Arme vor der Brust und sah ihn abwartend an, ehe Lavi sich auch schon ans Werk machte, das zusätzliche Schloss aufzubrechen.

Nachdem einige Minuten vergangen waren, wurde Kanda ungeduldig. Er schaute den leeren Gang entlang, ehe er sich genervt an Lavi wandte.

„Lass mich die Tür doch einfach eintreten!“ forderte Yu und schaute zu Lavi rüber.

„Und wenn wir falsch liegen? Wie willst du das dann erklären? Ich hab es doch gleich!“

Und schon war ein leises Klack zu hören und die Tür öffnete sich.

„Hab ich es nicht gesagt?“

Lavi schaute grinsend zu ihm rüber, ehe er schon das Zimmer betrat. Kanda folgte ihm.
 

In dem Zimmer sah es aus, als hätte ein Sturm gewütet. Bücher lagen auf den Boden, überall flog Papier herum, kleine Fläschchen und Scherben lagen verteilt, selbst auf dem Bett, das links an der Wand stand, waren Pergamente, Bücher und der gleichen zu finden. Gegenüber von dem Bett stand ein zugemüllter Schreibtisch. Kanda ging zu diesem rüber.

„Also wenn du mich fragst, haben wir hier den Richtigen gefunden..“ meinte Lavi und bückte sich, um einige der Zettel und Bücher aufzuheben.

Yu hingegen hatte einige Unterlagen zur Seite geschoben und darunter verborgen eine kleine Schatulle entdeckt, die er etwas eindringlicher musterte.

„Hey.. das sind Unterlagen zu den Exorzisten und ihren Innocence!“

Lavi schaute auf und sein Auge weitete sich.

„Nein Yu! Nicht!“

Noch gerade rechtzeitig war er aufgesprungen, um Yu von der Schatulle zu zerren, die er gerade geöffnet hatte. Und das keine Sekunde zu spät, denn schon im nächsten Moment explodierte die kleine Schatulle und setzte den Schreibtisch in Brand.

Kanda öffnete langsam die Augen und fand sich sicher in Lavis Armen auf dem Boden wieder. Lavi hatte ihn gerade noch rechtzeitig zu Boden geworfen, ansonsten hätte ihn die Explosion erwischt. Lavi richtete sich auf und hustete ein wenig, sammelte sich schon der Rauch in diesem Raum. Dennoch lächelte Lavi ihn an.

„Alles okay Yu?“

Kanda nickte leicht und erst als Lavi aufstand sah er, dass er am Arm verwundet war.

„Lavi.. dein Arm..!“

„Ach.. das ist nichts Yu!“ meinte Lavi nur dazu und lächelte wieder, ehe er seinen Hammer nahm, ihn wachsen ließ und mit dem Element Wasser das Feuer löschte.

„Puhh.. das war ganz schön knapp. Das vorhin war eine ganz besondere Schatulle. Sie jagt sich selber in die Luft, wenn man sie öffnet, ohne auf der Unterseite ein Passwort einzugeben. Aber die meisten Beweise sind wohl verbrannt.. so ein Mist.“

„Lass es mich sehen.“

„Hm? Was denn Yu-chan?“

Lavi wandte sich ihm zu.

„Was wohl?“ herrschte ihn Kanda an und ergriff vorsichtig aber bestimmend Lavis verletzten Arm.

„Wieso hast du das getan? Du weißt doch, dass ich mich selber heile!“

„Ja schon, aber dennoch empfindest du Schmerzen und das wollte ich nicht.“

Yu konnte Lavi bei diesen Worten nur ansehen, biss sich dann aber leicht auf die Unterlippe und senkte den Blick.

„Du bist ein Idiot!“

Er ergriff Lavi am Handgelenk und zog ihn aus dem Zimmer.

„Wo.. wo willst du denn hin, Yu-chan?“

„Ich bringe dich in die Krankenstation, den Rest werde ich übernehmen.“

„Aber..“

„Nichts aber!“

Kandas herrischer Ton ließ Lavi zusammen zucken und schweigen. Einige Momente sah er ihn einfach nur an, doch dann lächelte er etwas.

„Sag doch einfach, dass du dir Sorgen machst.“

„Halt die Klappe!“ kam es wütend von Yu, doch das Lächeln auf Lavis Gesicht weichte den erzürnten Worten Kandas nicht.
 

Während Lavis Arm, der kleinere Brandwunden aufwies, verarztet wurde, informierte Yu Komui und Reever. Beide sahen sich das Zimmer an, während die anderen arbeiteten oder Komurin sie in Schach hielt.

„Auch wenn wohl die wichtigsten Sachen verloren sind, besteht kein Zweifel. Taki ist der Verräter. Das.. das hätte ich nie gedacht. Ich frage mich, was ihn nur dazu getrieben hat..“

Komui seufzte schwer und hatte den Blick zu Boden gerichtet. Taki war zwar ein stiller, aber doch recht fröhlicher Wissenschaftler gewesen und hatte viel gute Arbeit geleistet.

„Was hat dein Herz nur so verdorben..?“ flüsterte er verbittert und Reever legte ihm tröstend eine Hand auf die Schulter. Komui schenkte ihm ein mattes Lächeln.

„Ich weiß, dass es hart für dich ist Komui. Du hast dich gut mit Taki verstanden, oder?“

„Er.. er war für mich ein guter Freund. Ich hätte nicht im Leben daran gedacht, dass er uns alle mal verraten würde. Ich verstehe es nicht, was hat ihn nur dazu gebracht? Wieso habe ich nichts gemerkt?“

Er ballte die Hände zu Fäusten. Er hätte doch etwas merken müssen. Schließlich hatte er sich seinen Freund genannt. Aber noch schlimmer war es für ihn, dass er Taki nicht hatte helfen können. Man wurde nicht einfach so zum Verräter. Wieso hatte er ihm nicht helfen können?

Plötzlich spürte er Reevers Arme um sich, die ihn Halt bietend festhielten.

„Mach dich nicht fertig deswegen. Es ist nicht deine Schuld.“

Komui nickte leicht und schloss die Augen. Er war froh, dass Reever gerade bei ihm war, war es in solchen Situationen nicht immer leicht, der Verantwortliche zu sein. Er wusste, er konnte sich immer auf Reever verlassen und er hatte ihm schon oft einen Teil seiner Last genommen.

„Sag mir.. dass so etwas mit dir nicht passiert, dass du uns, mich nie verraten wirst..“

Reever lächelte.

„Das ist ein Versprechen.“
 

Einige Momente blieb es zwischen ihnen still, doch langsam fing sich Komui wieder und löste sich von Reever. Er sah ihn an und lächelte ein wenig, fühlte er sich durch Reevers Versprechen besser.

Gemeinsam verließen sie das Zimmer und machten sich auf den Weg zur Krankenstation, wo Lavi und Kanda noch immer warteten. Komui holte einmal tief Luft, ehe er den Raum betrat und mit gefasster Miene den beiden gegenüber trat.

„Lavi, bist du soweit in Ordnung?“

„Klar, alles kein Problem! Aber ist..“

Lavi musste nicht weiterreden, denn schon allein Komuis Blick verriet ihm die Antwort auf seine Frage. Taki hatte sie also wirklich verraten und mit ihren Feinden gemeinsame Sache gemacht.

„Oh man.. das hätte ich ihm wirklich nicht zugetraut. Wie man sich in Menschen täuschen kann.“

Lavi seufzte kurz.

„Deswegen sollte man sich auf sie auch nicht einlassen.“

Yu warf Lavi einen Blick zu, ehe er sich an Komui wandte.

„Was gedenkst du nun zu tun?“
 

Lavi bekam bei Kandas Blick ein unbehagliches Gefühl. Was wollte Yu ihm damit sagen? Sollte dies eine Art Rechtfertigung sein, dass er sich all die Jahre auf keinen Menschen eingelassen hatte, weil er es angeblich besser wusste? Oder wollte er ihm damit beweisen, dass es angeblich unklug war, sich auf andere einzulassen? Oder war es gar ein Zeichen, dass Yu es bereute, sich auf ihn einzulassen, weil er noch immer fürchtete, dass er ihn fallen lassen würde?

„Nein das ist Schwachsinn!“ kam Lavi Komui zuvor, der schon den Mund geöffnet hatte, um etwas zu sagen.

„Es stimmt schon, dass Menschen einen enttäuschen können. Aber nicht alle sind so. Und sich einfach von allem abzuwenden ist keinen Deut besser! Es gibt Menschen, denen man vollkommen vertrauen kann, Yu!“

Im ersten Moment sah Kanda ihn überrascht an, hatte er wohl nicht damit gerechnet, von Lavi Widerworte zu erhalten, doch dann verfinsterte sich sein Blick, ehe er weg sah.

Komui schaute von einem zum anderen und fragte sich, was denn hier gerade los war, doch es war deutlich zu merken, dass sich zwischen den beiden irgendetwas angebahnt hatte. Wenn diese Sache hier vorbei war, würde er aus Neugier die beiden Mal genauer unter die Lupe nehmen, doch im Moment gab es wichtigeres zu tun.

Er räusperte sich kurz, um die Aufmerksamkeit wieder auf sich zu lenken.

„Taki befindet sich gerade in den Laboren. Ich werde ihn dort herauslocken. Die Sache muss nicht jeder hier erfahren, ich will nicht, dass Panik oder dergleichen aufkommt. Dann werden wir ihn in Ruhe zu der ganzen Sache befragen. Was danach kommt.. das werden wir sehen. Ohne eine Entscheidung des Vatikans können wir nicht viel tun außer ihn wegzusperren, bis sie sein Urteil beschlossen haben. Gehen wir.“
 

Mit einem mulmigen Gefühl betrat Komui eines ihrer Labore. Lavi und Kanda warteten zwei Zimmer weiter auf sie, sollten sie bei der Befragung dabei sein. Reever stand an der Tür und er konnte seinen Blick auf sich ruhen spüren. Innerlich war er sehr aufgewühlt wegen der ganzen Sache, doch nach außen hin war er gefasst. Er schritt auf Taki zu, der gerade über Unterlagen brütete, und lächelte.

„Taki? Kann ich dich mal sprechen?“

Der braunhaarige, gut eins achtzig große Wissenschaftler schaute von seinen Unterlagen auf und schenkte Komui ein freundliches, wenn auch schüchternes Lächeln.

„Natürlich.. Worum geht es denn?“

Bei diesem falschen Lächeln zerriss es Komui beinahe das Herz.

„Komm mit, es geht um..“ Komui beugte sich zu ihm vor und wurde etwas leiser. „Um einen neuen Komurin. Ich will dir als erstes die Pläne zeigen!“

Taki war einer der wenigen gewesen, der recht viel Interesse an Komurin gezeigt hatte, vielleicht hatte er Taki deswegen so gerne gehabt? Sie hatten sich oft über Komurin und seine Funktionen unterhalten, hatte doch auch Taki mal den Wunsch gehabt, sich an so einen Bau zu versuchen. Aber diese Zeiten waren nun endgültig vorbei.

„Oh wirklich? Ja ich komme sofort!“

Taki stand auf und folgte Komui hinaus aus dem Labor.

„Weißt du Komui.. das war wirklich ein guter Versuch.“

Bevor sich Komui zu Taki umwenden konnte, wurde er von diesem von hinten gepackt.

„Aber nicht gut genug..“

Komui konnte noch nicht einmal einen Laut des Schmerzes geben, als sich das scharfe Messer in seinen Bauch rammte und Taki es einmal wand. Das einzige was er noch mitbekam war Reevers Stimme, die laut seinen Namen rief, bevor er zu Boden ging.
 

Obwohl es seine Pflicht gewesen wäre, Taki hinterher zu laufen und ihn aufzuhalten, brachte Reever es nicht übers Herz, Komui hier einfach liegen zu lassen. Er ließ sich neben ihn auf die Knie fallen und starrte auf das Messer, welches noch in Komui steckte.

„Komui.. Komui! Halte durch!“

Vorsichtig hob er ihn ein wenig an, seine Hände zitterten leicht. Komui brauchte Hilfe, und zwar schnell.

„LAVI! KANDA!“
 

Lavi schaute zu Kanda rüber, der seinen Blick nach draußen geheftet hatte.

„Was sollte das Yu-chan? Glaubst du etwa immer noch, ich würde dich einfach wieder so alleine lassen? Ich habe dir doch gesagt, dass-“

Reevers markerschütternde Stimme unterbrach Lavi und beide starrten einen Moment Richtung Tür, ehe sie schon hinaus auf den Gang stürmten.

„Reever was... Komui!“

Geschockt starrte Lavi die beiden an.

„Was.. was ist passiert?“

„Das erkläre ich euch später! Ihr müsst Taki hinterher laufen, bevor er das Hauptquartier verlassen hat! Beeilt euch!“

Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, rannten beide los, um Taki aufzuhalten.

Mittlerweile waren die anderen Wissenschaftler durch den Lärm aufmerksam geworden und rannten nun ebenfalls auf den Gang. Danach ging alles sehr schnell. Komui wurde zur Krankenstation gebracht und Reever und die anderen wurden nach draußen verbannt, während man sich um Komui kümmerte. In Reever kam ein Hass hoch, den er selten so intensiv verspürt hatte. Sollte Komui nicht durchkommen, dann würde sich Taki wünschen, nie geboren worden zu sein. Er biss sich auf die Unterlippe und ging ungeduldig auf und ab. Nach einigen Minuten konnte er Kanda und Lavi erblicken, die mit leeren Händen wiederkamen. Taki war entkommen. Vor Wut biss er sich so fest auf die Unterlippe, dass sie zu bluten anfing, doch den Schmerz davon merkte er kaum. Es war nur der bittere Geschmack im Mund, der ihn wissen ließ, dass er blutete und weswegen er sich leicht mit seinem Handrücken über die Unterlippe wischte.

„Weiß man schon etwas..?“ fragte Lavi vorsichtig, entging es ihm doch nicht, wie angespannt und mitgenommen Reever war.

„Nein.. nichts...“

Lavi seufzte kurz.

„Tut mir Leid. Wir haben überall gesucht, aber er scheint sich in Luft aufgelöst haben. Wahrscheinlich hat er damit gerechnet, dass er bald auffliegt und hat sich einen schönen Fluchtplan zu Recht gelegt.“

Er warf einen Blick zu Yu rüber, dem man die Unzufriedenheit deutlich ansah. Mit verschränkten Armen lehnte er an der Wand und sein Blick sprach tausend Bände. Aber nicht nur Kanda war wütend, er selber war es auch. Da hatten sie schon herausgefunden, wer der Verräter war und dann passierte so etwas.
 

„Komui ist ein Idiot. Er hätte das sofort uns Exorzisten überlassen sollen!“

„Pass auf was du sagst!“

Reever ging auf Kanda zu und packte ihn am Kragen.

„Sprich nicht so über ihn! Er hat das alles doch für euch Exorzisten getan! Er wollte euch schützen!“

Kanda sah Reever mit gleichgültigem Blick an.

„Ich habe nie darum gebeten. Meine Aufgabe ist es, gegen die Akuma zu kämpfen und wer sich auf ihre Seite schlägt ist genauso mein Feind und muss vernichtet werden.“

„Aber Taki war sein Freund! So jemand wie du hat doch keine Ahnung wie so etwas ist!“

Kandas Blick wurde vernichtend, sodass Reever schlucken musste und Lavi ahnte, dass gleich eine Katastrophe passierte, wenn er nicht dazwischen ging.

„Beruhigt euch doch! Für so etwas ist nun wirklich keine Zeit!“

Lavi ging zwischen die beiden und hielt einen kleinen Abstand zwischen ihnen für klug.

„Außerdem hätte Komui das sicher auch nicht gewollt. Das ist nun mal eine schwierige Situation.. für uns alle.“

„Tz..“ Kanda drehte seinen Kopf zur Seite weg, doch sagen tat er dazu nichts mehr. Lavi legte ihm eine Hand auf die Schulter und versuchte ihn mit einem Lächeln etwas aufzumuntern, doch er hatte nicht das Gefühl, dass das nicht gerade viel brachte. Kurz seufzte er und sah auf die Tür, hinter der Komui behandelt wurde und gegen welche Reever seine Stirn gelehnt hatte.

Komm schon Komui.. du kannst uns nicht hängen lassen. Vor allem Reever nicht! schoss es Lavi bei diesem Anblick durch den Kopf.
 

Eine Viertelstunde später öffnete sich die Tür und die Krankenschwester kam mit einem Lächeln aus dem Zimmer.

„Er ist über den Berg!“ erklärte sie erleichtert den Wartenden und allen schien ein Stein vom Herzen zu fallen.

Reever war der Erste, der das Zimmer betrat und sich an Komuis Bett stellte. Vorsichtig strichen seine Finger über Komuis Hand.

„..Reever..?“ durchdrang Komuis schwache Stimme die Stille und Reever konnte sehen, wie Komui langsam die Augen öffnete.

„Ja.. ich bin es. Aber du solltest nicht reden, ruh dich aus.“
 

Komui wandte den Kopf ein wenig, damit er Reever ansehen konnte. Jedoch konnte er nur Umrisse erkennen, jemand hatte ihm seine Brille abgenommen und irgendetwas ließ seine Sicht zudem ganz schön verschwimmen. Er brauchte einen Moment bis er bemerkte, dass es seine eigenen Tränen waren. Er spürte, wie Reever seine Hand fest drückte und ihm dann einige Tränen wegwischte.

„..Okay.. schon okay Komui, es ist alles okay...“

Er erwiderte den Druck der Hand leicht und Komui war froh, dass Reever in diesem Moment bei ihm war. Er wollte nicht weinen, aber er konnte die Tränen einfach nicht zurückhalten. Insgeheim hatte er gehofft, dass es vielleicht einen guten Grund für Takis Vergehen gab, eine Lösung, dass sie doch noch Freunde bleiben konnten, doch all seine Hoffnung war zerplatzt. Taki hatte sich nicht nur gegen den Orden gewendet, sondern auch gegen ihn und das hatte er schmerzhaft erfahren müssen. So ein Verrat tat schrecklich weh. Und in diesem Augenblick fühlte er sich einfach nur machtlos und schwach.

„Wieso.. ist mir nichts...auf.. gefallen, wieso.. musste es soweit.. kommen..?“

„Es ist nicht deine Schuld. Hörst du? Du hast keinen Grund an dir zu zweifeln. Komui, wir können nicht immer alle beschützen die uns lieb sind, auch wenn wir es wollen.“
 

Reever seufzte leise, es schmerzte ihn, Komui so aufgelöst zu sehen, auch wenn er ihn gut verstehen konnte. Es war immer hart, von einem Freund verraten zu werden und es war noch harter, wenn dieser Freund dann auch noch versuchte einen umzubringen.

In diesem Moment schwor sich Reever alles nötige zu tun, damit Taki gefasst wurde und er für seine Sünden büßen musste. Und wenn er es selber war, der diese Sünden bestrafte.

Zärtlich strich er Komui durchs Haar und schenkte ihm ein kleines Lächeln.

„Du bist stärker als das, dass weiß ich. Und wenn das alles hier vorbei ist, dann schmeißen wir eine kleine Party. Lavi wird auf dieser Party wie immer einschlafen und Kanda wird als letztes kommen, mit seinem grimmigen Gesichtsausdruck. Und wir beide werden darüber lachen, so wie wir es immer tun.“
 

Komui konnte nicht anders, als das sich ein leichtes Lächeln auf seine Lippen legte, als er die Worte hörte, die er so ähnlich zu Allen gesprochen hatte. Und dieser Gedanke daran, dass es bald so sein würde, spendete ein wenig Kraft. Sachte nickte er.

„..Danke ...Reever.“

„Schlaf noch ein wenig, ich werde mich um den Rest kümmern.“

Noch einmal konnte Komui fühlen, wie Reever seine Hand drückte, doch dann verließ er das Zimmer.
 

Lavi hatte geahnt, dass Reever mit Komui lieber vorerst alleine sein wollte, weswegen er die anderen abgehalten hatte, in das Zimmer zu gehen. Als Reever wieder zu ihnen trat, schauten alle sofort auf.

„Wie geht es ihm?“

„Ganz gut soweit, aber er schläft jetzt wieder. Er braucht viel Ruhe.“

Reever seufzte leise, doch wandte er seinen Blick dann auf die beiden Exorzisten, während die Wissenschaftler erleichtert die Krankenstation verließen, um Komui die nötige Ruhe zu schenken.

„Wir müssen Taki so schnell es geht finden. Weit kann er sicher noch nicht gekommen sein. Ich bitte euch.. bitte seht noch einmal in der Umgebung nach. Vielleicht lässt sich irgendeine Spur finden.“

„Klar! Ist kein Problem Reever!“ sagte Lavi, bevor Yu auch nur den Mund aufmachen konnte und zog ihn dann auch schon mit sich.

„Du weißt genauso wie ich, dass das sinnlos ist!“

„Ja, das weiß ich. Aber Reever ist es wichtig. Hast du es denn nicht gemerkt? Reever mag Komui! Also ich kann ihn wirklich gut verstehen. Wenn ich an seiner Stelle gewesen wäre, hätte ich uns auch darum gebeten. Und vielleicht finden wir ja doch noch etwas.“

Kanda konnte über Lavis Worte nur seufzen, dennoch machte er sich mit ihm auf den Weg, eine Spur von Taki zu finden.
 

Den restlichen Tag hatten sie damit verbracht, nach Taki zu suchen, jedoch vergeblich. Als die Sterne den Himmel bedeckten, kehrten sie ins Hauptquartier zurück. Lavi bestand darauf, noch einmal zu sehen, wie es Komui ging und Kanda folgte ihm ohne ein Wort dazu zu sagen.

In der Krankenstation trafen sie jedoch nur auf einen Reever an, der auf dem Stuhl neben Komuis Bett eingeschlafen war, sowie Komui selbst, der ebenfalls schlief. Lavi lächelte über dieses Bild, ehe sie leise das Zimmer verließen.

„Wir sollten auch langsam ins Bett, für heute hat es keinen Sinn mehr, irgendetwas zu unternehmen. Morgen werden wir weiter sehen.“

Lavi schaute zu Kanda rüber und zog ihn dann einfach in eine Umarmung. Er seufzte leise und schloss das Auge für einige Momente.

„Yu-chan.. ich bin wirklich froh dich zu haben.“

Kanda, der zuerst nichts getan hatte, lehnte sich langsam gegen ihn und schloss ebenfalls für kurze Zeit seine Augen. Sachte ließ Lavi seine Hand über Kandas Rücken gleiten, ehe er sie an Kandas Kinn legte und dieses leicht anhob. Dann verschloss er ihre Lippen zu einem Kuss, gegen den Yu sich erst etwas sträubte, dann aber doch zögerlich erwiderte.

Er lächelte Yu an, als sie den Kuss lösten und ergriff seine Hand. Gemeinsam mit ihm ging er zu seinem Zimmer, vor dem Kanda jedoch zögerlich stehen blieb als er die Tür öffnete. Lavi schaute ihn einen Moment fragend an, doch dann lächelte er und zog Yu einfach ins Zimmer hinein.

„Es ist schon okay Yu-chan! Du musst nicht mehr alleine in dein Zimmer zurück. Bleib hier, hier bei mir! Hier bei mir wird es nie dunkel sein.“
 

Als Yu erwachte, blendete ihn die Sonne so sehr, dass er die Augen zukneifen musste. Es war so hell, das war er gar nicht gewöhnt. Aber dennoch empfand er es nicht als unangenehm, ganz im Gegenteil. Es war warm und er fühlte sich wohl.

Ein Lachen riss Kanda jedoch aus seinen Gedanken und ließ ihn den Kopf wenden. Er blickte in das grinsende Gesicht von Lavi, der ihn gut gelaunt ansah.

„Guten Morgen Yu-chan!“

Bevor er etwas darauf erwidern konnte, drückte Lavi ihm schon seine Lippen auf. Yu merkte, wie ihm dabei die Hitze in die Wangen stieg. Lavi war immer so stürmisch und er wusste immer noch nicht so recht, wie er damit umgehen sollte. Dennoch war es genau diese stürmische Art, die ihn selber so verändert hatte und die er an Lavi mochte. Lavi war einfach immer so voller Leben, so voller Energie. Und wie gerne er es auch leugnen wollte, konnte er doch nicht abstreiten, dass er sich wünschte, dass etwas von diesem Leben, dieser Energie in ihm widerhallte.

Er schloss die Augen und legte zögerlich eine Hand in Lavis Nacken, um ihn unsicher etwas mehr an sich zu drücken. Langsam, so glaubte er, konnte er sich ja vielleicht doch daran gewöhnen, an diese Nähe, an diese stürmische Art, einfach an Lavi. Schließlich war dieser schon so sehr in sein Leben getreten. Er konnte sich nicht vorstellen, dass er ihn aus diesem wieder völlig verbannen könnte.
 

„Yu-chan..“ murmelte Lavi glücklich gegen die Lippen des anderen und lächelte dabei. Es war ein schönes Gefühl zu merken, dass Yu sich ihm nach und nach immer mehr öffnete und ihn mehr an sich ranließ. Und Lavi war sich sicher, bald, bald würde er sicher ein Lächeln von ihm geschenkt bekommen.

Lavi ließ es sich nicht nehmen, sich ein wenig an Kanda zu drücken und ihm etwas durch das Haar zu streichen. Doch lange hielt diese Zweisamkeit nicht an, denn es wurde laut auf den Gängen und Lavi konnte viele hektische Schritte und Stimmengewirr hören.

„Ich denke, es wird wohl langsam Zeit, sicher erwartet man uns schon.“

Und mit einem leisen Seufzen stand Lavi auf.
 

Als Lavi und Kanda das Zimmer verließen, herrschte überall große Hektik. Alle Finder wurden von Reever beauftragt, der kurzweilig die Führung übernommen hatte, nach Taki zu suchen. Die Exorzisten wurden von dem Gift informiert und gewarnt und überall herrschte eine verhaltene Panik, versuchte doch jeder, irgendwie die Ruhe zu bewahren, doch war es den meisten leicht anzusehen, dass die ganze Situation sie mehr als nur beunruhigte.

Auch Reever machte einen recht panischen und auch überforderten Eindruck, doch versuchte er weiterhin Komui so gut es ging zu unterstützen, der noch weiterhin in der Krankenstation liegen musste.

So bat Reever die beiden, dass wenn sie eine Spur gefunden hatten, Taki hinterher zu reisen und ihn in Gewahrsam zu nehmen. Ohne zu zögern stimmte Lavi zu, was Kanda jedoch ziemlich missfiel. Lavi schien Reever keinen Wunsch abschlagen zu können.

„Du engagierst dich ja sehr für ihn..“

Kanda war seine Missgunst deutlich aus der Stimme zu hören.

„Was denn Yu? Bist du etwa eifersüchtig?“

Lavi grinste Kanda an, der ihm einen vernichtenden Blick zuwarf.

„Pah!“

Dann verschränkte Kanda die Arme und sah zur Seite weg, noch unzufriedener als zuvor, was Lavi lachen ließ.

„Jetzt sei doch nicht sauer Yu-chan! Ich mach doch nur spaß!“

Er ergriff Kandas Hand und zog ihn mit in den Garten, um mit ihm ein wenig spazieren zu gehen.

„Weißt du Yu-chan, es liegt einfach daran, dass ich gut nachvollziehen kann, wie Reever sich fühlt. Obwohl Komui ihm so Nahe ist, ist er doch unendlich weit weg. Bei dir ging es mir genauso.“

Lavi schaute etwas in den Himmel und seufzte leicht.

„Du warst für mich so lange so weit entfernt, so unerreichbar wie der Himmel. Ich habe immer zu dir gesehen, aber du hast mich nie gesehen. Weißt du, das kann auf Dauer ganz schön schmerzhaft sein. Ich wollte dir immer so nahe sein, aber ich wusste nicht wie. Ich wusste nicht, wie ich zu dir durchdringen sollte, wie ich es dir sagen sollte, wolltest du von solchen Sachen doch nie etwas wissen. Und na ja.. als zukünftiger Bookman sind mir solche Gefühle eigentlich verboten. Eigentlich darf ich gar nichts fühlen, ich bin nur ein Beobachter, der nicht eingreift, der nichts tut, außer die Geschichte aufzufassen. Was so einfach klingt ist in Wahrheit verdammt schwer. Ich habs versucht, wirklich. Ich habe es immer wieder versucht, doch am Ende habe ich es nie geschafft. Ich bin von dir einfach nicht losgekommen.“

Ein trauriges Lächeln legte sich auf seine Lippen. Diese Zeit war wirklich hart gewesen. Er hatte sich keinem öffnen können, er hatte die ganze Zeit all seine Gefühle verstecken müssen, aber irgendwann, irgendwann hatte er dies einfach nicht mehr gekonnt. Und er bereute es nicht. Jeder Moment den er mit Kanda verbringen konnte war wie ein Geschenk. Jede Berührung von ihm, jedes Wort kostete er aus, wog es so hoch, als könnte es jedes Mal das letzte sein, was Yu ihm gab.
 

Ein wenig beschämt senkte Kanda den Blick. Er hatte den Schmerz in Lavis Auge sehen können und er wusste, dass Lavi zum größten Teil wegen ihm gelitten hatte. Er hatte doch nicht gewusst, er hatte nicht gewollt.. Kanda schüttelte leicht den Kopf. Langsam hatte er selber genug von seinen Ausflüchten. Er wusste es doch jetzt. Es gab keinen Grund mehr zu zögern, hatte er Lavi denn nicht lange genug leiden lassen?

Yu spürte, wie sein Herz heftig gegen seine Brust schlug. Jetzt war der Moment gekommen, sich endlich einzugestehen, dass er für Lavi doch so viel mehr fühlte, als er jemals zugeben wollte. Aber langsam ging es nicht mehr. Wenn er Lavi jetzt so sah, konnte er es nicht mehr leugnen. Es war Zeit, sein Herz offen zu legen und dieses Glücksgefühl zu akzeptieren was er fühlte, wenn er bei Lavi war und es anzunehmen.

Verdammt, er wollte nicht mehr alleine sein und er wollte auch nicht, dass Lavi es war.

Vorsichtig legte er seine Lippen auf Lavis, während seine Arme ihren Weg um Lavis Hals suchten. Er spürte, wie überrascht Lavi von ihm war, doch es dauerte nicht lange, bis er Lavis Arme um sich spürte, die ihn sanft an ihn drückten.
 

Es war das erste Mal, dass Yu ihn von sich aus küsste, was über Lavi eine Welle des Glücks zusammenbrechen ließ. Er legte seine Arme um den zarten Körper und drückte ihn an sich. Noch immer konnte Lavi sein Glück kaum fassen. Endlich, endlich war Kanda soweit. Wie lange hatte er darauf gewartet? Viel zu lange, doch es hatte sich gelohnt. Es war ein so unbeschreibliches Gefühl, er könnte platzen vor Glück.

Yu löste den Kuss, doch bevor er ihn ansehen konnte, hatte Kanda seine Hand über sein Auge gelegt.

„Yu..?“

„Sag nichts..“ hörte er ihn murmeln und spürte dann, wie er sich an ihn lehnte. Lavi tat Yu den Gefallen und schwieg, sprach nur mit seinen Händen, die über Kandas Rücken und seine Seiten glitten. Noch immer wurde ihm das Auge zugehalten und nach einigen stillen Momenten, konnte Lavi Kandas Lippen erneut auf seinen spüren. Er ergriff Kandas Hand, die auf seinem Auge ruhte, und drückte sie, ehe er sie runter zog und den Kuss löste.

„Hat das Leben dich zurück?“

Er konnte sehen, wie Yu einen Moment zögerte, ihn dann aber mit entschlossenem Blick ansah und nickte.

„Ja.“

Auf Lavis Lippen legte sich ein Lächeln.
 

Gemeinsam verließen sie den Garten und da von Taki noch keine Spur gefunden war, verzogen sie sich auf Lavis Zimmer.

Zärtlich strich Lavi Kanda eine Strähne aus dem Gesicht und sah ihm in die Augen.

„Ich liebe dich... Yu...“

Auf Kandas Wangen legte sich eine dezente Röte und er sah, wie er den Mund öffnete, um etwas zu sagen, ihn dann aber wieder schloss. Stattdessen küsste Yu ihn und das waren für Lavi genug Worte, sagte Yu doch so am deutlichsten, was er für ihn empfand.

Vorsichtig drückte er ihn auf das Bett runter ohne den Kuss dabei zu lösen. Kandas Arme legten sich um seinen Nacken und seine Finger strichen behutsam über die Nackenhaare. Dann wurde sein Stirnband gelöst und Yu strich ihm durch das nun offene und strubbelige Haar.

Zärtlich öffnete er Kandas Hemd, genussvoll Knopf für Knopf und strich dann über seine Brust. Lavi wusste, dass war der Moment, ihr Moment. Er wollte nicht mehr warten, Yu hatte ihn schon so lange warten lassen und als er in Kandas Augen blickte, wusste er, dass auch Yu nicht mehr warten wollte, war er doch schon viel zu lange ohne Liebe gewesen.

Doch Lavi würde sie ihm zeigen, seine Liebe zu ihm. Er würde ihm zeigen, wie sehr er ihn liebte. Mit jeder Berührung, mit jedem Kuss, mit jedem Atemzug. Dies war der Moment, dies war ihr Moment.
 


 

---------- Hier kommt in einem extra Chapter eine Yaoi-szene, das wird separat erscheinen, da ich nicht das ganze Chap auf Adult stellen wollte, damit die, die noch nicht 18 sind die Story Weiterlesen können x3 Liebe Grüße, Miyu ------------
 


 

Zärtlich glitten seine Finger seine Wirbelsäule entlang. Er konnte nur die Fingerspitzen spüren, wie sie ihn ganz sachte berührten und dieses Gefühl hinterließ ein angenehmes Kribbeln auf seiner Haut.

„Du siehst glücklich aus..“ konnte er Lavis Stimme leise an seinem Ohr hören.

„Das.. das bin ich auch.. irgendwie..“

Er hörte Lavi lachen, ehe er einen Kuss auf die Stirn gedrückt bekam.

„Ach Yu-chan..“

Kanda schmiegte sich ein wenig mehr an den warmen Körper, fühlte er sich im Augenblick so sicher wie nie zuvor in seinem Leben, doch öffnete er dann die Augen und schaute zu Lavi hoch.

„Du.. siehst auch glücklich aus..“

Ein kurzes Grinsen war auf Lavis Gesicht zu erkennen.

„Das bin ich auch.. irgendwie..“

Er hörte Lavi wieder leise lachen.

„Idiot..!“

Ein Klopfen ließ beide kurz aufschrecken und Yu warf einen Blick zur Tür. Lavi sprang auf, zog sich seine Boxershorts über und eilte schnell zur Tür. Leise seufzte Kanda. Er wäre nur zu gerne noch länger hier so liegen geblieben, aber er ahnte, dass sie für so etwas keine Zeit mehr haben würden. Und aus irgendeinem Grund, den er sich nicht erklären konnte, verspürte er ein drückendes Gefühl in seiner Brust. Es machte ihn unruhig.

Er wollte sein Glück nicht wieder verlieren.
 

Lavi konnte seinen Blick einfach nicht von diesem schönen Körper nehmen, und seine Finger konnte er erst recht nicht von ihm lassen. Yu war so schön, so göttlich schön und obwohl Yu nicht lächelte, hatte sich seine Mimik doch vollkommen verändert und er sah glücklich aus. Ein Ausdruck, den Lavi schon so lange auf Kandas Gesicht hatte sehen wollen. Und dass er der Grund dafür war, machte das alles noch eine Spur besser.

Umso mehr störte es ihn, als es plötzlich klopfte. Auch er ahnte, dass die Zeit der Zweisamkeit für sie nun vorbei war und bevor hier noch wer ungefragt reinplatzte, sprang er schnell auf, zog sich schnell die Boxershorts über und öffnete die Tür nur so weit, damit der Blick aufs Bett, indem Yu lag, nicht frei wurde.

„Ähm ja?“

Lavi blickte in das recht verdutzte Gesicht Reevers, welcher derjenige gewesen war, der geklopft hatte. Er sah, wie sich Reevers rechte Augenbraue hob und er konnte ihm deutlich ansehen, wie er einen Moment überlegte, wieso er ihm nur in Boxershorts gegenüberstand.

Dann wurde Reevers Gesicht aber wieder ernst.

„Wir haben ihn endlich gefunden. Wir wissen, wo Taki sich aufhält. In einer halben Stunde brecht ihr auf. Weißt du wo Kanda ist? Ich kann ihn nicht finden.“

„Hehe.. ich werde ihm schon Bescheid sagen, keine Sorge! Aber das sind echt gute Nachrichten. Mach dir keine Sorgen Reever, wir kriegen ihn schon! Kümmere du dich lieber ein wenig um Komui.“

Lavi zwinkerte ihm zu, ehe er die Tür schloss.

„Hast du gehört, Yu-chan? Sie haben ihn gefunden. Wir müssen los.“
 

Eine halbe Stunde später verließen die beiden Exorzisten das Hauptquartier. Etwas abweisend starrte Kanda in die Leere. Warum ausgerechnet dieser Ort? Wieso musste sich Taki ausgerechnet dort aufhalten? Die Welt war so groß, es gab so viele unzählige Plätze, aber Taki musste sich ausgerechnet den aussuchen, den Yu nicht mehr betreten hatte wollen.

Den Ort seiner Kindheit.

Und das drückende Gefühl in seiner Brust wurde stärker.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Dante
2012-04-02T14:57:11+00:00 02.04.2012 16:57
ja stimmt
Von:  YuuichirouHyakuya
2009-06-20T09:04:08+00:00 20.06.2009 11:04
*schmelz*
hach das is sooooo süß *liebt es*


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