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Der Blutprinz

One Shot
von

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One Shot

Er liebte das was andere hassten.

Und er liebte diese Zeit im Jahr, jedes Jahr wieder! Es regnete und er stand draußen. Es begann mit Regen und der Regen wurde immer wärmer und wärmer bis er sich auf Körpertemperatur erwärmt hatte und sich dann langsam rot färbte. Vom normalen Regen zu Blut. Und er stand in dem Schwall aus Blut.

Nackt im Angesicht seiner selbst stand er jedes Jahr wieder im Blutregen. Niemand wusste wer er war, woher er kam. Er kam jedes Jahr nur zum Blutregen und wurde nur in dieser Stadt gesehen. In der Hauptstadt.

Obwohl der Blutregen unberechenbar war und die die mit dem endgültigen Blutschwall in Berührung kamen starben, kam der Fremde immer zur rechten Zeit und immer überlebte er den Blutschwall.

Warum wusste niemand, aber eines wussten die Bewohner mit Sicherheit, er war kein Mensch. Denn kein Mensch konnte diesen Blutschwall überleben und kein Mensch vermochte es so lange Zeit so jung auszusehen und immer zu wissen wann der Blutregen kam.

Er wurde schon in dieser Stadt gesichtet als diese noch in ihren Anfängen stand. Dies war die erste Stadt die je in diesem Blut verseuchten Land erbaut wurde. Am Anfang kam der Blutregen nur alle 50 Jahre, dann, nachdem sich die Bewohner halbwegs in Sicherheit wogen, weil sie genau wussten wann der Regen kam, schwenkte der Regen plötzlich in 10 Jahres-Abschnitten um. Immer noch kam der Regen sehr regelmäßig. Und als die Menschen sich an die 10 Jahresabschnitte gewöhnt hatten schwenkte der Regen in ein Jahres Abschnitte um.

Inzwischen hatten sich auch noch andere Städte in diesem Land aufgebaut und eine blühende Metropole war entstanden. Die Städte trieben regen Handel, aber über das ganze Land ergoss sich immer wieder der Blutregen. Aber nur in der ersten Stadt des Landes und gleichzeitig der Hauptstadt erschien immer wieder dieser unheimlich scheinende Mann.

Obwohl er eigentlich hübsch aussah fürchteten sich alle vor ihm. Und seine Schönheit konnte auch nicht über seine Furcht einflößende hässlich scheinenden Augen hinwegtäuschen.

Jeder im ganzen Land kannte ihn und niemand kannte seinen Namen, alle nannten ihn nur den >Blutregenherrscher< aber niemand sprach jemals diesen Namen aus.

Und wenn, dann nur mit vorgehaltener Hand. Niemand wollte Unheil herauf beschwören, denn der Regen kam nun nicht mehr regelmäßig sondern vollkommen, ohne jede Vorwarnung.

Dennoch nicht jeder Regen war ein Blutregen, aber die Menschen fürchteten sich und liefen so schnell sie konnten ins Haus wenn es anfing zu regnen.

Bei kühlem Regen räumten sie noch auf, aber bei nur etwas lauerem Regen rannten sie wie aufgescheuchte Hühner in ihre Häuser und verbarrikadierten die Türen und Fenster.

Aber immer wieder schafften es einige nicht und kamen im Blutregen um.
 

Dieses Jahr schien jedoch alles anders. Er kam und der Regen kam. Alle liefen in ihre Häuser und es war wie jedes Mal.

Doch dann hob er seine Hände und der Regen schien sich nun wie ein Gewand um seinen Körper zu legen und dann floss das ganze Blut zu ihm, sodass er in einer großen Blutlache stand.

Das ganze Land schien so als wäre niemals auch nur ein Tropfen Blut darauf herunter gefallen.

Denn all die Blutregen hatten dem Land einen rötlichen Schimmer verliehen.

Neugierig schauten die Menschen aus ihren verschlossenen Fenstern, doch sie fürchteten sich immer noch herauszukommen, denn der Mann stand immer noch dort und schien den Regen zu beherrschen.

Doch dann schallte seine Stimme über das ganze Land. Sein Gewand flatterte wild, obwohl sich kein Lüftchen regte. Und obwohl sein Gewand aus Stoff schien spritzten immer noch Blutspritzer in alle Richtungen.

Die Blutlache unter ihm legte sich in Falten und der Wind schien von ihm auszugehen. Kein Spritzer Blut, jedoch, legte sich auf nackten Boden, sondern kam immer wieder zurück in die Blutlache unter ihm.

Sein Gewand hörte langsam auf zu flattern doch die Luft um ihn vibrierte immer noch und sein Gewand flatterte nur noch leicht in den, nicht vorhandenen, Wind.

Wie ein Prediger hob er die Hände leicht an und, obwohl er nicht schrie, erklang seine feste Stimme über das ganze Land.

Er bat darum, dass alle aus dem Land, innerhalb von drei Tagen in die Hauptstadt kommen sollten um ihn anzuhören. Jeder, absolut jeder, folgte dieser Bitte. Selbst die Kleinsten unter den Menschen wurden mitgenommen, auch sehr Kranke, Greise oder Hochschwangere kamen.

Der Platz wurde überflutet von einer Menschenmenge und schon nach einem Tag waren alle dort. Wagen standen am Rand des großen Platzes. Selbst auf den Dächern und auf den Feldern hatten die Menschen ihre Plätze gefunden.

Doch er wartete eisern und kalt. Unberührt von der Menschenmenge stand er da. Sein Gewand war das einzige an ihm das sich bewegte. Seine Arme hatte er nach der Bitte einfach herabsinken lassen und durch sein langes, weites und faltiges Gewand, sah es so aus, als würde ein Kopf auf einem Tuch aus Blut schweben.

Immer noch flogen Blutspritzer um ihn herum, doch keiner traf je etwas anderes als ihn, sein Gewand oder die Blutlache unter ihm.

Drei Tage lang stand er so da und alle versuchten einen möglichst weichen Schlafplatz zu finden. Die Gasthäuser waren überbucht, in Privathäusern konnte man sich kaum noch drehen und alle mussten irgendwie versorgt werden. Aber irgendwie fand jeder immer etwas zu Essen.

Als genau drei Tage um waren donnerte seine Stimme über die Stadt die dazu aufrief zu ihm zu kommen.

Seine Augen hatten sich wieder mit Leben gefüllt und er stand aufrechter da als an den vergangenen drei Tagen.

Innerhalb von einer Stunde kehrte wieder Ruhe auf dem Platz ein und keiner der Menschen wagte auch nur sich zu räuspern. Dann erhob er seine Stimme und sagte mit fester Stimme: „Ihr tut mir UNRECHT!“ er schien wütend zu sein und das letzte Wort schrie er. Und obwohl er schrie und seine Stimme über die ganze Stadt zu hören war, wenn er normal oder leise sprach war es nicht viel lauter.

Jeder erkannte dass er geschrieen hatte aber er behielt eine Lautstärke bei.

Er war immer noch ein Mysterium für alle. Einige sehr Mutige tuschelten was er wohl damit gemeint haben konnte. Aber nur ein böser Blick von ihm genügte um alle zum Schweigen zu bewegen.

„Ihr tut mir unrecht!“ wiederholte er traurig. Mit gesenktem Haupt versank er langsam in der Blutlache und zersprang dann in Blut.

Kein Tropfen traf die Leute und dort wo er gestanden hatte ergoss sich so viel Blut, dass sich eine Blutsäule bildete.

Diese erstarrte und war doch noch klar als Blut zu erkennen. Langsam, als wenn jemand konzentriert darauf schrieb erschienen Buchstaben die Wörter bildeten. Und diese wieder bildeten Sätze.

Alle Sätze zusammen ergaben eine Geschichte, eine Legende über den Blutprinzen:

Jedes Mal wenn es Regen gab war es kein Wasser sondern Blut, von Anfang an und verwandelte sich nicht erst.

Ihr seid in das Land des Blutprinzen gedrungen und er hat auf euch Rücksicht genommen. Er hat dafür gesorgt, dass eure Felder fruchtbar sind. Er hat dafür gesorgt, dass ihr Wild jagen könnt ohne an dem Fleisch zu sterben. Er hat dafür gesorgt, dass seine Mannen euch auf eurem Wege von Haus zu Haus, von Stadt zu Stadt, von Schritt zu Schritt nicht töten. Er hat euch gewährt zu leben.

Und ihr dankt es ihm indem ihr ihn malt, hässlich und Furcht einflößend. Als Gott des Todes.

Ihr redet über ihn nur zu seltenen Stunden und dann auch nur mit vorgehaltener Hand.

Ihr erzählt euren Kindern er käme wenn sie nicht schlafen würden oder nicht auf essen.

Aber ihr tut ihm unrecht.

Er hat euch in Schutz genommen.

Und ihr…
 

Irgendein besessener Priester schlug mit einem Schwert auf die Säule ein. Die Buchstaben verschwanden und das Schwert durch glitt die Säule wie ein Schwert Blut durch gleitet.

Er wurde durch diese Schläge so wütend, dass sich die Säule in eine Frau verwandelte, die ihn umarmte.

Jeder Fleck vom Priester der die blutige Frau berührte, ätzte in Sekunden schnelle weg. Und schon nach kurzer Zeit war er nur noch ein sauberes Skelett, das sich, nachdem sie ihn losgelassen hatte, in Staub auflöste.

Dann löste sich die Frau wieder in die Blutlache auf und das Blut versickerte in der Erde. Wieder schimmerte das Land in dem bekannten rötlichen Schimmer.

Die Jahre gingen ins Land und die Zeit in der sich der Regen in Blut verwandelte hielt er nun viel kürzer als vorher.
 

Cathy stand draußen vor dem Haus und malte mit einem Stock Muster in den Sand der Straße, sie war grade mal 3 Jahre alt, als es anfing zu regnen. Sie mochte den Regen eigentlich und so blieb sie einfach draußen, sie merkte nicht wie der Regen immer wärmer und wärmer wurde. Sie merkte den Blutregen erst als ihre Haut anfing langsam zu ätzen. Sie schrie und heulte. Ihre Mutter hörte das und im Bruchteil einer Sekunde hatte sie das Kind ins Haus geholt und wusch sie ab.

Der Blutregen, hatte sich schon fast bis zu ihrem Knochen vor gefressen und so war sie seit jeher Behindert.

Langsam verheilten ihre Wunden etwas, aber sie würde immer behindert bleiben und immer so schrecklich aussehen, meinte der Arzt.

Sie gab sich damit irgendwann ab und war so fröhlich wie ein solches Mädchen eben sein kann, wenn nicht noch fröhlicher.

Aber sie hatte seit dem Angst vor dem Himmel insbesondere vorm Regen.

Wieder gingen ein paar Jahre ins Land und Cathy war nun schon sechs Jahre alt. Seitdem hatte sie zwar Angst vor dem Regen, aber sie fand den Blutprinzen einfach nur toll. Sie verehrte ihn regelrecht. Jedes mal freute sie sich schon fast auf den Blutregen nur um ihn zu sehen.

Das letzte Mal, dass er zu den Menschen gesprochen hatte war, als Cathys Urgroßmutter vier gewesen war.

Und nun war wieder dieser denkwürdige Tag gekommen. Er hielt den Regen an, genau einen Tag vor Cathys siebten Geburtstag. Er gab den Leuten einen Tag zeit um zu ihm zu kommen, wenn sie ihn hören wollten. Und wieder kam das ganze Land zusammen und wieder hatte sich der Blutschwall wie ein Gewand um ihn gelegt und der Rotschimmer war aus den Feldern, Wiesen und Straßen gewichen.

Als sich nun alle eingefunden hatten und alle auf den Boden, in den Feldern oder auf den Dächern saßen, begann er zu sprechen.

„Ihr habt nicht gelernt, in all den Jahren!“ sagte er mit fester Stimme und seine Stimme war für alle deutlich zu hören.

Seine langen schwarzen Haare verschmolzen fast mit seinem blutigen Gewand. Aufmerksam und fast schon von seiner Stimme hypnotisiert hörte sie ihm zu.

Fragen, stellte sie keine. Rein Intuitiv wusste sie was er meinte. Alle hatten, seit dem letzten denkwürdigen Tag, versucht alles nach seinen Wünschen zu machen. Aber scheinbar hatte niemand in seinen Augen was dazu gelernt. Warum wusste niemand, außer Cathy! Sie wusste genau was er meinte, auch wenn sie seine Worte, genau wie die anderen, nicht verstand.

Er schaute über die Menge und sie verfolgte seinen Blick. Dabei fiel ihr Blick auf die Augen ihrer Mutter, und sie sah wie wütend, verbittert und hasserfüllt sie ihm gegenüber war. Aber ihre Augen blieben nicht auf ihr ruhen. Es war als würde sein Blick mit ihrem eins sein, wenn er weiter blickte tat sie es auch. Auf dieselben Gesichter, ihre Ausdrücke. Auch wenn einige viel zu weit weg waren um sie zu erkennen, sie konnte es dennoch.

Als sein Blick sich wieder von dem ihrigen löste stieg ein ungewöhnlicher Mut in ihr auf. Sie stand auf und humpelte zu ihm. Direkt vor der Lache blieb sie stehen.

Er stand mit dem Rücken zu ihr und sein Blick war leer. Sie wusste genau, dass die Lache noch viel giftiger war als der Regen selbst.

Sie schrie ihn an: „Du bist an allem Schuld! Du bist ein Monster! All das Schlechte der Menschheit fließt wie das Blut des Regens zu dir!“

Langsam drehte er sich zu ihr um und blickte ihr direkt in die Augen. Niemand hätte diesem Blick standhalten können, sie konnte es dennoch. Sein Blick bohrte sich tief in sie hinein. Es schien als würde er jede Faser ihres Körpers, ihres Herzens, ihrer Seele und ihres Geistes studieren.

Jeder hatte sich gewundert als sie aufstand und zu ihm gegangen war, aber es war ein großer Schock für alle als sie zu ihm sprach. Einige die sie schon beim ersten Blick lieb gewonnen hatten flossen sogar die Tränen. Ihre Mutter rannte zu ihr und umschlang sie mit ihren Armen. Sie flehte um das Leben ihrer Tochter, doch weder er noch Cathy regten sich auch nur ein Millimeter. Sie studierten sich gegenseitig, bis er sie mit seinen Augen kurz und leicht anlächelte. Sie verstand es, für alle anderen hatte sich bei ihm nichts getan.

Dann, plötzlich, bewegte er seine Lippen, sachte und nur die die am nächsten saßen sahen es, wenn sie genau darauf achteten.

Aber für Cathy bildeten diese kaum merkbaren Bewegungen klare Worte: „Ich werde bald zu dir kommen! Du bist mein Gegenstück, kleine Cathy! Ich werde zu dir kommen, wenn die Zeit reif ist!“

Wieder blitzte das Lächeln in seinen Augen auf. Sie nickte kaum merklich und ihre Augen füllten sich langsam mit Tränen. Sie wusste genau er würde jetzt gehen. Ein lauer Wind wischte ihr die Tränen aus dem Gesicht. Kaum jemand bemerkte diesen Wind.

Er verschwand in der Blutlache und alles schimmerte wieder in dem bekannten rötlichen Schimmer.

Alle atmeten auf, denn der kleinen Cathy war nichts geschehen, jedenfalls nichts in ihrem Ermessen.

Als alle in ihre Städte und Häuser zurück gefunden hatten, begann es zu regnen. Der Blutregen und nur ein kleines Mädchen war zu der Zeit wach, Cathy. Sie sah ihn und lächelte ihm zu. Auch er lächelte ihr zu, jedoch nicht mehr mit den Augen sondern offen und klar.

Jedes Jahr zu ihrem Geburtstag gab es einen Blutregen, er begann kurz bevor ihr Geburtstag anfing und hörte erst kurz danach auf.

Das war seine Art ihr „Happy Birthday“ zu sagen. Sie freute sich jedes Mal und seine Stimme, sein Gesicht und sein Geruch, hatten sich tief in ihr Herz gebrannt.

Und obwohl er manchmal sehr weit weg war, sah sie ihn jede Nacht vor ihrem inneren Auge.
 

Als sie 17 war, war wieder ein denkwürdiger Tag. Ohne jede Vorwarnung und mitten in den Regen hinein donnerte seine Stimme über das Land. Der Regen prasselte nur noch mehr, anstatt aufzuhören und sich bei ihm zu sammeln. Alle hörten was er zu sagen hatte: „Ihr lernt NIEMALS! Der Regen würde normalerweise eure Häuser und euere Existenz zerstören! Aber ich bewahre euch! Ich verlange einen Tribut!“

Dann senkte er seine Stimme und blickte neben sich auf das Haus von Cathy. „Komm Cathy! Tritt aus dem Haus! DU bist mein Tribut!“ Jeder im Land hörte es und jeder wusste wer Cathy war. Dafür hatte er mit einem stummen Zauber gesorgt. Die, die bei dem Tag vor zehn Jahren dabei waren, trieb es die Tränen in die Augen.

Cathy humpelte, ohne Krücken, aus dem Haus, ihre Mutter versuchte sie zurückzuhalten, doch ihr Vater hielt ihre Mutter auf.

Sie waren sieben Kinder, Cathy war die Jüngste und ihr Vater dachte auch an die anderen sechs, die er mit Cathy verlieren würde, wenn sie nicht ginge. Auch all die anderen Menschen im Land wären zum Tode verurteilt gewesen, wenn sie nicht ginge und so wünschte er ihr einen möglichst schnellen Tod. Dass er nicht schmerzfrei sein würde wusste er mit Sicherheit.

So weh es ihm auch tat, er sah ein, dass es sein musste.

Cathy schloss die Augen und faltete die Hände. Sie hatte panische Angst, sodass sich ihre Beine die ersten paar Sekunden gar nicht bewegten.

Doch dann setzte sie einen Fuß vor den anderen und trat in den Regen hinaus. Jedenfalls glaubte sie zu gehen.

Doch sie spürte keinen Tropfen auf ihrer Haut. Nach ein paar Minuten sprach sie zu ihrer Mutter: „Mama?! Ich hab zu viel Angst! Ich bin verkrüppelt und die Furcht sitzt mir tief in den Gliedern! Ich kann keinen Schritt tun!“ bei diesen Worten liefen ihr die Tränen die Wangen herunter. Sie hatte immer noch nicht ihre Augen geöffnet, aber als ihre Mutter nicht antwortete schaute sie zur Seite wo ihre Mutter gestanden hatte.

Doch neben ihr stand nicht mehr ihre Mutter, sondern ein Skelett. Hautfetzen hingen von den Knochen herab und mit seiner hässlichen Fratze schien es sie anlächeln zu wollen.

Sie stand bis zu den Knöcheln in klebrigem Blut und die Wände waren wie in einer dunklen Höhle, nur mit Blut und Leichen.

Sie schrie schrill auf ehe sie auch nur alles realisieren konnte. Sie ging ein paar Schritte zurück und knöchrige Arme legten sich um ihre Taille. Sie schrie wieder und in panischer Angst schrie und heulte sie. Wieder ein Stellet, dass mit Hautfetzen aufrecht vor ihr stand. Sie hatte ihm ein Arm abgerissen, als sie sich aus seinen Armen befreite. Das Skelett bückte sich und hob seinen Arm auf.

Die leeren Augenhöhlen des Skeletts schienen sie böse anzufunkeln.

Voller Panik lief sie vor den Skeletten davon. Erst jetzt, als das Blut ihre Knöchel leicht herauf schwappte und ihr das laufen erschwerte, blickte sie hinunter.

Der Saum ihres Kleides hatte sich schon voll Blut gesaugt, ihre weißen Strümpfe waren schon fast bis zu den Knien rot angelaufen.

Abermals schrie sie schrill auf und lief voller Panik weiter um dem Blut zu entkommen. Aber sie sank immer tiefer hinein. Das Blut wurde immer tiefer und tiefer. Es ging ihr nun schon bis zur Taille, aber sie traute sich nicht umzukehren. Aber weiter vorzudringen wagte sie auch kaum noch.

Plötzlich schlängelte sich etwas um ihre Knöchel. Sie schrie wieder auf. Von hinten schlang sich ein Arm um ihre Taille. Sie schrie einfach nur und ihr Gesicht war nass von ihren Tränen. Sie traute sich nicht mehr sich umzuschauen, ihre Augen hatte sie geschlossen und sie ergab sich ihrem sicheren Tod. Sie wurde ohnmächtig und merkte nur noch wie ihre Füße sich langsam von dem Grund des Blutes abhoben.

Als sie erwachte lag sie in den Armen des Mannes, den sie am meisten liebte und verehrte. Eisern und kalt war jedoch seine Miene. Er würdigte sie keines Blickes, sondern schritt immer weiter voran.

Sie schloss wieder die Augen und hoffte, dass dieser Albtraum bald vorüber ginge.

Die Tage die verstrichen nahm Cathy kaum noch wahr. In diesen unbekannten Räumen gab es weder Tag noch Nacht. Und je länger sie blieb, desto mehr wies sie den Prinzen ab.

Er besuchte sie wieder und wieder, doch jedes Mal wurde es nur schlimmer. Irgendwann fiel er verzweifelt vor ihr auf die Knie und fragte, warum sie ihn so hasste.

„Ich hasse Euch keines Wegs, Exzellenz! Ich hasse eure Taten!“ erwiderte sie eisern. Er krallte sich an ihrem Kleid fest und vergrub sein Gesicht in ihrem Schoß, damit sie nicht merkte, dass er weinte.

Doch sie merkte es, denn sie bildete mit ihm eine Einheit. Sie strich ihm über den Kopf und er ließ es geschehen. „Ich liebe dich sogar, aber ich kann nicht mit dir zusammen sein, wenn ich deine Gefangene bin!“ eine Melancholie wohnte ihrer Stimme inne. Er blickte fassungslos zu ihr auf. „Du warst niemals meine Gefangene!“ sagte er entsetzt, sein Gesicht verzog sich zu einer wütenden Fratze. „Wenn du unbedingt gehen willst, GEH!“ In rage verließ er das Zimmer.

Sie wollte ihn zuerst aufhalten, doch sie merkte, dass das nichts nützen und seine Wut nur noch schüren würde. Sie ließ sich auf ihr Bett sinken und verfiel in Schluchzen und Weinen. Sie merkte gar nicht, dass sie über das Weinen in einen tiefen Schlaf sank.

Als sie aufwachte lag ein Brief neben ihrem Kopfkissen, in dem stand erst mal gar nichts. Doch langsam erschienen Buchstaben auf dem Papier:
 

Liebste Cathy!

Ich bin nicht in dein Zimmer gekommen und habe dich umgezogen! Ich habe lediglich einen Zauber angewendet!

Es tut mir leid, wenn du dich wie eine Gefangene gefühlt hast! Das war gewiss nicht meine Absicht!

Du kannst nach hause gehen, wenn du es wünschst! Du wirst den Weg finden und unbeschadet nach hause kommen, dafür habe ich gesorgt!

Ich liebe dich und werde dich ewig schützen! Niemals wird es eine andere geben! Eigentlich hatte ich vor dich gestern zu fragen ob du mich heiraten würdest, aber aufgrund der Umstände habe ich es gelassen!

Nimm mein Angebot an, wenn du dich dafür bereit fühlst! Es wird ewig bestehen!

In Liebe und Ehrerbietung.
 

Ein Blutfleck erschien als Signatur, der scheinbar mit einer dünnen Feder verzogen wurde.

Eine Träne fiel darauf und vermischte sich mit dem Blutfleck.

Die rote Schrift verlief langsam und sie stand auf und ging aus dem Zimmer. Den Brief, der nun nur noch ein leeres Stück Pergament war, behielt sie in ihrer Hand. Sie ging die Gänge entlang und kam schon bald nach draußen.

Alles war dunkel und der Sumpf um sie herum schien zu leben. Die Bäume waren schon abgestorben und nur ein paar untote Tiere kreuchten und fleuchten über den Boden.

Allerdings, obwohl es ihr Angst machte, ging sie hindurch ohne auch nur ein Mal zu zögern. Sie kam an ein riesiges Tor und ein gigantischer Dämon bewachte es, argwöhnisch beäugte er sie, ließ sie aber ohne murren passieren.

Im nächsten Augenblick stand sie wieder auf der Hauptstraße ihrer Heimatstadt. Sie rannte heimwärts und stürzte in die Stube.

Alle waren total glücklich und fielen ihr um den Hals. Erst im zweiten Augenblick hatte der Vater die Veränderung an Cathy bemerkt.

„Du bist geheilt, Schätzchen!“ rief er entzückt. Erst jetzt nahmen es die anderen auch wahr. Alle freuten sich für sie. Aber je länger sie von ihm fort blieb, desto wehmütiger wurde sie. Zuletzt aß sie kaum mehr, war kaum noch anzusprechen und schaute fast immer aus dem Fenster.

Blutregen kamen und gingen und auch er. Die Blutregen kamen immer häufiger, denn auch er konnte es ohne sie kaum noch aushalten. Nichts desto trotz brachte er immer noch gerne einige Menschen um, schließlich war das schon seit jeher sein Hobby gewesen.

Als wieder ein Regen kam und somit auch er, stand sie gerade, mit ein paar anderen Leuten, vor dem Haus unter dem Dach.

Aber sie hielt es nicht mehr aus und so lief sie todesmutig in den Blutschwall hinaus, weinend und ihm in die Arme. Ihr geschah nichts, auch wenn ihr Haar und ihre Kleidung in Blut getränkt waren. Das Blut vermischte sich auf ihrem Gesicht mit ihren Tränen.

Ohne, dass sie etwas sagen musste wusste er, dass sie den Antrag angenommen hatte. Er legte seine Arme um sie und verschwand mit ihr in der Erde. Dort wo er gestanden hatte bildete sich eine Säule, wo, wie damals, die Legende des Blutprinzen erschien:
 

Jedes Mal wenn es Regen gab war es kein Wasser sondern Blut, von Anfang an und verwandelte sich nicht erst.

Ihr seid in das Land des Blutprinzen gedrungen und er hat auf euch Rücksicht genommen. Er hat dafür gesorgt, dass eure Felder fruchtbar sind. Er hat dafür gesorgt, dass ihr Wild jagen könnt ohne an dem Fleisch zu sterben. Er hat dafür gesorgt, dass seine Mannen euch auf eurem Wege von Haus zu Haus, von Stadt zu Stadt, von Schritt zu Schritt nicht töten. Er hat euch gewährt zu leben.

Und ihr dankt es ihm indem ihr ihn malt, hässlich und Furcht einflößend. Als Gott des Todes.

Ihr redet über ihn nur zu seltenen Stunden und dann auch nur mit vorgehaltener Hand.

Ihr erzählt euren Kindern er käme wenn sie nicht schlafen würden oder nicht auf essen.

Aber ihr tut ihm unrecht.

Er hat euch in Schutz genommen.

Und ihr wusstet es nicht einmal!

Und als ihr es wusstet, hattet ihr nur noch mehr Angst! Er könnte euch mit einem Wisch alle ausrotten, doch Er tut es nicht.

In der Prophezeiung steht:

Das Volk, dass vor dem ew’gem Herrscher in Angst und Furcht erzittert, wird den anderen Teil seiner selbst hervorbringen.

Es wird die Verbindung zu Welten sein. Durch ihn wird der Blutprinz zum Blutkaiser und ist vollständig im Angesicht des Todes!

Den Tod besiegt er mit dem Blu’gem Schwert.

Aus dieser Verbindung wird eine Blüte entspringen, kalt und heiß, scheußlich und liebreizend, Herzerwärmend und einfrierend.

Diese drei bilden den Clan der Lebenden.

Ew’ges Leben, vergängliches Leben und der Tod selbst.

Das Gegenstück des Prinzen liegt bereits in seinen Armen, also frohlocket, denn nur sein Gegenstück kann ihn jetzt noch beeinflussen.
 

In der blutigen Säule erschien ein Blutfleck, obwohl vom selben Material, klar als Blut zu erkennen.

Um die Legende zog sich eine leichte Verzierung und in den Blutfleck wurde eine Signatur geschrieben, unleserlich.

Die Säule stand nun da und ein Suizid gefährdeter junger Mann schlug auf die Säule ein. Er wollte sterben, doch nichts weiter geschah. Sein Schwert durch glitt die Säule aber die Buchstaben erschienen wieder auf der Säule. Die Blutsäule war unzerstörbar geworden.

Derweil waren Cathy und der Prinz schon in seinem Land angelangt und er rief einen Ball aus. Er erwähnte nicht weswegen, doch seine Mutter sendete allen die Nachricht, wahrscheinlich wolle er sich seine Braut aussuchen und sich dann verloben.

Jeder wusste, dass der Prinz alles schnell abhandeln wollte, und so waren sich alle schon fast sicher er würde an eben selben Tag auch heiraten.

Eine Jede aus seinem Land kam, die Prophezeiung selbst hatte er erst gesehen, in seinem Innersten, als er Cathy damals so studiert hatte. Er hatte die Prophezeiung in ihr gelesen, dadurch wussten die anderen in seinem Land nichts davon.

Jede die Chancen sah zu „gewinnen“ legte gar keinen oder nur extrem wenig Zauber auf. Die einzige bei der Er Zauber in einem erweiterten Maße wirklich duldete war seine Schwester.

Die „jungen“ Frauen hatten sich in einem Zimmer eingefunden, alle anderen waren bereits im Ballsaal. Als Cathy den Raum betrat, denn sie wurde von einer Wache dorthin gelotst, beäugten sie alle argwöhnisch. Alle tuschelten mit vorgehaltener Hand und schauten immer wieder zu ihr. Sie fühlte sich unwohl zwischen diesen komischen Kreaturen. Ihre Häute waren grau und verwesen. Bei den meisten war der größte Teil schon von ihren Knochen gefallen und hingen nur noch daran.

Sie ekelte sich und versuchte sie sich wie normale Menschen vorzustellen, was ihr nicht ganz gelang. Eine ging direkt auf sie zu und meinte zu ihr: „Du solltest schleunigst deinen Zauber ablegen! Das sieht schon unnatürlich aus! Der beste Freund des Prinzen, wird es vielleicht mögen, aber der Prinz wird dich umbringen! Nicht mal bei seiner Schwester lässt er so viel zu!“ Cathy nickte, obwohl sie nicht verstand was mit >Zauber< gemeint war. Als sie endlich alle raus gingen, grinsten nicht wenige der Mädchen, denn sie glaubten, Cathy würde jetzt vom Prinzen umgebracht. Seine Schwester sah sie ebenfalls und zog sie zur Seite, schickte sie weg. Doch sie wollte zu ihrem Geliebten. Als sie auf die Flügeltür zuging an der eine Treppe nach unten in den Ballsaal führte, wurde sie von einigen Wachen aufgehalten. Sie boten ihr drei Möglichkeiten entweder sie würde den Zauber ablegen oder sie würden sie umbringen oder der Prinz wird sie töten.

Sie wollte sich losreißen und keine wählen, darüber aber waren die Wachen so erbost, dass sie, sie mit voller Wucht von der langen schwarzen Marmortreppe stießen. Alle hörten das Poltern und niemand unternahm etwas. Ehe Er auch nur realisieren konnte was geschah, lag sie etwas unterhalb der Mitte der Treppe regungslos da. Ihre wallenden hellbraunen Haare fielen die Treppe herunter und sie lag mit dem Kopf nach untern gerichtet blutig auf der Treppe.

Ohne nun noch nach dem Schock zu überlegen, lief Er zu ihr und prüfte ob sie vielleicht doch noch lebte, aber zu spät. Sie war bereits tot. Den leblosen Körper hielt er fest in seinen Armen und schämte sich seiner Tränen nicht.

Doch schon nach kurzer Zeit zerstörte erst die Wachen und dann aus voller Wut schreiend das ganze Schloss. Auf der oberen Welt gab es ein riesiges Erdbeben und die Säule löste sich wieder in flüssiges Blut auf.

Die Steine, Leichen und Blutflüsse stürzten auf die „Blutgesellschaft“ und alle wurden zerquetscht und getötet.

Nach langer Zeit jedoch, bahnte sich eine kleine glitzernd schimmernde hellblaue Blume den Weg durch die Trümmer des Schlosses und in dem Augenblick, wo sie die Blütenblätter öffnete wurde oben auf der Welt, in der Hauptstadt ein Junge geboren. Er wurde größer und bekam als junger Mann den Titel „Blutkaiser“, die die unten waren und nicht auf dem Ball waren erkannten ihn an, die die auf der Oberfläche lebten erkannten ihn an. Und herrschte auf ewig mit ew’gem Leben über beide Länder mit starker aber gerechter Hand.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  CriD
2009-02-15T20:47:50+00:00 15.02.2009 21:47
Hallo Artemensia,

ich habe mir deine Fanfiction durchgelesen, da es eine der Geschichten war, die zur Auswahl für den ComicStarsWettbewerb standen.
In diesem Hinblick mag ich dir auch etwas dazu schreiben. Also ich bewerte das jetzt nicht als Fanfiction sondern als Idee für eine illustrierte Geschichte.

Und da muss ich sagen mach.
Das ist mit Abstand das beste aus deiner Auswahl.
Zwar empfinde ich das Ende als unlogisch, mit diesem Ballsaal und den Schwester und das sie stirbt und so... da hat mein Gehirn irgendwie ausgeschalten. Ich hätte wohl in dem Moment Schluss gemacht, als er zum zweiten Mal mit ihr in seinem Reich verschwinden und praktisch ein offenes Ende gelassen, was mehr dem düsteren Szenario entspricht, dass du vorher beschrieben hast.
Aber alles in allem kann ich mir diese Geschichte als Comic sehr gut vorstellen, weil du da wirklich ein paar sehr starke Stimmungsbilder machen kannst.
Ich glaube diese Geschichte lebt weniger von dem was wirklich passiert, als der Atmosphäre. Der wogende Blutmantel, die Menschenmaßen, die sich eng auf dem eingepferchten Platz einer winzigen Stadt tummeln, das Mädchen, dass anstatt ihrer Mutter nur noch eine verstümmelte Skelettmumie vor sich findet und vor den Leichen fliehen muss.
Das sind eindrucksvolle Bilder, die man unbedingt zeigen sollte.
Allerdings solltest du auf manche Details, wie zum Beispiel dem suizidgefährdeten Menschen, der auf die Säule eindrischt verzichten.
Er schlägt drauf und die Säule geht nicht kaputt, super.
Mehr brauchst du nicht!
Es interessiert deinen Leser nicht warum er es tut, dass er es tut ist wichtig.
Verzichte auf solche Details, dann kann diese Geschichte richtig gut werden.

Liebe Grüße
Sinless


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