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Happy ohne Ende?

von

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Tu nur das, was dein Herz dir sagt

Ich bleibe an dieser Stelle standhaft: Keine der in meiner Story vorkommenden Personen gehört mir und alles, was hier zu lesen ist, ist definitiv frei erfunden und entspricht zu keinem Zeitpunkt der Wahrheit.
 


 

Eine Weile schwiegen die beiden fringsschen Frauen und schauten nur gemeinsam einträchtig in die lodernden Flammen des Kamins. Lange hielt diese Stille jedoch nicht an, da Petra noch einige Fragen an ihre Schwägerin hatte. Fragen, die sie zum Teil schon länger beschäftigten und die ihr sicherlich niemand sonst würde beantworten können – noch nicht einmal Torsten, der sich häufig für allwissend hielt. Und wann gab es einen besseren Zeitpunkt sie zu stellen als jetzt, in diesem Moment, wo sie ungestört einträchtig beieinander saßen?
 

Da die Ehefrau des Fringsers jedoch nicht einfach so mit der Tür ins Haus fallen und dadurch riskieren wollte, dass Lena sich wieder in ihr Schneckenhaus zurückzog, stellte sie erst einmal eine, aus ihrer Sicht, absolut unverfängliche Frage.
 

„Wie war eigentlich dein Treffen mit Per?“
 

„Es war gut“, antwortete Lena schlicht und weckte damit Petras Neugier. Zwar war ihre Schwägerin noch nie der Mensch für überschwängliche und wortreiche Beschreibungen gewesen, doch etwas mehr als ein „es war gut“ hatte man ihr immer entlocken können. Es sei denn, es war etwas im Busch, dann igelte Torstens kleine Schwester gewohnheitsmäßig ein und wurde wortkarg – so wie jetzt.
 

„Nur gut?“, harkte Petra deswegen auch mit einem leichten Lächeln auf den Lippen nach, welches der Psychologin nicht verborgen blieb. Ihr war klar, dass Lenas und Lisas Mutter den Braten bereits gerochen hatte und somit nicht eher ruhen würde, bis sie alles wusste. Da traf der alte Spruch „Gott erfand die Neugier und nannte sie Mutter“ mal wieder meilenweit ins Schwarze. Kein Detail war vor dem Spürsinn der zweifachen Mutter sicher und deshalb entschied sich Lena dafür, Petra gar nicht erst durch schweigen abzuwimmeln – es hatte ja eh keinen Erfolg.
 

„Wir haben viel geredet. Na ja, ich habe geredet und Per hat zugehört.“
 

„Du hast geredet? Tut mir leid das zu sagen, Lena, aber du bist-“, machte Petra ihrer Überraschung über das prompte und unerwartete Geständnis ihrer Schwägerin Luft. Die jedoch konnte diesmal nur müde Lächeln und Petras Satz für sie beenden:
 

„- bestimmt nicht der Typ, der stundenlang mit anderen über sich selbst redet? Nein, bin ich nicht. Aber Per hat mir zugehört. Mich festgehalten. Mir neuen Mut gemacht. Und mich meine Grenzen sehen lassen“, fuhr Lena fort und ihr Gespräch mit Per noch einmal zu rekapitulieren, half ihr, es auch selbst noch einmal zu verstehen.
 

„Er – war da. Und das war auch gut so. Er hat mich meine Fehler sehen lassen“, gab die Blondine mit geschlossenen Augen zu. Hätte sie Petra bei diesem Geständnis in die Augen sehen müssen, hätte sie vermutlich kein Wort über die Lippen gebracht. Lena hatte keinen blassen Schimmer, wann es ihr endlich leichter fallen würde, all diese Dinge über sich selbst zu erzählen, sie vielleicht sogar irgendwann als gegeben zu akzeptieren, aber sie hoffte, dass dieser Tag irgendwann käme. Musste er ja. Andere Menschen hatten schließlich auch nicht solche massiven Probleme etwas von sich Preis zugeben – zumindest nicht gegenüber Menschen, denen sie blind vertrauten.
 

„Normalerweise kann man genau die Menschen nicht ausstehen, die einem seine Fehler aufzeigen“, machte Petra Lena die Absurdität ihrer Aussage klar. Das war keinesfalls böse gemeint, unter normalen Umständen hätte die Blondine der zweifachen Mutter sogar zugestimmt – doch in ihrem Leben war schon so lange nichts mehr wirklich normal verlaufen, dass dieser Satz für sie trotzdem Sinn ergab.
 

„Kann schon sein. Aber diesmal war es gut – richtig sogar. Per hat mir die Augen dafür geöffnet, wie mein Leben jetzt gerade ist und wie es die letzten Jahre war“, sprach Lena Pers „Errungenschaften“ aus, machte am Ende ihres Satzes jedoch keine abschließende Pause, die besagte, dass dies alles war, was Per getan hatte. Im Gegenteil, Lena forderte ihre Schwägerin zwischen den Zeilen sogar dazu heraus nachzufragen, was der lange Innenverteidiger im Dienste der Bremer noch getan hatte. Zumindest empfand Petra es als eine solche Aufforderung, der sie nur zu gerne nachkam.
 

„Und?“, wollte sie deshalb wissen und Torstens kleine Schwester hatte ausnahmsweise keine Probleme damit ihren halbangefangenen Satz zu vervollständigen:
 

„Und wie es in Zukunft nicht mehr sein soll.“
 

„Das ist doch gut, oder?“, fragte die Ehefrau des Fringsers unsicher nach, da Lenas Tonfall nicht begeistert geklungen hatte, sondern eher total verunsichert. So als wüsste sie selbst noch nicht so recht, was sie jetzt mit dieser Erkenntnis anfangen sollte. Geschweige denn, wie sie damit umgehen sollte. Und Lenas nächsten Worte bestätigten die Vermutung der zweifachen Mutter:
 

„Ich habe keine Ahnung, Petra. Wenn ich ehrlich sein soll, schwirren in meinen Kopf im Augenblick so viele wirre Gedanken rum. Ich weiß nicht, was ich machen soll. Und das macht mir Angst. Tierische Angst sogar. Weil ich bisher immer wusste, was zu tun ist. Egal wie schwierig oder kompliziert die Situation war: Ich wusste, was ich tun musste.“
 

Petra versuchte sich vorzustellen, wie es für einen Menschen wie Lena sein musste, nicht mehr alle Antworten zu kennen. Diese Situation musste ihr fremd sein: In der Schule und auch in allen anderen Situationen hatte sie immer alle antworten gekannt. Und jetzt fühlte sie sich zum ersten Mal und ihrem Leben ratlos. Ja, das würde vermutlich jedem Menschen eine Heidenangst einjagen.
 

„Es tat zwar manchmal weh diese Entscheidungen zu treffen und es dann auch zu tun, aber ich wusste wenigstens, was geschehen muss. Was richtig und was falsch ist. Jetzt bin ich vollkommen überfordert.“
 

Lena war sich völlig darüber im Klaren, dass sie Petra gerade sehr tiefe Einblicke in ihr angeknackstes und verkorkstes Seelenleben gewährt – und dass sie sich so verletzbar machte wie selten zuvor. Aber wenn sie eine Lektion von Per schon verinnerlicht hatte, dann die, dass einem nicht alle Menschen verrieten. Dass man ihnen vertrauen musste, wenn sie einem helfen sollten. Und dass es keine Schande war, um Hilfe zu bitten und sich dann auch helfen zu lassen. Man musste nicht alles allein schaffen, musste nicht alleine weinen und gegen die Dämonen kämpfen – nicht, wenn man so eine Familie hatte, wie sie sie hatte.
 

„Ich fühle mich wie im freien Fall durch ein riesiges schwarzes Loch. Ich habe nichts, woran ich mich festhalten und auch nichts woran ich mich orientieren kann. Ich falle – und niemand kann meine Geschwindigkeit bremsen“, illustrierte Lena ihre augenblicklichen Gefühle weiter und in Petra wuchs der Drang ihr zu helfen. Egal wie. Hauptsache irgendwie.
 

„Es mag vielleicht abgedroschen klingen Lena, aber: Hör auf das, was dein Herz dir sagt. Und verlass dich drauf, dass am Ende deines Fallens jemand da sein wird, der dich sicher in seinen Armen auffängt.“
 

Petra hätte ihrer Schwägerin gerne mehr geholfen – oder zumindest anders. Aber mehr als tröstende, Hoffnung schenkende Worte fielen ihr im Augenblick nicht ein. Und selbst die klangen in ihren und vermutlich auch in Lenas Ohren abgedroschen und ausgelutscht. Doch Petra war niemand, der Wunder vollbringen und Lenas Leben wieder in die richtige Balance bringen konnte. Das würde nur die Blondine nur selbst schaffen können – mit der Hilfe ihrer Familie und Freunde.
 

„Und was mache ich, wenn mein Herz noch nicht all das begriffen hat, was mein Verstand dank Per gerade langsam verarbeitet? Wenn es noch nicht soweit ist?“, wollte Lena von der zweifachen Mutter wissen.
 

„Dann solltest du deinem Herzen in dieser Beziehung erstmal noch ein wenig Zeit lassen“, antwortete Petra und schon an Lenas Gesichtsausdruck erkannte sie, dass der Jüngeren diese Aussage nicht gefiel.
 

„Ja, aber woher weiß ich, wie lange mein Herz brauchen wird, um das alles zu begreifen? Ich will nicht mehr länger warten – nicht noch mehr kostbare Zeit verschenken.“
 

Es war so leicht zu verstehen, was Lena meinte. Was sie wollte. Auch Petra verstand die Vehemenz, mit der Torstens kleine Schwester dafür eintrat, dass sie keine Zeit sinnlos zu verschwenden hatte. Kein Mensch auf dieser Welt vergeudete gern Zeit – weil bereits jedes Kind wusste, dass Zeit endlich war. Zumindest für jeden einzelnen. Trotzdem konnte die Schwarzhaarige mit nicht mehr als einer allseits bekannten Phrase antworten:
 

„Du musst einfach ein bisschen Geduld haben.“
 

„Das klingt so leicht“, schnaubte Lena und versuchte ihre Frustration nicht an Petra auszulassen. Die konnte schließlich nichts dafür, dass sie selbst gerade nicht mit ihrem Leben klar kam und ziemlich genervt von sich selbst war – und ihrer eigenen Unfähigkeit alles wieder ins Lot zu bekommen. Dafür war nur sie selbst verantwortlich – gut, und vielleicht noch ein paar äußere Umstände, aber ihre Familie trug keine Schuld an ihrem chaotischen Leben. Trotz des Versuchs ihre Frustration nicht zu zeigen, spürte Petra, wie sehr ihre Schwägerin das alles mitnahm und streichelte ihr sanft über den Arm.
 

„Es ist nicht leicht, ich weiß. Trotzdem kann ich dir nichts anderes raten. Außer vielleicht für einen Moment in dich zu gehen und dir zu überlegen, ob es nicht noch Menschen gibt, denen du noch eine Entschuldigung schuldig bist.“
 

Um diese Frage zu beantworten, musste die Wahl-Spanierin nicht einmal einen kurzen Moment in sich gehen, das wusste sie auch so problemlos.
 

„Die gibt es“, kam also die gemurmelte Antwort und das reichte Petra, um voller Elan in die Hände zu klatschen, ihrer Schwägerin die warme Decke wegzuziehen und sie mit den Worten „Na also, dann geh hin und entschuldige dich. Spring über deinen Schatten“ aus dem Wohnzimmer zu komplimentieren. An sich war die zweifache Mutter zwar gar nicht voller Elan, aber sie hoffte die Blondine mit ihrer Zuversicht anstecken zu können – irgendwann musste sich ja schließlich mal was bewegen und wenn nicht jetzt, wann dann?
 

Der Elan der Älteren steckte Lena zwar nicht so richtig an, doch sie wusste, dass sie nach ihren Gesprächen mit Per und auch mit Petra wohl auf keine weiteren, guten Gründe, es zu tun, hoffen konnte. Es war alles Wichtige gesagt worden und jetzt war es an ihr nach dem Telefonhörer zu greifen. Noch einen Tritt in den Hintern würde sie nicht bekommen – da würden sie alle eher aufgeben. Also musste sie sich jetzt bei einigen Menschen entschuldigen – zu Recht. Und sie musste ihre Beziehung zu Ricardo ein für alle Mal klären, damit sie in ihrem Leben endgültig wieder nach vorne blicken konnte. Das alles musste sie für sich tun, damit es wieder ihr Leben war und sie wieder glücklich sein konnte.
 

Denn irgendwo, auf dem langen Weg zwischen Mailand, Barcelona und Bremen hatte sie sich selbst verloren. Da hatte sich der rote Faden ihres Lebens, der sich bis zu diesem Zeitpunkt immer vollkommen stringent entwickelt hatte, zu einem Knäuel verheddert. Und jetzt musste sie irgendwie sehen, dass aus diesem Knäuel wieder ein einzelner Faden wurde – der sich dann vielleicht irgendwann einmal mit einem anderen einzelnen Faden zusammentun könnte. Vielleicht. Irgendwann.
 

To be continued
 

Was denkt ihr über das Gespräch zwischen Petra und Lena? Öffnet sich Torstens kleine Schwester mittlerweile schon etwas mehr? Hat Pers kleine „Therapiesitzung“ vielleicht doch noch mehr gebracht, als der Lange sich das überhaupt hat vorstellen können?

Und was glaubt ihr, bei wem wird sich Lena zuerst entschuldigen? Und warum?



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  sunny12
2013-01-13T13:36:38+00:00 13.01.2013 14:36
So, und schon gehts weiter :)

Besonders gut hat mir am Schluss der Vergleich mit dem roten Faden gefallen. Das ist dir wirklich gut gelungen. Aber auch sonst ist das Kapitel wieder sehr gut geworden. Und wahrscheinlich hat Lena mal jemanden wie Per gebraucht, der sie wachrüttelt und es ihr möglich macht, sich wieder anderen Leuten, vor allem denen, die ihr nahestehen, zu öffnen. Aber ich denke nicht, dass er damit gerechnet hat, dass seine Unterhaltung mit Lena schon solche Auswirkungen auf sie haben könnte. Hat vielleicht keiner von beiden.
Und die Unterhaltung mit Petra und den Schubs, den Lena von ihre bekommen hat, hat sie wahrscheinlich auch gebraucht, da sie dadurch immer weiter aus ihrem Schneckenhaus geholt wird und auch merkt, dass da immernoch Leute sind, die ihr beistehen und helfen, schwierige Lebensabschnitte zu überstehen. Und das ist für jemanden in Lenas Situation, könnte ich mir zumindest vorstellen, das wichtigste.
So und jetzt zuletzt noch zu deiner Frage, bei wem sie sich wohl zuerst entschuldigt: Entweder ruft sie Leo an, um ihm zu erklären, weshalb sie so plötzlich aus Barcelona verschwunden ist. Oder aber Lena entschuldigt sich bei ihrem Bruder, weil sie ihm so lange alles verheimlicht hat, auch wenn es ihr bei ihm evtl am schwersten fallen dürfte, da er immer hinter ihr stand und sie unterstützt hat. Und jetzt muss sie ihm all das erklären, was in den letzten Jahren passiert ist.
Ich werd mich einfach überraschen lassen, wie es weitergeht ;)
LG sunny12


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