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Happy ohne Ende?

von

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Petra

Ich bleibe an dieser Stelle standhaft: Keine der in meiner Story vorkommenden Personen gehört mir und alles, was hier zu lesen ist, ist definitiv frei erfunden und entspricht zu keinem Zeitpunkt der Wahrheit.
 

Vielen lieben Dank für deine Worte, Sunny. Und ein frohes neues Jahr.
 

Die Fahrt zum Hause der Frings war wie im Flug vergangen und schon nach kurzer Zeit tauchte die Einfahrt vor Pers Golf auf. Weder der Innenverteidiger noch die Blondine hatten während der gesamten Fahrt mehr als drei zusammenhängende Sätze gesagt und so hatten sie sich eher darauf konzentriert gemeinsam zu schweigen – was Lena sehr gut gefiel, da sie im Moment sowieso bei jedem Satz um Worte ringe musste.
 

„Mach’s gut, Lena“, verabschiedete sich Per betont ungezwungen von Torstens kleiner Schwester, als sie an der Einfahrt der Familie Frings angekommen waren. Er wusste, dass sie ihn nicht noch hinein bitten würde, da sie jetzt vor allem Zeit und Ruhe zum Nachdenken brauchte. Und das war auch OK so.
 

„Du auch, Per. Ich-. Ich melde mich bei dir, wenn ich soweit bin, in Ordnung?“, wollte Lena von ihm wissen und drehte sich ein letztes Mal zu ihm um, bevor sie die Tür aufstieß und mit dem rechten Fuß zuerst den Boden berührte, um auszusteigen.
 

Mehr als ein schwaches Nicken brachte der Bremer Verteidiger nicht zustande, für Worte war der Kloß in seinem Hals viel zu dick. Doch Lena schien das Nicken als Antwort zu genügen, denn sie lächelte ihn schwach an, stieg vollends aus seinem schwarzen Gefährt aus und schmiss dann schwungvoll die Tür des Golfs zu. Mit schnellen Schritten und ohne sich noch einmal nach Per umzudrehen, verschwand sie in der Auffahrt ihres Bruders und dann sicher im fringsschen Heim.
 

Wie hypnotisiert schaute Per ihr nach, auch nachdem Lena schon längst aus seinem Blickfeld verschwunden war. Sein Blick ging einfach ins Leere und obwohl seine Augen nichts sagen, was man hätte verarbeiten müssen, arbeitete es in Pers Kopf auf Hochtouren. Der gebürtige Niedersachse brauchte diesen einen Moment, um sich zu überlegen, ob es für ihn wirklich in Ordnung war, wenn Lena sich erst wieder bei ihm meldete, wenn sie soweit war. Es konnte heute schon soweit sein, wovon er nicht ausging, es konnte nächste Woche oder nächsten Monat sein – oder eben nie. Weil sie nie soweit sein würde das tatsächlich zu verarbeiten, was er ihr auf der Wiese an der Weser versucht hatte klar zu machen.
 

Wie Per sich auch drehte und wendete, alles lief auf die Erkenntnis hin, dass jetzt Lena am Zug war. Dass es ab jetzt ihre Entscheidung war, wie es mit ihnen weiterginge. Ob es überhaupt weiterginge. Jetzt musste sie den nächsten Schritt gehen. Ganz allein. Es war ihre Entscheidung, ob sie bereit war, einen Fuß vor den anderen zu setzen und ihren Weg in die Zukunft zu gehen. Aber diesen entscheidenden ersten Schritt, den würde sie vermutlich erst machen, wenn sie alle Risiken abgewägt und alle Gefahren einkalkuliert hatte. Das würde dauern. Und er – er würde warten. Auf Lena. Es war nicht gut, nicht ideal oder wünschenswert – weit davon entfernt. Aber es war in Ordnung. Für ihn zumindest. Weil er wusste, dass er sie besser zu nichts drängte, dessen sie sich nicht vollkommen sicher war. Per wollte sie nur ganz oder gar nicht – und wenn, dann richtig.
 

Lena empfing eine unnatürliche Stille im Haus, als sie die Eingangstür öffnete. Nirgendwo in den oberen Stöcken hörte sie Kinderlachen und aus dem Wohnzimmer drangen keine typischen Fernsehgeräusche. Es wunderte sie, schließlich sollten mittlerweile sowohl Torsten als auch die Mädchen wieder zu Hause sein – und trotzdem herrschte im fringsschen Haushalt eine unheimliche Stille.
 

„Petra? Bist du da“, rief Lena aus dem Flur durchs ganze Haus, in der Hoffnung, dass wenigstens ihre Schwägerin nicht mit ausgeflogen war.
 

„Im Wohnzimmer“, kam auch sofort die Antwort und entgegen ihres eigenen Planes machte die Psychologin sich auf den Weg ins Wohnzimmer, um nach Petra zu schauen. Ruhe und Einsamkeit zum Nachdenken erschienen ihr bei dem Anblick, der sich ihr bot, auf einmal nicht mehr so verlockend wie noch vor wenigen Minuten: Petra saß auf dem breiten, bequemen Sofa der Familie Frings, warm eingekuschelt in einer Decke, vor dem großen Kamin. In ihrem Schoß lag ein Buch, dass sie bis eben noch gelesen haben musste.
 

„Komm her und setzt dich, Lena“, forderte Petra die jüngere ohne Umschweife auf und klopfte neben sich aufs Sofa. Einen kurzen Moment zögerte die kleine Schwester des „Lutschers“, entschied sich dann aber für die Gesellschaft ihrer Schwägerin. Die wickelte sich problemlos aus der Decke und gab Lena somit ein Stückchen ab, damit die es sich am anderen ende des Sofas bequem machen konnte.
 

Für einen kurzen Augenblick wurde Lena bewusst, wie komisch diese Situation eigentlich war: Noch vor drei Stunden hatte sie mir ihren Nichten draußen im Garten gespielt, war Eis essen gegangen und hatte mit Per bei strahlendem Sonnenschein an der Weser gesessen und nun? Nun kuschelte sie sich hier mir Petra vor dem Kamin aufs Sofa – als wäre es draußen nicht warm genug. Die Ironie der Situation schien auch Petra nicht entgangen zu sein, die schmunzelnd erklärte:
 

„Normalerweise mache ich den Kamin um diese Zeit noch nicht, wenn draußen das Wetter noch so schön spätsommerlich ist. Aber Torsten ist mit den Mädchen draußen unterwegs und ich hatte einfach mal wieder das Bedürfnis mich in eine warme Decke einzukuscheln, ein bisschen in die Flammen zu gucken und ein gutes Buch zu lesen. Irgendwie muss ich die seltenen Momente der Ruhe ja genießen.“
 

Es war das glückliche, sanfte Lächeln ihrer Schwägerin, das Lena einen Kloß im Hals verursachte. Sie selbst brauchte in Barcelona bloß die Tür hinter sich zu ziehen, schon hatte sie ihre Ruhe. So viel sie wollte. Sie konnte sich hinsetzen und ein Buch lesen, sie konnte einfach nur dastehen und aus dem Fenster schauen – all das, was für ihre Schwägerin besondere Momente waren, war für sie alltäglich. Sie nahm es nicht mal mehr wahr. Und das machte sie traurig, denn es zeigte ihr, wie leer ihr Leben in der spanischen Metropole eigentlich gewesen war. Und sie hatte es noch nicht einmal gemerkt.
 

„Sag mal Lena: Hast du eigentlich gar keine Freundinnen in Barcelona? Mit denen du über all das reden kannst?“
 

Wie aus heiterem Himmel traf Lena die Frage ihrer Schwägerin. Sie hatte nicht nach Freunden gefragt, sondern nach Freundinnen. Frauen, mit denen sie vielleicht andere Dinge teilte als mit den Männern in ihrem Leben.
 

„Ich-. Das ist-. Nein, Petra“, schüttelte Lena traurig den Kopf und starrte in die gleichmäßig lodernden Flammen des Kamins. Sie hatte noch nie eine wirklich beste Freundin gehabt. Nicht in der Schulzeit, in der die Mädchen einige Jahre älter gewesen waren als sie und sich schon für ganz andere Sachen wie Jungs, Schminke oder Alkohol interessiert hatten, und auch nicht in Mailand oder Barcelona. Mit Paolos Frau Adriana hatte sie sich immer sehr gut verstanden, sie hatte es ihr leichter gemacht zu verstehen, was in ihr vorging – aber wenn es danach ging, war sie eher ein Mutterersatz, denn eine Freundin für sie gewesen. Und in Barcelona hatte sie sich erst gegenüber allen Menschen verschlossen, die mit ihr hatten in Kontakt kommen wollten, und später hatte sie die Jungs gehabt. Aber eine ganz normale Freundin, mit der man einen Kaffe trinken ging, über Jungs quatschte und zusammen die Einkaufsläden unsicher machte – so einen Menschen hatte es in ihrem Leben bisher nicht gegeben.
 

„Das ist wirklich Schade, Kleines. Denn weißt du, wenn man manches mit Freunden bespricht, wird einem gleich so einiges klarer. Man sieht es dann nämlich von einem anderen Standpunkt aus“, erklärte Torstens Ehefrau und rückte ein Stück näher an ihre Schwägerin heran. So wie sie es häufig auch bei ihren beiden Mädchen tat, griff Petra nach Lenas Hand und streichelte ihr leicht mit dem Daumen über den Handrücken.
 

„Ich glaube, ich könnte so eine Freundin jetzt dringend gebrauchen“, brachte Lena nach kurzem Schweigen schließlich halblaut über die Lippen. Es war ihr für einen Augenblick schwer gefallen zu zugeben, dass sie das alles nicht mehr alleine schaffte. Dass sie ihr Leben nicht mehr alleine meistern konnte. Aber dann hatten Petras federleichten Berührungen ihr gezeigt, dass sie gar nicht alles alleine schaffen musste. Sie hatte eine Familie. Menschen, die sie liebte und die sie wiederum liebten.
 

„Wie wäre’s, wenn ich den Posten übernehme. Zumindest solange, bis du jemanden gefunden hast“, schlug Petra da auch schon vor und Lena wusste nicht so recht, wie sie ihrer Schwägerin begreiflich machen konnte, wie wichtig ihr dieses Angebot war.
 

„Das wäre wirklich-. Danke, Petra“, beschränkte die Wahl-Spanierin sich schließlich auf wenige Worte.
 

„Gern geschehen. Und nun erzähl, was du auf dem Herzen hast.“
 

„Ich habe Fehler gemacht Petra, schlimme Fehler. Ich habe Menschen, die mir unheimlich wichtig sind, wehgetan“, offenbarte Lena stockend. Sie konnte das, was sie in Barcelona getan hatte, immer noch nicht richtig in Worte fassen – zumindest nicht, ohne dabei die Fassung zu verlieren.
 

„Nichts absichtlich, oder?“, wollte Torstens Ehefrau wissen.
 

„Nein-. Doch-. Ach, ich weiß es nicht“, stammelte Lena und ließ ihr Gesicht verzweifelt hinter ihren Händen verschwinden, weil sie auf diese Frage nicht voller Inbrunst mit „Nein“ beantworten konnte. Was war sie bloß für ein Mensche, dass sie ihre Freunde absichtlich verletzte – oder es zumindest nicht mit Sicherheit ausschließen konnte?
 

„Hast du es gemacht, weil du es für das Beste hieltest? Für dich und für deine Freunde?“, harkte Petra erneut nach und irgendwie fühlte sich Lena wieder ein bisschen wie am Nachmittag mit Per, der ebenso unablässig nachgefragt und seinen Finger immer wieder auf die Wunde gelegt hatte.
 

„Ja, natürlich wollte ich das Beste für uns“, rechtfertigte sich Lena.
 

„Dann wolltest du ihnen nicht absichtlich wehtun“, schloss Petra mit einer Sicherheit in der Stimme, die eigentlich keine Zweifel offen ließ. Aber eben auch nur eigentlich.
 

„Aber die Fehler-“, versuchte Lena ihrer Schwägerin dann auch gleich zu widersprechen, doch die hob nur mahnend die Hand:
 

„Lena, alle Menschen machen Fehler - sogar die, die wir lieben. Glaubst du wirklich, Torsten oder ich hätten noch nie Fehler gemacht? Natürlich haben wir das. Jeden Tag wieder. Aber wir bitten um Entschuldigung und verzeihen einander.“
 

In Petras Worten klang keine Bitterkeit mit, als sie sagte, dass auch sie und Torsten jeden Tag aufs Neue Fehler machten – und daran arbeiten mussten, sie wieder auszubügeln, damit sie dem anderen nicht über lange Zeit wie ein Stachel im Fleisch steckten. Es klang danach, als sei es eher eine Selbstverständlichkeit, als die Ausnahme. Das verwunderte Lena, hatte sie dieses Verhalten bei ihrem Bruder und ihrer Schwägerin noch nie bewusst erlebt.
 

„Ist das wirklich so leicht?“, verlangte Lena zu wissen und Petra schüttelte nur den Kopf, schloss kurz die Augen, bevor sie Luft holte, und der Namensvetterin ihrer Tochter antwortete.
 

„Ich habe nicht gesagt, dass es leicht ist. Das ist es nämlich nicht. Es kostet jeden von uns immer wieder Überwindung uns zu entschuldigen. Und hin- und wieder auch sehr viel Kraft, die Entschuldigung anzunehmen und zu verzeihen. Manchmal braucht es mehr Zeit als sonst, aber-.“
 

„- irgendwann hat der Schmerz bei dem anderen soweit nachgelassen, dass er verzeihen kann“, vervollständigte Lena den Satz ihrer Schwägerin, um zu zeigen, dass sie verstanden hatte, was Petra ihr damit sagen wollte. Die nickte nur bestätigend und fügte ein gemurmeltes „genau“ an.
 

To be continued
 

Allen Per-Liebhabern dürfte es gefallen haben, dass Per sich so bewusst für Lena entschieden hat – er aber auch so ehrlich zu sich selbst war, dass er gesagt hat: Ich bin mehr wert, als nur ein Trostpflaster für kurze Zeit zu sein. Wenn, dann will ich sie nur ganz und richtig. Das ist auch für ihn ein großer Schritt nach vorn, denn bisher hat Per immer eher an sich und seinen Qualitäten gezweifelt. Und dass er Lena jetzt den nächsten Schritt machen lässt, wie findet ihr diese Entscheidung? Weise? Verrückt?

Lena hat angefangen mit Per ihre Vergangenheit zu bewältigen, aber das ist gar nicht so leicht, wie sie es sich vielleicht vorstellt. Deswegen hat sie jetzt nicht nur Per als Stütze, sondern auch Petra. Als Ersatz für die Freundin, die sie leider nicht hat. Was haltet ihr davon? Bringt dieses Gespräch Lena wirklich weiter oder kaut sie nur zum gefühlten tausendsten Mal das durch, was eigentlich alle schon wissen?



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  sunny12
2013-01-13T13:15:58+00:00 13.01.2013 14:15
Hey!
Erstmal wünsche ich dir auch noch ein frohes neues Jahr ;)

Und da schon das nächste Kapitel wartet, werd ich hier einen etwas kürzeren Kommentar schreiben.
Also das Kapitel ist dir wieder sehr gut gelungen und ich finde es gut, dass Per jetzt darauf warten will, dass Lena von sich aus auf ihn zukommt und er nicht einfach nur als Trostpflaster dienen will. Da ist schon gut so.
Auch Petras Reaktion ist gut. Schön, dass sie Lena anbietet erstmal den Platz der fehlenden besten Freundin einzunehmen. Vielleicht werden sie dann ja wieder so gute Freundinnen wie früher. Und über das, was sie über Fehler gesagt hat, sollte Lena wirklich mal nachdenken, aber ich werd mich mal überraschen lassen, wie es gleich weitergeht ;)

LG sunny12


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