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Don't get too friendly

OS-Sammlung (Grösstenteils Rose/Scorpius)
von

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Von Frettchen und gebrochenen Nasen

Von Frettchen und gebrochenen Nasen
 

Zwei Jungs in den Farben von Slytherin gekleidet betraten die Bibliothek. Der eine strohblond, der andere schwarzhaarig, suchten sie sich einen freien Tisch, um sich in ihre Bücher zu stürzen. Bis zu ihren UTZ’s war es nicht mehr lange hin und selbst Scorpius Malfoy verspürte langsam aber sicher den Drang, sich doch ein wenig auf die Prüfungen vorzubereiten, weshalb er dem ewigen Drängen seines besten Freundes Albus Potter endlich, nach vielen Wochen der Diskussionen, nachgegeben hatte.

Mit einem bösen Blick verscheuchte Malfoy ein paar Erstklässler von einem Tisch und liess sich auf einen Stuhl fallen. Potter grinste nur. „Weißt du, manchmal kannst du echt sein wie dein Vater. Aber zum Glück nur manchmal.“

„Na, hör mal, die kleinen Gören haben immerhin noch über sechs Jahre Zeit, bis es wirklich ernst wird für sie, da können sie schon mal Platz machen.“

„Sagt der, der wahrscheinlich einmal mehr mit Bravour bestehen wird zu dem, der wieder einmal nur ganz knapp durchkommt.“ Potter liess sich nun auch auf einen Stuhl nieder und packte seine Bücher aus.

Malfoy griff auch nach seiner Büchertasche, die neben ihm auf dem Boden stand, da fiel sein Blick auf eine Person zwei Tische weiter. Sie hatte knallrote Haare und hätte sie ihr Gesicht nicht in ihren verschränkten Armen versteckt, würde man eine Unzahl von Sommersprossen auf ihren Wangen erkennen.

„Schläft die?“ Malfoy zeigte auf Potters Cousine.

Der Angesprochene lachte. „Sieht so aus! Stell dir nur mal die Szene vor, die sie machen wird, wenn sie wieder aufwacht! ‚Oh Merlin, ich hab geschlafen! Verdammt, jetzt werde ich ganz sicher nicht die Beste bei den UTZ’s sein!’“ Imitierte Potter seine zu Hysterie neigende Cousine.

Der Blonde ihm gegenüber warf ihm einen tadelnden Blick zu. „Willst du sie nicht lieber wecken? Könntest mal wieder ein paar Punkte gut machen, nach dem, was in Verwandlung passiert ist.“

Albus hob abwehrend die Hände. „Das warst du, nicht ich!“

„Weil du mich geschupst hast!“

„Na und? Es war dein Zauberspruch und dein Zauberstab und komm jetzt, Rose hat doch wirklich süss ausgesehen als Pony!“ Albus verkniff sich ein Grinsen. Er wusste, dass sein Freund das überhaupt nicht witzig fand, immerhin war er später der Leidtragende der ganzen Sache gewesen, sobald Rose Weasley wieder ein Mensch gewesen war.

Aber, um ehrlich zu sein, Albus hatte einfach nicht widerstehen können. Zuzusehen, wie Rose und Malfoy sich fetzten, das war einfach genial! Und was auch immer lustig war, war das Verhalten der beiden in des jeweils anderen Nähe. Ob man es glaubte oder nicht, aber die beiden Jahrgangsbesten schafften es doch immer wieder, sich auf irgendeine verquere Art und Weise gegenseitig zu verletzen, zu verwandeln, irgendwo einzusperren oder vor allen bloss zu stellen. Dass Albus bei seinen Spässen, sein Cousinchen und seinen besten Freund so oft wie möglich in missliche, später ausartende Situationen zu bringen, sehr viel Unterstützung von seinem Cousin Hugo erhielt, machte das Ganze noch leichter. Mit einem süffisanten Lächeln dachte er gerade daran zurück, wie er die beiden vor einigen Wochen in Filchs Besenkammer eingeschlossen hatte. Danach hatten Malfoy und Rose etwa zwei Wochen nicht mehr miteinander geredet. Ach, das Leben war doch schön.

„Anstatt dich darüber zu amüsieren, mich immer wieder in Scheisssituationen reinzureiten, solltest du lieber lernen.“ Malfoy funkelte Potter bedrohlich an. Dass sein bester Freund ab und an die Finger im Spiel hatte, wenn er mal wieder mit Rose Weasley aneinander geriet, wusste er nur zu gut. Aber was konnte er machen? Albus war sein bester Freund und na ja, teilweise war es sogar irgendwie lustig, sich mit Rose Weasley zu fetzen. Sie redete sich nämlich immer so schnell in Rage und dann wurde sie ganz rot und mit den Armen machte sie andauernd ausladende Bewegungen, was sie in diesen Momenten auf eine verquere Art und Weise süss machte. Aber den Gedanken schob er gleich wieder beiseite, erhob sich stattdessen und ging zu ihrem Tisch hinüber, um sie zu wecken. Er wusste, dass, würde er beim Lernen einschlafen (wenn es denn mal so weit kommen würde), wäre er auch froh, wenn ihn jemand wecken würde.

Bei der Rothaarigen angekommen legte er ihr eine Hand auf die Schulter und schüttelte sie leicht. „Weasley, aufwachen. Hey, jetzt wird nicht geschlafen.“

Rose schüttelte seine Hand ab und murmelte etwas, dass ziemlich nach ‚Nur noch fünf Minuten, Mum’ klang. Also versuchte es Malfoy nochmals. Diesmal beugte er sich jedoch etwas weiter runter, sodass sein Kopf nur einige Zentimeter von ihrem entfernt war, damit er näher bei ihrem Ohr war. „Rose, aufstehen, die UTZ’s fangen in zehn Minuten an.“

Dass er einen Fehler gemacht hatte, wusste er in dem Moment, da Rose erschrocken auffuhr, mit ihrem Hinterkopf auf seine Nase traf und sich ein stechender Schmerz den Weg durch seinen Körper suchte.

Albus, der das Ganze natürlich aufmerksam beobachtet hatte, lag nun laut lachend auf dem Tisch. Rose, die im ersten Moment gar nicht verstand, was eigentlich los war, blickte sich erst einmal verwirrt in der Bibliothek um, bis ihr Blick dann an Malfoy hängen blieb, der seinen Kopf in den Nacken gelegt hatte und in seiner Hosentasche nach einem Taschentuch kramte, um die rote Flüssigkeit, die nun sprudelnd aus seiner Nase lief, davon abzuhalten, auf seine Kleider zu tropfen. Endlich schaltete sie, was da genau passiert war, rückte ihren Stuhl zurück, wollte sich erheben, stolperte, riss Malfoy mit um und landete mit ihrem Ellbogen mit unglaublicher Genauigkeit auf einem grossen blauen Fleck an Malfoys rechter Seite, den er sich zwei Tage zuvor von einem Klatscher geholt hatte.

Vor Schmerz stöhnte Malfoy unter Rose liegend auf und fragte sich gerade, warum er sie unbedingt hatte wecken wollen. Rose ihrerseits begann nun unzählige Entschuldigungen zu stammeln. Das war ihr wirklich peinlich, vor allem, als sie sehen konnte, wie Malfoy verzweifelt versuchte, die Schmerzenstränen wegzublinzeln, die sich in seinen Augenwinkeln sammelten.

„Weasley, geh bitte von mir runter!“ Brachte er endlich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.

Albus, der sich nun sicherheitshalber auf den Boden gesetzt hatte, so sehr schüttelte ihn sein Lachen, hatte jetzt Gesellschaft von seiner kleinen Schwester Lily und seinem Cousin Hugo bekommen, die sich ebenfalls vor Lachen krümmten, als sie die Szene vor ihnen erblickten, so wie praktisch alle, die sich gerade in der Bibliothek aufhielten. Die Bibliothekarin Miss O’Harra, die seit fünf Jahren die Bibliothek führte, kannte das Wort lachen ebenso wenig wie ihre Vorgängerin, weshalb sie auch bloss tadelnd zu den beiden Siebtklässlern hinüber schielte.

Rose hatte sich endlich von Malfoy runter gerollt und fischte nun ihren Zauberstab aus ihrer Tasche. „Warte, ich richte das wieder. Bleib einfach ganz ruhig liegen!“

„Nein!“ Er hatte beinahe geschrieen. Malfoy zweifelte nicht daran, dass Rose eine grossartige Hexe war und irgendwann in die Fussstapfen ihrer Mutter treten würde, aber wenn es zu Zauberei in Verbindung mit seiner selbst kam, da wollte er sie einfach nicht Hand anlegen lassen. Das konnte nur schief gehen, bei ihrer Vorgeschichte! Seit der ersten Minute, die sie beide gemeinsam im Hogwartsexpress verbracht hatten, endeten alle Zauber, die Rose zu wirken versuchte, die irgendwie mit ihm zu tun hatten, in einem Desaster, meist noch zur Belustigung aller Umstehenden. „Ich gehe zu Madam Pomfrey!“

„Ok, aber dann bringe ich dich wenigstens hin.“, bestand Rose und Malfoy wusste, sie würde nicht klein beigeben. Das liess ihr schlechtes Gewissen nicht zu.
 

Nachdem Madam Pomfrey mit einem Grinsen auf dem Gesicht Malfoys gebrochene Nase wieder gerichtet hatte, sie kannte dieses Zweiergespann langsam ziemlich gut, ordnete sie ihm an, sich noch etwa eine halbe Stunde hinzulegen.

Rose nahm auf einem Stuhl neben Malfoys Bett Platz und sah ihn mit entschuldigendem Blick an. „Ich… wirklich, tut mir leid. Du wolltest mich wecken und ich verarbeite dich zu Rührei.“

Malfoy verzog das Gesicht. „Na hör mal, wie Rührei sehe ich noch nicht aus. Da braucht es schon etwas mehr, zum Beispiel den Quaffel, den du mir in den Sommerferien mitten ins Gesicht gehauen hast.“

„Stimmt, als du dann vom Besen in den Matsch gefallen bist, hast du nachher ausgesehen wie Rührei!“ Rose lachte herzlich.

„Weißt du eigentlich, wie oft du mir in den letzten Jahren die Nase gebrochen hast?“

„Ein paar Mal.“ War Rose Antwort. Malfoy sah ihr direkt in die Augen, doch nach einer Sekunde musste sie seinem Blick ausweichen, denn es beschämte sie zu sehr. „Tut mir wirklich leid. Das war nicht ein einziges Mal Absicht.“

Malfoy zog einen Mundwinkel leicht nach oben. „Ausser letztes Halloween, aber da dachtest du ja sowieso, ich sei Davis. Der hingegen hätte es verdient, ich war da bloss einmal mehr das unschuldige Opfer.“

Sie warfen sich einen Blick zu, dann lachten beide. Malfoy griff nach ihrer Hand, drückte sie leicht und fuhr mit seinem Daumen langsam über ihren Handrücken. Schweigend sahen sich die beiden in die Augen.
 

Halloween, ein Jahr zuvor
 

Mit einem breiten Lächeln reichte Rose dem grossen, gut aussehenden, dunkelblonden Ravenclawjungen, der sie zum Halloweenball eingeladen hatte, ihre Hand. Billy Davis hauchte ihr einen flüchtigen Kuss auf den Handrücken und führte sie dann galant in die festlich geschmückte grosse Halle. Rose war in einen bodenlangen, schwarzen Schlauch von Kleid gehüllt, dass bloss Mädchen stand, die kein einziges Gramm Fett an sich hatten. Als sie das Kleid ausgesucht hatte, war sie zum ersten Mal in ihrem Leben froh, dass praktisch all ihre gleichaltrigen Verwandten Jungs waren, die sie in den Sommerferien zu unzähligen Stunden Quidditch nötigten.

In einer Ecke der Halle erblickte sie ihren kleinen Bruder Hugo, der an jedem Arm ein Mädchen hatte und gerade begeistert irgendetwas zu erzählen schien, was seine Zuhörerinnen mit viel Gekicher aufnahmen.

Auf der Tanzfläche konnte sie ihre beiden Cousins James und Albus erblicken, beide schienen sehr beschäftigt mit ihren Tanzpartnerinnen. Rose konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Die zwei waren wirklich süss, wenn es um Mädchen ging, auch wenn sie ihr sonst ziemlich auf die Nerven gingen.

Nach einem weiteren, suchenden Blick stellte sie fest, dass Malfoy sich nicht in ihrer Reichweite befand, somit konnte heute Abend eigentlich gar nichts schief gehen. Gestern hatten sie sich noch darüber unterhalten, dass sie sich so gut es ging aus dem Weg gehen würden, denn beide wollten sich nicht den Ball versauen, bloss weil wieder der unauflösbare Fluch der Peinlichkeit sie zwei packte.

Davis führte Rose auf die Tanzfläche und wirbelte sie eine Zeit lang herum. Sie quiekte vergnügt. Ein Quidditchkapitän hatte sie eingeladen! Na ja, nicht irgendeiner, sondern der Einzige, mit dem sie überhaupt hätte ausgehen können. Die Alternative wären ansonsten ihr Cousin James oder Scorpius Malfoy gewesen. Die Hufflepuffs hatten momentan eine Frau als Kapitän, was Rose insgeheim als Grund dafür ansah, warum sie die letzten paar Spiele haushoch verloren hatten.

Irgendwann verliessen Rose und Davis die Tanzfläche und er bot sich an, ihnen etwas zu trinken zu holen. Für eine Weile stand Rose da und beobachtete die anderen Tanzpaare. Als immer mehr Zeit verstrich und Davis noch immer nicht zurückgekehrt war, machte sie sich auf die Suche nach ihm.

Innert einer Minute hatte sie ihn gefunden. Inmitten einer gewaltigen Blase von Schülern stand er und erzählte in triumphierendem Ton: „… tanzt nicht mal schlecht. Nehme an, dass sie als Versuchsobjekt für ihre Cousins hat hinhalten müssen, sonst würde doch niemand freiwillig mit der tanzen wollen… Keine Ahnung, ob sie ein Schulbuch dabei hat, unter dem Kleid hätte es auf jeden Fall keinen Platz… Stimmt auch wieder, sie würde sich das wohl überall hinstecken, bloss um es dabei zu haben… Ne, küssen würde ich die nie! Die weiss doch nicht mal, was das bedeutet! ... Na, was interessiert es mich, dass sie einigermassen hübsch ist, wenn sie eine Maschine ist, die sich bloss fürs Lernen und Noten interessiert? Mit der kann man sicher kein vernünftiges Gespräch führen… Also, bekomme ich jetzt die 25 Galleonen? Ich finde, dass ich unsere Wette zu Genüge erfüllt habe.“

„Ja, das hast du, du verdammtes Schwein!“, brachte Rose zwischen zusammen gebissenen Zähnen hervor, dann drehte sie sich auf dem Absatz um und rannte aus der grossen Halle, bevor jemand ihre Tränen sehen konnte.

Nun, das stimmte nicht ganz. Denn jemand sah ihre Tränen. Malfoy hatte an der Wand gelehnt, direkt gegenüber dort, wo Davis seine Rede gehalten hatte. Eigentlich war er auf die Gruppe nur aufmerksam geworden, weil er Roses rotes Haar in der Menge erblickt hatte. Im nächsten Moment konnte er beobachten, wie sich Roses Miene von erschrocken über wütend zu tief verletzt änderte. Geschwind stiess er sich von der Wand ab, drängte sich durch die Menge und konnte, als er noch gut zehn Meter von der Gruppe entfernt war, den letzten Teil von Davis Rede mit anhören, daraufhin Roses Reaktion und den Rest reimte er sich selbst zusammen. Das machte ihn wütend. Sehr sogar. Bis heute hatte er immer geglaubt, dass Davis ein anständiger Mensch war, doch dem war anscheinend nicht so. Malfoy nahm sich in dem Augenblick fest vor, Ravenclaw am nächsten Wochenende in den Boden zu stampfen, Albus würde ihn dabei sicher unterstützen.

Nun musste er aber erst einmal Schadensbegrenzung betreiben. Rose war schnell, als er sich durch die Menschen auf der Tanzfläche durchgekämpft hatte, war sie bereits bei der Eingangstür. Er rannte ihr hinterher, rief mehrfach ihren Namen, doch sie blieb nicht stehen.

Rose konnte hören, wie jemand ihren Namen rief, doch sie würde jetzt nicht stehen bleiben. Nicht, um sich Davis schwache Entschuldigungen anzuhören. Nicht, um ihm zu zeigen, dass sie weinte. Das wäre sein Triumph. Obwohl, eigentlich hatte sie ihn immer für einen anständigen Menschen gehalten. Aber wie hiess es doch so schön? Der äussere Schein trügt!

Sie rannte die Treppe hinauf in den ersten Stock, stolperte wegen ihres engen Kleides, das verhinderte, dass sie grössere Schritte, als die ein kleines Kind machen konnte und landete ziemlich schmerzhaft auf den Steinstufen.

„Rose, alles in…“ Weiter kam die Person hinter Rose nicht, denn sie holte bloss mit der Rechten, ihrer Wurf- und Schlaghand, aus und boxte der Person hinter ihr mitten ins Gesicht, sodass ein hässlicher, brechender Laut die Umgebung um sie beide erfüllte.

Mit einem schmerzerfüllten Laut ging Malfoy neben ihr in die Knie. „Verdammt, Rose, was hab ich denn jetzt getan?!“ Das Blut lief ihm bereits aus der Nase in Richtung Kinn.

Zuerst musste Rose ihre Tränen wegwischen, die ihr alle Sicht nahmen, bevor sie die Person, die sie geschlagen hatte, genauer inspizieren konnte. Erschrocken sog sie die Luft ein, als sie Scorpius neben sich auf der Treppe knien sah, verzweifelt damit beschäftigt, seine blutende Nase zu stoppen.

„Es… es tut mir leid… wirklich… ich… ich dachte, du wärst…“ Mit tränenerstickter Stimme stammelte sie vor sich hin und brach dann abrupt ab.

„Ich sei Davis? Nun, er hätte es wenigstens verdient!“ Scorpius brachte irgendwie ein schräges Lachen hin. Er griff nach ihrem Arm und zog sie über die Steinstufen zu sich in. „Vergiss ihn! Lass dich ja nicht auf seine Stufe hinunter und räche dich irgendwie. Ich werde ihm nächsten Samstag in den Arsch treten, versprochen.“

Rose schluckte schwer, dann barg sie ihr Gesicht an seiner Brust. „Aber es tut so verdammt weh. Ich… ich bin nicht wie die anderen meiner Familie. Ich schliesse nicht innerhalb von Sekunden Freundschaft. Ich… ich will Leuten vertrauen können, aber irgendwie missbrauchen das alle!“

„Ich auch?“ Malfoy strich ihr beruhigend über den Rücken.

Rose antwortete nicht, schüttelte bloss den Kopf. Scorpius zog sie noch näher an sich und nahm sie in den Arm, soweit das ging, ohne das Taschentuch, dass er sich auf die Nase drückte, loszulassen. Beruhigend flüsterte er ihr ins Ohr: „Du bist viel besser als Davis. Niemand verdient dich, der sich so schäbig benimmt. Und was Freunde anbelangt, nun, ich bin vielleicht nicht gerade perfekt dafür geeignet, aber eigentlich haben wir es doch immer irgendwie lustig zusammen, oder?“

Jetzt nickte sie schwach. „Ja, wenn man mal vom Streiten, dem Vorfall mit den Alraunen, deinen pinken Haaren, meinen Hasenzähnen und unzähligen gebrochenen Knochen absieht, schon.“

Scorpius lachte auf. „Ja, davon mal abgesehen. Wir sind schon ein komisches Gespann. Wollen wir Madam Pomfrey mal wieder einen Besuch abstatten? Ich glaube, sie hat uns seit über einem Monat nicht mehr gesehen.“

Rose hob ihren Kopf und schaute mit tränennassen Augen zu Scorpius hoch, der sie verschmitzt anlächelte. Sie griff geschwind in den Ausschnitt ihres Kleids und zauberte ein frisches Taschentuch hervor, das sie vorsichtig auf seine Nase legte. „Ist das schon über einen Monat her? Dann sollten wir uns wirklich beeilen.“ Sie erhob sich und half Scorpius hoch.
 

Als sie die Krankenstation betraten, schlug Madam Pomfrey die Hände über dem Kopf zusammen. „Nicht Sie schon wieder! Ich dachte, dass ich jetzt eine Zeit lang Ruhe vor Ihnen beiden haben würde, Mister Malfoy und Miss Weasley. Wieder eine gebrochene Nase, so wie ich sehe. Setzen Sie sich!“

Rose und Scorpius verkniffen sich ein Lachen. Trotz allem hatte die Situation noch immer etwas saumässig Komisches. Scorpius liess sich auf einem der Krankenbetten nieder, Rose setzte sich auf den Stuhl daneben.

Nachdem Madam Pomfrey seine Nase wieder gerichtet hatte und mit der Anweisung verschwunden war, er solle sich noch etwas hinlegen, griff Scorpius nach Roses Hand. „Geht’s dir besser?“ Mit der freien Hand strich er ihr eine Strähne aus der Stirn.

Sie nickte. „Mehr oder weniger schon. Irgendwie, na ja, ich bin eigentlich bloss mit ihm zum Ball gegangen, weil ich mich so darüber gefreut habe, dass mich jemand gefragt hat. Und dazu noch ein Quidditchkapitän.“

„Ich bin doch auch ein Quidditchkapitän. Wenn du Davis nicht so schnell zugesagt hättest, sondern noch etwas gewartet hättest, hätte ich dich gefragt!“

Rose sah auf ihre Hand in seiner. „Vielleicht hätte ich das tun sollen. Aber… weißt du, ich hatte Angst, dass mich keiner mehr fragt.“

Scorpius seufzte. „Warum haben gerade die hübschen und intelligenten Mädchen alle die gleichen Sorgen? Gerade gestern hatte Albus eine ellenlange Diskussion mit Lily über genau dasselbe Thema. Wenn ihr bloss ein wenig warten würdet, dann…“

„Aber warum hast du mich dann nicht gleich von Anfang an gefragt?“, fragte sie vorwurfsvoll. Rose drückte seine Hand etwas fester. Er war sich ziemlich sicher, wenn sie wollte, könnte sie ihm die Hand sogar brechen.

Scorpius wurde etwas rosa um die Nasenspitze. „Es ist nicht so einfach, wie es sich anhört, ein hübsches und intelligentes Mädchen zu fragen, ob sie mit einem auf den Halloweenball geht.“

Für einen Moment schwiegen sie beide. Irgendwann fragte Rose: „Du findest mich hübsch?“

Sich am Kopf kratzend starrte Scorpius an die Decke. „Ja… schon.“ Irgendwie wurde ihm die Unterhaltung gerade unangenehm. Zu persönlich. Zu sehr auf seine mehr als positiven Gefühle für das rothaarige Mädchen neben ihm gerichtet. Sie hatte ihn schon vom ersten Tag an fasziniert mit ihrer Art. Sie war einfach anders als die anderen Mädchen, auch wenn man die Tatsache, dass sie die Einzige war, die ihn bereits mehrfach aus Versehen zu Kleinholz verarbeitet hatte, mal absah.

Rose beugte sich vor und hauchte ihm einen Kuss auf die Wange. „Du hast Recht, ich als hübsches, intelligentes Mädchen hätte darauf warten sollen, dass mich der richtige Quidditchkapitän auf den Ball einlädt.“

„Ja. Wobei, dadurch hast du mir gerade noch so einen Extragrund geliefert, Davis zu bodigen.“ Scorpius grinste sie frech an. „Und wenn ich das mache, bekomme ich von dir nochmals einen Kuss.“

Süffisant grinste Rose zurück. „Pass bloss auf, Mister Malfoy, was du sagst, sonst kann Madam Pomfrey deine Nase gleich nochmals zusammensetzen.“
 

Endlich hatten sie die UTZ’s hinter sich und natürlich, wer hätte auch etwas anderes angenommen, hatten Rose und Scorpius als Jahrgangsbeste mit der exakt gleichen Punktzahl abgeschlossen. Nun sassen die beiden zusammen mit Albus am See und liessen sich von der Sonne wärmen.

„Wisst ihr, zwischen euch fühle ich mich richtig dumm.“ Albus verzog das Gesicht. Er war, trotz des vielen Lernens, nur ganz knapp durchgekommen.

„Ach was, du bist nicht dumm. Nur anderweitig begabt.“ Rose grinste ihren Cousin frech an.

„Genau. Als Jäger bist du auf jeden Fall einsame Spitze.“ Scorpius tätschelte seinem Freund beruhigend die Schulter.

„Ach du scheisse! Das hätte ich fast vergessen!“ Albus richtete sich kerzengerade auf. „Ich muss ja noch Autogramme schreiben!“ Und weg war er.

„Wer hätte gedacht, dass Albus mal Autogrammkarten für Erstklässler schreiben würde?“ Rose lachte und drehte sich auf den Bauch, um Scorpius besser sehen zu können.

„Der schreibt doch bloss Autogrammkarten, weil ich unser Team dieses Jahr so gut trainiert habe, dass niemand eine Chance gegen uns hatte.“, brüstete sich Scorpius.

Rose schüttelte bloss den Kopf. „Wobei, beim letzten Spiel gegen Ravenclaw, da hast du dich ziemlich schwer getan.“

„Ach, wo denkst du hin! Ich wollte bloss Davis eine besonders schwere Niederlage bereiten. Den Schnatz hatte ich bereits nach fünf Minuten im Blick und eigentlich hab ich bloss darauf gewartet, ihn in dem Moment zu bodigen, in dem er geglaubt hat, gewonnen zu haben.“ Scorpius stützte sich auf seinen Ellbogen ab.

„Ja, natürlich hast du das.“ Rose verdrehte bloss die Augen. Männer und Quidditch.

„Ausserdem hätte ich es nie gewagt, vor deinen Augen gegen Davis zu verlieren.“

Nun setzte sich Rose auf, damit sie mit Scorpius auf Augenhöhe war. „Irgendwie könnte man fast meinen, Davis hätte dich letztes Jahr an Halloween blossgestellt, nicht mich.“

Scorpius wandte den Blick auf den See hinaus. „Das ist für mich dasselbe. Wenn dir jemand weh tut, dann breche ihm demjenigen das Genick. Das macht man halt so unter Freunden.“

Rose verkeilte ihre Finger in seinen. „Weißt du, dass ich dir noch etwas schuldig bin?“

„Du meinst den Kuss, weil ich Davis in den Arsch getreten habe? Schön, dass du dich auch mal wieder daran erinnerst.“ Scorpius lächelte schräg.

„Genau das meine ich.“

Rose drückte ihn zu Boden und beugte sich über ihn. Wieder einmal mehr war Scorpius erstaunt darüber, wie so eine schmale Person so viel Kraft haben konnte. Sanft hauchte sie ihm einen Kuss auf die Wange. „Der ist für das Spiel nach Halloween.“

„Und für all die anderen Spiele?“

„Werd ja nicht frech, Mister Malfoy.“ Sie legte ihre Hände auf seine Wangen.

„Ich käme nie auf die Idee, Miss Weasley.“ Er fuhr mit seinen Fingern durch ihr Haar, das im Sonnenlicht schimmerte.
 

Albus und Hugo, die die Szene von etwas weiter weg beobachteten, grinsten breit. Eigentlich hatte Albus seinen besten Freund nur deswegen immer wieder in dumme Situationen mit seiner Cousine gebracht, weil er seit dem ersten Tag in Hogwarts fest davon überzeugt war, dass die beiden ein wunderbares Pärchen abgeben würden.

„Na, was habe ich dir gesagt?“ Albus schaute seinen Cousin mit stolzgeschwellter Brust an.

Hugo verzog bloss die Miene. „Weißt du, was das für Diskussionen geben wird? Ich kann Vati schon hören. ‚Hugo, warum hast du nicht besser auf deine Schwester aufgepasst? Jetzt heisst mein einziges kleines Töchterchen, mein Augapfel, mit Nachnamen MALFOY! Du bist enterbt!’“

Albus lachte. „Ach was, deine Eltern mögen ihn. Weißt du noch, in den Sommerferien, als wir alle zusammen eine Woche in Südfrankreich waren? Ron hat mir gesteckt, dass er Scorpius für einen feinen Kerl hält, der viel mehr Stil und Verstand hat als sein Vater und Grossvater und dass er es toll findet, dass wir uns angefreundet haben.“

Mit grossen Augen schaute Hugo seinen Cousin an. „Ne, echt jetzt? Das glaub ich ja nicht! Dann werd ich doch nicht enterbt.“

„Kannst es ruhig glauben. Ich denke sogar, dass Ron das hat kommen sehen. Wir sind nämlich wieder nach Südfrankreich eingeladen und zwar mit Scorpius.“

Hugo wandte seinen Blick wieder zu seiner Schwester und Malfoy und stiess einen Pfiff aus. „Oh, da passt man einmal nicht auf und dann das.“

Albus wandte sich ebenfalls um und brach innerhalb des Bruchteils einer Sekunde in Lachen aus. „Ich glaub’s nicht. Echt jetzt. Wie machen die das bloss? Kein Mensch kann so doof und ungeschickt sein!“
 

Prustend starrte Rose auf das weisse Frettchen in ihren Armen, das aufgeregt versuchte, aus ihrer Umarmung zu entkommen. Erst als sie das Frettchen mit festem Griff um den Bauch gefasst hatte und ihm mit der anderen Hand sanft über das kleine Köpfchen strich, beruhigte sich das Tier.

„Wenn du dich in ein Frettchen verwandelst, bloss weil ich dich kurz auf den Mund küsse, dann will ich nicht wissen, was passiert, wenn wir…“ Abrupt brach sie ab, als das Frettchen aufmerksam den Kopf in ihre Richtung wandte und sie aus klugen Augen ansah.

„Lass mich raten, du verstehst mich. Natürlich, immerhin bist du ja Scorpius Malfoy. Selbst als Frettchen kann dir keiner das Wasser reichen.“ Mit einem Lacher zog sie ihren Zauberstab hervor und überlegte wohl einen Moment zu lange, ob sie nicht noch ein wenig warten sollte, bis sie ihn wieder zurückverwandelte, woraufhin ihr das Frettchen leicht in die Hand biss.

„Ist ja schon gut. Ich mach ja schon!“ Schnell nuschelte sie etwas und richtete ihren Zauberstab auf das Frettchen in ihrer Hand.

Innert Sekunden sass ein leicht belämmert und zerzaust aussehender Scorpius wieder vor ihr. Er brauchte einen Augenblick, um sich zu fangen, dann nahm er Rose ihren Zauberstab ab und legte ihn zu seinem eigenen, einige Meter weit weg von ihnen. „Wie war das noch gleich? Was erst passiert, wenn wir… Da hast du leider aufgehört.“

Rose konnte spüren, wie ihre Wangen zu glühen begannen. „Ich, also… hm… Wie hast du dich überhaupt in ein Frettchen verwandelt?“

Jetzt war es an Scorpius, vor Verlegenheit rot zu werden. Stotternd antwortete er: „Nun, ähm… Es ist so, dass… ich hab mir einfach den ersten Zauberspruch vorgesagt, der mir in den Sinn kam, weil ich… ich… wollte dich eigentlich gerne… richtig…“

„Küssen?“, fragte Rose und blickte nun doch erwartungsvoll zu ihm auf. Sie legte erneut ihre Hände auf seine Wangen, diesmal zog sie ihn aber bestimmter zu sich hin. „Probier es doch einfach mal aus.“

Das liess sich Scorpius natürlich nicht zweimal sagen. Er legte seine Arme um ihre Taille und seinen Mund auf ihren. Zuerst schüchtern und zurückhaltend öffneten sie beide ihren Mund und berührten sich mit der Spitze ihrer Zungen. Doch bereits Sekunden später wurde aus dem vorsichtigen Kuss ein Leidenschaftlicher. Sie liessen sich ins Gras fallen, die Lippen nicht voneinander trennend, und genossen die Berührung des jeweils anderen.

Irgendwann wurde ihnen die Luft knapp, weshalb sie dann doch von einander abliessen. Mit einem anziehenden Lächeln sah Rose zu Scorpius hinunter. „So küsst also Scorpius Malfoy. Die wie vielte bin ich, die du mit deinen Küssen beglückst?“

„Die Erste.“ Antwortete er wahrheitsgetreu. „Und Einzige.“, fügte er flüsternd hinzu.

„Klingt interessant. Jetzt muss ich das bloss noch meinen Eltern beibringen, bevor wir gemeinsam in die Ferien gehen.“

„Das halte ich auch für eine gute Idee. Dann muss ich mich nämlich nicht von dir fern halten.“ Mit diesen Worten zog er sie wieder zu sich hinunter.
 

„Verdammt, der soll bloss die Finger von meiner Schwester lassen!“ Albus hielt sich vor Lachen den Bauch, als er Hugo dabei zusah, wie er wütend im Kreis ging und Malfoy dabei beobachtete, wie er Rose küsste und seine Hand auch irgendwann unter ihrem Umhang verschwand. „Den bring ich um! Das kann der doch nicht vor all den Leuten machen!“

Albus musste sich nun endgültig auf dem sicheren Boden setzen. „Ach, die anderen interessiert das gar nicht. Schau dich doch nur mal um.“

Hugo wandte tatsächlich den Kopf und ihm fielen beinahe die Augen heraus. Bis jetzt war ihm nicht aufgefallen, dass um den ganzen See herum nur Pärchen im Gras lagen, die sich küssten.

„Oh.“

„Ja, oh, Hugo. Geh doch mal wieder ins Schloss und such die kleine Wood. Soweit ich weiss, scheint sie dich zu mögen.“

Ein knallrot werdender Hugo verabschiedete sich von Albus, der noch immer lachend im Gras lag. Ja ja, das Leben war schön. Endlich hatten seine Kupplungsversuche Früchte getragen. Das hiess, dass er in diesen Ferien in aller Ruhe mit dieser netten kleinen Französin anbändeln könne, die er letztes Jahr kennen gelernt hatte. Solange alle mit Rose und Scorpius beschäftigt waren, merkte das kein Mensch!
 

danke vielmals fürs lesen, ich hoffe, es hat euch gefallen.

*knuddel*

kiwi

Feuriges Unterfangen

Feuriges Unterfangen
 

Wo war ich da nur rein geraten? Ich sass eingeklemmt zwischen einem Felsen und Scorpius Malfoy im hinteren Teil einer Höhle und im vorderen Teil wartete ein wütender, Feuer speiender Hornschwanz auf uns, seine nächste Zwischenmahlzeit. Hätte ich heute Morgen gewusst, was passieren würde, ich wäre im Bett geblieben.

Aber vielleicht sollte ich ganz von vorne beginnen und erzählen, wie es überhaupt dazu kam, dass ich hier gelandet bin.
 

In Hogwarts waren ich und Malfoy weit davon entfernt gewesen, Freunde zu sein, obwohl ich glaube, dass unsere Streitereien und Gehässigkeiten nicht im Geringsten an das heran reichten, was unsere Eltern sich zu ihrer Schulzeit an den Kopf geworfen hatten. Aber egal. Hauptsache war, dass wir beide der Meinung waren, intelligenter als der jeweils andere zu sein. Somit stachelten wir uns in jeder Prüfung an und das Resultat war schlussendlich immer das Gleiche: Wir waren beide mit exakt der gleichen Punktzahl Jahrgangsbeste. Und das änderte sich in den ganzen sieben Jahren nicht. So kam es dann, dass wir uns, als wir das letzte Mal aus dem Zug stiegen, die Händen reichten und uns verabschiedeten, denn, das wussten wir beide, hätten wir diesen harten Konkurrenzkampf nicht gehabt, wir hätten wohl nicht halb so gut abgeschlossen.

Nachdem ich Hogwarts verlassen hatte, machte ich einige Schnupperpraktika im Ministerium und in Gringotts, um mir ein Bild davon zu machen, was ich mit meinem Leben anfangen wollte. Befähigt wäre ich für alles gewesen. Aber irgendwie wollte ich nach sieben Jahren Schulbank drücken nicht direkt in ein verstaubtes, kleines Büro, weshalb ich meinen Onkel Charlie darum bat, ihn im Drachenreservat in Rumänien zu besuchen. Natürlich lud mein Onkel mich noch so gerne ein, denn er hoffte insgeheim schon lange, dass noch jemand aus seiner Familie in seine Fussstapfen treten würde.

Leider war ich nicht die Einzige mit dieser Idee gewesen. Auch jemand anders war seit seinem Schulabschluss auf der Suche nach dem richtigen Beruf und schien anscheinend zeitgleich mit mir auf denselben Gedanken mit dem Drachenreservat gekommen zu sein. Scorpius Malfoy war über meinen Anblick ebenso wenig entzückt, wie ich über seinen, als er plötzlich vor mir stand. Na ja, würde wohl jeder, wenn er sich bereits darüber gefreut hatte, nie wieder die Person sehen zu müssen, die einem in der Schule am meisten auf die Nerven gegangen ist.

Mit einem verächtlichen Blick aus seinen hellgrauen Augen sprach er mich kurz an: „Na, immer noch nicht ins Ministerium aufgenommen worden?“ Dann drehte er sich um und verschwand in einer der Unterkünfte für die Reservatsmitarbeiter.

Vorwurfsvoll blickte ich Onkel Charlie danach an. „Du hättest mir ruhig sagen können, dass Scorpius Malfoy auch hier arbeitet!“

Der Angesprochene zuckte bloss mit den Schultern. „Warum auch? Wenn ihr euch in der Schule gefetzt habt, ist das nicht mein Problem. Er scheint ein Händchen für Drachen zu haben und solche Leute werde ich sicher nicht wegschicken, bloss weil meine kleine, süsse Nichte sich auf die Füsse getrampelt fühlt.“

In den ersten Tagen im Drachenreservat gab ich mir grosse Mühe, Malfoy aus dem Weg zu gehen oder ihn mit Nichtachtung zu strafen, wenn wir uns dann doch mal trafen (meist war das zu den Essenszeiten). Bald jedoch war mein Ärger über Malfoy vergessen, denn ich merkte ziemlich rasch, dass es mich jedes Mal in den Fingern kitzelte, wenn ich mich einem Drachen nähern durfte. Einen anfassen oder sogar selbst einfangen, das durfte ich bis jetzt aber noch nicht und würde es wohl so lange auch nicht, wie Onkel Charlie seine Augen auf mir hatte.
 

Irgendwann rüttelte mich Charlie frühmorgens wach. Die Sonne war noch nicht aufgegangen und ich tat mich schwer daran, aus dem Bett zu kommen. Als ich eine Viertelstunde später draussen in der Kälte zwischen all den anderen Mitarbeitern stand und auf eine Erklärung für die Unterbrechung meines Schönheitsschlafes wartete, hatte ich bereits so ein erstes, ungutes Gefühl in der Magengegend.

Charlie stellte sich vor die versammelte Mannschaft und sagte mit ernster Stimme: „Leute, heute Nacht ist ein wilder Hornschwanz ins Reservat eingefallen. So wie es aussieht, hat er bereits drei Jungdrachen erlegt. Ich will, dass ihr euch in Zweiergruppen aufteilt und das Vieh sucht. Wenn ihr es gefunden habt, dann unternehmt keine riskanten Einfangversuche, sondern gebt ein Zeichen. Lasst Funken über der Stelle regnen, wo ihr seid und wartet, bis Verstärkung bei euch ankommt. Ich will niemanden verletzt haben am Ende des Tages. Und jetzt los!“

Ich blickte mich suchend um und fragte mich, mit wem ich wohl ein Zweierteam bilden sollte. Wahrscheinlich sollte ich mich einem erfahrenen Mitarbeiter anschliessen, doch so wie es aussah, waren alle Gruppen bereits gebildet, denn ausser mir und Scorpius stand niemand mehr allein herum. Verdammt.

Onkel Charlie winkte mich und Scorpius heran. „Ihr zwei zieht zusammen los. Vergesst einfach mal kurz, dass ihr euch nicht mögt und passt aufeinander auf. Keine riskanten Aktionen, zieht euch lieber zurück, falls ihr das Ding findet.“

Ich wollte ihn unterbrechen und ihn darauf hinweisen, dass es vielleicht nicht die intelligenteste Idee war, uns zusammen loszuschicken, doch Scorpius war schneller als ich und akzeptierte Charlies Befehl.

Man gab uns eine ungefähre Richtung vor, in der wir das Reservat durchforsten sollten und schickte uns dann los. Wortlos folgte ich Scorpius, der erstaunlich lautlos durch den Wald schlich. Ohne mich zu beachten, hastete er durch das dicke Unterholz.

Die Minuten und Stunden verstrichen und in unserem Rücken ging die Sonne auf, worauf ich schloss, dass wir nach Westen liefen. Mit meinem Zauberstab erhellte ich den Waldboden vor mir, damit ich nicht über irgendeine Wurzel oder so stolperte. In Gedanken war ich ganz wo anders, bei dem Traum, den ich noch vor einiger Zeit geträumt hatte, und der von einem jungen, gut aussehenden Zauberer gehandelt hatte, den ich vor ein paar Wochen im Ministerium kennen gelernt hatte. Er war Franzose und hatte diesen wunderbaren Akzent.

Leider, da ich ja in Gedanken war und eher mässig auf den Weg vor mich achtete, prallte ich plötzlich in Scorpius, der kerzengerade und mucksmäuschen still zwischen den letzten Bäumen stehen geblieben war, die an eine grosse Lichtung grenzten.

Ich holte bereits Luft, um mich bei ihm zu beschweren, dass er einfach so mitten im Weg stehen bleibt, da legte er mir seine Hand auf den Mund und bedeutete mir, zu schweigen. Eigentlich wollte ich keine Befehle von Scorpius Malfoy annehmen, doch als ich seinem Blick auf die Lichtung folgte, entschied ich mich, heute mal eine Ausnahme zu machen.

Vor uns auf der Lichtung lag ein grosses Etwas, dessen Mitte sich immer wieder hob und senkte. Ein Drache. Sein Atem ging kurz und stockte immer wieder. Erst auf den zweiten Blick sah ich, warum. Die Flanke des Tieres war aufgerissen, wohl von gewaltigen Klauen, und im ersten Licht des Tages konnte ich erkennen, wie sich seine Innereien einen Weg nach draussen durch ein grosses Loch in seinem Bauch bahnten. Ein Flügel lag mehrere Meter von dem Tier entfernt, dort wo er einmal am Körper angewachsen war, befand sich nun nur noch ein blutender Stumpf. Den Kopf des Drachen konnte ich nicht sehen, doch das wollte ich auch gar nicht.

Vor Schreck hatte ich mich an Scorpius’ Arm geklammert. Eine Träne lief mir die Wange hinunter, ich konnte und wollte es gar nicht verhindern. Der Schmerz des Drachen griff förmlich nach mir, bei jedem schweren Atemzug, den das Tier tat, schmerzte mein Herz ein wenig mehr.

Leise fragte mich Scorpius etwas. „Kann man den noch retten?“

Ich schüttelte bloss den Kopf. Nicht nur, dass seine Hand noch immer auf meinem Mund lag, ich hätte sowieso kein Wort heraus gebracht, zu sehr schnürte der Schmerz mir die Kehle zu. Das arme Tier. Die Drachen, die im Reservat lebten, gingen eigentlich, ausser bei kleineren Rivalitätskämpfen, recht gut miteinander um, selten verletzte einer den anderen so schwer, dass dieser ernsthafte Wunden davon trug. Aber das hier war anders. Dieses Tier war angegriffen worden und mit seinen Verletzungen zum Sterben zurück gelassen worden. Wie lange es schon so da lag, wollte ich gar nicht erst wissen. Dass sein Angreifer mit ziemlicher Sicherheit der wilde Hornschwanz gewesen war, bewiesen die vielen, tiefen Kratzspuren in der Erde, die von gewaltigen Klauen zeugten.

Wieder flüsterte mir Scorpius etwas ins Ohr. „Schau mal schnell weg.“

Zuerst verstand ich nicht ganz, doch als er seinen Zauberstab zog, lautlos mit den Lippen zwei Worte formte und ein grüner Blitz aus der Spitze seines Zauberstabes schoss, wusste ich sofort, was er getan hatte. Ich hörte nur noch einen letzten, fast schon erleichtert klingenden Atemzug, dann herrschte um uns herum Totenstille.

Ich sah Scorpius mit grossen Augen an. Gerade hatte er einen der drei unverzeihlichen Flüche angewandt. Doch ich konnte ihm sein Handeln verzeihen. Gerade hatte er die arme Kreatur von ihrem Leiden erlöst und somit erstrahlte Scorpius Malfoy in meinen Augen plötzlich in einem ganz anderen Licht. Leicht drückte ich seinen Arm, was ihn dazu bewegte, zu mir hinunter zu sehen.

Für einen Augenblick meinte ich, in seinen Augen so etwas wie Schmerz über seine Tat zu sehen, doch wenn das so war, verschwand dieser Ausdruck sofort wieder. Endlich nahm er seine Hand von meinem Mund und gab mir so die Chance, etwas zu sagen.

„Das war echt anständig von dir.“ Ich weiss, nicht unbedingt das Intelligenteste, das man in dieser Situation sagen könnte, aber wie gesagt, ich sah Malfoy gerade aus einem völlig neuen Blickwinkel und, um ehrlich zu sein, er war auf meiner Beliebtheitsskala gerade ein paar winzige Punkte gestiegen.

Er nickte bloss als Antwort und führte mich dann um die Lichtung herum weiter nach Westen. Diesmal schaute er jedoch alle paar Minuten über seine Schulter, als wolle er sichergehen, dass ich noch hinter ihm war.
 

Malfoy drückte meinen Kopf runter und somit aus der Reichweite des Feuers. Wie konnte dieses verdammte Vieh noch immer Feuer speien? Und vor allem: Wenn es schon zu gross war, um bis in den hinteren Teil der Höhle vorzudringen, konnte es sich dann nicht andere Opfer als uns suchen? Solche, die man auch tatsächlich erreichen konnte? Für den Bruchteil einer Sekunde sah ich einige Stationen meines Lebens vor meinem inneren Auge ablaufen. Von einem Drachen bei lebendigem Leibe geröstet zu werden gehörte eigentlich nicht zu meinen Vorstellungen des Ablebens.

„Hey, Weasley, träumst du?“ Malfoy schüttelte mich.

Erschrocken sah ich zu ihm hoch in seine hellgrauen, von Unsicherheit und Angst erfüllten Augen. Hatte er während unserer Schulzeit nicht einmal gross behauptet, ein Malfoy hätte vor nichts Angst? Nun, das stimmte wohl nicht ganz. Wobei, wir befinden uns gerade in der Ausnahmesituation par Exelence, weshalb ich auf dieser Aussage nicht herumhacken werde.

Endlich schaffte ich es, ein paar Worte über die Lippen zu pressen. „Ich… nein… ich dachte bloss, wenn…“

Für einen Moment schwiegen wir beide, das immer wütender werdende Brummen des Drachen im Höhleneingang erfüllte die gesamte Höhle und drang bis in die hintersten Ritzen meiner Gedanken.

Dann, als sei bei ihm ein Schalter umgelegt worden, packte mich Malfoy bei den Schultern und in einer Selbstsicherheit, die ich nicht einmal Mister ‚Ich bin viel besser als alle anderen und das wisst ihr auch’ in einer solchen Situation zugetraut hätte, sah er mich an und sagte in festem Tonfall: „Wir kommen hier raus. Irgendwie! Wir werden doch in den sieben Jahren Hogwarts irgendetwas gelernt haben, dass uns hier nützlich sein kann.“

Es war genau die Art von Ermutigung, die ich gebraucht hatte. Ich schluckte meine Angst hinunter, sah ihn nun ebenso entschlossen an und nickte. „Wir waren ja nicht umsonst Jahrgangsbeste!“

Für den Bruchteil einer Sekunde glaubte ich, dass seine Mundwinkel leicht nach oben zuckten. „Gut, was haben wir, womit wir etwas anfangen können?“
 

Die Zeit verging und die Sonne näherte sich langsam dem Zenit. Mein Magen meldete sich leise grummelnd zu Wort. Für ein Frühstück hatte es natürlich nicht gereicht. Irgendwie wollte ich das permanente Schweigen zwischen uns brechen, denn ich bin ein Mensch, der gerne redet, auch wenn sein Gegenüber Scorpius Malfoy heisst.

„Hast du schon eine Ahnung, was du machen willst?“

Den Blick, den er mir über die Schulter hinweg zuwarf, werde ich wohl so schnell nicht mehr vergessen. Darin lag neben Überraschung, Verwirrung und Unverständnis auch etwas, das ich fast als so etwas Freude über mein Interesse deuten würde. Natürlich nur, wenn wir nicht gerade von Scorpius Malfoy sprechen würden.

Er grinste ein klein wenig schräg und antwortete: „Nö. Ich will mich auch jetzt noch nicht wirklich festlegen. Vielleicht werde ich auch noch Profiquidditchspieler.“

Jetzt kam ich nicht umhin, zu grinsen. „Sorry, Malfoy, ich weiss ja, dass du kein schlechter Sucher bist, aber so gut bist du nun auch wieder nicht.“

Scorpius zog nur eine Augenbraue hoch, unterliess es aber, irgendetwas zu antworten. Wieder breitete sich zwischen uns Schweigen aus. Aber irgendwie, ich kann es heute noch nicht wirklich erklären, etwas war anders zwischen uns und zwar seit dem Moment, da er dem leidenden Drachen seine letzte Ruhe gegönnt hatte. Vielleicht, weil wir jetzt nicht mehr an der Schule waren und uns nicht mehr mit Noten messen konnten. Vielleicht auch einfach, weil wir langsam aber sicher erwachsen wurden und halt viel vernünftiger als unsere Eltern waren.

Irgendwann kamen wir zu einem kleinen Hügelzug, in dem wir immer wieder gähnend schwarze Löcher entdeckten, die uns verrieten, dass wir uns den Drachenhöhlen näherten. Um uns herum war alles still, nicht einmal ein Vogelzwitschern war zu hören. Ich wollte gerade aus dem Dickicht hervor treten, da packte mich Scorpius am Arm und zog mich zurück.

„Warte. Irgendetwas ist komisch hier. Wir sind bereits bei den ersten Höhlen angekommen und wenn ich recht sehe, liegen in denen da drüben sogar Knochen im Eingang. Aber es scheint so, als wenn kein einziges Tier hier wäre.“

Ich zuckte mit den Schultern. „Und? Ich meine, vielleicht sind sie ja gerade beim Jagen.“

Scorpius schüttelte bloss den Kopf. „Klar, bei dieser Tageszeit. Hast du eigentlich aufgepasst in ‚Pflege magischer Geschöpfe’?“

„Nur, weil Hagrid gesagt hat, dass Drachen eher in der Dämmerung jagen, heisst das ja nicht, dass sie es nicht ab und an auch bei Tageslicht tun!“ Irgendwie wollte ich im Moment gerade nur meinen Standpunkt verteidigen.

Genervt fasste sich Scorpius an den Kopf. „Könntest du bitte aufhören, dich dümmer zu stellen, als du bist? Ich habe ein schlechtes Gefühl bei der Sache, immerhin scheint es fast so, als wären wir momentan die einzigen lebenden Wesen im Umkreise von einer Meile. Punkt! Und was hat dein Onkel gesagt?“

„Keine riskanten Aktionen, schon klar. Also gut, vertrauen wir mal deinem Gefühl.“ Ich betonte das letzte Wort unnötig.

Wir warteten also noch eine Weile im Dickicht, bis wir uns sicher waren, tatsächlich die einzigen lebenden Wesen im Umkreise einer Meile zu sein, dann verliessen wir den Schutz der Bäume und näherten uns der ersten Höhle.

Kennt ihr diesen Moment im Leben, in dem ihr genau wisst, dass ihr einen Fehler begangen habt, im Augenblick, in dem ihr etwas tut? Nun, wir beide hatten dieses Gefühl jetzt gerade. Denn wir waren noch keine zehn Meter aus den Bäumen heraus, als etwas über uns die Sonne verdunkelte und einen grossen Schatten auf den Boden warf.

Wir warfen uns kurz einen Blick zu, dann packte mich Scorpius an der Hand und rannte los. Hinter uns hörten wir ein markerschütterndes Brüllen. Dass wir uns wohl gerade dem Hornschwanz auf dem Silbertablett serviert hatten, war uns beiden klar.

Mit einem Höllentempo näherten wir uns einer der dunklen Öffnungen in der Hügelkette. Wir hofften beide, dass wir dort nicht einem zweiten Drachen in die Arme laufen würden. Aber zurück in den Wald, nun, mit dem Hornschwanz genau hinter uns wäre das wohl nicht möglich gewesen.

Im Innern der Höhle angekommen, verlangsamten wir unseren Schritt, denn unsere Augen mussten sich erst an die Dunkelheit gewöhnen und wir wollten nicht in irgendein Loch treten, aus dem wir womöglich nicht mehr rechtzeitig heraus kommen würden.

Mit einem lauten Rums landete das geflügelte Vieh vor dem Höhleneingang und liess einmal mehr sein markerschütterndes Brüllen erklingen. Scorpius schloss seine Finger noch fester um meine und zog mich weiter in die Dunkelheit, seinen Zauberstab in der freien Hand, um uns den Weg zu leuchten.

Während er sich unseren Weg nach vorne suchte, drehte ich immer wieder den Kopf, um zu sehen, wie weit das Vieh noch von uns entfernt war. Seltsamerweise folgte es uns nicht. War es zu gross für diese Höhle? Je weiter wir gingen, desto dunkler wurde es und ich konnte gar nicht mehr wirklich erkennen, wo der Höhleneingang eigentlich lag. Seltsam, wir waren doch bis jetzt maximal fünfzig Meter ins Höhleninnere vorgedrungen.

Ich kramte meinen Zauberstab hervor, flüsterte den richtigen Spruch und erleuchtete den Weg hinter uns. Vor Schreck stiess ich einen spitzen Schrei aus. Keine fünf Meter von mir entfernt befand sich der grosse Kopf des Untieres. Aus seinen Nüstern dampfte es gewaltig und bevor ich reagieren konnte, öffnete es bereits sein Maul.

Ich konnte nur noch erkennen, wie sich im hinteren Teil seines Rachens ein heller Punkt zu formieren begann, da wurde ich von den Füssen hinter einen Felsen gerissen. Leider blieb ich dabei irgendwie mit meinem Fuss in einer Felsspalte hängen. Trotz des lauten Grollens des Drachen konnte ich ein übles, ungutes Knacken aus Richtung meines Fusses hören, kurz bevor sich ein stechender Schmerz durch mein Bein hoch zu meinem Gehirn bahnte.

Zwischen einem grossen Felsbrocken und Scorpius eingeklemmt wartete ich ab, bis das Feuer des Drachen erstarb, erst dann wagte ich es, mit einer Hand nach meinem Fuss zu greifen. In einem Winkel, der für einen Fuss überhaupt nicht normal ist, stand er zur Seite ab.

Scorpius fluchte neben mir, als sein Blick auf meinen Fuss fiel. Und ein weiteres Mal fluchte er, als er seinen Zauberstab betrachtete. Sein ehemals zwölf Zoll langer Zauberstab lag jetzt in drei Teilen neben ihm auf dem Boden.

„Wo hast du deinen?“ Ich suchte, die Zähne zusammen beissend, nach meinem Zauberstab, doch der war weg. Gerade eben hatte ich ihn doch noch in der Hand gehabt! Ich hatte doch dem Drachen ins Gesicht geleuchtet. Aber wo war mein Zauberstab jetzt?

Ein weiteres Mal, diesmal jedoch etwas lauter als zuvor, fluchte Scorpius und deutete mit einer Hand an die Stelle, an der wir vor knapp einer halben Minute noch gestanden hatten. Dort lag etwas auf dem Boden. Verzweifelt seufzte ich auf. Mein Zauberstab. Ich musste ihn wohl vor lauter Schreck fallen gelassen haben!

Halt suchend krallte ich mich in Malfoys Pullover. Ein paar Tränen bahnten sich den Weg in meine Augen, doch ich blinzelte sie weg, bevor sie mir über die Wange kullern konnten. Jetzt war nicht die rechte Zeit zum Weinen.

Scorpius setzte mich vorsichtig, ohne meinen Fuss gross zu berühren, so hinter den Felsen, dass wir beide nebeneinander sitzend genug Platz hatten. Jedes Mal, wenn der Drache wieder unter lautem Grollen einen Feuerball spie, beugte er sich schützend über mich. Wenn ich Malfoy etwas lassen muss, dann, dass er ein echter Gentleman war. Ich hingegen klammerte mich bloss ängstlich an ihn.
 

„Wie weit schaffst du es mit deinem Fuss?“ Wir hatten unseren Plan, wie wir das Vieh loswerden wollten, bereitgelegt.

„Wohl keine zehn Meter, aber wie heisst es doch so schön? Der Wille ist stärker als der Körper. Irgendwie werde ich schon rauskommen.“

Wir warteten, bis der Drache einmal mehr seinen Feuerstoss beendet hatte, dann nickten wir uns ein letztes Mal zu und warfen uns auf verschiedenen Seiten hinter dem Fels hervor. Malfoy rannte so schnell er konnte zu meinem Zauberstab, während ich humpelnd am Kopf des Drachen vorbei hetzte. Als ich gerade auf Augenhöhe mit dem Getier war, sah ich, wie es erneut das Maul öffnete und sein gefährliches Grollen ertönen liess. Sekunden später spie es wieder einen gewaltigen Feuerball aus seinem Rachen aus.

Ich warf den Kopf in Malfoys Richtung, wollte gerade noch einen Laut der Warnung von mir geben, aber da war es schon zu spät. Er stand direkt vor dem Ungetüm und hatte keine Chance, ihm zu entkommen.

Verzweifelt liess ich mich auf die Knie sinken und suchte mit beiden Händen nach einem lockeren Stein auf dem Boden. Ich umfasste Sekunden später einen glatten, spitzen Gesteinsbrocken, hob ihn hoch und schleuderte ihn dem Drachen ins Auge.

Mit einem schmerzerfüllten Laut stoppte der Drache sein Feuer und warf den Kopf hin und her. Ich nutzte die Zeit, in der das Vieh abgelenkt war, aus, um zu Malfoy zurück zu humpeln. Jeder Schritt war eine Qual und der Schmerz betäubte mich immer mehr.

Auf dem Boden vor mir lag er, meinen Zauberstab fest in der Hand und am ganzen Körper nass. Er musste einen Zauber gewirkt haben, der das Feuer löschte. Doch das hiess nicht, dass er unverletzt geblieben war. Obwohl es in der Höhle praktisch kein Licht hatte, konnte ich doch sehen, dass sich auf seinem rechten Arm und seinem rechten Torso grosse Blasen zu bilden schienen.

Zwischen zusammengebissenen Zähnen zischte er mich an, ich solle endlich verschwinden, sobald er mich erblickte. Ich schüttelte bloss den Kopf und half ihm, aufzustehen. „Entweder gehen wir beide hier lebend raus oder gar nicht!“

„Das ist dumm, Weasley! Tu doch einmal etwas Vernünftiges!“ Er funkelte mich fast schon böse an, liess sich aber von mir trotzdem helfen, als ich ihn aus der Reichweite des Drachen schleppte, so gut das mit meinem Fuss nun einmal ging.

Der Drache schüttelte noch immer wild seinen Kopf, doch nun begann es aus seinen Nüstern heiss zu dampfen. Ich nahm Malfoy meinen Zauberstab ab, richtete ihn auf das Vieh und legte ihm eine Ganzkörperklammer an. Zumindest hoffte ich, dass ich das getan hatte.

Wir drückten uns gemeinsam am Bauch des Tieres vorbei in Richtung Höhlenausgang. Ich konnte bereits einen ersten Streifen Tageslicht vor mir erkennen. Den Schmerz in meinem Fuss ignorierte ich, so gut es ging.

Je näher wir dem Tageslicht kamen, desto öfters stolperte einer von uns beiden. „Komm schon, wir sind fast draussen!“ Ich zog ihn weiter, so gut ich konnte.

Mit zwei letzten, wackeligen Schritten verliessen wir endlich diese verdammte Höhle und brachen an Ort und Stelle zusammen. Scorpius entwand mir sanft meinen Zauberstab und hielt ihn in die Höhe, um Funken sprühen zu lassen, dann liess er sich rückwärts gegen den kalten Fels des Hügels sinken.

„Verdammt, ich glaube, Büroarbeit ist doch nicht so übel!“, flüsterte er leise und strich mir dabei mein Haar hinters Ohr.

Ich nickte und brachte sogar ein halbherziges Grinsen zustande, während ich neben ihn rutschte und mich ebenfalls anlehnte. „Wem sagst du das!“

Meine Finger verhacken sich in seinen. „Wenigstens sind wir da raus.“

Scorpius atmete zweimal schwer, bevor er antwortete. „Ja, auch wenn du dich nicht an unseren Plan gehalten hast.“

Ich zuckte mit den Schultern. „Nun, unser Plan enthielt ja eigentlich auch nicht, dass du dich grillen lässt.“ Mit einem Blick auf seine rechte Seite verlieh ich meinen Worten Nachdruck. „Das wird sicher Narben geben.“

Malfoy hatte die Augen geschlossen und bevor er in eine tiefe Ohnmacht hinab sank, gab er zurück: „Ist mir eigentlich egal.“

Etwa zehn Minuten, nachdem wir aus der Höhle heraus waren, erschien ein ganzes Pack anderer Zauberer, darunter auch Charlie, der natürlich sofort die totale Panik schob, als er mich uns Scorpius erblickte. Man brachte uns auf direktem Weg in die Krankenstation des Reservats, wo man sich um meinen Fuss und Malfoys Verbrennungen kümmerte.

Später erfuhr ich von Charlie, dass wohl der einzige Grund, warum der Hornschwanz nicht von uns abgelassen hatte, der war, dass sich das verdammte Vieh wegen seiner Höhe im Eingang der Höhle verkeilt hatte und nicht mehr heraus gekommen war.
 

Zwei Tage waren vergangen, seit wir ungewollt Bekanntschaft mit dem Hornschwanz gemacht hatten. Meinem Fuss ging es wieder ziemlich gut, ich konnte ohne Probleme gehen und tat das deswegen auch ziemlich oft. Mich kann man einfach nicht im Bett halten.

Scorpius ging es nicht ganz so gut, doch auch er war auf dem Weg der Besserung. Kurz nach Mittag setzte ich mich zu ihm ans Bett und betrachtete seinen bandagierten Oberkörper.

Natürlich war ihm mein Blick nicht entgangen. „Was?“, fragte er deswegen fast schon ein bisschen gereizt.

Ich hob den Kopf und blickte ihm nun direkt in die Augen. „Du weißt hoffentlich, was man über ‚Kriegsverletzungen’ sagt?“

„Nein!“ Oho, da war wohl jemand mit dem falschen Fuss aufgestanden. Na ja, ich konnte es ihm irgendwie nicht verdenken. Scorpius Malfoy war ein gut aussehender junger Zauberer mit einem tollen Körper (das werde ich NICHT bestreiten, denn auch ich habe Scorpius im Sommer öfters beobachtet), dem man eigentlich keine Narben wünschte.

„Frauen stehen auf Männer mit Narben und Uniform!“

Für einen Moment herrschte Schweigen. Beinahe ungläubig sah er mich an. Dann, und das war die Reaktion, die ich wohl am allerwenigstens erwartet hätte, begann er zu lachen. Ein Lachen, dass fast schon wieder so unbeschwert klang, wie zu unserer Schulzeit.

„Mir fehlt aber die Uniform.“

Mit verschwörerischem Grinsen antwortete ich: „Wolltest du nicht noch vor drei Tagen Profiquidditchspieler werden? Das Trikot eines Quidditchteams zählt auch als Uniform.“

Mit einem undeutbaren Blick sah er mich an: „Stehst du auch auf Männer mit Narben und Uniform?“

Mir schoss gerade das Blut in Unmengen in den Kopf und färbte mein Gesicht dunkelrot, sodass Scorpius erneut zu lachen anfing. In meiner Gegenwart hatte er eigentlich noch nie so gelacht, auch in unserer Schulzeit nicht. Meist war da immer etwas Gehässiges dabei gewesen. Jetzt nicht mehr. Jetzt war es bloss noch ein amüsiertes Lachen.

„Hat dir schon mal jemand gesagt, dass du spinnst?“ Scorpius grinste mich mit einem Lächeln an, mit dem er während unserer Schulzeit eigentlich alle Mädchen angesehen hatte. Alle, ausser mir.

„Ja, du. Und zwar des Öfteren.“ Etwas hatte sich zwischen uns verändert. Niemals zuvor in den bald acht Jahren, in denen wir uns kannten, hatten wir miteinander gelacht.

Wieder breitete sich zwischen uns Schweigen aus. Irgendwann griff Scorpius nach meiner Hand und sah mir dabei mit durchdringendem Blick in die Augen. „Ich bin dir wirklich dankbar, dass du nochmals zurückgekommen bist. Verdient hätte ich es nämlich nicht.“

Ich reckte die Nase in die Luft und grinste ihn an. „Natürlich nicht! Aber ich bin nun mal ein viel besserer Mensch als du!“

„Das bist du wahrscheinlich sogar, Rose.“

Mit platztellergrossen Augen sah ich ihn an. Niemals zuvor hatte er mich beim Vornamen genannt. Ich war für ihn vieles gewesen, von Weasley bis hin zu Karottenkopf, aber niemals Rose. Und irgendwie, ich weiss auch nicht, aber ich hatte auf einmal dieses warme Gefühl ums Herz. Ich weiss, ich spreche gerade über Malfoy. Aber trotzdem.
 

Als ich etwas später Onkel Charlie über den Weg lief, musterte er mich erst von oben bis unten mit diesem komischen Blick, mit dem ich nicht wirklich etwas anzufangen wusste. Dann sagte er ernst: „Du und Scorpius, habt ihr mal miteinander geredet? Siehst du jetzt auch, dass er nicht ganz so schlimm ist, wie du am Anfang getan hast? Ich kann dir versichern, er ist um Einiges anständiger als sein Vater und um Längen besser als sein Grossvater.“

Ich nickte bloss als Antwort. Was sollte ich auch erwidern? Dass ich Malfoy viel zu lange falsch eingeschätzt zu haben schien? Bis ich das zugeben würde, musste schon noch einiges passieren.
 

Einen Monat später reiste ich wieder zurück nach London. Onkel Charlie und ich hatten beschlossen, meinen Eltern nichts Genaueres von dem Zwischenfall zu erzählen, sonst würde es bloss wieder unnötig Panik geben.

In der restlichen Zeit im Reservat verbrachte ich viel Zeit mit Scorpius und ich muss ganz ehrlich zugeben, dass ich doch wohl mehr mit ihm gemeinsam zu haben scheine, als ich anfangs gedacht hatte. Wir waren sogar übereingekommen, uns vielleicht wieder einmal zu sehen, wenn er auch wieder in London war. Ich erhielt ab und an einen Brief von Charlie, in dem Scorpius, der beschlossen hatte, ein ganzes Jahr in Rumänien zu bleiben, einige Zeilen an mich anfügte.

Ich hatte in der Zwischenzeit einen Posten als Photographin beim Tagespropheten ergattern können. Papa war zwar der Meinung, dass ich komplett überqualifiziert für diesen Posten sei, doch mir gefiel die Arbeit. Onkel Charlie hatte mir im Reservat seine alte Kamera geliehen und ich hatte auf meinen Kreuzzügen mit Scorpius durch das Reservat entdeckt, dass ich eigentlich ziemlich gerne photographierte. Und auch noch ziemlich gut darin war. Die Photos, die ich von den Drachen gemacht hatte, wurden sogar teilweise schon veröffentlicht. Na ja, vor allem deswegen, weil Onkel Charlie und Scorpius sie mir geklaut und dann eingeschickt hatten. Was hatten sie noch gleich dazu gesagt? Ach ja, es war zu meinem eigenen Wohl.
 

Die ersten Strahlen der Sonne erscheinen über dem Horizont. Vor mir erstrecken sich die weissen Gipfel der Alpen. Der Schnee, der auch im Sommer nicht taut, glitzert wie tausend Kristalle. Durch das Objektiv meiner Kamera beobachte ich den Sonnenaufgang, bis die Hälfte der roten Scheibe zwischen den Bergen hervor gekommen ist, dann drücke ich auf den Auslöser.

Ich nehme die Kamera herunter, blicke noch einmal in die Sonne und drehe mich um. Für einen Moment bleibt mir fast das Herz stehen, so erschrecke ich ab der Person, die hinter mir steht und deren Erscheinen ich gar nicht mitbekommen habe.

Im ersten Licht des Tages schimmert Scorpius’ blondes Haar golden. Er trägt eine dunkle, enge Jeans, einen schwarzen Sweater und einen grauen Zweireiher. Sehr elegant. Passt aber nicht direkt auf den Gipfel eines Berges, wo wir uns momentan aber gerade befinden.

„Hi.“, begrüsst er mich. Fast zehn Monate haben wir uns nicht mehr gesehen.

„Hi. Woher wusstest du, dass ich hier bin?“ Ich kann mich nicht erinnern, meinen Aufenthaltsort im Tagespropheten mitgeteilt zu haben.

„Hab halt meine Quellen.“ Er schaut mich nicht direkt an, sondern an mir vorbei auf die Wipfel der Berge in meinem Rücken. Ich kann mir vorstellen, wer wohl seine Quelle war. Al! Mein Cousin und Scorpius haben sich schon während der Schule überraschend gut verstanden.

„Was machst du hier?“ Ich meine, es passiert schon nicht alle Tage, dass mir jemand bis auf den Gipfel eines Viertausenders folgt.

Kurz zuckt Scorpius mit den Schultern. Er sieht noch immer an mir vorbei. Ich mustere ihn genau und irgendwann bleibt mein Blick an seiner Hand hängen. Rasch überwinde ich die drei Meter Distanz zwischen uns und greife nach seiner Hand. Überrascht schaut er mich jetzt an. Doch ich sehe noch immer auf seine Hand im meiner. Seine Haut ist teilweise tief vernarbt.

„Geht das nicht mehr weg?“

„Ich könnte es wegmachen lassen.“, antwortet er tonlos.

Jetzt schaue ich ihm endlich in die Augen. „Und warum machst du es dann nicht?“

Fast schon verlegen scheint er sich zu räuspern. „Weil mir mal ein Mädchen gesagt hat, dass Frauen auf Männer mit Narben und Uniform stehen.“

Die Sonne steigt endgültig über die letzten Spitzen der Berge und hüllt alles um uns in grelles Licht. Doch das sehe ich gar nicht, denn ich bin gefangen in Scorpius Malfoys Augen. Vor einigen Monaten wusste ich zwar, dass sich etwas zwischen uns verändert hatte, konnte es aber nicht genau benennen. Heute schon. Ich hätte jeden, der mir noch vor einem Jahr gesagt hätte, dass Scorpius Malfoy und ich irgendwann unsere Feindschaft nieder legen würden, ausgelacht. Aber genau das hatten wir getan. Das und noch viel mehr.

Und während ich auch weiterhin meinen Blick nicht von seinem nehmen kann, beugt er sich zu mir herunter, bis seine Lippen auf den meinen liegen. Seine Finger fahren durch mein zerzaustes Haar und ich schliesse meine Arme um seinen Hals. Während um uns herum die Welt erwacht, küssen wir uns zum ersten, aber definitiv nicht zum letzten Mal.

Folgenschwere Beleidigung

Folgenschwere Beleidigung
 

Sie hätte weinen können. Wie konnte er nur? Wie hatte er ihr das nur gerade an den Kopf werfen können? Aus nassen Augen funkelte Rose ihren Cousin böse an, der einfach nur daneben stand und gar nichts sagte, der seinen besten Freund einmal mehr nicht zu Recht wies, wenn er wieder auf ihr herum trampelte. Und ein bisschen galt dieser böse Blick auch ihr selbst, weil sie sich einmal mehr nicht gewehrt hatte.

Auf dem Absatz machte sie Kehrt und stürmte aus den Kellergewölben des grossen Schlosses direkt hinauf in den Gryffindorturm, durch den Gemeinschaftsraum, wo sie erst einmal mit ihrem kleinen Bruder zusammen stiess, der sofort wusste, was wieder einmal vorgefallen war und dann hoch in ihren Schlafsaal. Sie warf sich aufs Bett und verbarg ihr Gesicht in ihrem Kissen. Dieses verdammte Arschloch. Dieses verdammte, hochnäsige, sich selbst für etwas Besseres als andere haltende Arschloch!

Wie konnte Albus nur mit dem befreundet sein? Rose nahm sich gerade fest vor, ihren Cousin aus ihrem Freundeskreis zu streichen. Wenn er nicht für seine Familie einstehen wollte, dann konnte er sich von nun an jemand anderen suchen, der ihren Platz als Cousine einnahm.

Stundenlang lag sie in ihrem Bett und schluchzte leise vor sich hin. Ihre Zimmergenossinnen und ihre Cousine Lily konnten sie auch nach langen Versuchen nicht dazu bringen, mit zum Abendessen zu kommen. Rose wusste zwar, dass sie seinen Triumph dadurch nur noch vergrösserte, doch es kam praktisch auf dasselbe heraus, ob sie jetzt mit roten, verweinten Augen oder gar nicht zum Abendessen erschien.

Immer wieder erschien das Gesicht mit der blassen Haut und den grauen Augen vor ihr. Am liebsten hätte sie ihm seine dreckige, hochnäsige Visage zerkratzt! Aber dazu besass sie den Mut nicht. Genauso wenig wie sie den Mut dazu besass, ihm Paroli zu bieten. Nie hatte sie ihm geantwortet. Sie hatte sich nur immer wieder gesagt, dass sie ihn im nächsten Test schlagen würde und diese Niederlage würde sein grosses Maul schon stopfen. Aber nun waren sechs Jahre vergangen, sie hatte ihn in keinem Test geschlagen und er hatte über all die Jahre hinweg ihrem Selbstvertrauen und auch ihrer Selbstachtung so viele Tritte und Schläge verpasst, dass sie eigentlich nur noch ein einziges Häufchen Elend war. Sie war also genau das Gegenteil von einem Gryffindor. Schon seit ihrem ersten Tag war sie der Meinung gewesen, dass man sie ins falsche Haus gesteckt hatte. Sie hatte mit Professor Longbottom, ihrem Hauslehrer, stundenlange Gespräche geführt und auch wenn er ihr noch so oft gut zugeredet hatte, sie war einfach immer der Meinung gewesen, dass sie eher nach Hufflepuff oder Ravenclaw gehört hätte. Aber sicher nicht zu den Löwen. Denn, jedes Mal, wenn sie ihm über den Weg lief, zeigte sich wieder, dass sie alles andere als eine Löwin war. Eine kleine, ängstliche Maus vielleicht. Aber niemals eine Löwin. Er hingegen war die perfekte Schlange. Ebenso wie ihr abtrünniger Cousin.
 

Rose blieb eine Woche lang im Bett und weigerte sich, ihren Schlafsaal zu verlassen. Das Essen liess sie sich von ihren Zimmergenossinnen mitbringen. Wieso sollte sie ihr Bett auch verlassen. Dort fühlte sie sich am sichersten. Dort konnte er ihr nichts anhaben.

Lily, die diese Entwicklung mit Schrecken mit angesehen hatte, stellte am sechsten Tag ihren Bruder und seinen besten Freund zur Rede. Breitbeinig stellte sie sich vor die beiden hin, die Hände in den Hüften eingestützt und funkelte beide böse an.

„Entschuldigt euch gefälligst bei Rose!“

Albus zuckte bloss mit den Schultern. „Wieso wir beide? Ich hab gar nichts mit der Sache zu tun!“

„Und ob du das hast, Bruderherz. Du hast nämlich einmal mehr nur zugesehen. Sie ist deine Cousine! Ich finde es echt unglaublich, wie du einfach nur zusiehst, während diese Schlange ihr eine Beleidigung nach der anderen an den Kopf wirft! Du bist in Slytherin wirklich bestens aufgehoben!“

„Oh, jetzt bin ich aber verletzt. Verzieh dich Lily!“ Albus schupste seine Schwester zur Seite und drückte sich an ihr vorbei durch den Gang.

Albus’ Freund, der blonde, hoch gewachsene Junge, beachtete Lily nicht einmal, fast so, als wenn sie bloss ein Käfer unter seiner Schuhsohle wäre. Warum sollte er auch? War ja nicht sein Problem, wenn der Karottenkopf ihr Zimmer nicht mehr verliess, bloss weil sie zu wenig Mumm hatte, sich ihm zu stellen. Und überhaupt, sie hätte ja schon lange mal etwas erwidern können auf all seine Beleidigungen. Er wusste nur zu gut, dass er genug Schwachstellen hätte, auf die man zielen könnte, die nutzte Al oft genug aus. Aber die kleine Weasley, nun, die war einfach immer nur stumm. Selbst Schuld.

Lily, die sich so schnell nicht geschlagen geben wollte, packte den Blonden am Arm und hielt ihn zurück. „Hör mal, dieses Mal bist du wirklich zu weit gegangen. Bitte, entschuldige dich doch bei ihr!“ Vernunft hatte bis jetzt doch noch bei jedem Menschen funktioniert. Zumindest hoffte Lily das.

Der Blonde zog sich aus ihrem Griff, warf ihr einen vernichtenden Blick zu und verschwand auf dem Gang. Niemals würde er sich bei einem Weasley entschuldigen. Das war weit unter seiner Würde. Nein, niemals. Da müsste sich die Welt schon mehr als einmal drehen!
 

Am nächsten Hogsmeadsamstag, als praktisch alle Schüler das Schloss verlassen hatten, entschloss sich Rose, ihr Bett doch mal für eine Weile zu verlassen und etwas an die frische Luft zu gehen. Sie suchte sich die Gänge im Schloss, die meistens unbenutzt blieben und bahnte sich so ihren Weg hinauf auf den Eulenturm. Dort würde sie heute sicher ihre Ruhe haben.

Auf dem Turm angekommen, stellte sie sich an die Brüstung und schaute auf die sich unter ihr erstreckende Landschaft. Ein Strom aus vielen kleinen, sich bewegenden Punkten näherte sich Hogsmead. Die meisten Schüler würden jetzt dann gleich dort ankommen und ein paar Nachzügler sassen wohl spätestens in einer halben Stunde im Drei Besen.

Sie würde auch mal gerne wieder nach Hogsmead. Das Problem war nur, mit wem sie da hingehen sollte. Freunde, nun, das hatte Rose irgendwie nicht wirklich. Sie hatte sich immer hinter ihren Büchern versteckt, während andere die freie Zeit genutzt hatten, um Freundschaften zu schliessen. Sie verstand sich zwar mit vielen recht gut, aber wirkliche Freunde, die hatte sie nicht. Wenn sie mal jemandem etwas erzählen wollte, konnte sie war immer zu Lily, aber auch die hatte nicht immer Zeit für sie.

Seufzend stützte sie sich auf der Brüstung ab und lehnte ein wenig darüber hinaus, ihr Blick wanderte dabei auf den Boden direkt unter ihr. Die Schlossmauern fielen steil in die Tiefe und trafen in etwa fünfzig Metern auf harten, mit Steinen durchzogenen Boden. Wenn man hier herunter fiel, dann war es definitiv aus.

Aber dann war man auch gleichzeitig alle Probleme los. Sie müsste sich nie wieder seine Beleidigungen anhören. Plötzlich fragte sich Rose, ob es wohl jemandem auffallen würde, wenn sie nicht mehr da war. Ihren Eltern sicher, obwohl sie sich fragte, wie traurig sie sein würden. Sie hatte ihre Erwartungen bei weitem untertroffen. Einem Teil ihrer restlichen Familie würde es sicher auch auffallen. Vielleicht noch ihren Zimmergenossinnen. Und vielleicht würde irgendwann einmal jemand fragen, was eigentlich aus dem rothaarigen, drahtigen Mädchen mit dem jungenhaften Körper und den vielen Sommersprossen geworden ist, die immer mit einem Buch vor der Nase herum gelaufen war.

Rose lehnte sich noch etwas weiter über die Brüstung, bis sie nur noch auf den Zehenspitzen stand. Es wäre so einfach. Fast schon zu einfach. Sie bräuchte nur noch los zu lassen und sich ein wenig vom Boden abzustossen. Sie nahm eine Hand von der Brüstung. Jetzt stand sie schon nicht mehr ganz so sicher wie zuvor. Ein kalter Schauer lief ihr den Rücken hinunter, als sie erneut auf den felsigen Boden unter ihr blickte.

Sie wollte ihre Hand wieder zurück an die Brüstung legen, doch genau in diesem Moment erfasste sie ein heftiger Windstoss, sie schwankte, spürte, wie sich ihr Gewicht immer mehr nach vorne zu verlagern begann und bekam Angst. Eigentlich hatte sie doch gar nicht wirklich loslassen wollen. Eigentlich wollte sie keine nähere Bekanntschaft machen mit dem Boden weit unter ihren Füssen. Mit dem freien Arm ruderte sie, suchte Halt, glitt aber an den flachen, kerbenlosen Steinen, die glitschig waren durch den vielen Vogelkot, ab. Sollte es wirklich so enden? Rose schloss in Panik ihre Augen und hoffte, dass es nicht allzu sehr wehtun und schnell vorbei sein würde. Von ganz weit weg hörte sie ihren Namen und dachte, dass sie bereits von oben gerufen wurde.

Dann spürte sie plötzlich, wie sich eine Hand um ihre schloss und ihr ganzer Körper durch einen kräftigen Ruck zurück über die Brüstung gerissen wurde. Sie landete schwer auf jemandem, konnte hören, wie ihr Aufprall alle Luft aus seinen Lungen presste. Noch immer hatte sie die Augen geschlossen, auch als ihr Retter sie aufsetzte und erneut ihren Namen sagte. Tränen liefen ihr über die Wangen.

Nachdem ihr Retter sie mehrfach geschüttelt hatte, öffnete sie ihre Augen. Die Angst, die ihren ganzen Körper noch immer lähmte, bekam jetzt noch zusätzlich Gesellschaft von einem gewaltigen Schock. Denn sie sah ihm in die Augen.

Nicht nur das. Sie sah ihm in die Augen und sie dort Angst. Wahrhaftige, ungespielte Angst. Aber warum? Warum sollte er Angst haben? Sie war doch kurz davon gewesen, zu fallen. Und dann endlich verstand sie, was er immer wieder mit zitternder Stimme wiederholte.

„Bin ich schuld? Wolltest du das meinetwegen tun?“

Zu ihren Tränen kam jetzt noch ein kehliges Schluchzen. Am ganzen Körper zitternd, krallte sie sich in seinen Pullover. Vorsichtig zog er sie näher zu sich heran, legte seine Arme um sie und kreuzte die Beine um sie herum, sodass sie fast wie ein Schmetterling in seinem Kokon zusammen auf dem Boden sassen. Eigentlich zitterte er fast genauso fest wie sie, denn gerade hatte er mit angesehen, wie sie fast aus dem Turm gestürzt war und das ungute Gefühl, dass er nicht unschuldig an dieser Situation war, liess ihn nicht mehr los.

Gerade war ihm auf die grausamste Weise überhaupt vor Augen geführt worden, was Worte alles bewirken konnten. Nie hätte er gedacht, dass er mit seinen Beleidigungen sie tatsächlich so tief treffen könnte, dass sie sich dafür in den Tod stürzen würde. Aber andererseits, wenn er sich seine vielen Beleidigungen nochmals durch den Kopf gehen liess, die er ihr irgendwann in ihren gemeinsamen Schuljahren an den Kopf geworfen hatte, konnte er sie sogar irgendwie verstehen.

Wie lange sie so auf dem Boden sassen, wussten sie nicht. Irgendwann brachte Rose zwischen zwei erstickten Schluchzern hervor: „Ich… ich bin abgerutscht. Ich… zum Glück… du… danke.“

Das letzte Wort versetzte ihm einen tiefen Stich ins Herz. Auch wenn sie abgerutscht war, so hatte sie sicher nicht einfach nur so über der Brüstung gehangen. Er nahm sich in diesem Augenblick fest vor, nie wieder das Wort gegen sie zu erheben, niemals wieder. Das hatte er nicht gewollt. Wenn überhaupt, hatte er einmal so richtig mit ihr streiten wollen. Er wartete seit sechs Jahren darauf, dass sie ihm auf irgendeine Art und Weise mal Paroli bot, wenn er sie wieder beleidigte. Hätte er gewusst, wie das Ganze ausarten würde, er hätte schon viel früher aufgehört, sie zu beleidigen. Denn, wenn er etwas bis zur Perfektion beherrschte, dann Rose Weasley im Boden zu zerstampfen.
 

Die Sechstklässler standen vor der geschlossenen Kerkertür und warteten darauf, dass ihr Zaubertranklehrer endlich kommen würde. Wie immer war der wieder einmal zu spät. Und das gab ihm einmal mehr die Gelegenheit, auf Rose Weasley herum zu hacken. Sie sah gerade zufälligerweise in seine Richtung, da rief er auch schon über die ganze Menge hinweg: „He, Schlammblut, hast du heute Morgen schon mal in den Spiegel geschaut? Kann sein, dass Merlin dir endlich Brüste geschenkt hat. Oder hast du das winzige Bisschen, das du Oberweite nennst, mit Klopapier ausgestopft?“

Er konnte sehen, wie sich ihre Finger in ihre Tasche krallten und die Knöchel weiss unter der Haut hervor stachen. Wunderbar. Er hatte sie, einmal mehr. „Hab gehört, dass du in Verwandlung wieder einmal total versagt hast. Willst du mal zu mir in die Nachhilfe kommen? Ich kann dir zeigen, die man einen Zauberstab richtig verwendet.“ Hierbei liess er kurz Raum, um einem aus seinem Gefolge Zeit für wüste Gesten mit der Zunge zu lassen. „Nötig hättest du es. Vielleicht wirst du dann endlich den Besen los, den du verschluckt hast.“

Er trat zu ihr heran, legte seine Hand unter ihr Kinn und zwang sie, ihm in die Augen zu sehen. Die ersten Tränen blitzten bereits in ihren Augenwinkeln. Für einen Augenblick überlegte er, ob er wirklich noch mehr sagen sollte. „Haben deine Eltern dich schon von der Erbschaftsliste gestrichen? Kann mir ja nicht vorstellen, dass sie eine solch herbe Enttäuschung, wie du es bist, überhaupt noch in ihrem Haus dulden wollen.“
 

„Es tut mir leid.“, flüsterte er ihr ins Ohr. Und es war wohl das erste Mal in seinem Leben, dass er eine Entschuldigung wirklich ernst meinte.

Er hörte, wie ihre Schluchzer stockten und beobachtete, wie sie langsam den Kopf hob. Aus geröteten Augen sah sie ihn an. Es war wohl das erste Mal in ihrem Leben, in dem er sie nicht hämisch belächelte sondern sie mit festem Blick ansah, der bewies, dass er auch meinte, was er gerade gesagt hatte.

„Warum hast du es dann getan?“, fragte sie ihn vorwurfsvoll.

„Ich… keine Ahnung, du warst einfach das perfekte Opfer, du hast dich nie gewehrt.“ Er sagte die Wahrheit. Er wusste wirklich nicht, warum er gerade sie immer zu seinem Ziel gemacht hatte. Vielleicht auch, weil sie niemanden gehabt hatte, der sich zwischen ihn und seine Beute gestellt hatte. Nicht einmal ihren Cousin Al. „Vielleicht, weil es so einfach war bei dir.“

„Ja, ich habe mich nie gewehrt.“ Sie seufzte und legte ihren Kopf an seine Schulter. Mit einer Hand wischte er ihr die Tränen weg.

„Soll ich dich in den Gryffindorturm bringen?“ Rose nickte leicht, woraufhin er sich erhob und ihr dann aufhalf.

Schweigend liefen sie durch die leeren Gänge. Er hatte noch immer einen Arm um ihre Schulter gelegt und sie krallte sich noch immer Halt suchend in seinen Pullover.

Vor dem Portrait der fetten Dame blieben sie stehen. Sie schwiegen, irgendwie wollte keinem etwas einfallen, das man in dieser Situation hätte sagen können. Sogar die fette Dame schwieg, obwohl sie das Geschehen natürlich aufmerksam beobachtete.

Irgendwann hob Rose den Kopf und sah ihm in die Augen. „Scorpius, du bist nicht schuld. Wärst du es nicht gewesen, hätte jemand anders mich jahrelang niedergemacht.“ Er nickte leicht, verstehend. „Wenn jemand schuld ist, dann all die, die rund herum gestanden sind und nie etwas gesagt haben.“

Mit diesen Worten drehte sie sich um, liess endlich seinen Pullover los, flüsterte das Passwort und trat durch das Loch hinter dem Bild. Kurz bevor die fette Dame wieder an ihren angestammten Platz schwang, warf sie noch einmal einen Blick über die Schulter. Ein trauriges Lächeln lag auf ihren Lippen.

Unter den tadelnden Blicken der fetten Dame verliess er den Gryffindorturm, in Gedanken noch immer bei dem, was sie gerade gesagt hatte. Sie gab ihm nicht die Schuld daran, was gerade fast passiert wäre. Auf unerklärliche Weise beruhigte ihn das. Sehr sogar. Doch das hiess nicht, dass es ihn von seinem neuen Vorsatz abbringen würde. Nichts konnte das mehr.
 

Als Rose wieder zum Unterricht erschien, gab es natürlich grosses Gerede. Hinter ihrem Rücken stupsten sich die anderen Schüler an und erzählten sich die unglaublichsten Geschichten, warum sie fast die ganzen letzten zwei Wochen Unterricht versäumt hatte. Eine Hufflepuffschülerin behauptete sogar, dass Rose eine Abtreibung gehabt hätte, von der sie sich hatte erholen müssen. Doch all das Gerede störte sie nicht. Nicht mehr. Denn etwas hatte sich verändert. Er.

Die erste Stunde, die sie wieder mit den Slytherins zusammen hatte, war natürlich die Schlimmste gewesen. Alle grün gekleideten Jungs hatten dumme Sprüche gemacht, sie angerempelt und einer hatte sogar nach ihrem Po gegrapscht. Das hatten sie natürlich früher auch schon getan. Aber damals war niemand dazwischen gegangen. Diesmal stand plötzlich ein grosser, blonder Junge zwischen ihr und den anderen, funkelte alle, inklusive Albus, der sich sehr über das ganze Theater amüsiert hatte, böse an und verscheute sie damit vorerst.

Anfangs hatten alle, selbst Rose, gedacht, dass wäre eine von Scorpius’ neuen Ideen, sie zu bodigen. Doch schnell merkte man, dass es ihm nicht mehr darum ging, sie fertig zu machen, sondern sie vor anderen zu schützen.

Das Vierteljahr bis zu den Sommerferien war das Angenehmste gewesen, das Rose je in Hogwarts verbracht hatte. Scorpius’ Omnipräsenz hatte dazu geführt, dass die anderen Schüler aufgehört hatten, über sie zu sprechen. Jetzt hatten sie ein neues Thema gefunden. Scorpius Malfoys komisches Verhalten.
 

Rose sass in der Bibliothek über ein Buch gebeugt, neben ihr Pergament und Feder, damit sie sich alles Wichtige notieren konnte. Bald wäre es so weit. Bald würde sie ihre UTZ Prüfungen haben und dann hiess es nach sieben Jahren endlich ‚Bye bye Hogwarts’. Noch vor einem Jahr hätte sie sich unglaublich darauf gefreut, endlich hier raus zu kommen, weg von all den Leuten und besonders weit weg von Scorpius Malfoy.

Aber seit dem Tag, als er sie davor bewahrt hatte, vom Turm zu stürzen, hatte sich ihr Leben verändert, hatte sich zum Besseren gewendet. Was damals passiert war, hatten weder sie noch er jemals jemandem erzählt. Das war ihr kleines Geheimnis. Und auch wenn Albus sie beide noch so lange gelöchert hatte, warum sie auf einmal so gut miteinander auskamen, sie erzählten ihm nichts.

Mit einem Seufzer liess sich Scorpius Malfoy Rose gegenüber auf den Stuhl sinken, seine Bücher klatschte er laut auf den Tisch. „Ich bin froh, wenn das hier vorbei ist.“

Rose grinste nur, hob jedoch den Kopf nicht. Ihre Cousine Lily hatte sie vor ein paar Tagen gefragt, ob es sein könnte, dass sie und Malfoy Freunde seien. Zuerst hatte Rose einfach nur gelacht, dann jedoch, als sie etwas später im Bett lag und den roten Baldachin über sich angestarrt hatte, hatte sie nochmals über Lilys Worte nachgedacht. Freunde. Nun, da sie nicht wusste, wie sich eine richtige Freundschaft anfühlte, konnte sie diese Frage auch nicht beantworten. Das hiess, dass sie noch immer damit beschäftigt war.

„Sag mal, Scorpius, sind wir eigentlich Freunde?“ Auch jetzt blickte sie noch immer in das Buch vor ihr, jedoch las sie nicht mehr. Vielmehr wartete sie gespannt auf seine Antwort.

Für einen Moment schwieg er und überlegte. Freunde, schwierig. Er hatte nie irgendetwas gegen sie direkt gehabt, hatte sie bloss zu seinem Opfer erkoren, weil sie sich besser dazu geeignet hatte, als alle anderen. „Das musst du mir sagen. Wenn du mich hasst, dann nicht. Wenn du mich magst, dann würde ich sagen, ja.“

Jetzt endlich sah sie von ihrem Buch hoch. „Nein, ich denke nicht, dass ich dich hasse. Zumindest nicht mehr.“

Scorpius’ Mundwinkel zuckten leicht nach oben. „Dann wär das ja erledigt. Hast du die Verwandlungshausaufgaben schon gemacht? Ich steck da irgendwie in einer Sackgasse.“

Und so, nach langen Jahren des Hasses, rückte Rose ihren Stuhl näher zu Scorpius heran, zog aus ihrer Tasche ein weiteres Stück Pergament und begann mit ihm über die Hausaufgaben zu diskutieren.

Etwas entfernt an einem anderen Tisch sassen Albus und Lily. Albus hatte sich dazu herab gelassen, seiner kleinen Schwester mit den Hausaufgaben zu helfen, doch achtete er gar nicht auf ihre Fragen, sondern starrte bloss zu seinem besten Freund, dessen Verhalten er überhaupt nicht mehr verstand, und seiner Cousine.

„Sag mal, was ist eigentlich mit den beiden los?“, fragte er Lily.

Kurz hob sie den Kopf, schaute auf das ihr bereits bekannte Bild, wandte sich zu ihrem Bruder und sagte in ernstem Ton: „Die beiden sind halt erwachsen geworden und haben festgestellt, dass es nichts bringt, sich so kindisch aufzuführen, wie du und der ganze Rest dieser Schule.“

„Also weißt du irgendetwas?“ Albus rückte näher zu seiner Schwester und sah sie erwartungsvoll an.

„Nein. Und selbst wenn, würde ich es dir nicht erzählen. Es hat sicher einen Grund, warum niemand etwas Genaues über ihre Versöhnung weiss!“ Sie streckte ihrem Bruder die Zunge raus.

Während Rose Scorpius erklärte, wie sie die Aufgabe gelöst hatte, schloss dieser unter dem Tisch sanft ihre Hand in seiner ein. Es war seine Art, ihr zu zeigen, dass er auf sie aufpasste und Rose mochte das sehr. Sie verkeilte ihre Finger in seinen und rückte noch ein Stück näher zu ihm.

Versteckte Gefühle

Versteckte Gefühle
 

„Sag mal, hast du verlernt, wie man trifft?“, schrie Wood wütend über das Spielfeld.

Wen er meinte? Na wen wohl? Mich! Langsam aber sicher habe ich das Gefühl, ich bin die Einzige im Team, die Fehler macht. Denn immerhin bin ich die, die andauernd angeschrieen wird.

„He, Bell, hörst du mir zu? Schaffst du es nicht mal mehr, den Quaffel durch die Ringe zu bringen, wenn niemand vorne dran fliegt?“ Woods Gesicht nahm immer deutlicher eine rötliche Färbung an, wie immer, wenn er sich aufregte und herum schrie.

Pah, als wenn er noch nie einen Fehler begangen hätte. Mein ach so hoch geschätzter Herr Quidditchkapitän hatte ja sowieso das Gefühl, dass alles, was ihn betraf, gut war. Und zwar verdammt gut. Dass jemand mit so einem grossen Ego überhaupt fliegen konnte.

„BELL!“ Jetzt reicht’s! Ich hab’s schon beim ersten Mal gehört und ich fand’s schon beim ersten Mal voll daneben, mal wieder diejenige zu sein, die er anscheisst. Ich schnappte mir den Quaffel aus Angelinas Griff, flog schnell auf Wood und seine ach so heiss geliebten Ringe, die er ja so gerne verteidigte, zu. Der konnte was erleben. In den letzten Wochen hatte er mich nur noch zur Sau gemacht und heute Morgen hat er mich um sechs aus dem Bett gerissen wegen eines Trainings. Hallo? Es ist Sonntag. Und die Sonne war noch nicht mal auf, als ich aus dem Schloss gekommen bin! Das sagt doch schon genug.

Zu spät realisierte Wood, dass ich gar nicht vorhatte, durch einen der Torringe zu schiessen. Nein, mein Ziel war ein anderes. Das Gesicht eines dummen, Quidditch besessenen, tyrannischen Teamkapitäns! Ich legte alle meine Wut und Kraft in diesen einen Schuss und schleuderte den Quaffel aus nächster Nähe Wood direkt ins Gesicht.

Mit einem schmerzerfüllten Keuchen sackte er nach hinten, bekam gefährlich Rücklage, konnte sich jedoch gerade noch so auf dem Besen halten. Seine Hand lag auf seinem Gesicht. Hoffentlich hat das so richtig wehgetan. Ich funkelte ihn nur böse an. Selbst Schuld, wenn er nichts Besseres zu tun haben schien, als mich nieder zu machen.

Die restlichen Teammitglieder hielten erschrocken den Atem an. Bis jetzt hatte noch niemand von uns gewagt, Woods Autorität ernsthaft in Frage zu stellen, von solch einem rebellischen Akt wie meinem eben ganz zu schweigen.

Als er sich wieder einigermassen von meinem Schuss erholt hatte, kam er auf mich zugeflogen, in seinen Augen funkelte es gefährlich. Unter anderen Umständen hätte ich jetzt das Weite gesucht, aber heute war ich nicht in der Stimmung, klein beizugeben. Heute war ich in der ‚Jetzt tret ich dir mal in den Arsch’ Laune.

„Was sollte das, Bell?“ Woods Stimme war gefährlich ruhig. Jetzt war er wirklich wütend. Ich glaube, ich habe in meinem Leben noch nie so einen wütenden Oliver Wood gesehen. Eigentlich konnte ich ihm alles antworten, von ‚wie schön das Wetter doch heute ist’, bis hin zu ‚du bist ein Arschloch’. Er würde mich sowieso gleich wieder anschreien. Deswegen entschied ich mich halt für letztere Variante.

Das hast du schon lange verdient, Wood, du Arschloch!“

Um mich herum war es gefährlich still. Keiner wagte es, ein Wort zu sagen. Das hätten nicht einmal Fred und George erwartet und die waren ja bekanntlich die ersten, die mitzogen, wenn es um eine handfeste Meuterei ging.

Den Blick, mit dem Wood mich gerade ansah, werde ich wohl nie vergessen. Einerseits war darin Wut über meine Worte, Empörung und Unverständnis, aber auch etwas, das ich bei genauerem Betrachten beinahe als verletzt und ehrlich getroffen bezeichnet hätte. Aber da Oliver Wood nie verletzt und ehrlich getroffen war, immerhin war er näher an einer Maschine dran, als an einem lebendigen, fühlenden Wesen, konnte ich mich mit dieser Theorie sowieso nur irren.

Mit kalter, bestimmter Stimme zischte er nach einigen Schocksekunden: „Bell, du bist r…“

Ich kam ihm zuvor. Nicht er sollte es aussprechen. Wenn es schon dazu kam, dann wollte ich ihm wenigstens noch ein letztes Mal eine reinwürgen. Immerhin hat er es mit mir in den letzten Monaten genau gleich gemacht! „Spar dir das, Wood. Ich geh freiwillig! Steck dir dein Scheissquidditch doch sonst wo hin!“

Bevor noch jemand auf die Idee kam, mich aufzuhalten, drückte ich meinen Besen gen Boden, liess die anderen in der Luft zurück und verschwand in Richtung Garderobe. Der konnte mich mal kreuzweise. Ich konnte gut auf Quidditch verzichten, wenn das die einzige Möglichkeit war, endlich von Oliver Wood los zu sein.

Ganz tief in mir drin antwortete mir eine Stimme, dass ich umdrehen und mich entschuldigen sollte. Dass ich mit Oliver reden sollte. Aber das würde ich nicht tun. Ich verstand ja bis zu einem gewissen Grad, dass er in seinem letzten Jahr unbedingt diesen Pokal gewinnen wollte. Das wollte ich ja auch. Hatte es zumindest bis vor zwei Minuten gewollt. Doch das gab ihm noch lange nicht das Recht, mich andauernd anzuschreien. So wurde ich bestimmt keine bessere Spielerin.

Während ich mich umzog, konnte ich hören, wie der Rest des Teams lauthals auf Oliver einredete. Dass er mir nach sollte, sich bei mir entschuldigen sollte, mich ins Team zurückholen sollte. Interessant, wie leise es an einem Sonntagmorgen kurz vor sieben war und wie viel man dadurch hörte.

Ich werde sie ganz bestimmt nicht zurückholen! Wieso auch? Sie wollte ja freiwillig weg! Und jetzt trainiert endlich weiter!“, brüllte Oliver quer übers Spielfeld.

Arschloch! Mit dem war ich fertig. Ich zog mir meinen Pullover über den Kopf, packte alle meine Sachen zusammen, liess meine Quidditchkleider achtlos liegen und verschwand.
 

Es sprach sich ziemlich schnell herum, dass ich aus dem Team ausgestiegen war, auch wenn niemand wirklich wusste, warum. Jedes Mal, wenn ich Oliver zufälligerweise im Gemeinschaftsraum über den Weg lief, sank die Temperatur im Raum um mehr als zehn Grad. Dasselbe passierte mir auch in der Gegenwart vieler anderer Gryffindors, die mich bereits jetzt dafür verantwortlich machten, dass wir wohl den Quidditchpokal nicht gewinnen würden.

Angelina und Alicia, sowie Fred und George hatten lange auf mich eingeredet, es mir doch nochmals zu überlegen, doch ich hörte ihnen nicht zu. Einzig Harry äusserte sich nicht gross dazu. Nur einmal kurz im Vorbeigehen flüsterte er mir ins Ohr, dass er meine Reaktion verstehen konnte. Wenigstens einer setzte mich nicht unter Druck.

Oh, und ich sollte an dieser Stelle noch erwähnen, dass ich einen ganzen Haufen neue beste Freunde hatte. Oder sollte ich besser sagen, ein ganzes Haus voll neuer bester Freunde. Am Sonntagnachmittag, als ich in der Bibliothek sass, liess sich Marcus Flint neben mir auf einen Stuhl nieder und sah mich breit grinsend an.

„Na, Bell, alles klar?“ Irgendwie logisch, dass der das als einer der ersten erfahren würde. Ich tat einfach so, als hätte ich ihn nicht gehört.

„Weißt du, ich finde es wirklich stark, dass du Klein Wood die Meinung gegeigt hast. Dazu braucht es Rückgrat. Bereu deine Entscheidung ja nicht, es war die Richtige!“ Mit einem gehässigen Lachen erhob er sich von seinem Stuhl und liess mich vor Wut kochend zurück.

Wenn es jemanden gibt, den ich ihn diesem Moment mehr hasste als Wood, dann war das definitiv Flint. Der ist das grössere Arschloch. Als mir die Ironie bewusst wurde, musste ich fast schon lachen. Ich hasste Flint genauso wie Wood es tat. Na ja, Wood hasst ihn wahrscheinlich noch ein bisschen mehr.
 

Eine Woche nach dem Vorfall fand ein Auswahlverfahren statt, um meinen Platz neu zu besetzen. Ich hatte mit dem Gedanken gespielt, dabei zuzusehen, entschied mich dann aber dagegen, da es doch schmerzte, daran zu denken, dass bald jemand auf meiner Position spielen würde. Ok, was besonders wehtat, dass ich mich mehr oder weniger selbst rausgeworfen hatte. Auch wenn Wood immer noch die Hauptschuld trägt. Vielleicht hätte ich doch erst mit ihm reden sollen.

Innerlich schalt ich mich eine Närrin. Von wegen mit ihm sprechen. So etwas konnte man gar nicht mit Oliver Wood. Sollte er sich doch mit einem neuen Jäger herum schlagen, wenn er nicht wusste, wie man seine alte Spielerin richtig behandelte.

Beim Abendessen setzte ich mich zu Angelina und Alicia. Nur, weil ich dem Auswahlverfahren nicht beigewohnt hatte, hiess das ja noch lange nicht, dass ich mich nicht für das Ergebnis interessierte. Vielleicht konnte ich dem armen Schwein, das meinen Posten übernehmen würde, ein paar Tipps im Umgang mit Wood geben.

„Und, wie lief’s?“ Ich versuchte, fröhlich zu klingen, auch wenn ich das nicht wirklich war.

Meine beiden Freundinnen seufzten. Das hiess schon mal nichts Gutes.

Endlich begann Alicia zu erzählen. „Also angefangen hat es eigentlich nicht schlecht. Die, die sich beworben haben, konnten zumindest einen Quaffel halten. Dann hat Wood aber wegen irgendwas einen Wutanfall bekommen, hat herum geschrieen, alle, die nicht mindestens in der Fünften sind, so erschreckt, dass sie praktisch direkt zurück zum Schloss geflogen sind und der Rest, nun, den haben wir noch nicht fertig ausgesiebt.“

Plötzlich packte Angelina mich bei den Schultern. „Bitte, Katie! Geh zu Oliver, entschuldige dich oder sonst was, aber komm zurück! Ich will mit keinem von denen spielen, die sich da beworben haben. Das passt einfach nicht!“

Meine Augenbraue zuckte. Mich entschuldigen? „Ich weiss nicht, warum ich mich entschuldigen sollte. Er ist Schuld, dass ich gegangen bin, also soll er auch angekrochen kommen, wenn er etwas von mir will.“

Es gibt Scheissmomente im Leben, in denen man einfach den Mund halten sollte. Das war so ein Moment. Denn ich hatte nicht gemerkt, dass drei Plätze weiter eben dieser er sass, bei dem ich mich nicht entschuldigen wollte und genau er starrte mich gerade an. Oliver konnte einem manchmal echt Angst einjagen. Seinem Blick nach zu schliessen hatte er der ganzen Unterhaltung zugehört. Aber, warum bekam ich überhaupt Angst? Denn immerhin hatte ich ja Recht. Oliver war an der ganzen, verzwickten Situation Schuld. Deswegen musste er mich nicht auch noch in einem grausamen Augenkrieg versuchen, nieder zu machen. Seinem Blick ausweichen wollte ich aber auch nicht. Ich wollte nicht klein beigeben. Nicht mehr. Das habe ich lange genug gemacht.

Abrupt stand Oliver auf und verliess den Tisch. Na toll, jetzt war er auch noch beleidigt. Ich glaub’s ja nicht. Zuerst mich zur Sau machen und dann so tun als wäre alles meine Schuld gewesen. Ich wandte mich an meine beiden Freundinnen und zeigte gleichzeitig auf den davon stolzierenden Oliver. „Seht ihr das? Männer sind doch einfach nur dumm. Er gibt mir die Schuld an allem, dabei hätte er bloss einmal sagen müssen ‚Gut gemacht, Katie!’, anstatt mich nur anzuschreien, denn was anderes habe ich in den letzten Monaten nicht von ihm gehört! Arschloch!“

Und endlich schien auch allen anderen klar zu werden, warum ich so ausgerastet war. Ich hatte nie um Anerkennung gebettelt, das taten meiner Meinung nach nur Schwächlinge. Und dennoch, bei Oliver Wood war das etwas anderes. Er war ein genialer Spieler und ein toller Stratege und wenn er ab und zu mal was Nettes sagen würde, wäre er auch der beste Kapitän der Welt. Und genau da lag der Hund begraben. Ich habe schon immer zu ihm aufgesehen und von ihm gelobt zu werden, das bedeutete mir wirklich etwas. Das bedeutete aber umgekehrt auch, dass es mich besonders traf, wenn er mich anschrie. Ich wollte nicht, dass Oliver Wood mich anschrie. Ich habe im Training immer mein Bestes gegeben, weil ich wollte, dass er sah, was ich konnte. Ich wollte seine Anerkennung. Seine und niemandes sonst.

Erstmals wurde auch mir selbst das wirklich bewusst. Und auch, dass ich doch einen wichtigen Teil meines Lebens vor gut einer Woche aufgegeben hatte. Wortlos und ohne auf die fragenden Blicke von Angelina und Alicia zu reagieren, erhob ich mich vom Tisch und verliess die Grosse Halle. Ich ging schnurstracks hoch in meinen Schlafsaal, zog meinen Besen unter dem Bett hervor, öffnete das Fenster und flog direkt aus dem Schlafsaal hinaus in die Nacht. Es war mir egal, was passieren würde, wenn ich erwischt wurde. Ich wollte wieder fliegen. Nur eine Woche war ich nicht auf dem Besen gewesen und dennoch merkte ich, wie viel besser ich mich gleich fühlte.

Verdammt, ich hatte einen Fehler begangen. Ich hätte nicht so überreagieren dürfen. Ich hätte zuerst mich ihm reden sollen, ihm erklären sollen, dass es mich verletzt, wenn er mich andauernd so nieder macht. Aber dafür war es nun zu spät. Spätestens nächste Woche würde jemand anders auf meiner Position spielen, würde sich seine Beleidigungen anhören und sich mit seinen Launen herum schlagen müssen.

Ich flog zum Quidditchfeld und drehte meine Runden um die Tore. Vor meinem inneren Auge führte ich mir das letzte Spiel vor Augen. Es war gegen Hufflepuff gewesen. Eigentlich kein wirklich anstrengendes Spiel. Ausser ihrem Sucher, Diggory, konnte in diesem Team uns niemand das Wasser reichen.
 

“Und Bell trifft erneut. Man, das Mädel ist heute voll in Fahrt! Das ist bereits das zehnte Tor, das sie erzielt und das in nur einer halben Stunde. He, Bell, vielleicht solltest du deinen Mitspielerinnen auch mal wieder den Ball überlassen. Oder zur Abwechslung mal Hufflepuff.“, dröhnte Lee Jordans Stimme durch die Ränge.

Ich bin die Beste von uns dreien, wenn es um den Abschluss geht, weshalb Angelina und Alicia mir, wenn möglich, immer den Quaffel zuspielten, damit ich schiessen konnte. Nach diesem Treffer reckte ich triumphierend die Faust in die Höhe. Hoffentlich sahen ganz viele Slytherins zu, denn bald würden wir auch sie so bodigen!

„Gut gemacht, Katie!“, hörte ich Olivers Stimme von unseren Torringen herüber schallen. Mit einem zufriedenen Lächeln sah er mich an und zwinkerte kurz.
 

Meiner Kehle entfuhr ein Schluchzer, als ich mich an seine Worte erinnerte. Warum konnte er nicht irgendwas zwischen diesem miesen Arschloch, das er in den letzten Trainings gewesen war, und dem Oliver, der mich in diesem Spiel bei jedem Tor gelobt hatte, sein? Warum musste er immer von einem Extrem ins andere fallen? Und dann hiess es später wieder, Frauen seien wankelmütig.

Ich klammerte mich an meinen Besen und starrte auf den Boden weit unter mir. Verdammtes Arschloch. Ich wollte doch bloss, dass man mir die Anerkennung entgegen brachte, die ich verdiene. Seine Anerkennung. Nicht, dass ich damit sagen will, dass man meine Fehler komplett ignorieren soll, aber wenn ich mal was gut gemacht habe, und wenn es bloss im Training ist, könnte er mich doch trotzdem mal bestätigen. Oder mich zumindest nicht wegen jedes kleinen Fehlers zusammenstauchen. Zu einer Szene wie dieser im Spiel gegen Hufflepuff kam es nur ganz selten. Und es war ja auch nicht so, dass ich nicht gefordert werden wollte. Aber man musste mich nicht verbal auspeitschen!

Mehrere Tränen bahnten sich ihren Weg über meine Wange hinunter zu meinem Kinn. Ich war ja so blöd. Eigentlich hatte ich genau das gemacht, wovor mir meine Mutter immer abgeraten hatte. Wenn man mit reden nichts erreicht, kann man immer noch handeln. Toll, vielleicht hätte ich ihren Erziehungsversuchen doch etwas aufmerksamer zuhören sollen.

Für den Bruchteil einer Sekunde spielte ich mit dem Gedanken, zu Wood zu gehen. Mich für den perfekt platzierten Quaffel zu entschuldigen. Aber dann kam mir gleich wieder seine beleidigte Miene in den Sinn, als er sich vorhin vom Tisch erhoben hatte. Nein, mein Stolz liess einfach nicht zu, dass ich mich entschuldigte.

Ich schluckte meine Tränen hinunter und hob den Kopf. Und hatte den Schock meines bisherigen, jungen Lebens.

Mit grossen Augen starrte ich Oliver Wood an, der mir gegenüber keinen Meter entfernt auf seinem Besen hockte und mich stumm ansah. Ich versuchte verzweifelt, aus seinem Blick heraus zu lesen, was er dachte, aber da war kein Ausdruck, nichts. Im ersten Moment glaubte ich, ich würde halluzinieren. Oliver Wood konnte nicht einfach so in die Gegend schauen, ohne dass dabei seine Augen seine Gedanken verrieten. Das konnte er einfach nicht. Zumindest war ich immer der Meinung gewesen.

Endlich, nach über einer Minute, in der er mich einfach nur ausdruckslos angestarrt hatte, öffnete er den Mund und sagte: „Bereust du es, dass du ausgetreten bist?“

Hä? Wollte er mich gerade veräppeln oder was? Natürlich bereute ich es. Ich würde sonst nicht mitten in der Nacht heulend auf meinem Besen über dem Quidditchfeld schwebend hocken. Hallo? War das wirklich eine ernsthafte Frage?

Für einmal schluckte ich mir jedoch jeden blöden Kommentar hinunter. Jetzt war nicht der Zeitpunkt dafür. „Natürlich.“

Ein einziges Wort und doch schien es in ihm so viel zu bedeuten. Ich erkannte ein kleines, fast unerkanntes Blitzen in seinen Augen, das ich, wäre mein Gegenüber nicht Oliver Wood, als Hoffnungsschimmer gedeutet hätte. Er konnte mich eben doch nicht anstarren, ohne dabei Emotionen zu zeigen. Wenigstens bestätigte das, dass ich den echten Oliver Wood vor mir hatte.

Wieder verstrichen viele Sekunden, ohne dass jemand von uns etwas sagte. Irgendwann nickte er mir zu, neigte seinen Besen ein Stück nach unten und flog an mir vorbei zurück zum Schloss.

Dass ich gerade saublöd aus der Wäsche guckte, dafür brauchte ich nicht einmal einen Spiegel. Aber, sorry Leute, jetzt verstand ich echt gar nichts mehr. Zuerst macht er mich fertig, gibt mir die Schuld daran, dass ich ausgestiegen bin, dann verfolgt er mich mitten in der Nacht, bringt mich nahe an einen Herzinfarkt und dann verschwindet er einfach wieder. Hallo? Und dann soll da noch jemand drauskommen! Männer!
 

Fünf Tage nach meiner nächtlichen Begegnung mit Oliver Wood stand das Spiel gegen Slytherin an. Und so weit ich wusste, hatten sie noch niemanden für meinen Posten gefunden.

Als ich am Morgen die Augen öffnete, hatte ich dieses komische Gefühl im Bauch. Weiss auch nicht, wahrscheinlich, weil es das erste Mal seit drei Jahren sein würde, dass ich ein Gryffindorspiel von der Tribüne aus verfolgen würde.

Ich rollte mich aus dem Bett, wankte ins Bad und stellte mich unter die Dusche. Zwei Minuten später war ich endgültig wach, stellte mich in ein Handtuch gewickelt vor meinen Schrank und öffnete ihn. Was sollte ich bloss anziehen? Es war ziemlich kühl draussen, irgendwie verständlich, immerhin war bereits Ende November. Ich griff also nach einem meiner dicken Pullover. Irgendwie fragte ich mich gerade, wie kalt es wohl auf den Rängen sein würde. Das ist schon so verdammt lange her, dass ich es nicht mehr wusste.

„Katie? Schau mal, das lag vor unserer Tür.“ Eine meiner Zimmergenossinnen, ein schlankes, blondes Mädchen mit dem Namen Rosalie streckte mir etwas entgegen.

Ich hatte das Gefühl, um mich herum begann die Welt zu wanken. Rosalie hielt meine Quidditchuniform in den Händen. Und oben drauf lag ein Brief, der in Olivers sauberer, geschwungener Handschrift meinen Namen trug. Als wäre es der grösste Schatz auf Erden, nahm ich ihr die Kleider und den Brief ab. Irgendwie schien sie zu ahnen, dass sie gerade fehl am Platz war, weshalb sie sich mit den Worten verabschiedete, sie sterbe fast vor Kohldampf. Aber ich hörte das nicht mal mehr.

Ich musste mich auf mein Bett setzen, damit ich nicht gleich umkippte. Mit zitternden Fingern öffnete ich den versiegelten Brief. Über eine ganze Seite Pergament erstreckte sich Olivers Handschrift. Immer wieder waren da durchgestrichene Sätze und Tintenklekse, eigentlich für ihn ganz untypisch. Sonst war er doch auch immer so ordentlich. Ich begann zu lesen.
 

Liebste Katie
 

Ich glaube, dass ich mich bei dir entschuldigen sollte. Die anderen lassen mich nicht mehr in Ruhe und versuchen alles, um die neuen Anwärter für deinen Posten zu sabotieren. Und eigentlich haben sie ja auch Recht. In meinem Team gibt es drei Jägerinnen und du bist ihre Spitze. Ausserdem kann dir keiner von diesen Neuen das Wasser reichen.

Es kann sein, dass ich mich in den letzten Wochen und Monaten nicht sehr korrekt dir gegenüber benommen habe. Das lag aber daran, dass ich Hier war eine halbe Seite komplett durchgestrichen worden und zwar so, dass ich es nicht mehr entziffern konnte.

In einem halben Jahr werde ich Hogwarts verlassen und ich will dieses letzte halbe Jahr nicht im Streit mit dir verbringen. Schon aus dem Grund, da du unglaublich wichtig für unser Team bist.

Du bist mir unglaublich wichtig.

Ich verspreche dir hiermit hoch und heilig, dass ich dich nicht wieder grundlos anschreien werde. Aber, bitte, Katie, komm zurück.
 

Oliver
 

Ich zitterte am ganzen Körper. Was sollte das? Was sollte dieser eine Satz ‚Du bist mir unglaublich wichtig’? Liebste Katie? Seit wann sprach er mich mit ‚Liebste Katie’ an? Warum konnte er sich nicht Angesicht zu Angesicht bei mir entschuldigen? Warum ein Brief? Hatten die anderen ihn dazu gezwungen, das zu schreiben? Ja, so musste es sein. Oliver Wood würde mir niemals einen Brief schreiben, in dem der Satz ‚Du bist mir unglaublich wichtig’ drin vorkommt. Nein, das würde er nicht. Das konnte er wahrscheinlich nicht einmal. Die menschliche Maschine wusste doch nicht mal, was der Satz ‚Du bist mir unglaublich wichtig’ bedeutete.

Mein Blick wanderte vom Brief in meiner Hand zur Uniform neben mir. Auch wenn er den Brief unter Zwang geschrieben hatte, so hatte er ihn doch wenigstens geschrieben. Er war auch mich zugekommen. Ich strich mit einer Hand über den glatten Stoff. Vielleicht war es an der Zeit, dass ich auch auf ihn zuging. Denn, auch ich wollte das letzte halbe Jahr, das er noch in Hogwarts hatte, nicht im Zwist mit ihm verbringen. Eigentlich hatten wir es doch immer lustig zusammen gehabt.

Meine Gedanken wanderten zurück an das letzte Hogsmeadwochenende vor den Sommerferien. Das war lustig gewesen. Das ganze Team hatte sich zusammen in die drei Besen gesetzt und auf die Sommerferien angestossen. Irgendwann haben sich Fred, George, Alicia und Angelina und kurz darauf auch Harry verabschiedet und mich mit Oliver allein zurück gelassen. Wir haben lange über alles Mögliche geredet. Zuerst vom Quidditch und dann irgendwann auch über wirklich persönliche Dinge, die ich teilweise nicht mal Alicia oder Angelina erzählen würde. Aber Oliver hatte ich sie erzählt. Ich hatte noch nie so ein Gespräch mit Oliver geführt, aber es hatte sich wirklich gut angefühlt. Voller Vorfreude, Oliver wieder zu sehen, war ich dann auch nach den Sommerferien ins Training eingestiegen, aber von da an war alles anders. Praktisch vom ersten Training an hatte er mich bei jedem noch so winzigen Fehler angeschrieen.

Was war nur passiert? Ich atmete einmal tief ein und dann wieder aus, erhob mich von meinem Bett, liess das Handtuch fallen und schnappte mir frische Unterwäsche aus dem Schrank, bevor ich in meine Quidditchuniform schlüpfte. Irgendetwas war passiert und ich würde hier und jetzt herausfinden, was das war. Aber erst wollte ich Flint noch einmal kräftig in den Arsch treten.

Ich band meine Haare zurück, warf noch einmal einen Blick in den Spiegel und musste lächeln. Genau so fühlte ich mich am wohlsten, in meiner Quidditchuniform. Seit Wochen machte ich endlich mal wieder was richtig, zumindest sagte mir das mein Bauch.

Unter meinem Bett zog ich meinen Besen hervor, dann verliess ich den Schlafsaal. Als ich in den Gemeinschaftsraum trat, dachte ich erst, er wäre leer. Klar, die anderen sassen alle unten beim Frühstück. Zum Glück ass ich selten Frühstück, weshalb ich heute auch darauf verzichten konnte. Die Aufregung schnürte mir sowieso die Kehle zu. Olivers Brief hatte ich unter meinen Pullover gesteckt.

„Du hast es dir nochmals überlegt. Schön.“ Olivers Stimme kam aus einem der grossen Sessel.

Erschrocken drehte ich den Kopf zu ihm. Da sass er, ebenfalls bereits umgezogen, die Hände über dem Bauch gefaltet und sah mich mit einem fast schon erleichterten Blick an.

Endlich fand ich meine Sprache wieder. „Was hättest du getan, wenn ich nicht erschienen wäre?“

Oliver erhob sich und kam gemessenen Schrittes auf mich zu. Er wartete mit seiner Antwort, bis er nur noch einen halben Meter von mir entfernt stand. „Dann würde ich wohl bei dir angekrochen kommen. Genau so, wie du es wolltest.“

Ich schluckte. „Ich wollte nicht, dass du angekrochen kommst. Ich wollte bloss, dass du aufhörst, mich andauernd nieder zu machen.“

Rasch wandte er seinen Blick ab. Dann räusperte er sich. „Ich habe mich dir gegenüber wohl ziemlich daneben benommen.“

„Pah, ziemlich ist gut! Vollkommen, komplett, unvergleichlich! Das wären Worte, die eher passen!“ Ich hatte meine Arme trotzig vor der Brust verschränkt.

Oliver kratzte sich am Kopf. Oh du meine Güte. Das tat er doch nur, wenn er nicht die richtigen Worte fand, weil er sich entschuldigen wollte! Er wollte doch nicht, ne. Sicher nicht. Immerhin hat er den Brief ja auch nur unter Druck geschrieben. Nein, ich interpretiere gerade seine Geste falsch. Das ist es, genau. Meine Menschenkenntnis lässt gerade nach, das ist alles.

„Kannst du mir verzeihen? Ich werde mir ab jetzt Mühe geben und dich besser behandeln.“

Mit unverständlicher Miene sah ich zu ihm hoch. „Und warum hast du das zuvor nicht auch gekonnt? Die letzten zwei Jahre hattest du damit doch auch keine Probleme.“

„Die letzten zwei Jahre über war ich dir auch noch nicht komplett ve…“ Abrupt brach er mitten im Wort ab.

Hä? Was war er mir komplett? Irgendwie fehlte mir gerade der Zusammenhang in diesem Gespräch, denn ich verstand nicht, was er mir sagen wollte. Sein Blick wanderte noch immer im Raum umher, streifte meinen jedoch nie. Das nervte mich. Wenn er mit mir redete, konnte er mich doch auch ansehen, oder war ich etwa so ein schlimmer Anblick?

Ich legte meine Hände auf seine Wangen und zwang ihn, mich anzusehen. Und dann sah ich es. Ich sah alles in seinen Augen, den Schmerz, die Unsicherheit und vor allem sah ich, was er anscheinend hatte vor mir verbergen wollen. Jetzt verstand ich auch, was er mir in seinem Brief genau versucht hatte zu sagen.

Seine Hände schlossen sich um meine. Er wusste, dass ich verstanden hatte. Aber das musste ich zuerst verarbeiten. Irgendwie wurde mir das alles gerade zu viel. Zuerst muss ich mich mit einem tyrannischen, bösen Kapitän herum schlagen, bloss um schlussendlich fest zu stellen, dass er eigentlich bloss nicht gewollt hat, dass ich seine wahren Gefühle sehe.

Oliver zog mich näher zu sich heran, sodass er seine Arme um meine Taille legen konnte. Ich wehrte mich nicht. „Ich wusste nicht, wie ich damit umgehen sollte. Dich anzuschreien war das Einfachste.“

„Aber auch das Schmerzhafteste.“, antwortete ich ihm. Ich spürte seinen warmen Atem auf meiner Stirn und roch seinen typischen Oliverduft, der eine Mischung aus Holz, Gras und frisch gewaschenen Quidditchuniformen war. Ich mochte diesen Duft, sehr sogar.

Ich verlor mich in seinen Augen, die mich für einmal nicht wütend anschauten. Nein, ich muss mich verbessern, er hatte mich nie wütend angeschaut. Es war immer noch etwas anderes in seinem Blick gewesen, das ich bis jetzt nicht hatte deuten können. Etwas, das ich fast schon als Hass interpretiert hätte, dabei war es doch das genaue Gegenteil.

„Komm bitte wieder, Katie. Komm zurück.“ Seine Stimme war fest und doch flehend.

„Zurück ins Team?“ Ich wollte es wissen und zwar jetzt. Ich wollte alles wissen.

Oliver sah mir tief in die Augen und flüsterte: „Zurück zu mir.“
 

Die Slytherinspieler schauten auch nicht schlecht, als wir zu siebt aufs Feld flogen. Innerlich hatten die wohl bereits mit einem kampflosen Sieg gehofft. Aber wir wären nicht in Gryffindor, wenn wir den Slytherins den Sieg kampflos überlassen würden.

Bevor ich meine Position einnahm, warf ich Oliver noch einen letzten Blick zu. Er lächelte mich aufmunternd an. Das gefiel mir, denn genau den Oliver wollte ich eigentlich immer sehen.

Angelina musterte mich von der Seite, als sie neben mir ihre Position bezog. „Ihr habt geredet?“

Ich nickte.

„Und hat er dir alles gesagt? Es ging ewig, bis wir endlich verstanden haben, warum er sich so unmöglich aufgeführt hat.“

„Wir haben geredet und er hat mir alles mehr oder weniger direkt gesagt.“

„Und jetzt?“

„Wie und jetzt?“

„Was wird jetzt aus euch zwei?“, fragte Alicia auf der anderen Seite.

Ich zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung. Wir werden sehen.“

Weiter kam ich nicht, denn Madam Hooch gab in dem Moment den Quaffel frei. Ich stürzte vor, schnappte Flint das Ding vor der Nase weg und streckte ihm die Zunge raus. „Man braucht auch Rückgrat, um seine Fehler auszumerzen, Flint. Und jetzt geh mal zur Seite, damit ich euch bodigen kann!“
 

Und genau das machten wir auch. War ich vor einem Tag noch die Aussätzige in Gryffindor gewesen, war ich jetzt die gefeierte Heldin. Ich glaube, dass ich in meinem Leben noch nie so viele Punkte erzielt hatte wie heute.

Wir feierten lautstark im Gemeinschaftsraum unseren Sieg. Die Zwillinge gaben komödiantische Einlagen über die verschiedensten misslungenen Spielzüge der Slytherins zum Besten. Harry musste immer und immer wieder erzählen, wie es sich angefühlt hatte, Malfoy so dicht hinter sich zu haben und den Schnatz praktisch vor der Nasenspitze.

Angelina und Alicia wurden von den Zwillingen in ihre Einlagen integriert, denn immerhin musste ja auch jemand uns drei siegreiche Jägerinnen darstellen. Oliver sass schmunzelnd in einem grossen Sessel am Rande des Geschehens und beobachtete alles.

Nachdem ich mich mit einem grossen Stück Kuchen gestärkt hatte, setzte ich mich auf die Armlehne seines Sessels. „Na, siehst du jetzt, dass du mich brauchst?“, fragte ich mit einem spöttischen Lächeln.

Unschuldig sah Oliver zu mir hoch. „Scheint wohl so.“ Sein Arm legte sich um meine Taille und zog mich in seinen Schoss. Dort blieb ich sitzen und legte meinen Kopf an seine Schulter. So gefiel mir Oliver doch gleich viel besser, als der liebenswürdige, leicht verkorkste Quidditchverrückte, der er doch eigentlich war. Seine Finger fuhren gedankenverloren durch mein Haar, während wir beide schweigend die anderen beobachteten.

„Ich bin froh, dass du mir verziehen hast, obwohl ich mich wie der letzte Vollidiot benommen habe.“, flüsterte er mir ins Ohr.

„Ach, weißt du, ich habe halt einen unstillbaren Drang nach Vollidioten.“ Schon lustig, wie das Leben manchmal so spielt. Wenn ich mir früher über mein Leben nach Hogwarts Gedanken gemacht habe, über die Familie, die ich irgendwann haben würde, habe ich den Mann an meiner Seite aus irgendeinem Grund immer mit Oliver verglichen. Und jetzt sass ich auf seinem Schoss und konnte spüren, wie es in meinem Bauch zu kribbeln begann. Seine harten Worte hatten mich nicht nur gekränkt, weil ich seine Anerkennung wollte, wie ich jetzt verstand. Seit dem Samstag in Hogsmead war da noch mehr, auch wenn ich mir das bis gerade eben nicht hatte eingestehen wollen oder können.
 

Olivers letztes halbes Jahr ist viel zu schnell rum gegangen. Aber es war ein gutes, ein erfolgreiches halbes Jahr. Wir hatten uns den Quidditchpokal geholt. Jeder, der daran jemals gezweifelt hat, ist einfach kein echter Fan! Oliver hatte in seinen UTZ’s viel besser abgeschnitten, als wir alle, einschliesslich Oliver, jemals gedacht hätten. Und ich, nun, ich hatte von nun an recht angenehme Trainings.

Zwar behaupteten Fred und George immer, dass Oliver mich schone und nur noch die anderen zusammenstauche, aber mit meiner überaus genialen Torstatistik hab ich ihnen postwendend das Maul gestopft. Ich finde, wenn ich schon die Topscorerin im Team bin, dann darf mich der Kapitän ruhig etwas netter behandeln.

Ein lauter Pfiff schrillte und der Hogwartsexpress setzte sich ruckelnd in Bewegung. Ich sass neben Oliver in einem Abteil, mir gegenüber die Zwillinge.

„Weißt du, Oli, was das Beste daran ist, dass du endlich verschwindest?“, fragte Fred.

Oliver zog bloss eine Augenbraue hoch, sagte jedoch nichts. Man würde ihm die Antwort ja sowieso gleich unter die Nase reiben.

„Endlich können wir an Sonntagen ausschlafen! Und wir müssen nicht mehr mit ansehen, wie du deine Freundin bevorzugst.“

„Ich bevorzuge Katie nicht.“, war Olivers einzige, kurze Reaktion.

Fred winkte sarkastisch ab. „Ne, natürlich nicht. ‚Katie, schöner Wurf, nur nächstes Mal bitte durch das Tor.’ Oder wie wär es mit: ‚Katie? Die schläft noch, kommt aber in einer Stunde. Sie hat es mir versprochen.’ Warum schläft sie nach euren Liebesabenteuern aus und du nicht? Das versteh ich immer noch nicht. Wolltest du noch nie in den Armen deines Schätzchens aufwachen?“

Ich konnte mir ein Kichern nicht verkneifen. Es stimmte schon, dass ich, wenn sich Oliver denn mal in meinen Schlafsaal geschlichen hatte, nie mit ihm aufgewacht bin. Da lag immer bloss eine Notiz, dass ich doch bitte, wenn ich dann wach war, zum Training kommen solle.

„Seid nicht so gemein mit ihm. Bald wird er ganz ganz lange ohne sein Schätzchen auskommen müssen.“ Ich kicherte erneut.

„Ja, leider.“ Oliver zog mich zu sich und drückte mir einen Kuss auf den Scheitel. „Das wird ganz schön langweilig.“

„Komm ja nicht auf die Idee, dich anderweitig zu vergnügen!“ Drohend hob ich den Zeigefinder.

Oliver sah mich mit hochgezogener Augenbraue an, senkte dann den Kopf zu mir hinunter und hauchte mir einen Kuss auf die Lippen. „Ich käme nie auf die Idee.“

Fred und George verzogen angewidert das Gesicht. „Das ist echt zu viel. Sag mal, Katie, bist du dir sicher, dass du was von dem willst? Wenn ich mir nur schon vorstelle, Oliver Wood würde mich küssen, da schüttelt’s mich doch glatt!“

Das hatte Oliver natürlich gehört. Er hob den Blick und schaute Fred eindringlich an. „So, willst also kein Küsschen von mir?“ Im nächsten Moment war er aufgesprungen und versuchte, Fred zu packen, doch der war gerade rechtzeitig und mit einem lauten Angstschrei aus dem Abteil gehechtet. George setzte ihm mit einem waghalsigen Sprung über Olivers Rücken hinweg nach, nicht, dass sein ehemaliger Kapitän noch auf dumme Gedanken kam.

Als endlich Ruhe im Abteil eingekehrt war, setzte er sich wieder neben mich, legte seinen Arm um meine Schulter und ich kuschelte mich an ihn. „Wenn du dich nicht wie der letzte Idiot aufgeführt hättest, hättest du das mehr als ein halbes Jahr haben können.“

Oliver seufzte. „Ich weiss. Aber komm schon, Katie. Du hast ja in den letzten Monaten mehr als einmal gesehen, dass ich nicht unbedingt sehr gut im Umgang mit Frauen bin.“

Ich grinste und biss mir auf die Unterlippe, damit ich nicht laut loslachte. „Allerdings, das habe ich gesehen. Wobei, dieser Kuss nach dem letzten Spiel, der war wirklich gut.“

„Küsse ich sonst schlecht?“ Fast schon erschrocken schaute er mich an.

„Nein, du Trottel. Aber du hast vor der ganzen Schule gezeigt, dass du mich liebst.“ Ich zog ihn zu mir herunter und versiegelte seine Lippen mit meinen. Ab nächstem Jahr würde ich unter einem anderen Kapitän spielen. Das hiess, dass ich jetzt meine Wünsche, die ich, solange wir noch gemeinsam gespielt hatten, nur bedingt hatte stillen können, endlich voll und ganz in die Tat umsetzen konnte.

Das würden ein paar wirklich interessante Sommerferien werden!

Wo die Liebe hinfällt (Teil 1)

Wo die Liebe hinfällt (Teil 1)
 

Die Liebe zwischen Rose Weasley und Scorpius Malfoy hört sich im ersten Moment für alle, die auch nur ein klein wenig Ahnung von den Familiengeschichten der beiden haben, an, wie ein schlechter Witz. Doch schaut man sich ihre Geschichte genauer an, sieht man zwei junge Menschen, die Freunde und später Geliebte geworden sind, weil sie sich nicht von Gerede und Familiennamen haben täuschen lassen. Und ein klein wenig vielleicht auch, weil sie beide gegen jede Familientradition verstossen haben. Das ist ihre Geschichte.
 

Rose war der schmächtige, blasse Junge, der eingequetscht zwischen einem grossen, weissblonden Mann und einer schönen Frau mit goldenen Locken, unsicher hin und her blickte, bereits aufgefallen, als ihre Eltern die kleine Familie noch gar nicht entdeckt hatte. Den sollte sie in jedem Test schlagen? Wenn sie ihn sich genauer betrachtete, war sie der Meinung, dass sie ihn wahrscheinlich auch in allem anderen schlagen könnte, so schwächlich wie er wirkte. Aber bekanntlich sollte man ja nicht vom Äusseren auf das Innere schliessen.

Im Zug sah sie ihn dann wieder. Er suchte nach einem Abteil und schaute unsicher in die bereits Besetzten hinein. Rose sass zusammen mit Albus, James und den Woodzwillingen in einem Abteil und war eigentlich damit beschäftigt, Schokofrösche auszupacken, doch hob sie den Kopf, als sie das Gefühl hatte, jemand schaue sie an. Tatsächlich stand der blonde Junge vor dem Abteil und wartete ein klein wenig länger als bei den anderen, um sich das Mädchen genauer anzusehen, dass er, im Auftrag seines Vaters, in jedem Test schlagen sollte. Sie lächelte ihm zu, doch das schien ihn zu erschrecken, denn er wandte geschwind den Kopf und lief weiter durch den Zug.

„Also ich werde hundertprozentig Kapitän der Hausmannschaft!“, prahlte Graham, der etwas ältere, aschblonde Woodzwilling. „Immerhin habe ich Papas Hüterqualitäten geerbt! Und eine Mannschaft kann ich sicher auch führen!“

„Pah, das glaubst ja auch nur du! Wenn, dann habe ich das Talent geerbt, und zwar von Mama und Papa!“, seine Schwester Violet streckte ihm die Zunge raus. „Weißt du, eigentlich sollten wir in verschiedene Häuser kommen, damit wir auch gegeneinander antreten können.“

„Ach, du kommst doch sowieso nicht nach Gryffindor!“ Graham verschränkte die Arme vor der Brust.

Mit hochrotem Kopf schrie Violet als Antwort: „Natürlich! Wenn hier jemand nicht nach Gryffindor kommt, dann du!“

Diese Unterhaltung setzte sich noch ein wenig fort, doch Rose beachtete sie gar nicht gross. Sie war mehr damit beschäftigt, sich selbst Sorgen zu machen, in welches Haus sie wohl kommen würde. Natürlich wäre es keine Schande, nicht nach Gryffindor zu kommen, doch ihre gesamte Familie war ohne Ausnahme in Gryffindor gewesen und irgendwie wollte sie mit dieser Tradition nicht unbedingt brechen. Als sie kurz den Kopf hob und ihren Cousin Albus betrachtete, wusste sie, dass ihn die gleichen Sorgen plagten. Er hatte eine Heidenangst davor, vielleicht in Slytherin zu landen, doch Rose war überzeugt, dass er seinem Vater nach Gryffindor und später ins Quidditchteam folgen würde.
 

Scorpius konnte spüren, wie seine Knie zu zittern begannen, als sein Name aufgerufen wurde und er nach vorne musste, um den sprechenden Hut aufzusetzen. Hoffentlich kam er nach Slytherin. Seine Eltern würden nie wieder ein Wort mit ihm sprechen, wenn nicht. Die nackte Angst breitete sich langsam in ihm aus. Was, wenn er nicht nach Slytherin kam? Diesen Gedanken musste er sofort wieder aus seinem Kopf verbannen! Bevor der sprechende Hut ihm über die Augen rutschte, warf er noch einen letzten Blick auf den Tisch ganz rechts. Hoffentlich.

„Oh… ein Malfoy. Und was für einer. Sehr interessant. Wirklich sehr interessant. Mein Junge, ich muss sagen, ich hatte noch nie einen Malfoy wie dich. Du passt irgendwie nicht ganz in diese Familie, habe ich Recht? Und wenn du nicht in diese Familie passt, dann passt du auch nicht nach Slytherin. Aber du bist intelligent. Sehr sogar. Aus dir könnte etwas werden und du könntest dem Namen deiner Familie zu neuem Glanz verhelfen. Aber nicht in Slytherin, sondern in…“ Die Stimme des sprechenden Hutes lähmte Scorpius, versetzte ihn in etwas, dass man wohl getrost als Todesangst bezeichnen konnte. Nicht Slytherin? Nein, das durfte nicht passieren. Sein Vater würde ihn verstossen! Doch es liess sich nicht mehr ändern, denn der sprechende Hut rief mit lauter Stimme „Ravenclaw!“

Wie in Trance stand Scorpius auf und taumelte beinahe zum Ravenclawtisch. In der grossen Halle war es mucksmäuschenstill. Ein Malfoy in Ravenclaw? Was war denn da passiert? Kein Mensch wagte, zu applaudieren, keiner, bis plötzlich jemand aus der Reihe der noch nicht ausgewählten Erstklässler zu klatschen begann. Scorpius hob den Kopf und suchte die Person. Das Mädchen mit den roten Haaren klatschte laut und versuchte, Scorpius aufmunternd anzusehen. Ihm war gerade passiert, wovor ihr noch immer graute. Immer mehr Ravenclaws stimmten in ihr Klatschen ein und als Scorpius sich an den Tisch setzte, klopften ihm sogar ein paar auf die Schulter. Ein Siebtklässler neben ihm flüsterte leise: „Mach dir keinen Kopf, der sprechende Hut weiss schon, warum er dich hier eingeteilt hat.“

Die Reihe der noch auszuwählenden Schüler lichtete sich immer mehr und irgendwann war auch Rose an der Reihe. Ihr ging es fast genau gleich, wie Scorpius vor einigen Minuten. Was, wenn sie keine Gryffindor wurde? Aber musste sie sich überhaupt Gedanken darüber machen, sie, mit ihrem Blut?

„Eine Weasley, zur Abwechslung mal wieder.“ Der sprechende Hut gluckste vergnügt. „Ja, ja, von eurer Sippschaft habe ich schon einige eingeteilt. Und alle nach Gryffindor. Aber du, mein Mädchen, du bist anders als deine Vorgänger. In dir fliesst zwar dasselbe Blut und du besitzt dieselbe Willensstärke und hast sicher auch den nötigen Mut für Gryffindor, doch was bei dir besonders hervor sticht, ist deine Intelligenz. Und du weißt, was das heisst, oder?“ Rose wusste es, doch sie wagte es nicht, es laut auszusprechen. Das nahm dann auch der sprechende Hut für sie ab. „Ravenclaw!“, hallte es in der grossen Halle wider.

Zitternd begab sich Rose zum Ravenclawtisch, der laut jubelte, und liess sich gegenüber von Scorpius Malfoy nieder. Kurz trafen sich ihre Blicke. Scorpius öffnete den Mund und formte mit den Lippen die Worte ‚Dumm gelaufen’. Rose nickte bloss zur Bestätigung. Ja, das war wirklich dumm gelaufen. Vom Gryffindortisch aus starrten einige zu ihnen hinüber, zum Beispiel ihre Cousine Victoire und ihr Cousin Albus, die beide nicht verstehen konnten, was gerade passiert war. Eine Weasley in Ravenclaw, das hatte es in über hundert Jahren nicht gegeben. Ebenso wenig wie einen Malfoy, der nicht in Slytherin war. Und genau da fing wohl ihre Freundschaft an. An dem Tag, als sie beide in das falsche Haus eingeteilt worden waren.
 

Zwei Tage nach der Auswahl sassen Rose und Scorpius beim Frühstück. Sie hatten noch praktisch kein Wort miteinander geredet, jedoch einen Grossteil ihrer Freizeit gemeinsam verbracht. Es war für beide beruhigend, dass da noch jemand war, der verstand, wie sie sich fühlten, was es wirklich bedeutete, sich fehl am Platz zu fühlen.

Eine dicke, braune Eule flatterte auf den Ravenclawtisch zu und liess sich vor Scorpius auf den Tisch fallen, wobei sie einen Krug Kürbissaft umstiess und einem der älteren Schüler über die Kleider schüttete. Das Tier zeigte sich angesichts der Schimpftriade, die dieser Schüler von sich gab, nicht im Geringsten beeindruckt, hielt bloss Scorpius ihr Bein hin, damit er endlich den Brief entfernte.

Leise fluchend zupfte er den Brief vom Bein der Eule. Ihm schwante nichts Gutes. Das konnte nur etwas sein. Und innert Sekunden bestätigte sich seine Vermutung auch schon, als die wütende Stimme seines Vaters durch die grosse Halle zeterte. „DU BIST NICHT IN SLYTHERIN! WIE KANNST DU ES WAGEN, NICHT NACH SLYTHERIN ZU KOMMEN? DEINE MUTTER HATTE EINEN NERVLICHEN ZUSAMMENBRUCH DEINETWEGEN! KANNST DU NICHT EINMAL ETWAS RICHTIG MACHEN, SCORPIUS? DU BIST DIE SCHANDE DER GANZEN FAMILIE. DEIN GROSSVATER WILL DICH IN DER NÄCHSTEN ZEIT NICHT EINMAL SEHEN! WIE KONNTEST DU NUR, SCORPIUS!“

Rose hatte unter dem Tisch Scorpius’ Hand gepackt und drückte diese fest. Sie wusste, dass gerade alle Blicke in der grossen Halle auf ihn gerichtet waren. Einige Schüler hatten schon mal einen Heuler bekommen, aber so einen noch nie. Scorpius blinzelte heftig, um zu verhindern, dass er zu allem hin auch noch vor allen zu heulen begann, obwohl ihm gerade ziemlich danach war.

Er konnte hören, wie am Slytherintisch laut gekichert wurde. War ja klar! Würde er auch, wenn er nicht der gewesen wäre, der den Heuler bekommen hatte. Er drückte Rose Hand und war dankbar dafür, dass wenigstens jemand da war, der nicht lachte. Denn auch an den anderen Tischen begann es jetzt hie und da zu kichern.

„Beachte sie nicht.“, flüsterte Rose leise. Aber das war einfacher gesagt als getan. Er konnte die Stimmen seiner Kindheitsfreunde hinter sich kichern hören. Zabini, Montague, die Flintzwillinge, die kleine Parkinson. Na ja, sie waren nie wirklich Freunde gewesen, aber als Kinder hatten sie halt miteinander bespielt.
 

Die Zeit verging und die Leute vergassen Malfoys Heuler langsam aber sicher. Rose und er teilten sich in den Stunden eine Bank und es stellte sich heraus, dass sie besonders in Zaubertränke ein unschlagbares Team waren. Sie waren nicht nur vor allen anderen fertig, ihr Zaubertrank hatte auch immer die gewünschte Farbe und Wirkung. Und mit der Zeit wuchs ihre Freundschaft so weit, dass sie nicht einfach nur ihre Freizeit miteinander verbrachten, sondern dass sie auch wirklich miteinander sprachen. Innerlich fragten sich beide immer wieder, warum ein Malfoy und eine Weasley nicht befreundet sein sollten, denn eigentlich hatten sie es doch immer lustig miteinander und vor allem war es genau diese Freundschaft, die ihnen beiden das Leben als Ravenclaw erleicherte.
 

Das Jahr war schnell vergangen, ebenso wie die Sommerferien. Scorpius wartete in einem Abteil im vorderen Teil des Zuges, wie sie es besprochen hatten. Er und Rose hatten ihren Eltern nichts von ihrer Freundschaft erzählt, sonst wäre er wohl vollkommen unten durch gewesen bei seinem Vater, der sich nach einer gewissen Zeit, in der er sich an den Gedanken, dass sein Sohn nun mal ein Ravenclaw war, hatte gewöhnen können, wieder beruhigt hatte. Aber wenn er ihm erzählt hätte, seine beste Freundin sei Rose Weasley, er wäre jetzt hundertprozentig tot.

„Hi, Scorpius! Hattest du schöne Ferien?“ Mit einem breiten Lächeln schob Rose die Abteiltür auf und liess sich ihm gegenüber nieder.

„Mehr oder weniger schon. Meine Eltern haben mich wieder als ihren Sohn akzeptiert und ich glaube, wenn ich wenigstens gute Noten nach Hause bringe, dann werden sie mit einem Ravenclawsohn leben können.“ Er grinste leicht.

„Kommt mir irgendwie bekannt vor, bloss dass ich von Dad jetzt den Auftrag bekommen habe, ins Quidditchteam zu kommen. Dann bin ich wieder seine Lieblingstochter.“

„Du bist seine einzige Tochter.“

Rose lachte. „Genau das hat Mum auch gesagt. Na ja, ich glaube, Paps findet’s nicht ganz so schlimm, wie er tut, aber es geht wohl ums Prinzip, weil Onkel George ihn immer damit aufzieht, dass gerade seine Tochter keine Gryffindor ist.“

Kurz breitete sich zwischen ihnen Schweigen aus. Dann, Scorpius blickte aus dem Fenster, als er das sagte: „Wissen deine Eltern, dass wir befreundet sind?“

„Ne, Albus, James, Louis und Victoire haben die Klappe gehalten, auch wenn ich sie etwa hunderttausend Mal habe daran erinnern müssen. Aber lassen wir das. Willst du dich auch fürs Quidditchteam bewerben?“

Scorpius überlegte kurz. „Hm, vielleicht. Da könnte ich wieder ein paar Pluspunkte sammeln. Obwohl ich eigentlich lieber Jäger wäre, als Sucher, nicht so wie mein Paps.“

„Egal, wenn wir den Quidditchpokal gewinnen, könntest du ihm wahrscheinlich sogar erzählen, dass wir befreundet sind und es würde deinem Vater nichts ausmachen, weil er vor Stolz platzen würde in dem Moment.“

Scorpius lachte laut auf. „Das könnte sogar sein.“

„Wir werden den Quidditchpokal sechs Mal in Folge gewinnen und du wirst irgendwann mal noch Kapitän!“, Rose grinste.

„Vergesst es, Leute, der Platz als Kapitän ist schon für mich reserviert!“ Natürlich, egal, wo über Quidditch geredet wurde, auf wundersame Art und Weise stiess Graham Wood immer zu diesem Gespräch dazu. „Immerhin will ich meiner lieben Schwester mal so kräftig in den Arsch treten.“ Das lag ihm wohl in den Genen.

Mit einem breiten Grinsen stand er in der Abteiltür. Eigentlich gehörte er auch ein wenig zu ihrem Klub der falsch eingeteilten Hogwartsschüler, hatte der sprechende Hut ihn doch ebenfalls nach Ravenclaw, anstatt nach Gryffindor geschickt. Seine Schwester hingegen führte die Familientradition mit stolz geschwellter Brust fort. „Aber ich hätte euch beide gerne im Team, in den Flugstunden letztes Jahr hab ich nämlich gesehen, dass ihr beide sehr viel drauf habt.“

„Klar, mit weiss ich wie vielen, männlichen, Quidditch besessenen Cousins ist das auch nicht schwer.“, meinte Rose sarkastisch.

Die beiden Jungs lachten vergnügt. Graham schwang sich auf den Platz neben Scorpius und zauberte aus seiner Hosentasche eine Schachtel mit Schokofröschen hervor, die er den beiden anderen hinhielt. Während der langen Fahrt nach Hogwarts erzählten die drei von ihren Ferien und natürlich auch, wie viel Quidditch sie in den zwei Monaten gespielt hatten, wobei Graham Rose und Scorpius bei weitem an Stunden voraus war, was aber irgendwie auch verständlich war, durfte er doch zusammen mit seinem Vater an den Trainings von Pumblemere United teilnehmen. Na ja, solange seine Mutter ihm das erlaubte.
 

Die ersten Wochen in der zweiten Klasse vergingen recht schnell und ehe sie sich versahen, stand auch schon das Auswahlverfahren für die Quidditchmannschaft auf dem Programm. An einem kühlen Oktobersamstag hatten sich alle interessierten Ravenclawschüler auf dem Quidditchfeld versammelt und lauschten aufmerksam der Rede von Ryan Davis, dem momentanen Kapitän. Gesucht wurden dieses Jahr ein Hüter, was schon mal für Graham sprach, zwei Jäger, worüber sich Scorpius sehr freute, und ein Treiber. Davis fügte am Schluss sogar an, dass er, wenn möglich, nicht alle Positionen mit älteren Spielern besetzen wollte, denn so könnte sich kein Team bilden, das über mehrere Jahre bestehen könnte. Rose hatte sich noch nicht entschieden, auf welcher Position sie lieber spielen würde, denn sowohl als Jäger, wie auch als Treiber war sie nicht schlecht.

Nacheinander wurden sie aufgerufen und mussten ihr Können auf der von ihnen gewünschten Position demonstrieren.

Graham zeigte eine einwandfreie Leistung als Hüter, viel besser als die anderen beiden, die sich auch für diesen Posten beworben hatten und es war, wenn es auch nicht laut ausgesprochen worden war, ziemlich klar, dass er ins Team kommen würde.

Auch Scorpius zeigte eine ähnlich saubere Leistung, versenkte mehr Tore als alle anderen und konnte dabei auch noch mit seinen fliegerischen Qualitäten glänzen. Davis gab ihm mit einem Nicken zu verstehen, dass ihm ein Jägerposten wohl sicher war.

Als nun Rose an die Reihe kam und Davis sie fragte, auf welcher Position sie denn gerne spielen würde, war sie ganz hin und her gerissen und schaute Hilfe suchend zu ihren beiden Freunden. Graham zuckte bloss mit den Schultern, aber Scorpius gab ihr zu verstehen, es als Jägerin zu versuchen.

Davis und Rose schwangen sich auf ihre Besen und erhoben sich in die Lüfte. Zuerst passten sie sich im Fliegen mehrfach den Quaffel zu, dann lancierte Davis einen Angriff, um zu sehen, wie schnell Rose reagierte. In diesem Moment war sie dankbar, dass sie vor zwei Sommern, zusammen mit ihren ganzen Cousins, von Oliver und Katie Wood über Wochen hinweg gedrillt worden waren. Schnell reagierte sie und folgte Davis, der auf die Torringe zujagte. Plötzlich liess er den Quaffel einfach fallen, wohl um zu sehen, wie Rose reagieren würde. Sie stürzte sich gen Boden und jagte dem Quaffel hinterher, der immer schneller und schneller wurde. Für einen Augenblick glaubte sie schon, dass sie abbremsen musste, wenn sie nicht am Boden zerschellen wollte. Von weitem hörte sie, wie man ihren Namen rief. Sie streckte ihre Hand aus, kniff die Augen zusammen, damit sie nur noch den Quaffel sah, bekam ihn mit den Fingerspitzen zu fassen und krallte sich darin fest, um dann mit einem kräftigen Ruck ihren Besen in die Waagrechte zu bringen.

Als sie wieder einigermassen an Höhe gewonnen hatte, schaute sie sich suchend nach Davis um. Der kam auf sie zugeflogen, mit weit aufgerissenen Augen und einer gleichzeitig siegessicheren Miene.

„Weasley, ich bin unglaublich froh, dass du nicht in Gryffindor bist! Du und Malfoy, ihr werdet diese Saison meine zwei neuen Jäger sein! Das wird genial! Mit euch vorne und Wood als Hüter werden wir diesen Quidditchpokal holen, das weiss ich ganz genau!“

Wieder auf dem Boden angekommen verkündete Davis seine Entscheidung. Ein Mädchen aus der Vierten, Emily Brown war ihr Name, würde die zweite Treiberin sein. Graham und Scorpius konnten sich über ihre Ernennung jedoch nur teils freuen, denn erst einmal mussten die beiden Rose zusammen stauchen.

„Ich dachte echt, du knallst gleich auf den Boden! Bist du lebensmüde?“, fragte Graham und schüttelte Rose kräftig.

Scorpius sah sie nur eindringlich an. „Das war wirklich gefährlich. Mach das bitte nie wieder, ich will dich nicht eines Tages vom Feld kratzen müssen!“

„Aber ich hab den Quaffel gefangen. Und wenn ich es nicht getan hätte, würden wir drei vielleicht nicht zusammen spielen. Also beschwert euch nicht.“ Sie streckte ihnen die Zunge raus und hoffte, dass die beiden nicht merkten, wie ihr die Knie zitterten.
 

Dass Davis mit seiner Prophezeiung, sie würden dieses Jahr den Quidditchpokal gewinnen, recht behalten sollte, zeigte sich Ende Schuljahr beim letzten Spiel der Saison gegen Gryffindor. Auch wenn Gryffindor sich dieses Jahr mit Violet Wood als Jägerin und Albus Potter als neuem Sucher verstärkt hatte, hatten sie keine Chance gegen die geballte Macht von Scorpius, Rose und Matthew Summers als Ravenclawspitze. Und an Graham bissen sich die Löwen die Zähne aus. Davis als genialer Sucher beendete dann das Spiel mit dem überragenden Ergebnis 520:70. Schon lange hatte Gryffindor nicht mehr so hoch verloren.
 

Dieses Spiel würde sich noch vier Mal wiederholen, wobei drei dieser vier Saisons unter Kapitän Graham Wood gespielt wurde. Je öfters Scorpius im Quidditch Erfolge verbuchen konnte und je mehr gute Noten er nach Hause brauchte, desto besser war sein Vater auf ihn zu sprechen. Scorpius hatte sich sogar getraut, anzudeuten, dass er sich recht gut mit Rose Weasley verstand, was sein Vater mehr oder weniger hinnahm, denn immerhin war sie auch an den Quidditcherfolgen seines Sohnes beteiligt.
 

Die Sommerferien nach ihrem sechsten Jahr waren speziell, in vielerlei Hinsicht. Angefangen hatte es jedoch alles mit Albus’ Versprecher bei einer Barbequeparty der gesamten Weasleysippschaft. Während Rose mit ihrer Cousine Lily in der Küche stand und Salat machte, hatte sich ein Grossteil der männlichen Weasleys und Potters um den Grill versammelt, wie das nun mal bei Männern so war. Es wurden allerlei kleinere Gespräche geführt. Plötzlich, George wendete gerade mit einem gekonnten Schwenken aus dem Handgelenk heraus ein riesiges Kotelette, sagte Albus so nebenbei: „Diese Kruste erinnert mich irgendwie an Scorpius’ Sonnenbrand, bevor Rose seinen Rücken mit Heilsalbe eingeschmiert hat.“

Gedacht wäre dieser Satz eigentlich für James und Hugo gewesen, immerhin waren sie die Einzigen, die Scorpius kannten. Doch leider war Ron spätestens beim Namen seiner Tochter hellhörig geworden.

„Was hat Rose gemacht? Scorpius Malfoy den Rücken eingeschmiert? Wieso sollte sie das tun?“ Ron hatte die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen gekniffen und starrte seinen Neffen gefährlich an.

Albus hätte, wenn er ein klein wenig cleverer gewesen wäre und den Stoss seines Bruders James verstanden hätte, die ganze Situation damit retten können, dass Rose nun mal jedem in Not helfen würde und halt ein durch und durch guter, aufopferungsvoller Mensch wäre, doch das tat er nicht. Stattdessen stotterte er eine Minute vor sich hin, bis auch George und Harry angefangen hatten, ihn interessiert und misstrauisch zugleich zu mustern.

Harry sprach seinen Sohn an: „Komm schon, Albus. So schlimm wird es wohl nicht sein. Also, erzähl schon. Was haben Rose und Scorpius miteinander zu tun?“ Albus konnte diese gewaltige Last an elterlicher Autorität nicht einfach beiseite schieben.

„Sie… sie sind beste Freunde und das schon seit sechs Jahren!“, platzte es aus Albus heraus, dann duckte er sich hinter seinem Bruder weg, bevor ihn irgendjemand dazu zwingen konnte, noch mehr zu sagen.

Genau in diesem Moment trat Rose zusammen mit Lily aus dem Haus, in der Hand eine Schüssel Salat. Als sie ihren Vater erblickte, wusste sie sofort, dass etwas nicht stimmte. Und als sie dann Albus sah, der sie mit entschuldigender Miene anblickte, wusste sie auch sofort, was.

„Junge Dame, wie kannst du mir das antun? Befreundet mit Scorpius Malfoy? Gibt es keine netten Mädchen in Hogwarts, mit denen du dich hättest anfreunden können? Nicht nur, dass du in Ravenclaw bist, du bist auch noch mit einem Slytherin befreundet! Ich glaub es nicht!“, zeterte Ron.

Rose biss sich auf die Unterlippe und starrte auf den Salat in ihren Händen. Sie wusste nicht, was sie nun sagen sollte. Dass Scorpius ein netter, aufrichtiger, zwar sehr stiller, aber doch herzlicher Mensch war, der wohl nicht viel mit seinem Vater gemeinsam hatte? Das würde Ron ihr sowieso nicht glauben.

Lily sprang rettend ein und lenkte Ron einen Moment von seiner Tochter ab. „Scorpius ist auch in Ravenclaw. Er ist ausserdem Jäger im Quidditchteam. Und er ist wirklich freundlich.“

Ron sagte nichts mehr, starrte einfach entgeistert seine Tochter an. Dann, ohne ein weiteres Wort, drehte er sich um und stapfte schnaubend davon. Die gesamte Familie sah ihm bestürzt nach. Erst als einige Sekunden vergangen waren, befreite sich Harry aus seiner Starre und folgte seinem besten Freund.

Endlich traute sich Rose wieder, den Blick zu heben und suchte Albus zwischen ihren anderen Familienmitgliedern. Als sie ihn erspäht hatte, kam er mit schuldbewusster Miene auf sie zu. Die Hände erhoben sagte er: „Es tut mir leid, Rose, wirklich. Es ist mir einfach so raus gerutscht. Ich wollte das wirklich nicht. Ich…“

Weiter kam er nicht, denn Rose schleuderte ihm die Schüssel mit Salat mitten ins Gesicht. „Du verdammtes Arschloch! Genau darum habe ich dir immer wieder eingebläut, den anderen nichts zu sagen! Du hast alles kaputt gemacht.“ Mit einem heissen Brennen in den Augen stürmte sie ins Haus und verkroch sich auf dem Dachboden, um sich still ihren Tränen hinzugeben.
 

Über Tage hinweg verkroch sich Rose auf dem Dachboden und weinte stumme Tränen. Von niemandem, nicht einmal ihrer Mutter Hermine, liess sie sich dazu überreden, runter zu kommen. Ron weigerte sich noch immer, mit ihr zu sprechen, denn er betrachtete sie als Schande der Familie. Also gab es für Rose auch keinen triftigen Grund, den Dachboden nicht zu verlassen.

Im Halbdunkel des Dachbodens las sie in ihren Schulbüchern, die Lily ihr zusammen mit etwas zu essen und trinken gebracht hatte. Zwar hatten ihr sowohl Hermine, wie auch George und Harry versichert, dass sie es toll fänden, dass sie sich mit Scorpius angefreundet hatte, doch ihre Gesichter sagten etwas anderes. Und genau das war der Grund, warum alle Überredungsversuche bis jetzt gescheitert waren.

Am vierten Tag auf dem Dachboden, Rose blätterte gerade in der neusten Ausgabe des Tagespropheten, hörte sie wieder Schritte auf der Treppe zum Dachboden. Innerlich stöhnte sie auf. Konnte man sie nicht endlich in Ruhe lassen? Sie war ja sowieso bei allen unten durch, da konnte sie genau so gut hier oben bleiben, bis die Sommerferien vorbei waren.

Leise klopfte es an die Falltür. Rose antwortete wie immer nicht. Still lauschte sie, ob die Schritte wieder verschwinden würden. Doch das taten sie nicht. Dafür wurde langsam die Falltür unter lautem Quietschen geöffnet.

Demonstrativ drehte sie sich von der Falltür weg. Egal, wer da kam, sie wollte nicht mit ihm oder ihr reden.

„Rose.“ Die Stimme hinter ihr liess sie herumfahren. Mit grossen Augen starrte sie auf einen hellblonden Haarschopf und graue Augen.

Scorpius sah sie mit einem schrägen Lächeln an, während er ganz auf den Dachboden kletterte. „Bist du wirklich schon vier Tage hier oben?“ Ein paar Meter von ihr entfernt setzte er sich hin und musterte sie.

Kurz überlegte Rose, wie sie wohl aussehen musste. Eine Dusche hatte sie nun doch schon ein paar Tage nicht mehr gesehen. Doch Scorpius schien sich nicht daran zu stören.

„Was machst du hier?“, fragte sie mit erstickter Stimme.

„Dein Vater war bei uns. Ja, im Ernst, mach also nicht so ein Gesicht. Er hat mit Paps geredet, dann haben sie mich zur Rede gestellt und ich musste ihnen alles erzählen. Na ja, und am Schluss meinte dein Vater, dass du seit Tagen auf dem Dachboden hockst und nicht mehr runter willst, egal, wer dich darum bittet. Da dachte er, er spielt den letzten Trumpf aus und das bin dann wohl ich.“ Gequält sah er sie an. „Ich weiss jetzt, von wem du deinen bösen Blick hast, dein Vater kann echt gruselig sein.“

Wie erstarrt blickte sie Scorpius an. Ihr Vater hatte ihn geholt? Aber er mochte die Malfoys doch nicht und dass sie mit eben so einem befreundet war. Rose verstand die Welt nicht mehr. Aber etwas, das verstand sie. Und das war, dass ihr bester Freund hier war. Mit steifen Gliedern vom vielen Sitzen und Liegen robbte sie auf ihn zu und schloss die Arme um ihn, als sie ihn erreicht hatte.

Scorpius erwiderte die Umarmung und zog Rose noch etwas näher zu sich. „Alles wieder gut? Kommst du mit mir runter?“

Anstatt zu antworten, fragte Rose: „Wie haben deine Eltern reagiert?“

Scorpius lachte kurz auf. „Mein Vater hat beinahe unseren Esstisch zerlegt und herum geschrieen. Zum Glück warst du nicht dabei. Mama hat geweint und gesagt, ich würde die gesamte Familientradition mit jedem Tag, den ich älter werde, noch mehr in den Schmutz ziehen.“

„Und jetzt?“, fragte Rose ängstlich weiter.

Sanft strich Scorpius ihr übers Haar und schaute ihr in die Augen. „Wie, und jetzt? Nichts, und jetzt. Es ist immerhin unsere Entscheidung, mit wem wir uns anfreunden, oder?“

„Klar, aber deine Eltern…“

„Die sind unten und essen Kuchen.“

Abrupt riss sich Rose aus Scorpius’ Armen und starrte ihn mit grossen Augen an. „Sie sind was?“

„Unten und essen Kuchen mit deinem Onkel und deiner Mutter. James und Albus sind, glaub ich, auch noch dabei. Wohl, um das Schlimmste zu verhindern.“ Ernst schaute Scorpius sie an. Er meinte also, was er sagte.

„So kann ich mich deinen Eltern aber nicht vorstellen!“ Beinahe hysterisch blickte Rose an sich herunter. In ihrem viel zu grossen T-shirt und der Schlabberhose gab sie kein wirklich schönes Bild ab. Die fettigen Haare waren auch nicht gerade hilfreich.

Als wenn das das Stichwort gewesen wäre, streckte plötzlich Lily den Kopf durch das Loch der Falltür. „Keine Angst, Cousinchen, ich werde dich schon irgendwie herrichten. Und jetzt raus, Scorpius.“

Mit einem schrägen Grinsen machte er Lily Platz, die Rose sogleich ein paar Kleider in die Hand drückte. Hilfe suchend schaute Rose Scorpius hinterher.

„Du kannst nicht alles haben, Rose. Wenn du dich meinen Eltern nicht so präsentieren willst, dann musst du Lily über dich ergehen lassen.“ Sein Grinsen wurde grösser, dann verschwand er vom Dachboden.
 

Eine Viertelstunde später folgte Rose Lily in die Küche. Und tatsächlich, da sass an ihrem Küchentisch ein Mann, der dieselben hellblonden Haare und grauen Augen wie Scorpius hatte, und eine wunderschöne Frau mit langem, goldblond gewellten Haar. Rose hatte die beiden schon öfters am Bahngleis 9 Dreiviertel gesehen. Aber hier am Küchentisch sitzend wirkten sie irgendwie… verloren. Man sah ihnen auch an, dass sie sich nicht wohl fühlten.

„Guten Tag, Mister und Misses Malfoy. Ich bin Rose Weasley.“ Begrüsste sie sie freundlich.

„Na endlich, dann können wir ja wieder gehen. Komm, Scorpius.“ Draco Malfoy erhob sich von seinem Platz.

Scorpius, der bis eben in einer Ecke gestanden hatte, trat jetzt zu Rose. „Wieso denn? Ihr kennt sie doch noch nicht mal.“

„Wir wollen sie nicht kennen, Scorpius.“, flüsterte seine Mutter leise.

Rose merkte, wie ihr die Tränen in die Augen stiegen, als sie diese ablehnenden Worte vernahm. Und sie spürte Scorpius Hand, die sich sanft um ihre schloss.

„Wie könnt ihr es wagen, meine Tochter nicht kennen zu wollen. Sie ist die beste Freundin eures Sohnes!“, fuhr auf einmal Ron, der stumm im Türrahmen gestanden hatte, Astoria Malfoy an. Dann wandte er sich an dessen Vater. „Draco, es gefällt mir so wenig wie dir, aber ändern können wir es nicht. Und ich will wenigstens wissen, mit wem meine Tochter so viel Zeit verbringt. Ich will deinen Sohn kennen lernen.“

Gerührt vom plötzlichen Einsatz ihres Vaters zeichnete sich ein Lächeln auf Roses Lippen ab. Scorpius drückte bedeutungsvoll ihre Hand.

Es herrschte Schweigen im Raum. Die Malfoys starrten Ron ungläubig an. Dann öffnete Draco den Mund: „Scorpius, ich erwarte dich zum Abendessen zurück. Wenn du willst, kannst du Rose mitbringen. Hier werde ich jedoch keine Sekunde länger bleiben.“

Mit wehendem Umhang drückte sich Draco an Ron vorbei, seine Frau folgte ihm sogleich hinterher. Scorpius sah seinen Eltern mit grossen Augen hinterher, genau so, wie alle anderen, die diese Szene mit beobachtet hatten.

„Ich glaube, das war gar nicht mal schlecht.“, brachte Scorpius nach einigen Sekunden der Starre hervor.

„Ja, glaube ich auch.“, stimmte ihm Rose bei.
 

Einige Tage später lag Rose im Bett, Ron sass auf ihrer Bettkante. „Paps, warum hast du dich plötzlich so für mich und Scorpius eingesetzt?“

Ron seufzte leise und starrte auf seine gefalteten Hände. „Du bist doch meine Tochter. Ich weiss, dass du nicht mit ihm befreundet wärst, wenn er kein anständiger Kerl wäre. Und das ist er ja auch. Er passt auf dich auf, er ist sehr freundlich und zuvorkommend und hat gute Manieren. Nicht so wie dieser ungestüme Woodbengel.“

„Hey, lass Graham in Ruhe. Er ist mir fast so wichtig wie Scorpius!“, fuhr Rose ihm dazwischen.

„Hm, tschuldigung. Also, ich bin zwar nicht begeistert von dieser Freundschaft, aber ich kann nichts daran ändern. Ich werde dir nicht im Weg stehen. So lange es nur eine Freundschaft ist und ich mir nicht Gedanken darüber machen muss, irgendwann mit Draco Malfoy verwandt zu sein, kann ich damit leben. Aber was mich doch ein wenig verletzt hat, dass du mir so lange nichts davon gesagt hast, Schätzchen.“

Rose schaute ihrem Vater in die Augen. Er sah sie mit diesem Blick an, mit dem er sie als kleines Kind immer angesehen hatte, so, als wäre sie seine kleine Prinzessin. „Ich wusste halt, wie du reagieren würdest. Und du fandest es doch schon so schrecklich, dass ich nach Ravenclaw gekommen bin, dass ich geglaubt hatte, du würdest mich danach komplett hassen.“

Ron seufzte erneut. „Aber nein, ich hasse dich doch nicht. Weder wegen Scorpius, noch weil du eine Ravenclaw bist. Ich bin stolz auf dich. Du hast die besten Noten, deiner Mutter sei Dank. Du spielst super Quidditch, Harry sei Dank. Und du hast eine gute Menschenkenntnis und die hast du von mir.“

Rose lächelte. „Ja, die hab ich von dir. Und du wirst sehen, wenn du dich erst mal an Scorpius gewöhnt hast, wirst du ihn mögen. Da bin ich sicher.“

„Ich werde mir Mühe geben. Gute Nacht, mein Spätzchen.“ Ron beugte sich vor und drückte seiner Tochter einen nassen Schmatzer auf die Stirn.

„Igitt, Paps, verschwinde!“ Rose wischte sich theatralisch über die Stirn.

Mit einem Grinsen auf dem Gesicht erhob sich Ron und verliess Roses Zimmer. „Schlaf schön und träum was Süsses.“ Dann war endlich Ruhe.
 

„Und was hat dein Vater dazu gesagt?“ Graham wartete gebannt auf die Schilderungen der doch sehr ereignisreichen Sommerferien.

Scorpius seufzte bloss. „Na ja, gesagt hat er nicht viel, eher geschrieen. Aber nach einer Weile hat er sich wieder ein bekommen. Und er war sogar auf seine Art nett zu Rose, die drei Mal, die ich es gewagt habe, sie zum Abendessen mit zu bringen.“

Genüsslich verdrückte Rose einen Schokofrosch, streckte sich auf der Bank aus und legte ihren Kopf in Scorpius’ Schoss. „Ganz heldenhaft hat er mich vor seinen Eltern verteidigt. Na ja, es gibt zumindest ein Thema, bei dem sich unsere Eltern ausnahmsweise einmal einig sind.“ Mit viel sagendem Grinsen blickte sie zu ihm hinauf.

Dieser grinste nur zurück.

Graham rutschte ganz unruhig auf seinem Sitz hin und her. „Wobei sind sie sich einig? Sagt schon! Ihr seid manchmal so fies, wenn ihr wieder eure stillen Konversationen führt! Ich bin auch noch da! Hallo!? Ja, schon klar, ihr ignoriert mich mal wieder. Macht nur weiter so. Das wird in einem schrecklichen Quidditchtraining enden, nur damit ihr zwei das wisst!“

„Ach komm schon, so schlimm sind wir gar nicht.“ Rose lachte auf.

Eingeschnappt verschränkte Graham die Arme vor der Brust und schaute sie böse an. „Sag mir doch einfach, was jetzt mit euren Eltern war.“

„Sie sind sich einig, dass es so ziemlich das Schlimmste auf der Welt wäre, wenn wir zwei heiraten würden.“, gab Scorpius Graham endlich die erwünschte Antwort.

Für eine Sekunde herrschte Stille im Abteil. Graham sagte gar nichts, doch sein Gesicht verriet, dass ihm irgendein Kommentar auf der Zunge lag, den er mit aller Kraft zu unterdrücken versuchte.

„Spuck es schon aus, sonst verschluckst du dich noch daran!“, meinte Rose mit einem Grinsen.

Für einen weiteren Atemzug schwieg Graham, dann endlich machte er den Mund auf. „Ihr wisst schon, dass seit etwa drei Jahren das Gerücht rum geht, ihr wärt ein Paar, oder?“

Verdutzt sahen sich Scorpius und Rose an. Nein, davon hatten sie nichts gewusst. Scorpius zuckte bloss die Schultern.

„Echt jetzt? Können die Leute denn nicht zwischen Freunden und einem Liebespaar unterscheiden?“, fragte Rose nach Sekunden der Stille.

Graham gab ihr darauf keine Antwort, sah sie nur mit einem undeutbaren Blick an. Dass eben dieser Kommentar vielleicht schlussendlich Schuld daran gewesen ist, dass die beiden ihre Zuneigung füreinander entdeckt haben, wusste jedoch zu diesem Zeitpunkt noch keiner der beiden.

Wo die Liebe hinfällt (Teil 2)

Wo die Liebe hinfällt (Teil 2)
 

Wie erwartet schlossen Rose und Scorpius mit Bestnoten ab und gewannen dazu auch noch ein sechstes Mal in Folge den Quidditchpokal. An dem Tag, als sie Hogwarts verliessen, sassen Rose und Scorpius noch lange im Gemeinschaftsraum von Ravenclaw und genossen die letzten Minuten in ihrem früheren Zuhause.

Auf dem Sofa ausgestreckt lag Scorpius da und starrte an die Decke. „Ich weiss gar nicht, warum ich jetzt nach Hause soll. Gibt ja sowieso wieder wegen irgendetwas Ärger. Jetzt wo es nicht mehr die Noten sein können, wird es wohl meine fehlende Initiative in der Jobsuche sein.“ Er verzog das Gesicht.

Rose seufzte, sie sass in einem Sessel zwei Meter entfernt. „Komm doch mit uns nach Südfrankreich. Ich bin sicher, Paps hat nichts dagegen. Zumindest nicht, solange du mir keinen Heiratsantrag machst.“ Sie kicherte.

„Ha ha, als wenn ich dir einen Heiratsantrag machen würde.“

„Würdest du nicht? Bin ich denn nicht liebenswert?“ Rose verschränkte die Arme vor der Brust.

Scorpius verdrehte bloss theatralisch die Augen und schaute sie dann an. „Natürlich bist du liebenswert und du weißt, dass ich dich abgöttisch liebe, aber du bist nun mal meine beste Freundin und seiner besten Freundin macht man keinen Heiratsantrag.“

„Nicht mal, um für den Ernstfall zu üben?“ Mit spöttischem Lächeln neckte sie ihn.

„Willst du damit sagen, dass ich das im Ernstfall nicht schaffen würde?“ Scorpius setzte sich auf und funkelte sie an.

Sie verkniff sich ein Lachen. „Das hast du gesagt, nicht ich. Aber ich weiss ja nicht, vielleicht bekommst du kurz vor der grossen, alles entscheidenden Frage kalte Füsse, weil du es noch nie zuvor geprobt hast.“

„So was muss man nicht proben.“

„Aha. Gut, da spricht der Meister. Wir werden dann ja sehen. Wie auch immer du deinen Antrag machst, mit oder ohne üben, ich werde auf jeden Fall deine Trauzeugin sein.“

Scorpius grinste sie an. „Willst du nicht lieber erste Brautjungfer sein? Ich glaube nämlich nicht, dass es zählt, wenn man als Trauzeugin den Brautstrauss fängt.“

„Als wenn ich es nötig hätte, den Brautstrauss fangen zu müssen! Apropos Hochzeit. Hast du dich jetzt entschieden, ob du an Victoires und Teddys Hochzeit kommst? Du kannst mich nicht mit meiner gesamten Sippschaft allein lassen.“

Schelmisch grinste Scorpius zurück. „So, Fräulein Weasley findet also sonst keine Begleitung. Interessant. Und dann grosse Töne spucken von wegen, sie bräuchte keinen Brautstrauss zu fangen.“

Rose stöhnte genervt auf. „Man, Scorpius, reiss dich mal zusammen und bleib beim Thema. Du wurdest ja sowieso persönlich eingeladen. Komm schon, das wird lustig. Al und die anderen sind ja auch da.“

„Ich weiss nicht so recht. Dein Vater… ich meine, wollen die wirklich, dass ich komme?“ Er kratzte sich am Kopf.

„Mensch, natürlich, sonst hätten sie dich nicht eingeladen! Und wenn du dann auch noch mit nach Südfrankreich kommst, dann bist du endgültig akzeptiert! Da bin ich mir ganz sicher. Dann würden sie es wohl sogar überleben, wenn du mir tatsächlich einen Heiratsantrag machen würdest.“

„Beste Freunde, kein Heiratsantrag, schon vergessen?“ Seufzend erhob er sich vom Sofa. „Von mir aus, dann komm ich an die Hochzeit und nach Südfrankreich. Wenn ich bei meinem Vater schon unten durch bin, kann ich es auch gleich richtig machen.“

Er setzte sich zu Rose auf die Armlehne ihres Sessels und legte den Arm um sie. Nur zu gerne kuschelte sie sich in seine Seite. „Bald müssen wir gehen.“

„In zehn Minuten ist es so weit.“

„Ich werde unsere gemeinsame Zeit hier vermissen. Es wird nie wieder so sein.“ Sie atmete seinen warmen, holzigen Duft ein.

Sanft strich er ihr übers Haar. „Wenn du willst, können wir uns ja gemeinsam eine Wohnung suchen. Aber nur, wenn du nicht kochst!“ Rose konnte vieles, aber kochen konnte sie definitiv nicht. Mit Schüssel, Pfanne, Herd und Messer stand sie auf Kriegsfuss.

„Heisst das, du willst mich jeden Abend bekochen? Na, da zieh ich doch noch so gerne mit dir zusammen!“ Sie schlang ihre Arme um seinen Bauch.

Ein sanftes Lächeln legte sich auf seinen Mund. „Gut, dann schau ich mich mal um, ob ich was Passendes finden kann.“
 

Der Boden war über und über mit rotem, gelbem und orangem Laub bedeckt. In zehn Reihen standen weisse Stühle zwischen den Bäumen arrangiert, alle ausgerichtet auf ein kleines Podest, auf dem ein freundlich aussehender Pfarrer stand. Victoire und Teddy waren gerade dabei, ihre Treueschwüre füreinander vorzulesen, was bei den weiblichen Gästen zu einem allgemeinen, gerührten Schniefen führte.

Scorpius hielt Rose wortlos ein Taschentuch hin, mit dem sie sich geschwind die Tränen aus den Augenwinkeln tupfte, bevor ihr Make-up verschmieren konnte. Eigentlich hatte er sie ja nicht für sentimental gehalten, aber Hochzeiten schienen wohl so eine Wirkung auf Frauen zu haben. Erst drehten sie durch, weil sie nicht wussten, was sie anziehen sollten und dann heulten sie, was das Zeug hielt, und das alles, obwohl sie doch nur die Gäste waren.

Sanft schloss er Rose’ Hand in seine und lächelte ihr leicht zu, als sie den Kopf zu ihm drehte. Wenn er daran dachte, wie sie ihn heute morgen fast in den Wahnsinn getrieben hatte, als sie für über eine Stunde das Bad belegt hatte, fragte er sich gerade ernsthaft, warum sie nicht auch noch gleich wasserfestes Make-up verwendet hatte, dann hätte sie jetzt kein Problem, was das Heulen anbelangte.

Die Männer liessen die Zeremonie still über sich ergehen, hielten der Frau neben sich die Hand und nickten jedes Mal brav, wenn jemand sagte, wie romantisch und rührend das Ganze doch sei. Doch zumindest Al, der auf Scorpius’ anderer Seite sass, sah man an, dass ihm das Ganze langsam zu bunt wurde. Lily neben ihm heulte wie ein Sturzbach. Die Frauen der Familien Weasley und Potter schienen nahe am Wasser gebaut zu sein, was Hochzeiten anbelangte.

Erleichtert atmeten Al und Scorpius und ein Dutzend weitere Männer auf, als der Pfarrer die beiden Liebenden endlich für vermählt erklärten. Während Victoire und Teddy Arm in Arm den angedeuteten Mittelgang zwischen den Stühlen entlang gingen, hackte sich Rose bei Scorpius unter und drückte sich Trost suchend an ihn.

Leise flüsterte er ihr ins Ohr. „Man könnte fast meinen, es sei jemand gestorben, so wie du schniefst.“

„Scorpius Malfoy, also wirklich!“, tadelte sie ihn leise und drückte sich noch ein wenig mehr an ihn, bis er den Arm um sie schloss. „Ich weiss nicht, wie ihr Männer immun gegen so viel Romantik seid.“

Er verkniff sich, darauf etwas zu erwidern. Immerhin wollte er nicht gerade jetzt eine Grundsatzdiskussion mit ihr anfangen. Stattdessen führte er sie einfach galant zusammen mit den anderen Gästen dem Brautpaar hinterher.
 

Die Frauen hatten ihre Tränen bald vergessen, denn es gab etwas, dass ihre Aufmerksam komplett auf sich zog. Der Brautstrauss. Victoire hatte sich, dank Teddys und Fleurs Hilfestellung, auf einen Stuhl gestellt und wartete jetzt darauf, dass sich alle ledigen Damen hinter ihr versammelten.

Rose grinste Scorpius viel sagend zu und stellte sich in kämpferischer Pose zwischen die anderen Junggesellinnen ihrer Familie. Lily, die gleich neben ihr stand, starrte beinahe wie ein ausgehungertes Tier, so sehr beäugte sie den Strauss weisser Rosen in der Hand ihrer Cousine.

Sobald die Mädchen ausser Hörweite waren, stupste Al seinen Freund an. „He, Scorp, wenn du Pech hast, bist du noch vor dem Dessert verlobt.“

Scorpius zog die Augenbraue hoch und schaute seinen Freund an. „Und was bringt dich auf diesen Gedanken?“

„Na, so wie Rose sich manchmal an dich klammert! Und das Zusammenleben habt ihr ja schon erprobt.“ Mit einem breiten Grinsen sah Albus ihn an.

Mit einem kleinen Räuspern erwiderte Scorpius: „Was das Geistige anbelangt, magst du ja vielleicht recht haben, aber es gehört auch noch das Körperliche dazu und ich finde Rose nun mal nicht anziehend, zumindest nicht auf diese Art und Weise.“

„Na klar, weiss ich doch.“, antwortete er sarkastisch. Albus grinste nur weiter und auch James und Hugo, die auf Scorpius’ anderer Seite standen, sahen den jungen Malfoy wissend an. Scorpius gab sich grosse Mühe, diese Blicke, und vor allem die Gedanken, die dank Albus’ Kommentar plötzlich durch seinen Kopf schwirrten, zu ignorieren.

Als Victoire ausholte und den Brautstrauss schwungvoll in die Menge hinter sich warf, hielten alle unverheirateten Männer bangend die Luft an, und hofften, dass nicht gerade ihre Begleitung die Glückliche war, die den Brautstrauss fing. So auch Scorpius, denn er wusste, wenn Rose diesen Strauss fing, würde er heute keine ruhige Minute haben, in der Albus ihn nicht mit komischen Andeutungen ärgern würde, die bei ihm leider viel zu lebhafte Bilder hervor riefen.

Der Strauss aus weissen Rosen flog in hohem Bogen in die Menge. Die Frauen und Mädchen schupsten sich rüde hin und her und kannten kein Erbarmen. Selbst Rose verwendete ihre Ellbogen, auch wenn sie dadurch mehr verhindern wollte, erdrückt zu werden. Lily neben ihr benahm sich fast wie ein Tier.

Plötzlich knickte Lily neben Rose um, riss dabei drei weitere, rangelnde Frauen mit zu Boden, die wiederum schafften es, die Standfestigkeit von vier anderen in Gefahr zu bringen, sodass diese heftig mit den Armen rudern mussten, um nicht umzufallen und sich somit nicht mehr auf den Strauss konzentrieren konnten, wodurch dieser fast schon sachte in Rose’ Arme segelte.

Verdutzt blickte sie auf den Strauss in ihren Händen. Eigentlich hatte sie ihn ja nicht fangen wollen, das brachte sie bloss wieder auf komische Gedanken. Ganz automatisch hob sie den Kopf und blickte zu Scorpius hinüber, der sie mit vor Schreck geweiteten Augen ansah. Konnte es sein, dass sie, wenn auch nur für den Bruchteil einer Sekunde, denn danach wurde Scorpius von Al abgelenkt, das Gleiche gedacht hatten? Dass sie über die gleiche Bedeutung dieses Blumenstrausses für sie beide nachgedacht hatten? Rose war sich nicht sicher, aber auf jeden Fall musste sie sich gerade sehr anstrengen, dass die Bilder, die langsam in ihrem Kopf entstanden und ihr ganzes Bewusstsein einnehmen wollten, nicht die Oberhand gewannen.

„Wie hast du das gemacht? Du bist doch noch immer Jungfrau! Warum hast gerade du den Brautstrauss gefangen?“ Lily hüpfte tobend neben Rose herum.

Ginny, die neben Lily getreten war, räusperte sich. „Du, meine Kleine, bist noch immer in der Schule und somit noch nicht einmal im Alter, in dem man ans Heiraten denken sollte. Und ich hoffe ja wohl, dass dein vorwurfsvoller Ton zu Rose’ Jungfräulichkeit nicht bedeutet, dass du deine bereits verloren hast.“

Erschrocken blickte Lily ihre Mutter an, als ihr bewusst wurde, dass sie wohl etwas vorlaut und überraschend informativ gewesen war. „Äh, ja, natürlich. Da hast du schon Recht. Noch nicht im Alter, um übers Heiraten nach zudenken.“

Wortlos drückte sich Rose an den beiden vorbei und machte sich auf den Weg zu ihrem Platz an der langen Tafel, die auf einer schönen, kleinen Waldlichtung aufgestellt worden war. Sie fand ihr Namenskärtchen und legte den Strauss auf ihren Stuhl. Dabei wanderte ihr Blick zum Namenskärtchen links neben ihrem. Darauf stand Scorpius’ Name.

Verdammt, fluchte sie innerlich, das hatte gerade noch gefehlt. Jetzt versuchte sie, ihm kurz aus dem Weg zu gehen, um ihre Gedanken zu ordnen und dann erinnerte sie so ein blödes Kärtchen an ihren besten Freund. Plötzlich kam ihr etwas in den Sinn, dass er vor etwa einem halben Jahr gesagt hatte. ‚Seiner besten Freundin macht man keinen Heiratsantrag.’ Genau, kein Heiratsantrag, also schön alles wieder vergessen, was da gerade versuchte, seinen Weg in ihre Gedanken zu bahnen.

„Rose!“ Verdammt! Sein Auftauchen war sogar noch schlimmer, als dieses dumme Namenskärtchen. Rose atmete einmal tief ein und aus, um sich zu fassen und drehte sich dann zu Scorpius um. Sie schaffte es sogar, ein Lächeln auf ihre Lippen zu zaubern. Andererseits, das passierte ihr sowieso immer, wenn sie Scorpius sah.

„Ich dachte, du wolltest das Ding gar nicht fangen.“

„Natürlich nicht! Aber dieser blöde Strauss hat mich praktisch angesprungen.“ Rose verschränkte die Arme vor der Brust.

Fast schon zärtlich griff Scorpius nach ihren Händen und löste ihre Arme aus ihrer verschränkten Position. „Gleich wird das erste Lied gespielt. Willst du tanzen?“

Rose schrie innerlich die schlimmsten Schimpftriaden. Wie konnte sie sich darauf konzentrieren, sich und Scorpius nicht in amourösen Situationen zu sehen, wenn er sie mit diesem wundervoll süssen, kleinen Lächeln ansah und sie zum Tanzen aufforderte? Sie waren doch nur Freunde! Das war sicher diese schreckliche Hochzeit, die ihre Gefühle so in Wallungen brachte. Unter normalen Umständen würde ihr doch nicht heiss und kalt zugleich werden, wenn Scorpius sie so ansah.

„Komm schon. Die Musik hat bereits begonnen und Victoire tanzt schon mit Bill!“ Ohne auf ihr Einverständnis zu warten, zog Scorpius sie zur Tanzfläche. Rose war sich nur zu bewusst, dass die Blicke aller auf ihnen lagen, als sie in Scorpius’ Armen auf die Tanzfläche trat.

Was ihr Vater wohl dachte? Der kurze Blick, den er ihr zuwarf, als sie an ihm vorbei tanzten, sagte wohl schon genug. Seine schlimmste Befürchtung schien Wirklichkeit zu werden. Nach und nach füllte sich die Tanzfläche auch mit anderen Paaren und je mehr Zeit verging, desto mehr vergass sich Rose in Scorpius’ Armen. Sie sog seinen Duft ein und legte irgendwann ihren Kopf an seine Schulter.

„Bist du nicht froh, dass du mitgekommen bist?“, fragte sie irgendwann leise. Ihre gesamte Selbstbeherrschung war vor einigen Minuten verschwunden. Gerade hielt nichts ihre Zunge und ihre innersten Gedanken im Zaum.

„Natürlich bin ich das! Du weißt, ich bin immer froh, wenn ich mit dir Zeit verbringen kann.“ Er lächelte und drehte sie dann galant einmal um die eigene Achse.

„Aber das wird nicht immer so sein!“ Rose biss sich auf die Zunge, sobald dieser Satz über ihre Lippen war. Was hatte sie da nur gerade gesagt? Als sie ihren Blick hob und Scorpius in die Augen sah, wusste sie sofort, dass er verstanden hatte, was sie mit diesem Satz gemeint hatte. Er zog sie wieder näher zu sich.

Leise flüsterte er ihr ins Ohr. „Das kann es aber.“

Vier Worte. Vier einfache, kleine Worte, die ihm ebenso wegen fehlender Selbstbeherrschung über die Lippen gerutscht waren, wie zuvor Rose’ Worte. Es waren vier kurze Worte, die alles für immer veränderten.
 

In den nächsten Wochen nach der Hochzeit gingen Rose und Scorpius allem aus dem Weg, dass irgendwie auch nur andeutungsweise mit ihnen beiden als Paar zu tun hatte. Das endete sogar darin, dass die beiden plötzlich wieder zu Hause zu Abend assen und erst danach in ihre gemeinsame Wohnung zurückkehrten.

Ihren Eltern war das natürlich aufgefallen und sowohl die Familie Malfoy, wie auch die Familie Weasley waren sehr beunruhigt über diese neuste Entwicklung. Ja, sie waren beunruhigt. Denn irgendwie hatten sie sich damit abgefunden, dass diese, wenn auch komische und nicht gerade sonderlich tolerierte, Verbindung dazu beigetragen hatte, dass beide immer ihr Bestes gaben.

Eines schönen Abends kurz vor Weihnachten, Scorpius sass bei seinen Eltern am Tisch und ass wortlos das ihm vorgesetzte Mahl, wandte sich Draco Malfoy an seinen Sohn und fragte: „Wie geht es Rose? Du hast lange nichts mehr von ihr erzählt.“

Im ersten Moment hätte sich Scorpius fast an dem Stück Fleisch verschluckt, das er gerade im Mund hatte. Als er sich wieder einigermassen unter Kontrolle hatte, tat er so, als wenn das gerade eben nicht geschehen wäre. „Gut. Aber wieso interessiert dich das? Ich dachte, du magst sie nicht.“

Draco zuckte nur kurz mit den Schultern. „Ausser ihren roten Haaren hat sie nicht sonderlich viel von einer Weasley, weshalb sie halbwegs akzeptabel ist. Willst du sie an Weihnachten zum Abendessen mitbringen?“

„Damit Grossvater sie bei lebendigem Leibe rösten kann?“ Scorpius fiel wieder in seine alte Masche zurück und zog passend dazu eine Augenbraue hoch.

Astoria Malfoy kicherte am anderen Tischende. „Nein, damit wir sie deinem Grossvater vorstellen können. Er ist wirklich daran interessiert, sie kennen zu lernen.“

„Aber da sich anscheinend einiges zwischen euch geändert hat, worüber ich eigentlich froh bin, werde ich Vater wohl sagen müssen, dass er Rose nicht kennen lernen wird.“ Durchdringend sah Draco seinen Sohn an.

So gut es ging, hielt Scorpius seinem Blick stand, bis er irgendwann leise fragte: „Worum genau geht es eigentlich in diesem Gespräch?“

Schweigen breitete sich am Tisch der Malfoys aus. Erst verstand Scorpius nicht, doch nachdem er mehrfach zwischen seinen Eltern hin und her geblickt hatte, ging ihm langsam ein Licht auf. „Ihr glaubt, ich und Rose wären ein Paar, stimmts?“

„Wir sind nicht die Einzigen, die das glauben.“, gab seine Mutter zu. „Ich habe vor ein paar Wochen zufälligerweise Hermine Weasley in der Winkelgasse getroffen und wir haben uns ein wenig über euch zwei unterhalten.“

„Anscheinend glauben wirklich alle, dass wir ein Paar sind.“ Scorpius sprach mehr zu seinem Teller als zu seinen Eltern.

„Also seid ihr kein Paar?“ Draco hackte fast schon hoffnungsvoll nach.

Scorpius biss sich auf die Unterlippe, so fest, dass sie ein klein wenig zu bluten begann. „Nein, sind wir nicht.“

Wieder breitete sich Schweigen zwischen den Malfoys aus. Astoria und Draco musterten ihren Sohn aufs Genauste, hofften sie doch, irgendwie schlau aus seinem gesamten Verhalten zu werden. Er war nie ein Malfoy gewesen, zumindest nicht so wie sein Vater und Grossvater einer waren. Draco hatte von seinem Vater jedoch versichert bekommen, dass es alle paar Generationen einmal jemanden in ihrer Familie gab, der etwas aus der Reihe tanzte. Zuletzt war das ein gewisser Urgrossonkel Harold gewesen, von dem Draco erst erfahren hatte, als man seinen Sohn nach Ravenclaw geschickt hatte. Nun hatte halt einmal Draco das Pech, dass gerade sein Sohn wieder einer dieser etwas speziellen Malfoys war. Wobei, im Nachhinein war er froh, dass nicht er dieses Gen geerbt hatte. Er hätte kein schönes Leben geführt, denn sein Vater wäre wohl nicht so nachsichtig mit ihm gewesen, wie er mit Scorpius.

Als Draco seinen Sohn musterte, erkannte er plötzlich etwas, das ihn in seinem tiefsten Inneren als Vater berührte, spezieller Sohn hin oder her. Sein Sohn litt und zwar schrecklich. Deswegen fragte er nun vorsichtig nach. „Freunde seid ihr schon noch, oder?“

Scorpius schwieg erst einige Sekunden, bevor er antwortete. „Ich weiss es nicht. Kann sein, dass ich es versaut habe.“
 

„Hoho, es herrscht Ärger im Paradies.“ Graham sass auf dem Sofa in Rose’ und Scorpius’ gemeinsamer Wohnung.

„Hör auf damit!“ Rose nippte an einer Tasse Tee. Sie sass, die Beine angezogen, in ihrem Lieblingssessel und versuchte, Graham und ihren Cousin Albus, der neben ihm auf dem Sofa sass, zu ignorieren.

„Aber es ist doch so! Erzähl doch jetzt endlich, was zwischen dir und Scorpius vorgefallen ist! Sogar ein Blinder mit einem Krückstock sieht doch, dass eure wunderbare Freundschaft einen ziemlichen Knacks wegen irgendetwas abbekommen hat.“ Albus hatte sich vorgebeugt. „Sogar Mum und Dad fragen mir Löcher in den Bauch wegen euch zwei.“

Schweigend betrachtete Rose die Tasse in ihrer Hand. Was war denn genau vorgefallen? Scorpius hatte ihr andeutungsweise gesagt, dass er sie liebte. Zumindest hatte sie seine Worte so interpretiert. Aber was, wenn sie sie falsch interpretiert hatte? Immerhin wollte sie nicht ihren besten Freund verlieren, bloss weil sie ihr Herz nicht im Griff hatte. Aber, wenn sie richtig lag, würde sie dann nicht ihre Freundschaft aufs Spiel setzen? Was, wenn sie zwei als Paar nicht funktionierten?

Während sie ihren Gedanken nachhing, war Albus aufgestanden und hatte sich zu Rose auf die Sessellehne gesetzt. „He, Rosy, sprich mit mir. Was ist passiert?“

Eine Träne rollte ihr die Wange hinunter. „Ich weiss es nicht. Verdammte Scheisse!“

Albus konnte ihr gerade noch die Tasse aus der Hand nehmen, bevor Rose weinend in sich zusammen sackte. Beruhigend strich Albus ihr über den Rücken, während Graham ihre Hand hielt.

„Sag doch einfach, was los ist. Vielleicht können wir dir ja helfen.“, sprach Graham mit ruhiger Stimme auf sie ein.

Nach ein paar Sekunden hob Rose den Kopf und schniefte einmal laut. Dann begann sie in einer unglaublichen Geschwindigkeit, ihr Herz auszuschütten. „Diese verdammte Hochzeit ist schuld. Davor waren es bloss einzelne Gedanken, die ich problemlos aus meinem Kopf habe streichen können! Jetzt sehe ich ihn, mich, uns zusammen jedes Mal, wenn ich die Augen schliesse. Und wenn er vor mir steht, würde ich ihn am liebsten küssen! Ich… ich…. Und dann hat er mir an dieser verflixten Hochzeit auch noch diese verdammten Sachen gesagt… Ich hasse ihn dafür, dass er all das, was ich vorher so gut verschlossen habe, um unsere Freundschaft nicht zu gefährden, hervor geholt und verstärkt hat. Anfangs… da hab ich geglaubt, es wäre einfach nur eine Schwärmerei, weil er immer für mich da und so lieb zu mir ist… aber das ist es nicht… Verdammter Arsch! Warum kann er das nur so einfach mit mir machen?“

Ungläubig starrte Albus seine Cousine an. „Du liebst ihn wirklich! Ich glaub’s ja nicht. Verdammt, jetzt schulde ich James doch tatsächlich zwanzig Galeonen.“

Trotz ihres nervlichen Zusammenbruches schaffte es Rose, ihren Cousin strafend anzublicken, weil er mit seinem Bruder um ihr Verhältnis zu Scorpius gewettet hatte. Die zwei würden bei der passenden Gelegenheit noch eine kleine Abreibung bekommen, das nahm sie sich gerade fest vor.

„Und jetzt?“, fragte Graham nach einigen Augenblicken.

„Was und jetzt? Gar nichts und jetzt! Ich weiss nicht, wie er zu mir steht und ich will ihn nicht fragen, weil das unsere Freundschaft kaputt machen könnte!“ Graham verschwand vor ihren Augen, als ein neuer Schwall Tränen sich ihren Weg aus ihren Augen über ihre Wangen hinunter bahnten.

Graham räusperte sich leise. „Von welcher Freundschaft genau redest du? Doch nicht etwa von der, die seit etwa zwei Monaten nicht mehr zu existieren scheint, oder?“

Rose sog scharf die Luft ein und presste ihre Kiefer zusammen. Obwohl sie es nicht hatte wahrhaben wollen, lag in Grahams Worten nichts als die Wahrheit. Welche Freundschaft konnte sie denn noch zerstören, wenn da gar keine mehr war? Doch die Wahrheit war in diesem Augenblick einfach zu viel für sie. Sie konnte sie nicht ertragen. Zwischen zusammen gebissenen Zähnen zischte sie hervor: „Verschwindet, alle beide! Ich will jetzt allein sein!“

„Aber…“, wollte Albus sie beruhigen. Er kam jedoch nicht weiter.

„Raus habe ich gesagt!“ Nun schrie Rose. Sie war ruckartig aufgestanden und starrte ihren Cousin nun böse an. Erst als dieser die Hände hob und sich von der Sessellehne erhob, liess sie sich wieder auf ihren Platz sinken.

Unter Rose’ wachsamem Blick erhob sich auch Graham und gemeinsam verliessen die beiden jungen Männer die Wohnung und liessen eine zutiefst verzweifelte Rose zurück. Gerade hatte sie jeglichen Halt verloren und erst jetzt erkannte sie, wie viel Scorpius ihr schon ihr Leben lang bedeutete.
 

Als Scorpius spätnachts wieder nach Hause kam, erwartete er nicht, dass Rose noch wach war. Eigentlich hatte er gehofft, ihr die nächsten paar Tage wieder aus dem Weg gehen zu können, denn das Gespräch mit seinen Eltern hatte ihn doch sehr aufgewühlt. Hatte er wirklich mit seinen doch etwas zu tiefen Gefühlen für Rose konfrontiert werden wollen? Eigentlich nicht, denn mit diesen Gefühlen kam die Unsicherheit. Manchmal hatte er den dringenden Verdacht, dass Rose mehr wollte, als nur eine Freundschaft, aber dann gab es auch wieder Moment, da war er vom Gegenteil überzeugt. Genervt hatte er sich am Tisch seiner Eltern die Haare gerauft, bevor er ihnen zum wohl ersten Mal in seinem Leben sein Herz ausgeschüttet hatte. Erstaunlicherweise hatte sein Vater ihm geraten, Rose darauf anzusprechen, denn vielleicht hatte er ja Glück und sie empfand ebenso tief für Scorpius, wie er für sie. So halb, dass es fast niemand hören konnte, hatte Draco dann noch angefügt, dass er mit einer Weasley in der Familie leben könne, solange Scorpius glücklich sei und ihre Kinder nicht ihre Haarfarbe erben würden.

Als Scorpius nun also im Wohnzimmer stand, dass nur spärlich durch die Strassenlaterne vor dem Wohnblock, in dem sie ihre Dreizimmerwohnung gemietet hatten, erhellt wurde, erstarrte er im ersten Moment vor Schreck, als er Rose unbeweglich und mit offenen Augen im Sessel sitzen sah. Erst auf den zweiten Blick erkannte er, dass ihre Augen rot und geschwollen waren und der Boden um sie herum mit Taschentüchern bedeckt war.

Mit zwei schnellen Schritten war er bei ihr und ging vor ihr in die Knie, damit er auf Augenhöhe mit ihr war. Schweigend blickte sie ihn an. Es tat Scorpius im tiefsten Innern seines Herzens weh, sie so zu sehen. Sie musste lange geweint haben, wenn ihre Augen so rot waren. Warum hatte sie wohl geweint? Wäre er ein guter Freund gewesen, wäre er für sie da gewesen, um sie zu trösten. Innerlich schalt er sich einen schrecklichen Menschen, weil er, trotz seinem gesamten Gefühlschaos nicht für seine beste Freundin da gewesen war. Dass ihre Tränen aus ihrem eigenen Gefühlschaos ihn betreffend heraus entstanden waren, konnte er ja nicht wissen.

Sanft fuhr er ihr mit einer Hand übers Gesicht und wischte ihr eine Träne aus dem Augenwinkel. „Rose, was ist passiert?“

„Nichts.“ In ihrem trotzigen Ton schnauzte sie ihn beinahe an. Dabei schob sie ihre Unterlippe ein klein wenig vor. Wie sehr er es mochte, wenn sie das tat.

„Komm schon, Rose. Ich weiss, ich war in letzter Zeit kein guter Freund, aber das wird sich ab jetzt wieder ändern.“ Er war beseelt davon, ihre Freundschaft wieder zu beleben. Denn er wollte Rose auf keinen Fall verlieren. Wenn er sie nicht lieben durfte, würde er doch wenigstens immer für sie da sein.

„Was willst du denn ändern? Wir werden nie wieder eine solche Freundschaft haben wie früher. Und daran sind nur du und deine verdammten Worte schuld!“

„Was habe ich denn gesagt?“ Scorpius zog seine Hand zurück und rückte ein wenig von ihr weg.

„Dass es immer so bleiben kann, wir zwei zusammen!“ Erneut wurde Rose von einem Heulkrampf gepackt.

Scorpius verstand erst gar nicht. „Wie, wir zwei immer zusammen?“

Zwischen zwei Schluchzern presste Rose hervor: „Wir zwei zusammen ohne irgendwen anders. Wir zwei als Paar!“

Mit einem Schlag wurde es mucksmäuschenstill in der Wohnung. Rose schluckte ihre Tränen hinunter, so gut es ging, und die, die sie nicht hinunter schlucken konnte, weinte sie stumm. Scorpius starrte sie bloss mit offenem Mund an. Bilder fingen sich an in seinem Kopf zu formieren, Bilder, von denen er nie wirklich zu hoffen gewagt hatte, dass sie Wirklichkeit werden könnten.

Drei Mal musste Scorpius ansetzen, bis er endlich einen Satz zustande brachte. „Würdest du das denn wollen?“ Er hatte Angst vor der Antwort, doch er musste es wissen. Wenn er jetzt nicht gefragt hätte, er hätte sich niemals dazu getraut.

„Ja.“ Rose Stimme war nicht einmal mehr ein Flüstern, so leise hauchte sie dieses eine Wort, das ihr ganzes Leben verändern würde.

Scorpius musste erst einmal verdauen, was er gehört hatte. Dann, nachdem einige Sekunden verstrichen waren, beugte er sich vor, legte seine Hände auf Rose’ Wangen und hauchte in ihren allerersten Kuss hinein: „Ich auch.“

Seine Lippen legten sich auf ihre und in dem Moment schlang Rose stürmisch ihre Arme um seinen Hals, zog ihn näher zu sich hin, öffnete ihren Mund und verlangte mit ihrer Zunge fast schon gierig Einlass in seinen. Wie gerne er ihr das erlaubte. Der Kuss wechselte von verlangend zu zärtlich und wieder zurück. Es schien, als wären ihre Münder eigens füreinander geschaffen worden, so wunderbar gingen sie in diesem, ihrem ersten, Kuss ineinander über. Irgendwann löste sich Scorpius von Rose’ Mund und bahnte sich mit kleinen Küssen einen Weg ihr Kinn hinunter bis zu ihrem Hals. Dort befasste er sich einige Sekunden mit ihrer Halskuhle, sog ein wenig an ihrer Haut und als er den Kopf wieder hob, zeichnete sich auf ihrer Haut bereits eine dunkle Färbung ab.

„Damit alle wissen, dass du nur mir allein gehörst!“ Mit diesen Worten hob er sie aus ihrem Sessel und erhob sich mit ihr.

„Mein Schlafzimmer! Dein Bett ist mir zu hart!“ Dirigierte ihn Rose zwischen zwei Küssen in die richtige Richtung.

Als Scorpius Rose auf ihr Bett legte und sich über sie beugte, flüsterte er leise: „Ich liebe dich, Rose Weasley.“

„Ich liebe dich auch, du verdammter Malfoy!“
 

„Wenigstens bin ich nicht der Einzige, der nicht begeistert von der Sache ist.“, stöhnte Ron laut.

Draco Malfoy neben ihm nickte nur mit einem Brummen. Eigentlich hatte der ja gehofft, dass Rose seinen Sohn abweisen, und nicht, dass er sie gleich schwängern würde. Nun, ändern konnten sie es nicht mehr. Geschehen war geschehen und immerhin, das konnten weder Draco, noch Ron von der Hand weisen, sie waren beide komplett vernarrt in das kleine, goldblonde Mädchen, dessen Haare in der Sonne rot schimmerten, welches ihrer beider erste Enkelin war und das gerade begeistert auf ihren ersten Besen krabbelte.

Die gesamte Weasleysippschaft hatte sich im Garten des Fuchsbaus zu einem gemütlichen Familientreffen versammelt und man hatte, Rose zuliebe, auch Familie Malfoy eingeladen. Das Positive an der Sache: Hermine und Ginny haben festgestellt, dass Astoria Malfoy eigentlich eine recht freundliche Person war und nun sassen die drei Frauen an einem Ende des Tisches und streckten die Köpfe zusammen.

„Ich habe ein schlechtes Gefühl bei der Sache.“ Rose musterte ihre Mutter, Tante und Schwiegermutter in spe, wie sie aufgeregt diskutierten.

Scorpius grinste. „Nun, du hast ihnen erlaubt, unsere Hochzeit zu organisieren, nicht ich. Also füge dich einfach deinem Schicksal. So schlimm kann es gar nicht werden.“ Hermine und Astoria hatten Freudentänze aufgeführt, als sie erfahren hatten, dass sich Rose und Scorpius nach Jahren endlich verlobt hatten.

Mit viel sagendem Blick zog Rose eine Augenbraue hoch. „Nun, wenn ich allein schon an den Heiratsantrag zurück denke, dann kann das ja nur in die Hose gehen.“

„Was genau willst du damit andeuten, Weasley?“ Sogleich kniff Scorpius die Augen zusammen und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Du weißt genau, wovon ich rede. ‚So was muss man nicht proben.’ Genau deine Worte, werter Meister der Heiratsanträge. Na ja, wir haben ja gesehen, wie Recht du mit deiner Aussage hattest.“

Scorpius blieb eine Erwiderung im Halse stecken, weil er genau im selben Moment aus dem Augenwinkel heraus beobachten konnte, wie Ron, Harry und sein Vater den Besen seiner kleinen Tochter mit einem Schwebezauber in die Höhe beförderten. „Vater! Hör sofort auf damit und lass Unicorn wieder runter!“ Geschwind sprang er auf und rannte zu seiner nun schon in drei Metern Höhe schwebenden Tochter.

Neben Rose glucksten Graham, Albus und James vergnügt, als sie Scorpius dabei beobachteten, wie dieser mit einem weiteren Zauber seine Tochter vom Besen und in seine Arme segeln liess, um danach seinen Vater, Harry und Ron zusammen zu stauchen, weil sie die kleine Unicorn in Gefahr gebracht hatten.

„Wisst ihr, obwohl ich mich in den letzten vier Jahren eigentlich hätte daran gewöhnen müssen, finde ich es immer noch zum Schreien komisch, was für eine Glucke Scorpius doch ist.“, meinte Graham nach einer Weile. „Manchmal frage ich mich sogar, ob dass wirklich mein bester Freund oder einfach ein Klon ist.“

Die anderen lachten, auch Rose. „Da hast du vollkommen Recht. Glaub mir, ich hab während meiner gesamten Schwangerschaft mehrfach das Bedürfnis gehabt, ihn einen Kopf kürzer zu machen. ‚Liegst du bequem, Rose?’ ‚Soll ich dir was zu essen holen, Rose?’ ‚Rose, bist du sicher, dass das gut ist für das Kind?’ ‚Was? Die Wehen setzen ein? Scheisse, aber ich hab doch dieses verdammte Buch über Geburten noch nicht fertig!’“ Äffte Rose Scorpius nach.

Die drei jungen Männer verkniffen sich ein Lachen, denn genau in dem Moment kam Scorpius mit seiner kleinen Tochter auf dem Arm zum Tisch zurück. „Was ist? Warum schaut ihr mich alle so komisch an?“

„Gar nichts ist, ich hab ihnen nur gerade erzählt, wie unfähig du gewesen bist, mir einen Heiratsantrag zu machen!“ Um sich vor Scorpius geballter Wut zu schützen, nahm sie ihm schnell ihre Tochter ab und grinste ihn dabei schelmisch an. „Ich hab dir ja gesagt, du solltest so etwas üben, aber nein, wieder einmal mehr schlägst du meine Hilfe aus. Und jetzt schau mich nicht so böse an.“

Scorpius liess sich schmollend auf den Platz neben Rose sinken. „Ich glaube, ich überlege mir das nochmals mit der Hochzeit.“

Grinsend sah sie ihn an. „Bist du dir da sicher?“ Mit diesen Worten lehnte sie sich über ihre Tochter hinweg zu ihm hinüber und küsste ihn kurz auf den Mund. „So was und viel mehr noch bekommst du dann nie wieder. Wie war das? Ich hab dich nicht ganz verstanden.“

Graham stupste Albus und James an, die sich sehr beherrschen mussten, um nicht los zu grölen. Es war aber auch zu köstlich, zu sehen, wie Scorpius’ Wut langsam ablaute und er Rose anschaute. „Hast du ihnen wirklich von meinem Heiratsantrag erzählt?“

Rose schüttelte bloss mit einem breiten Lachen den Kopf. „Nein, natürlich nicht. Sie dürfen wissen, dass du es auf die grausamste Weise versaut hast, aber was genau passiert ist, geht die drei nichts an. Und vor allem, du kennst ja Graham. Wenn er es weiss, weiss es übermorgen ganz Pumblemere United und alle seine Fans.“

Das war eine kleine Anspielung auf Grahams Gratulation, als er erfahren hatte, dass seine beiden besten Freunde ein Kind erwarteten. Kurz vor Beginn eines Spieles hat der Stadionsprecher in seinem Namen folgende Botschaft verkündet: „Graham Wood gratuliert Rose Weasley und Scorpius Malfoy ganz herzlich, dass sie endlich geschnallt haben, dass sie total ineinander verschossen sind und auch super zusammen passen, auch wenn er nicht ganz verstehen kann, warum man dann auch gleich ein Kind zeugen muss.“ Während dieser Ansage wurde auch noch zusätzlich ein Scheinwerfer auf die Loge gerichtet, in der Rose, die damals bereits im fünften Monat schwanger und deswegen schon recht rund war, und Scorpius gerichtet, damit auch jeder im Stadion wusste, um wen es gerade ging. Leider haben Rose und Scorpius von dieser Ansage nicht sonderlich viel mitbekommen, weil sie gerade mit Knutschen beschäftigt gewesen waren.

„Ach kommt schon, so schlimm war das gar nicht. Immerhin haben alle gelacht!“, verteidigte sich Graham wie jedes Mal. „So schlimm könnt ihr es gar nicht gefunden haben, sonst hättet ihr mich ja nicht zum Patenonkel der kleinen Unicorn gemacht, oder?“ Während er das sagte, kitzelte er seine Patentochter am Bauch, wobei diese vergnügt in die Hände klatschte.

Rose beachtete gar nicht, was Graham gesagt hatte, sondern fragte ihre kleine Tochter: „Willst du ein wenig mit Onkel Graham spielen gehen?“

„Ja, ja! Spielen wir Pferdchen reiten?“ Graham verzog das Gesicht. Er liebte seine Patentochter abgöttisch, wie eigentlich alle, die das kleine Mädchen mit den engelsgleichen Locken und den graubraunen Augen einmal gesehen haben, aber er war sich sicher, dass er irgendwann einmal einen Rückenschaden davon tragen würde, weil er immer Pferdchen reiten mit ihr spielen musste.

„Willst du nicht lieber Besen fliegen?“

Über Rose hinweg sah Scorpius Graham an, beide Augenbrauen hochgezogen. „Ich habe meine Tochter nicht vor meinem Vater gerettet, damit du ihr keine zehn Minuten später den Hals brichst, haben wir uns verstanden? Es wird Pferdchen reiten gespielt, sonst nichts. Kannst ja Albus und James als Ersatzpferde mitnehmen!“

Die drei Angesprochenen verdrehten bloss die Augen. Eigentlich hatten alle erwartet, dass Rose zur Glucke heranreifen würde, aber anscheinend war das in dieser Beziehung ein wenig anders. Graham nahm die Hand seiner Patentochter und ging zusammen mit Albus und James hinaus auf die Wiese vor dem Fuchsbau.

Sobald die vier weg waren, zog Scorpius Rose in seine Arme. „Wie lange willst du mir diese Sache mit dem Heiratsantrag eigentlich noch vorhalten?“

„So lange, wie du dich darüber aufregst. Dann finde ich dich nämlich immer besonders sexy.“ Rose sah ihn mit verführerischem Blick an.

Scorpius schüttelte bloss ungläubig den Kopf. „Ich glaub’s echt nicht. Manchmal frage ich mich, warum ich dich überhaupt gefragt habe.“

„Ich bin die Mutter deines Kindes, du liebst mich und wenn ich so an gestern Abend zurück denke, liebst du auch meinen Körper, und ausser mir kommt sowieso niemand mit deinen Macken klar.“

Bevor Scorpius etwas erwidern konnte, rief seine Mutter quer über den Tisch zu den beiden herüber: „Wie wär’s mit einer Hochzeit im Februar? Irgendwo im Schnee.“

Scorpius zuckte bloss die Schultern und schaute Rose an. Die schien kurz etwas nachzurechnen, so wie ihr Gesicht gerade aussah, dann rief sie zurück: „Ginge es nicht einen oder zwei Monate früher? Oder erst im Sommer?“

„Wieso? Dezember ist immer schwierig für Hochzeiten, weil da auch noch gleich Weihnachten ist.“, mischte sich Hermine in das Gespräch ein.

Auch Scorpius schaute Rose interessiert an. „Ja, was hast du gegen Februar?“

Rose kratzte sich am Kopf und versuchte gerade die interessierten Blicke zu ignorieren, die auf ihr lasteten. Alle, die sich gerade im Garten der Weasleys befanden, selbst die kleine Unicorn, blickten Rose interessiert an. Doch Rose konzentrierte sich nur auf Scorpius’ Gesicht.

„Weil ich nicht hochschwanger vor den Traualtar will.“, flüsterte sie ihm leise zu, sodass es auch ja niemand ausser ihm hören konnte.

Für einen Moment starrte Scorpius sie verständnislos an, dann klappte ihm der Unterkiefer herunter und seine Augen wurden so gross wie Platzteller. Stotternd fragte er nach: „Du… du bist schwanger?“

Rose nickte leicht. Sie war sich plötzlich nicht sicher, ob Scorpius überhaupt ein zweites Kind wollte, darüber gesprochen hatten sie nämlich nie wirklich. Doch diese Sorge verschwand sogleich wieder, denn Scorpius packte sie und küsste sie leidenschaftlich.

Den Umstehenden, die nur verwundert Scorpius’ Reaktion beobachtet haben, dämmerte es langsam und nach einigen Sekunden fragte Albus quer durch den Garten rufend: „Werde ich diesmal Patenonkel? Ich könnte das bestimmt viel besser als Graham!“

Kurz lösten sich Rose und Scorpius voneinander, sahen einander in die Augen und antworteten ihm dann synchron: „Vielleicht!“

Zu mehr als einem Wort liessen sie sich nicht hinreissen, denn sie wollten ihren Kuss endlich fortsetzen.

Draco und Ron schauten sich an und seufzten beide. „Na, wenigstens sind sie glücklich.“, brachte Ron nach einigen Sekunden der Resignation heraus. Draco nickte und fügte an: „Vielleicht schafft es wenigstens der Nachwuchs nach Slytherin.“ „Oder Gryffindor!“, erinnerte Ron ihn.

„Von mir aus auch Gryffindor. Solange gute Noten und ein Quidditchpokal dabei raus schauen, könnte ich auch mit einem Grosskind leben, das in Gryffindor gewesen ist.“ Draco verdrehte bloss die Augen und dachte daran, wie sein Familienname und die damit verbundene Tradition langsam den Bach hinunter gingen. Aber wie gesagt, sie waren glücklich und irgendwie konnte er sich so wenigstens mit dem Ganzen abfinden. Und seine Enkelin war ein unglaublich goldiges Kind, dass selbst Lucius Malfoy von sich hat überzeugen können und das wollte ja wohl was heissen.

Hermine hatte derweil ihren Zauberstab geschwungen und Sekunden darauf flogen Gläser und Champagnerflaschen aus der Küche in den Garten. „Irgendwie habe ich mir schon so was gedacht.“, lachte sie vergnügt, als sie mit einem weiteren Schwenk die Gläser füllte und je eines vor sich, Ginny und Astoria Malfoy nieder sinken liess.

Rose und Scorpius bekamen jedoch von alledem gar nichts mehr mit, viel zu sehr waren die zwei mit sich selbst beschäftigt. Irgendwann legte Scorpius seine Hand auf ihren Bauch und sagte leise: „Diesmal wird es hoffentlich ein Junge.“

„Ja, das wäre schön. Aber, Scorpius, tu mir einen Gefallen: Wenn meine Wehen einsetzen, sag mir bitte nicht, dass du irgendein Buch noch nicht fertig gelesen hast, sonst werde ich dir mit eben diesem Buch den Schädel einschlagen.“, drohte ihm Rose mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen.

„Einverstanden. Ich werde es nur denken. Ich liebe dich, Rose.“

„Ich liebe dich auch, du verdammter Malfoy!“



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Kommentare zu dieser Fanfic (21)
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Von:  _Natsumi_Ann_
2009-08-25T08:35:49+00:00 25.08.2009 10:35
naja auch wenn naerben männlich wirken so schön ist es auch nicht xDD
aber war eine gute idee :)
Von:  _Natsumi_Ann_
2009-08-25T08:32:17+00:00 25.08.2009 10:32
ich kann mir zwar nuicht vorstellen, dass sie Freunde sind oder er noch nie ein anders Mädchen vorher geküsst hat, aber das ist jedem selber überlassen ^^"
sonst fanbd ich es recht putzig das malfoy immer einen kuss vor jede "gute Tat" haben wollte XD
Von:  _Natsumi_Ann_
2009-06-11T11:44:13+00:00 11.06.2009 13:44
hihi beste freunde xD
andere variante hätte ich nie gedacht^^
aber hat was^^
Von:  _Natsumi_Ann_
2009-06-11T11:27:35+00:00 11.06.2009 13:27
sehr schön <3
Von:  Lily_Toyama
2009-04-11T12:03:25+00:00 11.04.2009 14:03
Ein wirklich süßes Ende, aber wie kommt man bitte auf den Namen Unicorn?
Und einen Stelle finde ich etwas sehr unrealistisch, wenn sie noch nie in ihrem Leben jmd geküsst hat, und dann nach zwei Sekunden gleich in einen leidenschaftlichen Zungenkuss zu verfallen und dann gleich geschwängert zu werden, geht doch alles bischen schnell.
Sonst war es echt niedlich, besonders Scorpius als Glucke.
Seinbar muss Draco seinen Absprüche immer weiter runterschrauben, und zum Glück tut er es.
Freu mich auf den nächsten.^^
hdl
Lily
Von:  Dahlie
2009-04-10T15:46:00+00:00 10.04.2009 17:46
"Die wehen setzten ein? Scheiße! Ich habe das Buch noch nicht durch!" - Zitat Scorpius Malfoy...

*brüllend am Biden liegt*

G E N I A L

Wirklich, ein anderes Wort gibt es dafür einfach nicht!
*nickt*
Ich meine, wo hast du solche Sprüche her?

Das Draco am ende doch ruhig blieb, ja das hat mich schon regelrecht erfreut, denn das zeigt, das es in deiner Sammlung, doch noch so etwas, wie veränderungen gibt - dinge, die in den meisten FFs völlig außenvor gelassen werden.

lg Dahlie
Von: abgemeldet
2009-04-10T12:39:36+00:00 10.04.2009 14:39
*lachtränen aus den augen wisch*
das war geil! vor allen das mit dem Pferdchen reiten!!!!
und ich fand es unglaublich süß, wie fürsorglich scorpius ist! und der name seiner tochter ist ja knuffig!!!
ein lob auch an die erwachsenen, die das ganze akzeptiert haben!!!

und natürlich auch ein dickes, fettes lob an dich für dieses geniale kapitel!!!
ich liebe es!!!
nur weiter so!!!

(erste *muhaha*)

lg emmett
Von:  Lily_Toyama
2009-04-07T19:52:46+00:00 07.04.2009 21:52
Wieder Teil 1 und Teil 2, darf ich dich daran erinnern das du bei Naruto immer noch ein Teil 3 aussteht? *g*
Aber das hier war ein wirklich sehr toller erster Teil, und einen neue Interpretation der Häuseraufteilung, ich habe noch nie gelesen das Scorpius nicht nach Slytherin kommt, aber das gefällt mir.
Wir haben wirklich ähnliche Gedanken, auch bei mir sind die Ältestes der Woodkinder Zwillinge, aber etwas älter und sie heißen Maren und Felix.^^ (Aber das dauert noch bis sie vorkommen, nämlich bis zum Epilog)
Aber zurück zum Thema: Die beiden werden heiraten, ist doch klar.^^
Und weißt du an was mich das Kopf in den Schoß legen erinnert: An Draco und Pansy.
Am besten hat mir bis jetzt die Einteilungszeremonie gefallen, das war echt süß von Rose für Scorpius zu klatschen.
Hdl
Lily
Von:  Dahlie
2009-04-07T12:06:34+00:00 07.04.2009 14:06
Ich glaube ich hätte mich in zei geteilt, an Dracos stelle ;]
genial war der Spruch mit: je älter du wirst desto mehr ziehst du unsere Familientradition in den Schmutz!
*auf den Tisch haut*
einfach nur großartig!

...

das schlimmste währe, wenn die beiden heiraten?
Na los kinder, ab in die Kirche
*Rose in ein Kleid steckt*
*scorpius hinerher schiebt*
worauf wartet ihr noch?
Verpasst Draco und Ron den gnadenstoß!
Von: abgemeldet
2009-04-05T21:06:39+00:00 05.04.2009 23:06
ich fass es nicht!!!!!! wieso teilst du das in zwei teile? ich meine....es war grad voll spannend und dann...*puff* schluss!!!
bitte schreib gaaaaaaaaaaaaaaaaanz schnell weiter und wenn du schon fertig geschrieben hast, dann lad es gaaaaaaaaaaaaaaaaaaaanz schnell hoch!!!!!!
der os(teil 1) ist so geil. süß war die szene auf dem dachboden und ich finde es irgendwie voll cool, dass die jeweiligen familien sich doch irgendwie mit der sache anfreunden^^

ich hoffe doch, dass sie ihre Eltern herausfordern werden und heiraten!!!!

ich finds echt megageil, nur weiter so!

bekomm ich dann wieder eine ens?
lg emmett

*fette eins für den os geb*


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