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Der Feuerhahn

von

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…voller Trauer…

Nach etwas längerer Wartezeit hier nun ein das vorletzte Kapitel der Story :)

Viel Spaß beim Lesen
 


 


 


 

Mein Bruder, der abwechselnd zu uns und unserem Verwandten schaute, nahm seinen ganzen Mut zusammen, vielleicht, weil er mir aus der Situation helfen wollte. Er zeigte mit seiner kleinen Hand auf mich und sagte: „Sie... sie malt sehr gut...“

Die Gesichtsmuskulatur unseres Verwandten spannte sich. Er zog die Stirn kraus. Seine Augen nahmen einen finsteren Ausdruck an. Er fragte erstaunt: „Was tut sie? Was tut sie?!“

Mein Bruder wiederholte gebrochen: „S...ie... ma...lt... g...gut...“

Mir war nicht klar, was unseren Verwandten an dem Satz meines Bruders so zornig machen konnte. „Sie malt?!“ Er zeigte mit seinem Finger auf mich und stieß hervor: „Sie malt? Was malt sie? Was malt sie?!“

Mein Bruder antwortete mit gesenktem Kopf: „Sie malt alles.“

Unser Verwandter schüttelte den Kopf und stieß hervor: „Teufelswerk lernt sie...“ Dann schaute er mich böse an und fragte: „Lernst du das Teufelswerk?“

Ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte. Ich blickte auf den Teppich nieder. Ich verstand die Beziehung zwischen dem Teufel und mir nicht. Ich hatte Angst vor dem Teufel. Ich bekam vor mir selber Angst und schaute hilflos zu meiner Mutter. Diese war in ihrem großen weißen Tschader verschwunden. Es kam mir vor, als hörte ich die Stimme des Verwandten aus weiter Ferne. Er sprach vom Teufel. Er redete vom Jenseits und von dieser Welt. Er erzählte noch, dass vor langer Zeit eine Frau einem Mann dazu verführt habe, einen Apfel aus einem verbotenen Baum zu essen und unser Verwandter sei wegen ihr aus dem Paradies vertrieben worden. Unser Verwandter habe das Paradies geliebt, denn dort sei Milch und Honig geflossen und er sei von schönen Jungfrauen und Knaben umgeben gewesen, die ewig jung blieben, ich wusste nicht, was er mit ihnen gemacht hatte. Aber eine Frau sei allein schuldig gewesen, denn sie habe den Befehl des Teufels ausgeführt...

Unser Verwandter war nun richtig in Rage. Sein Gesicht zitterte. Seine Halsadern traten hervor, sie waren ganz blau geworden. Er schrie. Seine Sätze schlugen wie eine Peitsche auf mich ein. Ich wollte meine Ohren mit den Händen zuhalten. Aber seine bösen Blicke nahmen mir den Mut, mich auch nur zu rühren. Ich schaute zu meiner Mutter, in deren Augen sich Wut und Hass abzeichneten. Mir schien es, als wäre meine Mutter mit jedem Satz des Verwandten kleiner und kleiner und ihre Augen größer und größer geworden. Der Befehl, den unser Verwandter plötzlich hervorstieß, erschreckte mich: „Geh und bring mir deine Bilder!“

Ich stand auf. Die Maulbeeren fielen aus meiner Hand. Unter den angstvollen Blicken meiner Mutter und meines Bruders ging ich zum Schrank, öffnete die Tür und nahm alle meine Bilder heraus. Meine Hände zitterten. Auch die Blätter in meinen Händen zitterten und verursachten ein raschelndes Geräusch, das seltsame Gedanken in meinem Kopf weckte. Es kam mir vor, als hätten meine Bilder Angst. Meine Knie zitterten so stark, dass man meinte, es hören zu können.

Ich legte meine Bilder vor ihm hin und blieb zitternd vor ihm stehen. Ich fühlte mich ganz klein. Unser Verwandter schaute sich meine Bilder eines nach dem anderen an und fragte: „Was ist das?“

„Eine Blume...“

„Und das?“

„Ein Pferd...“

„Was ist das?“

„Ein Reh...“

„Was ist das?“

„Eine Katze...“

Für einen kurzen Moment kam mir das Bild des gütigen, heiligen Mannes, der sein Gewand für eine schlafende Katze zerschnitten hatte in den Sinn und verschwand wieder.

Der Gesichtsausdruck des Verwandten verdüsterte sich mehr und mehr. Seine Halsadern schwollen immer stärker an. Seine Gesichtsmuskeln spannten sich. Er schaute zu meiner Mutter und brüllte: „Wisst ihr, wo das endet?“ Und er antwortete selbst: „Beim Zorn Gottes... Zorn Gottes... wie kann sie es wagen diese Lebewesen zu malen!“

Ich bekam Angst vor Gott und vor seinem Zorn. Ich wollte mich irgendwo verstecken, damit mich dieser Gott nicht sieht, nicht findet.

Unser Verwandter sah wieder meine Mutter an und stieß hervor: „Diese Lebewesen werden am jüngsten Tag Klage gegen deine Tochter erheben und fordern: Du hast uns gemalt, jetzt gib uns auch das Leben. Kann sie das?“

Das Kopftuch meiner Mutter bewegte sich. Sie flüsterte ihr „Nein“, so leise, dass nur sie selbst es hören konnte. Ich starrte meine Bilder an. Sie kamen mir allesamt hässlich vor. Ich fürchtete plötzlich, dass ich eines Tages von all diesen missgebildeten Wesen umgeben sein würde. Von den missgebildeten, hässlichen Blumen, Pferden, Katzen...

Ich war sehr erschrocken. Unser Verwandter hob das Bild mit dem Hahn in die Höhe, seine Farben füllten für einen Moment meine Augen. In diesem Moment vergaß ich unseren Verwandten, seinen Zorn, mich selbst und meine Angst.

Doch die Stimme unseres Verwandten holte mich schnell wieder in die Wirklichkeit zurück: „Schnell! Bring ein Streichholz... ein Streichholz!“ Wie ein Roboter setzte mich in Bewegung. Ich öffnete den Schrank, nahm die Streichhölzer, kehrte zurück und gab sie unserem Verwandten.

Dieser stand auf und eilte aus dem Zimmer in den Hof. Mein Bruder folgte ihm, den Tränen nahe, auch meine Mutter folgte ihnen.
 


 

Hoffe es hat euch gefallen =)



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