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Abenteuer an der Pokémon Akademie

von

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Neue Herausforderungen

„Und zwo, drei, vier!“

„Plinfa, Plinfa, Plin, Plin, Plinfa.“

„Che, Chelast, Che, Chelast.“

“Aus dem Quell der Wahrheit entsprungen, spiegelt das Wasser …“

“Karni, Karni, Karnimani.”

“…des Sees die Strahlen der unergründlichen Morgensonne....“

„Feu, Feu, Feurigel.“

„...Geheimnisvolles Wesen aus den tiefen des Ursprungs...“
 

So schallte ein altes Volkslied aus der Sinnoh Region am frühen Morgen des nächsten Tages durch den von C-Schülern gefüllten Musikraum. Sie hatten gerade begonnen es in ihrer ersten Musikstunde zu lernen. Das Besondere daran, sie sollten mit ihren Pokémon zusammen singen. Nur hatte das gesangliche Talent um einige Pokémon, sowie Trainer, einen ziemlich großen Bogen gemacht, sodass sich so mancher schiefer Ton untermischte. Jede noch so kleine Disharmonie ließ ihre Lehrerin, die am Klavier saß und sie begleitete, fast schon schmerzvoll zusammenzucken, als müssten ihre Ohren unsägliches Leid ertragen.

Sie hieß Prof. Wolf und genauso sah sie auch aus. Die Frau hatte ein scharf geschnittenes, etwas spitz nach vorn auslaufendes Gesicht, mandelförmige grünliche Augen und ihre weiß-grauen Haare waren so dicht, dass man sie schon fast als Pelz bezeichnen konnte. Nachts war die Lehrerin sicher eine Begegnung der äußerst unheimlichen Art.

Ihre Stimme, die sie ihnen gleich zu Beginn vorgeführt hatte, hatte jedoch mit tierischem Heulen nichts zu tun, sondern war kristallklar und erklomm selbst die Gipfel des Soprans so spielerisch, dass sie der potenzielle Insolvenzgrund eines jeden Glasherstellers hätte sein können.

Ihr feines Gehör ermöglichte es ihr, jeden noch so kleinen Misston herauszuhören und da hatte es gerade sehr viel zu tun.

Als in der zweiten Strophe Akarin anfing, voller Begeisterung lauthals, aber völlig aus dem Takt und vor allem schief, mit „Glu, Glu, Glumanda“ das Stimmengewirr zu übertönen, erstarben ihre Hände im Melodiespiel. Sie sprang auf und schrie so laut, dass bereits die Fensterscheiben anfingen bedrohlich zu vibrieren: „Stopp!!! Das ist ja nicht zum Aushalten!“

Sofort verstummten alle. Oder zumindest fast alle, denn Glumanda hatte vor lauter Inbrunst den Befehl überhört und sang fleißig weiter, bis ihm seine Trainerin plötzlich den Mund zuhielt. Er schaute sie zunächst etwas erstaunt an, als er aber mit bekam, dass alle außer ihm still waren, verstand es die Botschaft.

„Danke.“ Prof. Wolf schnaufte erleichtert aus, schloss die Augen und atmete tief durch, bevor sie schließlich erstaunlich gefasst hervorbrachte: „Also, das müssen wir wirklich noch üben.“

Die Schüler sahen sich untereinander an, doch außer Schulterzucken hatten sie keine Bewertung der Aussage parat. Für ihre Begriffe hatten sie sich gar nicht so schlecht angehört, doch wenn die Frau meinte, dass sie üben mussten, würden sie eben üben. Solang sie sangen, konnten sie wenigstens keine Musiktheorie, die sie ihnen schon umfangreich und mit funkelnden Augen angekündigt hatte, machen. Singen war nicht anstrengend und gemeinsam mit ihren kleinen Schützlingen auch einigermaßen lustig. So hatte niemand was dagegen, dass sie die komplette Zeit nur damit verbrachten, zu versuchen jeden Ton korrekt zu treffen. Doch abgesehen von einigen zusätzlichen grauen Haaren für Prof. Wolf, war die Stunde relativ ergebnislos.
 

Nach der zweiten, fast schon zur Gewohnheit gewordenen, Stunde in Pokémonkunde machten sie sich gemeinsam auf den Weg zur Nächsten. Von Prof. Amber hatten sie erfahren, dass Prof. Morris sie zur praktischen Verhaltensforschung draußen am Eingang zum Gebäude erwartete würde. Doch eigentlich hätte sie sich diese Info auch sparen können, denn den etwas untersetzten Mann konnte man schon vom obersten Treppenabsatz aus erkennen. Das neongelbe Jackett und die grellorangene Krawatte waren wie Hinweisschilder, die es gar nicht zuließen, dass man sie übersah, auch wenn es wohl jeder seinen Augen zu Liebe, gern getan hätte.

In Paula kamen langsam Zweifel auf, dass dieser Mann einen Spiegel hatte bzw. überhaupt über Farbsehen verfügte.

Völlig überflüssiger Weise winkte der Professor aufgeregt mit den Armen, als er seine Klasse näher kommen sah.

Kaum hatten sie ihn erreicht, begann er auch schon begeistert seinen Plan für heute vorzustellen: „Wunderbar, dass sie endlich alle eingetroffen sind. Wir haben heute viel vor. Sie sollen mit den ersten Studien über Pokémon beginnen. Das wird sicher ganz famos. Aber nun kommen sie erst mal mit.“

Ohne eine Reaktion abzuwarten, wandte er sich um und entfernte sich vom Unterrichtsgebäude. Auf einer nahegelegenen, großen Wiese machte er Halt.

„So, nun setzen sie sich bitte.“

Seine Schüler sahen sich zunächst etwas erstaunt an, denn so richtig wollte sich keiner einfach so auf den Boden setzen, doch das Gras schien saftig, aber nicht nass und von ihren Uniformen hatten sie eh mehrere Exemplare. Eventuelle Grasflecken würden also zu verschmerzen sein.

Als sich alle im weichen Grün niedergelassen hatten, fuhr der Lehrer mit seinen Ausführungen fort: „Heute sollen sie lernen, worauf es bei der Erforschung des Verhaltens eines Pokémon ankommt, nämlich der genauen Beobachtung. Es ist unerlässlich sich genaustens mit den Reaktionen des Zielobjektes in verschiedenen Situationen zu beschäftigen. Nur detailliertes Protokollieren lässt am Ende Schlüsse ziehen. Dabei ist wirklich jede noch so kleine Regung wichtig, sei es ein kurzes Zucken mit der Nase, ein flüchtiges Aufleuchten der Augen oder ein kaum vernehmbarer Laut. Sie müssen sich voll und ganz auf das Pokémon konzentrieren. Praktisch mit ihm verschmelzen. Es wird eine Weile dauern, bis sie dazu in der Lage sind, die notwendigen Daten mit einem Male zu erfassen, aber sie werden genügend Gelegenheit haben, das zu üben. Heute fangen wir ganz einfach an. Jeder sucht sich ein Fleckchen und lässt seinen Pokémonpartner frei. Dann beobachten sie ganz genau, wie es sie begrüßt und schreiben alles, was ihnen auffällt, einfach auf. Los, los, nutzen sie jede Sekunde.“

Freudestrahlend und wild gestikulierend wies er seine Schüler an, sich einen Platz auf der Wiese zu suchen.

Zwar teilte keiner in der Klasse seine überschwängliche Begeisterung, doch die Instruktionen ließen auf eine recht entspannte Stunde schließen und dagegen hatte niemand etwas einzuwenden.

Für Paula hatte das Ganze noch einen weiteren sehr positiven Effekt. Sie konnte Glumanda endlich wieder Freigang verschaffen. Mit dieser Aussicht kam nun doch richtig Elan in ihr auf. Sie suchte sich mit Tifi und Gonni ein Plätzchen auf der Wiese. Kaum, dass sie sich ein paar Schritte voneinander entfernt niedergelassen und ihr Schreibzeug hervorgekramt hatten, hatte Paula auch schon den Pokéball in den Fingern.

Keine Sekunde später erschien ihre kleine Feuerechse auf der Wiese. Im ersten Moment sah sich Glumanda etwas verwirrt um, denn die Umgebung war schon wieder ganz ungewohnt, doch als es seine Trainerin erspähte, leuchteten seine Augen wieder fröhlich auf. Wie immer stürzte es sich begeistert in die Arme seiner Freundin.

Als es sich so an sie kuschelte und sie fröhlich anstrahlte, vergaß Paula binnen Sekunden, dass sie sich irgendwas notieren sollte. So saß sie einfach nur minutenlang auf der Wiese, kuschelte mit Glumanda oder sah verträumt zu, wie es neugierig die kleinen Blümchen betrachtete. Die Welt um sie herum war einfach völlig nebensächlich, zumindest bis Prof. Morris Stimme über das Feld hallte und seine Schüler anwies sich zu kleinen Gruppen zusammenzufinden, um das Verhalten der Pokémon untereinander in Augenschein zu nehmen.

Ohne lange Absprache fanden sich Tifi und Gonni bei Paula ein. Während sich Plinfa und Glumanda gleich herzlich begrüßten und sich anscheinend ziemlich viel zu erzählen hatten, nickte Geckarbor nur kurz und ließ sich entspannt im Gras nieder.

Die drei menschlichen Freunde setzten sich ebenfalls und halfen einander bei den Beobachtungsnotizen. Dieser Unterricht gefiel ihnen wirklich gut. Es war nicht allzu schwer, auch wenn manche Pokémon etwas umherwuselten, aber ihnen zu zusehen, machte den Trainern unheimlich Freude.

Gerade Paula hätte am liebsten den ganzen Tag hier gesessen und jede noch so kleine Bewegung von Glumanda beobachtet, denn das war so unendlich entspannend.

Doch mit der Entspannung sollte es gleich vorbei sein.

Glumanda und Plinfa saßen friedlich in der Wiese und waren mit Blumen pflücken beschäftigt, als von hinten plötzlich etwas herangepurzelt kam und gegen den Rücken des kleinen Pinguins stieß. Plinfa ließ vor Schreck die Blumen fallen, weil es das Gleichgewicht verlor und ebenfalls ins Rollen kam. Nach einem ungelenken Überschlag, knallte es hart auf dem Boden auf, oder wäre es zumindest, wenn da nicht ausgerechnet Geckarbors Schweif gelegen hätte. Als sich der Vogelschnabel unabsichtlich in das grüne Gewebe bohrte, sprang Geckarbor schmerzerfüllt auf.

„Geckarbor!“, beschwerte sich das Pflanzenpokémon ziemlich erbost bei Plinfa.

Dieses ruderte aufgeregt mit den Armen und wies jegliche Schuld von sich. Immerhin war es selbst geschubst wurden.

Also drehten sich nun beide zu dem eigentlichen Verursacher um.

Es war ein Panflam, dass trotz des kleinen Unfalls fröhlich herumhüpfte und sie frech angrinste.

„Plinfa! Plinfa! Plinfa!“, wandte sich der Pinguin mit Zornesfalten auf der Stirn zu dem Feuerpokémon.

Doch Panflam schien das nicht im Geringsten zu kümmern und erwiderte nur ein relaxtes „Pan, Pan.“

Geckarbor nahm das Ganze jedoch nicht so leicht auf, immerhin war es sein Schwanz der da gerade wie ein loderndes Feuer schmerzte. Missmutig stapfte es auf den Affen zu und baute sich drohend vor ihm auf. Mit einer ganzen „Geckarbor“-Salve geigte es Panflam die Meinung, aber dieses grinste nur unverfroren, machte einen Salto rückwärts und verdünnisierte sich. Als es sich dann allerdings auch noch umdrehte und Geckarbor und Plinfa frech die Zunge rausstreckte, riss beim Ersten der Geduldsfaden und sogar das Wasserpokémon vergaß für einen Moment sein friedfertiges Wesen. Wutentbrannt stürmten sie dem roten Spaßvogel hinterher.

Nur Glumanda saß immer noch an Ort und Stelle und sah den anderen mit großen Augen hinterher. Ob das wohl ein neues Spiel war?

Plötzlich leuchteten seine Augen erneut auf. Wenn ja, dann wollte es unbedingt mitmachen. Also sprang es auf und lief den Anderen munter hinterher.

Die waren immer noch mit der wilden Jagd quer über die Wiese beschäftigt.

„Plinfa, nein!“, schrie Tifi, als ihr Pokémon zu einer Pfundattacke ansetzte, doch dieses scherte sich in diesem Moment überhaupt nicht um die Worte seiner Trainerin.

Allerdings kam es auch nicht zur Beendigung dieser, denn plötzlich versperrten zwei menschliche Beine das Ziel.

„Hey, was macht ihr mit meinem Pokémon?!“

Panflam erkannte die Stimme seiner Trainerin und kam schnell herangeeilt, um sich hinter ihr zu verstecken. Von seinem sicheren Platz aus, streckte es seinen Verfolgern gleich noch mal die Zunge raus.

Geckarbor sträubte sich vor Wut das Fell, doch es war ihm leider unmöglich den unverschämten Affen zu erwischen ohne seiner Trainerin zu schaden.

„Was heißt hier „wir“? Dein Panflam hat angefangen!“ Auch Tifi war nun etwas ärgerlich, dass man sie zu Unrecht beschuldigte.

Panflams Trainerin, das Mädchen mit den roten Haaren, sah skeptisch zu ihrem Pokémon: „Kev, ist das wahr?“

Ertappt zuckte der angesprochene Affe zusammen, versuchte aber noch sein Gesicht zu einer Unschuldsmiene zu verstellen. Seine Trainerin schien es allerdings ganz gut zu kennen.

„Dann tut es mir leid, das hab ich nicht mitbekommen.“

Sie, ihr Panflam, die beiden Jäger und das etwas darüber, dass es das Spiel verpasst hatte, enttäuschte Glumanda gesellten sich wieder zu den drei Trainern.

„Los Kev, nun entschuldige du dich.“ Ihre Klassenkameradin schob ihr Pokémon vor, das sich etwas sträubte. Doch nach einem warnenden Blick seiner Trainerin, kratzte es sich verlegen am Hinterkopf, ging auf Plinfa zu und reichte ihm mit einem leisen, entschuldigendem „Panflam“ die Pfote. Zunächst war der Pinguin etwas skeptisch, doch dann siegte sein gütiges Wesen und es nahm die Entschuldigung an. Auch Glumanda ließ es sich nicht nehmen, die gereichte Gliedmaße zu ergreifen und gleich freundschaftlich zu schütteln, obwohl zwischen ihnen gar kein Konflikt bestanden hatte. Lediglich Geckarbor ignorierte das Versöhnungsangebot und drehte sich beleidigt mit verschränkten Armen weg.

„Sorry, das euch mein Pokémon solchen Ärger gemacht hat.“ Auch seine Trainerin streckte ihnen die Hand entgegen, „Ich bin Manja und das hier ist Kev.“

„Macht nichts, jetzt haben wir doch wenigstens was Interessantes zu schreiben. Setz dich doch zu uns.“, bot Paula an.

Während Panflam, Plinfa und Glumanda mit lustigen Hampelein unterhielt, saß Geckarbor immer noch beleidigt mit dem Rücken zu ihnen.

Alle gaben sich nun wieder fleißig der Beobachtung ihrer kleinen Schützlinge hin.
 

Nur Eine stand abseits ihrer Klassenkameraden und beobachtete schweigend das bunte Gewusel von Pokémon und Trainern, die fröhlich miteinander spielten und schwatzten.

Ein leichtes Gefühl von Traurigkeit streifte sie wie ein unangenehm kalter Windhauch. Sie würde wohl niemals dazugehören. Wie immer.

„Was ist denn mit ihnen? Wo ist denn ihr Pokémon?“ Morris Stimme riss Taja aus ihren trüben Gedanken.

„Ich kann mein Pokémon nicht zur Beobachtung herauslassen. Es ist etwas schwierig.“, gab sie verlegen zu.

Der etwas in die Jahre gekommene Mann lächelte sie jedoch aufmunternd an: „Ach was, nicht so schüchtern. Die Übung soll ja dazu dienen, dass sie mehr über ihr Pokémon erfahren und besser mit ihm klar kommen.“

„Aber das ist es nicht. Flemmli hat ein kleines Problem mit anderen Menschen und Pokémon. Deshalb will ich es hier lieber nicht rauslassen.“ Bei dem Gedanken, dass Flemmli wieder auf alles in seiner Umgebung losgehen würde, wurde Taja flau im Magen.

„Ach, nun haben sie sich nicht so. Was soll denn schon passieren?“

„Aber das geht wirklich nicht, Professor.“ Taja sah ihn schon leicht verzweifelt an.

Noch ehe die Schülerin erklären konnte, dass sehr wohl etwas passieren konnte, hatte ihr Prof. Morris den Pokéball schon aus der Hand genommen und auf den weißen Öffnungsknopf gedrückt. Ein roter Lichtstrahl schoss gen Boden, der ein kleines Feuerküken erscheinen ließ.

Taja hielt die Luft an und riss die Augen auf. Ihr Gefühl sagte ihr, dass dies gerade gar keine gute Idee gewesen war. Und als sie sah, wie Flemmlis misstrauischer Blick die Umgebung absuchte und schließlich auf jemanden hängen blieb, wusste sie, dass es überhaupt keine gute Idee gewesen war. In den Augen ihres Pokémon zog ein dunkler Nebel puren Hasses auf, der den unvorsichtigen Professor als Ziel gewählt hatte.

Dieser konnte gar nicht so schnell reagieren, wie der rote Federball auf ihn zugestürmt kam.

„Flemmli, nein!“

Taja konnte den geschockten Mann gerade noch am Ärmel erwischen und ihn ein Stück zur Seite ziehen, bevor Flemmlis Schnabel ihn erreichte. Das wutentbrannte Küken schoss haarscharf vorbei, wendete sich nach ein paar Schritten um und fixierte seinen vermeintlichen Gegner neu.

Seine Trainerin hatte in der Zwischenzeit geistesgegenwärtig reagiert und sich den Pokéball geschnappt, den der Professor vor Entsetzen fallen gelassen hatte. Schnell richtete sie das runde Objekt auf ihr Pokémon. Doch nicht schnell genug. Noch bevor der Rückholstrahl Flemmli erreicht hatte, öffnete es seinen Schnabel und spie ihnen eine Salve kleiner Flammen entgegen.

Prof. Morris konnte sich gerade noch rechtzeitig ducken, bevor ihm das Feuer ins Gesicht schlug. So entging er der Attacke knapp, wenn auch ein leicht verkohlter Geruch plötzlich die Luft erfüllte. Einige Spitzen seines eh schon lichten Haarkranzes wiesen eine Schwarzfärbung auf und hatten sich unter der Hitzeeinwirkung gekräuselt.

„Es..., es tut mir wirklich sehr leid.“, brachte Taja stammelnd hervor.

Der Lehrer stand etwas mühsam auf, putzte sich den Dreck von den Sachen und schüttelte sich den Schreck aus den Gliedern, sodass die dünnen, angesengten Haare auf seinem Kopf nur so herumwirbelten.

„Ach, nicht so schlimm. Ist ja alles noch dran. Aber ihr Flemmli hat wirklich ein feuriges Temperament. Hervorragende Glutattacke.“, stellte er mit einem fast schon bewundernden Blick fest.

Taja atmete erleichtert auf. Der Professor hatte anscheinend keinen Schaden genommen. Oder zumindest Keinen, den er nicht schon vorher gehabt hatte.

Auch bei der Schülerin fiel nun die Anspannung ab. Doch auch nur, bis sie bemerkte, dass sich sämtliche Augenpaare auf sie gerichtet hatten. Alle Schüler und Pokémon hatten den kleinen Tumult gespannt und zugleich geschockt verfolgt.
 

Oder zumindest fast alle, denn ein Augenpaar interessierte sich für etwas ganz anderes.

Der sanfte Wind, der die ganze Zeit fast beständig über die Wiese wehte, hatte ein kleines weißes Federflöckchen herangetragen. Glumanda beobachtete fasziniert den Windtanz des komischen Dings.

„Glu?“, brachte es erstaunt hervor, als sich das Flöckchen frecher Weise auf seiner Nase niederließ. Überrascht schüttelte es den Kopf, was den Weißling dazu veranlasste aufzustoben und seinen spielerischen Weg in der Luft fortzusetzen.

„Glu!“ Akarin verzog panisch das Gesicht. Es hatte doch nicht gewollt, dass das seltsame Objekt wieder weg ging. Es war doch so hübsch.

Mit einem weiteren sehnsüchtigen „Glu“ sah es seinem dahinschwindenden neuen Freund nach. Trauer überwältigte das kleine Pokémon plötzlich.

Und ohne auch nur einen Moment darüber nachzudenken, erhob sich Glumanda aus dem Gras und dackelte dem fliegenden Ding gebannt Richtung Wald hinterher.
 

„Das war ganz schön gefährlich.“, stellte Tifi immer noch leicht beunruhigt fest.

„Ja, da bin ich echt froh, dass mein Pokémon so lieb ist, nicht wahr Akarin?“ Paula drehte sich um, um ihrem kleinen Liebling über den Kopf zu streichen, doch als sie an den Platz tastete, an dem Glumanda gerade noch friedlich gesessen hatte, erstarrte sie.

Ihre Hand hatte ins Leere gegriffen.

Eine volle Welle Panik überschwemmte sie. Paula sprang auf und sah sich hastig in der Gegend um, doch zwischen all den Klassenkameraden und Pokémon, war ihre Feuerechse nirgends zu entdecken.

„Was hast du denn?“ Tifi hatte bemerkt, dass sich ihre Freundin plötzlich verändert hatte.

„Akarin ist weg!“, schrie sie aus, wirbelte herum und starrte ihre Freunde mit angsterfülltem Gesicht an.

„Aber er war doch gerade noch da.“, stellte Manja überrascht fest.

„Ich weiß. Ich hab doch nur ne Sekunde weggesehen und jetzt ist er nicht mehr da.“ Der Trainerin kamen kleine Tränen in die Augen.

„Ganz ruhig, wir finden ihn, er kann noch nicht weit sein.“, versuchte Tifi ihre Freundin zu trösten.

Sie hatten wirklich nur einen Moment weggeschaut, in dem Glumanda die Chance gehabt haben konnte stiften zu gehen, also musste es sich noch in der Nähe befinden.

Paula fand das Mitgefühl ihrer Freunde zwar nett, doch in ihr war alles so voller Angst ihr Pokémon niemals wieder zu sehen, dass sie momentan nichts beruhigen konnte. Sie wollte wieder den kleinen warmen Körper in ihren Armen spüren und das schon so vertraute zärtliche „Glu“ hören.

Gonni hatte dazu gar nichts gesagt, sondern gleich angefangen die Wiese abzulaufen.

„Also hier ist er nicht. Das würden wir sehen.“

„Dann bleibt eigentlich nur noch der Wald.“ Manja wies auf den nahegelegenen Waldrand.

„Klar, lasst uns da suchen.“, stimmte Tifi zu.

Während Paula schon ungefragt losstürmte, zögerte das Mädchen in der hellblauen Uniform noch einen Moment, ob es nicht besser war, sich bei ihrem Professor abzumelden. Doch der war immer noch so damit beschäftigt, ihre Mitschüler zu beruhigen, dass er ihnen wohl eh keine Aufmerksamkeit schenken würde.

Also liefen Tifi, Manja und Gonni mit ihren Pokémon im Schlepptau der voranstürmenden Paula hinterher.

Kaum hatten sie die Baumgrenze durchbrochen, empfing sie eine seltsam kühle Stille. Die dichten Bäume schienen sowohl das Sonnenlicht, als auch den Lärm der vergnügten Pokémon zu schlucken.

Ein leichter Schauer fuhr den Mädchen über die Haut. Aber Paula war egal, wie unheimlich auch immer dieser Wald war, sie musste ihr Glumanda finden und wenn sie jedes Blatt umdrehen würde.

„Wir sollten uns aufteilen, dann können wir mehr absuchen. Schaut nach Spuren am Boden.“ Auch Gonni ließ sich von der etwas gedrückten Atmosphäre nicht beeindrucken.

Tifi schien dieser Vorschlag nicht ganz zu behagen: „Können wir nicht wenigstens zu zweit gehen?“

Vorsorglich drückte sie sich etwas an Paula ran.

Trotz der unbändigen Sorge um ihr Pokémon schoss der ein Gedanke durch den Kopf und sie musste für einen winzigen Augenblick schmunzeln.

„Gut, dann gehst du mit Gonni. Wir bleiben über Messenger in Verbindung.“

Ehe sich Tifi versah, hatte Paula sie sanft neben den Jungen geschoben, sich Manja geschnappt und war in einer Richtung im Dickicht verschwunden.

Verdutzt sah Tifi ihrer Freundin hinterher, doch als ihr bewusst wurde, dass sie ab jetzt allein mit Gonni im Wald war, lief sie gegen ihren Willen leicht rot an. Doch der Junge schien es entweder nicht zu bemerken oder es interessierte ihn nicht, denn er verzog keine Miene, als er in die entgegengesetzte Richtung wies: „Dann gehen wir dort lang.“
 

„Akarin! Akarin! Wo bist du?“, schallte Paulas fast schon hysterische Stimme durch den Wald.

Sie und Manja durchstreiften nun schon einige Minuten aufmerksam den Forst, doch von Glumanda fehlte immer noch jegliche Spur.

Langsam kam pure Verzweiflung in der Trainerin hoch. Die hohen, dichten Baumkronen beschatteten sie völlig, sodass es ihr ziemlich schwer fiel, die Umgebung genau wahrzunehmen. Zusätzlich bildete das Dickicht eine scheinbar undurchdringliche Mauer.

Wie sollte sie Akarin in diesem Astgewirr wiederfinden?

Der zarte Tränenschleier, der sich über ihre Augen zog, machte die Suche auch nicht gerade einfacher.

Warum hatte sie auch nicht richtig aufgepasst?

Nun irrte ihr armes, kleines Pokémon mutterseelenallein durch den finsteren Forst und stand sicher schon Todesängste aus. Was, wenn es anderen wilden, ihm feindlich gesonnenen Pokémon begegnet war? War es vielleicht verletzt? Oder gar schon...

„Pan! Panflam!“, durchbrach ein aufgeregter Ruf Paulas Katastrophentheorien.

„Was gibt es, Kev?“, erkundigte sich Manja bei ihrem Pokémon, das die Suche aus den Baumwipfeln unterstützt und nun anscheinend etwas entdeckt hatte. Aufgeregt hüpfte es auf einem Ast hin und her und deutete angestrengt mit der Pfote in eine Richtung.

Paulas Herzschlag schoss in die Höhe. Sofort stürmte sie dort entlang, ohne sich daran zu stören, dass ihr zahlreiche Zweige ins Gesicht schlugen und Kratzer auf ihren Armen zurückließen. Sie wollte nur Glumanda wieder haben, alles andere war ihr gleichgültig.

„Akarin!“ Während sie fast blindlings durch das Gestrüpp brach, schrie sie immer wieder keuchend den Namen ihres Pokémon.

Ein plötzliches Rascheln aus dem Busch vor ihr, ließ sie allerdings abrupt stoppen. Auch ihre Atmung machte eine kurze Pause. Irgendetwas kam da auf sie zu.

„Akarin?“, fragte Paula etwas vorsichtig nach. Immerhin gab es hier sicherlich noch andere Pokémon außer Ihrem und die mussten nicht unbedingt friedlich sein. Ein leichter Angstschauer überkam sie, doch als plötzlich ein wohlbekannter Kopf aus dem Dickicht auftauchte, fiel alle Anspannung mit einem Male ab.

„Akarin!“, erleichtert stürzte sie auf ihren kleinen Liebling zu, ließ sich auf die Knie fallen und drückte ihn ganz fest an sich. Und auch Glumanda war froh, endlich wieder in den Armen seiner Trainerin zu liegen. Es war zwar toll gewesen, dem kleinen Federchen zu folgen und mit ihm zu spielen. Doch als der Wind seinen neuen Freund plötzlich unerreichbar fern in die Höhen der Baumkronen getragen hatte, hatte das verträumte Pokémon feststellen müssen, dass es überhaupt nicht darauf geachtet hatte, wohin es gelaufen war. So ganz allein im großen Wald, war der Feuerechse dann ganz und gar nicht wohl gewesen. Die ganzen fremden Geräusche und Gerüche hatten ihm Angst eingejagt. Aber jetzt war es wieder dort, wo es ihm am besten gefiel und alles war wieder gut.

„Mach das nie wieder.“, tadelte Paula, doch so richtig streng konnte sie es nicht herüberbringen, denn die Tränen übermannten sie.

„Glu?“ Akarin schaute ganz besorgt nach oben, als es die Wassertropfen auf seinem Kopf spürte.

Das Mädchen musste lächeln: „Schon gut, das sind nur Freudentränen.“

Sie war so unendlich glücklich ihren kleinen Schatz wieder zu haben.

„Hey, da seid ihr ja.“ Nun hatten auch Manja und Panflam den Ort des tränenreichen Wiedersehens erreicht. Doch als sie die Szene sah, ließ sie Paula noch einen Moment in Frieden und informierte lieber erst mal Tifi über den Erfolg ihrer Suche.

Einige Augenblicke der Stille vergingen, eh Manja sich wieder zu Wort meldete: „Eh? Na ganz toll.“

Die geringe Begeisterung in der Stimme ihrer Mitschülerin ließ Paula aufhorchen: „Was ist denn los?“

Sie wischte sich die feuchte Spur der Tränen aus dem Gesicht und stand langsam wieder auf, ohne jedoch den Klammergriff um Akarin zu lösen.

Manja hielt ihr nur den Messenger hin, sodass sie Tifis Nachricht lesen konnte: „Zum Glück. Ich bin erleichtert, aber... wir haben ein kleines Problem... Geckarbor ist verschwunden.“

„Was?“ Paula konnte es nicht wirklich fassen, dass sie nun den nächsten Ausreißer suchen mussten. Doch sie hatten zusammen nach Glumanda gefahndet, also würden sie auch zusammen nach Gonnis Pokémon Ausschau halten.

Also ging es weiter durch das lästige Gestrüpp. Per kurze Nachrichten lotste Tifi sie auf ihren Weg. Es dauerte ein Weilchen, dann konnten sie aus der Ferne leise „Geckarbor“-Rufe vernehmen, die es ihnen sehr erleichterten der Spur ihrer Freunde zu folgen.

Wenig später war Tifis helle Schuluniform im dunklen Grün zu erspähen.

„Da seid ihr ja, Gott sei Dank geht’s Akarin gut.“, begrüßte ihre Klassenkameradin sie erleichtert.

„Ja, ich bin ja so froh. Aber was ist denn nun mit Geckarbor?“, erkundigte sich Paula.

„Weiß auch nicht, es hat von oben gesucht, hat immer ein kleines bisschen vorgespäht, aber plötzlich ist es nicht mehr zurückgekommen. Wir haben schon fast überall in der Nähe gesucht.“, erklärte Tifi leicht verzweifelt.

Anscheinend hatten sie wirklich schon intensiv gesucht, denn die umliegenden Büsche sahen etwas bearbeitet aus.

„Na dann müssen wir wohl noch tiefer in den Wald.“, stellte Manja fest.

Also verteilten sie sich so, dass sie einander noch sehen konnten, aber einen relativ großen Bereich absuchen konnten. Doch von dem Pflanzenpokémon war nichts zu entdecken, zu mal das ganze Grün des Waldes nicht gerade hilfreich war.

Nach einiger Zeit des Umherstreifens bleib Gonni plötzlich stehen.

„Was hast du?“, wollten seine Klassenkameradinnen wissen.

„Ich glaub, ich hab was gehört.“

Alle lauschten. Wenn sie sich konzentrierten, konnten sie tatsächlich meinen, leise Rufe zu vernehmen. Ohne andere Anhaltspunkte blieb ihnen nichts anderes übrig, als dieser Spur nachzugehen.

Ein kalter Windhauch, der die Blätter knistern ließ, verschaffte ihnen eine Gänsehaut. Ein leicht ungutes Gefühl kroch in ihnen hoch, weshalb sie sich etwas vorsichtiger weiter bewegten.

Wenige Schritte weiter durchbrachen sie eine kleine Gebüschhecke, die ihnen den Blick auf eine Lichtung frei gab. Doch nicht nur auf die, sondern auch auf Geckarbor. Allerdings war es ein etwas unschöner Anblick, denn es hing total verdreht in einem riesigen Spinnennetz, dass sich zwischen den Bäumen erstreckte.

Anscheinend war Geckarbor bei seiner Suchaktion in diese überdimensionale Falle getappt. Und da war es nicht das Einzige, denn auf der anderen Seite hatte sich ein kleines, ebenfalls grünes Pokémon verfangen. Beide sahen in ihrer misslichen Lage nicht gerade glücklich aus.

Gonni lief gleich drauf los um sein Pokémon aus dem klebrigen Gefängnis zu befreien, doch er kam keine drei Schritte, als etwas von oben herunterschoss. Knapp vor seinen Füßen landete ein großer Haufen weißer Fäden. Unwillkürlich hoben alle den Kopf und sahen mit immer größer werdenden Unbehagen dem großem Schatten entgegen, der sich aus dem Baumwipfeln langsam herunterseilte.

Als das riesige Ariados sein Netz erreichte, ließ es die Cheliceren klappern und stieß ein bedrohliches Zischen aus. Offensichtlich war es so gar nicht damit einverstanden, seine Beute wieder herzugeben.

Die vier Trainer mussten schlucken. Das Spinnenpokémon war irgendwie in Natura sehr viel größer, als in ihrem Lehrbuch und es sah auch wesentlich gefährlicher aus.

Aber sie mussten Geckarbor irgendwie aus seinen Fängen befreien. Immerhin war es nur ein Ariados und sie hatten drei Pokémon zur Verfügung. Wäre da nicht dieser erhebliche Größenunterschied...

„Kev, greif Ariados mit Kratzer an.“ Manja war es leid nur untätig rumzustehen.

Und ihr Pokémon machte sich anscheinend auch nichts daraus, dass der Gegner ziemlich unbezwingbar aussah. Die kleine Flamme an seinem Hinterteil loderte angriffslustig auf. Mit entschlossenem Blick und wilden „Panflam“-Rufen stürmte es auf die Spinne zu.

Diese zischte noch angsteinflößender und schoss mit Fäden auf seinen näherkommenden Gegner. So pfeilschnell, dass Panflam nur wenige Schritte weit kam, bevor es von der klebrigen Masse erwischt und zu Boden geworfen wurde.

„Kev!“ Manja rannte so schnell es ging zu ihrem Pokémon und befreite es, bevor auch sie von den Spinnenfesseln umschlungen werden konnte.

„So hat das keinen Sinn. Wir brauchen nen Plan.“, stellte Gonni fest.

Die vier zogen sich zur Beratung ein paar Schritte aus Ariados Wirkungskreis zurück. Irgendwie musste diesem übermächtigen Feind doch beizukommen sein.

Es dauerte nicht lange, da stand ihr Schlachtplan zur Befreiung von Geckarbor fest.

Trainer und Pokémon gingen in Position. Entschlossen sahen sie der Riesenspinne entgegen. Jeder wusste, was zu tun war.

Ariados sah ihnen fast schon gespannt entgegen. Das erneute, wütende Klappern seiner Cheliceren gab das Startzeichen.
 

Gonni stürmte direkt auf das monströse Spinnennetz und seiner Bewohnerin zu. Diese wartete nicht lang und schleuderte ihrem Gegner die weißen Haftbänder entgegen. Doch der war vorbereitet und wehrte die Attacke mit einem dicken Ast ab, den er der Angreiferin nun gleich darauf entgegenschleuderte. Für Ariados war es zwar ein Leichtes dem Wurfgeschoss auszuweichen, doch für einen Moment war es abgelenkt, sodass Plinfa und Glumanda die Gelegenheit hatten, aus Gonnis Windschatten herauszutreten und von beiden Seiten auf das Netz zu zustürmen. Für das Giftpokémon waren diese Winzlinge zwar keine wirkliche Bedrohung, doch es konnte sich nur auf einen von ihnen konzentrieren. Und es wählte sich Glumanda.

Akarin hatte schon fast sein Ziel erreicht, als ein blitzschneller Fadenschuss seinen kleinen Körper fast vollständig umwickelte und es zu Fall brachte.

„Plinfa, jetzt Pfund!“, befahl Tifi ihrem Pokémon.

Der blaue Pinguin hatte durch Ariados Attacke gegen das Feuerpokémon genügend Zeit gehabt, um ausreichend nah an den Gegner heranzukommen. Sein kleiner Flügel fuhr angespannt auf das riesige Pokémon nieder, was allerdings außer eines kleinen Strauchlers keine große Wirkung zeigte.

Doch eigentlich reichte das auch schon, denn plötzlich geriet das Netz samt Spinne in heftigeres Schwanken.

Verwirrt sah Ariados nach oben und musste feststellen, dass ein roter Affe vom Baum aus gerade dabei war, mit scharfen Klauen sein feingewobenes Netz zu zerstören und seine Beute zu befreien. Mit einem schnellen Schuss wollte es Panflam außer Gefecht setzen, doch eine erneute Pfundattacke gegen eins seiner Beine brachte es im eh schon zittrigen Netz zum Balanceverlust, sodass der klebrige Strahl gegen den Baum klatschte. So hatte Panflam Zeit mit einer letzten Kratzerattacke das hilflose Geckarbor zu befreien und zum nächsten Gefangenen zu springen.

Als sich die Fesseln lösten, war Geckarbor einfach nur unglaublich froh, wieder Bewegungsfreiheit zuspüren. Aber auch wütend, auf den, der sie ihm genommen hatte. Von Baum aus ließ es sich auf Ariados herunterfallen, welches die nahende Pfundattacke von oben nicht kommen sah, da es zu sehr damit beschäftigt war, sich den nervigen Pinguin vom Leib zu halten. Also traf Geckarbors Schweif es völlig unvorbereitet genau auf dem Kopf. Zwar war die Wucht der Attacke für so ein großes Pokémon kaum der Rede wert, doch da genau in diesem Moment der Feueraffe viele weitere Fäden durchtrennte, um den anderen Käfer aus dem Gefängnis zu befreien, geriet es in arge Gleichgewichtsprobleme.

„Akarin...“

„Panflan..“

„Jetzt!“, befahlen beide Trainerinnen ihren Pokémon gleichzeitig, denn sie hatten die ganze Zeit auf diesen Augenblick gewartet.

Glumanda war nicht untätig geblieben, sondern hatte sich in seiner Gewebehülle langsam immer näher an das Netz herangekugelt. Nun konnte es endlich das einzige Körperteil zücken, dass es noch bewegen konnte. Sein Schwanz fuhr herum und hielt die kleine Flamme gegen die zarten, glitzernden Fäden. Im gleichen Augenblick streckte Panflam Ariados noch mal kräftig die Zunge raus und ließ dann sein feuriges Hinterteil gen Spinnennetz niederfahren. Das feine, weiße Gewebe fing sofort Feuer, dass sich nun von zwei Stellen aus direkt auf die Monsterspinne zu bewegte und zwar so rasend schnell, dass es nicht mehr reagieren konnte.

Während alle vier Angreifer in Sicherheit sprangen, krachte es ohne sein Netz unsanft zu Boden.

Doch das Feuer hatte noch einen weiteren Effekt. Ein kleiner Funken sprang auf den Faden über, der das andere kleine, eben befreite Käferpokémon an einem Ast gehalten hatte. Erschrocken stürzte es ebenfalls in die Tiefe. Allerdings war seine Landung weniger unangenehm.

„Keine Angst, ich hab dich.“ Als es die großen Augen öffnete, sah es in das Gesicht eines nett lächelnden Mädchens, dass es aufgefangen hatte und nun sanft in den Armen hielt.

„Raupy.“, bedankte es sich glücklich.

Paula wollte das kleine Pokémon eben wieder absetzen, da erstarrte sie in der Bewegung. Ariados hatte sich von seinem Sturz schon wieder erholt, war auf seinen vier dünnen Beinen und stand praktisch direkt vor ihr.

Paula lief ein kalter Schauer über den Rücken. Bei dem Gedanken das arme kleine Raupy retten zu wollen, hatte sie nicht eine Sekunde an ihren noch nicht besiegten Feind gedacht.

Ariados war durch den ganzen Ärger nun noch schlechter gelaunt und kam mit bedrohlichem Blick immer weiter auf sie zu.

Plötzlich schob sich etwas kleines zwischen sie. Todesmutig stellte sich Akarin vor sie, um seine Paula zu beschützen.

„Glu!“, forderte es das Spinnenpokémon auf zu verschwinden.

Doch dieses nahm die Feuerechse nicht im Geringsten ernst. Gerade als es zu einer Attacke ansetzen wollte, erstarb es plötzlich mitten in der Bewegung. Wie vom Blitz gerührt stand es da. Auf einmal machte es einen Schritt rückwärts und ehe sich die Trainer versahen, hatte es sich so schnell verdünnisiert, als wäre ihm gerade etwas unglaublich Wichtiges eingefallen, dass es dringend zu erledigen galt.

„Was war das denn?“ Paula schaute etwas irritiert dem große Vieh nach, von dessen Anwesenheit nur noch entferntes Blätterrascheln zeugte.

„Keine Ahnung. Hauptsache es ist weg.“ Gonni zuckte nur mit den Schultern.

Die Pokémon waren wieder in Sicherheit, was anderes interessierte ihn nicht.

„Ja, zum Glück ist niemand dabei verletzt wurden.“ Tifi hatte gleich kontrolliert, ob eines der Pokémon bei dem Kampf etwas zugestoßen war, doch außer etwas Erschöpfung zeigten sich keine Spuren.

„Aber hey, ich muss sagen, wir haben uns echt gut geschlagen.“, stellte Paula fest.

„Stimmt, das war tolles Teamwork.“, stimmte Manja ihrer Klassenkameradin zu.

Sie lächelten sich alle zu und fast automatisch streckten alle ihre Hände und Pfoten in die Mitte, um sie übereinander zu legen. Trainer und Pokémon fühlten sich plötzlich einander sehr verbunden, denn sie hatten dieses kleine Abenteuer alle gemeinsam erfolgreich überstanden. Selbst Geckarbor vergaß seinen kleinen Streit mit Panflam und reihte sich in den Kreis ein.

Mit einem kleinen Siegesschrei ließen sie ihre Hände triumphierend nach oben fahren.

Bei allen stellte sich ein ziemliches Glücksgefühl ein. Nicht nur, dass sie diesen doch recht schwierigen Kampf gemeistert hatten, sie hatten dabei auch starke Freundschaftsbande aufgebaut.

Doch so schön es auch war, mit lauter Freunden hier im Wald zustehen, so drängte sich doch zumindest bei Tifi das Pflichtbewusstsein wieder ins Gedächtnis.

„Ich glaube wir sollten langsam wieder zurück, die Stunde müsste gleich um sein.“

Alle nickten und wollten sich wieder auf den Weg machen, als Paula etwas auffiel. Sie hatte da immer noch was im Arm.

Behutsam setzte sie das schmale Käferpokémon auf den Waldboden. So wie es sie ansah, kam in ihr der starke Wunsch auf, es einfach mit zunehmen, doch als sie eben zum Sprechen ansetzen wollte, tauchten aus den umliegenden Gebüsch plötzlich weitere grüne Raupen auf.

„Rau, Rau, Raupy.“, begrüßten sie das kleine Pokémon aufgeregt und scharrten sich um es.

„Das ist wohl deine Familie, was?“, fragte Paula nach, woraufhin das befreite Raupy nickte.

Ein leises Trauergefühl schlich in der Trainerin auf. Sie hatte den kleinen Wurm irgendwie schon ins Herz geschlossen, doch so liebevoll, wie es gerade von seinen Artgenossen umsorgt wurde, war es wohl besser, es dort zu lassen.

„Na dann mal Tschüß, Kleiner. Pass gut auf dich auf und lass dich nicht wieder fangen.“ Als sie aufstand und sich umwandt, war zwar ein Lächeln auf ihren Lippen, doch ihr Herz war irgendwie seltsam schwer geworden.

Während sie sich zu ihren Freunden gesellte und sie gemeinsam immer weiter außer Sichtweite gerieten, verfolgte sie der ebenso traurige Blick eines kleinen, grünen Käferpokémons.
 

Und noch ein Blick, den sie nicht mitbekam, folgte ihr beim Weg aus dem Wald. Im Halbdunkel der Bäume zeichnete sich eine Silhouette, lässig an einen Baumstand gelehnt, ab.

„Interessant.“ Ein süffisantes Lächeln umspielte die Lippen.

Plötzlich schoss ein weiterer Schatten neben der Gestalt zu Boden.

„Gut gemacht, Ariados.“

Ein roter Strahl durchbrach die Dunkelheit. Kurz darauf gab es an dieser Stelle, nur noch das geheimnisvolle Säuseln des Windes.
 

„Man bin ich satt.“ Paula lehnte sich genüsslich zurück und hielt ihren Bauch.

Nach der Aufregung im Wald hatten sie in der anschließenden Mittagspause alle ordentlich zugeschlagen, um wieder neue Kräfte zu sammeln.

Prof. Morris hatte zwar etwas verwundert geschaut, als vier seiner Schüler plötzlich gegen Ende der Stunde aus dem Wald aufgetaucht waren, doch gesagt hatte er nichts. Irgendwie hatte er so ausgesehen, als mache er sich ernsthaft darüber Gedanken, ob er ihnen nicht die Anweisung für diesen Abstecher gegeben und das bloß wieder vergessen hatte. Aber da niemand irgendwelche Fragen gestellt hatte, hatten es die vier Trainer einfach unter den Teppich gekehrt und sich lieber darauf konzentriert die Mensa zu stürmen.

Nun saßen sie alle wieder gestärkt und entspannt im Klassenraum und erwarteten die nächste Stunde, die hoffentlich ereignislos verlief.

Das tat sie tatsächlich und zwar mehr als gedacht, denn es vergingen geschlagene 20 Minuten, ohne das sich irgendetwas regte.

Ihr Lehrer für Pokémonzucht schien die Klasse völlig vergessen zu haben.

Nach ein paar Diskussionen darüber, was nun zu tun sei, entschied sich Paula den pflichtbewussten Stimmen zu folgen und im Sekretariat nachfragen zu gehen, ehe alle aus dem Klassenraum stürmen würden. Sie war gerade dabei nach der Türklinke zu greifen, als das Türblatt aufgerissen wurde.

Etwas erschrocken blickte sie den jungen Mann an, der völlig fertig vor ihr stand. Anscheinend war er ziemlich gerannt, denn sein Gesicht war rot angelaufen und aus seinen zerstrubbelten blonden Haaren rannen kleine Schweißtropfen auf seine in Falten gelegte Stirn.

„Tschuldigung.“, brachte er keuchend hervor, während er sich kurz mit einer Hand am Türrahmen abstützte.

Plötzlich drückte er sich ab, atmete tief durch, nahm die Hände in die Hüften und richtete sich fröhlich strahlend auf.

„Entschuldigt, dass ich zu spät bin, aber ich hatte noch eine wichtige Angelegenheit auf der Farm zu klären. Doch nun, lasst uns mal schnell anfangen, bevor es wieder klingelt.“ Er kratzte sich verlegen am Hinterkopf, deutete Paula sich wieder zu setzen, was sie auch ohne Umschweife tat, und setzte sich dann halb auf den Lehrertisch.

Alle Augen richteten sich musternd auf ihn. Er sah noch ziemlich jung für einen Professor aus, doch vielleicht ließen ihn das muntere Lächeln, die funkelnden grünen Augen und die sonnengebräunte Haut weniger alt erschienen, als er tatsächlich war. Auf jeden Fall schien er sich um sein Äußeres nicht wirklich Gedanken zu machen, denn die ausgewaschenen Jeans wiesen zahlreiche Flecken und Risse auf, genauso wie das blaue Karohemd, dass zerknittert aus dem Bund hing. Auf einer Farm wäre er sicher nicht weiter aufgefallen, doch hier im Klassenraum gaben die Strohlame in seinem Haar irgendwie ein sehr unpassendes Bild ab.

Und auch seine Art zu sprechen, vermittelte nicht unbedingt den Eindruck eines Lehrers: „So dann will ich mal zur Sache kommen. Freu mich auf unsere erste Zuchtstunde. Hier werdet ihr alles lernen um eure Pokémon erfolgreich vermehren, sie liebevoll aufzuziehen und gut zu pflegen. Es ist zwar auch einiges zu lernen, aber ich denke es wird euch Spaß machen und vieles macht ihr sicher instinktiv richtig.“

Er richtete ein zuversichtliches Lächeln an seine Schüler, die sich tatsächlich gleich entspannter zurück lehnten, weil von diesem Lehrer offensichtlich keine Gefahr ausging.

„Ach ja, ich bin übrigens Prof. Collins, aber ich bin nicht so für Förmlichkeiten, also nennt mich einfach John.“, erklärte er noch kurz, bevor er sich den eigentlichen Unterrichtsthemen widmete.

Er zauberte binnen kürzester Zeit eine ausladende Übersicht über alle wichtigen Punkte, die man bei der Aufzucht von Pokémon beachten musste an die Tafel und schon nach einer halben Stunde war ihnen allen klar, dass Pokémon züchten und großziehen wahrscheinlich doch nicht ganz so einfach war, wie es sich so mancher vorgestellt hatte. Prof. Collins machte ihnen auch klar, dass es noch ein Weilchen dauern würde, bis sie tatsächlich in der Praxis mit dem Züchten beginnen würden. Vorerst sollten sie sich in den ganzen Pflegepraktiken üben.

Diese Nachricht enttäuschte Paula zwar ein bisschen, denn sie hätte gern so schnell wie möglich einen ganzen Stall voll kleinen Glumandababys gehabt, doch sie sah ein, dass sie erst mal lernen musste, wie sie diese am Besten versorgen konnte, damit es auch ja allen ihrer kleinen Lieblinge gut ging. Also musste sie sich wohl oder übel gedulden. Allerdings nahm sie sich vor, besonders gut aufzupassen, damit sie irgendwann die besten Glumandas der Welt züchten konnte. Und so wie der Lehrer den Stoff vermittelte, würde es ihr wohl auch nicht sonderlich schwer fallen, ihm ihre Aufmerksamkeit zu schenken. So war es auch nicht verwunderlich, dass das Ende der Stunde ziemlich unerwartet kam.
 

Kaum, dass die junge Trainerin jedoch einen Blick auf den Stundenplan geworfen hatte, verflog ihre gute Laune wieder. In den nächsten beiden Kästchen stand fett „Kampfunterricht“ drin. Gut, es hatte den Vorteil, dass sie Akarin wohl wieder freilassen würde dürfen, aber unter dem gestrengen Blick ihres Lehrers agieren zu müssen, war nicht unbedingt die entspannendste Atmosphäre.

Als es zur Trainingshalle ging, war die Klase irgendwie erstaunlich ruhig. Ein paar Schüler sahen sich leicht nervös um, als hätten sie Angst, dass Prof. Weston hinter dem nächsten Busch lauern würde, um darauf zu warten ihnen beim kleinsten Fehlverhalten einen neuen Aufsatz aufdrücken zu können.

Paula fühlte sich zwar durch die Ereignisse der letzten Stunde nicht sonderlich eingeschüchtert, doch die Stille war irgendwie ansteckend und so folgte sie ihren Mitschülern einfach nur schweigend in die große Halle.

Prof. Weston stand bereits auf dem Trainingsfeld im hinteren Teil und schien schon ungeduldig darauf zu warten, dass seine Schüler endlich erschienen. Bevor sie sich einen Platz auf der Tribüne suchen konnten, baute er sich vor ihnen auf und streckte die Hand fordernd entgegen: „Ihre Aufsätze bitte.“

Der Ton seiner Stimme war ruhig, aber sehr bestimmend. Es schien, als wolle er jegliche Unruhe gleich im Keim ersticken.

Jeder Einzelne kramte seinen Aufsatz hervor und durfte erst passieren, nachdem der Lehrer kontrolliert hatte, ob die Werke auch die anberaumte Mindestseitenzahl aufwiesen. Bei Paula, die ihm ihre gesammelten Ergüsse mit einem aufgesetzt freundlichen Lächeln überreichte, prüfte er besonders genau, bedeutete ihr aber schließlich mit einem leichten Nicken, dass es in Ordnung war. Mit sich zufrieden suchte sich die Trainerin einen Platz neben ihren Klassenkameraden.
 

Die Letzte der Schlange war Taja, die ihren etwas länger als geforderten Aufsatz mit einer kleinen entschuldigenden Verbeugung überreichte. Prof. Weston runzelte kurz die Stirn, äußerte sich jedoch nicht zu den doppelt so vielen, eng beschriebenen Seiten.

Ihm war etwas anderes wichtiger: „Ich halte es für besser, wenn sie vorerst nur beobachten. Auch so können sie eine Menge wichtiger Dinge für das Training mit ihrem Pokémon lernen.“

Es konnte täuschen, doch es klang fast ein Hauch Fürsorge in diesen Worten mit.

Taja nickte ohne Widerworte und suchte sich abseits ihrer Klassenkameraden einen Beobachtungsposten. Sie hätte zwar gern wie alle anderen am Unterreicht teilgenommen, doch die Gefahr war einfach zu groß und so blieb ihr nichts anderes übrig, als das Training der Mitschüler genaustens zu studieren.
 

Prof. Weston hatte sich inzwischen wieder gebieterisch vor seiner Klasse positioniert und gebot dem leise aufgekommenen Getuschel mit seiner lauten Stimme Einhalt: „Auf Grund der Analyse der ersten Kämpfe halte ich es für notwendig, dass sie zunächst ein paar grundlegende Dinge trainieren. Ausdauer, Schnelligkeit und Präzision beim Ausführen der Attacken sind von äußerster Wichtigkeit. Die heutigen Übungen werden also zur Verbesserung dieser Fertigkeiten führen. Zunächst sollen ihre Pokémon läuferisch etwas gefordert werden. Sie beobachten ihre Schützlinge dabei und machen sich Notizen über Geschwindigkeit, Kondition und Laufverhalten.“

Er trat einige Schritte Richtung Tribüne und machte damit das Feld frei. Anschienend der Start für diese Übung.

Ziemlich gemächlich holten alle ihre Pokébälle hervor und entließen ihren Inhalt auf das Feld. Mit ein paar kurzen Worten der Erklärung war den meisten Pokémon klar gemacht, was nun zu tun war. Während sich die ersten schon in Bewegung setzten, sah Akarin seine Trainerin zunächst etwas fragend an. Doch noch ehe Paula ihrem Kleinen noch einmal die Anweisungen wiederholen musste, hatte Plinfa seinen Pokémonfreund schon an die Hand genommen und zog es eine Weile hinter sich her, bis Glumanda begriff, dass die Aufgabe nur darin bestand den Anderen hinterher zu laufen. Anscheinend fand es das auch ganz lustig, denn trotz der Anstrengung behielt es die ganze Zeit über in munteres Lächeln auf dem Gesicht.

Und so zogen die Pokémon Runde um Runde über den Platz, während die Trainer eifrig Aufzeichnungen machten, nach einer Weile jedoch mit wachsender Besorgnis ihren Lauf verfolgten. Noch schienen alle weitestgehend fit, doch Prof. Weston hatte nicht gesagt, wie lang sie eigentlich Laufen sollten und irgendwie sah es auch nicht so aus, als wolle er die Übung in der nächsten Minute beenden.

Er stand am Seitenrand und behielt alles mit seinem scharfen Blick im Auge. Keine Regung ließ auf seine Gedanken schließen.

Mit jeder verstreichenden Minute wurden die Pokémon immer langsamer, die Notizen spärlicher und die Sorgenfalten auf den Stirnen der Trainer größer. Etwas unsicher sahen sie sich untereinander an.

Hatte er etwa vor, sie bis zur völligen Erschöpfung rennen zu lassen?

Langsam sah der ein oder andere Gesichtsausdruck ihrer Pokémon schon mehr als gequält aus. Ihr Keuchen war nun mehr als deutlich zu hören und einige stolperten inzwischen mehr, als das sie liefen.

Besorgt wanderten die Blicke der Klasse zwischen ihren immer schwächer werdenden Pokémon und ihrem Lehrer, der immer noch völlig ungerührt da stand, als würde ihn das alles nichts angehen, hin und her.

Wollte er das wirklich so lange durchziehen, bis sich keines von ihnen mehr auf den Beinen halten konnte?

So richtig konnte das keiner glauben, aber er sah trotz der bereits bedrohlich schwankenden Schritte, anscheinend immer noch keinen Grund die Übung zu beenden.

Als Akarin einen ziemlich röchelnden Laut ausstieß, hielt es Paula auf der Bank nicht mehr aus. Sie musste einfach aufspringen und dem Ganzen ein Ende bereiten. Ob sie sich damit wieder einen Strafaufsatz einhandelte, war ihr in dem Moment völlig egal. Die Gesundheit ihres kleinen Lieblings ging ihr über alles.

„Akarin, bleib sofort stehen!“, rief sie über das Feld.

Ihr Pokémon horchte auf und folgte dem Befehl. Plinfa, dass nur wenige Schritte hinter ihm zurück gefallen war, wäre fast noch gegen das Feuerpokémon gerannt, war so aber nach einem Ausweichmanöver gezwungen ebenfalls stehen zu bleiben.

Als nun bereits zwei Läufer der Masse keinen Schritt mehr taten, hatte auch der Rest keine Lust mehr sich weiter abzurackern. Fast gleichzeitig blieben alle stehen oder ließen sich einfach erschöpft auf den Boden fallen.

Obwohl sie nicht die ganzen Meter hinter sich hatten bringen müssen, sackten auch die Trainer auf der Tribüne zusammen. Eine Welle der Erleichterung machte sich breit.

Nur Paula konnte sich nicht wieder ruhig hinsetzen, sondern stürmte zu Glumanda um es beschützend in den Arm zu nehmen. Als sie es zu ihrem Platz trug und es auf ihrem Schoß besorgt begutachtete, war die Ermüdung ihres Pokémon schon wieder verflogen. Fröhlich strahlte es sie an, als wäre nichts gewesen.

Nach kurzem Zögern folgte auch der Rest der Klasse ihrem Vorbild und holte die Pokémon zu sich oder schickte sie zum Erholen wieder in ihre Bälle zurück.

Als alle mit der Erstversorgung ihrer Schützlinge fertig waren, kehrte wieder gespenstige Stille in der große Halle ein. Gespannt sahen alle zu Prof. Weston, der sich ihnen nun mit kalten Blick zuwand. Paula musste schlucken. Das würde sicher ein gehöriges Donnerwetter geben.

Langsam schritt er auf sie zu, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, das Gesicht zur Faust geballt. Erwartungsvoll und mit einem ungutem Gefühl sahen ihm die Schüler entgehen. Wie er wohl diesen Verstoß ahnden würde?

Als er zu sprechen begann, hielten alle den Atem an: „Nun, das hat aber lang gedauert.“

Erneut legte sich Stille wie ein großes, schweres Tuch über die Halle. Jeder erwartete, dass da gleich noch mehr kommen würde. Doch als auch nach einer Minute auf diesen Satz keine Strafpredigt folgte, waren sie mehr als verblüfft.

„Wie meinen sie das?“, getraute sich Paula endlich nachzufragen.

„Haben sie alle wirklich gedacht, dass es bei dieser Übung nur darum ging die Leistungsfähigkeit ihres Pokémons zu überprüfen?“ Er ließ seinen strengen Blick fragend über die Gesichter einer Schüler streifen, die alle nichts weiter als Verständnislosigkeit ausstrahlten.

Da niemand etwas erwiderte, fuhr er fort: „Wie ich sehe müssen sie alle noch viel lernen. Ein wirklicher Meistertrainer muss sein Pokémon nicht nur in Wesen und Fähigkeiten kennen, nein, er muss auch jederzeit in der Lage sein, die momentane körperliche Verfassung seines Partners einschätzen zu können. Sie sind für ihr Pokémon verantwortlich und müssen selbst wissen, wann es Zeit ist den Kampf zu beenden. Siegeswillen ist erforderlich und kann sie zu großartigen Taten anspornen, doch er darf niemals so weit gehen, dass sie die Gesundheit ihres Gefährten aufs Spiel setzen. Diese Lektion sollte ihnen stets in Erinnerung bleiben.“

Als er endete waren die meisten Blicke betreten nach unten gerichtet. Aus Angst vor einem lächerlichen Aufsatz hatten sie viel zu lange gezögert und ihre kleinen Freunde fast bis an ihre gesundheitliche Grenze gehen lassen. Sie hatten die Entscheidung einfach einem anderen überlassen. Die Erkenntnis, dass sie in ihrer Verantwortung als Trainer fast versagt hatten, traf alle hart. Es hinterließ eine Wunde in ihrem Stolz als frischgebackene Pokémontrainer, aber vielleicht würde es diese sein, die wieder zu brennen begann, wenn sie im Begriff waren diesen Fehler erneut zu begehen.

Diese Lektion war schmerzhaft gewesen, doch genau deswegen würde sie ihnen wohl allen für Ewigkeiten in Erinnerung bleiben.

Damit dies auch wirklich so war, setzte ihr Lehrer gleich noch einen drauf: „Und damit sie die Gedanken, die ihnen nun durch den Kopf wirbeln, auch verarbeiten können, werden sie bis morgen einen zweiseitigen Aufsatz über die Verantwortung von Trainern gegenüber ihren Pokémon schreiben.“

Obwohl das in niemanden wirklich Begeisterung auslöste, gab es kein Murren, denn irgendwie hatte alle eine seltsame Bedrücktheit erfasst.

„Die Einzige, die von dieser Aufgabe ausgenommen ist, ist Paula.“ Er fixierte die Schülerin nun genauer.

Im ersten Moment dachte die Schülerin sie müsse für ihr Verhalten wieder einen Extraaufsatz schreiben, doch als sie den leichten Anflug von Anerkennung in seinem Blick sah, wurde sie sich ihrer Interpretation seiner Worte unsicher.

„Wenn ich auch sonst die Ignoranz von Anweisungen nicht gut heiße, so haben sie in diesem Fall genau das erwartete Pflichtbewusstsein gezeigt. Wenn auch spät, sie haben den Mut bewiesen das Wohlergehen ihres Pokémons über die Befehle einer Autoritätsperson zu stellen. Sie haben somit die richtige Entscheidung gefällt und sind deshalb von der Aufgaben entbunden.“

Paula lief augenblicklich rot an. Hatte er gerade gesagt, dass sie etwas richtig gemacht hatte? War das gerade so was wie ein Lob gewesen?

Nach der vorgestrigen unschönen Auseinandersetzung hatte sie nicht geglaubt, dass ihr Lehrer ihr tatsächlich keinen dauerhaften Groll entgegen bringen würde. Es traf sie so unvermittelt, dass sie gar nicht wusste, was sie darauf erwidern sollte. Eigentlich war sie lediglich ihrem Instinkt gefolgt und der war nun mal darauf ausgerichtet ihren kleinen, süßen Akarin um jeden Preis zu beschützen.

Doch Prof. Weston ließ ihr auch gar keine Zeit weiter darüber nachzudenken, was sie zu dieser Ehrung sagen sollte, denn er setzte seinen Vortrag über die Bedeutung des Trainerseins fort, bevor er zur Auswertung der Beobachtungsdaten kam. Gemeinsam erarbeiteten sie Möglichkeiten einer Leistungsförderung.

Da sich die Pokémon während dieser Zeit zumindest etwas erholen konnten, zeigte er im Anschluss kein Erbarmen und unterwies sie in verschiedenen Krafttrainingsmethoden.

Als diese zwei fast schon unendlich lang scheinenden Doppelstunden endlich durch das Klingelzeichen beendet wurden, waren Trainer und Pokémon mehr als erleichtert.
 

Da Mittwoch ihr langer Tag war, begann es bereits zu dämmern, als sie das Trainingsgebäude verließen und schleunigst ins Wohnheim gingen um ihr verdientes Abendessen einzunehmen. Alle waren zu erschöpft um großes Spektakel zu veranstalten, sodass die abendliche Nahrungsaufnahme erstaunlich ruhig verlief.

Tifi, Gonni und Manja hatten noch ihre Aufsätze zu schreiben, weshalb Paula beschloss sich ebenfalls auf ihr Zimmer zurück zu ziehen.

Etwas halbherzig ordnete sie ihre Aufzeichnungen, zog es dann jedoch vor, sich mit Akarin und einem Buch auf ihr Bett nieder zu lassen. Doch so richtig zum Lesen kam sie nicht, denn die Bilder des heutigen Tages blitzten immer wieder vor ihren Augen auf.

Die ganzen Unterrichtsstunden, die verzweifelte Suche nach Akarin und Geckarbor, der Kampf gegen das unfreundliche Ariados und die besondere Lektion im Kampfunterricht- das alles war sehr aufregend gewesen, und irgendwie hatte der Hauch von abenteuerlichen Leben, der sie heute gestreift hatte, Lust auf mehr gemacht. Trotz der Gefahren, es hatte irgendwie auch Spaß gemacht. Aber nun war erst mal die Erschöpfung stärker, als die Freude über heil überstandene Erlebnisse und so fielen der jungen Trainerin schon nach wenigen Minuten die Augen zu. Während sich Akarin an seine Freundin kuschelte, versank diese in einem tiefen erholsamen Schlaf.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  tifi
2009-07-05T07:49:01+00:00 05.07.2009 09:49
Warum muss ich auch so viel müll auf meinem desktop und arbeit in der schule haben? *grummel*
Sorry, aber jetzt hab ich es ja geschafft zu lesen und lass natürlich wieder nen kommi da ;)

kapitel war wie immer supi, macht apettit auf mehr und bin gespannt wann und wie nun endlich paula und taja zusammen finden


Jaja böse aussehen, aber super tolle stimme haben – also schüler!!! Ich belehre hiermit: geht mit eurer musiklehrerin nie in eine glasladen oder so ^^
Jaja, wie immer ein kleiner schreihals, nickys kleiner schatz
So ein blödes Panflam! Aber witzige idee ;)
Und aber wie soll es mit deinem flemmi weiter gehen? Kannst es ja nich nur im pokeball lassen =(
In was du uns immer rein stolpern lässt *gg * aber wir haben es ja gescahfft^^
Wer wohl da so süffisant gelächelt hat? ;)
OMG *kicher * ein ganzer STALL voller glumandas?? Und wann will die gute paula schlafen? *schmunzel*
Da hat paulas vernarrtheit sie also vor dem verglühen ihrer schreibfeder gerettet :O
Aber ICH will keinen aufsatz schreiben ;____; nicht schon wieder *heul*

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Anschienend der Start für diese Übung.
-> Anscheinend
Von:  ViViola
2009-05-15T18:27:41+00:00 15.05.2009 20:27
Als es zur Trainingshalle ging, war die Klase irgendwie erstaunlich ruhig.
 Klasse mit zwei „s“ schreiben

Allgemein:
Wow... 13 Seiten.. waren die andern Kapitel auch so lang o.o

Aha.. langsam freundet sich Paula auch mit dem rot haarigen Mächen Manja an... un dihr Poki heißt kev.... kenne ich die peson die vorlage für sie war o.o

Wow,.. was für ein spannender Kampf im Wald... aber leider war ass nicht das Monster >.<
Aber die schwarze Gestalt ist wieder auf getaucht! Hat er etwas mit dem Monster und eventuelle mit Femmlis Vergangenheit zu tun? Es wird langsam immer spannender.

Wow, die Stunde wo man das Pokemon frei laufen lassen kann, wäre wohl mein Lieblingsfach.... und die Seite bekommt man auch irgendwie voll XD

Aber wieso durfte man immer noch nicht vivi´s Pokemon sehen o.o ich werde langsam gespannt...

Taja tut mir irgendwie leid.. ihr Pokemon kann sie nicht raus lassen, weil es sonst jeden angreift und in die Gruppe kann sie sich auch irgendwie nicht integrieren... ich hoffe sie freundet sich bald mit jemanden an o.o

Nun will ich sagen, dass ich den Erzählstil der Geschichte sehr inertssant finde. Als ich lass dass es um zwie Mädchen an einer Schzule ging, dachte ich die zwei lernen sich im ersten Kapitel kenne und werden gute freunde... doch bis auf die Tatsache dass sie in die selbe Klasse gehen, haben die zwie bis jetzt nicht wirklich was gemeinsam... zwei Parallel laufende geschihcten.. das finde ich echt klasse.. weil ich auf so eine art und weiße noch keine geschichte gelesen habe.. zwar gibt es geschichten, wo es mehrer Hauptfiguren gibt... aber das wird nur immer Kapitelweiße die sich geändert... aber bei deiner geschichte ändert sich das mehrmals in einem Kapitel und das finde ich ziemlich interssant... besonders weil meisten die übergänge sehr gut gewählt worden sind

Leider kann ich gerade nicht weiter lesen.. weil es noch nichts zu lesen gibt... aber ich bleibe dran ;-) jetzt wo es so spannend wird.. und wie gesgat deine Idee wie du die geschichte schreibst finde ich klasse... aber bitte gebe Taja auch mal gute Erlebnisse... irgendwie kann ich mit Taja besodners gut nafühlen, weil es mir auch nie anders ging und wünsche ihr viel erfolg... weil Paula macht ja nichts mehr unglücklich.. die hat ja Glumanda XD XD XD

Von:  -Nicky-
2009-04-12T17:43:21+00:00 12.04.2009 19:43
Geils Kapitel *_*

hatte ja schon den Anfang gelesen, aber der Schluss war wie immer gut durchdacht.

Und der Lob von dem Prof. war wohl klar und deutlich verdient *brust rausstreck*

XDD

Ich freu mich schon, wenn die Trainer endlich selbstständig einzelunterricht machen.

denn Akarin sollte so bald wie möglich Flammenwurf lernen *_*

dann würde der Prof wohl nie wieder was sagen XDD???

Was is eigetnlich mit dem kleinen süßen Raupis passiert?


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