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Erdbeereis

von

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You like Strawberry Icecream

„Dabei wollte ich sowieso nicht spielen! Ich mag Bälle doch gar nicht.“

„Ich weiß!“

„Und Ashley hasst mich.“

„Das glaube ich nicht.“

„Und Wendi ist auch ganz komisch!“

„Die macht dich ganz schön heftig an. Jay auch!“

„Jay?“

„Ja.“

„Jay?

Wer bist du überhaupt?

Hallo?“

„Niemand! Du musst jetzt gehen.“

„Wohin?“

„Bis zum nächsten Mal, Shaye Kirsch!“
 

Ein bohrender Schmerz zog sich vom Hinterkopf durch das Gesicht in den Hals und endete im Magen als dubiose Übelkeit, welche hingegen den Hals wieder hinauf kroch.

Shaye würgte.

Hob seinen Oberkörper an und drehte sich zur Seite, eher er sich übergab und die Übelkeit somit von sich gab. Zumindest anfänglich und einen Teil.

„Shaye?“

Die Stimme klang jung, erwachsen und besorgt.

Er seufzte schwerfällig, fühlte sich aber nicht dazu bereit, die Augen zu öffnen, sondern ließ sich wieder auf den Rücken fallen, bemerkte dabei, wie unbequem hart die Unterfläche war und dass sein Kopf ebenso unbequem hart auf ihr aufschlug – der Kopf schrie und fluchte und rächte die unsanfte Behandlung mit stechendem Schmerz.

„Bist du wach?“

Ich wäre es lieber nicht, dachte er, fühlte sich aber nicht dazu, ihr zu antworten.

Stattdessen hob er seine Hand und legte sie vorsichtig auf seine Stirn.

„Geht es dir gut? Bist du OK?“

Er nickte, drehte dann den Kopf in ihre Richtung und öffnete bedacht die Augen.

Die Sonne leuchtete nach wie vor hell am strahlenden, blauen Himmel und der Lichtstrom im Auge tat für einen Moment weh.

Als wenn nicht schon genug weh tun würde.

„Ach du meine Güte, ich hab mir Sorgen gemacht. Gut, dass du wieder da bist!“

Wendi beugte sich vor und legte ihren Kopf neben Shayes. Ihr Herz klopfte laut und schnell und Shayes Puls war versucht, sich ihrem anzupassen; doch bevor das Geschah, lehnte sie sich wieder zurück, drückte ihm einen flüchtigen Kuss auf die Lippen und lächelte den Jungen mit soviel Gutmütigkeit an, dass er glaubte, sie sei ein Engel und er tot; solange, bis sich die Übelkeit und der Schmerz im Kopf zurückmeldeten.

„Wo war ich überhaupt?“

Fragte er leise und versuchte, wie so oft, sich an Vergangenes zu erinnern.

„Sams Ball hat dich ausgeknockt, eben, auf dem Volleyballfeld da drüben!“ Sie nickte in die Richtung.

„Sam? Wo ist er?“

„Er, Ash und Jay sind... sie rufen einen Krankenwagen.“

„Wieso?“

„Du bist umgekippt!?“ Sagte eine andere Stimme spöttisch, Shaye drehte den Kopf und erblickte Ellen, die ihrem Bruder erstaunlich ähnlich sah, sodass er im ersten Augenblick dachte, sie wäre Jay.

„Ja, aber“, nuschelte er und strich sich vorsichtig über sein Gesicht.

„Ich hol sie zurück“, sagte Ellen schließlich und richtete sich auf.
 

„Du bist das Highlight des Tages hier“, lächelte Wendi und sah ihm dabei scheu an, nicht sicher, ob ihn das amüsieren oder verletzen würde, was sie gesagt hatte.

„Passiert.“ murmelte Shaye und schloss wieder die Augen.

Die Übelkeit in seinem Magen ließ langsam nach und der beißende Schmerz im Hinterkopf verflüchtigte sich, sodass er bald aufstehen und normal weiterleben konnte, ohne auch nur den Verdacht zu erregen, dass etwas passiert wäre.
 

Oder?
 

Shaye seufzte schwer.

Dann hörte er Sams Stimme nach ihm rufen spürte, wie der dünne Junge angerannt kam und sich mit einem Satz auf Shaye stürzte, seine Arme um ihn schlang und ihn sehr fest an sich drückte.

„Meine Fresse, hast du mich erschreckt!“ sagte er dabei und klang deutlich erleichtert.

„Mach das niemals wieder“, nuschelte er dann noch in Shayes Ohr, sodass sie anderen es nicht hören konnten.

Dann fing er sich, ließ Shaye los, der konnte wieder atmen – weil Sam mit seinen starken Armen nicht mehr Shayes grazile Brust so fest zudrückte, dass Atmen nicht möglich war, und weil sein Herzschlag, der gegen die Enge versucht hatte zu kämpfen, und wegen Sams Nähe hatte sich beschleunigen müssen und so das Atmen blockierte – und sah in sein Gesicht.

Shaye war noch verwirrt und durcheinander, sah aber die kranke Sorge in Sams Augen und fühlte sich augenblicklich schuldig und wollte alles wieder gut machen, war sogar versucht, Sam in die Arme zu nehmen, ihn zu drücken und zu streicheln; doch er tat es nicht.
 

„Komm mit“, Sam stand vom Boden auf und griff sich Shayes umliegende Kleidung, sein schwarzes T-Shirt mit dem Cash-Schriftzug, die schwarze Levis-Jeans und sein grünes Badetuch „ich fahre dich ins Spital.“

„Was? Nein?“ erwiderte Shaye, richtete sich ebenfalls auf und ließ sich von Jay, dieses mal weniger schwungvoll, auf die Beine ziehen.

Er fühlte sich nicht mehr benommen und die Übelkeit war weg, der Schmerz nur noch als verschleiertes Phantom irgendwo hinten in seinem Kopf und er hatte seine natürliche Gesichtsfarbe zurück erlangt, die sich zwar nicht deutlich von der vorherigen, aber dennoch etwas, abhob.

„Doch. Zieh dich an.“ Sams Stimme klang restriktiv, so, wie er aussah; autoritär und noch ein wenig besorgt.

Shaye nahm das T-Shirt, welches Sam ihn entgegen hielt und zog es sich über den Kopf, strich es auf seinem Bauch glatt und schüttelte den Kopf: „Das ist wirklich nicht nötig!“

Auch er klang kräftig und größer, als er aussah, und Sams aufrechte, verkrampfte Haltung entspannte sich ein wenig und seine Gesichtszüge wurden etwas weicher „Wirklich?“

„Lass... uns einfach nach Hause fahren“, sagte Shaye, sank den Blick ein wenig und sah dann Wendi an, die noch immer besorgt drein schaute und Jay, der auch etwas beunruhigt wirkte.

„Na gut.“

Sam gab Shaye seine restlichen Sachen zurück, nahm seinen eigenen Rucksack – er hatte sich Schuhe und Shirt schon längst wieder angezogen – und sah Jay entschuldigend an, sagte aber kein Wort, keine Geste, drehte sich einfach um und ging zum Ausgang. Nicht einmal zu Ashley sagte er etwas.

„Ähm. Man sieht sich“, flüsterte Shaye und lief dann los, um Sam ein zu holen.
 

„Warte kurz.“

Sam warf seinen Rucksack zu Shayes Handtuch auf die Rückbank des Autos und drehte sich, um noch mal weg zu gehen.
 


 

„Und ich bin der Bezwinger des Seeungeheuers von Coldwater Lake“, rief Sam und lief über die grüne Wiese zum Ufer des Sees, schmiss dabei seine Hände in die Höhe und stieß einen Kampfschrei aus.

„Ich bin das Monster, mich kannst du nicht bezwingen!“ antwortete Shaye und lief dem Jungen hinterher.

„Sammy, Shaye, nicht zu weit!“ klang die besorgte Stimme von Shannon hinterher, doch die Jungen schienen sie nicht zu hören, oder nicht darauf zu achten und ließen sich in ihrem Spiel nicht stören.

Sie sah ihnen mit einem Lächeln auf den Lippen und etwas Sorgen in den Augen hinterher, bevor sie von ihrem Mann am Arm gepackt und zu ihn gezogen wurde: „Du machst dir zu viel Sorgen. Es sind Kinder!“ Er beugte sich zu ihr runter und drückte Shannon einen leichten Kuss auf die Lippen.

„Hm“, seufzte sie und legte ihren Arm in seine Taille, sah ihn an und fühlte sich etwas leichter.

„Kinder schlagen sich die Knie auf. Du hast selbst als Kind hier gespielt!“

sagte Alexander, als er versuchte, die junge Mutter etwas zu beruhigen.

„Ich weiß“, flüsterte sie, legte ihren Kopf auf seine Brust und hörte für einen Augenblick nur seinen Herzschlag.

Sie entspannte sich, schloss die Augen und versuchte, sich daran zu erinnern, dass sie als Kind immer Spaß hatte und dass ihr nie etwas passiert war am See.

Dann hörte sie Sam schreien, ein ängstliches Schreien: „Shannon! Shannon! Komm her!“

Hektisch wand sie sich von Alexander ab um zu sehen, was passiert war, erblickte Sam, der auf sie zu gelaufen kam und ihren Sohn, der regungslos im Gras am Ufer des Sees lag.

„Oh mein Gott“, flüsterte sie, stieß sich von Alexander ab und lief los. Ihr Herz wurde immer schneller und immer mehr Befürchtungen sammelten sich in ihrem Hinterkopf.

Ihre Finger begannen, zu zittern, als sie sich auf die Wiese warf und ihren Sohn in die Arme nahm, zu sich auf die Knie zog und leicht rüttelte: „Shaye. Oh mein Gott, Shaye, wach auf!“

Sie drückte ihn fester an sich, fühlte sich hilflos und war voller Angst.
 

Sam klammerte sich an Alexanders Bein und zitterte am ganzen Körper.

Der Mann stand da, stützte sein Kinn auf seine Hand und konnte aufgebrachter nicht sein, doch verbarg seine Besorgnis, um den kleinen Jungen zu beruhigen.

Seine Frau redete mit einem Arzt.

Und sein kleiner Sohn lag dort im Krankenhausbett. Er schlief.

Sein Atem ging ruhig, die kleine Brust hob und senkte sich gleichmäßig und seine kleinen Finger zuckten hin und wieder.

„Muss Shaye sterben?“ unterbrach Sam ihr Schweigen, er sah zu seinem Onkel aus verweinten, roten Augen auf.

Alexander sah zu ihn hinab und wollte selbst nicht daran denken, hoffte es nicht und beugte sich vor, um Sam auf seinen Arm zu nehmen.

„Shaye muss nicht sterben!“ sagte er zu ihm und sowohl der Junge als auch er selbst schienen dadurch beruhigter.

Alexander schloss kurz die Augen und atmete durch, als Sam sich in seinen Armen wand und laut: „Daddy!“ rief.

Perry kam auf ihn zugeeilt, nahm Sam und schloss ihn selbst in eine Umarmung.

„Perry“, nuschelte der junge Mann und seufzte noch mal erleichtert auf und er fühlte sich gleich sicherer.

„Alex, alles klar?“ Perry klopfte seinem Schwager aufmunternd auf die Schulter, der nickte: „Ja, alles in Ordnung. Shannon ist grade beim Arzt, da...“

in dem Moment trat Shannon aus dem Krankenzimmer vor, sie sah zu ihrem großen Bruder auf und lächelte. Sie lächelte erleichtert, schloss ihn in eine kurze Umarmung, bevor sie ihre Arme um Alexanders Hals legte und ihn einen Kuss auf die Lippen drückte.

„Sie haben ihm Traubenzucker gegeben“, begann sie zu erläutern „es war nur... nichts schlimmes. Sein Blutdruck ist so niedrig, hat der Arzt gesagt, das passiert schon mal. Er soll nur immer gut essen. Obst, weißt du? Traubenzucker.“

Sie seufzte erleichtert.

„Er hat gesagt, das sich das legen muss. Mit dem Blutdruck, mein ich, wenn er älter wird.“
 


 

„Shaye!“

Der dunkelhaarige Junge erschrak, als Sam gegen das Fenster der Beifahrertür seines Autos klopfe und ihn durch die Scheibe hindurch anlächelte.

„Man“, brummte der, hielt sich die Hand an die Brust.

Sam öffnete die Autotür und hielt seinem Cousin eine runde, rosarote Verpackung vor die Nase „hier, für dich.“

„Was ist das?“

Shaye nahm sie entgegen, sie fühlte sich kalt und feucht an.

Sam lachte nur, schlug die Tür wieder zu, lief um sein Auto herum und stieg auf der anderen Seite wieder ein.

„Ben &Jerry's“, Shaye sah sich den Becher an und schmunzelte leicht.

Der Blonde grinste ihn breit an, als er den Motor startete: „Erdbeereis!“

Shaye musste lachen.

Und freute sich.

„Du bist auch so ein Vollidiot, Shaye Chéri. Hast du das denn nicht gemerkt? Das du den ganzen Tag nichts gegessen hast?“

Schuldbewusst blickte Shaye sein Eis an. Seine Lieblingseissorte, seit der denken konnte und wahrscheinlich das einzige, wirklich einzige Genussmittel, welches er in Massen und eigentlich immer und ständig essen konnte.

Und er fühlte sich erleichtert, und freute sich, dass Sam diese Tatsache, diesen Fakt, nicht vergessen hatte.

„Jetzt iss dein Eis. Und wenn wir zu Hause sind, ist's aufgegessen!“ sagte Sam, klang spielerisch streng und Shaye fühlte sich der Anweisung nicht rebellisch zu widersetzten

„Wenn du wusstest... was war, wieso wolltest du mich ins Krankenhaus haben?“
 

Sam zuckte die Schultern und fuhr vom Parkplatz des Schwimmbads und ordnete sich im geringen Verkehr ein. Dann sah er zu seinem Cousin „Ich hab da nicht wirklich dran gedacht. Ich dachte, das hätte aufgehört, mit dem Umkippen.“

Shaye nickte, er öffnete den Eisbecher und betrachtete das rosafarbene Glace.

Er wollte zum Sprechen ansetzten. Doch dann entschied er sich, nichts zu sagen.

Lieber das nicht zu sagen, dass Sam recht hatte und dass Shaye dieses Leiden aus seiner Kindheit schon sehr lange nicht mehr erlebt hatte.

Sollte er seinem Cousin unnötig Sorgen bereiten?



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