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SchlägerTYP

♀+?= Spongebob
von

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Fröhliches Chanukka

"Ich will Chanukka feiern."

Meine frisch geschiedenen Eltern sahen mich an, als hätte ich ihnen mitgeteilt, ich hätte mir den lang ersehnten Fußabdruck auf meine linke Arschbacke tätowieren gelassen.

Das war wirklich verlockend gewesen und eine echt lustige Geschichte, aber das ganze wollte ich mir als Running Gag aufbewahren.

Die musste man sich gut aufheben und einteilen. War ja nicht so, dass man die auf der Straße fand.

"Eh..." Mein Dad nahm tief Luft. Er sah zu seiner Ex-Frau und diese zuckte mit den Schultern.

"Wanda, wir sind keine Juden."

"Aber wir leben in Amerika. Das Land wo alles möglich ist."

"Ja schon... Aber Chanukka ist ein Fest der Juden."

Ich dachte kurz nach. "Dann werden wir halt Juden."

"Das geht nicht so einfach, Wandi."

"Dad..."

"Verzeihung. Ich kann es mir einfach nicht abgewöhnen."

Ja. das glaubte ich ihm sofort. Nicht das mein Dad Spitznamen benutzen würde wie 'Schatz' oder 'Schamtzebacke'.

Er hatte nun mal seinen persönlichen Running Gag gefunden und hielt in mir seit dem Kindergarten vor.

Ich war vier gewesen und im Alter der ersten 'Mein Name ist echt scheiße'-Phase.

Also wollte ich einen coolen wie Sam oder Tyler.

Aber damit meine Eltern von der Namensänderung nichts mitbekamen, wollte ich die Sache langsam angehen lassen und änderte meinen Namen erst mal von Wanda zu Wandi.

Die Reaktion von meinen Eltern als sie unter einem Bild aus dem Kindergarten Wandi statt Wanda sahen?

Versaute Kindheit und tragisches Trauma, was den Namen "Wandi" betraf. Wenn es denn überhaupt gab.

"MOM!" Meine ätzende pseudo-Miss Universum kam ins Wohnzimmer. ES hörte auf den Bürgerlichen Namen Stacy, blieb für mich aber immer etwas mit Clownsmaske und dem Drang, kleinen Jungs den Arm abzubeißen. Dagegen konnte ich einfach nichts machen...

Ich war ja für Maulkorb, aber meine Eltern verstanden mich einfach nicht.

"Wanda hat schon wieder mit meinem Lippenstift meine Bettdecke versaut!"

"Kannst du nicht beweisen", konterte ich und grinste gehässig.

Eigentlich schon. Ich hatte nämlich mit dem blöden Ding auf ihre Playboy-Bettwäsche 'Ich war hier. Gezeichnet Wanda McDepon' geschrieben.

"Doch!", fauchte ES und nahm tief Luft.

ES hatte lange schöne Beine, zeigte diese auch nur zu gerne und lange braune Haare.

Alles klischeehafte Kacke, meiner Meinung nach.

Aber mich verstand ja keiner... Hatte ich glaub ich schon erwähnt, oder?

"Wanda..." Meine Mutter erhob sich von der Couch. "Es gibt kein Chanukka und lass deine Schwester endlich in Ruhe."

"Beides Negativ, Mom. Es brauch das. Sonst wird ES so wie Voldemort."

"Bitte?" Meine Eltern waren keine Harry Potter Fans. Ich eigentlich auch nicht, aber ich hab dem Film meine Lebensweisheit zu verdanken.

'Wenn dir jemand auf den Sack geht und du kannst ihn einfach nicht loswerden, scheiß drauf und mach Feierabend.'

"Wie Voldemort", sagte ich und nickte. "Denn hat auch niemand aufgehalten und was ist das Ergebnis? Ne Menge Sauerei und verschnippselte Kinder."

"Verschnippselte Kinder?" Meine Mutter sah ihren Ex-Mann überfordert an.

"Ich glaub sie meint diesen Harry", schlussfolgerte mein Dad. "Wegen der Narbe oder was das ist..."

"Wie dem auch sei!" Meine Mutter kratzte sich verwirrt an der Stirn. "Was wollte ich sagen?"

"Für mich Taschengelderhöhung und das du ES zur Adoption freigibst."

"Wollte ich nicht." Meine Mutter schüttelte den Kopf. Sie hatte kurzes schwarzes Haar, welches ihr bis zum Kinn reichte.

Ich hatte ebenfalls kurzes schwarzes Haar, meins war jedoch um einiges kürzer als das meiner Mutter und stand mir zerzaust vom Kopf ab.

Von hinten sah ich wegen den Haaren und den Jungensachen aus wie ein Junge.

Aber mein Gesicht verriet das ich ein Mädchen war. Leider.

"Mom! Wanda bekommt Taschengeld?" ES war nun wirklich sauer. Sie warf dramatisch ihre Arme in die Luft und trat mit ihrem rechten Fuß auf den hellen Laminatboden auf.

"Nein", sagte Mom und hob beide Hände beruhigend. "Keiner bekommt Taschengeld."

"Dann wird es mal für mich Zeit", fügte ich hinzu und musterte meine kurzen Fingernägel.

"WANDA!"

Von gleich drei Seiten angepflaumt zu werden schockte mich schon nicht mehr.

"Was ist?" Ich zuckte mit den Schultern. "ES vögelt mit ihren 15 Jahren schon rum und ich bekomme mit fast 17 nicht mal Taschengeld. Das ist übel, echt."

"Wanda, es reicht." Mein Dad seufzte und erhob sich ebenfalls. "Ich muss eh los. Ich hol die Kinder morgen abend von der Schule ab und bring sie dir übermorgen wieder. Wie abgemacht."

Meine Mutter nickte.

Auch wenn meine Eltern sich getrennt hatten, waren sie noch in der Lage miteinander zu reden.

Außerdem wollten sie den Respekt voreinander behalten.

Immerhin. Aber wenn ich ehrlich sein sollte, war der Kerl da nicht mal mein richtiger Vater. Der Kerl den ich 'Dad' nannte war seit meiner Geburt da. Mom war von ihrem Ex schwanger gewesen, als sie Dad im Bus traf.

Er war aufgestanden um der schwangeren Frau Platz zu machen. Dummerweise stolperte er, stürzte und riss die schwangere Frau mit.

Kein Wunder, dass ich ein Schaden hatte. War ja nicht gut, wenn die hochschwangere Mutter mit einem im Bauch stürzte.

Aber irgendwie hatte es bei Mom und 'Dad' gefunkt, als sie durch den Bus getrollt waren.

Sachen gibts...
 

Ich hatte meinem Ruf als Irre alle Ehre gemacht und frühstückte im Zug.

Und das nicht mit einem schnellen Brot während der Zugfahrt... Nein.

Ich packte da Milchflasche, Schüssel und Kellogs aus und knusperte fröhlich vor mich hin.

Jeder Kontrolleur der was sagte, bekam folgende Antwort: "Im Zug ist Essen und Trinken erlaubt. Ich versau ja auch nichts. Ich kombiniere nur beides zusammen und stärke mich für den Frontenkrieg."

Normalerweise zog der Kontrolleur nach dem überprüfen meiner Abo-Karte ab, aber heute war ein echt hartnäckig da gewesen.

Vielleicht war das mit dem kleinen Radio doch etwas übertrieben gewesen...

Eine Schultasche flog auf den Sitz mir gegenüber und ich kannte nur eine Person, die sich in meine Nähe wagte.

"Cary."

Ich musste nicht einmal aufsehen.

Meine dunklen Augen hingen auf einem Artikel in der Zeitung.

"Kopfweh", jammerte mein bester und einziger Freund. "Und das so richtig. Spongebob, reich mir mal die Sportzeitung."

"Zu Befehl."

Ich reichte ihm die Zeitung und sah ihn zum ersten Mal an.

"Merci." Der Junge mit der Sonnenbrille schlug die Zeitung auf und seufzte.

"Die Dogs haben schon wieder verloren?!"

"Scheint so."

Cary bemerkte, dass ich ihn beobachtete.

"Was ist?"

"Du hättest dir einen Schal anziehen sollen."

"So kalt ist es nicht, Spongebob."

"Es ist Herbst."

"Aber noch nicht SO kalt."

"Okay. Gutes Argument, aber man sieht die Knutschflecke an deinem Hals."

"Verdammt!"

Cary legte die Zeitung weg und zog die dunkle Sonnenbrille aus. "Echt jetzt?"

"Jop. Und die sind sicher nicht alle von der selben Tussi, oder?"

"Naja..."

"Übel. Was willst du jetzt machen?"

Cary überlegte. Seine blauen Augen streiften den kleinen Tisch, der zugestellt mit meinem Essen war.

"Spongebob..."

"Wieder die Würge-Nummer?"

"Ja."

Ich nickte. Kein Problem. Das hatten wir schon öfters gemacht.

Wenn Cary mal wieder Spuren seiner nächtlichen Aktivität am Hals hatte, durfte ich ihn eine Weile würgen und die Spuren verwischten.

Obwohl ich so Typen wie Cary eigentlich nicht mochte, war Cary eine MEGA Ausnahme.

Er war untreu. Naja, er hatte keine feste Freundin der er treu sein musste. Aber er war schlau genug um zu wissen, dass sich vier bestimmte Mädchen nie begegnen sollten.

Cary war schon ziemlich beliebt. Aber das bei seinen guten Freunden. Die anderen hielten ihn für ganz süß, aber für einen Spinner weil er mit mir befreundet war.

Aber für Oberflächliche Mädchen reichte das süß, damit sie ihn zumindest nach der Schule mochten.

Cary sah wirklich nicht schlecht aus.

Er war 17 Jahre alt, schlank, hatte ganz kurze schwarze Haare und ein paar Sommersprossen auf dem Nasenrücken.

"Hast du Mathe gemacht?", fragte ich und Cary nickte.

"War einfach."

"War es das?"

Er seufzte. "Würdest du dich mal etwas mehr bemühen, würde dir Mathe genauso wie Sport leicht fallen."

Ha. HA HA HA HA.

Moment. HAHAHAHAHAHA.

Okay. Geht wieder. Der war gut.

Mein bester Freund war eine absolute Sportskanone. Ich hingegen musste schon zehn Minuten Pause machen, wenn ich nur an den Sportunterricht dachte...

Es hieß immer dicke Leute wären schlecht in Sport. Aber diese dicken Leute überholten MICH beim Wettlaufen.

Ich war bleich, klein und schlank. Außerdem hatte ich ein recht spitzes Gesicht und meine Wangenknochen traten leicht hervor.

So konnte ich immer mit der Ausrede "Ich bin unterernährt" kommen, obwohl das jetzt echt nicht stimmte.

Ich hatte eine verdammt gute Verbrennung, denn so viel wie ich am Tag in mich rein stopfte ohne auch nur einen Kilo zuzunehmen, ließ andere Frauen vor Neid platzen.

Ich kam mir nur mickrig vor. Okay. Meine 1.68 waren kein Weltuntergang, aber es nervte schon.

Meine jüngere Schwester war 1.67 groß. Nicht witzig. Echt nicht.

Cary streckte sich und grinste. "Ich hab dir den Tag versaut, oder? Wegen dem Thema Sport."

"Schon", knurrte ich und sah ihn böse an. "Und so was wie du schimpft sich bester Freund."

Cary grinste nur. Er hieß übrigens wirklich so. Das mit dem Spongebob war irgendwie vor paar Jahren passiert... Aber ich fand es besser als Wanda.

"Ist ja auch egal. Wir müssen aussteigen, komm schon!"
 

Hatte ich erwähnt, wie sehr ich meine Klassenlehrerin hasste?

Nein? Mmmh...

Dann war ich entweder zugekifft oder mit dem Gedanken woanders.

Das zweite war eher der Fall, da ich weder rauchte, trank oder kiffte. Drogen waren meiner Meinung nach Arschlöcher und der Mensch sollte echt versuchen damit aufzuhören, alles anzuzünden und zu testen, ob man es rauchen konnte.

"Weiß es wirklich niemand?"

Miss Clarsky erinnerte an eine Schlampe, die auf dem Weg nach unten in der Schule kleben geblieben war.

Sie hatte lange blonde Haare, immer den ersten Knopf ihrer Blusen auf und immer kurze Röcke an.

Ihren Ehering trug sie in der Schule NIE und fuhr einen roten BMW. Schon mal einen roten BMW gesehen? Sieht komisch aus. Normalerweise war man ja diese silbernen Teile gewöhnt oder diese schwarzen... Aber einen roten? Echt komisch.

"Hallo? Na los, Leute! Das waren eure Aufgaben!"

Die ICH nicht gemacht hatte. Warum? DAS ist eine wirklich gute Frage, meine Blondine.

Aber nichts gegen die Haarfarbe Blond. Konnte die Haarfarbe ja nichts dafür, dass sie auf den blödesten Köpfen landete.

"Cam, wie wäre es mit dir?"

Oh. Da wären wir bei meinem Traumduo.

Miss Clarsky und Cam Milldrige. Beides Schlampen.

So jemanden wie Cam hatte man morgens auf dem Weg zur Arbeit unter dem Schuh kleben.

Leider schien sie immer wieder jemand abzukratzen...

"Ich weiß nicht." Cam kaute laut Kaugummi. Sie machte gerne in ihren angeblich echten D&G Sachen stress und trug Playboy-Häschen an ihrem Etui.

Ja. DAS sagte ja wohl alles.

"Cam, muss ich dich wieder an die Schulregeln erinnern?"

Das gute an meinem Traumduo? Sie konnten sich beide nicht ausstehen.

So konnte es zumindest zu keiner Verschwörung der zwei gegen mich kommen, welche ich mit sofortiger Wirkung zerschlagen müsste.

"Nein, reg dich ab." Cam nahm den Kaugummi extra langsam aus ihrem Mund und die Klasse johlte und lachte. Oder zumindest die Hand voll Idioten, die sich für echt cool hielten aber leider nicht mitbekommen hatten, dass man aus dem Fenster sprang, wenn sie angegangstert kamen.

"Cam, du bekommst einen Eintrag. So. Da ich mich nicht verarschen lasse, will ich eure Aufgaben sehen. Wer sie nicht vorzeigen kann, bleib heute länger da."

Verdammt. War aber mal wieder SO typisch.

Natürlich wurde dann kontrolliert, wenn ich nichts gemacht hatte.

"Psst!"

Cary, der hinter mir saß, pickste mir mit dem Bleistift in den Nacken.

"Was ist?", zischte ich und Cary grinste.

"Ich behaupte einfach, ich hab sie auch nicht. Dann sitzen wir zusammen nach. Wie wärs?"

Ganz guter Plan, aber die Umsetzung hatte folgende Schwächen:

-Cary würde sein Spiel heute verpassen und sein Trainer würde aus ihm ein Boot bauen.

-Seine Mutter würde mich noch weniger leiden können als jetzt schon.

-Ich würde mit ihm eh nur Scheiß bauen und morgen gleich wieder zum Nachsitzen antanzen müssen. Und dann wären wir beim Teufelskreis angelangt.

Ich würde Nachsitzen bis ich 65 wäre.

"Lass es lieber", flüsterte ich zurück und das Schicksal schien es zu hassen, wenn ich versuchte vernünftig zu sein.

"Wanda, was tuschelst du da mit Cary?"

Verdammt. Warum war Miss Clarsky nur so aufmerksam?

"Wir planen eigentlich einen Amoklauf, aber leider ist der Überraschungseffekt hinüber."

Miss Clarsky verstand so viel Humor wie ein Delfin, den man in die Thunfisch-Dose packte und sicher war, dass es keiner bemerken würde.

"Sehr lustig, Wanda. Du hast sicher keine Aufgaben, oder?"

"Leider verloren gegangen."

"Gut. Du bleibst heute da. Und Cary, anstatt mit Wanda zu turteln könntest du ein wenig mehr aufpassen."

Cam lachte und ihre Traube von Freundinnen folgte.

"Cary mit DER? Der war gut, Miss Clarsky!"

"Der war echt gut", musste ich einräumen und Cary warf mir von hinten einen Radiergummi an den Kopf.

Er war gegen Sprüche was mich und ihn betraf und über Freundschaft hinaus ging absolut allergisch.

Verständlich. Es war so, als würde man mit dem Gedanken spielen dem Papst unter das Gewand zu schauen oder mit der Schwester ins Bett zu steigen. Absolut unmöglich... Zumindest auf verkraftbare Weise.

Aber im Gegensatz zu ihm nahm ich es mit Humor oder haute demjenigen eine rein, der so Sprüche klopfte.

Doch Cary... Der nahm das echt persönlich.

Abgedrehte 366 Grad...

Wenn es für Sportunterricht einen anderen Ausdruck wie 'Seelische Verstümmlung' gab, war ich Mahatma Gandhi.

Aber wahrscheinlich hätte ich spätestens nach meiner zweiten Festnahme die Masche mit dem gewaltlosen Widerstand fallen gelassen und den Engländern ordentlich aufs Maul gehauen...

Wow. Da war ja echt was aus dem Geschichtsunterricht hängen geblieben... Leck mich am Arsch! Wann war denn das passiert?

Cary ließ sich neben mich auf den Sitz fallen und lächelte mich von der Seite an.

Wir hatten Sport gehabt... ZWEI STUNDEN!... und er war gut drauf. Das war er immer nach Sport oder nach allgemein sportlichen Aktivitäten.

"Spongebob, was ist los?"

"Kopfweh, seelische Schmerzen, Brechreiz, akuter Luftmangel.."

"Du übertreibst."

"Okay, ich gebe es zu. Der Luftmangel war übertrieben..."

Cary seufzte und wollte gerade etwas sagen, als ein Mädchen neben seinem Sitz stehen blieb.

Sie war in den Wagon gekommen und hatte jemanden gesucht. Jetzt wusste ich wen...

"Cary!" Ihre Stimme klang so charmant wie lange rote Fingernägel, die sich in schlechten Pornofilmen in den wehrlosen Rücken des Kerls krallten...

"Oh", sagte Cary nur und grinste. "Krisi, du? Lange nicht gesehen."

Das Mädchen nickte und vermied zumindest das kichern. Nichts gegen zu viel gute Laune, aber kichern war mein persönlicher Terrorist.

"Das ist Wanda", sagte Cary und zeigte auf mich.

Ich hob nur eine Augenbraue als Zeichen, dass mir der Name tatsächlich geläufig war. Ja. ICH war Wanda.

Und da musste diese Tussi nicht so komisch schauen.

"Ah", sagte sie nur und nickte. "Cary, fährst du direkt nach Hause? Ich wollte mit Celin und Jacky noch ins 'Blackout'. Wenn du mitkommen würdest, wäre das sau cool!"

Will er aber nicht, meine kleine pseudo-Weihnachtselfe. Wie lange brauchst du eigentlich vor dem Spiegel, damit deine Fresse dank des Puders zusammen hielt und nicht beim nächsten Wind auseinander fiel?

Cary überlegte. "Eigentlich hatte ich mit Wanda was abgemacht."

Ja! Und das eigentlich gefiel mir gar nicht!

"Könnt ihr morgen noch machen!", sagte diese Krisi schnell. "Komm schon, Cary! Wir sehen uns sau selten!" Sie sah aus dem Fenster und wurde nervös. "Wir müssen gleich aussteigen, also...?"

Cary sah mich kurz an und ich verdrehte die Augen.

"Wir sehen uns morgen im Zug", sagte Cary und erhob sich.

Krisi klatschte mit den Händen.

"DAS ist mein Cary!"

Sie zog mit meinem angeblich besten Freund ab und ließ mich allein sitzen.

Und damit das Schicksal mir auch unmissverständlich mitteilen konnte, dass es mich absolut nicht mochte, stieg in der nächsten Station ein Frau ein, die ich absolut nicht mochte.

Sie fuhr immer zur gleichen Zeit mit dem Zug wie ich und ihr Parfüm verursachte mir Kopfweh.

Natürlich setzte sie sich direkt NEBEN MICH!
 

"Anderes Wort für sexy...", sagte meine Mutter geistesabwesend und kaute auf dem Kugelschreiber herum.

"Cary", grinste ES und meine Mutter seufzte.

"Stacy, du weißt das ich so was nicht will."

"Aber er ist doch heiß."

"Stacy, hör auf Wanda zu provozieren!"

"Mom, nur weil Wanda immer eine Eifersuchtsszene abzieht, wenn man sagt das Cary heiß ist, sehe ich nicht ein es zu lassen! Ihr Problem!"

Ich hätte ES ja wirklich gerne die Finger abgehackt, aber mit den lächerlichen IKEA Messern müsste ich ziemlich oft zustechen, um überhaupt einen Kratzer zu verursachen.

"Sie regt sich gar nicht auf...?" Mom sah mich verwirrt an. Sie hatte wieder ihre Beratungsbücher studiert.

Ich war feierlich am Arsch...

"Was ist los, Wanda?"

"So Tussen wie ES sind los!", knurrte ich und meine Mutter seufzte.

"Wie kann man nur immer so schlecht gelaunt sein?"

"Das geht", sagte ich und zuckte mit den Schultern. "Außerdem bin ich nicht schlecht gelaunt, sondern nur von allen missverstanden."

"Schon mal auf die Idee gekommen, dass der Fehler bei dir liegen könnte, nicht bei allen anderen?", fragte Mom und ES grinste doof.

"Stimmt", sagte ich und in meinem Kopf listete ein imaginäres Mini-Ich alles auf, was ICH falsch gemacht hatte.

-Ich wurde geboren

-Ich wurde geboren

-Ich wurde geboren

-Ich wurde geboren...

Meine Mutter nickte. "Siehst du, es ist gar nicht so schwer. Und außerdem war der Tag mit eurem Vater doch schön."

"MEINEM Vater", betonte ES und streckte mir die Zunge raus.

Schlampe, geh sterben. Tu mir diesen Gefallen... Bitte!

"STACY!"

Damit brachte ES Mom immer auf die Palme.

"Du weißt was ich davon halte! Lass Wanda jetzt in Ruhe und mach lieber deinen Aufsatz fertig! Wenn du noch mit Adam ins Kino willst, würde ich mich an deiner Stelle beeilen!"

"Adam geht mit mir aus", betonte ES und wartete auf eine Reaktion.

Toll. Sie war davon überzeugt, dass ich in unsere Nachbarjungen verknallt war.

Aber ich hatte nichts an gelockten pseudo-Romantikern, die ständig mit einem anderen Akzent sprachen.

Und machen wir uns nichts vor. Selbst wenn ich verknallt wäre, und das war mir ungelogen noch nie passiert, würde ich eh keine Chance haben.

Aber das sagte ich nicht, um mich selbst zu bedauern, sondern es war die Wahrheit.

Schon im Alter von 12 Jahren war mir klar gewesen, das Liebe für mich nichts war. Das so was allen anderen passierte, aber nicht mir.

Ich war das, was man als ewige Jungfrau bezeichnen konnte.

ES erhob sich, ließ natürlich ihr Teller stehen und streckte mir wieder die Zunge raus. "Bis dann. Ich grüße Adam von dir."

"Mach das", gähnte ich und sah an die Decke.

Ich war froh, nicht so zu sein wie ES. Oder allgemein so zu sein wie die anderen Mädchen.

Ich hatte... Charakter. Ich achtete auf den Charakter von anderen Menschen und verurteilte niemanden. Wozu auch?

Schließlich war ich eine absolute Außenseiterin. Man lernte so auf die harte Tour

Freundschaft zu schätzen.

Aber trotzdem verfiel ich immer in leichte Panik, wenn Cary mich auf die Ersatzbank setzte.

Ich war eigentlich ein Mensch, der offen das Problem ansprach. Aber wenn es Gefühlsvoll wurde, hielt ich lieber die Klappe.

Ich hatte Cary nie gesagt, dass es irgendwie voll ätzend war, wenn er mir zeigte wie wenig er mich brauchte. Das machte mir immer nur wieder deutlich, wie offensichtlich ICH von ihm abhängig war.

Wenn ich Cary, warum auch immer, als besten Freund verlor... Als einzigen Freund, war ich feierlich im Arsch.

"Wanda, du siehst übermüdet aus. Nicht gut geschlafen?"

"Doch." Das war gelogen. Ich schlief schon seit Jahren nicht mehr gut. Ständig schreckte ich nachts auf, da ich in meinen Träumen von Monstern gefressen wurde oder irgendwo runter stürzte. Es war in einem richtig verkorksten Traum sogar mal beides gleichzeitig passiert...

"Wollte Cary heute abend nicht vorbeikommen?" Meine Mutter war eine hartnäckige Frau.

"Schon. Er hat aber jemand Bekanntes im Zug getroffen und ist mit ihm ins 'Blackout'."

"Darf Cary da schon rein?"

"Mom, Cary ist 17! Man darf da ab 14 rein!"

"Oh... Wie die Zeit vergeht. Vor ein paar Jahren war er noch 13... Da war er noch ein kleiner Junge." Meine Mutter seufzte übertrieben. "Und du warst da auch noch ein Kind..."

"Soll passieren, Mom."

Ein Kind war ich immer. Auch heute noch.

"War 'der' Bekannte perzufall weiblich?" Mom kannte Carys Frauenverschleiß fast besser als er.

"Ja."

"Name?"

"Krisi oder so."

"Kanntest du sie?"

"Noch nie gesehen."

Meine Mutter sah mich eine Weile an. "Es ist normal, dass du dich verletzt fühlst."

Ich seufzte. "Mom, ich hatte keine Messerstecherei!"

"Ich meine ja auch keinen körperlichen Schmerz."

"Mmh... Der Sportunterricht war wirklich grausam..."

"Wanda", seufzte Mom und sah mich traurig an. "Du weichst einem immer aus. Ich kenne kein Mädchen, dass so wenig weggeht wie du. Cary kann ja nicht immer da sein."

Doch. Festketten und Schlüssel essen...

"Mom, lass mich mit deinen Tipps bitte in Ruhe. Davon bekomme ich nur Magendurchbruch."

"Ah..." Meiner Mutter schien etwas einzufallen. "Stichwort Magendurchbruch... Wann soll ich dir eigentlich einen Termin beim Frauenarzt nehmen?"

AH! RÜCKZUG, MÄNNER! PACKT DIE BOMBEN UND GRANATEN WIEDER EIN UND LAUFT!... WAS?! DIE GRANATEN SIND BEREITS GEZÜNDET?! MIR DOCH EGAL!!

"31 Februar."

"Sehr witzig, Wanda."

"Mom, ich will da nicht hin!" Und das hatte ich schon oft genug gesagt!

"Du musst da aber hin! Alle Frauen müssen zum Frauenarzt!"

"Mom, ich esse gerade!"

"Stell dich nicht so kindisch an, Wanda. Außerdem bist du fertig."

"Ich verdaue noch..."

"Ende der Diskussion."

"Was? Wir hatten schon angefangen?!"

"Wanda..." Meine Mutter nahm tief Luft. "Ich geh auch mit."

Also ich weiß ja nicht, was diese Drohung für einen Sinn hatte, aber es reichte aus um mein gesamtes Leben vor meinem inneren Auge ablaufen zu lassen...

"Ich... muss noch Aufgaben machen." So tief war ich also schon gesunken...

"Wanda..." Meine Mutter stand auf und wollte mich am Arm festhalten, aber ich war bereits aufgesprungen und lief die Treppe hoch zu meinem Zimmer.

In MEIN Reich...

Ich knallte die Tür zu und das Emily the Strange-Poster wäre fast von der Tür abgefallen.

Aber das war mir egal.

Ich hatte den Dachboden beschlagnahmt und mit Moms Hilfe ein super Zimmer drauß gemacht.

Überall klebten Poster von Skatern und Comicfiguren. Vor allem Emily und ihre abgefahrenen Katzen waren überall an den Wänden anzutreffen...

Wo keine Kleider lagen, versteckten Bücher und Fotos meinen dunklen Holzboden.

Ich ließ mich auf mein Bett nieder und sah an die Decke.

Über mir hing ein Linkin_Park Poster und ich starrte die Mitglieder der Band solange an, bis meine Augen weh taten.

Gut. Ihr habt also auch keinen Plan... Ich hab es kapiert.
 

Wenn es etwas gab, was ich mehr als Sport in der Halle oder draußen im Park hasste, war es schwimmen.

Nichts gegen schwimmen, aber alles was ich mit meiner super tollen Klasse machen musste, war schlichtweg SCHEISSE.

Wie gut, dass ich einen Lichtblick am Ende des langen Tunnels hatte...

"Das ist falsch, Spongebob." Carys Stimme drang an mein Ohr und ich öffnete die Augen.

Cary teilte mit mir die Leidenschaft der Poster, doch zeigten die in seinem Zimmer eigentlich alle FAST nackte Frauen oder Autos.

So wie das über seinem Bett.

Eine schwarzhaarige Frau lag nur im Bikini auf einem Porsche.

Tja, wollen wir mal für sie hoffen, dass das Auto nicht plötzlich los fuhr...

"Was ist falsch?"

Cary saß am Kopfende seines Bettes und hob mein Matheheft. "Spongebob, deine erste Aufgabe bei der Nummer fünf ist falsch."

"Wieso?"

"Du bekommst als Lösung 366 Grad heraus!"

"Ja und?"

"Es gibt in der Geometrie keine 366 Grad!"

"Sagt wer?"

"Es ist einfach so!"

"Ach? Welche Gradzahl hat der Kreis dann, Mr. Schlaukopf?"

"360 Grad!"

"Ich bin doch nur 6 Grad vorbei, reg dich also nicht so künstlich auf!"

"Das interessiert die aber bei der Abschlussprüfung wenig, Spongebob. Du wirst durchfallen!"

"Bleib mal locker..."

"Wanda..."

Oh nein... Wenn Cary mich mit Wanda ansprach, wenn wir alleine waren, kam immer eine von seinen Predigten.

Ich hielt ihm ja auch nicht seine ständig wechselnden Freundinnen vor! Warum akzeptierte er dann nicht einfach meinen Null-Durchblick in Mathematik?

"Ich will nicht, dass du in Mathe eine 'Durchgefallen' aufgedrückt bekommst! Ich dachte, wir wollten später zusammen aufs College!"

Natürlich... Als ob ich die dazu benötigten Noten hätte!

"Ich werd der neue Clown von McDonalds", gähnte ich und streckte mich. "Doof, aber glücklich."

"Du bist gestört", knurrte Cary und warf mein Mathematik-Heft in die Ecke. Wenn ich das machte, bekam ich immer einen riesen Anschiss.

"Ich will nur nicht meine beste Freundin verdummen lassen", sagte Cary und legte sich neben mich.

Wir starrten eine Weile die Tussi auf dem Porsche an.

"Wie findest du die Frau?", fragte Cary nach einer Weile und ich schnaubte.

"Ziemlich billig."

"Find ich nicht."

"Hänge dir lieber Männer über das Bett."

"Ich bin aber nicht schwul."

"Dafür muss man nicht schwul sein."

"Du willst aber, dass ich schwul werde."

"Wollen ist Relativ."

"Ich werde schwul, wenn du lesbisch wirst."

"Vorschlag abgelehnt."

So liefen die Gespräche meistens zwischen uns ab.

Sie waren sinnlos und hatten keine Bedeutung. Aber sie waren mein persönliches Highlight.

"Wie war es im 'Blackout'?"

"Ganz okay. Krisi ist echt in Ordnung. Bloß ihre eine Freundin Jacky ist komisch drauf..."

"Bin ich auch."

"Ja, aber du bietest mir kein Geld an, damit ich mit dir schlafe."

"Hast du es angenommen?"

"Natürlich nicht! Sie ist so gar nicht mein Typ. Außerdem trinkt die mir eindeutig zu viel Alkohol... So was macht die Leute komisch im Kopf."

"Kann passieren..."

Es herrschte wieder kurze Stille.

"Spongebob?"

"Mmh?"

"Wenn ich mal heiraten würde, hättest du Bock mein Trauzeuge zu sein?"

"Der Heini mit dem Ring?"

"Genau."

"Vielleicht. Wer wäre die Braut?"

"Weiß ich nicht."

"Vielleicht eine hübsche Blondine, die sich dann in der Hochzeitsnacht als Transvestit entpuppt..."

"Spongebob", stöhnte Cary genervt. "Lass es. Bitte!"

"Angsthase."

"Irre Nuss."

Erneute Stille.

"Sag mal..." Cary drehte seinen Kopf in meine Richtung. "Inzwischen ersten Kuss gehabt?"

"Ja. Osama Bin Laden hat sich freundlicherweise dazu bereit erklärt..."

Cary verdrehte die Augen. "Du bist bei so was schrecklich kindisch."

Ich zuckte mit den Schultern. "Man gönnt sich ja sonst nichts."

Seit Carys erstem Kuss, er war damals 12 gewesen, nervte er mich mit der Frage. Er war der Ansicht, mit FAST 17 noch ungeküsst zu sein wäre wie... Fußball mit einer Bombe.

Aber für mich hatte so was keinen Wert.

"Sponge, halt dich mal ran!"

"Nö."

"Was ist dein Problem?"

"Das ist unhygienisch, unnötig und ... peinlich."

"DIR ist was peinlich? Hallo?! Hab ich was verpasst? Soweit ich weiß warst DU es, der dem Theaterlehrer den nackten Arsch auf der Bühne gezeigt hat."

Ich seufzte glücklich bei dieser Erinnerung.

Zwar wurde ich direkt von der Bühne gezogen und durfte nicht mal mehr meine Hose hochziehen, aber DAS war es mir wert gewesen...

Und da ich erst elf war, stempelte man es als Kinderstreich ab.

"Kann es dir nicht egal sein, was ich mache?", fragte ich und Cary nickte.

"Du lässt dir eh nichts sagen. Aber ich dachte... Naja. Findest du es nicht peinlicher, immer noch ungeküsst zu sein?"

"Nö."

"Komm schon. SO knallhart ist kein Mädchen. Auch wenn ich oft daran zweifel, dass du eins bist."

"Ich auch, mein Frauenkennender Freund. Ich auch..."

Einmal per Anhalter und wieder zurück... Nebenbei noch was essen

Ich kniff die Augen zu, nahm tief Luft und stieß einen lauten Schrei aus.

Hätte nur noch gefehlt, dass ich in ES Zimmer geplatz wäre, wenn sie schon voll dabei wäre!

Warum sperrte dieses billige Etwas nicht die Zimmertür zu?!

Aber mir egal.

So sehr es mich auch anekelte, ich war wütend. Meine Wut tobte und wartete nur darauf, sich auf ES zu entladen.

"Wanda!" Meine Schwester sah mich wütend an und zeigte auf die Tür. "RAUS, VERDAMMT!"

"Nein", knurrte ich. "Weiß Mom, was du hier machst?"

ES verdrehte die Augen. "Verpiss dich."

Der junge Mann in ihrem Bett, der sicher schon an die 17 war, sah sie verwirrt an.

"Ich denke nicht", sagte ich und verschränkte die Arme. "Bonjour, ich bin Wanda. Et toi?"

Der Junge mit den zerzausten kurzen braunen Haaren schien überfordert.

"Was labert die da?", fragte er ES und diese schnaubte.

"Ignoriere sie. Mom hat vergessen den Keller abzusperren und da kriecht DAS DA ab und zu heraus."

"He!" Ich ignorierte ES Worte und sah ihren Freund böse an. "Ich hab dich nach deinem Namen gefragt!"

Keine Reaktion sondern nur ein genervter Blick seinerseits.

"Hey!" Ich trat an das Bett heran und sah ihn böse an. "Ignorierst du mich? Ich werde nicht gerne ignoriert."

"Du nervst", knurrte er und ES schrie wütend auf.

Ich hatte ihnen nicht nur den Sex kaputt gemacht - Schulterklopfer für mich - sondern auch den restlichen Abend.

Aber genug vom Selbstlob. Ich sollte langsam echt verschwinden, da ich zum einen ES nicht halbnackt sehen wollte und ihren Freund hasste.

"Was hast du mit meinem Skateboard gemacht?", fragte ich und ES schrie erneut wütend auf.

"WAS WEISS ICH! UND JETZT HAU AB!"

"Nein, Schlampe! Was hast du mit meinem Board gemacht?!"

"HAU ENDLICH AB!"

"NEIN!"

Ich fand es gar nicht witzig, was ES mit meinem Skateboard gemacht hatte! Sie hatte es versteckt und mit Sicherheit wieder auseinander gebaut!

Das wäre ja nicht das erste Mal!

"Und du warst in meinem Zimmer!", schrie ich und ES schrie zurück.

"LECK MICH DOCH!"

"NEIN DANKE! DAS SOLL DEIN TOLLER FREUND MACHEN! UND DU WEISST DAS ICH ES HASSE, WENN DU AN MEINE SACHEN GEHST!"

"HAU AB, WANDA!"

"GIB MIR MEIN BOARD WIEDER!"

"SUCH ES DOCH!"

Es klingelte und ich schnaubte. Glück gehabt, ES.

"Wer ist das?" ES Freund sah sie beunruhigt an. "Du hast gesagt, deine Mutter käme erst gegen halb zwölf zurück!"

"Reg dich ab", knurrte ES. "Das ist nur Wandas Traumkerl, der sie nicht ran lässt." ES grinste fies und winkte mir auf ihre billige Art. "Ade, Wanda! Dein Playboy wartet vor der Tür."

Ich zeigte ES den Mittelfinger und knallte die Zimmertür so laut zu, dass etwas von der Wand fiel.

"SCHLAMPE!", schrie mir ES nach, aber ich ignorierte sie.

Ich sprang vier Treppen gleichzeitig nach unten und riss die Haustür auf.

"YO!"

"Yo."

Ich schlug bei Cary ein (Wer gab sich auch bitteschön die Hand?!) und grinste.

"Perfektes Timing. Ich war gerade dabei, ES beim Sex zu nerven."

Cary schauderte. "Bloß keine Details!"

Es gab drei weibliche Wesen, mit denen Cary niemals schlafen würde. Auf Platz 1: ES. Dann kam ich und dann (beunruhigend, ich weiß) auf Platz 3 seine ätzende Mutter.

Das wiederum machte deutlich: Cary würde eher mit seiner eigenen Mutter schlafen als mit mir oder ES.

"Deine Mutter nicht da?" Cary schob sich an mir vorbei und sah sich um.

"Wo ist meine Freundin?", fragte er grinsend und die Angebetete sprang in der Küche laut hörbar vom Küchentisch.

Das Miststück namens Zouzou kam um die Ecke geschoßen und miaute glücklich.

Sie war eine weibliche schwarze Katze und absolut scharf auf Cary.

Seit sie vor vier Jahren als kleines Kätzchen zu uns kam war sie auf ihn fixiert. Ich war der Arsch, der ihr das Fressen kaufen musste und das Katzenklo sauber machen SOLLTE, Cary der geliebte Sonnenschein.

Mauzend und vor Glück fast platzend schlang sich die kleine Schlampe zwischen Carys Beinen hin und her und dieser nahm sie lachend auf den Arm.

Schnurrend zeigte Zouzou Cary ihre ganze Liebe und würde ihm bis ans Ende der Welt folgen. Ach was, sie würde ihn auf den Pfoten dahin tragen!

"Sie liebt dich", sagte ich und verzog das Gesicht angewidert.

Cary nickte nur. "Tja, einer muss ja lieb zu ihr sein."

"Ich bin lieb zu ihr!"

"Na klar." Cary küsste Zouzou auf den Kopf. "Sie lügt", sagte er zur Katze und diese miaute laut und glücklich.

"Fickt euch doch gleich", sagte ich und verdrehte die Augen.

Cary lachte und ließ Zouzou auf den Boden.

Diese sah zu ihm hoch und schnurrte.

"Hoch in mein Reich!", rief ich und hob die Faust in die Luft. "Nieder mit der Ordnung!"

Cary folgte mir die Treppe hoch und wir zwei gaben uns alle Mühe, laut die Stufen hoch zu trampeln um ES ja beim Sex zu stören.

Sogar Zouzou kapierte was wir vor hatten und miaute zu dem Getrampel noch laut und dröhnend.

ES fluchte und warf etwas schweres gegen die Tür.

Ich bezweifelte, dass sie ihren Freund geworfen hatte. Wäre aber lustig...

Oben angekommen knallte ich die Zimmertür zu und Cary warf sich auf mein Bett.

Sofort sprang Zouzou auf ihn drauf und kletterte unter sein T-shirt.

Schnurrend rollte sie sich darunter zusammen und Cary lachte leise.

"Sie ist süß", sagte er und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Er wusste was ich davon hielt...

"Sie ist scheiße", sagte ich und gähnte. "Also, was geht ab?"

"So einiges", grinste Cary und sah Linkin_Park an.

Die Jungs starrten eisern zurück.

"Ich muss dir was sagen", sagte Cary und sah weiter an die Decke.

"Spucks aus."

"... Sei nicht sauer."

"Jetzt schon."

Cary seufzte. "Ich hab dich bei einer Freundin von mir angemeldet für Nachhilfe in Mathematik."

"Gefickt oder noch in Bearbeitung?"

"In Bearbeitung."

"Oh."

Cary sah die Sache mit den Frauen und dem Sex pragmatisch.

Die Frauen waren verrückt nach ihm, er war glücklich.

Er suchte bei ihnen die Bestätigung, die er Zuhause dank seiner nie Zeithabenden Mutter nie gefunden hatte.

Sein Vater war absolut überfordert und total zerstreut und gratulierte seinem Sohn jedes Jahr entweder zwei Wochen zu früh zum Geburtstag oder vergaß es ganz.

Jede hübsche Frau durfte einmal Cary 'genießen'. Danach nie wieder.

Er redete ab und zu mit ihnen, wenn er sie dummerweise irgendwo traf, war glücklich wenn die Tussis wieder oder immer noch auf ihn scharf wurden oder waren und ließ sie charmant fallen.

Der Gedanke an eine Beziehung, dauernd einem Mädchen Liebe, Zeit und Gefühle schuldig zu sein machte ihm Angst.

"Und wenn ich aber kein Bock hab?", fragte ich und beugte mich über Cary.

Vorsichtshalber hob ich schon mal die Faust, um zuschlagen zu können.

Cary grinste nur. Er wusste, dass ich ihn niemals wirklich schlagen würde.

"Willst du bei den Prüfungen bestehen?"

"Vielleicht...", sagte ich langsam und Cary grinste breiter.

"Also."

Ich schrie wütend auf und trat gegen das Bett.

"ICH WILL ABER KEINE NACHHILFE VON DEINER NEUEN FLAMME!"

"Komm schon, Spongebob. Sie ist wirklich gut und du könntest sie vielleicht sogar ein wenig mögen. Sie ist keine von diesen üblichen Tussis."

"Aha. Willst du jetzt ein Fleißkärtchen, wegen sich langsam abbauende Oberflächlichkeit?!"

"Wäre nicht schlecht", sagte Cary und richtete sich vorsichtig auf.

Zouzou kletterte unter seinem Shirt hervor und sah mich böse an.

Geh sterben, Katze! Ich hab andere Probleme.
 

Es gab ein Ritual.

Und das verlangte von mir und Cary die hohe Kunst des absoluten Nichts tun.

Chillmania, wie wir es seit Jahren schon nannten.

Wie es ablief?

Ganz einfach.

Man nehme zwei von dem Leben gequälte Individuen und füge eine absperrbare Tür hinzu.

Die wichtigste Zutat: Eine bequeme Couch die direkt unter einem großen Dachfenster stand.

Wenn es dunkel war und man die Sterne im Himmel sehen konnte war es perfekt.

Sprechen war immer erlaubt, aber im Moment nicht von Nöten.

Wenn wir schweigend nebeneinander auf meiner Couch lagen und in den Himmel starrten war es das Beste, was mir passieren konnte.

Wir waren allein. Keine andere Leute die an Cary herumzogen und ihn mir weg nahmen. Klang nicht nur egoistisch, sondern war auch so.

Aber es nervte mich, wenn eine Krisi, Ardita, Lea oder was weiß ich wie noch auftauchten, Cary anlächelten und mir wertvolle Stunden mit ihm klauten.

Wir hatten noch dieses Jahr, dann wurde es übel.

Wieso?

Nun... Wir waren dann fertig. Ich müsste schauen wie ich mit meinem Abschluss irgendwo durchkam. Ein gutes College konnte ich knicken. Die würden einen Lachanfall bekommen, wenn ich da mit meinen schlechten Noten aufkreuzen würde.

Cary hätte ganz gute Chancen, war aber nur noch dieses Jahr hier in den USA.

Danach ging es mit seiner Mutter zu seinem Vater nach London.

Übel, ich weiß.

Ich war nie in Europa. Ich hatte in meinem erbärmlichen Leben die USA nie verlassen. Ich war nicht mal in Kanada gewesen!

Aber ich und Cary wussten seit zwei Jahren, dass er nach seinem Schulabschluss nach England musste. Sein Vater wollte schon früher, dass seine Frau und Sohn nachzogen, aber beide konnten nicht so einfach abspringen und wollten es nicht.

Vor allem Cary hatte sich quer gestellt.

Als sein Vater immer weiter drängte, verloren Carys Eltern vollkommen die Kontrolle über ihren Sohn.

Er wurde laut, aufsässig und aggressiv. Legte alles kurz und klein und hasste seine Eltern.

Er sperrte sich tagelang in sein Zimmer ein, sprach kein Wort mehr mit seinem Vater und wurde immer extremer, was die Sache mit dem Sex und den Frauen betraf.

Schließlich gaben seine Eltern auf und so wartete man noch zwei Jahre.

Immer wenn Carys Vater Urlaub hatte, kam er für paar Tage zurück in die USA und verkündete glücklich, wie toll und gesichert sein Arbeitsplatz in London wäre. Und wie schön die Wohnung wäre...

Cary verdrehte immer nur die Augen, doch langsam hatte er sich daran gewöhnt, bald in England zu leben.

Und dann war nicht nur ein Meer zwischen uns, sondern auch fehlendes Geld.

Das hin und her fliegen war mega teuer und deswegen kam Carys Vater so selten für kurze Zeit zurück.

Ich müsste ewig sparen, für einen Flug hin und zurück.

Unterkunft war ja kein Problem, aber es war MEGA teuer. Zumindest für eine fast 17jährige die kein Taschengeld bekam.

Es waren nur noch drei Wochen, bis zu den Prüfungen.

Von da an nur noch vier Wochen bis Schulende und dem endgültigen Abschluss.

Carys Mutter packte jetzt schon eifrig und schickte immer mehr Möbel nach England.

Cary hatte ihr gedroht, wenn sie auch nur auf die Idee käme, in seinem Zimmer schon zu packen, würde er das Haus anzünden.

Herzlos abfackeln, würde er es und sich dabei köstlich amüsieren.

Man merkte, dass er Angst hatte. Er hatte Panik vor England. Mega Schiss.

Das Thema war inzwischen verboten. Wir sprachen nie laut darüber. So etwas gehörte nicht laut ausgesprochen. Gesprochenes war gesagt, konnte nicht zurückgenommen werden. Auch nicht wenn man sagt, man nimmt das gesagte zurück.

Verwirrend, aber meiner Meinung nach logisch.

"Sponge?"

"Qui?"

"Ist es dir immer noch nicht peinlich, ungeküsst zu sein?"

"Nö."

"Ich glaub dir das irgendwie nicht..."

"Dein Problem, Cary."

"Und was willst du machen?"

"Attentat."

"Na dann..." Cary seufzte und streckte sich. "Zouzou, geh runter von mir."

Die Katze schnurrte beim Klang seiner Stimme nur mega laut, bewegte sich aber kein Stück.

"Gewalt würde da helfen", schlug ich vor und Cary sah mich skeptisch an.

"Ich weiß nicht, ob Haustiere das passende für dich sind."

Ich zuckte mit den Schultern. "Sie fängt ja immer an zu stänkern. Ich wehre mich nur."

Cary schüttelte den Kopf. "Bist du dir absolut sicher, dass du keine Paranoia hast?"

"Nein. Aber Zouzou ist eine hinterhältige Schlampe! Bei dir macht sie immer auf lieb und bei mir?! Das blöde Vieh mutiert dann immer zu einem zweiten ES!"

"Du übertreibst."

"Ha! Ich untertreibe, mindestens!"

Es klopfte.

"Eh! mach auf!"

"Geh sterben, ES!"

"Wo hast du die Pizza hingemacht, die in der Gefriertruhe lag?!"

"Keine Ahnung!", rief ich und schielte auf den leeren Teller, der zwischen mir und Cary auf der Couch stand.

Ja, die Pizza war lecker gewesen. Keine Frage.

"SAG SCHON!"

"Dann sag mir wo mein Skateboard ist!"

"Schlampe!"

"ES!"

Cary lachte und erhob sich. Er würde mit ES spielen. Das tat er immer, wenn sie ihm auf die Nerven ging und sich einfach nicht verdünnisieren wollte.

Er sperrte die Zimmertür auf und lächelte meine zerzauste, frisch gefickte und momentan von ihrem Freund allein gelassene Schwester an.

Ihre Tussi-Hormone gingen sofort bei diesem Lächeln mit ihr durch und sie wurde rot.

"Kannst du bitte abhauen?", fragte Cary charmant. "Du gehst mir auf die Nerven. Danke." Er knallte die Zimmertür wieder zu und grinste, als ES sich wirklich leise fluchend vom Acker machte.

"Na, wo bleibt der Applaus?"

Ich war überrascht, dass Zouzou keinen riesen Stoffinger auspackte mit der Nummer eins drauf oder ein Schild auf dem Stand 'Cary! Ich liebe dich!'.

Meine behinderte Katze vergnügte sich stattdessen mit einem simplen Schnurren.

Ich applaudierte auf eine sarkastische Art und Cary verbeugte sich.

"Danke. Nur zu gütig."

Ja. Diese Abend bei mir waren immer das Highlight.

Niemand war da, der mir Cary wegnehmen konnte.

Unsere Freundschaft war dann einfach das einzige, was eine Bedeutung hatte. Alles andere prallte von uns ab wie ein Springball von einer harten Wand.
 

Sport war scheiße.

Hab ich aber sicher schon erwähnt.

Meiner Meinung nach konnte man dieses Fach getrost neben Jesus nageln und hängen lassen.

Erschöpft, gepeinigt und gequält ließ ich mich in den Sitz fallen und beobachtete die Leute im Zug.

Alles Leute, mit hunderten Problemen. Mit tagtäglichem Stress und dem Wunsch nach Freiheit. Der Angst, nicht anerkannt zu werden. So wie ich.

Als Außenseiter da zustehen und ausgelacht zu werden.

Hinter mir lästerten Mädchen und gaben sich nicht mal mehr die Mühe leise zu sprechen.

Aber das war mir egal. Es tat mir nicht weh, sondern ärgerte mich.

Ich wollte gar nicht zu diesen Tussis gehören. Zu diesen Möchtegern-Coolen. Ich war ich und damit fertig.

Trotzdem wäre ich meinen Mitmenschen sehr verbunden, wenn sie aufhören könnten über andere zu lästern.

Eine Gruppe von Schlampen hatten einen kleinen Jungen gefunden, den sie nerven konnten.

Cary war von seiner Mutter abgeholt worden, da er noch zum Schwimm-Training musste.

Also musste ich die Zugfahrt ohne ihn und mit leerem Mp3-Player überleben.

Die drei Tussen, die sich zu einem vielleicht mal gerade 14jährigen gesetzt hatten, grinsten ihn an.

Sie wollten mit ihrer Weiblichkeit prahlen. Keine Frage.

"Wie heißt du?", die Schwarzhaarige mit der spitzen Nase lächelte. "Sag schon, Kleiner."

Der leicht überfordert wirkende Junge starrte sie an.

Er hatte kurze zerzauste rote Haare, grüne Augen und Sommersprossen.

Auf seinem Schoß lag ein Buch und seine Schultasche hatte Platz zwischen seinen Beinen gefunden.

"Sag schon. Wir beißen nicht, nur selten." Das kam von der gelockten Tussi mit einem verboten tiefen Ausschnitt.

Und genau dorthin wanderten die grünen Augen des Jungen, was die Mädchen grinsen ließ.

Oh du armes, überfordertes Individuum. Du bist gefickt, wortwörtlich.

"Sag schon deinen Namen." Die Blonde berührte 'perzufall' das knie des Jungen, woraufhin dieser krampfhaft aus dem Fenster sah.

Er wusste, was sie erreichen wollten. Und er wusste genauso gut wie die Mädchen, dass er bald ein Problem hatte.

"Ist er nicht süß?"

Die Mädchen kicherten und erneut wurde 'perzufall' das Knie des Jungen berührt.

Also echt! Diese blöden Ziegen waren vielleicht so alt wie ich oder auch HÖCHSTENS ein Jahr älter und mussten sich daran erfreuen, wenn ein schwerstpupertierender Junge sich wegen ihnen bald MEGA blamierte!

So was regte mich auf!

Vor allem da es kaum zu übersehen war, wie sehr der Junge nach Hause wollte.

Als eins der Mädchen anfing ihn richtig heftig anzumachen, riss meine Geduld.

"He!" Ich richtete mich auf und die Mädchen drehten den Kopf in meine Richtung.

Ich saß direkt in dem anderen Vierer neben ihnen.

Die alten Frauen, die bei mir im Vierer saßen und das Schauspiel mit abwertenden Blicken verfolgt hatten, sahen mich nun gereizt an.

Mir aber völlig egal.

"Was ist?", zickte die Blonde und der Junge sah mich kurz an.

"Hört auf den Kerl zu belästigen. Mir wird schlecht. Wenn ihr es SO nötig habt, fickt euch doch gegenseitig auf dem Wc hier. Bis zum nächsten Bahnhof sind es ja noch zehn Minuten."

"Halt dein Maul!", fauchte die gelockte Tussi und warf ihre Haare zurück. "Wir können reden mit wem wir wollen! Misch dich also nicht ein, wenn du keine Probleme haben willst!"

"Du willst mich schlagen?", fragte ich gehässig.

"Ich schwör dir, du bist dran!", zickte die Blonde und ich zeigte ihr den Mittelfinger.

"Ach ja? Dann komm her. Ich tret dir so fest in den Arsch, dass du deine gefickte Lunge irgendwo aufsammeln kannst."

Die Blonde verkrampfte sich und sah den Jungen an.

"Kleiner, nervt dich diese Hexe auch so?"

Der Junge musterte kurz ihre Oberweite, sah sich die langen lackierten Fingernägel an und entschied gegen sie.

Keiner bekam gerne Krallen beim Sex in den Rücken gerammt

"Nein", sagte er und seine Stimme klang krächzend.

Sag ich doch. Pubertierend. Aber so richtig.

"Wart nur ab", fauchte die Blonde und erhob sich.

Die drei Tussen wussten, dass ich sie locker wegstecken konnte.

Ich hatte einen Ruf, der mir ziemlich voraus geeilt war.

Ihre Freundinnen folgten ihr und der Junge seufzte erleichtert, als er alleine zurückblieb.

Aber ein 'Danke' hörte ich nicht.

War ja wieder zu typisch...
 

Ich lief so schnell ich konnte.

Am Endbahnhof musste ich immer eine halbe Stunde auf meinen nächsten Anschlusszug warten und hatte heute mal gedacht, zwischen durch was essen zu können.

Aber falsch gedacht.

Die Kassiererin beim 'Run and GO'-Shop war etwas neben der Spur gewesen und hatte irgendwas bei der Kasse verstellt.

So musste ich EWIG warten, bis sie mir endlich mein Wechselgeld gab. Und ohne Wechselgeld wollte ich den Laden nicht verlassen.

Doch was hatte ich davon?

Das bisschen Wechselgeld und gleich ein fettes Problem, wenn ich meinen Zug nicht bekam!

Ich sprang über einen Koffer einer Japanerin, die mir daraufhin verwirrt nach sah und schlängelte mich geschickt durch den Abendbetrieb im Bahnhof.

Mist, mist, mist, mist, mist, mist, mist, mist...

Mega Mist! Ich wusste einfach, dass der Tag für den Arsch war! Und den Stress direkt nach Sport! Die Hölle, echt!

Ich stieß mit jemanden zusammen und dieser fluchte.

Es war ein junger Mann Anfang 20 mit einem feinen Anzug, der penibel gepflegt aussah.

Die Krawatte saß perfekt und das kurze schwarze Haar war militärisch kurz.

"Passen Sie doch auf!", fluchte er und hob ein Handy auf, welches ihm aus der Hand gefallen war.

Er tippte kurz darauf herum und fluchte erneut.

"Verdammt! Sie haben mein Handy ruiniert! Sind Sie zufrie..."

Mehr bekam ich nicht mit, da ich los lief und mein Zug sah... Der die Türen schloss und los fuhr.

Ohne mich, wohl bemerkt.

Ich seufzte, haute mir eine flache Hand gegen die Stirn und knurrte Verwünschungen, die ziemlich oft was mit dem Entgleisen meines verpassten Zuges zu tun hatten.

"War das Ihr Zug?"

Die Stimme des 'Sie haben mein Handy ruiniert'-Typs tauchte hinter mir auf und ich nickte.

"Nun, jeder das was er verdient", sagte er gehässig und ich drehte mich verärgert um.

"Problem?", knurrte ich und der junge Mann grinste.

"Nein. Sie scheinen aber ein Problem zu haben. Der nächste Zug in diese Richtung fährt in zwei Stunden. Dumm gelaufen, oder?"

"Geh sterben."

"Sehr charmant."

"Ich gib mir Mühe."

Genevt ließ ich mich auf eine Bank nieder. Der 'Sie haben mein Handy ruiniert'-Typ folgte mir.

Wollte der jetzt das Geld für das Shit-Handy, oder was?!

"Was ist?", fragte ich und sah zur Uhr.

Ich hasse dich Zeit! Ich hasse dich! Geh sterben und hol diesen komischen Kerl gerade mit!!

"Lust auf einen Kaffee?" Der 'Sie haben mein Handy ruiniert'-Typ legte den Kopf leicht schief. Er war höchstens 22.

"Nein. Davon bekomme ich Depressionen."

"Tee?"

"Blähungen."

"Wasser?"

"Kann ich auch auf dem Klo saufen."

'Sie haben mein Handy ruiniert' seufzte geschlagen und richtete seine Krawatte. "Wenn es daran liegt, dass ich Sie gerade eben so angefaucht habe, entschuldige ich mich hiermit."

HÄ?! War hier was kaputt oder war der Kerl auf Drogen?

"Was willst du, verdammt?!", fauchte ich und der Kerl baute sich anmutig auf.

"Sie einladen."

"Wozu?"

"Warum nicht?"

"Ich warte auf meinen Zug."

"Der erst in zwei Stunden fährt."

"Also du bist der miserabelste Kinderschänder den ich je erlebt habe."

'Sie haben mein Handy ruiniert' sah mich geschockt an. "Ich bin doch kein Kinderschänder!"

"Dann verpiss dich trotzdem. Ich bleib hier sitzen. Egal was kommt."

Der junge Mann setzte sich elegant neben mich und ich sah ihn böse an.

"Hau ab!"

"Nein. Erst wenn Sie mir ihren Namen gesagt haben."

"Bist du ein Cop?"

"Nein."

"Hau ab. Mann!"

Der junge Mann seufzte. "Schon gut. Ich habe verstanden. Ich wollte nur freundlich zu Ihnen sein."

"Du redest wie ein Arschkriecher."

'Sie haben mein Handy ruiniert' erhob sich, sah mich kurz an und schritt davon.

Also DIESEN Macker sollte man mal checken.

"Hat er dich belästigt?" Eine Frau, die die Szene beobachtet hat, sah mich neugierig an.

Ja, hätte sie wohl gerne!

"Nein. Ich hab sein Handy kaputt gemacht."

Die Frau sah mich verwirrt an.

Ich konnte es mir nicht verkneifen und fügte grinsend hinzu "Es waren Kinderpornos drauf."

Die Frau sah entsetzt drein und ich verdrehte die Augen.

Mein Gott, Evolution... Was hast du nur falsch gemacht?
 

Am Abend lauschte meine Mutter verwirrt der Erzählung über den 'Sie haben mein Handy ruiniert'- Kerl.

Sie war froh, dass ich nicht mitgegangen war, wusste aber nicht was sie zu dem zerstörten Handy sagen sollte.

"Vielleicht mag er dich ja", sagte Mom plötzlich und ich seufzte genervt.

"Natürlich."

"Wie alt war er nochmal?"

"Höchstens 22."

"Ist doch ein schnittiges Alter."

Himmel Arsch und Zwirn!

Ist es auch möglich, nicht immer auf so ein Thema zu rutschen? Aber wie es schien war es das absolut NICHT!

Alles schien sich nur um Liebe, Sex, Liebe und Sex zu drehen!

"Wanda, reg dich nicht auf. War doch nur Spass. Stacy, willst du noch Kartoffeln?"

ES war sauer, weil ich keinen Ärger bekommen hatte, als ich über zwei Stunden Verspätung hatte.

Meine Schwester erhob sich einfach ohne ein Wort und knallte die Küchentür zu.

Sie war eine Katastrophe.

Einfach nur eine Katastrophe... So wie mein Leben.

Mit Verstand oder ohne

"Sponge, das geht schief", flüsterte Cary leise hinter mir und ich winkte ab.

"Sei tapfer, Soldat. Wir stürmen da rein, schnappen uns alles was man essen kann und hauen wieder ab."

"Durchs Fenster?"

"Jop."

"Okay..." Cary klang skeptisch. "Wäre die Tür keine bequemere Variante?"

Ich dachte kurz nach. "Schon, aber der Abgang wäre nicht so dramatisch."

Cray lachte leise.

Es kitzelte eklig im Nacken.

"Spongebob, es geht gut zwanzig Meter nach unten, aus dem Apartment deiner Oma."

"Stimmt."

Ich dachte kurz nach. Was anderes fiel mir aber einfach nicht ein.

"WANDA-SCHATZ!"

Verdammt!

"Rückzug!", zischte ich und wirbelte herum. Ich schob Cary durch den engen und dunklen Flur in die Küche.

Im Wohnzimmer feierte meine Oma ihren 57 Geburtstag und hatte alle unmöglichen Leute hier.

Zum Glück durfte ich Cary mitbringen, sonst wäre ich verreckt.

"WANDA!" In der Küche begrüsste mich ES.

Sie war sauer, da ich Cary mitbringen durfte, Oma aber ihren kleinen Sexfreund nicht hier haben wollte.

"ES, halts Maul. Hast du unseren Cousin gesehen?"

"Wanda sollte auf ihn aufpassen", seufzte Cary und ich rammte ihm einen Ellbogen in die Seite.

"Ich pass doch auf ihn auf!"

"Ja, merkt man", ächzte Cary und sah mich vorwurfsvoll an. "Au, das hat weh getan!"

Blitzmerker, echt!

ES verschränkte die Arme. "Dave ist sicher abgehauen oder aus dem Fenster gesprungen. Würde ich an seiner Stelle auch machen."

"Tu mir den Gefallen und lass dich nicht von diesem Vorhaben abbringen, auch wenn du nicht an Daves Stelle bist."

"Schlampe!"

"ES."

"Lesbe!"

"Na dann." Ich zuckte mit den Schultern. "ES hat mal wieder ihre Tage. Suchen wir den kleinen Kackbratz..."

"Deinen kleinen Cousin", korrigierte mich Cary und ich rollte nur genervt mit den Augen.

"Mein ich doch. Auf auf. Und DANACH beschaffen wir uns endlich was Essbares."

Cary nickte. "Wie du meinst, Sponge."

ES sah uns böse an, sagte aber nichts. Sie hatte hundertprozentig ihre Tage. Da war sie nämlich NOCH schlimmer als sonst schon.

Aber da Omas Geburtstag war, sollten ich und ES uns nicht zu sehr angiften.

Mom hatte uns gedroht, jeden von uns zu bestrafen.

Aber das war mir eigentlich ziemlich egal. Was machte mir schon 453 Tage Fernsehverbot aus? Nichts.

Ich würde bei Cary Fernsehen schauen und mich köstlich über das alberne und unnötige Verbot amüsieren.

"WANDA!" Meine Oma klang sauer. Sie war leider keine von diesen schrumpligen alten Frauen, die mit komischer Lockenfrisur herumsaß und strickte.

Sie war eine Frau mit einem Aussehen von Ende vierzig, langen grauen Haaren und viel Schmuck.

Sie war fasziniert von Dingen wie Wahrsagen und bevorzugte körperliche Gewalt, um ihren Mitmenschen mitzuteilen, WER hier der Chef war.

"WO BIST DU?!" Eine Tür schwang auf und meine Mutter trat aus dem Wohnzimmer.

Sie sah mich und Cary, wie wir uns eigentlich gerade über den Flur leise verdünnisieren wollten.

"Da seid ihr ja! Wanda, deine Oma hat dich noch gar nicht gesehen! Es gibt Kuchen, na los!"

Ich nickte und Cary tat es mir gleich.

"Wo ist Dave?" Meine Mutter sah skeptisch auf den leeren Platz zwischen mir und Cary. "Wanda... Wo ist dein Cousin?"

"Eh... Seit wenigen Minuten tot. Oder so."

"Wanda!" Meine Mutter sah mich böse an. "Kann man dir nicht mal fünf Minuten einen kleinen Jungen anvertrauen?!"

Nein. Konnte man nicht. Ich hatte schon genug damit zu tun, selbst nicht drauf zu gehen.

"WANDA!" Meine Oma klang nun richtig sauer. "NA LOS JETZT! DER KUCHEN WARTET!"

Meine Mutter seufzte, zog mich und Cary ins Wohnzimmer zu den irren und verrückten Freundinnen meiner Oma.

Nur meine Tante sah noch einigermassen normal aus, in ihrem feinen Kleid und den zu einem Zopf geflochtenen dunklen Haaren.

"Wo ist Dave?", fragte sie mich leise, als ich mich neben sie schob.

Bloß weg von diesen irren Frauen...

Ich wollte meiner Tante gerade erklären, dass sich Dave selbst aufgegessen hatte, als ich von jemanden entdeckt wurde.

Omas beste Freundin, eine Afro-Amerikanerin mit wilden Locken, schrie schrill auf und kam auf mich zu gestürmt.

"DA IST SIE JA!", schrie sie freudig und zog mich in eine Knochenbrechende Umarmung.

Ich war mir ziemlich sicher, meine Knochen würden mich später anzeigen. Und ich hatte keinen Anwalt. Übel, oder?

Aber ich kam immer noch ganz gut davon.

Cary war eigentlich derjenige, der Jammern müsste. Er war nämlich immer total am Arsch. Seit fast fünf Jahren wurde er regelmässig betatscht und musste Abknutscherrei verkraften.

So wie jetzt.

Perle, so nannte jeder Omas beste Freundin mit dem gigantischen Hintern und der unglaublichen Oberweite, ließ mich los und umarmte Cary noch fester als mich.

Er verzog kurz das Gesicht und brachte unter größter Mühe ein "Schön dich wieder zu sehen, Perle" raus.

Ruhe er in Frieden...

"Gott ist er groß geworden!" Perle presste Cary noch fester an sich.

Für ihre 54 war sie eine verdammt starke Frau. Sie könnte Felsen mit ihrer Umarmung zertrümmern...

"Perle... Cary bekommt keine Luft mehr", sagte meine Mutter leicht beunruhigt. "Lass ihn los."

Mit einem erleichterten Seufzen taumelte Cary zurück und ich hielt ihn fest, bevor er noch umkippte.

Er nahm tief Luft und wurde von meinem Onkel misshandelt.

Dieser klopfte ihm auf die Schulter.

Mein Onkel, ein kräftiger Mann mit dem Körperbau eines Schranks, war für seine Schulterklopfer gefürchtet.

Ich erwartete eigentlich immer, dass Cary durch den Boden brach, aber er blieb standhaft.

"Na, alter Junge!", rief mein Onkel dröhnend. "Wirst ja doch noch ein Mann! Schön dich mal wieder zu sehen! Mann, es ist schon drei Jahre her! Ich fasse es nicht! Wie schnell die Zeit vergeht!"

Ein erneuter Schulterklopfer und Cary nickte schnell.

Er hatte größte Mühe, nicht zusammenzubrechen.

"Billy!" Meine Mutter seufzte. "Lass Cary in Ruhe. Du bringst ihn irgendwann noch um!"

Billy lachte dröhnend und hielt sich den Bauch. "Ach was! Cary ist ein Mann! Männer verkraften das, Oder?!"

Cary stolperte ein Stück nach vorne, als mein Onkel ihm Kameradschaftlich auf den Rücken schlug.

Meine Oma warf eine Flasche auf den Boden, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.

"HAUT REIN!", rief sie und deutete auf die riesen Torte, die auf dem Esstisch thronte.

ES kam ins Wohnzimmer und hatte Dave an der Hand der... Ups.

"DAVE!" Meine Tante sah meinen kleinen blöden Cousin im Alter von sieben Jahren fassungslos an.

Der kleine Kackbratzen hatte sich mit Omas rotem Lippenstift angemalt und keine Hose an.

Stattdessen trug er einen Rock von Oma, den er mit einer Hand festhielt und ziemlich herzlos zerschnitten hatte.

Stille herrschte im Raum und selbst MEINE Verwandtschaft vergaß kurz die Tatsache, dass es kostenlos was zu essen gab.

Die Torte war kurz für alle uninteressant.

"Wanda...", sagte meine Tante langsam und alle Blicke richteten sich auf mich.

"Ich glaub...", sagte ich schnell " Dave wird mit ziemlicher Sicherheit eine Transe."
 

Oma nahm es gelassen, dass ihr jüngster Enkel in ihren Kleidern herumlaufen wollte.

Sie erlaubte ihm sogar, ihren Schmuck zu benutzen und Dave war für den Abend die Lachnummer.

Meine Tante war sauer auf mich, da ich ja so verantwortungslos war und ES war angenervt, da sie den kleinen Scheißer jetzt am Hals hatte.

Mein Onkel, der zusammen mit Perle auf dem Sofa saß und darüber diskutierte, dass die Welt eh zu Grunde ging, beachtete seinen Transen-Sohn kaum.

Ich wusste nicht wieso Dave so was machte, aber es war klasse.

Cary stocherte in seinem Kuchen herum.

Er wusste gar nicht, wie dankbar ich ihm dafür war, dass er seinen Freitagabend aufopferte um mit mir das hier durchzustehen.

Meine Familie behandelte ihn wie ihren Sohn, Neffen oder Enkel.

Cary gehörte dazu, wie Nässe zu Regen. Ohne ihn würde was fehlen.

Und ohne ihn wird in naher Zukunft auch etwas fehlen.

"Billy weiß noch nichts davon, dass du nach England musst", sagte ich und Cary nickte nur kurz.

Eigentlich mieden wir das Thema, aber ich wollte es ihm trotzdem mitteilen.

Nur Mom, Dad und ES wussten von Carys baldigem Umzug Bescheid.

Meine restlichen Verwandten lebten in dem Glauben, Cary das nächste Mal wie immer an Weihnachten anzutreffen oder wie in Billys Fall, zumindest alle drei Jahre da, wo es Alkohol und was zu Essen gab.

"Sollen wir uns vom Acker machen?", fragte ich und Cary stellte seinen Teller weg.

Ich hatte ihm den Appetit mit dem Erwähnen von England versaut.

"Warum nicht?" Cary folgte mir aus dem Wohnzimmer, den Flur entlang zum Badezimmer.

Ich öffnete das Fenster und kletterte auf die Feuerleiter. Von da aus konnte man in den Hinterhof gelangen.

Cary folgte mir und irgendwo hörte man eine Sirene.

Sirenen von Cops-Autos gehörten zu New York. Es war fast so was wie eine Erkennungsmelodie.

"Was jetzt?", fragte Cary und schloss seine Weste. Es war kalt draußen und man sah kaum etwas.

"Geiler Himmel", sagte ich und zeigte nach oben. "Schau mal..."

Cary grinste, als er die Milliarden Sterne oben sah.

"Das sieht man selten", sagte er leise. "Krass, oder?"

Ich nickte beeindruckt. "Aber absolut mega krass!"

"WANDA!" ES war uns doch tatsächlich gefolgt.

Man hörte sie Fluchen, da sie mit ihren hohen Schuhe Probleme auf der Feuerleiter hatte.

"Was willst du?", fragte ich angenervt.

"Wir fahren", sagte ES. "Schläft Cary bei uns?"

Blöde Frage.

"Natürlich", kam es von diesem und ES sah ebenfalls nach oben.

"Was ist da oben, verdammt?!"

"Sterne", sagte ich und grinste Cary an.

Dieser grinste zurück.

"Ja und?" ES schüttelte den Kopf. Ihre blonden Haare leuchteten fast im Dunklen. "Es ist langweilig. Also, kommt jetzt! Mom wartet."

"Schon klar."

Wieder sah ich nach oben und schloss kurz die Augen.

Wisst ihr, Sterne... Dafür das ihr so viele seit, sieht man euch verdammt selten so deutlich.

"Kommt jetzt!" ES zog nicht sehr sanft an meinem Arm. "Ich will nach Hause!"

Cary, der ebenfalls wieder nach oben sah, schien genau das gleiche wie ich zu denken.

Wir ignorierten ES auf eine unausgesprochene Art und diese schrie sauer auf.

Sie hasste es, wenn wir das machten.

Wenn wir sie so deutlich ausgrenzten. Sie war es nicht gewohnt, diejenige zu sein, die ausgeschlossen wurde.

ES lebte in ihrem Universum. Und da drehte sich alles um sie.

Erst als Cary mich anstieß, löste ich den Blick vom Himmel.

Er grinste immer noch.

Ich grinste breit zurück.
 

"Das da ist eine Frau", sagte Cary und zeigte mit dem Finger nach oben.

Er lag dicht neben mir und wir sahen aus meinem Dachfenster in den Himmel.

Die Sterne waren immer noch auf eine unglaubliche Art zu sehen und wir konnten beide eh nicht schlafen.

"Findest du?" Ich legte den Kopf leicht schief und Cary lachte leise.

"Ja, guck doch... Die Beine, der Oberkörper, der Hals..."

"Und die Füße? Da fehlen die Füße."

"Die sind da."

"Das sieht aus, als hätte sie Flossen."

"Meerjungfrau?" Cary lachte erneut. Diesmal lauter. "Na klar doch."

Ich seufzte. "Ist aber so. Und wo du da einen Hals erkennen willst ist mir ein Rätsel."

"Du hast keine Fantasie."

Ha! Hatte der eine Ahnung!

Aber mir fiel plötzlich was anderes ein.

"Hab ich dir schon von dem 'Sie haben mein Handy ruiniert!'- Kerl erzählt?"

"Glaub schon... Der Kerl, der dich wahrscheinlich umlegen wollte?"

"Ja." Ich nickte.

Cary stieß mich an. "Schon mal auf die Idee gekommen, dass er dich nur nett fand? Auch wenn das ziemlich unwahrscheinlich ist... Aber vielleicht war es gar kein irrer Mörder. Es gibt Leute, die laden einen aus Nettigkeit ein."

"Oder um einen zu vergiften und dann mit dem Geldbeutel und den anderen Wertsachen abzuhauen."

"Du hast voll die Paranoia, Sponge."

"Nein. Ich bin nur kreativ."

"Aber das auf eine absolut kranke Art."

"Autogramme später."

Ein Klingelton erklang und Cary seufzte.

"Mein Handy."

Ich nickte, setzte mich auf und schnappte das klingelnde Teil.

Ich klappte es auf und hielt es an mein Ohr.

"Cary!", rief eine weibliche Stimme und klang verheult. "Wieso meldest du dich nicht?! Ich musste alles mögliche in Gang setzen um an deine Nummer zu kommen!"

Ich wollte gerade etwas sagen, aber das weibliche Wesen setzte ungefragt fort.

"Wieso meldest du dich nicht?! Ich halt es nicht mehr aus! Ich liebe dich, verdammt!"

Stille.

"Ich steh aber nicht so auf Mädchen", sagte ich amüsiert und ein Keuchen auf der anderen Seite.

"Bin ich nicht... bei Cary?"

"Nein, hier ist Wanda. Und du bist?"

Cary hatte sich aufgesetzt und sah mich fragend an.

Ich stellte den Lautsprecher an. Fies, aber egal. Sie bekam es ja nicht mit.

"Chang", war die zitternde Antwort.

Jetzt wusste ich, wer sie war.

Eine hübsche Chinesin, die immer mit gesenktem Kopf durch die Welt lief.

Sie ging in unsere Nachbarklasse und war erst seit vier Monaten auf unserer Schule.

"Moment, ich reich dich weiter", sagte ich. Ich mischte mich da nicht ein. Sie war Carys Problem.

Dieser ließ den Lautsprecher an, stellte ihn aber etwas leiser, so das nur er und ich was hören konnten.

"Ja?"

Chang fing an zu weinen. "Wer war das Mädchen?"

"Sponge."

Das Weinen wurde schlimmer. Doch dann hörte es abrupt auf.

"Die Schwarzhaarige?"

Cary bejahte und Chang klang etwas ruhiger.

"Ich dachte, es wäre ein anderes Mädchen."

"Was willst du?", fragte Cary wenig liebevoll.

"Mit dir reden."

Cary stöhnte gequält. "Lass mich in Ruhe. Das Ding ist durch!"

Wortwörtlich, wenn man das so nebenbei erwähnen darf...

"Aber du hast nicht mehr angerufen! In der Schule find ich dich nie..." Die Chinesin schien beim Sprechen zu sterben.

Sie klang so unglaublich verletzt und verzweifelt, dass ich mir einen Lachanfall verkneifen musste.

Auch wenn mir Chang etwas Leid tat, war sie selbst Schuld.

Cary gab solchen Mädchen wie ihr eine tolle Nacht, danach blieb nur unendliche Leere und wenig nette Worte zurück.

Cary verdrehte die Augen. "Lass mich in Ruhe. Du bist ja ganz nett, aber hör auf mich zu nerven. Die Rosen waren von dir, oder?"

Rosen? Ich sah meinen besten Freund überrascht an. Er bekam Rosen? Wusste ich gar nicht.

"Ja", gab Chang leise zu. "Ich dachte, sie gefallen dir."

"Ich mag keine Rosen", sagte Cary und ich nickte.

Oh ja. Er stach sich an diesen Teilen immer den Finger und fand sie irgendwie komisch.

"Das wusste ich nicht", sagte Chang leise. "Ich wollte dir doch nur zeigen, dass ich dich mag."

Cary wurde weicher. Zwar nicht liebevoll, aber netter und geduldiger.

Er war kein Arschloch, der so Leute wie Chang mit Hass niederschmettern wollte.

"Hör zu", sagte er langsam. "Ich will keine Beziehung mit dir, okay?"

"Aber du warst einfach weg!", rief Chang und fing wieder an zu weinen. "Ich bin aufgewacht und du warst weg!"

Ich tat so, als wäre ich darüber Entsetzt.

Cary grinste leicht Schuldbewusst und kratzte sich leicht am Nacken. "Verzeihung. Aber ich will wirklich keine Beziehung mit dir."

"Aber du hast mit mir geschlafen", sagte Chang leise und ich verstand SOFORT was sie damit sagen wollte.

Oder es zumindest mir verriet, ohne es zu wissen.

Cary schien aber ebenfalls die Andeutung kapiert zu haben und seine Augen wurden riesig.

Herzlichen Glückwunsch, mein genialer Freund.

Chang hatte sich in den Kerl verliebt, mit dem sie ihr ERSTES Mal gehabt hatte. Tja, mein Lieber. Mal schauen, wie du DA wieder raus kommst.

"Fuck", formte er lautlos mit den Lippen und ich nickte.

Und wie Fuck für dich, mein Einstein.

Cary bekam kein Ton mehr raus, sondern legte auf. Er nahm den Akku aus seinem Handy und ließ sich nach hinten fallen.

"Sie war noch Jungfrau?" Er schien es nicht zu fassen. "Verdammt!"

"Übel", sagte ich sarkastisch. "Alle Mädchen sollten gefälligst schon gevögelt sein, wenn sie auf die Welt kommen. Dann wäre DAS immerhin ein Problem weniger für dich."

Cary seufzte dramatisch. "Manchmal würde ich dir zu gerne den Hals umdrehen."

Glaubte ich ihm aufs Wort..

Aber dann müsste er sich echt hinten anstellen.
 

Die Prüfungen rückten schnell näher und Chang war keine von den Mädchen, die einfach aufgab.

Zwar machte sie keinen solchen Aufstand wie die meisten von Carys einmaligen Flammen, quälte aber mit unnachgiebiger Liebe.

Bald bekam Cary keine Rosen mehr, sondern ganze Sträucher voll Sonnenblumen.

Chang rief jeden Tag hundert Mal an und mein bester Freund legte sich schließlich eine neue Nummer zu.

In der Schule versteckte sich Cary immer von Chang und damit ich in der Pause auch noch was von ihm hatte, gesellte ich mich zu ihm.

Zwar hatte ich im Jungenklo nichts zu suchen, aber es sah mich keiner.

Ich hatte mich mit Cary in einer Kabine eingesperrt und versuchte nicht laut zu lachen, als er anfing zu Jammern.

Ihn machte das ganze völlig fertig.

Nicht nur die Tatsache, dass Chang seine erste Jungfrau war, die jetzt dank ihm keine mehr war, sondern dass ihn die Chinesin scheinbar echt liebte, sorgten bei ihm für Schlaflose Nächte und Angstzustände, wenn man den Namen 'Chang' nur erwähnte.

"Das legt sich wieder", sagte ich und versuchte meinen besten Freund zu trösten. Aber in so was war ich echt schlecht. "Vielleicht wirst du ja doch noch schwul und da hat sich die Sache eh gegessen."

"Willst du mich trösten oder in den Selbstmord stürzen?", fragte Cary krächzend.

"Cary?", fragte eine Jungenstimme verwundert. "Ist da ein Mädchen bei dir?"

Cary schlug gegen die Tür. "Verpiss dich, Steven. Es ist nur Wanda."

"Ach so."

Für die Jungen hier war ich kein Mädchen. Eher ein Junge mit komischem Namen.

Wenn sie mich nicht für irre hielten, hatten sie Angst vor mir oder waren davon überzeugt, dass ich eine Lesbe war.

Wie schon gesagt, ich hatte irgendwie außer Cary keine anderen Freunde...

Es klingelte und Cary seufzte.

"Ich hasse es, die ganzen Pausen hier verbringen zu müssen."

"Dann wäre Selbstmord echt die coolere Lösung."

Cary boxte mich gegen den Oberarm und ich schlug zurück.

"Schwänzen?", schlug ich vor und Cary schüttelte den Kopf.

"Wir packen das schon."

"Nein", sagte ich gequält. "DU, aber nicht ICH!"

Cary seufzte und fuhr sich durch sein kurzes schwarzes Haar. Es war daraufhin noch zerzauster als sonst. "Hab ich eigentlich schon mal erwähnt, wie genial du bist?"

Ich zuckte mit den Schultern. "Weiß ich selbst. Ich würde mich glatt selbst heiraten."

"Natürlich."

Ich nickte und klopfte mir selbst auf die Schulter. "Wanda toll ist."

Cary schüttelte grinsend den Kopf. "Oh ja. Überhaupt nicht Selbstüberzeugt oder so."

"Ich bin nur realistisch."

"Du bist höchstens bescheuert."

Ich nickte. "Stimmt. Ich opfere meine wertvollen Pausen für meinen besten Freund, der sich seit zwei Wochen regelmässig auf der Flucht vor einer Chinesin befindet. Ich hätte echt besseres zu tun. Außerdem vermissen mich meine Fans und Haufenweise von Freunden auf dem Schulhof."

Cary verdrehte die Augen. "Nicht wieder die Sache mit der Weltherrschaft, bitte."

"Natürlich! Was hat drei Buchstaben und ist eine Weltmacht?"

"Ich würde mal sagen..."

"ICH! Genau! Guter Junge!"

Ich grinste und streckte mich. "Ich würde sagen, wir schwänzen doch lieber. Wir sind nämlich schon gut fünf Minuten zu spät."

Cary nickte geschlagen und schloss die Augen.

"Ich geh ins Kloster und schwöre der körperlichen Liebe ab."

"Ich geb dir eine halbe Stunde", sagte ich und grinste breit. "Danach rennst du schreiend in deiner heißen Mönchskutte nach Hause."

Cary hob eine Augenbraue. Er saß auf dem Boden und hatte den Kopf gegen die Kabinentür gelehnt.

"Findest du, so eine Mönchskutte würde mir stehen?"

Ich nickte. "Sicher doch. Kommt sicher gut bei den Frauen an."

Cary lachte leise.

Ich setzte mich neben ihn und hielt seine Hand, als würde er auf dem Sterbebett liegen.

"Sei tapfer", sagte ich und Cary schnaubte.

"Ich BIN tapfer."

"Ja, merkt man." Ich sah mich demonstrativ in der Kabine um. "Richtig tapfere Atmosphäre."

"Sponge?"

"Ja?"

"Halt die Klappe, oder ich muss dir weh tun."

"Mach nur, ich verkrafte das."

Cary legte seinen Kopf auf meine Schulter. "Wenn diese Chang nicht bald die Schule wechselt, geh ich kaputt."

Ich lebte meine Begabung als Trösterin mal wieder voll und ganz aus und lachte nur gehässig.

"Ach was, du bist doch SO tapfer."

Ein fetter Stern läuft Amok

Kunst.

Ja, es ist Kunst.

Siehe hier, meine ach so geliebte Welt. Mein Meisterwerk! Peter Pi... Peter? Es war doch Peter? Oder war da nicht was mit Pablo Picasso?

Egal. Egal!!

Schau her, New York! Du großer Abfallhaufen! Du riesen Stadt der Städte! Du kleines widerwärtiges Reich, mit so ungesunder Luft, dass man für einen erholsamen Spaziergang zu einem Atomkraftwerk flüchtet!

"Ist das ein Esel, Wanda?"

Meine Kustlehrerin legte den Kopf schief uns musterte meinen roten HIMMEL mit DRACHEN!

Wo bitteschön kann man da ein Esel erkennen?!

Das ist Kunst, verdammt!

"Das ist ein Himmel", knurrte ich und zeigte auf die blauen Drachen. "Ein roter Himmel, irgendwo. Wahrscheinlich in Japan oder China. Und die Drachen da, sehen Sie das! Das sind Papierdrachen!"

"Oh!" Meine Lehrerin nickte. Sie hatte ihre langen Haare mit einem Tuch umschlungen und ihr billiger Schmuck vom Trödelmarkt klimperte laut. "Ein roter Himmel! Wie originell!"

So so. Erst einen Esel erkennen und dann schleimen... Übel. Wirklich übel.

"Es sieht auch ein wenig aus wie ein Esel", sagte meine Spirituell veranlagte Kunstlehrerin und sah mich abwartend an. "Was meinst du, Wanda? Lass das Bild mal einen kurzen Moment auf dich wirken."

"Ein Esel der angeschossen wurde, oder was?", fragte ich und sah meinen roten HIMMEL mit DRACEHN an. " Das ist kein 50 Cent-Esel!"

"50 Cent-Esel?"

"Sie meint den Rapper 50 Cent!", rief ein Junge aus meiner Klasse und Gelächter brach aus.

"Ach." Meine Lehrerin nickte beeindruckt. "Ein Doller wäre auch wirklich etwas großkotzig. Also gut, schreibt euren Namen unten in die Ecke und räumt schon mal ein. Das Wetter ist schön und warum länger im Klassenraum bleiben? Geht hinaus! Schaut euch den Park an! Den Himmel! Lasst ihn rot werden!"

Verwirrte Stille.

"Ihr dürft früher gehen", seufzte meine Lehrerin und Jubelschreie wurden vereinzelnd ausgestoßen. Die Bilder wurden schnell und schlampig beschriftet und innerhalb weniger Sekunden war das Klassenzimmer so leer und still, als wäre es nur als Dekoration aufgebaut und nicht für den Alltäglichen Gebrauch gedacht.

"Wanda, Cary... Kann ich helfen?" Meine Lehrerin sah auf, als sie ihre Tasche auf den Pult stellte und anfing ihre Sachen einzuräumen.

"Mehr oder weniger...", sagte Cary langsam. "Wir müssten nur kurz mit Ihnen reden."

"Natürlich! Natürlich! Rede Junge, rede!"

Warum wiederholte sie sich immer? Einmal 'Natürlich' würde WIRKLICH langen...

"Nun... Wir haben nur noch einmal Kunst, dann sind die Prüfungen und naja... Ich bin nur noch zwei Wochen in den USA."

"Oh, verstehe." Unsere Lehrerin nickte und putzte sich ihre kleine Nase mit einem bunten Taschentuch. "Schade, du bist ein talentierter Maler. Dein letztes Bild war so... ungalublich. Ich könnte schwören, dieses Mäd..."

"Schon gut!", rief Cary eilig und hob eine große Tasche. "Ich würde die Bilder gerne heute mitnehmen. Meine Mutter will sie in der neuen Wohnung aufhängen und da Sie sicher nicht mehr brauchen..."

"Natürlich! Die Noten sind schon gemacht. Sie müssten eigentlich in dem Schrank liegen..."

Die Lehrerin wuselte kurz herum, fand den gesuchten Schlüssel und sperrte den riesen Schrank auf, in dem sich Kunstgemälde von den Schülern nur so stapelten.

Sie zog drei Stück nach einiger Zeit des Suchens heraus und reichte sie Cary.

Ganz oben lag ein Bild, welches in den Farben Blau und Gelb gehalten war. Was es genau darstellen sollte, konnte ich nicht erkennen, da Cary die Bilder schnell in die Tasche stopfte.

"Achte auf die Holzrahmen. Sie reißen sehr leicht."

"Ja ja. Schon gut." Cary schien schnellsten hier raus zu wollen.

"Sind es auch alle? Es müssten eigentlich vier sein..."

"Schon gut! Drei reichen!"

Da Cary in Kunst einen Platz ganz hinten hatte und ich einen ganz vorne, sah ich nie was er malte. Aber er konnte gut malen, so viel war sicher.

"Aber deine Mutter will sicher alle vier."

"Nein!", sagte Cary schnell. "Vier sind zu viel!"

"Aber ich bin mir sicher, dass da das Bild mit dem Mädchen fehlt."

"Ist doch egal..."

"Das ist doch dein absolutes Meisterwerk! Man kann die Leidenschaft förmlich spüren! Diese Zielstrebigkeit, der Gedanke was man will! Aber auch die Verträumtheit..."

"Schon gut! Ich hab es kapiert!" Cary seufzte geschlagen. "Ich nehm es ja schon mit! Dann halt alle vier!"

Meine Lehrerin schien zufrieden und wuselte wieder im Klassenzimmer umher.

"Wo hab ich es bloß... Irgendwo... Ah! Schau, hier ist es!"

Ein Bild lehnte in seinem Holzrahmen gegen andere Bilder und wirkte leicht verloren.

Aber waren wir das nicht alle? Verloren in New York. Die Stadt, aus der ich unbedingt raus wollte. Wie gerne würde ich MIT Cary weg.

Egal wohin. Hauptsache Cary war da...

Cary riss das Bild ziemlich brutal an sich, stopfte es in die Tasche und zog mich mit.

"Bis nächste Woche, meine Künstler!"

"Bis nächste Woche...!", rief Cary schnell und fügte leise hinzu "... du Irre!"

In einem Art Schrittlauf eilten wir durch die Schule und nutzten die freien Gänge.

Es war eigentlich noch nicht offiziell frei und wenn es klingelte, war auf den breiten Gängen die Hölle los.

Unsere Schule lag ziemlich außerhalb von New York und die meisten Schüler mussten wie ich zurück ins Zentrum fahren.

Da, wo immer Staus waren. Da, wo man vor lauter Menschen keinen Asphalt mehr sah. Da, wo man ärmere Leute nicht sehen wollte.

Ich und Cary gehörten zur gesunden Mittelklasse.

Über uns gab es die Reichen. Die, die mit fetten Autos im Stau standen. Die D&G trugen, die ein Boot besaßen oder mehrere...

Aber in der Gegend um die achte, neunte Straße... Da wurde es eng. Da lebten vorwiegend arme Puertoricaner, Schwarze und Leute, die nicht schnell genug für das Leben da draußen waren.

Ich war als Kind öfters in der neunten gewesen, da ich einen Spielkameraden dort hatte.

Es war wie ein kleiner Staat in mitten der Stadt.

Die Zeit war zwar nicht stehen geblieben, hatte die Alten und Kranken überholt und die Häuser, welche schief in der Gegend herumstanden, vergessen... Doch trotzdem. Es war alles gesund langsamer. Die Fenster waren zur Improvisation mit Folie beklebt und die Läden waren dreckig und baufällig gewesen, aber es war LEBEN da gewesen.

Da hatte das Leben anders gelebt. Man kannte sich. Man wusste, wer das da drüben war. Man hatte sich zusammengerafft und sich geholfen.

Keine Staus. Nur Leute, die am Fenster lehnten und winkten, wenn man sie als Kind angegrinst hatte.

Schwarze, die zur Musik auf den engen und teils zerstörten Hinterhöfen getanzt hatten...

So hatte ich die neunte in Erinnerung.

Natürlich war es was anderes, wenn du als sechsjährige in die Neunte oder als fast Erwachsene dahin gehst... Aber trotzdem.

Keine Staus, verdammt!

"Sponge, hörst du mir zu?"

He?

Ich blinzelte kurz und bemerkte jetzt erst, dass wir bereist einen kleinen Park durchquerten.

"Wir sollten uns beeilen. Vielleicht bekommen wir noch den Zug um viertel nach fünf. Na los, komm!"

Ich folgte Cary und blieb plötzlich stehen.

Lasst den Himmel rot werden...

"Sponge!"

"Schau mal!" Ich zeigte auf einen Hot-Dog Stand, welcher auf der anderen Seite des Gehwegs aufgebaut war.

Der Verkäufer bediente gerade eine junge Frau mit einem alten Fahrrad.

Neben dem Verkaufsstand waren ROTE Luftballons an einer Stange befestigt und schmückten das ganze recht primitiv.

"Oh nein...", sagte Cary langsam und grinste. "Das ist ja fast schon ZU einfach."

"Luftballongratis-Tag", grinste ich und Cary lachte.

"Irgendwie hab ich das Gefühl, wir schauen zu viel Spongebob."

"Ach was, ist gesund. Also, du lenkst ab und ich schnapp' mir die Luftballons."

"Abgemacht."

Cary schlenderte gemütlich auf den Verkäufer zu, welcher ihn sofort skeptisch musterte.

Schüler, noch minderjährig und gut gekleidet. So jemand hatte Geld. Man wollte Geld, nichts weiter in New York.

Wenn man nicht zumindest zur Mittelklasse gehörte, schauten so Leute wie der Kerl im Hot-Dog-Stand einen nicht mal mit dem Arsch an.

Und genau deswegen hatte ich rein gar keine Gewissensbisse, als ich anfing langsam die Luftballons zu lösen.

"Ich weiß nicht... Diese Hot-Dogs sehen recht arm aus. Haben sie was für über zehn Dollar? Ich hab Hunger..."

"Natürlich! Big-Menü!", rief der Verkäufer eilig und fing an, herunterzurattern was es alles dabei gab.

Er bemerkte mich nicht.

Gut so. Vor allem da sich die Luftballons irgendwie nicht lösen wollten.

"Mmh..." Cary tat so, als könnte er sich einfach nicht entscheiden. "Was kostet Ketchup?"

"Ist beim Last-Menü kostenlos. Majo auch"

"Beides? Nicht schlecht. "

"Natürlich! Im Big-Menu ist beides im Preis inbegriffen und es gibt sogar noch eine Cola dazu..."

Man, da ist aber einer ganz schön vom Big-Menü begeistert...

Der Knoten löste sich und ich schnappte mir die Luftballons, bevor sie mir weg fliegen konnten.

Ich nickte Cary zu, dieser schnappte sich seine Tasche mit seinen Bildern und wir rannten über den gemähten Rasen so schnell wir konnten weg.

Hinter uns tobte der Verkäufer und man konnte sein Gebrüll sicher im ganzen Park hören.

Aber egal.

Beim Laufen ließ ich die Luftballons los und sie flogen sofort nach oben.

Nur zwei behielt ich und blieb stehen.

Cary ebenfalls.

Das Gebrüll war kaum noch zu hören und die Luftballons stachen mit ihrem stechenden Rot so stark hervor, dass der grau-blaue Himmel förmlich verschwand.

Lasst den Himmel rot werden...

"Für dich." Ich drückte Cary den anderen Luftballon in die Hand und grinste. "Sind wir nicht klasse Schüler?", fragte ich sarkastisch und musterte meinen Luftballon. Rot... Nicht schlecht. Roter Himmel.

"Ich glaub...", sagte Cary langsam und sah fasziniert nach oben. "... wir haben eindeutig zu viel Freizeit."
 

Im Zug war kaum was los.

Ich und Cary fielen mit unseren Luftballons kaum auf.

Immerhin achtete eh keiner auf einen, wenn man nicht gerade nackt Geld verschenkte.

"Darf ich mal deine Bilder sehen?", fragte ich nach einer Weile und Cary schüttelte den Kopf.

Gut. Ich hatte verstanden.

Ich nervte Cary solange, bis er schließlich aufgab und mir die drei Bilder wenig Liebevoll auf den Schoß warf.

Ich sah sie mir kurz an. Sie zeigten Häuser, Bäume, Felder mit Sonnenblumen...

Das eine zeigte sogar einen Wasserfall.

"Das vierte?", fragte ich und Cary seufzte.

"Ist nicht wichtig."

"Zeig schon."

"Wir müssen bald aussteigen."

"In zehn Minuten!"

"Ha! Die gehen schnell vorbei!"

"Cary!"

"Spnge!"

"Cary!"

"Sponge!"

"Fahrkarten bitte."

Ich und Cary hoben gleichzeitig unsere Abo-Karten und fuhren fort.

"CARY!"

"SPONGE!"

"Schöne Fahrt noch..." Der schmächtige Kontrolleur ging weiter und schien sich nichts daraus zu machen, dass wir uns anbrüllten.

"ZEIG MIR DAS BILD!"

"Na schön!" Cary zog es aus der Tasche, warf es mir noch grober als sie anderen zu und und verschränkte die Arme.

"Hier. Und ja, es ist ein Mädchen abgebildet. Glaub mir, das Original, welches hier in New York herum flitzt, ist absolut unerträglich und eine Nervensäge!"

Ich hob das Bild ein wenig hoch und musterte es.

Ein Mädchen. Man konnte es zumindest vermuten. Sie trug eine Kappe und stand halb im Schatten.

Ihre Kleider waren rot und das Gesicht war der einzige Anhaltspunkt, dass es sich um ein Mädchen handelte.

Ich kannte dieses Gesicht nur zu gut. Dieses spitze, ein wenig an einen Raben erinnernde Gesicht. Meiner Meinung nach zumindest.

Immerhin war es MEIN Gesicht.

"Man, ich bin auf einem Bild! Ich bin berühmt, verdammt! Ha! Später hängt dieses Bild überall! ÜBERALL! Und wenn ich die Weltherrschaft erst einmal habe..."

"Du solltest es eigentlich nie sehen", knurrte Cary und rutschte ein Stück in seinem Sitz nach unten. "Es ist immerhin MEIN Bild. Nur weil deine Fresse darauf zu sehen ist, ist es noch lange nicht deins."

Ich nickte und grinste. "Hab ich ja nie gesagt. Aber die Rabenfresse hat immer noch Copyright by Wanda, Alter."

"Höchstens bei deinen Eltern", sagte Cary und erschauderte. "Was wir aber nicht genauer erläutern sollten."

Wir hatten uns gerade beiden feierlich den Appetit versaut... Mahlzeit.
 


 

Die Prüfungen machten einen verfuckten Sprint und ehe ich mich versah, traten sie meine Zimmertür ein und belästigten mich.

Die Nachhilfe bei dieser Tussi von Cary war ein Witz, weil die dumme Kuh mich nicht leiden konnte und einfach von nichts Plan hatte.

Cary hatte nicht mal mit ihr geschlafen, als er sie nicht mehr anrief und langsam anfing sie zu meiden.

"Keine Angst, die Prüfungen sind ganz leicht."

HAHAHAHAHAHAHA. Okay. HAHAHAHAHAHAAAAAAAAAAAAAAAAAAHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHH!

GANZ LEICHT?! HALLO! WOHER WILL DIE FETTE KUH DAS WISSEN?!

Die Prüfungen wurden erst an dem Tag geöffnet, an dem sie auch von den Schülern verunstaltet wurden.

"Ihr habt zwei Stunden Zeit. Also kein Zeitstress. Macht es so, wie ihr es bei den Vorbereitungen gelernt habt."

Ich sollte bei den Prüfungen einschlafen?

Irgendwie käme das nicht so gut an...

"Wie gesagt. Kein Zeitstress. Taschenrechner darf von Anfang an benutzt werden. Nach Mathematik habt ihr es ja fast hinter euch."

Ja. Waren ja nur noch Politik, Wirtschaft, Geschichte... usw.

"Also. Bleibt ruhig und bekommt keine Panik. Ihr habt noch 90 Minuten Zeit."

HE?! Waren es gerade eben nicht noch zwei Stunden? Was geht denn jetzt ab?

Und da sollte man keine Panik bekommen?!

Die fette Prüfungsaufsicht schien ihren Fehler bemerkt zu haben und lachte. "Ich meine zwei Stunden. Schaut nicht so, ihr packt das!"

Ja. Das sagte immerhin eine pseudo-Komikerin, die von ihren Kleidern her aussah, als wäre sie die einzig überlebende nach einer Explosion in einem dritte Welt-Laden!

Mann... Seit wann beurteilte ich Leute nach ihren Klamotten? Ich wollte nur nach Hause, verdammt!

Prüfungen sind überbewertet...
 

"Noch neunzig Minuten."
 

"Noch sechzig Minuten."
 

Keine Panik... Keine PANIK! UND WIE SOLLTE DAS GEHEN, WENN MAN STÄNDIG GESAGT BEKAM, WIE VIEL ZEIT MAN NOCH HATTE?!
 

"Noch fünfundzwanzig Minuten. Wer noch nicht bei Blatt vier ist sollte sich beeilen."
 

Toll. Ich war bei Blatt ZWEI!
 

"Noch zehn Minuten. Langsam fertig werden. Schaut euch alles wieder an."
 

Ich war immer noch bei Blatt ZWEI!

Huh? Es gibt ja tatsächlich vier Blätter... Sah gar nicht so viel aus.

Oh... ne Mücke.

Jetzt ist sie weg. War mein Radiergummi schon vorher so klein? Wo ist überhaupt mein Füller..?

Taschenrechner? Wieso gehst du nicht mehr an...?
 

"Fünf Minuten! Schaut nach, ob ihr auch alles unterstrichen habt und... DU DA! SOFORT WIEDER STIFTE AUF DEN TISCH!"
 

Ich sah auf, um gekonnt meine zwei leeren Blätter zu ignorieren, die ich eigentlich noch machen müsste.

- Ein fetter Stern läuft Amok- , kam es mir sofort in den Sinn, als die Aufsicht das Mädchen zusammenbrüllte, welches ihre Stifte schon wegräumen wollte.
 

Wenn ich alles richtig hätte, was ich bis jetzt überhaupt gerechnet hatte, hätte ich... vierzig Prozent. Und man brauchte mindestens fünfzig um zu bestehen.

Theoretisch könnte ich meine Prüfung auch gleich essen.
 

"ABGABE!"
 

Ja, ja. Mir nur Recht. He, ein Himmel voller Luftballons. Das mach ich jetzt jeden Tag. Gehört, du fette Dame da vorne?

Du bist so dick, weil du so viel isst! Weil du Leuten sagst, was sie zu tun haben! Du warst sicher noch nie in der neunten Straße gewesen! Oder in der achten! Du musst keine Matheprüfung abgeben, wo man dich später fragen wird, ob das ein schlechter Witz sei.

Dein bester und einziger Freund zieht nicht in einer Woche weg! Hast du gehört, fette Dame?! Iss weniger und schau in den Himmel, wenn er rot ist. Rot wegen mir! Und auf jedem Luftballon werde ich liebevoll und aufwendig 'LECK MICH AM ARSCH!' schreiben. Nur für dich!

Cary wartete draußen bereits auf mich, als ich zu ihm schlurfte und er mich angrinste.

Es war kein 'Mann, war die Prüfung leicht!'-Grinsen, sondern ein 'Kopf hoch, wir bringen eh alle um!- Grinsen.

Ich grinste zurück. "Wir wechseln kein Wort über die Prüfung, abgemacht?"

Cary nickte. "Abgemacht. Und jetzt lass uns was essen. Ich verhungere, verdammt!"

"Was ist mit Chang? Sie könnte dich sehen."

"Na und? Ich hab sie letztens mit so einem Kerl eine Klasse unter uns gesehen. Ist ein ganz netter."

"Und nebenbei schwul."

"WAS?!"

"War ein Scherz."

"Mann! Mach das nie wieder!"

"Und Chang mag ihn sicher auch. Du kannst also wieder durch atmen."

Cary nickte. "Deswegen bin ich ja auch froh, dass sie diesen Kerl hat. Da scheint sogar schon mehr als nur ab uns zu miteinander reden zu laufen."

Mein Magen knurrte laut und Cary lachte.

"Scheiße, Mann. Wir sollten echt was essen gehen!"
 

Die restlichen Prüfungen zogen sich fast wie die Matheprüfung in die Länge und irgendwie entstand nichts wirklich sinnvolles.

Aber das war ja eh nicht mein Ziel gewesen.

Eher da so schnell wie möglich wieder raus zu kommen und meine restliche Zeit mit Cary zu verbringen.

Es wurde aber erst SO richtig schlimm, als Cary sogar sein Zimmer für Räumung frei geben musste.

Jetzt konnte er sich nicht mehr wehren.

Seine Frist war vorbei. Nach den Prüfungen.

Der Abschluss wurde nicht wie in billigen Filmen mit Ball gefeiert, sondern einfach nur per Ansprache und Brief nach Hause geregelt.

Außerdem vermied man so, dass die Lehrer besoffen unter den Tischen lagen und die Schüler mit den Autos des Lehrpersonals Heim fuhren.

Stück für Stück verschwand das vertraute Heim, welches Cary Jahrelang mit mir geteilt hatte.

Wie oft hatte ich bei ihm im Bett geschlafen. Wie oft hatten wir uns im Schrank versteckt oder waren in Cowboy-Sachen durchs Haus gelaufen?

"Was machst du in England?"

Ich lag neben Cary auf seinem Bett.

In dem Raum war es so leer, dass man sein eigenes Echo hören konnte.

"Weiß nicht... Wieder zurück wollen, vermute ich."

Ich dachte kurz nach. Mein Hirn arbeitete. Gab es aber auf und machte Feierabend.

"Wird doof ohne dich."

"Irgendwie schon", sagte Cary langsam und versuchte zu grinsen. "Ist doch voll doof. Wir werden uns ewig nicht mehr sehen."

"Ich überfall eine Bank, kauf mir ein Ticket und komm nach England."

"Und dann ist die USA hinter dir her und Grossbritannien verweigert dir die Einreise", seufzte Cary.

"HA! Das will ich sehen!"

"Sponge, lass es. Wir haben ja noch ein wenig Zeit."

"Jop. 15 Stunden. Kein Stress. Kein Zeitdruck."

"Verdammt", seufzte Cary und schloss die Augen. "Diese Woche ging so schnell vorbei... Alles ging viel zu schnell vorbei."

"Jop."

"Was machst du ohne mich hier eigentlich?"

Verdammt allein sein, Mann! Ziemlich am Ende mit den Nerven sein und sogar so weit verweichlichen, dass ich nachts rumheule oder so. Und dann schwimm ich deswegen mit meinem Bett weg... Auch nicht so wirklich das wahre.

"Ach, ich komm schon klar."

"Sicher?" Cary klang leicht spöttisch. Glaub ich dir nicht."

"Doch. Ich bekomm das voll in den Griff."

Natürlich! Ich kann ja nicht mal meine Schuhe binden, ohne das ich dabei fast von Zügen zerschmettert werde!

"Das glaub ich dir nicht, Sponge."

Wieder herrschte Stille zwischen uns.

"Ich werd dich derbst vermissen", sagte Cary leise und ich nickte.

"Werd jetzt nicht kitschig."

Ich und Cary würden die Nacht durchmachen. Das war klar.

Schlafen konnte man immer. Aber die letzten Stunden mit seinem besten Freund verbringen? Das nicht.

Es war wie eine letzte Chance. Entweder das rote oder das blaue Kabel. Aber in dieser Situation war es eh egal, welches man durch schneidete. Die Bombe würde eh hochgehen.

"Schicken sie dir deine Prüfungsergebnisse nach England?"

"Yes."

"Nenn' dich noch schnell in James Brown um. So heißen da drüben alle. Oder Harry Potter."

"Natürlich", sagte Cary sarkastisch. "Noch ein authentisch wirkender Zaubermantel und ein Zauberstab... Dann finden die mich NIE!"

"Genau. Und wenn dich einer auf der Straße fragt, sag einfach, du musstest als Kind im Schrank unter der Treppe schlafen."

"Schwere Kindheit."

"Ethische Minderheit."

"Was für eine Minderheit?"

Ich zuckte mit den Schultern. "Hab ich irgendwo mal gelesen."

"Oh Sponge", lachte Cary leise und sah an die Decke. "Mein Zimmer ist so was von leer. Am liebsten würde ich den Raum knuddeln. Ich werd' ihn vermissen. Echt."

"Raumknuddeln? Ihr habt in England nicht perzufall einen Schrank unter der Treppe, oder?"

"Nein, Wanda", sagte Cary langsam und verdrehte die Augen. "Und ja, ich werde auch die Finger von den Drogen lassen."

Ich schloss den Mund und nickte. "Das nenne ich mal Kommunikation!"

"Sponge?..."

"Mmh?"

"Ich hab mords Schiss."

"Keine Angst, Cary. Entweder du wirst von Terroristen in die Luft gesprengt, niedergeschossen oder gegessen. Ansonsten passiert dir nichts schlimmes."

"Tröstende Worte, echt", sagte Cary leise und seine kalten Finger berührten vorsichtig meine.

"Ich werd deine Familie vermissen. Sogar deinen Onkel... Sogar ein wenig ES."

"Vergiss meinen Transen-Cousin nicht."

"Ach ja. Der ist klasse."

"Cary?"

"Jop?"

"Ich war mal kitschig und hab dir was gekauft."

"Ach du Kacke..."

"Keine Panik! Man kann es essen. Ich hab es in deinen einen Koffer gemacht. Müsste dir gefallen."

Cary schnaubte. "Solange es nicht krabbelt und vor dem Verzehr erst getötet werden muss..."

Ups.

Naja, okay. Es war eine Uhr. Eine Uhr, die aussah wie echt, an der man aber ALLES essen konnte.

Cary hatte diese Teile immer geliebt. Bekam sie aber vor einiger Zeit von seinen Eltern verboten, da er mal auf der teuren Rolex seines Vaters herum gekaut hatte.

"Ich bin voll müde", sagte Cary leise und gähnte. "Shit. Ich darf nicht einschlafen."

Ich gab ebenfalls ein Gähnen von mir. So was war ja bekanntlich ansteckend.

"Ganz deiner Meinung."

Und natürlich schliefen wir keine zehn Minuten später ein...

Klebstoff

Es gab diese Tage, die für die Tonne waren.

So einer war heute.

Beim Aufwachen hatte ich geschrien. Geschrien, geflucht... Verlorene Zeit.

Cary ging es nicht viel anders. Einziger Unterschied?

Ich saß nicht auf dem Fußboden eines leeren Raums, der seit Milliarden Jahren MEIN Zimmer gewesen war.

Ein Raum, in dem man vor wenigen Tagen noch kaum Wand und Boden sah und jetzt?

Eiskalte Leere.

Cary legte sich der Länge nach hin und verschränkte die Arme hinter dem Kopf.

Ich tat es ihm gleich und legte mich neben ihn.

"Sponge?"

"Anwesend."

"Wir sind am Arsch."

"Ich weiß."

"Dumm gelaufen, oder?"

"Jop."

Es herrschte Stille. Es war nicht die typische Stille wie bei Chillmania... Eher eine bedrückte und schmerzhafte Stille.

Ich würde sie ja gerne schlagen, aber irgendwie stellte sich das als recht schwierig heraus.

"Sponge?"

"Yo?"

"Ich werd dich vermissen."

"Ich dich auch, Cary."

"Komm doch einfach mit."

Ich nickte. 'Ich kann nicht' wäre gelogen. Jeder Mensch KONNTE machen was er wollte. Er DURFTE nur nicht.

"Ich würde echt gerne mitkommen", sagte ich ehrlich und dachte kurz nach. Erst reden, dann denken. "Aber ich glaub... deine Mutter würde mich dann noch mehr hassen."

Cary lachte leise. "Scheiß auf meine Mutter. Außerdem hasst sie dich nicht. Das ist tiefste Verachtung."

"Stimmt. Baut mich sehr auf, danke."

Wir fingen beide an zu lachen und Carys Finger berührten vorsichtig meine.

"Wir hätten echt nicht einpennen dürfen."

"Genau das."

Von draußen wehte der übliche Straßenlärm hinein. Autos, die wahrscheinlich noch nie in ihrem Leben schneller als 20 Milen pro Stunde gefahren waren, standen wie immer im üblichen Morgenstau.

Überfüllte Busse und Taxis quetschten sich durch die kleinen Lücken und Fahrradfahrer spielten mal wieder lebensmüde Irre.

Meiner Meinung nach war New York zu vergleichen mit einem Stück Pizza, was schon eine gewisse Zeit in einem feuchten Raum lag.

Unerwünscht und von echt ekligen Kreaturen besiedelt.

Wobei diese immerhin ihren Zweck hatten. Im Gegensatz zu uns Menschen.

"Vielleicht kannst du bald bei mich kommen", meinte Cary plötzlich. "Wir legen beide zusammen und dann klappt das schon."

"Für was gibt es Banken und Waffenläden?"

"Oh Sponge...", seufzte Cary und lachte leise. "Das wird die Hölle drüben in England werden."

Seine Finger spielten eine Weile mit meinen.

"Wann musst du und deine Mutter an den Flughafen?"

"Halb vier."

"Oh..."

"Wieso?"

"Es ist drei."

"Noch Zeit", murrte Cary und drehte sich auf die Seite. "Meine Möbel sind ja eh schon unterwegs. Muss ja nicht auch noch ICH von hier weg."

Ich sah zu Carys Bett, welches er mir vererbt hatte. Zwar war er zum Glück noch nicht gestorben, hatte es mir aber einfach so geschenkt.

'Dein Bett ist viel zu klein' hatte er gemeint und die Vorteile seines Bettes aufgezählt.

Das es unter Wasser fahren konnte bezweifelte ich zwar immer noch, aber das nicht-auseinander-fallen war schon mal ein fetter Pluspunkt. Mein Bett hatte seit gewissen Monaten irgendwie Spass daran gefunden, einfach mal kaputt zu gehen.

Seufzend erhob sich Cary und keine Minute später erklang lautes Gebrüll seitens seiner Mutter.

"CARY! BIST DU FERTIG?! KOMM SCHON!"

"Immerhin fahren wir euch", sagte ich und klopfte meinem besten Freund auf den Rücken. "Ist doch klasse."

Im Gegensatz zu Carys Mutter hatten wir einen großen Familienwagen, in den ganze sieben Leute Platz hatten. Der Kofferraum war riesig und das wenige Zeugs, was Cary und seine Mutter mit zum Flughafen schleppten, passte locker hinein.

"Mann, verging die Zeit schnell!" Meine Mutter lachte. "Das es so schnell gehen würde, hätte ich nicht gedacht. Es lag immer so schön in weiter Ferne."

Carys Mutter lachte. Wie gesagt, sie war eine falsche Schlange. Außerdem mochte sie jeden aus meiner Familie. Außer mich.

"Ja. Mein Mann ist auch schon ganz aufgerget. Er konnte die ganze Nacht nicht schlafen. Ein paar unserer Möbel sind schon da! Ging erstaunlich schnell, was?"

"Ja. Ich weiß noch, als meine Cousine nach Australien gezogen ist. Die Möbel kamen SIEBEN Wochen zu spät."

Ich sah aus dem Fenster und bemerkte nur am Rand, dass Cary vor sich hinstarrte.

ES saß auf der rechten Seite neben ihn und stieß ihn lächelnd an.

Ja, jetzt noch schnell bei deinem für immer nicht erreichbaren Schwarm punkten.

Cary erwiderte nichts auf diese liebevolle Geste und legte seinen Kopf auf meine Schulter.

"Sie nervt", flüsterte er leise und ich nickte.

"ES nervt immer."

Der Weg zum Flughafen war eigentlich immer gut zum Fahren. Da hatte niemand die Zeit für einen Stau, weder noch die Lust auf warten.

Jeder fuhr wie die Sau und missachtete alle Verkehrsordnungen, aber es gab ein ungewohntes vorankommen.

Meine Mutter parkte auf einem reservierten Parkplatz - war ja typisch - und scheuchte uns alle aus dem Auto.

"Na los! Los!"

Jeder schnappte sich eine kleine Tasche oder kleinen Koffer von unseren zwei Auswanderern und gab ordentlich Fersengeld.

"So." Meine Mutter überreichte Kathrin ihre Sachen und seufzte. "Hier ist wohl Abschied, was?"

Kathrin nickte und umarmte meine Mutter fest. "Man sieht sich wieder! Nächstes Jahr Weihnachten könnt ihr gerne zu uns kommen. Mein Mann hat euch so lange nicht mehr gesehen."

Ja. Natürlich. Wahrscheinlich wurde ich dann in den Keller gesperrt, während Kathrin schön feierte.

Als nächstes drückte die blöde Zicke ES an sich und ES toppte das ganze, in dem sie anfing zu heulen.

"Oh Schatz." Kathrins lange Finger strichen über ES Kopf. "Wir werden euch auch vermissen."

Ich grinste Cary an und dieser grinste zurück.

Wir verdrehten beide die Augen und ES weinte immer heftiger.

Kathrin reichte mir ihre Hand mit den lackierten Fingernägeln.

Meine Mutter lackierte ihre Nägel nie.

Aber sie waren rot.

Lasst den Himmel Rot werden...

Ich nahm ihre Hand und wir drückten beide bis zum absoluten Schmerzpunkt zu.

Hätte nicht gedacht, dass diese zierliche Frau so viel Schmackes in den Händen hatte.

"Bis dann, Wanda", sagte Kathrin und versuchte sogar ein Lächeln. Aber es misslang ihr auf ganzer Ebene.

Meine Mutter hatte inzwischen Cary an sich gepresst und machte Perle ordentlich Konkurrenz.

"Oh mein kleiner Schatz! Vor kurzem warst du noch ein kleiner Junge in der Grundschule!" Cary schnappte nach Luft, aber meine Mutter drückte fester zu.

"Alles gute, in England. Und schreib uns! Ja?"

Cary nickte und meine Mutter ließ ihn los. Sie konnte aber nicht widerstehen und küsste ihn auf die Stirn.

ES küsste ihn schnell auf die Wange und schluchzte laut. "Bis... dann... Cary!"

Cary sah mich etwas überfordert an und ich zuckte nur mit den Schultern.

Bei so was musste man einfach improvisieren.

"Hau rein, Alter", sagte ich und Cary nickte.

"Darauf kannst du eine lassen, Sponge." Er umarmte mich fest und ich konnte schwören, dass er eindeutig zu oft zu fest von meinen Verwandten und dessen Bekannten gedrückt wurde.

"Lass den Himmel Rot werden", flüsterte ich und Cary lachte leise.

Es kitzelte am Hals und meine Hände strichen kurz über seinen Rücken.

"Denk an dein Geschenk von mir. Es ist in deiner Tasche."

Cary lachte erneut leise. Irgendwie könnte er mich ja mal langsam loslassen...

Oh. Mir fiel auf, dass ICH es war, die ihn nicht frei gab.

"Lass den Himmel Rot werden", flüsterte Cary amüsiert. "Du bist echt gestört, Sponge."

"Du auch, Caryman."

"Cary! Wir müssen los!"

Cary achtete nicht auf seine Mutter, die schon auf ihn wartete.

"Sponge?"

"Mmmh?"

"Ein fetter Stern läuft Amok."

Ich nickte. "Bitte rennen sie schreiend im Kreis."

Wir lösten die Umarmung und Cary grinste mich unsicher an.

"Bis zum nächsten Jahrtausend."

"Auf das die Erde untergehen möge."

"Cary!"

"Weißt du, eigentlich könnten wir noch in ein Kaffee gehen", schlug Cary vor und ich nickte.

"Ja. Und danach ins Kino."

"Die Weltherrschaft?"

"Könnte in einer Viertelstunde knapp werden."

"Stimmt..." Cary ignorierte seine Mutter gekonnt.

"Auf ein baldigen Untergang."

"Auf einen baldigen Untergang", stimmte ich ihm zu und mein bester Freund drehte sich langsam um.

Er zögerte kurz, folgte seiner Mutter dann aber wenig begeistert durch die große Halle.

Als er sich noch einmal umdrehte, hob er das leere Papier der essbaren Schokouhr.

Ich grinste. Hätte er die Schokouhr nicht schon längst gefunden und gegessen, wäre es nicht Cary.

"Kommt, fahren wir Heim." Meine Mutter seufzte und klopfte meiner Schwester auf die Schulter.

Sie heulte immer noch und schliesslich war es mein bester Freund, der gerade für sicher über ein Jahr aus meinem Blickfeld verschwand.

Lasst den Himmel Rot werden... Irgendwie würde es ohne Cary nicht das selbe sein, rote Luftballons zu klauen.
 

Als ich am nächsten Morgen wach wurde, hätte ich fast angefangen zu heulen.

Mein Dad war vorbei gekommen und hatte mit seiner Ex-Frau Carys Bett in meinem Zimmer aufgestellt.

ES hatte den ganzen restlichen Tag rumgeheult und ich musste zugeben, am liebsten mitheulen zu wollen.

Aber ich heulte nie. Nicht so offensichtlich.

Carys Bett... In meinem Zimmer.

Ich sah an die Decke und starrte Linkin_Park an, aber keine halbnacke Frau auf einem Auto.

Sie fehlte mir. Echt jetzt.

Cary war noch keine 24 Stunden weg und ich war mir sicher, es nicht mehr aushalten zu können.

Carys ehemaliges Zuhause stand zum Verkauf frei. Kaum war alles weg, ächzte der Makler nach neuen Bewohnern.

In New York waren genug Leute da, die den Platz von einem einnehmen konnten.

Auf der Arbeit, in der Wohnung... Wenn man nicht mehr da war, kam ein neuer. Wenn dieser ging, kam wieder ein neuer.

Es war ein Kreislauf, welcher mich ziemlich eiskalt überrollt hatte.

Allein in einer Stadt wie New York zu sein war scheiße.

Immer und immer wieder klopfte jemand bei meinen Nerven an und meinte: 'He, Jungs. Von der Zentrale kommt der Befehl durchzubrennen. Schafft ihr das, oder seid ihr zu große Pussies?'

Zu große Pussies, wenn man mich fragt.

Jetzt mal echt.

Es war doch nicht gesund, auf eine Person so angewiesen zu sein... Cary würde in England Freunde finden. Jede Menge. So wie hier.

Er würde Anschluss haben, es würde ihm gut gehen und ich würde mich vor Eifersucht aus einem Fester oder vor ein Fahrrad werfen.

Naja, ich wollte das es ihm gut ging. Das Cary da drüben in England seine neuen Leute schnell findet und glücklich wird.

Aber ich wollte auch, dass er mich vermisste. Klingt verdammt fies, war ja auch voll Arschmäßig.

'Der Mensch möchte vermisst werden.'

Hab ich mal irgendwo gelesen. Wenn Jugendliche die Schule schwänzen, wollen sie damit nur zeigen wie es ist ohne sie. Es ist nicht nur die Faulheit, sondern das Gefühl von Überflüssigkeit.

Jeder auf diesem Planten wollte Besuch haben, wenn er im Krankenhaus lag. Jeder wollte an seinem Geburtstag Glückwünsche... Einfach Aufmerksamkeit.

Also konnte ich eigentlich mit der Ausrede kommen, von Natur aus ein Arschloch zu sein. Es lag an der Evolution, dass wir alle solche Mistkerle waren.

Vielleicht nicht ganz, aber wir haben die Evolution eh nach unseren Wünschen verändert. Und diese Wünsche drehten sich um Macht und Geld.

Die zwei Zauberwörter, die jedem Menschen gefielen.

Aber ohne Cary war für mich die Weltherrschaft nicht annähernd so verlockend wie sonst immer.

Ich setzte mich auf und starrte eine Weile vor mich hin.

Was sollte ich bloß ohne Cary machen?

"WANDA! ES GIBT ESSEN!"

"GEH STERBEN, ES!"

Vielleicht sollte ich Depressionen bekommen? Wäre eine Möglichkeit, klang nur nicht ganz so verlockend.

Ich stampfte die Treppe nach unten und verfluchte Carys Vater und Mutter. Ach was, ich verfluchte das gesamte gottverdammte England!

Als ich die Küchentür auftrat - ja, TRAT - kam mir Carys Grinsen in den Sinn.

Mann, werde ich den Kerl vermissen...

Münze altes Haus!

Okay... Das war eindeutig einer dieser 'Ha! Na los, lacht aus reiner Freundlichkeit!'-Witze.

Und er war wie alle seine Artgenossen getrost für den ARSCH.

"Hihi!" Oh, meine Banknachbarin, eine absolute Pusse hoch zehn, kicherte und sah sich kurz um.

Auf ihren Blick hin fingen auch ihre treudoofen Freundinnen an zu kichern.

Meine Lehrerin, welche sich aus Grundsätzlichkeit zehn Nummern zu klein anzog, nickte zufrieden.

Sie glaubte ernsthaft, jemand hätte ihren schlechten Witz kapiert.

Oh Evolution, was hast du nur verbrochen?

"Also, genug mit dem Spass." Meine Lehrerin grinste, präsentierte dabei das typische Amerikaner-Doppelkinn bei zu dicken Leuten und zeigte mit ihrem Stab auf die Weltkarte. "Wo waren wir stehen geblieben?"

Hysterisches Geschnippe setzte ein und ich rutschte tiefer in meinen Stuhl.

Ich war in einem Lernprogramm für verwahrloste Schulabgänger gelandet, denen man noch einmal einen Abschluss ermöglichte. Nach stimmender Geldsumme, versteht sich.

Der hysterische Schnipper war übrigens Münze. Er hieß echt so. Kein Wunder, dass man uns Amerikaner für bescheuert hält.

Seine kurzen blonden Haare, seine hellen gold-braunen Augen und das blasse Gesicht ließen ihn in der Menge untergehen.

Wenn man sich als Lehrer nicht mehr an den Schüler zwischen Tyler und Mandy erinnern konnte, konnte man 100 Prozentig davon ausgehen, dass da Münze gesessen hatte.

Er wurde in der Regel NIE dran genommen. Da könnte er sogar nackt auf dem Pult herumtanzen, die Lehrerin würde ihn immer noch übersehen.

Das Phänomen des Übersehens forderte aber auch in den hinteren Reihen seine Opfer.

Egal bei welchem Lehrer ich mich noch so unschuldig gab, ich war in der Regel das Augenmerk und musste meistens sogar beweisen, dass ich keine Waffen in meiner Schultasche versteckt hatte.

Lag sicher an meiner... Ausstrahlung.

Ich trug die Haare immer noch ganz kurz, hatte im rechten Ohr ein Piercing und konnte stolz sagen, dass ich gestern 17 wurde.

Cary war seit vier Wochen nun schon weg und sein letzter Anruf war... vier Stunden her.

Man, ich freute mich richtig auf die neue Telefonrechnung meiner Mom...

"Wanda, was sagst du zu der Kontinentalverschiebung?"

Ah. Sag ich doch. Münze wurde ignoriert und die Lehrperson war fest davon überzeugt, wenn sie mich nicht mit Fragen zum Unterrichtsinhalt beschäftigte, würde ich durchdrehen und Amok laufen.

"Was ich dazu sage?" Ich starrte die Karte eine Weile an und richtete mich auf. Genug herumgelungert, hallo Meinungsfreiheit!

"Die ganze Bewegung hätte sich getrost frei nehmen können", sagte ich und legte den Kopf leicht schief. "Ich meine, wäre der ganze eine Kontinent nicht auseinander gebrochen, wären wir heute alle Afrikaner. Zumindest, wenn man es rein theoretisch betrachtet."

Die Reaktion war wie erwartet. Hier drin hatte man Humor nur recht spärlich verteilt und so landete ich auf dem Schulgang, mit folgenden Worten:

'DAS WAR EINE FRECHHEIT, WANDA!'

Natürlich war es eine gewesen. Hallo?! Schon mal was von IRONIE gehört?

Ich setzte mich auf den Boden im Schulgang, summte ein wenig vor mich hin und musste selbst damit aufhören, als eine Tür aufging und ein etwas älterer Lehrer mich anschimpfte, ich würde seinen Unterricht damit stören.

Also saß ich schließlich nur noch auf dem Boden und starrte ohne Summen vor mich hin.

Ich war hier erst seit zwei Wochen, hatte mir jede Menge Feinde gemacht und wurde mit Leidenschaft missverstanden.

Meine Eltern waren enttäuscht von mir, da mein Zeugnis nicht einmal für das Wort 'schlecht' gut genug war.

Es war eine Katastrophe. George W. Bush als reines Zeugnis, sozusagen.

Die Tür ging nach einer Weile auf und Münze lugte hinaus.

Seine Augen suchten den Gang ab und fanden mich erst, als ich die Hand hob.

"Hier unten, Münze."

Münze sah nach unten, nickte und überlegte. "Ich soll dich rein rufen", sagte er und dachte nach. "Aber wenn ich rufe, bekomme ich Ärger, oder?"

Ich nickte und erhob mich vom Boden. "Tu dir einen Gefallen und vermeide auch Summen."

Münze dachte darüber nach. Er war einer dieser Personen, die über so was erst ernsthaft nachdachten und die Wahrscheinlichkeit berechneten, für ihre Meinung aufs Maul zu bekommen.

Wenn die Wahrscheinlichkeit unter 20 Prozent lag, kratzten sie genug Mut zusammen um ein 'Äh... Kann vielleicht sein' zu verkünden...
 

"Hey!"

Ich sah auf und meine Laune gab sich feierlich einen Kopfschuss.

Nein... Den kenne ich doch.

"Meine Schwester ist Zuhause", verkündete ich und der Sexfreund von ES verzog das Gesicht.

"Weißt du eigentlich, wie derb du mir auf die Nerven gehst?", fauchte er und ich zuckte mit den Schultern.

"Du hast mich angequatscht, also verpiss dich. Ich muss auf einen Zug warten."

"Als ich dich das erste Mal gesehen hab, hab ich gedacht du bist ein Junge!"

"Geht mir genauso. Aber inzwischen weiß ich, dass du eine Pussy bist."

"Willst du Stress, oder was?!"

Ich musste einfach lachen. So viel angekratzte und schlecht geliehene Intelligenz war einfach nur noch zum Lachen.

Die Anzeige oben neben der Uhr verkündete vier Minuten Verspätung meines Zuges und ich fluchte innerlich.

"Du bist nur so scheiße drauf, weil dein Schatz nicht mehr da ist!", ätzte der Sexfreund von Es, dessen Namen ich mir zu meinem eigenen Wohlbefinden nie merken konnte.

Innerhalb einer Sekunde passierte folgendes:

Meine Faust zuckte von ganz alleine in das eh schon eingetretene Gesicht des Sexsklaven von ES und dieser fluchte. Daraufhin machte mein Ellbogen Bekanntschaft mit seinem Brustkorb.

"Miststück!"

Ich sah fasziniert meine Faust an und fand es plötzlich ganz praktisch, dass mein Zug Verspätung hatte.

So blieb mir Zeit, ein wenig aufzuräumen...

Doch leider hatte ich den behinderten Freund von ES mal gerade am Kragen seines Pullis gepackt und wollte Runde Nummer 2 einlegen, als ich die liebliche Stimme meiner Schwester hörte.

"WANDA! BIST DU BEHINDERT?!"

ES kam auf mich zugestökelt und ich sah mich eilig um.

Sag mal, war heute Pussie-Treff, oder was? Kamen die jetzt aus allen Ecken gekrochen? Gab es irgendwo Freibier, von dem ich nichts wusste?

Oder schlimmer noch... War das hier eine Verschwörung der Intellektuellen Randexistenzen?

"Was machst du den hier?!" Ich stieß den Sexsklaven meiner Schwester von mir und sah mich um. Warum war nie ein Zug da, wenn man sich davor werfen wollte?!

"Mom hat gemeint, wenn ich und Steve eh in der Stadt sind, können wir dich doch auch mitnehmen."

"Mit deinem Barbie-Mobil, oder was?", fragte ich genervt und ES trat mit ihren langen Beinen wütend auf.

"NEIN! Du doofe Schlampe!"

Ah, gut. Wollte gerade sagen... Immerhin hatte ich dieses hässliche Teil an ihrem zehnten Geburtstag in Brand gesteckt.

"Steve hat ein eigenes Auto", verkündete ES arrogant und ich kapierte sofort.

Ah, SO läuft der Hase...

"Die macht mir aber nichts dreckig", knurrte Steve und ich grinste.

"Weißt du was, Steve? Irgendwie verspüre ich den plötzlichen Drang, mich ordentlich in Scheiße zu wälzen."

ES verzog angewidert das Gesicht. "Gott! Du bist so peinlich! Zum Glück weiß keiner aus meiner neuen klasse, dass DU meine Schwester bist."

"Geht mir genauso." Ich schnappte meine Schultasche und drehte mich um. "Ich fahr' lieber mit dem Zug. Steve will mich ja nicht in seinem Auto haben. Außerdem würde mir die Gesellschaft von euch seelische Schmerzen bereiten."

"NA SCHÖN!", schrie ES und packte Steve am Arm. "DANN SAG ICH MOM HALT, DASS IHRE SCHEISS TOCHTER WANDA NICHT MITFAHREN WOLLTE!"

Ich hob die Hand lässig zum Abschied und schlurfte weiter über den Bahnsteig. "Mach das!"

Ich wartete bis ES und Steve weg waren, um dann eilig den Bahnsteig zu verlassen.

Mir war nämlich aufgefallen, dass mein Zug auf Gleis 14 und nicht auf Gleis 23 fuhr...

Naja. Solange es keiner gesehen hatte, war ich nochmal gut davon gekommen.

"Wanda?"

Ich seufzte, sah mich kurz um und ergab mich meinem Schicksal. Nichts gegen Münze, er war okay.

Einer der wenigen Wesen, dass mich überhaupt irgendwie akzeptierte.

Aber es beruhte auf Gegenseitigkeit. Ich übersah ihn nicht, er hatte keine Vorurteile oder sonst so ein Scheiß.

"Münze, was machst du hier?"

Münze dachte kurz nach.

"Das ist eine doofe Frage, Wanda."

"Echt?"

Münze nickte und ging neben mir her. "Was mach ich wohl groß am Bahnhof? In der Regel sollte man doch davon ausgehen, dass ich auf meinen Zug warte. Oder?"

Ich bekam Kopfweh. "Ja. Natürlich..."

"Wer war das komische Mädchen mit dem Kerl?"

"Meine Schwester."

Münze sah mich erstaunt an. "Jetzt echt?"

"Ja."

"Du verarschst mich nicht?"

"Nein."

"Sicher?"

"Halt dein Maul oder ich brech dir beide Arme."

"Überzeugt."

Münze schlenderte neben mir her.

"Mit welchem Zug fährst du?", fragte er und ich nickte Richtung Gleis 14.

"Du?"

Münze dachte nach. Er dachte einfach zu viel nach, verdammt!

"Hör auf! Das macht mich voll aggressiv!", fauchte ich ihn an und Münze zuckte zusammen.

"Ich fahre mit dem IR zu meiner Oma um viertel nach."

"Oh." Ich wusste kurz nicht, worüber ich mit dem Jungen reden sollte. "Findest du mich viel komisch?"

Münze beäugte meine Hände misstrauisch. Er trat einige Schritte von mir zurück und nickte langsam.

"Du bist irre, Wanda. Total bescheuert."

"Cool. Bock auf Cola?"

Münze sah mich erstaunt an. "Du hast dafür gar keine Zeit, Wanda. Dein Zug fährt gleich."

"Nein. Fährt er nicht."

"Dreh dich mal um, Wanda."

Ich drehte mich um und rechnete die Chance aus, jetzt noch in den überfüllten Zug zu gelangen, der sich bereits langsam in Bewegung setzte.

"JETZT habe ich Zeit, Münze."
 

Nach sechs Flaschen Cola, einer genervten Bedienung und einem verzweifelten Münze, fand ich es an der Zeit, Cola Nummer sieben zu bestellen.

Zwar musste ich wie die Sau pinkeln, wollte aber zuerst noch Cola Nummer sieben verdrücken.

Die Bedienung, eine junge Frau mit lockigen roten Haare, starrte mich finster an.

"Was denn jetzt schon wieder?"

"Cola", sagte ich und schob ihr die sechs leeren Flaschen zu. "War da schon Mehrwertsteuer drauf?"

"Nein, Schatz. Kannst du nicht einfach den laden verlassen?"

"Nö. Bin zahlender Kunde."

"Ja, aber ein sehr lauter."

"Sie ist immer so", sagte Münze schnell und die Bedienung musterte ihn kurz. Seine ruhige Ausstrahlung des gekonnten unauffällig seins schien sie zu beruhigen.

"Okay... Dann halt noch eine Cola."

Als die Tussi abzog, grinste ich Münze an.

"Mir ist gerade was aufgefallen...", sagte ich und wollte Münze auf die roten Luftballons aufmerksam machen, die im hinteren Ecken des Kaffees für kleine Kinder zum Mitnehmen befestigt waren.

Doch dann fiel mir ein, dass Münze die ganze Sache nicht kapieren würde.

Münze war nicht Cary.

Cary hätte sich schon längst schreiend auf die Kinderspielecke gestürzt und alles ausprobiert.

Schließlich wären ich und er mit Hausverbot auf der Straße gelandet.

Seit Cary nicht mehr da war, ging in meinem Leben weder die Post, noch überhaupt was ab.

Mein Leben war ein Haufen Scheiße, aus dem ich weder Dünger noch was anderes machen konnte.

Im allgemeinen hatte ich nur einen tröstenden Gedanken.

Obama war gewählt worden.

Bis jetzt lebte er noch und niemand schien einen weiteren Krieg in irgendeinem Land zu planen.

"Was ist dir aufgefallen?" Münze sah mich verwirrt an.

"He?"

"Du hast gesagt, dir wäre etwas aufgefallen..."

"Vergiss es", sagte ich schnell und verspürte plötzlich keine Lust mehr, auf eine siebte Cola.

"Wo gehst du hin?"

"Ich muss derbst pinkeln gehen."

"Und wenn die Frau mit der Rechnung kommt?"

"In meinem Geldbeutel müssten locker 50 Dollar sein."

"Du spinnst, Wanda."

"Na und?"

Ich durchquerte den Raum, trat in das Frauenklo ein und hatte mega schlechte Laune...
 

"Was machst du heute, Wanda?"

Mom ließ sich neben mich auf die Couch fallen.

"Nichts."

"Willst du nicht lieber lernen, als Fernsehen zu schauen?"

"Ist das eine Fangfrage?"

"Nein, Wanda. Ich bin nicht sicher, ob es so gut ist, dass du wieder Fernsehen schaust. Dieses Schulprogramm ist teuer und du zeigst nicht wirklich Interesse."

"Ne, sie macht lieber mit Jungs rum", ätzte ES und grinste breit. "Weißt du, wieso sie nicht mitfahren wollte, Mom?" ES erhob sich übertrieben langsam vom Sessel. "Sie ist mit so einem Kerl im Kaffee verschwunden. Er heißt Dollar oder so.."

"Münze", knurrte ich. "Seine Name ist Münze."

Mom sah mich verwirrt an. "Weiß er, dass du ein Mädchen bist?"

Ich zuckte mit den Schultern. "Glaub schon."

"Mom, außerdem hat Wanda schon wieder mit Cary telefoniert."

Na toll...

Ich schaltete den Fernseher aus und flüchtete in mein Zimmer.

"WANDA! WAS HABEN WIR ABGEMACHT? NUR EINMAL DIE WOCHE!"

Die letzte Rechnung war so hoch, dass Mom sie per Kredit zahlen musste. Natürlich muss ich alles irgendwie zurückzahlen.

"WANDA! SOFORT HIER HIN!"

Ich sperrte meine Zimmertür zu und ließ mich wie abgeschossen auf das alte Bett von Cary fallen.

Irgendwie konnte ich noch nie behaupten, mein Leben wäre toll.

Es war eigentlich immer ganz annehmbar gewesen. Schließlich gab es weit schlimmeres.

Klar, ich wohnte nicht in dem schönsten Ort von New York und das Haus war schon uralt, aber ich hatte ein Dach über dem Kopf.

Die meisten Menschen vermieden mich, lästerten oder verstanden mich falsch.

Trotzdem hatte ich immer sagen können, ich bräuchte sie nicht.

Doch jetzt... Jetzt war Cary weg.

Die Karten wurden neu verteilt und ich hatte volle Kanne alle 'Shit happens!' Karten abbekommen.

Das meine Familie momentan Spass daran hatte, sich in mein Leben einzumischen, half mir wenig weiter.

Im Grunde war ich einfach nur nicht schnell genug.

Würde ich die Kacke erkennen, bevor ich rein trat, wäre mein Leben vielleicht ein wenig gemütlicher.

Ich zog eine Kiste unter dem Bett hervor, nahm die Tüte mit dem Kakao und dem Löffel und schloss die Kiste wieder.

Ich hasste Kakao in flüssiger Form. Ich bevorzugte das trockene Pulver zum Essen.

Ich schob mir gerade einen vollen Löffel in den Mund, als meine Mutter gegen meine Tür hämmerte.

"Mach sofort auf, Wanda! Langsam reicht es mir mit dir!"

Ich setzte meine Kopfhörer auf, schaltete meinen Mp3-Player an und genoss es, als ich anstatt dem Gezeter meiner Mutter Linkin Park hörte.
 

Nach einer guten Stunde war mein Akku leer und ich zog die Kopfhörer aus.

Meine Mutter hatte bereist aufgegeben, gegen meine Tür zu hämmern und ich bemerkte, dass es nach elf war.

Ich musste noch jede Menge Aufgaben machen und wusste nicht mal mehr genau, in welchen Fächern.

Ich suchte die Klassenliste, wählte Münzes Nummer und wartete.

Es tutete.

"Hallo?"

"Yo! Hier ist GOTT."

"Wer?"

"GOTT, du Depp. Oder bist du Muslime?"

"Eigentlich bin ich Christ. Du?"

"Jude."

"Echt?"

"Ne, ich wäre es gerne."

"Moment, ja?"

Ich hörte, wie sich die Jungenstimme entfernte.

"MÜNZE! DA IST EINE VERRÜCKTE AM TELEFON!"

"WER?!"

"EINE VERRÜCKTE!"

"WIE HEISST SIE?!"

"GOTT!"

"WANDA!"

"NE, GOTT!"

Es dauerte kurz, dann hörte ich Münze am Telefon.

"Wanda! Was ist passiert?"

"Nichts. Wer war das gerade eben?"

"Mein Bruder."

"Oh... Christen waren schon immer komisch."

"Was?" Münze klang überfordert.

"Ich sagte, Christen waren schon..."

"Nein! Nicht du, Wanda! Warte mal kurz..."

Ich hörte, wie der Hörer zur Seite gelegt wurde.

"Hau ab, Craig!"

Ein Lachen erklang. "He!"

Es war Münzes Bruder.

"Yo", sagte ich wenig motiviert.

"Du hast ne attraktive Stimme. Singel?"

"Ne, Jude."

"Sag schon."

"HÖR AUF, CRAIG!"

"Kann ich Münze wieder sprechen?"

"Und wenn nicht?"

"Dann komm ich vorbei, reiß dir deinen Arsch auf und spiel mit deiner Potenz Fußball."

"Uh... Jetzt hab ich aber Angst."

"Die meint das ernst, Craig."

"Halts Maul, Münze."

Ich legte auf, suchte die Adresse von Münze und notierte sie mir schnell auf die Handfläche.

Dann zog ich meine Schuhe an und stürmte die Treppe nach unten.

"MOM! Du musst mich kurz zu einem Klassenkammeraden fahren! ist wichtig!"

"WANDA! Um diese Zeit?!"

"Ja! Es geht um Leben und Tot!"

Meine Mutter sah nicht sehr überzeugt aus, aber schließlich war sie es ja, die meinte, für fleissiges Lernen sei es immer die passende Zeit.
 

Ich klingelte um viertel nach elf bei Münze und seine Eltern waren scheinbar nicht da.

Die Haustür öffnete sich und als der Junge der öffnete nicht Münze war, schlug ich zu.

Zum Glück konnte meine Mutter vom Auto aus nicht sehen, dass ich den Jungen ins Haus prügelte.

"Wenn ICH anrufe, will ich auch mit Münze reden! KAPIERT?!"

"Fuck, verdammt!", krächzte der Junge und stolperte zurück. "Wer zum Teufel bist du?!"

"Ich hab dich gewarnt!", knurrte ich und jemand stieß einen Schrei aus.

Münze zog seinen Bruder zurück, der nebenbei etwas verwirrt aussah und sah sich um.

"Was machst DU denn hier?!", zischte Münze und schob mich aus dem gemütlichen Haus. "Du kannst doch nicht einfach auftauchen und meinen Bruder verprügeln!"

"Doch", sagte ich. "Du hast es doch gerade gesehen."

"Aber das war der falsche Bruder, Wanda!"

Ich sah zu dem gut 18 Jahre alten Jungen, der mit Sicherheit jeden Tag Sport machte und sich von seinem Schock langsam erholte.

Auf dem Gesicht machte sich nun Wut und verletztes Ego breit.

"Oh", murmelte ich nur und musterte den Kerl.

Allein seine Hand könnten meinen Schädel locker zertrümmern. Wie dumm, dass ich immer handelte und erst dann nachdachte, wenn es zu spät war...



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Kommentare zu dieser Fanfic (28)
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Von:  Ashigaru
2009-06-12T20:20:48+00:00 12.06.2009 22:20
wow. echt eine total coole ff.
sie ist witzig und irgendwie auch tiefgründig.
wandi ist echt geil.
aber was ist nun mit cary.
kommt er wieder?
hoffentlich.
bitte.
münze ist acu geil. und graig:D

glg
Von: abgemeldet
2008-11-25T18:44:58+00:00 25.11.2008 19:44
XD
Das war ja zu komisch.
Das der 2 Brüder hat, hätt ich echt nich gedacht.
Hoffentlich gehts bald weiter!

LG
Von:  vulkan_chan
2008-11-13T20:32:13+00:00 13.11.2008 21:32
Münze, Dolar, alles daselbe! vieleicht ist es diese schlichte brillianz, mit der du den Leser zum lachen bringst, und der sarkasmus, den du mit der präzession eines meisters ungefiltert auf den leser schleuderst, die deine Geschichte nicht gut sondern auserordentlich macht.
denn all das, was zwischen witz und spott, weinen und lachen liegt, ist das, was die klischees nicht erreichen, du aber schon.

irgendwo geht es irgendwie immer weiter. uncoolen leuten die fresse polieren und im cafee um die ecke sechs flaschen cola leeren, gegenüber ein idiot, der wie das kleine klimpernde zeug heißt, das man in automaten stopft, aber irgendwie ist es nicht dasselbe, weil sie die roten luftballons zuerst bemerkt hat und fernsehen ist auch eine form von nichts tun, es fällt nur nicht so sehr auf.

ich bin geneigt, diese kurzen kapitel zu verschlingen, schnell, unkontrolliert und begeistert. wahrscheinlich zu schnell und zu unkontrolliert, denn jedesmal, wenn ich aus diesem rausch erwache, ist mein magen schwer wie blei.
weil deine Geschichte eben einfach mehr ist, als witz und sarkasmus. weil sich hinter all dem humor so viel tragik verbirgt, dass man weinen müsste, wenn sie einen direckt anspringen würde. aber du verpackst sie gekonnt in zucker und leuchtend buntem papier. trotzdem liegt es zwischen den zeilen verborgen und erreicht mich mit all seiner härte, beim lesen, nach dem lesen, auch wenn ich es zuerst nicht greifen kann.

deine storry ist gut und dein schreibstil ist gut, aber das, was du aus der kombination von beidem entstehen lässt, ist fantastisch!
Von:  Kasa-chan
2008-11-12T18:26:07+00:00 12.11.2008 19:26
Geil, geil, geil xD Einfach toll!
Immer nur wieder genial amüsant.
Ich liebe Wanda >.< und Cary fehlt mir auch T_T
Münze scheint nen interessanter Typ zu sein und er hat zumindest 2 Brüder... könnten aber theoretisch auch mehr sein.. hmmm .. mag die näher kennen lernen ;D Wär dem zumindest nicht abgeneigt.
Deine Story war jetzt nen prima Ausgleich für meine Panik, die ich angesichts meiner doofen Kursarbeit unter Abiniveau morgen empfinde ^^°
Danke dafür :)
Schreib nur recht bald weiter, ja?
...
Ja?
...
Versprochen?
...
Supi! ^-^

Von: abgemeldet
2008-11-10T20:02:12+00:00 10.11.2008 21:02
Uups.

Ich mag Wanda. Sie rockt so wahnsinnig. Brutales Weib-hey, dass ist ein Kompliment.
Ansonsten vermiss ich Cary.
Mal was anderes: kann es sein, dass du dich mit jedem Kapitel noch enorm steigerst? Ich habe das Gefühl, du wirst jedes mal noch ein wenig bissiger, sarkastischer und zynischer. Der Obama-Vote..nun ja, mich hats nicht gestört, vor allem, weil er weder eindeutig war noch unpassend-meiner Meinung nach.
lg
saki
Von: abgemeldet
2008-11-10T17:05:45+00:00 10.11.2008 18:05
Ein echtes Meisterwerk!
So gut das ich mir dieses überflüssige Geblubber über den fantastischen Schreibstil, der genialen Story und der rundum gelungenen Umsetzung spare. Eigentlich ist sie zu gut als das ICH sie überhaupt kommentieren dürfte, aber ich tuh es natürlich trozdem! Jedes Kapitel haut mich regelrecht um und auch dieses war mehr als perfekt. Deine Story wird immer besser (obwohl es fast unmöglich scheind) und wirklich jedes neue Kapi setzt dem Ganzen noch eins drauf. Besonders wie du so schön darstellst das Wandas Leben in Scherben liegt finde ich gelungen. Genau DAS versuche ich schon sehr lange zu erreichen, dieses Interesse wecken für eine bestimmte Person, so das der Leser umbedingt wissen will wie es mit ihm/ihr weitergeht, doch es gelingt mir nicht (Warum erzähle ich das Überhaupt? Ach ja...) DU schaffst das so gut, an dir könnten sich noch so manche professionele Autoren eine Scheibe abschneiden! Wirklich, du solltest dieses Meisterwerk umbedingt! veröffentlichen! (Ich meine als Buch und nicht "nur" auf Animexx!) Ich liebe diese Story und kann gar nicht sagen wie genial ich sie finde denn, wie steigert man "Perfektion"?
GENAU! Das geht ja gar NICHT!!! Aber du tust das trotzdem! Respeckt!!

So. Da du dich wieder einmal selbst übertrofen hast, kommt hier noch ein wenig Kritik.
Wanda ist also für Obama? Aha! Da du das ganze in einem "Nebensatz" gequetscht hast, wirkt diese "Bemerkung" überflüssig, ja, störend. Nichts gegen Obama aber, es interessiert den Leser (oder zumindest mich) nicht! In so einer mit Sarkasmus aufgeladenen Geschichte brauchst du keine Politik (oder noch schlimmer: deine eigene Meineung) zu verstecken! So was ist tötlich!
(Überflüssig zu erwähnen das ich mir das Buch trotzdem kaufen werde!)
Was natürlich obergenial wäre, ist wenn du diese "Bemerkung" mit dem Hintergrund geschrieben hast, Obama selbst noch einmal in dieses Meisterwerk einzuweben. Natürlich muss sie IHN nicht selbst treffen oder sehen aber, versteckt in einem kleinen Gag wäre doch auch schon genug. Das alerdings wäre die hohe Kunst des Schreibens und da dabei selbst "professionele Autoren" versagen, wie ich schon öfter lesen musste, wäre DAS DER "Sahnetupfen auf dem Erdbeereis". Zutrauen würde ich es dir! (Dann würde ich mir das Buch gleich zweimal kaufen!)

Jetzt halte ich aber den Mund und warte auf ein neues, noch besseres Kapitel in fantastischen Schreibstil, genialer Story und der rundum gelungernen Umsetzung, die ich bei DIR schon gewöhnt bin. UND das Buch :-)

Jetzt halte ich aber wirklich den Mund!
Von:  Sweet-MJ
2008-11-10T15:42:18+00:00 10.11.2008 16:42
Münze, altes Haus hat also 2 Brüder???
Wenn ich dem richtig verfolgt habe, bin ich irgendwie gerade ziemlich interessiert, wie die so sind. xDDD
Ich vermiss Cary, hätte aber nüchts dagegen die beiden Geschwister von Münze näher kennenzulernen ^.^
Hab so das Gefühl, das du was im Schilde fürst, wenn du Wanda in der Story neue, weitere, vielleicht auch noch gutaussehende Typen schickst. Was hast du bloß vor??? *grübel*
Mir hat das Kapi mal wieder sehr gut gefallen. Es wae sehr actionreich xD *lol*
In diesem Sinne: Laß es weiterhin krachen, Wanda!!!

LG~ dat Sweety
Von: abgemeldet
2008-10-23T19:19:55+00:00 23.10.2008 21:19
Hei,
ich hab diese Geschichte schon einmal entdeckt, gemocht und dann aus den augen verloren. Was bin ich froh, dass ich sie wieder gefunden habe.
Du schreibst wahnsinnig fesselnd, lustig und nachvollziehbar. Die Personen sind klasse und alles an dieser FF macht mich an, sie zu lesen.
Das Schönste an der ganzen Sache ist aber, dass es so absolut keine Klischees hat, keinem Fandom angehört und völlig eigenständig ist. Ich werde die FF bestimmt nicht noch einmal aus den Augen verlieren, dazu ist sie schlicht zu gut.
lg
saki
Von:  vulkan_chan
2008-10-15T17:25:06+00:00 15.10.2008 19:25
In der Kürze liegt die Würze, oder so ähnlich.
nein, mach deine Kapitel bitte nicht noch kürzer. nur weil dieses hier so absolut perfekt war, genau richtig angefangen und an genau der richtigen Stelle wieder aufgehört hat und weil der leser so entsetzlich wunderbar mitleiden konnte und es absolut nichts auszuetzen gibt, heißt das nicht, dass ich mir die gewohnte kapitellänge nicht zurückwünsche.

man ist einfach gar zu schnell am ende angekommen! und du kannst es deinen lesern wirklich nicht verübeln, wenn sie bei so gutem "Stoff" immerfort nach mehr gieren.
du weißt schon, wegen den entzugserscheinungen,die einem das hirn zerquetschen und so.

Die abschiedszene war genau so, wie sie sein sollte: irgendwie lustig, irgendwie erquer und irgendwie zum heulen. ich liebe die Melancholie, die in deinen Worten mitschwingt, die mich zum lachen und weinen bringen könnten.

besonders gut hat mir gefallen, dass du Aussagen aus früheren kapiteln wieder miteingebracht hast. (ein fetter Stern läuft Amog etc.)
Die Stimmung, die du damit erzeugt hast, war unbeschreiblich. es hat so schön deutlich gemacht, wie sehr die beiden sich eigentlich mögen und einen als Leser in dieses Verlust-Gefühl hineingestürzt.
es war wirklich traurig, aber sehr sehr gut!

wanda allein mit Carrys Bett. ich fand ihre gedanken verständlich nd absolut nachvollziehbar. so typisch menschlich, noch viel typischer Wanda.

ich bin gespannt, wie es weitergeht. ich weiß, dass man diesen satz am ende von gut fünfzig kommentaer lesen kann, weil er so schön standartmäsig ausdrückt, dass man die storry weiterverfolgt, aber bitte halte das nict für eine leere phrase. genau hier scheint eine art wendepunkt in der geschichte zu sein und jetzt ist ales offen. (ich hoffe immernoch auf "Sie haben mein handy kaputt gemacht". )

bitte beeil dich, bevor die spannung vom psychischen ins physische springt und auch mir die hände zittern und ich nur noch dreck fabriziere!
Von: abgemeldet
2008-10-14T20:21:25+00:00 14.10.2008 22:21
Jup, du hast es wieder mal geschafft!
Auch wenn das Kapi nur ca. halb so lang ist wie die Anderen, ist es trotzdem wieder eine Steigerung zum Vorhergehenden und WAS FÜR EINE!!!
Deine Story ist so gigantisch gut, das ich sogar mit Anderen darüber diskutiere wie die Geschichte wohl weitergeht. Ich persönlich habe ja mit einem oberschnulzenrotz Abschied, oder mit dem Überspringen gerechnet, doch wenn ich jetzt so darüber nachdenke, bin ich mir sicher das es so perfekt ist! Alles andere währe nicht "Wanda-live" gewesen!
Ich habe aber noch mehr Lob:
-Deine Kapitelnamen sind DER Hammer! Ehrlich! Wenn man die liest muss man schon schmunzeln und bekommt Lust auf die Story. Normalerweise achte ich nicht auf so was, aber es fällt mir positiv ins Auge. Respekt!
-Deine Dialoge... Zum sterben schön!
-Das mit den Kapitelschluss hat sich total gebessert! Schöner kann man nicht Aufhören! So bleibt der Leser hungrig und will mehr. Aber das kann man den Kommentaren ja entnehmen.


Da dieses Kapitel soo kurz war, ist meine Sucht noch nicht gestillt und ich brauche schnell Nachschubfsogsfgs...
Oh nein! Meine Hände zittern schon!!!
Also beeile dich bitte, ja?

Hochaksfdbdffhbdfs...


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