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Mosaik

von

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Liebevoll

Guten Morgen Allerseits :)!

Willkommen zum ersten Mosaik-Kapitel nach VIEL zu langer Zeit^^.

Es enthält überwiegend Familienfluff, aber ich hoffe, es gefällt Euch trotzdem. Im nächsten Kapitel kommt dann das, worauf Ihr alle schon so sehnsüchtig wartet ;). Und ich verspreche, dass dieses nächste Kapitel nicht so lange auf sich warten lässt wie dieses hier >< .

Entschuldigt, dass ich bei der Info-Ens vergessen habe, den Link zur Veränderungs-Liste einzufügen. Schaut in meinen Weblog, da ist der Link.

Kapitelwidmung: Für Ur, weil ich es ohne sie nie geschafft hätte. Und für Myrin, weil sie nicht müde wird, mich beim Schreiben anzufeuern :)

Viel Spaß beim Lesen!

Liebste Grüße,

Lung

____________________________________________________________________
 

Hätte die steinalte und gänzlich humorlose Frau Petzold an diesem Abend gegen neun Uhr nicht die linke, sondern die rechte Route – am Haus der Spandaus vorbei – gewählt, um ihren Mops Bubi auszuführen, hätte sie nach einigen Metern eventuell vor Schreck den Herzinfarkt erlitten, auf den ihre geldgierige Verwandtschaft schon so lange ungeduldig hoffte. Ein jüngerer und etwas widerstandsfähigerer Passant wäre vielleicht stattdessen auf den Gedanken gekommen, dass in dem sandfarbenen Backsteingebäude mit der silbernen Nummer 22 neben der Haustür ein großes Bankett mit zwanzig angeheiterten Gästen aus der Comedyszene stattfand, die alle gleichzeitig redeten und lachten.

Um sich davon zu überzeugen, dass dieser Gedanke nicht der Wahrheit entsprach, hätte ein kurzer Blick durch die Gardinen eines der geschlossenen Wohnzimmerfenster genügt.
 

Doch da die meisten Nachbarn von Familie Spandau ungern dabei gesehen werden wollten, wie sie geduckt und klammheimlich in das erleuchtete Fenster eines fremden Gebäudes äugten, wurde der Beweis über die wahren Vorgänge im Haus Nummer 22 nie erbracht. Allerdings...wäre der größte Teil der Nachbarn wohl sowieso von der eher unspektakulären Realität enttäuscht gewesen.

In Wahrheit (und in Langweile) waren weder Hella von Sinnen, noch Mario Barth oder sonst ein Vertreter ihrer Kategorie anwesend. Und obwohl die Lautstärke der Geräusche von Besteck auf Geschirr, das fröhliche Durcheinander von unterschiedlichen Stimmen und das ausgelassene Gelächter sämtlicher Tonlagen die Vermutung nahe legten, dass die sechsköpfige Familie Spandau mindestens eine Fußballmannschaft zu Besuch hatte, saß nur eine weitere Person mit am Esstisch. Und obwohl diese Person sich relativ zurückhaltend verhielt, war sie der Mittelpunkt des allgemeinen Interesses. Ein Umstand, der David Spandau mittlerweile nicht einmal mehr ein verhaltenes Schnauben oder ein mattes Kopfschütteln entlocken konnte.
 

Tatsächlich hatte David es nach dem vergangenen Nachmittag ganz aufgegeben, irgendwie auf die Begeisterungsstürme zu reagieren, in die Sascha seine Familie ausbrechen ließ. Wäre er jedoch einer dieser Menschen gewesen, deren Lebensinhalt darin bestand, anderen Menschen gegenüber permanent die eigene Unfehlbarkeit zu demonstrieren, indem sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit Siehste! brüllten, hätte er in den letzten paar Stunden wohl nichts anderes getan. Glücklicherweise gehörte David jedoch nicht zu dieser anstrengenden Gattung Mensch, wofür ihm vermutlich alle Anwesenden – und besonders Sascha – sehr dankbar waren.

Und dennoch: Er hatte es ja gewusst, verdammt noch mal!
 

Natürlich würden seine Eltern Dings sofort und auf ewig in ihre Herzen schließen, wenn er sein strahlendes Lächeln lächelte, über die mittelmäßig witzigen Witze seines Vaters lachte und seiner Mutter anbot, ihr beim Kochen zu helfen. Natürlich würde seine Schwester sich unsterblich in Dings verlieben, wenn er ehrliches Interesse für ihr angebetetes Puppenhaus zeigte. Und natürlich würden seine Brüder Dings augenblicklich und unwiderrufbar in ihren coolen Männerkreis aufnehmen, wenn er Felix in die Geheimnisse des Unbesiegbarseins bei Need for Speed Underground einweihte und Julian das beste Gulasch servierte, das der je gegessen hatte.

Gott, es war ja von Anfang an total klar gewesen, dass es so kommen würde, geradezu logisch. Alles andere wäre schlicht und einfach undenkbar gewesen. Absolut...nein halt. Und Mr. Oh-Gott-Davids-Familie-Wird-Mich-Bestimmt-Hassen! hatte ihm einfach nicht glauben wollen. Der Vollidiot.
 

„Sascha, erzähl uns noch mehr aus dem Zentrum!“, fiepte Marisa mit glänzenden Augen, sobald sie sich alle mehr oder weniger von dem Lachanfall erholt hatten, den Saschas letzte absurde Geschichte über einen sanften Riesen namens Leopold, seine Freundin Mathilda und drei verängstigte Zivis in ihnen ausgelöst hatte.

„Ja, noch so was Witziges!“, stimmte Felix begeistert zu und spießte seine letzte Nudel, die er heute tatsächlich ohne Ketchup gegessen hatte, bedächtig auf die Gabel, „David hat uns nie solche Geschichten erzählt.“

„Weil es euch vorher nie interessiert hat,“ erwiderte David und rieb sich den vor lauter Lachen schmerzenden Bauch, „Immer, wenn ich vom Zentrum angefangen habe, habt ihr zwei rumgenörgelt, dass das langweilig wär.“

„Stimmt ja gar nicht,“ empörte sich Marisa.

„Kinder...,“ murmelte Volker aus Gewohnheit, während Elisa nur sanft schmunzelte.

„Stimmt wohl,“ brummte David verdrießlich.
 

Seine jüngeren Geschwister öffneten die Münder, um weiter zu streiten, aber Julian, der sich soeben seinen vierten Nachschlag Gulasch nahm, unterbrach sie barsch:

„Ist doch völlig schnuppe jetzt. Erzähl weiter, Sascha.“

Während Dings, dessen Wangen vor lauter Freude über all die Liebe und all die Aufmerksamkeit gerötet waren, seine Stirn in Falten legte, um in seinem Gedächtnis nach weiteren Zentrumsanekdoten zu suchen, grummelte David stumm in sich hinein.

Und es stimmte doch. Die einzigen, die sich wirklich und immer für seine Arbeit im Zentrum interessiert hatten, waren seine Eltern und sein bester Kumpel Kenji gewesen. Dass seine kleinen Geschwister sich so für sein Leben in Rötgesbüttel begeistern ließen, war neu und lag vermutlich weniger am Inhalt der Geschichten, sondern mehr an der Person des Erzählers.

Diese elenden Heuchler.
 

Doch aus irgendeinem Grund konnte David Mr. Alle-Lieben-Sascha einfach nicht böse sein.

Obwohl seine eigene Anwesenheit neben der Dings’ zu verblassen schien. Obwohl Marisa, von der er Liebesschwüre und ungeteilte Aufmerksamkeit gewohnt war, sobald er die Schwelle des elterlichen Hauses übertrat, ihn wegen Dings den halben Nachmittag ignoriert hatte. Und obwohl Felix, dessen Geburtstagsüberraschung er ja hätte sein sollen, nur Augen für Dings hatte, als wäre der ein berühmter Rockstar.

Davids fehlende Empörung mochte an den zwei Gläsern Sekt liegen, die er getrunken hatte, um mit den Anderen auf Felix’ Geburtstag anzustoßen. Oder daran, dass Saschas Gulasch wirklich und wahrhaftig absolut köstlich gewesen war. Oder auch daran, dass Saschas Zentrumsgeschichten – die David nie und nimmer so hätte erzählen können – tatsächlich herrlich und zum Brüllen komisch waren.
 

Oder es lag eben daran, dass Sascha dieser Rotschimmer im Gesicht einfach fabelhaft stand. Und daran, dass seine Augen im warmen Licht der Deckenlampe wie glühender Bernstein funkelten. Und daran, dass er sich immer wieder gedankenlos die Soße von der Oberlippe leckte. Und daran, dass er ununterbrochen zugleich verlegen und glückselig lächelte und vor Aufregung ständig an seinen Fingernägeln knabberte.

Gott, er war so nett. Und so lieb. Und so unglaublich niedlich...

Wie er sich solch große Mühe gab, mit jedem einzelnen Mitglied von Davids Familie gut auszukommen. Und wie er sich gleichzeitig so sehr darüber freute, wie diese ihn daraufhin in ihrer Runde willkommen hießen. Das alles...rührte David mehr, als jeder Anmachspruch es je könnte. Die liebevolle Flamme, die seit einigen Wochen immer heißer und lebendiger in seiner Brust gelodert hatte, schwang sich zu Höchstleistungen auf. Und das war so entsetzlich, David konnte es kaum aushalten.
 

Wieso, zum vermaledeiten Teufel, war er eigentlich nicht dazu imstande, die Zeit anzuhalten? Oder mit jemandem im Schlepptau an einen weit entfernten und möglichst ausgestorbenen Ort seiner Wahl zu disapparieren?

Dann könnte er sich hier und jetzt einfach quer über den gedeckten Esstisch und auf Sascha werfen. Um ihn zu umarmen und zu küssen und zu streicheln und zu knutschen, bis die Sonne am nächsten Morgen wieder aufging. Und ohne damit rechnen zu müssen, dass seine Familie Verdacht schöpfte.

Aber nein. Leider Gottes war David kein Zauberer. Das hatte er schon vor einigen Jahren missmutig feststellen müssen. Also blieb ihm seit zwei geschlagenen Stunden nichts anderes übrig, als Sascha aus der Ferne anzuhimmeln und sich mit steigendem Alkoholpegel immer detailreicheren Phantasien hinzugeben, die im wachsenden Maße nackte Haut enthielten. Gruselig. Und außerdem ziemlich frustrierend auf die Dauer. Und...kontraproduktiv...
 

„Vielen Dank fürs Kochen, Sascha,“ sagte Volker in diesem Moment und wischte sich mit einer Serviette über den Mund, „Das war wirklich hervorragend.“

„Allerdings...,“ grunzte Julian gedehnt durch zwanzig Gramm Gulasch und überging den tadelnden Blick, den seine Mutter ihm zuwarf, fachmännisch, „Du bist ein kranker Gott, Sascha. Knüppelgeil!“

„Äh...,“ machte Sascha fragend.

„Ja, das war ein Kompliment,“ antwortete David spöttisch, „Aber da Julian leider sprachbehindert ist, kann er sich nicht–,“

„Schnauze, du kleiner Bastard!“

„Jungs, bitte...,“ mahnte Volker.

„Du musst Weihnachten zu uns kommen und kochen!“, meinte Felix entschieden.

„Oh jaah!“, quietschte Marisa verzückt und klatschte in die Hände, „Kann Sascha Weihnachten mit uns feiern, Mama? Bitte!“
 

David schnaubte und drehte den Kopf, um Mr. Weihnachtskoch zu zugrinsen. Der erwiderte seinen Blick und unwillkürlich machte Davids Herz einen Sprung in Richtung Mond.

Dings strahlte ihn an. So...strahlend, dass David Angst bekam, er könnte jeden Moment schneeblind werden. Vielleicht hätte er seine Sonnenbrille mitnehmen sollen...

„Ich glaube nicht, dass Sascha das möchte, Schatz,“ erwiderte Elisa und lächelte milde, „Außerdem wären seine Eltern bestimmt traurig, wenn er nicht mit ihnen feiert.“

„Oh nein, das glaube ich kaum,“ entgegnete Dings so beiläufig, wie David ihn noch nie über dieses heikle Thema hatte sprechen hören. Prompt schwante ihm Unheil. Hastig öffnete er den Mund, um das Schlimmste zu verhindern, aber...es war bereits zu spät.

„Meine Mutter und ich haben nie so richtig Weihnachten gefeiert. Und meinen Vater sehe ich nur ein paar Mal im Jahr. Ich habe kein besonders gutes Verhältnis zu meinen Eltern.“
 

Sascha lächelte. Aber die Stille, die seinen Worten folgte, war so vollkommen, dass man von draußen das tropf-tropf-tropf der triefenden Bäume im Garten hören konnte. Sogar Julian hatte mitten im Kauen inne gehalten und fixierte ihn entgeistert, sodass Dings’ Grinsen nun allmählich in sich zusammen fiel.

David ging – auf Gutdeutsch gesagt – der Arsch auf Grundeis. Okay. Genauso gut hätte Mr. Familyguy, dieser Volltrottel, sagen können: Meine Mutter ist fast immer zu betrunken, um mit mir Weihnachten zu feiern. Und meinen Vater sehe ich so gut wie nie, weil er wegen schwerer Körperverletzung im Gefängnis sitzt. Aber das macht nichts, meine Eltern haben mich eh jahrelang nur missbraucht und misshandelt.

Er musste schnell handeln! Bevor seine überbesorgten und harmoniesüchtigen Eltern beim hamburgerischen Jugendamt anriefen, um die Adoptionspapiere für Sascha anzufordern.

„Habe ich euch eigentlich die Geschichte über den Rentner erzählt, der uns einen toten Igel gebracht hat?!“, fragte er so laut, dass alle Anwesenden zusammen zuckten.
 

Eine halbe Stunde später, nachdem Marisas Kopf um ein Haar in ihre halbleere Puddingschale gesunken wäre, löste Davids Mutter die Tafel endlich auf. Unter Marisas Ich-bin-aber-noch-gar-nicht-müde!-Protestgeschrei erhoben sie sich nacheinander. Dings fing sofort an, die benutzten Teller aufeinander zu türmen, wurde aber fast in der gleichen Sekunde noch unterbrochen.

„Was machst du denn da, Sascha?“, fragte Elisa mit nahezu aufgebrachter Stimme, während Volker im Hintergrund mit Marisa zankte, „Du räumst doch hier nicht auf. Nicht, nachdem du so wunderbar für uns gekocht hast.“

Mr. Allzeit-Bereit wirkte leicht erschüttert.

„Aber–,“ begann er, kam jedoch erneut nicht weit.

„Red keinen Unsinn, du Pfeife!“, entrüstete sich Felix und packte seinen Arm, „Wir zwei zocken jetzt noch ne Runde Playstation. David und Julian können aufräumen.“

„Pahahaha!“, machte Julian höhnisch und war noch vor dem Geburtstagskind im Wohnzimmer, wo die Playstation neben dem Fernseher stand und wartete.
 

David schnaufte empört und hatte schon die Hände nach einem der Kochtöpfe ausgestreckt, um ihn seinem flüchtenden großen Bruder an den Kopf zu werfen, als seine Augen Saschas muskulösen Rücken fanden und sich in einem Anflug von beinahe unerträglicher Sehnsucht an ihn hefteten. Er verharrte mitten in der Bewegung und schaute Mr. Ich-Bin-Auch-Von- Hinten-Zu-Schön-Um-Wahr-Zu-Sein nach, den Felix eilig hinter sich her zerrte, um ihnen beiden noch vor Julian einen Controller zu sichern.

Davids Magen drehte einen zwölffachen Salto. Sein Herz erzitterte.

Grundgütiger Himmel. Lange würde er es nicht mehr aushalten. Er wollte jetzt endlich allein mit Dings sein! Er fehlte ihm richtig – und das, obwohl sie doch die ganze Zeit zusammen gewesen waren... Aber dieses Zusammensein genügte David einfach nicht mehr. Er wollte Sascha ganz nah bei sich haben, ihn endlich wieder berühren und küssen dürfen. Ihn nicht mehr mit seiner Familie teilen müssen, sondern ihn für sich ganz allein haben, um...
 

In diesem Moment wurde David aus den Augenwinkeln gewahr, dass seine Mutter ihm direkt gegenüber stand. Er zuckte zusammen. Mit Mühe wandte er den Blick von Sascha ab und biss sich zur Strafe selbst auf die Zunge. Verflucht, er war so ein Vollidiot! Er musste sich zusammen reißen, zum Teufel noch mal!

Eilig begann er Dings’ Stapelaktion fortzusetzen und bemühte sich dabei, den Eindruck zu erwecken, er würde nicht jede Sekunde vor Verlangen nach einem gewissen Koch den Löffel abgeben. Doch als Elisa wie aus dem Nichts plötzlich neben ihm stand und ihm liebevoll den Arm um die Schultern legte, fuhr er trotzdem so heftig zusammen, als hätte sie ihm ohne Vorwarnung ins Ohr geschrien.

„Was ist?“, brachte er erschrocken hervor.

„Nichts...,“ antwortete seine Mutter leise, damit Volker und Marisa sie nicht hörten, und küsste ihn sanft auf die Schläfe, „Ich liebe dich.“

Einen Augenblick später befand sie sich mit der Salatschüssel und dem leeren Brotkorb auf dem Weg in die Küche.
 

Völlig verdattert sah David ihr nach.

Mütter..., dachte er verwirrt und machte sich wieder an die Arbeit.

Er schichtete grad den letzten Teller und lauschte dabei mürrisch dem ausgelassenen Gejohle, das aus dem Wohnzimmer drang, als erneut jemand unauffällig neben ihm erschien. Doch diesmal war es Marisa, die sich offenbar mit Volker geeinigt hatte. Ungewohnt schüchtern sah sie zu ihm auf.

„Bringst du mich ins Bett?“, wisperte sie.

Überrascht starrte David auf sie hinunter. Hatte er richtig verstanden? Sie wollte von ihm ins Bett gebracht werden? Wo sie ihn doch den größten Teil des Tages mit Verachtung gestraft hatte, weil er am Telefon gemein zu ihr gewesen war?

„Ähm...,“ machte er unsicher und blickte in ihre großen, grünblauen Kulleraugen, die seinen so ähnlich waren, „Sicher. Wenn du das möchtest.“

Seine kleine Schwester nickte und lächelte verlegen. Dann griff sie nach seiner Hand und zog ihn hinter sich her in Richtung Treppe. Als er sich noch mal zum Esstisch umdrehte, fiel sein Blick auf Volker. Sein Vater sammelte das Besteck vom Tisch und schmunzelte stumm in sich hinein.
 

„Nein, hier ist kein Monster.“

„Bist du sicher?“

„Ganz sicher.“

„Schau genau hin!“

David ging erneut auf die Knie und linste mit zusammen gekniffenen Augen in die Finsternis unter Marisas Bett. Außer Staub, einigen vergessenen Glasperlen und einem Pixi-Buch gab es dort jedoch nichts zu sehen. Auch kein Monster.

Also tauchte er wieder auf und schüttelte den Kopf. Ein Teil von ihm, der sich partout nicht mit der Rolle des großen Bruders identifizieren mochte, lauschte krampfhaft ins Wohnzimmer hinab und fragte sich, ob Dings ihn wohl vermisste. Der große Bruder schob diesen Gedanken jedoch entschieden zur Seite.

„Nein, kein Monster,“ beteuerte er Marisa, die aufrecht in ihrem Bett saß und ihren Plüschpanda Graupel im Arm hielt, „Aber soll ich vorsichtshalber noch mal in den Schrank schauen?“
 

„Ja!“, piepste seine Schwester strahlend und zog sich die Decke bis zum Kinn hoch.

David stand vom Boden auf, nahm sich das neonpinke Lineal von Marisas Schreibtisch und baute sich dann an der Wand neben ihrem Kleiderschrank auf. Er runzelte angespannt die Stirn und hielt das Lineal, als wäre es ein Baseballschläger. Todesmutig klopfte er mit der Faust gegen die Schranktür.

„Komm raus, Monster!“, befahl David mit Grabesstimme und packte den Griff; hinter sich hörte er seine kleine Schwester quietschen und giggeln, „Ich weiß, dass du da drin bist! Komm heraus!“

David wartete einen Augenblick, um dem vermeintlichen Ungetüm die Chance zu geben, auf sich aufmerksam zu machen. Als nichts geschah, tat er einen urplötzlichen Satz, riss die Schranktür auf und schwang drohend das Lineal. Marisa kugelte sich in ihrem Bett vor Vergnügen, sodass sein Herz vor brüderlicher Zuneigung liebevoll zu flattern begann und Mr. Gehirnwäsche noch weiter in den Hintergrund drängte.
 

Um sein eigenes Grinsen zu verstecken, schob er seinen Kopf so tief wie möglich in den Schrank hinein.

„Hier ist auch nichts,“ entwarnte er dann und schloss die Tür umsichtig.

„Vielleicht in meiner Spieltruhe?“

„Ja, vielleicht...,“

Doch zu ihrer beider Erleichterung ließ sich weder in Marisas Spieltruhe, noch hinter dem Schreibtisch ein Monster finden. Offenbar war das Kinderzimmer – wie eigentlich immer, wenn David abends nachschaute – monsterfreie Zone.

Nachdem er sein Schwert weggelegt hatte, setzte er sich zu seiner Schwester an den Bettrand. Sie hatte sich inzwischen eingerollt und betrachtete ihn liebevoll lächelnd aus ihrem Kissen heraus. Das Licht ihrer Leselampe ließ ihre blonden Locken wie einen Heiligenschein leuchten.

„Brauchst du noch irgendwas?“, erkundigte David sich und strich die Bettdecke glatt.
 

Marisa schüttelte den Kopf und musterte ihn unentwegt.

„Bist du noch böse auf mich?“, fragte er dann leise, einem familiären Impuls folgend, „Weil ich am Telefon geschimpft habe?“

„Nein...,“ flüsterte sie.

„Und auch nicht, weil ich doch mein Cello nicht mitgebracht habe?“

„Nein,“ wisperte sie und lächelte wieder.

Beinahe war David misstrauisch. Normalerweise bekam er gewaltigen Ärger, wenn er ihr abends nichts mehr vorspielte. Aber diesmal, als er ihr diesen Umstand beim gemeinsamen Zähneputzen gebeichtet hatte, hatte sie nur mit den Schultern gezuckt.

„Warum nicht?“, wollte er deshalb wissen.

Seine Schwester seufzte leise.

„Weil du der einzige bist, der immer nach Monstern guckt, wenn ich schlafen gehe...,“

David blinzelte verdutzt angesichts dieser Erklärung.
 

„Ehrlich?“, fragte er dann mit gespielt grimmiger Stimme.

Marisa nickte nachdrücklich und umarmte ihren Panda.

„Da werde ich wohl mal ein ernstes Wort mit Mama und Papa reden müssen, was?“

Seine Schwester kicherte.

„David...?“, hauchte sie dann.

„Ja?“

„Ich hab dich lieb. Ich hab dich am allerliebsten von allen.“

David sah sie an und von allen Seiten kroch Wärme in seine Poren, als hätte er sich soeben in eine vorgeheizte Sauna gesetzt. Er lächelte seine kleine Schwester liebevoll an und streichelte ihr behutsam eine ihrer Löckchen aus der Stirn.

„Ich dich auch,“ antwortete er zärtlich und beugte sich vor, um ihr und Graupel einen Gute-Nacht-Kuss zu geben, „Ganz, ganz dolle.“

„Echt?“, fiepte Marisa schläfrig, als seine Lippen sanft ihre Stirn berührten, „Hast du mich auch lieber als Sascha?“



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Kommentare zu diesem Kapitel (13)
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Von:  koennte-sein
2010-08-22T12:56:17+00:00 22.08.2010 14:56
Es war so klar.
Wenn Sascha nett sein will muss man ihn regelrecht lieben.
Marisa <3
Das Verhaeltnis zwischen ihr und David.
Ich bin am Anfang der Kapitels aber relativ schwer reingekommen.
Bis ich durchgesehen habe was jetzt ist und so.
Koentte aber auch daran liegen das ich grad erst aufgestanden bin...hm.
<3
Sehe mir jetzt das neue Steckibild an.
Von:  Curryschaf
2010-08-18T13:15:41+00:00 18.08.2010 15:15
och, das war echt süß ^^
war doch klar, dass alle sascha lieben werden. xD und ich finds toll, dass marisa david verziehen hat (die schlafengeh-szene war echt zu niedlich >_<). aber die frage bringt ihn wohl in verlegenheit :D
lg
Von: abgemeldet
2010-08-17T20:57:11+00:00 17.08.2010 22:57
danköööööööööö für deine ens >___<
superfreu^o^ eeeendlich gehts weiter ;))))

Von: abgemeldet
2010-08-17T18:51:27+00:00 17.08.2010 20:51
Alle lieben Sascha - ich auch :D
Ich bin so unheimlich glücklich, dass du ein neues Kapitel hochgeladen hast, das glaubst du gar nicht :D
Und es war so niedlich :)
Ich mag die Kleine...aber ihre Frage am Ende war ja ne tolle Sache. *grins*
Das wird den lieben David wohl n bisschen in Verlegenheit bringen *kicher*
Ich bin unheimlich gespannt auf das nächste Kapitel! :)
GlG
Fatja

Von:  eden-los
2010-08-17T14:15:02+00:00 17.08.2010 16:15
süßes kapitel und dann noch diese pikante frage am ende...;P
schön das du weitergeschrieben hast. freu mich auf mehr.

lg eden ^^
Von:  JuliObscure
2010-08-16T23:00:57+00:00 17.08.2010 01:00
Hach Gott,
du weißt überhaupt gar nicht, wie unglaublich glücklich du mich mit diesem Kapitel gemacht hast. Immer, wirklich immer, wenn ich Mosaik lese, sitze ich hier, vergesse, dass mir eigentlich schweinekalt ist, es ziemlich spät ist und ich ziemlich müde bin und habe ein dickes, fettes, glückliches Grinsen auf dem Gesicht.
Und eben...ich musste sogar seufzen! Das schafft sonst nur Harry Potter, was mein absolutestes Lieblingsbuch überhaupt ist.
Also, fühle dich sehr geehrt. :)

Marisa ist sooo toll! Ich finde sie so niedlich. Es ist schön, wie du diese Familiengeschichte aufziehst, die Einleitung ist einfach unglaublich genial!

Und eigentlich glaube ich auch, dass David und Sascha Lime gar nicht nötig haben...obwohl ich mich natürlich sehr darüber freuen würde.

Aber trotzdem freue ich mich natürlich über die Maßen auf das nächste Kapitel! ♥
Von:  RockFee
2010-08-16T22:29:08+00:00 17.08.2010 00:29
Oh wie schön, es geht weiter. Ich lese erst seit kurzem hier und habe deine Geschichte über David und Sascha entdeckt. Als ich gemerkt habe, dass schon lange kein Kapitel mehr gekommen ist, war ich enttäuscht und habe nicht mehr mit einer Fortsetzung gerechnet. Um so größer die Freude.

Sascha kommt ja wirklich gut an in Davids Familie.
Kann es sein, dass Davids Mutter eine Ahnung hat? Schon oder!
Die Kleine ist ja richtig süß. Die Monstersuche war toll.

Ich bin gespannt, wann David endlich mit Sascha allein sein kann.
Sie müssen auch noch darüber reden, dass David Sascha offiziell als Kollege und nicht als Freund mitgebracht hat. Ich glaube, Sascha war etwas enttäuscht deswegen.

Ich mag diese story riesig. Würde mich freuen, wenn sie bald weiter geht.

Du bist übrigens die erste, die hier ein Kommi von mir bekommt.
Von:  Tshioni
2010-08-16T19:05:11+00:00 16.08.2010 21:05
uhhiii!!!!
Es geht weiter!!!!! Ich freue mich so! (bin dir ja auch ein paar mal in den Ohren gelegen.. sr -.-)

tolles Kapitel!
tolle Story!
ich bin begeistert!!

Das Ende ist ja "hart" *-*
Bin schon seeehr gespannt was David antworten wird!!!
Obwohl, ich vermute, dass Marissa weiß, dass David "Dings" sehr mag! =)
Und ich glaube auch, dass es Davids Mutter weiß (also das von David und Sascha)

ich bin ja so glücklich, dass es endlich weitergeht und freue m ich schon auf das nächste Kapitel!

lg, die beigeisterte Mosaik-Leserin
Tshioni

Von:  Samrachi
2010-08-16T18:11:12+00:00 16.08.2010 20:11
ahhh es geht weiter :))))))))
david sitzt ja auf glühenden kohlen xD
es ist schön, dass sascha so toll in die familie aufgenommen wurde, er hat einfach eine unglaubliche ausstrahlung ;P
ob davids mutter etwas ahnt..?

aw marissa ist am ende sooo sweet ^^ die beziehung zeischen david und ihr ist wirklich sehr innig.

und die letzte frage kann nur ein kind stellen xD war eine etwas anrupter schluss, aber es hat schon gepasst ;)

freu mich aufs nächste kapitel,
lg Samra
Von: abgemeldet
2010-08-16T17:09:23+00:00 16.08.2010 19:09
Endlich *freu* ein neues Kapiteeeel =D und direkt ne offene Frage *gong* xD
Also ich will mich kurz fassen.
Zuallererst, ich hab schon wieder völlig vergessen wie gut du dich ausdrücken kannst xD
Super Schreibstil ^^ wobei ich hier auch eine Kleinigkeit anmerken muss.
Vllt ging es ja auch nur mir so, aber ich fand zu Beginn des Kapitels die Sätze etwas länger als nötig und manche Formulierung ließ sich auch nicht ganz so flüssig lesen wie der Rest. Aber auch nur meine Meinung ^^
Ansonsten SUPER süß, wie David mit Marisa umgeht ^^
(Kurze Frage zwischendrin: Wie kommst du auf die dort vertretenen Namen? Spontan oder eine bestimmte Bedeutung?)
Einfach herzerweichend wie er nach Monstern sieht und sie sich halb totfreut ^^ einfach klasse beschrieben ^^
Davids Sehnsucht nach Dings (hach wie hab ich diese humorvolle Umschreibung vermisst) wurde auch mal wieder schön dargestellt und zeigt doch auf, wie sehr die beiden doch miteinander verbunden sind ^^ ebenso Davids Mutter, welche solch "stumme" Freude für ihren Sohn zeigte...
Frage: 1. Wissen Davids Eltern, dass er Homosexuell ist und 2. Wussten sie dann auch von seiner letzten Beziehung und wie schlecht es ihm dabei ging? ._.
Würde zumindest Muttis Reaktion erklären XD
Ach ja, Felix und Julian wurden auch super getroffen XD Genau wie man sich "raufende", zankende Brüder vorstellt ^^
Kurz gesagt, einfache Realität und gewisse Tatsachen wunderschön verpackt und klasse dargestellt ^^

Sry wurde jetzt doch länger als gedacht XD

Lg

Juliet


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