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Unwanted Help

Seto x Jou
von

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Gewollte und ungewollte Hilfe

Die kleine Bar namens „Jasons Spelunke“ war ziemlich klein, aber dafür ebenso warm, gemütlich und angenehm leer. Als Jou zwanzig Minuten nach Dienstschluss dort eintraf, war Yuugi schon da.

Fröhlich winkte er ihm vom Eingang her zu, bestellte beim Barkeeper etwas zu trinken und schob sich dann zu Yuugi auf die Bank in einer Ecke.
 

„Hi Jounouchi-kun“, lächelte dieser und freute sich über ihr erstes Wiedersehen seit einiger Zeit, denn leider waren beide durch Studium und Arbeit zeitlich sehr ausgelastet.

„Hallo Yuugi“, grüßte der Blonde zurück und umarmte seinen kleinen Kumpel. Dann saßen sie eine Weile schweigend nebeneinander und nippten an ihren Getränken, bis Yuugi die Stille durchbrach.

„Was gab es denn so Wichtiges, dass du mich unbedingt sehen musstest?“, fragte er neugierig.

„Also, weißt du… Hast du Kaiba in letzter Zeit mal gesehen?“, fragte Katsuya unverfänglich zurück.

„Kaiba? Nein, seit der Abschlusszeremonie nicht, außer mal von weitem. Wieso?“

„Na ja, ich hab ihn letztens getroffen. Im Dark Atmosphere, du weißt schon, diese neue Disco in der Innenstadt. Und heute wieder, in der Domino University. Und ich glaube, dass er Probleme hat…“, erzählte der Größere stockend und wagte es kaum, seinem Freund in die Augen zu blicken. Man konnte ihm doch hoffentlich nicht ansehen, dass er mit Kaiba geknutscht hatte, oder?

„Häh? Warte mal, das geht mir etwas zu schnell… Du hast Kaiba getroffen!? Was denn für Probleme?“, kam Yuugi, freundlich wie er war, auf den Kern der Sache zum Sprechen, auch wenn ihm in punkto „Jou und Kaiba treffen aufeinander“ noch einige andere Fragen in den Kopf schossen.

„Ich weiß auch nicht. Ich hab ihn nur zufällig bei einem Telefongespräch belauscht und da klang er ziemlich wütend und angespannt. Redete was davon, dass der Anrufer sich aus seiner Privatsphäre raushalten soll und dass er irgendwas schon machen würde… Es kam mir so komisch vor, dass Kaiba etwas machen würde, das offensichtlich gegen seinen Willen ist“, bemerkte Jou.
 

Yuugi blickte nachdenklich drein. „Vielleicht wird er erpresst?“

Der Blonde schnappte nach Luft. „Was? Von wem denn!?“

Der Kleinere lachte angespannt. „Mann, Jou, woher soll ich das wissen? Außerdem glaube ich nicht, dass es klug ist, wenn du dich da mit reinhängst…“

Beleidigt verschränkte der Blonde die Arme vor der Brust. „Das musst gerade du sagen. Predigst du nicht sonst immer, dass man anderen helfen soll und so?“
 

Yuugi lachte leise und nahm noch einen Schluck seines, wahrscheinlich alkoholfreien, Getränkes. „Ja, das sage ich wohl sonst immer“, stimmte er zu, „aber ich denke trotzdem, dass gerade Kaiba selbst wissen muss, ob er Hilfe braucht und wo er sie bei Bedarf herbekommen kann. Also überlass es am besten einfach ihm, sonst wird er nur wieder sauer“, lächelte er.

Jou seufzte. „Du hast wohl Recht.“ Nachdenklich rührte er in seinem Cocktail. „Wusstest du, dass Kaiba jetzt schwarze Haare hat?“, fragte er dann leise, verschwörerisch und beugte sich zu Yuugi hinüber.

„Nein!?“, fragte dieser gespielt entsetzt und lächelte amüsiert.

„Doch! Und grüne Kontaktlinsen auch! Ich hätte ihn fast nicht erkannt…“

Und so saßen Jou und Yuugi noch eine Weile beieinander, tauschten Klatsch und Tratsch aus, lachten und erzählten, was sie gerade so trieben. Kaibas Problem kam nicht mehr zur Sprache.
 

Ebendieser war nach einigen Stunden Arbeit in der Firma endlich fertig und betrat sein trautes Heim.

Sofort umfing ihn eine angenehme Kühle und der vertraute Geruch seines Zuhauses sowie die wohlbekannten Geräusche eines Fernsehers, die aus dem angrenzenden Wohnzimmer drangen.
 

Lächelnd entledigte Seto sich seines leichten Sommermantels und der Schuhe, um dann seinen Kopf in die Wohnzimmertür zu stecken. „Hallo“, grüßte er freundlich, den Stress des Tages hinter sich lassend.

„Seto, du bist ja schon da!“, freute sich Mokuba, der vor der Couch saß und nebenbei in einem Manga geblättert hatte.

„Guten Abend, Seto“, grüßte auch seine Freundin freundlich lächelnd.

Junko hieß sie und saß im Moment entspannt mit angezogenen Beinen auf dem Sofa. Sie war eine schwarzhaarige, zierliche und durchweg gut aussehende Frau, die eigentlich der Publicity wegen mit dem älteren Kaiba-Bruder zusammen war.

Sie beide wussten, dass der andere jederzeit frei war zu gehen, wenn er oder sie einen „besseren“ Partner gefunden hatte, aber solange es noch nicht soweit war, wussten beide ihre Zeit auch miteinander gut rumzubekommen, denn Junko war durchaus eine angenehme Zeitgenossin, sogar für Seto. Außerdem mochte auch Mokuba sie ganz gern und vor allem deshalb war sie im Kaiba’schen Heim immer und jederzeit willkommen.
 

Der Neuankömmling nickte der Schwarzhaarigen kurz zu, trat dann ein und setzte sich zu Junko auf die Couch. Er streckte sich leicht und seufzte.

„Schwerer Tag heute?“, fragte die Kleinere mitfühlend.

Seto bejahte. „Wie immer. Aber wenn es das nicht wäre, würde ich mich nicht ausgelastet fühlen“, grinste er dann und, wie er erwartet, rollte Mokuba mit den Augen. Er konnte seinen großen Bruder manchmal echt nicht verstehen und Seto fand das auch noch amüsant..
 

Stille kehrte ein.

Der Fernseher lief noch immer und Seto folgte dem Geschehen auf dem Bildschirm eher desinteressiert, während Junko ihren Kopf auf die Knie legte und scheinbar gespannt geradeaus blickte.

Mokuba blätterte weiter in seinem Manga und grinste ob des Inhalts ab und zu vor sich hin.
 

Nach einer Weile blickte Junko zu ihrem Freund.

„Hey, Seto?“, fragte sie leise, damit Mokuba nicht gleich aufmerksam wurde.

„Hm?“ Angesprochener wandte sich ihr leicht zu.

„Wollen wir ins Bett gehen?“ Ein vielversprechendes Lächeln lag auf ihren Lippen.

Der Größere lächelte zurück. „Klar.“
 

Leise standen sie auf, Junko nahm Setos Hand in ihre, und sie trotten Richtung Flur.

„Nacht, Mokuba. Mach nicht mehr so lange“, sagte der Schwarzhaarige noch zu seinem Bruder und schloss dann die Tür hinter ihnen.
 

Der Kleinste blickte nur kurz auf, nickte und wandte sich dann wieder seinem Büchlein zu.

Es war nichts Neues, dass die Beiden einfach so verschwanden, und Mokuba war inzwischen auch alt genug, um zu wissen, dass er lieber nicht nachfragen wollte, warum.
 

Später am gleichen Abend kam auch Katsuya zu Hause an. Erschöpft seufzend, aber vor sich hinlächelnd zog er die Schuhe aus.

Der Abend mit Yuugi war mal wieder echt schön gewesen. So viel gelacht hatte er schon lange nicht mehr.

Wirklich schade, dass ihnen erst später eingefallen war, Anzu und Honda doch auch einzuladen.
 

Sein erster Weg führte Jou ins Bad, wo er sich erst einmal erleichtern musste – es war ihm immer etwas unangenehm auf öffentlichen Toiletten zu gehen -, dann entledigte er sich seiner Klamotten und stieg unter die Dusche.

Wie immer, wenn er unter dem warmen Strahl stand und seine harten Muskeln sich langsam erholten, ging er im Kopf die Geschehnisse des Tages noch einmal durch.

Diesmal blieben seine Gedanken, wer hätte es gedacht, bei Kaiba hängen.

Das heutige Treffen hatte erneut den Abend von vor ein paar Tagen in sein Bewusstsein gebracht. Allerdings war er diesmal nicht damit abgelenkt, einem von ihnen beiden die Schuld daran zuzuweisen. Nein, diesmal schoss ihm auf einmal die Frage in den Kopf, was er von der ganzen Sache eigentlich hielt.

War der Kuss denn wirklich so abartig gewesen, wie er heute morgen noch geglaubt hatte? Eigentlich war Kaiba ja gar kein so hässlicher Kerl.. – Aber immer noch ein Kerl! Man küsste doch keine Typen, wenn man selber einer war! Und vor allem dachte man nicht später darüber nach, ob es nicht vielleicht doch „okay“ war!
 

Jou schüttelte sich leicht, als ein Gefühl von Widerwillen durch seinen Körper zog.

Schnell wusch er sich fertig und flüchtete dann aus der Dusche.

Mann, wie eklig! Am besten verdrängte er die ganze Sache weit, weit hinten in seinem Gedächtnis, sonst würde er nie wieder Frieden finden!
 

Abwesend nickte Katsuya sich selbst bestätigend zu. Dann trocknete er sich ab und schlüpfte in sein schönes, weiches Bett.

Schnell einschlafen, dann konnte morgen endlich wieder alles seinen gewohnten Gang gehen.
 

Doch die alltägliche Routine wollte sich auch am nächsten Tag einfach nicht wieder einstellen.

Trotz allem befand sich Katsuya pflichtgemäß an seiner Arbeitsstelle und schliff eine Feinheit an einem Stuhlbein heraus. Es lief leise Musik in der Werkstatt und sein Meister summte am anderen Ende derselben das Lied mit.

Allerdings sollte er eigentlich vollauf konzentriert bei der Arbeit sein, und war das normalerweise auch, nur heute war irgendwie der Wurm drin.
 

Sobald er nicht aufpasste, wanderten seine Gedanken zu Kaiba. Er machte sich immer noch einen Kopf, ob er die Sache mit der Erpressung wirklich auf sich beruhen lassen sollte.

Das belauschte Gespräch ließ ihn einfach nicht los und auch Kaibas gereizter Ton..

Diese Stimmlage hatte er oft zu der Zeit gehört, als Dartz und seine Leute seine Firma klauen wollten. Und auch auf Battle Island.

Und der Blonde konnte sich noch gut daran erinnern, wie stur der Firmenchef zu dieser Zeit jegliche Hilfe von Yuugi und ihnen abgelehnt hatte, obwohl sie sie ihm angeboten hatten. Und nun sollte er sogar selber bei ihnen fragen?

Irgendwie bezweifelte er, dass Kaiba das wirklich tun würde.
 

Andererseits.. wie gesagt, Kaiba wollte eigentlich nie Hilfe, und von ihm würde er sie wohl erst recht nicht annehmen.

Außerdem erinnerte Jou sich mit leisem Murren daran, dass nie auch nur ein dankbarer Blick in ihre Richtung gewandert war, wann immer sie ihm geholfen hatten.

Wollte er da wirklich hingehen und anbieten, ihm zu helfen?
 

Katsuya schüttelte den Kopf. Nein, das wollte er nicht. Sollte der reiche Pinkel doch gefälligst selber kommen!

Mit einem selbstgefälligen Schnauben richtete er seine volle Aufmerksamkeit wieder auf den Stuhl vor sich, drehte ihn und bearbeitete dann das nächste Stuhlbein.

Aber er war viel zu neugierig, um die Sache einfach zu den Akten zu legen!
 

Verärgert zog der Blonde die Schultern an.

Und dieser Kuss… der ließ ihm auch keine Ruhe, egal wie sehr er ihn zu verdrängen versuchte!

Er wollte zu gerne wissen, was Kaiba dazu zu sagen hatte. Wenn er doch nur einfach hingehen und ihn zur Rede stellen könnte… Aber Kaiba war erstens zu stur und zweitens zu stark bewacht.

Gut, er könnte es ja jetzt in der Uni versuchen, aber er musste bis nach der Arbeit warten – was ihm jetzt schon schwer fiel – und dann auf Kaibas Zusammenarbeit hoffen – was er eigentlich gleich vergessen konnte.
 

Schwer seufzte der Blonde. Es war so hoffnungslos. Und es ließ ihn nicht los. Was tun!?

Yuugis Rat folgen und Kaibas Unwillen nachgeben?

Aber wer wäre er, wenn er nicht immer das Gegenteil von dem machen würde, was die anderen von ihm wollten!
 

Jou nickte zufrieden mit sich und seiner Entscheidung.

Jetzt musste er nur noch warten, dass der Tag vorbei ging.
 

Kaiba Seto saß unterdessen in seinem Büro in der Kaiba Corp. und tippte an einem neuen Spiel, an dem er gerade arbeitete.

Zur Uni würde er erst am Nachmittag gehen. Er war sowieso zumeist nur dort, um an seiner Masterarbeit zu basteln.

Die Vorlesungen waren eher nebensächlich, da er die Skripte selbst durcharbeiten konnte und vieles auch schon konnte.
 

Der Schwarzhaarige seufzte leise und strich sich mit der Hand durch die Haare.

Irgendwie war seine Konzentration heute nicht wie gewohnt. Dabei war er sonst, nach einer Nacht mit Junko, immer sehr entspannt und ausgeglichen.

Doch heute musste er zunehmend an Jounouchi denken.
 

Der Blonde wusste jetzt, dass etwas nicht stimmte, und das beunruhigte ihn sehr.

Wie er den vorlauten Kerl kannte, würde er es nicht einfach auf sich beruhen lassen. Er war ja schon überrascht gewesen, dass er gestern so wenig protestiert hatte.

Überhaupt hatte er sich nicht wirklich wie sonst verhalten. Oder eher gesagt, nicht so, wie er, Seto, es gewohnt war. Aber immerhin hatte er den Blonden schon einige Jahre nicht gesehen und vielleicht war er ja wirklich erwachsen geworden, so unwahrscheinlich das auch klingen mochte.

Und dennoch schien es nicht zu seinem Wesen zu passen, wegen des Telefonates nichts weiter zu sagen.

Na ja, sagte der Schwarzhaarige sich, vielleicht kommt das ja noch.

Das erschien auch gar nicht so abwegig, immerhin war da noch diese andere Sache, die zwischen ihnen stand.
 

Inzwischen hatte er das Ereignis hin und her gewälzt und wusste noch immer nicht, was er davon halten sollte.

Das Ganze war ziemlich spontan passiert, aber begeistert war er deswegen noch lange nicht. Gut, er wusste bereits seit einiger Zeit, dass er nicht ganz hetero war, oder eher, dass er sein eigenes Geschlecht um einiges dem anderen vorzog.

Das war ja auch der Grund, weswegen er überhaupt mit Junko zusammen war. Um seine männlichen Affären gut bedeckt zu halten.

Aber immerhin war der Mann, den er vor ein paar Tagen geküsst hatte, nicht irgendein Mann, sondern Jounouchi Katsuya.

Hatten sie sich nicht in ihrer Schulzeit noch leidenschaftlich bekämpft? Was war nur in ihn gefahren!? In was für ein Dilemma ihn das Ganze wieder gebracht hatte!

Er brauchte kein nerviges Blondchen, das ihm hinterher schnüffelte. Und erst recht keins, das ihm wie eine läufige Hündin nachjagte.

Und ja, er war sich sicher, dass es soweit kommen würde, sollte er Jounouchi auch nur in irgendeiner Weise ermutigen.
 

Nein, am besten war wirklich, ihn so weit wie möglich von sich fernzuhalten, koste es, was es wolle.

Schon alleine, damit nichts davon an die Presse geriet.

Die waren nämlich lange nicht zufrieden mit der Aussicht, nur noch über sein harmonisches Liebesleben mit Junko zu berichten.

Aber wenn die glaubten, dass er sich freiwillig opferte, konnten sie lange warten.
 

Als endlich der Abend über Domino hereinbrach, die Sonne noch immer am Himmel, aber nur noch sanftes Licht verbreitend, beendete Katsuya seinen Arbeitstag, packte seine Sachen und fuhr mit seinem alten Herrenfahrrad zur Technischen Universität Dominos.
 

Als er ankam, schlug sein Herz aufgeregt in seiner Brust und egal, wie sehr er sich auch bemühte, er konnte es nicht diesem dummen Trip abbringen, auf dem es anscheinend war.

Die Zimmernummer, die er sich gestern aufgeschrieben hatte, hatte sich inzwischen in sein Gedächtnis eingebrannt, so dass er nicht noch einen Blick auf den kleinen Zettel in seiner hinteren Hosentasche werfen musste, sondern gleich das Fahrrad an einen Ständer vor dem Haupteingang anschloss und dann losstiefelte.

Er konnte sich noch genau erinnern, wie er anfangs gelaufen war – auch das war er dutzende Male in Gedanken durchgegangen – und auch den Rest des Weges fand Jou erstaunlich einfach.
 

Kaum fünf Minuten später stand er vor der Tür mit der bekannten Nummer.

A124 leuchtete ihm entgegen.

Gespannt atmete der Blonde ein, zupfte schnell sein T-Shirt zurecht und klopfte dann. Nichts geschah.

Nach einer halben Minute unerträglichen Wartens klopfte er erneut. Wieder nichts.

Er trat näher an die Tür, legte sein Ohr daran und lauschte. Kein Ton war zu hören. Also probierte er, sie einfach zu öffnen.

Er drückte die Türklinke nach unten, aber nichts bewegte sich. Sie war abgeschlossen.
 

Gefrustet stöhnte Katsuya auf. Dann lehnte er sich mit dem Rücken an die Wand neben der Tür, schob die Hände in die Hosentasche und überlegte fieberhaft. War er hier wirklich richtig?

Nur zur Sicherheit – vielleicht hatte er sich die Nummer doch falsch gemerkt – kramte er den schon ziemlich mitgenommenen Zettel aus der Tasche, entfaltete ihn und las. A124. Klang richtig.

Doch nur, um wirklich ganz sicher zu gehen, verglich er die beiden Zahlen Ziffer für Ziffer.

Aber selbst danach blieben sie immer noch gleich. Er war hier richtig.

Also stopfte er den Zettel wieder in die Tasche und lehnte sich gegen die Wand.

Wenn er hier richtig war, wo blieb dann Kaiba? Vielleicht war er noch nicht da… Warum? Kam er dann noch?

Warum, konnte er sich noch vorstellen, immerhin hatte der Größere noch eine Firma zu leiten, aber ob er noch kommen würde, blieb abzuwarten.

Eigentlich war der Blonde viel zu hibbelig, um noch länger zu warten, aber was blieb ihm anderes übrig? Er wollte Kaiba sehen!

Mit einem Seufzen rutschte er an der Wand herunter und setzte sich.
 

Das Warten schien Katsuya schier unendlich. Er hatte es noch nie gemocht, lange untätig auf einem Fleck zu sitzen. Und hier gab es nichts Interessantes zu sehen, außer einem langen leeren Gang, ein paar Türen und seinen Schuhen.

Er war schon nach zehn Minuten dabei angekommen, an den Falten seiner Jeans zu zupfen, als plötzlich Schritte im Gang ertönten.

Sie kamen von rechts, wo der Gang wenig später endete und ein weiterer im rechten Winkel dazustieß.

Gespannt sah der Blonde auf, lauschte den näher kommenden Schritten und wollte schon aufstehen, denn falls das Kaiba war, wollte er auf keinen Fall zu seinen Füßen sitzen, aber kurz bevor der Neuankömmling um die Ecke kam, war er zu der Überzeugung gekommen, dass das nicht der Brünette – nein, nun Schwarzhaarige – war. Die Schritte waren zu leicht und zu kurz für den Firmenchef.

Also blieb er sitzen, war aber dennoch nicht weniger gespannt.
 

Das Gesicht, das er dann sah, war ihm vollkommen unbekannt.

Der Junge war etwa in ihrem Alter, also wahrscheinlich Student, hatte dunkelbraune Haare, eine leichte Brille mit dünnem Rahmen und eckigen Gläsern, außerdem war er geschätzt etwas kleiner als der Blonde selbst, schlank und hatte ein nichtssagendes Gesicht – ganz hübsch, aber eben nichts Außergewöhnliches.
 

„Oh.. hi“, sagte der Kerl und schien nicht weniger überrascht, ihn dort sitzen zu sehen. Was ihn aber nicht davon abhielt, zu lächeln und weiter näher zu kommen.

Etwas schräg von dem Blonden blieb er stehen und sah ihn neugierig an. „Wartest du auch auf Aoyama?“
 

Aoyama? Katsuya standen einen Augenblick Fragezeichen in den Augen. Meinte der Typ Kaiba damit?

Musste wohl so sein, immerhin würde der Firmenleiter wohl kaum jemand anderen in seinem Zimmer mitarbeiten lassen..

„Äh, ja..“, antwortete er deshalb unsicher. Und noch während er das sagte, wurde ihm auf einmal einiges klar.

Kaiba war an der Uni unter falschem Namen. Mit gefärbten Haaren, Kontaktlinsen und absolut untypischen Klamotten. Er wollte anonym hier sein!

Ein Glück, dass Jou da noch drauf gekommen war und ihn somit nicht verraten hatte, was ja gar nicht mal so typisch war.

Jetzt fragte er sich allerdings schon, warum Kaiba nicht als er selbst hier studierte..
 

Doch der Braunhaarige vor ihm sollte ihm keine Zeit zum Nachdenken lassen. „Ich wusste gar nicht, dass er Freunde hat..“, meinte er gerade und sah den Sitzenden mehr als verwundert an.

Wie automatisch zog der Blonde seine Schultern hoch und blickte finster. „Ich würde uns nicht als Freunde bezeichnen“, sagte er abwehrend. Nicht, dass er Kaiba noch hasste, aber Freunde waren sie nun wirklich nicht.

„Oh“, machte der Andere. „Und wieso bist du dann hier?“

„Kann ich nicht sagen.“ Katsuya blickte abweisend auf seine Schuhe und sah nach einem Moment wieder auf, dem Brünetten in die Augen. „Dasselbe könnte ich dich aber auch fragen. Bist du mit ihm befreundet!?“

Aber der Student hob abwehrend die Hände. „Nee, ich bin nur hier, um ihm was auszurichten.“
 

Katsuya nickte kurz und sah dann zur Seite. Er hatte das Interesse an dem Gespräch verloren.

Irgendwie war ihm der Typ nicht ganz geheuer. Vor allem weil er ihm in den nächsten Minuten, in denen sie warteten, ständig neugierige Blicke zuwarf.

Als würde er dadurch irgendein Geheimnis aufdecken können. Als wäre er Kaibas geheimer Lover oder was man sonst so Schreckliches verbergen konnte.

Jou zog weiter die Schultern hoch und starrte stur den Fußboden an. Er fühlte sich ganz und gar nicht wohl hier. Nicht nur, dass Kaiba ihm höchstwahrscheinlich den Kopf abreißen würde, sobald er hier war, dieser komische Kerl machte ihn zunehmend nervöser.
 

Zum Glück musste er die Tortur nicht mehr lange aushalten, denn schon kurz darauf waren wieder Schritte zu hören. Sichere, ausgreifende Schritte, die schnell näher kamen.

Der Blonde schaffte es gerade so, auf die Füße zu kommen, als Kaiba schon um die Ecke trat.

Einen Moment sah er erstaunt aus über den Andrang vor seinem Zimmer. Doch er fing sich schnell wieder und blieb vor dem fremden Jungen stehen. „Was willst du, Yayoi?“, fragte er ihn mit kaum verborgener Unfreundlichkeit. Offensichtlich freute Kaiba sich nicht wirklich, ihn zu sehen.

Doch der Brünette zuckte nur mit den Schultern und sagte: „Ich soll dir was ausrichten von unserem Professor. Es ist unbedingt notwendig, dass du morgen gegen 16 Uhr da bist, sonst klappt es wohl nicht mit deiner Masterarbeit.“ Dabei warf er ihm einen durchdringenden Blick zu.

Der Schwarzhaarige nickte nur ausdruckslos. „Ich werde da sein“, meinte er und wandte sich dann dem Blonden zu, der das Schauspiel bisher stumm beobachtet hatte. „Und was machst du hier!?“, fragte er nun diesen mit erhobener Augenbraue.

Jou zog ärgerlich die Schultern hoch und funkelte ihn an. „Wir müssen reden.. Aoyama“, sagte er.
 

Kaiba sah ihn einen Moment eindringlich an, nickte dann kaum merklich und drehte sich der Tür zu, um sie aufzusperren. Danach trat er ein, ließ aber die Tür hinter sich offen.

Katsuya warf noch einen kurzen Blick auf Yayoi, der noch immer dastand, ihm einen Blick á la „So ist er halt..“ zuwarf und sich dann zum Gehen abwandte.

Er selbst blickte wieder zur Tür, atmete einmal tief ein und trat dann in Kaibas kleines Technikreich.
 

Der Größere hatte inzwischen seine, für ihn untypisch kurze, Jacke ausgezogen und an einen Haken gehängt. Nun sah er den Eintretenden mit verschränkten Armen an. „Was willst du?“, fragte er unfreundlich.

Sofort fühlte sich Jou an frühere Zeiten erinnert. Aber er hatte keine Lust, wieder in alte Muster zu verfallen. Eigentlich hatten ihm die letzten Male, als Kaiba zur Abwechslung mal halbwegs erträglich gewesen war, recht gut gefallen.

Was dem alten Geldsack wieder für eine Laus über die Leber gelaufen war, war ihm auch relativ egal, aber er sollte es nicht immer an ihm auslassen!
 

„Kaiba“, sagte er und seufzte leise, sah ihn von unten her forschend an. „In was für Probleme hast du dich nun wieder gebracht, dass du keinen um Hilfe bitten kannst?“

Die Miene des Schwarzhaarigen verzog sich augenblicklich zu einem bösen Blick. Hatte er doch gewusst, dass Jounouchi deswegen nochmal kommen würde! „Das geht dich nichts an. Und ich würde dich bitten, dich in Zukunft aus meinen Angelegenheiten rauszuhalten!“, zischte er. Dann drehte er sich um und fing an, an einer seiner Gerätschaften rumzubasteln. Für ihn war das Gespräch offensichtlich beendet.

Jou sah das allerdings etwas anders. „Es war klar, dass du das sagen würdest“, meinte er etwas resignierend, aber noch lange nicht aufgebend.

„Es war klar, dass du zu stur bist, um es auf sich beruhen zu lassen“, antwortete Kaiba bitter und blickte den Blonden kurz finster an, bevor er sich wieder seiner Arbeit zuwandte.

Der Kleinere entschied sich, die Aussage nicht weiter zu beachten. „Wenn es schlimm genug ist, dass du dich betrinken musst, kann ich das kaum ignorieren“, erklärte er stattdessen mit einem Schulterzucken.
 

Endlich hörte der Schwarzhaarige auf, an einem Teil rumzufummeln, das wie ein kleines Auto mit einer Menge heraushängender Kabel aussah, und richtete sich auf, um Jou erneut anzufunkeln. „Wie ich schon sagte, es geht dich nichts an. Es sind immer noch meine Probleme und wenn ich Hilfe brauche – was ich nicht werde! – dann melde ich mich schon. Aber vielen Dank für deine Anteilnahme“, spuckte er sarkastisch.

Katsuya verschränkte ebenfalls die Arme und funkelte zurück. „Und wir alle wissen ja, dass du im um Hilfe fragen ein wahres Genie bist.“ Er schnalzte abwertend mit der Zunge. „Als ob du nicht viel zu stolz wärst, um daran auch nur zu denken!“ Es brachte ihn wirklich zum Rasen, was für ein sturer Esel der Andere war! „Also, hör mal zu, Kaiba“, sagte er dann etwas ruhiger und blickte den Größeren ernst an. „Es ist mir egal, was das für Schwierigkeiten sind, in denen du steckst, aber ich weiß jetzt davon, und deswegen werde ich dir helfen, ob du willst oder nicht. – Du kannst dich natürlich dagegen wehren..“, der Blonde grinste ihn an, „aber so schnell wirst du mich nicht loswerden, und du weißt, wie nervig ich sein kann..“ Das Grinsen wurde breiter. „Also wäre es besser, wenn du mir ein bisschen was erzählst. Je schneller wir die Sache hinter uns bringen, desto schneller bist du mich wieder los!“
 

~*~ Kapitel 3 – Ende ~*~
 

Ich bedanke mich fürs Lesen ^^~
 

Puh, ich bin so froh, dass ich das Kapitel auch endlich geschafft habe. Inzwischen ist schon wieder so viel Zeit vergangen.. Aber ich habe echt ewig hin- und hergeschrieben. Immer mal was weggestrichen und neu formuliert usw. Inzwischen weiß ich gar nicht mehr, ob es nun gut geworden ist oder eher nicht. Umso mehr bin ich auf eure Kommentare gespannt. Ich hoffe, es war interessanter als das letzte, das ja leider nicht so viel Anklang gefunden hat.? – Bis zum nächsten Mal *smile*



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  vulkanier2
2008-11-23T18:44:50+00:00 23.11.2008 19:44
ein tolles kapitel. eine gute idee, das seto studiert. aber mehr gespannt bin ich was für probleme er hat. freu mich auf dein nächstes kapitel. würdest du mir eine ENS schreiben, wenn es weitergeht?
Von:  kuestenfee1
2008-11-14T14:40:58+00:00 14.11.2008 15:40
Das Kapitel gefällt mir auch.
Aber ich habe so das Gefühl, als wenn dieser Professor ezwas mit Setos derzeitiger Situation zu tun hat.
Freue mich auf jeden Fall schon auf das nächste Kapitel.

lg kuestenfee


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