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Schicksalhafte Begegnung

von

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Ein Geheimnis wird gelüftet (Raphaels Sichtweise)

Ich hatte Rachel bereits gehört, als sie die Kellertüre öffnete.

Mir war klar gewesen, dass ich mich mit meiner Aktion von vorhin im Wald so gut wie verraten hatte. Aber was sollte ich machen? Hätte ich sie eher dem Bären zum Opfer fallen lassen sollen? Das konnte ich mit einem ganz klaren NEIN beantworten. Ich wollte die Frau, die ich liebte nie wieder so verlieren!
 

Schließlich war sie seit langer Zeit die erste Frau, die aufrichtiges Interesse in mir hatte wecken können. Außer Mary und Joshua war sie der einzige Mensch, der ohne jegliche Anzeichen von natürlicher Furcht mit mir redete, es sogar in meiner Nähe aushielt.

Das ihr die Kälte meiner Haut aufgefallen war, war mir ebenso klar. Ich hatte sie heute oft genug berührt.
 

Ich wusste genauso gut, was der Pater ihr erzählt haben musste, ich hatte es immerhin in ihren Gedanken gelesen. Das war mit eines der Wunder, die mich nach der endlosen Zeit, die ich nun auf der Welt verbrachte, noch überraschte. Es war nicht alltäglich für meinesgleichen, die Gedanken der Sterblichen zu vernehmen. Es passierte auch nur sehr selten und das war für mich ein weiterer Beweis, dass ich ihr vertrauen und mein Herz schenken konnte.
 

Ich hatte gewusst, was ihr bei dem Kuss auf der Lichtung durch den Kopf gegangen war, hatte die Erinnerungen an diesen unerträglichen Betrug gesehen, der mich schon fast dazu verleitete, diesen Kerl aufzusuchen und in Stücke zu reißen! Aber ich musste mich beherrschen. Schließlich musste ich an wichtigster Stelle erst einmal herausbekommen, was Rachel nun wusste. Und ich würde ihr die Wahrheit sagen. Denn scheinbar war diese Frau allein für mich bestimmt und ich würde sie auch nicht mehr hergeben.
 

Ich bewegte mich lautlos auf Sie zu, sah um die Biegung des Ganges, beobachtete, wie sie in die einzelnen Räume sah und folgte ihr weiter. Ich würde dafür sorgen, dass sie mich fand. War sie wirklich meine zukünftige Gefährtin?

Dieser Gedanke brachte mich zum lächeln und ich überlegte, dass ich dies seit ihrer Ankunft oft tat. Dies gefiel mir. Ich hatte seit Mirandas Tod nicht mehr gelächelt.
 

Ich spürte grade noch rechtzeitig, dass sie näher kam. Wenn ich sie also wirklich erst unten treffen wollte, an meinem Rückzugspunkt, dann musste ich ihr den Weg zeigen. Ich öffnete die Türe und ließ sie ein wenig Quietschen, dann ging ich die Treppe hinunter, in den Raum hinter den Verliesen. Und dort wartete ich.
 

Je näher Rachel kam, umso lauter hörte ich ihr Herz schlagen. Sie schien nervös zu sein, vielleicht auch ängstlich. Ich setzte mich hinter den Schreibtisch und wartete, fast gänzlich im Halbdunkel des Raumes verborgen. Sie stand jetzt direkt vor der Türe. Dann drückte sich die Klinke hinunter und sie trat ein. Verwirrt sah sie sich um. Sie wusste, dass ich hier sein musste, sie hatte schließlich die Geräusche gehört, die ich mit voller Absicht gemacht hatte.
 

Sie sah staunend zu den vielen Büchern und lief ohne zu zögern auf sie zu, die Buchrücken studierend. Laut ihrer Gedanken, war sie sehr begeistert. Ich beschloss, ihr den Spaß ein wenig zu lassen und mich zunächst im Hintergrund zu halten. Dann fand sie das Buch mit meiner Familiengeschichte und wollte es aufschlagen.
 

Da ich ihr lieber selbst alles über mich erzählen wollte, stand ich auf und stellte mich hinter sie, wobei ich mit meinem Gesicht ihrem Nacken so nahe kam, dass sie meinen Atem auf ihrer Haut spüren konnte. Sie bekam wieder eine Gänsehaut und ich schmunzelte innerlich, als sie sich ruckartig umdrehte und dabei gegen mich stieß. Erschrocken taumelte sie zurück.
 

„Vorsicht, wir wollen doch nicht, dass du dich noch verletzt.“ Sacht nahm ich ihre Hand und schob sie vor mir her auf eine kleine gemütliche Sitzgruppe zu, die vor dem obligatorischen Kamin stand. Dann nahm ich ihr gegenüber Platz, bereit, ihre Fragen zu beantworten, denn ich wusste aus ihren Gedanken, dass sie sich schon wieder gefangen hatte.
 

Sie setzte sich ein wenig bequemer hin, zog die Beine auf die Sitzfläche und wieder einmal bemerkte ich, dass sie kaum Angst vor mir hatte. Sie konnte sich wirklich gut beherrschen. Fast wäre ich in ihrem wunderschönen Anblick versunken, wenn sie nicht mit mir gesprochen hätte.
 

„Könntest du wohl BITTE damit aufhören, dich immer so an mich anzuschleichen?“ fauchte sie, fast wie eine Katze, als sie mich zu Recht wies.

„Entschuldige, manchmal fällt es mir schwer, mich daran zu gewöhnen, dass noch jemand hier ist.“

„Schon gut.“ Sie lächelte zaghaft. Das gefiel mir. Sie zeigte wirklich keine Anzeichen von Angst.

„Was tust du hier unten?

„Ich habe nach dir gesucht. Und nachdem ich oben so ziemlich alles abgesucht hatte, wollte ich noch in der Küche nachsehen. Dabei ist mir dann die offene Türe zum Keller aufgefallen und ich bin dem Gang gefolgt, bis zur nächsten offenen Tür.“

„Vielleicht wollte ich ja einfach keine Gesellschaft und bin darum hier unten?“

„Vielleicht ist mir das aber total egal, weil ich einige Fragen an dich habe?“

„Und was bringt dich zu der Annahme, dass ich sie dir beantworten werde?“

„Ganz einfach: Du bist ein Vampir und wirst dafür sorgen wollen, dass ich nicht darüber reden werde.“
 

Natürlich hatte sie es herausgefunden. Schließlich war sie eine intelligente junge Frau und mir ebenbürtig. Was hatte ich erwartet?
 

„Ok, was für Fragen?“

Sie blinzelte überrascht, wahrscheinlich hatte sie damit gerechnet, dass ich alles abstreiten würde.

„Also stimmt es?“

„Was?“

„Das du ein Vampir bist.“

„Ja.“

„Und du sagst es mir einfach so? Du leugnest es nicht?“

„Nein.“ Wie sollte ich auch, sie wusste es ja bereits.

„Warum tust du es denn?“

„Weil du mir gehörst und ein Recht darauf hast, es zu wissen.“
 

Sie sah mich absolut perplex an. Höflichkeitshalber hatte ich mich aus ihren Gedanken heraus gehalten und tat es auch jetzt noch. Deshalb wartete ich, bis sie sich von ihrer Überraschung erholte. Eigensinnig streckte sie ihr Kinn vor und funkelte mich böse an.
 


 

„Ich gehöre dir nicht!“

„ Oh doch, dass tust du.“

„Und warum bitte?“

„Diese Frage beantworte ich dir später. Aber kommen wir doch lieber erstmal zu den anderen Fragen, die du mir sicherlich gerne stellen würdest.“

Ich wusste, dass sie nicht locker lassen würde, bis ich ihr die komplette Wahrheit erzählte, doch ich war auf die anderen Fragen gespannt.

„Also gut. Du bist also ein Vampir. Soweit sind wir bereits. Wie alt bist du?“

„25.“

„Dann bist du noch nicht so lange Vampir?“

„Du hast nicht gefragt, wie lange ich bereits 25 bin.“ Ich lächelte, als sie einen absolut verwirrten Blick bekam.

„Ähm… o- ok… wie… also wie lange schon?“

„Seit über 30 Jahren. Noch nicht wirklich lange, aber wenn man überlegt, dass ich nie älter als 25 sein werde, ist das doch schon eine lange Zeit.“

„Aber wer hat dich damals verwandelt?“

Ich zögerte, doch dann antwortete ich: „Es war mein Bruder, Dominic.“
 

Einige Zeit herrschte Stille zwischen uns. Scheinbar musste sie erst einmal ihre Gedanken sammeln. Ich konnte nicht anders, ich musste wissen was sie dachte:

„Das verschwundene Mädchen, seine Verlobte …seid 30 Jahren … Es war sein Bruder …“. Dann sah sie mich wieder an und kam schließlich zu mir herüber. Direkt vor mir blieb sie stehen und sah mich abschätzend an. Ich erwiderte ihren Blick offen.
 

„Warum lässt ein Vampir es zu, dass sich Menschen in seiner Nähe aufhalten?“

„Warum nicht? Nur weil ich anders bin, heißt es doch nicht, dass ich mich verstecken muss. Außerdem tut es manchmal gut, nicht alleine zu sein. Mary und Joshua kennen mich seid meiner Kindheit und waren immer für mich da.“

„Das heißt, sie sind ebenfalls Vampire?“

„Nein, sie sind Menschen, genau wie du, Rachel.“

Sie zögerte. Doch dann sagte Sie: „Aber was ist mit dem Mädchen? Deiner Verlobten.“

Ich wusste, dass ich ihr nichts verheimlichen konnte und es auch nicht wollte. Also begann ich ihr alles zu erzählen.

„Ja es stimmt, Miranda war meine Verlobte und ja sie war genau wie du ein Mensch.“

Ich konnte in ihren Gedanken lesen, dass sie erschauderte.

Dann fragte sie zaghaft:

„Warum bin ich noch am Leben?“

Mit einer schnellen, für sie nicht wahrnehmbaren Bewegung, hatte ich sie auf meinen Schoß gezogen und die Arme um sie gelegt, drückte sie an mich und sah ihr fest in die Augen.
 

„Mary und Joshua leben schließlich auch noch. Außerdem habe ich Miranda nicht getötet und ich werde auch dich nicht töten. Es sei denn, du möchtest gerne sterben.“

„Natürlich nicht. Aber wenn ich so über all das nachdenke, was ich über Vampire weiß, dann fällt mir als erstes ein, dass ihr Blut trinken müsst, um zu existieren.“

„Das ist wahr. Allerdings töte ich keine Menschen, nur um meinen Hunger zu stillen. Erinnerst du dich an das Geschehen damals im Wald?“

„Ja, du hast von einem Reh getrunken. Ernährst du dich von Tierblut?“

„Ja“, sagte ich kurz.

„Aber was ist dann mit ihr geschehen? Warum wurde sie nie gefunden?“, fragte sie zögernd.

Ich konnte ihre Zurückhaltung spüren; nicht aus Angst, sondern aus Mitgefühl.
 

Ich stockte, überlegte kurz und sagte: „Sie wurde von einem Bären getötet. Im Labyrinth. Ich konnte sie nicht retten.“

Ihr Blick hätte mich schock frieren müssen.

Sie sah mich einfach nur an und sprach dann mit zitternder Stimme weiter: „Aber du hast mich doch auch vor einem Bären gerettet. Warum konntest du sie nicht beschützen?“

„Ich war damals noch kein Vampir. Ich wurde erst nach ihrem Tod zu dem Monster, was ich heute bin.“

„Du kommst mir gar nicht wie ein gefährliches Wesen aus der Hölle vor. Du leidest. Du hast sie wirklich geliebt.“

Ich antwortete nicht, konnte aber in ihren Gedanken lesen, dass sie verstand.

„Was ist mit deiner Familie?“

„Unsere Unterhaltung über meine Familie hat zum Teil gestimmt, schließlich wollen sie nicht hier wohnen oder eher gesagt, sie sind nicht mehr in der Lage dazu. Es gibt nur noch mich und meinen Bruder, Dominic.“

„Und wo ist er?“

„Ich weiß es nicht. Wir haben uns vor meiner Verwandlung gestritten. Seid dem habe ich ihn nicht mehr gesehen.“

Wieder konnte ich die Traurigkeit spüren, die von ihr ausging, als ich ihr die Wahrheit über meine Familie sagte. Ich sah nochmals in ihre Gedanken, ich konnte einfach nicht anders, zu groß war die Angst sie könnte mir nicht glauben: „Sein Bruder, Dominic …. Gestritten, warum? Lebt er noch und wenn ja wo? …“
 

Ich musste die Stille unterbrechen. Ich konnte einfach nicht riskieren, dass sie weiter über Dominic nachdachte. Nicht nachdem, was er Miranda angetan hatte …

„Ich bin nicht traurig darüber. Wir haben uns nie gut verstanden. Möchtest du noch mehr wissen?“

Sie räusperte sich und fragte: „Wie sieht es mit den üblichen Mythen aus? Kreuzen, Knoblauch und Sonnenlicht?“

„Hm, über solche Dinge kann ich nur noch lachen. Ich gehe nicht in Rauch auf, wenn die Sonne mich trifft. Es ist unangenehm und brennt, vergleichbar mit einem Sonnenbrand, aber wirklich gefährlich ist es nicht. Auch Kreuze und Knoblauch stören mich in keinster Weise. Und ich schlafe auch nicht in einem Sarg, sondern in einem ganz normalen Bett.“
 

Sie lächelte zaghaft und kuschelte sich fester an mich.

„Ist deine Neugier befriedigt?“

„Noch nicht ganz.“

„Was denn noch?“

„Du hast mir noch nicht erzählt warum ich dir gehöre.“

„Das könnte eine etwas längere Geschichte werden.“ sagte ich zögernd.

„Nur zu, ich hab grade nichts anderes vor und du hast gesagt, ich habe ein Recht darauf es zu erfahren.“
 

Ich gab mich geschlagen. Schließlich hatte sie recht und sie auch nach den bisherigen Geständnissen noch völlig. Warum sollte sie es nach diesem nicht mehr tun. Ich strich weiter über ihren Rücken und begann mit der Erklärung.
 

„Vampire sind Einzelgänger. Es ist selten, dass sie jemandem vertrauen, geschweige denn Menschen in ihrer näheren Umgebung akzeptieren. Wir sind verschrien als Monster, als das Böse schlechthin. Da ist es nicht sonderlich einfach, sich zu binden, zumal die Leute instinktiv Angst vor uns haben und zurückschrecken, schon allein wegen der Temperatur unserer Haut. Naja, jedenfalls kommt es manchmal vor, dass wir die Gedanken einer Person in unserer Nähe hören können, so klar und deutlich, als wären es unsere eigenen.

Außerdem entwickeln wir ein unwillkürliches Vertrauen zu diesen Personen und schenken ihnen sogar unser Herz. Das sind unsere Seelengefährten. Diese Personen reagieren dann genauso auf uns. Haben sich Seelengefährten einmal gefunden, trennen sie sich nie wieder, sie bleiben zusammen bis in alle Ewigkeit und niemand wird das Band zerstören können, dass sie geknüpft haben.“
 

Sie drückte sich ein wenig weg von mir und sah mir in die Augen, machte mich damit fast verrückt, denn ich sah in ihren die gleichen Gefühle für mich, die ich für sie empfand.

Ich umrahmte ihr Gesicht mit meinen Händen und lehnte meine Stirn gegen die ihre.
 

„So war es auch bei dir. Ich konnte deine Gedanken hören Rachel, genauso wie ich deine Gefühle spüren konnte. Und du hast auf mich reagiert, meine Berührungen genossen und dein Herz für mich geöffnet. Das weiß ich. Und es macht mich glücklich. Du bist meine Seelengefährtin. Aus diesem Grund gehörst du mir.“
 

„Aber warum bist du mir dann aus dem Weg gegangen?“

„Ich hatte Angst. Ich hatte Angst, ich könnte dich verlieren oder dich töten. Ich habe so was noch nie erlebt. Ich musste erst vollkommen sicher gehen, dass du wirklich meine Auserwählte bist.“

Ihre Augen glänzten, ihre Wangen waren leicht gerötet und sie sah noch schöner aus, als sie es von Natur aus war. Ich konnte nicht anders, eine tiefe Zärtlichkeit durchströmte mich und erfüllte mein ganzes Sein. Doch eine Frage musste ich ihr stellen, die Frage, die über unsere Zukunft entscheiden würde.
 

„Rachel, ich werde dich nach all dem nicht dazu zwingen, bei mir zu bleiben. Ich überlasse dir die Entscheidung. Ich weiß, dass du sehr enttäuscht und verletzt wurdest, aber ich verspreche dir, bei allem, was mir heilig ist, dass ich dich nie, niemals hintergehen und verletzen werde. Und ich werde nicht zulassen, dass dir irgendetwas geschieht.

Möchtest du bei mir bleiben?“
 

Ich hatte zugegebener maßen Angst vor ihrer Antwort und das Szenario, wie sie sich von mir abwandte, weglief und ihre Sachen packte, um aus meinem Leben zu verschwinden, ließ mein Herz vor Trauer fast überlaufen. Ich konnte ihr nicht in die Augen sehen, darum senkte ich den Kopf.
 

„Nach dem, was du mir gerade erzählt hast, kann ich dir nicht entkommen. Egal, wie ich es versuchen würde es ginge nicht oder?“

„Nur, wenn ich dich frei gebe.“

„Würdest du das tun?“

„Wenn du mich darum bittest, werde ich dir diesen Wunsch gewähren. Ich liebe dich so sehr, ich kann es nicht ertragen, dich unglücklich zu sehen.“

„Raphael, ich … ich brauche Zeit. Das ist zuviel für mich. Bitte lass mir Zeit meine Gedanken zu sammeln.“

„Ich gebe dir alle Zeit der Welt, Liebste.“

„Danke.“ Mit diesen Worten erhob sie sich und kehrte ohne einen weitern Blick in ihre Gemächer zurück.
 

Was hatte ich denn erwartet? Das sie mich umarmte und küsste? Ja, vielleicht. Aber tief in meinem innersten wusste ich, dass ich das unmögliche von ihr verlangte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2008-07-22T16:55:33+00:00 22.07.2008 18:55
aha, ende der ausflüchte^^


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