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Schicksalhafte Begegnung

von

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… und einer Enddeckung, die mein Leben verändern würde

Die Angst saß mir noch immer in den Knochen. Ich konnte nicht klar denken und wollte nicht darüber sprechen, was eben geschehen war. Raphael akzeptierte dies und verließ mich in der Eingangshalle. Ich merkte nicht einmal, wohin er ging, denn dazu waren meine Gedanken viel zu durcheinander. Ich verkroch mich in meinem Zimmer und setzte mich vor den Kamin auf den Boden, angelehnt an die Couch.
 

Unbewusst hatte ich die gleiche Haltung eingenommen, wie vor kurzem im Wald. Wieder fragte ich mich, wie ein einzelner Mann in der Lage sein konnte, einen Bären zu verscheuchen, der grade dabei war, sich sein Mittagessen zu sichern und das ohne Gewähr oder eine andere Waffe …
 

Das alles ließ mich wieder an die Begegnung mit dem Pfarrer denken. Diese ganzen Mythen über Vampire und blutleere Leichen hatten meine Phantasie angeregt. Und doch sagte mir irgendetwas, das es vielleicht wahr sein konnte, dass Raphael wirklich ein Vampir sein könnte.
 

Ich überlegte, was ich über ihn wusste.

Zunächst einmal lebte er hier in fast völliger Abgeschiedenheit. Scheinbar kam er mit Menschen nicht gut klar, was auch erklärte, warum in einem so riesigen Schloss grade mal zwei Angestellte lebten und arbeiteten.
 

Ich erinnerte mich wieder an die erste Begegnung, als er ohne jedes Geräusch im Zimmer gestanden hatte. Normalerweise hörte man immer etwas, egal, wie leise ein Mensch sich auch bewegen mochte. Doch seine Bewegungen waren von einer solchen Geschmeidigkeit und Eleganz gekennzeichnet, dass er mich an ein Raubtier erinnerte.
 

Auch sein übermäßig gutes Aussehen würde in das Bild eines Vampirs passen. Schließlich mussten sie ihren Opfern doch irgendeinen Anreiz bieten, damit diese sich bereitwillig mit ihnen abgaben, ohne von vorneherein die Flucht zu ergreifen.
 

Man sagte zwar, Vampire wären Seelenlose, untote Körper, aber er atmete. Das hatte ich schließlich aus erster Hand mitbekommen. Warum also sollte jemand, der doch schon tot ist, unbedingt atmen? War es etwa ein einfacher Anpassungsversuch, damit er nicht auffiel? Um die Menschen in seiner Umgebung in Sicherheit zu wiegen?
 

Außerdem sprach auch seine übermäßig kalte Haut für seine Identität als Vampir.
 

Aber was war mit dem Trinken von Blut? Sagte man nicht im Allgemeinen, dass Vampire das Blut von Menschen brauchten um zu überleben? Pater Ninian hatte mir doch erzählt, dass hier in der Gegend viele Menschen verschwunden und später ohne jeden Tropfen Blut gefunden wurden waren. Konnte Raphael etwas damit zu tun haben?
 

Dann fiel mir das Geschehen im Wald wieder ein. Ich glaubte, nein, ich wusste, dass ich Raphael dort gesehen hatte, wie er das Blut des Rehs trank. Er konnte die Menschen also nicht umgebracht haben. Aber warum trank er Tierblut und wer war es sonst gewesen?
 

Und die Sache mit dem Bär heute im Wald. Konnte es möglich sein, dass Raphael einem Bären an Kraft ebenbürtig, wenn nicht sogar überlegen war? Der Aufprall, den ich gehört zu haben glaubte, würde dazu passen. Aber konnte er das wirklich getan haben?
 

Die wichtigste Frage jedoch war: Warum um alles in der Welt lebte ich noch? Stellte meine Anwesenheit nicht eine Gefahr für ihn dar? Musste er nicht damit rechnen, dass ich gegebenenfalls meine Entdeckungen anderen Menschen mitteilen würde?
 

Ok, welcher normale, vernünftig denkende Mensch würde mir solche Sachen glauben? Die Leute würden wahrscheinlich einfach denken, dass mir die Luft hier oben nicht bekommen war oder dass ich mir den Kopf angeschlagen hatte.
 

Je mehr ich jedoch darüber nachdachte, umso sicherer wurde ich. Ich wollte es herausfinden und würde ihn deshalb mit meinen Überlegungen konfrontieren. Er hatte mir bisher nichts getan, warum sollte er es jetzt tun? Oder wollte er mir heute im Wald das Leben nehmen und ich bin ihm nur zuvor gekommen?
 

Und dann war da noch das Mädchen, seine Verlobte, die nie wieder gefunden wurde. Was hatte es damit auf sich??? Ich musste es herausfinden. Sonst würde ich verrückt werden.
 

Ich stand auf, ging ins Schlafzimmer, um mir frische Sachen anzuziehen und bürstete noch schnell meine Haare, die arg zerzaust aussahen. Zwar war ich nicht übermäßig eitel, doch auf mein Erscheinungsbild hatte ich schon immer geachtet. Dann verließ ich mein Zimmer und machte mich auf die Suche nach meinem angeblichen Vampir.
 

Ich suchte alle Räume ab, die sowohl oberhalb, als auch unterhalb meiner eigenen Gemächer lagen, doch ich konnte Raphael nirgendwo entdecken. Ich ging hinunter in Richtung der Wirtschaftsräume und wollte grade die Küche betreten, als ich sah, dass ein Stückchen den Gang entlang die einzige andere Türe, außer der Vorratskammer und der Küche nur angelehnt war und ein sanfter Lichtschein heraus fiel. Neugierig, wie ich war, musste ich einfach einen Blick hinein werfen.
 

Als ich die Türe aufschob, blickte ich auf eine Steintreppe, die scheinbar nach unten, zum Keller führte. Der Lichtschein stammte von Fackeln, die, wie vor Jahrhunderten, den Weg erhellten. Aufgeregt trat ich auf die erste Stufe, dann auf die Zweite, die Dritte und schließlich lief ich die gesamte Treppe hinunter. Am Fuße angekommen stand ich in einem endlos langen Gang, von dem hier und da mal eine Türe abging. Es waren alte Holztüren mit Gitterfenstern darin, fast wie Zellentüren in alten Ritterfilmen.
 

Ich trat zur ersten Tür und warf einen Blick in den Raum dahinter. Ein kleiner, dunkler Abstellraum, mit abgedeckten Möbeln, denn ich konnte Tische, Stühle und andere Gegenstände erkennen. Nichts Interessantes also. Auch hinter den nächsten drei Türen fand ich nur alte Möbelstücke.
 

Der Gang machte eine Biegung und die Fackeln waren nun spärlicher gesät. Das bedeutete größere Dunkelstücke, die mir einen Schauer über den Rücken laufen ließen. Immerhin war es furchtbar still hier und es war recht kalt. Perfekte Gruselstimmung. Auch die Spinnweben an der Decke passten dazu. Wenigstens blieben deren Bewohner aus meinem Sichtbereich.
 

Hier gab es noch weniger Türen als vorher und die meisten sahen so unbenutzt aus, wie es nur ging. Scheinbar waren sie für eine lange Zeit nicht mehr geöffnet worden.

Die gesamte Bedeckung mit Staub und Spinnweben sprach dafür. Ein Geräusch ließ mich zusammenzucken. Es klang wie das Quietschen eines Scharniers. Weiter hinten im Gang stand eine der Türen halb offen. Vermutlich kam das Quietschen von dort.
 

Ich ging vorsichtig auf die Türe zu, meine Nackenhaare stellten sich auf und eine Gänsehaut überzog meinen Körper. Die Stimmung wurde immer unheimlicher…

Ich öffnete die Türe ganz - nicht ohne vorher tief Luft zu holen – und sah… nichts.

Gut, nichts stimmte nicht ganz, denn hier führte eine weitere Treppe noch tiefer hinunter. Ich überlegte, wie weit es hier hinunter ging.
 

Mir selbst Mut zu sprechend, nahm ich auch diese Treppe in Angriff, die mich noch tiefer in die Eingeweide von McGalway Castle bringen sollten. Rückblickend stellte ich fest, dass diese Tür nicht so unbenutzt aussah, wie die anderen. Und dann fiel sie mit einem lauten Knall plötzlich ins Schloss.
 

Ich stürzte wieder hinauf, um sie zu öffnen, sie klemmte. Mir blieb nichts anderes übrig, als weiter zu gehen. Ich war mir sicher, dass ich Raphael hier unten finden würde. Wer sonst sollte diese Türe geöffnet haben? Und wo sollte er sich sonst verstecken? So ging ich weiter, mit einem unheimlichen Gefühl im Bauch, das mir sagte, dass ich ganz nah an der Antwort auf meine Fragen war. Die Treppe endete vor einer weiteren Türe. Diese bestand aus Gitterstäben.
 

Sie war geöffnet und so ging ich hindurch. Ich war ich in den Verliesen gelandet. Ich sah mich um und bemerkte einzelne Zelle. Die einzige Einrichtung darin waren Pritschen, Bretter, die mit zwei Eisenketten an der Wand befestigt waren. Nicht mehr.
 

Mein Blick schweifte zu einer Holztüre, durch welche Licht auf den spärlich beleuchteten Weg zwischen den Zellen hindurch fiel. Ich näherte mich der Türe, hinter der ich nun gedämpfte Geräusche wahrnehmen konnte. Mit klopfendem Herzen legte ich meine Hand auf den Griff und drückte ihn hinunter. Die Tür schwang auf und ich machte einen vorsichtigen und zaghaften Schritt in den Raum hinein.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2008-07-22T16:54:50+00:00 22.07.2008 18:54
woah echt gruselig


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