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Tausend und 1 Nacht

von

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Kapitel 23

Kapitel 23
 

[Leider war dieses hoffen vergebens…] schoss es Lian durch den Kopf. Wie die Geschichte ausging, brauchte er nun nicht mehr zu lesen, er wusste es und er wusste auch vom Ende das nie geschrieben wurden war. So also endete das Leben eines Menschen, der ihm nicht einmal sehr unähnlich war. Vielleicht war es das was ihn an den Vampir so faszinierte. Dennoch hätte er gern erfahren was danach geschehen war. Irgendwie musste Raphael schließlich entkommen sein und irgendwie musste er es auch geschafft haben, sein Denken zu bewahren. Vielleicht war er ein Wesen der Nacht, aber so wie er die Dinge mit all dem Hintergrund sah, stellte er fest, das er noch viel mehr war als das. Er war ein Wesen der Nacht, das nicht aufgehört hatte ein Mensch zu sein. War das die große Kluft die Daeíon und Raphael trennten? Während der Vampyr alles menschliche Verschwinden ließ, bäumte sich Raphael immer wieder gegen das auf was er war. Er verstand ihn, bei Gott er verstand ihn wirklich. Ein ewiges Leben? Natürlich es klingt schön, doch zu welchem Preis? Ewig leben aber ständig wieder alles verlieren? War es nicht das was der große Haken an allem war? Man lebte, begegnete Menschen, man sah sie sterben und man blieb wie man war. Ein schlimmes Schicksal, das nur eine Art des Empfindens hervorbringen kann. Entweder wird man zum Monster oder man wird stärker als man sich je vorstellen konnte. So wie Raphael. In seinen Jahren, waren auch ihm sicher viele Menschen begegnet, Menschen die ihm wichtig waren und die er sterben sah. So wie auch er, Lian selbst, irgendwann sterben würde und dann? Auch ihm würde er beim Sterben zu sehen müssen, wenn er bliebe. Nur einen Unterschied hatte er zu allen anderen, er wusste wer Raphael war, er wusste das er ein Wesen der Nacht war, aber trotz allem den Menschen in sich wahrte. Vor ihm müsste Raphael nicht irgendwann fliehen um ihn sein eigenes Altern erträglicher zu machen. Der Gedanke bedrückte ihn. Er machte ihn schwermütig. Doch leider konnte man den Lauf des Lebens nicht einfach ändern und noch weniger sollte man es tun.
 

Der Junge stand auf. Schüttelte leicht den Kopf und ging auf den Flur. Die Tür hinter der sich Raphael zur Ruhe begab, war nicht weiter als ein paar Schritt entfernt. Er trat an sie heran. Nun und weiter? Plötzlich stand er im Raum. Mit klopfenden Herzen, ließ er auch diesen Flur hinter sich und stand nur vor der letzen Tür die ihn von dem Vampir trennte. Erst jetzt bemerkte er, dass er selbst das Heft bei sich hatte. Wann hatte er es genommen? War er so in Gedanken? Innerlich zuckte er mit den Schultern, wenn das so war, dann konnte er es auch zurück legen.

Er ging noch näher heran und öffnete schließlich die Tür. Leise schloss sie sich hinter ihm und einmal mehr stand er in einem Raum der ihn selbst jetzt noch den Atem nahm. Nur schnell das Buch weglegen und dann wieder gehen. So zumindest war sein Plan, aber seine Beine wollten ihm irgendwie nicht gehorchen. Er legte das Buch zwar hin, aber ging dann weiter zum hinteren Teil des Raumes. [Was tue ich hier eigentlich?] erschrocken ging er ein paar kleine Schritte rückwärts. Allerdings stand er schon nach ein paar Sekunden wieder vor dem Dunklen Stoff und versuchte seinen rasenden Puls zu beruhigen. Er sollte nicht hier sein, ganz und gar nicht. Wenn er auch noch so leise war, Raphael hatte ihn wahrscheinlich schon längst bemerkt.
 

Natürlich hatte Lian Recht damit, der Vampir hatte ihn bemerkt und er hatte auch bemerkt dass er das Heft zurück legte. Raphael wusste auch, das er vor dem Vorhang stand und krampfhaft versuchte den Impuls zu unterdrücken, weiter zu gehen und stattdessen wieder zurück.

Blieb eine Frage. Wieso wurde er nicht sauer oder war schon nach vorn gegangen?

Der Vampir richtete sich auf. Das hatte noch gefehlt. Das Leben was in Lian sprühte, es war das Licht, das er nur mühsam in sich selbst hatte erhalten können, bis es schließlich nur noch ein glimmen wurde. Er verachtete die Menschen, dachte er, tatsächlich war er oft unter ihnen, nicht um sie zu töten, oder sie zu vernichten, sondern einfach um das Gefühl nicht zu vergessen, wie es ist, lebendig zu sein, was bei ihm nur ein Bruchteil seines Daseins beschrieb. Und weiter? Es bedurfte nicht viel um sich des Jungen zu entledigen, im Gegenteil je eher desto besser, schließlich wollte er ihn nicht beim sterben begleiten, das hatte er zu oft erlebt und irgendwann war er es leid und zog das dunkle Loch, das man schlichtweg Einsamkeit nannte, dem Leben außerhalb vor. Blieb nur ein Problem. Er wollte ihn gar nicht mehr los werden.

Er wollte ihn nicht einmal mehr in irgendeiner Weise irgendwohin bringen, nicht mal die Erwägung von vor 2 Tagen hielt sich. Wieso sollte sich Lian in Sicherheit bringen? Er wäre nirgendwo sicher als hier unter dem Horst, und er war der der ihn diese Sicherheit sogar garantieren konnte, schließlich hatte er oft genug kämpfen müssen und war den meisten anderen ohnehin überlegen. Sogar Daeíon wusste das, deswegen war er ihm auch nur gefolgt. Er war ihm schon als Mensch zu gefährlich, doch als Vampir war er es um ein vielfaches mehr.

Raphael seufzte lautlos. Es war sinnlos. Lian stand noch immer vor dem Vorhang und kämpfte mit der Vernunft. Raphael saß inzwischen auf seinem Lager und starrte den Vorhang von der anderen Seite an.

Und nun?
 

Der Vampir stand auf du ging nach vorn. Lian stolperte fast rückwärts als er die Bewegung auf der anderen Seite bemerkte. [Hervorragend, nun stirbst du wahrscheinlich genauso schnell…] dachte er und beeilte sich irgendwie zur Tür zu gelangen um die Situation nicht noch unerträglicher für sich selbst zu machen. Natürlich war das völlig sinnlos, Raphael hörte jeden einzelnen Atemzug und jeden noch so leisen Schritt, wahrscheinlich auch dann noch wenn er auf Watte liefe. Im Moment kam er sich selbst eher vor wie ein Elefant.
 

Dann blieb er wie angewurzelt stehen und starrte den Vampir an. Seine Lippen formten eine Entschuldigung, allerdings versagte ihm die Stimme den Dienst.

„Warum bist du diesmal hier?“ fragte der Vampir ganz bewusst in einem kühlen Ton.

„Ich…ich hab nur das Heft….“ Er deutete auf den kleinen Tisch.

„Was ist damit? Kannst du es nicht mehr lesen?“

„Ich habe es bereits gelesen…“ murmelte der Junge leise.

„Erstaunlich.“ War der einzige Kommentar der von dem Vampir kam. Endlich schaffte es Lian ihn wieder anzusehen.

„Ich…ich weiß nicht was ich dazu sagen kann…jedes Wort wäre eine reine Verschwendung…mit dem bitteren Nachgeschmack der Tatsache, das sein Ende immer noch nicht verfasst wurde.“ Stammelte er hervor. Wo war das Mauseloch in das er kriechen konnte? Das klang selbst in seinen Ohren reichlich lächerlich. Nur eine Entschuldigung wäre vermutlich noch viel lächerlicher.

„Nun warum sagst du dann erst etwas?“

Lian sah ihn wieder an. Ja das stimmte…er wollte eigentlich gar nicht sagen, er wollte eigentlich auch gar nicht mehr hier sein.

„Hör zu Lian, das sind Dinge die lange vergangen sind, Dinge die eigentlich nicht einmal mehr irgendeinen Grund geben, sie existieren einfach nicht mehr.“

„Ich bin da nicht so sicher. Ich denke ihre Präsenz ist weitreichend zu vernehmen. Ich sehe dich und stelle fest, dass du dich im Grunde kaum verändert hast. Die Zeit dazwischen ist relativ, das was war ist entscheidend und das was daraus geworden ist.“ Erwiderte der Junge kopfschüttelnd.

„Und deswegen schleichst du hier her?“

„Nein…ich wollte das Heft nur zurück legen…“

„Was du getan hast.“

„Ja…Ich sollte gehen…ich denke das wird das Beste sein.“

„Und wohin?“

„Ich weiß nicht…weit genug weg um dich nicht noch mehr in Schwierigkeiten zu bringen.“

„Das bleibt dir überlassen, doch du solltest daran denken, dass du nirgendwo sicher sein wirst. Ganz gleich wohin du gehst.“

„Ich weiß…ich weiß…doch wie ich schon einmal sagte, wenn ich dein Leben damit retten kann, so ist das ein Preis den ich gerne zahle.“

„Das solltest du nicht tun.“

Lian sah ihn an. Was tat er hier? Er sollte doch einfach gehen? Doch wie schon davor schienen seine Beine ihn nicht gehorchen zu wollen.

„Das kommt meistens vor wenn sich Verstand und Gefühl nicht einig sind.“ Erwiderte Raphael und packte das Buch in eines der Regale, eher um sich abzulenken.

„Nun? Wem solltest du wohl eher folgen?“ wandte sich der Vampir wieder an ihn.

„Beidem…aber…“

„Aber?“

„Beides erscheint nicht richtig.“

Raphael wandte sich wieder ab. Er verhinderte damit dass er zu tief in den Geist des Jungen Einblick bekam, denn er wollte zu gern wissen was gerade tatsächlich in seinem Kopf vor sich ging, jedoch von ihm selbst.

„Was würdest du denn eher tun, wenn du das Denken außen vor lässt?“ fragte der Vampir ihn.

[Wenn ich das könnte wäre das nicht mal besonders schwer…] dachte er und ehe er selbst verstand was vor sich ging, setzten sich seine Beine in Bewegung, direkt auf den Vampir zu.

Raphael stand noch immer mit dem Rücken zu ihm, als er plötzlich eine warme Hand im Nacken spürte und dann die Lippen des Jungen auf seinen. Für einen Augenblick war er so perplex das er gar nicht in der Lage war in irgendeiner Weise zu reagieren, doch dann war auch schon alles wieder vorüber und Lian lehnte, die Arme um seinen Hals geschlungen, an seinem Oberkörper.

„Sterben…“ war die kurze Antwort, dann lief er hinaus und blieb erst stehen als er in seiner Kammer angekommen war. Sein Puls raste und sein Gesicht glühte. Was um alles in der Welt war in ihn gefahren?

Er fühlte sich seltsam erleichtert, aber auch ziemlich mies. Zum einen…spätestens jetzt war alles zu spät zum anderen…was hatte er sich dabei eigentlich gedacht? Hatte er überhaupt gedacht?

Er schlug die Hände vors Gesicht und schüttelte den Kopf. [Das überlebst du wahrscheinlich nicht…] schoss es ihm durch den Kopf. [Naja…wenigstens wäre es dann nicht gelogen von Sterben gesprochen zu haben…] meldete sich die ironische Stimme aus dem Hintergrund. Er nahm die Hände runter und starrte die Decke an.
 

Indes stand Raphael noch immer mitten im Raum und sah die Tür an. Er hatte tatsächlich schon eine Menge erlebt, aber es kam so gut wie nie vor das er besonders überrascht war. Nun stand er da und versuchte irgendwie zu realisieren was eben vorgefallen war. Doch dann gab er es auf und schüttelte den Kopf. Er würde diesen Menschen vermutlich sowieso nicht verstehen, nicht einmal dann wenn er sich bemühen würde. Dabei stellte er fest, das Lian sich von den anderen sehr unterschied. Er machte kaum einen Abstrich zwischen ihm und einen Menschen. Er hatte sogar festgestellt, dass das Heft sich auch heute noch mit seinem Verfasser vergleichen konnte ohne dabei zu sehr ein Märchen zu erzählen.

Aber mit dieser Reaktion hatte er am allerwenigsten gerechnet.
 

Wirklich leichter wurde es damit auch nicht, eher noch viel schwieriger. Gut vielleicht war es auch einfach nur ein Versehen, ein Versehen entstanden aus einer Situation heraus die viel schlimmer, zumindest für Lian, sowieso nicht mehr werden konnte. Seltsamerweise schien selbst der Vampir mehr oder weniger in einen Zwiespalt geraten, den er vermutlich weniger intelligent gelöst hätte. Dem Jungen schien es schon beinahe unangenehm, das er überhaupt her gekommen war und wenn er sich richtig entsann, wusste er schon, bevor er selbst nach vorn gegangen war, dass er nicht hier sein sollte. Und wie vor ein paar Augenblicken, war ihm auch da schon das Eigenleben seiner Gedanken in die Quere gekommen.

Und nun? Was sollte er mit dem Wissen jetzt anfangen? Natürlich, er könnte es einfach außen vor lassen und nicht weiter darüber nach denken. Blöderweise verlief dieser Plan nicht ganz nach seinen Vorstellungen. Missmutig schüttelte der Vampir den Kopf. Er sollte wirklich nicht weiter darüber nach denke. Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Er würde dann den Schrecken ohne Ende haben, während Lian irgendwann ein Ende haben würde. Und irgendwann konnte jeden Tag sein.

Plötzlich fiel die Starre von ihm ab. Hatte er nicht gesagt dass er gehen wollte? Noch bevor er selbst glauben wollte was er gerade in Begriff war zu tun, stand er schon im Gang.
 

Lian kam gerade ebenfalls heraus und blieb wie angewurzelt stehen. Das hatte gerade noch gefehlt. Während sein Puls wieder zu rasen begann, sah er sich etwas unheimlich interessantes hinter der Wand des Vampires an.

„Die Wände sind aus Stein…sie wurden nur mit Lehm bearbeitet damit man irgendwelche Muster darauf kenntlich machen konnte.“ Erwiderte Raphael völlig ohne jede Regung.

Lian nickte. So etwas Ähnliches hatte er irgendwo gelesen gehabt, aber es war nicht sonderlich interessant gewesen.

„Wo willst du hin?“

„Nur ein bisschen an die frische Luft.“ Antwortete er und schaffte es Raphael endlich wieder anzusehen.

Der Vampir nickte und im Handumdrehen, war er über dem Horst. Erst beim zweiten hinsehen, stellte er fest, das er wesentlich weiter davon entfernt war, als es sonst der Fall war. Allerdings rebellierte sein Magen diesmal nicht.

Es war schon Abend, der Kühle nach zu urteilen wahrscheinlich schon beinahe Nacht. Der Himmel war klar und der Mond nahm langsam wieder ein bisschen ab. Also hatte er gut 2 Tage unter dem Horst verbracht und die Zeit dabei nicht einmal bemerkt.

„Du solltest nicht zu lang hier bleiben.“ Meinte Raphael und ging ein wenig weg. Lian sah ihm nach.

[Scheint es nur so, oder ist er irgendwie anders? Er ist nicht wütend?] Nachdenklich betrachtet der Junge den Himmel. Eigentlich wollte er gehen, eigentlich wollte er vieles, doch eigentlich auch wieder nicht. Die Überwältigung seiner Gefühle, war dabei allerdings nicht mit berechnet und die Folgen spürte er nun nur noch deutlicher. Wenn er gehen würde, würde er wahrscheinlich immer Zweifel haben. Wie dachte Raphael über dieses Vorfall? Machte er sich überhaupt Gedanken? Die Wahrscheinlichkeit war eher gering, aber wenn er bliebe, so würde es nur noch schlimmer werden, für ihn selbst, doch er entschied, dass er damit schon leben können würde. Ihre Welten waren einfach zu verschieden als das er jemals über deren Abgrund springen könnte. Selbst wenn der wundersame Zauber in den Wänden des Horstes auf ihn übergreifen würde, bliebe er was er war, nur ein Mensch, dessen Lebensdauer nur verlängert aber nicht unendlich wurde, er würde hier bleiben, alt werden und irgendwann in ferner Zeit sterben, oder schon morgen. Wer wusste das heute schon. Er war sich nicht sicher ob er so leben wollte. Nicht einmal, aus Eigennutz, oder weil das nun einmal der normale Kreislauf war, in den er lebte, sondern viel eher, weil er an den dachte der nicht einmal mehr den Sinn eines Kreislaufes sah. Für ihn gab es das alles nicht mehr. Er starb als er 26 war und das war er heute noch, sein Kreislauf hatte sich schon einmal geschlossen, doch er wurde ihm entrissen. Bis auf seine Träume konnte er nicht viel mehr verlieren, also war er besser beraten wenn er ginge. Zumindest sollte das so sein, tatsächlich bewegte er sich keinen Zentimeter von der Stelle.
 

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Thx für´s lesen

Kritik, Anregungen wie immer.

*schoki da lass*

LG Kio ^^



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  midoriyuki
2008-11-24T12:51:08+00:00 24.11.2008 13:51
Arrrr mir raucht der Kopf xD
Die beiden machen sich das Ganze wirklich nicht leicht^^"
Aber wenigstens sind sie sich jetzt mal näher gekommen*chaka*
Gefällt mir also schnell weitermachen ja x3



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