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XXXIX. Wenn es um alles geht

Das große Saisonfinale gegen Bayern München, bei dem es wirklich um alles geht. Nicht nur für den FC, der einen Sieg zum Klassenerhalt braucht, sondern auch für die Bayern, die einen Sieg für die Meisterschaft brauchen.

Mehr Brisanz kann ein Fußballspiel gar nicht bekommen. Nicht in der Schlussphase der Fußballbundesliga-Saison.

Dafür kann jeder von ihnen gerade alles andere ausblenden. Auch Raphael schafft es, die Tatsache bei Seite zu schieben, dass zwischen Julian und ihm noch immer nichts klar ist. Dass sie über nichts haben reden können. Nicht über sein Geständnis, nicht über diesen unglaublichen intimen und doch zugleich unschuldigen Augenblick im Mannschaftsbus. Über gar nichts. Aber das muss hinten anstehen.

Denn jetzt es für den FC um alles oder nichts. Und für den FC, für den würden sie alles tun. Jeder einzelne.
 

Die Bayern haben ihre beste Elf auf dem Platz und bei den Dortmundern sieht es nicht anders aus. Sobald der Anpfiff erklungen ist, geht es zur Sache.

Und zwar richtig.

Das macht schon das erste Foul von van Bommel deutlich, bei dem Gabriel von den Beinen geholt wird. Derby-Stimmung in München, obwohl das hier gar kein Derby ist.

Aber das Feuer brennt und zwar so heiß, dass schon jetzt klar ist, dass sich der eine oder andere wirklich böse verbrennen wird.

Und diesmal sind die Bayern nicht so gnädig und behandeln die Dortmunder mit Herablassung. Dafür hat Trainer Klinsmann offenbar gesorgt. Es wäre schließlich durchaus peinlich, die Meisterschaft gegen einen Abstiegskandidaten zu verspielen.

Schweinsteiger und Ribéry drehen so richtig auf und vorne lauert ein Dreisturm aus Podolski, Toni und Klose. Eine Mannschaft, von der andere Vereine träumen würden. Der FC nicht. Weil man hier weiß, was man an ihren bodenständigen Kerlen hat.

An den Jungs, die jetzt keine Hemmungen haben, einen Luca Toni so richtig übel auflaufen und ins Abseits rennen zu lassen. Die auch einen Klose, einen Ribéry oder einen van Bommel von den Beinen holen und dabei kein bisschen so etwas wie Majestätsbeleidigung verspüren.

Aber dennoch macht der FC Bayern seine Klasse deutlich. In der 23. Minute spielen sie eine Kombination, die keiner der Dortmunder so hätte erahnen können. Ribéry, Schweinsteiger, dann van Bommel, erneut Schweinsteiger, Flanke auf Podolski, der die Saison seines Lebens spielt, und der Ball ist im Tor.

Reine flucht lautstark und tritt den Ball zornig auf die Tribüne. Das ändert nur nichts.

Wieder rennen sie einem Rückstand hinterher, während die Münchener Spieler und Fans jubeln.

Raphael presst die Lippen zusammen und spürt einen Augenblick später Julians Hand sachte auf seiner Schulter. „Wir packen das.“

Die grünen Augen strahlen ihn an und in dem Moment wäre er bereit, alles auf der Welt zu glauben.

Er lächelt und nickt. Versucht selbst wieder zuversichtlich zu sein. Sie haben ein Spiel zu gewinnen!

Und genauso spielen die Dortmunder weiter. Frech und leicht nach vorne, als wenn das Gegentor nicht passiert wäre. Und das verblüfft die Bayern sichtlich. Sie haben eher mit Ehrfurcht und Rückzug oder Resignation gerechnet. Nicht damit.

Und so kommt es, wie es kommen muss. Rensing wird nervös und offenbart damit die größte Schwachstelle der Münchener. Sie haben eben keinen überragenden Kahn mehr im Tor, sondern einen jungen Keeper, der noch immer viel zu lernen hat, obwohl er großes Talent besitzt.

Und Augustin beweist mal wieder, dass er wirklich ein toller Torjäger ist. Eiskalt lässt er Rensing auflaufen und haut den Ball ins Tor. Sein Jubelschrei ist weniger erleichtert, sondern gleicht vielmehr einem Kampfschrei.

Das hier, das ist ein offener Schlagabtausch zweier Mannschaften, die beide viel zu gewinnen haben, aber bei einer Niederlage nahezu ins Bodenlose fallen. Auch wenn bei den Bayern die vielen Millionen einen solchen Sturz wohl angenehm abfedern würden. Bei dem FC mit der ewig leeren Kasse gibt es so etwas jedoch nicht.

Wenigstens für zehn Minuten sind die Bayern konsterniert. Doch fünf Minuten vor der Halbzeitpause drehen sie wieder auf. Aber so richtig.

Auf einmal stehen die Dortmunder nur noch in der Defensive, schlagen Bälle weg und versuchen, ihr Tor zu verteidigen. Bei diesem Dauersturmlauf ist es kein Wunder, dass es irgendwann doch klingelt. Erneut Podolski, der nach einer Vorlage von Toni das Leder knapp am Innenpfosten vorbei hinter die Linie befördert.

Wieder ein Rückstand zur Halbzeit. So langsam könnte man ja fast glauben, dass sie sich daran gewöhnt hätten.
 

In der zweiten Halbzeit geht es genauso energiegeladen weiter. Und es kommt, was kommen muss: Die Bayern setzen zum K.O.-Schlag an.

Diesmal ist es Schweinsteiger, der das Tor macht. In der 54. Minute.

3:1 für die Bayern.

Raphael weiß nicht, ob er noch daran glauben soll, dass sie das hier noch schaffen. Vor allem, als er auf der großen Anzeigetafel die Zwischenstände der anderen Spiele sieht. Ohne Sieg steigen sie ab.

Wenn sie hier verlieren oder unentschieden spielen, ist das der Todesstoß.

Und das darf nicht sein.

Der FC darf nicht absteigen!

Die Bayern ziehen sich jetzt zurück, fühlen sich sicher.

Und genau das müssen sie jetzt ausnutzen. Das ist ihre Chance, denn jetzt blitzt sie wieder auf, die gewohnte Bayern-Arroganz.

Drei Tore brauchen sie noch. Drei.

In München. In dem Stadion, wo die Bayern dieses Jahr genau ein einziges Mal besiegt worden sind.

Raphael beißt die Zähne zusammen und sieht, wie es die anderen ähnlich tun. Sie alle wollen gewinnen. Also wird es Zeit, es den Münchenern so richtig zu zeigen!
 

Sie kämpfen sich durch, bemühen sich, ziehen richtig gute Angriffe auf. Und endlich, endlich gelingt Daniel der so wichtige Anschlusstreffer in der 70. Minute. Damit haben sie noch zwanzig Minuten für den Rest...

Knie wechselt. Er bringt Chris für Gabriel, der total ausgepowert ist, und Tom für Mürre, dem es nicht anders geht. Außerdem kommt Adrian für Augustin rein, der ebenfalls am Ende ist.

Drei Wechsel.

Und wäre einer von denen nicht passiert, hätten sie in der 76. Minute ein Problem weniger gehabt.

Van Bommel grätscht Julian um, dieser kommt wieder auf die Beine und keucht entsetzt auf. Das Knie will nicht mehr.

Raphael hört nur den schwachen Schmerzschrei, kickt den Ball ins Aus und gibt dem Schiedsrichter sofort ein Zeichen. Genauso der Bank.

Scheiße.

Nicht Julian.

Nicht jetzt.

Sie brauchen ihn doch!

Verdammt, nicht Julian!

„Das Knie...“, murmelt der blonde Spieler, als er bei Raphael bei ihm ankommt und ihm die Hand auf die Schulter legt. „Geht nicht mehr.“

„Scheiße.“ Raphael sagt das Wort voller Inbrunst.

„Hey, versprich mir eins...“ Die Sanitäter sind schon im Ansturm und Julian spricht schnell, beinahe hektisch.

„Alles, was du willst.“

„Gewinn dieses verdammte Spiel. Gewinn für mich. Für dich. Für uns. Für den FC. Der FC darf nicht absteigen.“ Und dann sind die Sanis schon heran und bugsieren die Nummer elf auf die Trage.

Raphael ballt die Hände zu Fäusten.

Und wie er dieses verdammte Spiel für Julian gewinnen wird!



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