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Oh Mann, Ryoga! – Eine schamlose Parodie.

von

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Klein aber "Oho"!

Ein neuer Morgen brach über Nerima herein.

Noch etwas scheu entsandte die Sonne ihre Strahlen und erntete Grummeln und Verärgerung seitens der werktätigen Bevölkerung. In drei von vier Fällen drehten sich die Betroffenen um. Der vierte Teil gähnte, verfluchte den Tagesanbruch und drehte sich erst anschließend um.

Ukyo zählte weder zu Gruppe 1, noch zu Gruppe 2. Sie war die ganze Nacht über schlaflos geblieben. Stattdessen hatte sie die Zimmerdecke über sich solange angestarrt, bis sie das Gefühl bekam, dass diese zurückstarrte.

Als die Sonne scheu durch die Gardinen spähte, setzte sich die Puppe mit einem Nicht-Seufzen auf. Ein Nicht-Fluch lag auf ihren Lippen und sie streckte die Arme, um ihre Müdigkeit aus den Gelenken zu quetschen.

Ihr Blick wanderte über den Rand der Schublade hinweg, in der ihr Kasumi das Nachtlager eingerichtet hatte. Ein dickes Kissen diente ihr als Matratze, ein Froteetuch als Zudecke.

Schmollend stierte sie zum Mädchen, das drei Meter entfernt in ihrem Bett schlief. Selbst wenn Ukyo Schlaf gefunden hätte, sie hätte ihn alsbald sowieso verloren.

Akane war gefährlich.

Das war ihr zuvor gar nicht klar gewesen. Nach einer Nacht im selben Zimmer sah sie den Blauschopf aber im ganz neuen Licht – augenblicklich im Sonnenlicht. Nachts jedoch glichen die Manöver, Verrenkungen und Tritte dem Zorn eines Teufels.

Derjenige, der sich das freiwillig antat, musste Masochist sein.

Eine Dimension tiefer nieste ein junger Mann.

Geschickt setzte die Puppe über den Schubladenrand, vollführte eine Flugrolle und kam beidfüssig auf. Okay, so wäre es schön gewesen. Die Wahrheit war, dass sie über den Rand taumelte, die Gliedmaßen zappelten und sie zuguterletzt auf den Hintern plumpste.

Hatte gar nicht wehgetan.

Das Puppengesicht verzog sich schmerzhaft.

Okay, okay – war gelogen! Schon gut, schon gut!

Tapsig näherte sie sich der Schlafstätte der jüngsten Tendo. Vor dem Bettkasten blieb sie stehen und starrte daran hinauf wie an der Chinesischen Mauer. Ihre kleinen Finger ballten sich zu Fäusten.

Ha! Das wäre doch gelacht.

Sie beugte die Knie, federte hart und sprang ab. Auf halber Höhe endete ihr Abenteuer und sie purzelte zu Boden.

Wehe, wenn jetzt einer lachte!

Ukyo ließ sich nicht unterkriegen. Entschlossen hüpfte sie nochmals und packte das Bettlacken. Mühelos kletterte sie daran hoch. Ihre bloße Armkraft genügte dazu völlig, was sie ehrlich gestanden erstaunte.

Auf der Matratze angekommen, schlenderte sie bis auf Augenhöhe ihrer Rivalin.

Probeweise zupfte sie an einer Strähne und das Mädchen rümpfte die Nase. Schwungvoll drehte Akane sich um und zog die geschrumpfte Köchin hinterher. Damit endete es noch lange nicht. Kaum auf der anderen Seite aufgetroffen, drückten zwei Arme wie Walzen sie an den Brustkorb ihrer Gastgeberin.

Flach wie ein Brett – Ranma hatte gar nicht so Unrecht.

Emsig stemmte sich Ukyo gegen die Umarmung und zu ihrem Erstaunen hielt sie gegen Akanes Stärke an. Selbiges schien auch der schlummernden Prinzessin aufzufallen, als sie den Druck erhöhte. Kuonji nahm die Herausforderung an.

Ihrerseits steckte sie alle Kraft in diesen Wettkampf und unter großer Mühe erreichte sie einen Stillstand. Vielleicht war es die drohende Niederlage, vielleicht wurde die jüngste Tendo einfach nur wach – auf jeden Fall schlug Akane die Augen auf.

Sie blinzelte in ein gegenüberliegendes Paar, das sie wortlos angiftete.

Akanes Schrei hallte durchs ganze Haus, Nabiki verschluckte fast die Zahnbürste, Herr Saotome seinen Bambus und Soun erlitt ein ähnliches Schicksal wie Nabiki – nur sein Missgeschick war von Erfolg gekrönt.
 


 

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Oh Mann, Ryoga! II – Einfach nur göttlich.
 

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Kapitel 15 – Klein aber "Oho"!
 

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Die Charaktere gehören mir nicht, sie gehören Rumiko Takahashi. Da ich weder weiblich noch kleinwüchsig bin, schließe ich, dass sie mir auch nie gehören werden.
 

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Die Situation am Frühstücktisch war in Ermangelung eines treffenderen Wortes – interessant.

Genma für seinen Teil kaute auf Bambus, Nabiki stahl amüsierte Blicke und Soun versteckte sich auffällig unauffällig hinter seiner Zeitung. Sein Husten verriet, dass die Zahnbürste noch feststeckte.

Kasumi derweil lächelte und bediente die Hausbewohner. Akane schielte zu dem Platz neben ihr.

Dort saß nämlich eine angemiefte Puppe auf drei Kissen und verschränkte bestimmt die Arme.

„K-Kasumi, reichst du mir d-die Sojasoße?“, fragte Soun.

Noch bevor die Älteste der Aufforderung nachkommen konnte, stupste Ukyo das Fläschchen an. Dieses schoss über den Tisch wie als hätte es noch nie etwas von Schwerkraft gehört und stoppte zwei Zentimeter vor der Reisschüssel Souns. Verblüffenderweise kippte es sodann die restlichen zwei Zentimeter, träufelte ein paar Tropfen schwarzer Flüssigkeit und kippte in seine Ausgangssituation zurück.

„D-Danke.“

Die Puppe nickte nur.

Die Atmosphäre war offensichtlich angespannt. Selbst ein Mensch mit der Ignoranz Genmas realisierte diesen Umstand und konzentrierte sich innig auf die Verwertung des Bambus.

Akane fischte mit ihren Stäbchen nach etwas Fisch – Ukyo beobachtete sie.

Akane näherte ihre Stäbchen ihrem Mund – Ukyo beobachtete sie.

Akane kaute gewissenhaft – Ukyo beobachtete sie.

„Es reicht! Was willst du?“, schnauzte die jüngste Tendo und ihre Augen spieen Funken.

Die Puppe erwiderte den Blickwechsel nicht weniger hitzig.

„Akane?“, mischte sich Kasumi in den Konflikt.

„WAS?“

Die Augen des Hausengels verengten sich ganz leicht. Akane schluckte und senkte den Kopf.

„Du hast Ukyo doch sicherlich gesagt, wo Ryoga und Ranma sind – oder?“

Die Kampfsportlerin lief rot an.

Kasumi wandte sich daraufhin an die Kampfköchin, die sie ihrerseits zwischen Neugier und Entnervung beäugte. In ihren Händen quetschte sie ein Essstäbchen.

„Die beiden wollen dir helfen.“

Ukyo verengte die Augen und schwieg vielsagend.

„Dafür sind sie ins Jenseits gegangen und - “

Das Essstäbchen zersplitterte in seine Einzelteile.
 

Zur selben Zeit dinierte Tatewaki Kuno an einem Tisch aus japanischer Eiche und genoss den Blick hinaus auf ein stolzes Regiment aus Blumen.

Seine Schwester taufte die zarten Blüten Fehlschläge. Das mochte daran liegen, dass man nach deren Genuss noch im Vollbesitz aller Kräfte, Sinne und des Verstandes war. Seiner Schwester ging das Konzept nicht auf, dass Blumen zu etwas anderem als zur Zerstörung des Zentralnervensystems ihrer Gegner nützlich waren.

„Fürwahr, welche Verschwendung“, sinnierte er und nippte am Kaffee.

Im nächsten Moment spie er die schwarze Brühe aus, unterdrückte ein Würgen und nahm einen tiefen Schluck aus der Vase. Er röchelte noch zweimal, ehe sein flatterndes Herz zur Ruhe kam.

Dabei hätte er schwören können, dass das schwarze Gesöff Kaffee war!

Wie es den Anschein vermittelte, wurde seine Schwester stets einfallsreicher.

Vornehm trocknete er sich mit der Servierte die Lippen. Einen Rest Stil musste er sich behalten.

Unterm Tischtuch hustete es.

Für die Dauer eines Wimpernschlags war Kuno ernsthaft verwundert. Als er das Tischtuch lüpfte, enthüllte sich ihm der Anblick eines schmutzigen, kleinen Zwergs.

„Sasuke?“

„J-Jawohl Meister Kuno“, näselte die Stimme kriecherisch.

„Wie kommt es, dass ich dich unterhalb des Tisches vorfinde.“

„Falltür“, gab der Ninja zur Antwort.

Kuno rieb sich das Kinn. Das erklärte natürlich alles.

„Ich darf davon ausgehen, dass deine Suche von Erfolg gekrönt war.“

Der Ninja hustete eine Wolke aus Staub hervor. Tatewaki wartete geduldig.

„Die Schatulle, sie ist fort.“

Kunos Brauen kreuzten sich und der Samurai lehnte sich im Stuhl zurück. Er glaubte seinem Diener. Einerseits war Sasuke selbstmörderisch loyal, andererseits wusste er, was ihn erwartete, wenn er es nicht war. Selbstmord wäre in diesem Fall ein Segen.

Wo aber konnte das Kästchen hingekommen sein? Welcher kranke Geist konnte sich dessen bemächtigt haben? Schließlich ruhte in diesem Kästchen nicht nur Heil, sondern gleichsam Verderben. Zwar hatte man ihm den genauen Inhalt verschwiegen, die Bettgeschichten seiner Mutter waren ihm jedoch im Gedächtnis geblieben – sehr zu seinem Leidwesen.

Er musste den Übeltäter finden oder es konnten schlimme Dinge passieren. Schlimmer als Saotome, schlimmer als Tatewakis Vater, schlimmer noch als Kodachis Kaffeeersatz. Geistesabwesend führte er die Tasse an die Lippen.

Sein Gesicht lief grün an.

Er hasste sein Leben.
 

„Kochen?“

Akane schaute erstaunt zu Ukyo. Die Puppe starrte kuhäugig zurück und war zu geschockt, um an Flucht zu denken. Ihr ganzer Körper war steif vor Angst.

Kasumi lächelte nur nachsichtig und nickte.

Die jüngste Tendo konnte ihr Glück gar nicht fassen. Ihre ältere Schwester wollte ernsthaft, dass sie kochte? Das war das erste Mal seit – hm, DAS war das erste Mal.

Akane ließ sich von dem ernüchternden Gedanken nicht die Stimmung vermiesen. Viel zu lange hatte sie auf die Chance gewartet, sich im Dschungel der Messer, Kochtöpfe und Zutaten zu beweisen. Die Zeit war gekommen!

Das Blauhaar unterdrückte ein Kichern und schielte zur verängstigten Kuonji.

Kasumi hatte nur eine Bedingung aufgestellt, nach der sie sich zu richten hatte. Zu jedem Zeitpunkt musste Ukyo anwesend sein.

Pah, als ob sie das nötig hätte.
 

Die Küche qualmte – höflich umschrieben.

Nur zwei Dinge trennten sie von einem Brand: 1. Das Fehlen von Flammen und 2. die Tatsache, dass sich noch immer etwas darin regte. Zugegeben, es war keiner der Hausbewohner, doch etwas erwies sich als hartnäckig genug, um die toxischen Dämpfe zu überstehen.

So gesehen, war das nicht wirklich beruhigend, schließlich handelte es sich dabei um Akanes missglücktes Experiment. Ukyo weigerte sich, dieses – dieses DING als Mahlzeit zu bezeichnen.

Die Kampfköchin schüttelte nur betäubt den Kopf.

Wie war das möglich? Wie konnte man Gulasch, einen stinknormalen Gulasch, derart ruinieren? Wie brachte man es fertig Wasser anbrennen zu lassen?

Sie schielte perplex zur jüngsten Tendo, die betreten vor sich hin schmollte.

Dieses Mädchen war ein Alptraum. In ihrer Unfähigkeit trotzte sie selbst den Naturgesetzen!

Kasumi bestellte derweil etwas am Telefon.

Für absehbare Zeit würde die Küche nämlich Speerzone sein. Wer nicht ins Krankenhaus eingeliefert werden wollte, biss lieber ins Gras oder - im Fall Herrn Saotomes – in Bambus.

„Ich gebe nicht auf.“

Die Puppe starrte Akane voller Unglauben an. Bitteschön? Was hatte sie gesagt?

„Und wenn’s mich umbringt, ich koche etwas essbares.“

Ukyo vergrub das Gesicht in den Händen.

Mädchen, wenn hier einer jemanden umbringt, wirst du das sein – und zwar uns!

Kuonji kippte sich etwas Sake in den bereitgestellten Fingerhut und schluckte das Gesöff auf Ex. Ihr Blick fiel nach draußen über die Veranda. Einer der Kois sprang froh und munter aus den Fluten, glitzerte im Sonnenlicht wie eine Münze und fiel zurück in seinen Wunschbrunnen.

Wie es wohl Ryoga und Ranma erging? Wahrscheinlich brachten die sich gerade gegenseitig um, anstatt ihre Mission zu erfüllen. Die beiden waren wirklich zwei Trottel.

Und sie war die Dritte im Bunde – warum sonst hatte sie sich in den einen wie den anderen verschossen? Deprimiert schenkte sie sich erneut ein. Diesmal nippte sie nur dran und beobachtete aus dem Augenwinkel wie der Rauch aus der Küche weniger wurde. Er schlängelte sich wie um eine unsichtbare Spirale und stieg über ihren Kopf hinweg nach draußen.

Akane hustete trotzig und bewies damit die Art von Reife, die Nerima-Jugendliche von normalen Jugendlichen unterschied. Zugegeben, die Jugend in Nerima unterschied sich nicht nur hinsichtlich dieses Aspekts. Zertrümmerte Dächer, eingetretene Türen und anderweitige Massenschäden bezeugten das.
 

Mousse rieb sich die Augen und vergaß wie eh und je die Brille aufzusetzen.

Daher ist es nicht ungewöhnlich, dass er die Person neben sich erst sehr spät bemerkte. Ein Knacken ihrer Fingerknöchel verriet sie dann doch.

Der halbblinde Amazone drehte sich zur Person. Er bekam eine auf den Hinterkopf. Er drehte sich in die andere Richtung. Diesmal knuffte ihn jemand in den Bauch.

Er setzte seine Brille auf.

„Shampoo!“

„Dummer Mousse sein im Weg. Brauchen Kasten“, stellte die Kriegerin lakonisch fest und ihr Verehrer rückte geschwind zur Seite. Er hätte es zwar gerne auf eine Umarmung drauf ankommen lassen, aber sein Körper protestierte vehement gegen den Vorschlag.

Das Mädchen schnaubte, schlenderte an ihm vorbei und stellte sich auf die Zehenspitzen, um an die Lieferkiste heranzureichen. Es gelang ihr nicht so ganz.

Ohne nachzudenken – das tat er häufiger – griff er nach der Kiste und hielt sie Shampoo entgegen. Dass das eine sehr dumme Idee war, spürte er sogleich. Die Faust traf gerade und sie traf hart. Auf Amazonen-Art stellte das sozusagen eine Begrüßung dar, zumindest für seinesgleichen.

Stolz reckte das Mädchen die Nase in die Höhe.

Tatsächlich reckte sie die Nase derart hoch, dass sie den Stuhl übersah. In einer klassischen Romanze wäre das jetzt der Moment gewesen, in dem der Mann die Frau seine Träume auffängt, beide sich wie gebannt ansehen und ihre Lippen sich nähern…

Das wäre natürlich langweilig. Wie gut, dass man sich daher in Nerima befand.

Ergo fing der Halbblinde zwar seine Angebetete, kassierte dafür allerdings eine Kopfnuss. Zu Shampoos Entschuldigung muss man festhalten, dass die Attacke diesmal unabsichtlicher Natur war. Es war vielmehr ihr Training, das den Balanceverlust auszugleichen versuchte und dabei etwas übers Ziel hinausschoss.

Sei es wie es sei, beide knallten an der Stirn gegeneinander und sahen Sterne. Mousse, für seinen Teil, würde jene Himmelskörper sogar noch länger betrachten können. Shampoo half ihm dabei – ausgiebig.

Während der Brillenträger zu Boden rutschte, drehte die Amazone ihm den Rücken zu und marschierte stolz aus der Küche. Dass ihre Wangen dabei wie Hochöfen glühten, merkte sie wahrscheinlich selber nicht.
 

Ranma amüsierte sich köstlich.

Sie liebte Mangas. Es war eines ihrer wenigen Hobbys neben der Kampfkunst. Dementsprechend vergnügt blätterte sie die Zeitschrift durch und kicherte mitunter. Natürlich würde sie das später dementieren – sie kicherte schließlich nicht. Kichern ist unmännlich, sie – lachte.

Genau, sie lachte!

Ryoga war gar nicht amüsiert.

Das mochte daran liegen, dass er zusammen mit seiner Nemesis die Frau retten durfte, die er liebte. Natürlich könnte sein Unmut auch daran gelegen haben, dass Saotome genau den Manga las, den er selbst angepeilt hatte.

Vielleicht war das Problem auch einfach, dass er hier in einem Warteraum saß und die Displayanzeige über dem Tor [Bitte warten] verkündete. So hatte er sich die Hölle echt nicht vorgestellt. Es gab sogar einen Ventilator!

Neben dem Ventilator lag eine Auswahl von Zeitschriften aus, darunter mehrere Manga. Es gab daneben noch Getränkeautomaten – sie nahmen Seelensplitter, eine Währung von der Ryoga noch nie etwas gehört hatte – und eine leise Musikbeschallung klimperte dezent im Hintergrund.

Gerade lief: On the highway to hell.

Hibiki stampfte mürrisch auf. Ihm war langweilig, er war genervt und wollte die letzten zwei Prüfungen absolvieren. Ukyo litt gewiss Höllenqualen – die Ironie in dieser Behauptung entging ihm völlig – und wartete auf ihren Retter.

Ranma kicherte vergnügt und Ryoga ließ den Kopf hängen.

Korrektur: Auf ihre Retter.

Welche Qualen musste das Mädchen wohl im Augenblick erleiden? War sie gefangen, wurde sie gefoltert?

Eine Dimension über ihm hickste eine Puppe vergnügt, hob den Fingerhut und kippte hintenüber.

Hibiki nickte sich zu. Er würde sie von ihrem schrecklichen Schicksal erretten.
 

Ranma spähte von ihrem Manga auf.

Dem Trottel ihr gegenüber war sicher gar nicht aufgefallen, dass sie seit zwei Minuten auf derselben Seite verharrte. Ryoga war so in seinen Illusionen einer Heldentat gefangen, dass er selbst einen Elefanten im Raum übersehen würde.

Saotome grinste und schüttelte den Kopf.

Man merkte, dass ihr alter Kumpel keine Ahnung hatte, was eine Rettungsaktion nach sich zog. Das Retten selbst war noch der angenehmste Teil. Du prügeltest dich mit ein paar Typen, tauscht ein paar coole Sprüche aus und beschützt die Jungfrau in Nöten.

So betrachtet, lief das wie in den Märchen ab.

Was etwas anders funktionierte, war das nachfolgende Drumherum.

Häufig erntete man als Retter nämlich Schläge, Beschwerden – allseits beliebt: Warum hat das so lange gedauert? – und letztlich Undank. Nicht ungern hätte Ranma dieses Wissen geteilt. Der Stirnbandträger würde ihm aber nicht zuhören, -

Ranma seufzte.

- dass tat Ryoga nämlich nie.

Ein helles Pling! ließ die Kampfsportkoryphäe aufmerken. Der Text an der Anzeige hatte sich geändert und verkündete nun in blutroten Zeichen [Bitte eintreten].

Saotome legte den Manga beseite, streckte ihre Glieder und näherte sich dem Tor. Neben ihr folgte Ryoga und gemeinsam blieben sie vor dem irgendwie deplazierten Portal stehen. Dieses hier ähnelte vom Aufbau her dem ersten Tor.

Der Hintergrund war ebenfalls wieder pechschwarz, diesmal war der mineralisierte ‚Zuckerguss’ jedoch von weißer Farbe. Behutsam drückte Ranma gegen das Tor, das sich daraufhin quietschend aufschob. Neben ihr kratzte sich Ryoga verwirrt den Kopf.

Die Dämonin beschaute sich ihrerseits die neue Landschaft – oder hätte das gerne.

Leider bauschte ihre dichter Nebel ins Gesicht, in den sie und ihr Kamerad zögerlich eintraten. Gedämpft hallten ihre Schritte auf Stein wider.

„Ranma?“

„Hm?“, meinte die Kämpferin und schielte zum alten Reißzahn.

„Das kommt mir hier irgendwie bekannt vor.“

Ranma kämpfte mit sich. Sie probierte es ehrlich und zog jede vorhandene Reserve zu Nutze. Diesen Kampf verlor sie allerdings – sie konnte einfach nicht die Klappe halten.

„Ach echt?“

Das Knirschen von Zähnen verklang in ihren Ohren. Als vorbildlicher Freund und Kamerad hätte sie nun schweigen können. Es hätte ja bereits genügt sich einen Meter von Ryoga zu entfernen und ihm Zeit zum Abkühlen zu lassen.

Schade nur, dass Genma Saotome in all seiner Erziehung einen unwesentlichen Punkt des Lebens ausgelassen hatte – er nannte sich soziale Kompetenz.

Davon besaß sein Sohn nämlich denkbar wenig.

„Mach’ dir nix draus. Ey, wer weiß? Vielleicht find’n wir ja ’n Lagerfeuer von dir?“
 

Ryoga Hibiki war kein geradliniger Mensch. Die Natur hatte sich für ihn und seine Familie etwas Besonderes ausgedacht und ohne ihr Einverständnis umgesetzt. Das Projekt war dem Anschein nach ein Prototyp geblieben.

Die Rede war von seinem Orientierungssinn.

Es gestaltete sich nämlich äußerst schwierig geradlinig zu sein, wenn man die meiste Zeit über im Kreis läuft – insofern man nicht durch die Luft katapultierst wird. In diesem Fall war sogar Ryoga dazu fähig in einer Linie von A nach B zu kommen.

Aber finde mal einen, der ihn die ganze Zeit durch die Gegend kickt.

Der Stirnbandträger ballte die Fäuste.

Er hatte das zweifelhafte Glück einen solchen jemand bereits gefunden zu haben. Ranma kickte ihn gerne durch die Gegend und wenn eine Mauer im Weg war – was soll’s? Dann geht’s eben mitten durch.

Auch in anderer Hinsicht ließ Saotome keine Chance aus, auf ihm herumzutrampeln. Die ständigen Kommentare, Beleidigungen und Witze gingen ihm gehörig auf die Nerven. Noch dazu war diese Ausgeburt der Hölle so verdammt gut in der Kampfkunst.

Noch eine Bemerkung und er würde die Dämonin in den Boden rammen, draufstampfen und – nur um sicher zu gehen – nochmals zutreten. Hey, warum eigentlich auf die Bemerkung warten?

Bevor Hibiki agieren konnte, bremste Ranma plötzlich ab.

Sehr langsam drehte sich der Rotschopf zu ihm und wirkte mit einem Mal gar nicht so selbstsicher. An und für sich wäre der Anblick Balsam für seine Seele, leider traf Saotome das Unglück nie allein. Für üblich sparte sich das Pech eine Portion für Ryoga Hibiki auf.

„Hier is’ Nebel.“

„Ja - “

„’s windig.“

„Da - “

„Wir steh’n auf Fels.“

„Unterbri - “

„Wird sind im Gebirge.“

„Ja und?“, polterte der ewige Wanderer aufgebracht.

Ranma zuckte vielsagend mit den Schultern.

„Kenn’ den Ort irgendwoher. Weiß nur nich’ woher.“

Ryoga musterte die Dämonin argwöhnisch. Ihm kam der Ort ebenfalls bekannt vor, aber wie Saotome vorhin so treffend andeutete - das war nicht wirklich eine Seltenheit. Tatsächlich besaß er selbst meist keinen blassen Schimmer, wo überall er bereits gewesen war.

Trotzdem – dieser Ort war eigenartig bekannt. Die schroffen Felsen, der harte Untergrund und der klirrende Wind, fast erwartete er sich noch ein paar Affen dazu…

Warte mal, Affen?

Ein kalter Schauer überfiel die Göttin und er schaute zu Ranma, die seinen Blick auffing.

„Du denkst doch nicht - “

„ - was ich denke?“

Die beiden Kampfsportler drehten die Köpfe und starrten geradeaus in den Nebel vor ihnen, aus dem sich die Form eines eigenartigen Felsens herauslöste. Selbst ein Mensch mit wenig Phantasie, konnte den Stein mit einem Kessel verwechseln.

Das Knirschen von schweren Sohlen ließ die beiden kurz zusammenzucken. Dann drehten sie sich um – und trafen einen alten Bekannten.
 

Das Abendrot kroch über Nerima, heftete sich an die Dächer und sprang von Garten zu Garten. Jedes Liebespärchen wäre bei diesem Anblick dahin geschmolzen. Da man hier allerdings nie seine Ruhe hatte und ständig irgendwelche Kampfkünstler und –kuriositäten herumirrten, hielt sich die Zahl solcher Pärchen in Grenzen.

Stattdessen stand Mousse stolz und entschlossen auf dem Dach des Neko Hanten. Über den Rand seiner Brille beobachtete er das Schauspiel und genoss wie der laue Wind durch sein Haar kämmte.

Dann seufzte er, rückte die Brille zurecht und sah sich den Sonnenuntergang an, anstatt ihn zu vermuten.

Er hoffte nur, dass ihm Shampoo nicht auf die Schliche kam. Es wäre denkbar schlecht für sein Ansehen bei ihr, wenn sie von seinem neuesten Zeitvertreib erfuhr. Bei Saotome wäre das alles selbstverständlich kein Problem – aber bei Mousse wurde es an die große Glocke gehangen, wenn er einem perversen Greis bei seinen Miederbeutezügen half.

Der Amazone stutze.

Irgendetwas gab der Aussage einen negativen Anklang.

Bevor er Zeit fand den Fehler in seiner Überlegung auszumerzen, bekam er eine Pfeife auf den Kopf. Wimmernd ging er in die Knie.

„Jungchen, behalt’ deine Umgebung im Auge“, witzelte der Alte vergnügt und sprang voran. Mousse grollte und folgte. Ihm blieb schließlich keine Wahl. Nicht nur hatte er sich geschworen Saotome zu besiegen, jetzt band ihn auch noch ein gewichtiges Versprechen dran.

Geistesabwesend setzte er über die Dächer hinweg.

Abgelenkt wie er war, übersah er jedoch eine Kleinigkeit. Namentlich eine Pfeife, in die er geradewegs sprang und den Troll, der sich köstlich darüber amüsierte.

„Jungchen, immer aufpass’n. Kannst deinen Gegner nich’ aus den Augen lassen.“

Mousses Augenbraue zuckte. Wie er doch solche Anspielungen hasste!

„Heute beweiste mir, dass du loyal bist.“

„Loyal?“

Der Gnom nickte wichtigtuerisch und verschränkte die Ärmchen.

Als Amazone war er es gewohnt den Boden zu küssen, auf den andere traten. Bei Frauen war das eine Sache, - hey, mitunter trugen sie Röcke! – bei einem Giftzwerg wie Happosai eine Qual.

„Bring’ mir einen BH - “

Mousse grinste. Das klang ja fast einfach.

„ – von der liebreizenden Shampoo.“

Das Grinsen gefror.

Er sollte ausgerechnet die Person bestehlen, für die er den ganzen Quatsch auf sich nahm? Da rede mal einer was von einer Prise Ironie – das hier war ein ganzer Salzstreuer voll!

„Kommt nicht in Frage“, trompete der Krieger bestimmt und starrte den Winzling nieder.

Einen Augenblick später lag er zu Füßen besagten Winzlings und lugte zu diesem auf.

„Schrecklich undankbar die Jugend heutzutage. Da bietet man ’n wenig Hilfe und dann so was!“, Happosai machte große Augen und heulte Krokodilstränen. Der Anblick war einfach unerträglich.

„Ich tu’s, ich tu’s ja“, murrte der Amazone und stieß einen Seufzer aus.

Er war ja so was von geliefert. Und wenn er Pech hatte, passte er alsbald in eine der Lieferkisten.

Nichtsdestotrotz hüpfte er den Weg zurück, den sie gekommen waren. Weshalb hatte ihn der Alte eigentlich von zu Hause fortgelockt, wenn er letztlich doch dorthin zurückkehren sollte?

Mousse grinste sardonisch.

Wahrscheinlich wollte sich der Knacker nur nicht mit Cologne anlegen. Dass dafür gar keine Gefahr bestand, konnte der Gnom natürlich nicht wissen. Und je weniger Leute davon wussten, desto besser.

Wenn es nach der alten Schabracke ging, so hatte das Gespräch gestern Nacht ohnehin nie stattgefunden. Die Vereinbarung zwischen ihnen stand trotzdem und bestärke ihn in seinem Training unter Happosai.

Nahezu lautlos landete der Amazone auf dem Dach des Neko Hanten. Er verlor keine Zeit damit einen Plan zu schmieden. Je schneller er das hier hinter sich brachte, desto größer waren seine Überlebenschancen.

Vor kurzem war Shampoo mit einer Lieferung aufgebrochen. Es galt die Gunst der Stunde zu nutzen. Geschickt hangelte er sich an der Dachrinne zu Shampoos Fenster, stieß es mit den Füßen auf und schwang sich hinein.

Auf Zehenspitzen schlich er zum Schrank. Natürlich war er nicht so blöd diese Chance nicht auszunutzen. Hey, er war immerhin noch ein gesunder, junger Mann! Ergo beäugte er das Zimmer seiner Angebeteten mit großen Augen.

Die Höhle seiner Löwin wies mehrere Photos an den Wänden auf – auf zwei von diesen war er sogar drauf, einmal am Boden und einmal mit ihrem Fuß auf dem Kopf – und dann war da noch ihr Bett, nebst dem aufgezählten Schrank.

Vor letzterem kam er zum Stehen und holte tief Luft.

Um das nötige Training zu erhalten, muss er das machen. Wenn er das machte, befleckte er Shampoos Ehre. Um Shampoos Ehre wiederherzustellen, musste er ihre Ehre beflecken…

Herrgott, mussten die Dinge immer so kompliziert sein?

Er schüttelte den Kopf und zog die Schublade auf.

Geblendet von der Verheißung schürzte er die Augen und wandte zusätzlich den Blick ab. Im Grunde hätte es genügt die Brille abzunehmen – leider waren seine Gedanken gerade ganz woanders.

Mit zitternden Fingern griff er hinein und zauberte einen hellblauen Büstenhalter hervor. Zarte Spitze kringelte sich um die Ränder und der Begriff ‚Verführung’ schien darauf eingeprägt.

„Verzeih’ mir Shampoo, meine Edelste, meine Schönste, meine - “

„Aiya! Bin zurück!“

Mousse Miene gefror zu einem starren Lächeln.

Nein, bitte alles bloß das nicht!

Er schielte zur Tür, die noch verschlossen war. Doch die Treppenstufen kündigten bereits von ihrer rasanten Besteigung und dem Unglück, dass sie mit jedem Schritt näherbrachten.

„Ich bin so was von tot.“

Hastig sprang er ins einzig verfügbare Refugium – in den Schrank.

Die Tür zum Zimmer wurde aufgestoßen und hereinmarschiert kam die quirlige Amazone. Ein Ritz zwischen den Flügeltüren des Schranks erlaubte ihm einen gewissen ‚Einblick’. Er schluckte. Wenn sie ihn jetzt fand, brauchte er keine Finger mehr, um seine verfügbaren Tage auf Erden abzuzählen.

Aber immerhin konnte es unmöglich schlimmer kommen…

Shampoo zog sich die Bluse aus.

Es kam schlimmer…

Als nächstes folgte ihre Seidenhose, die aufs Bett flog.

Immerhin bekam er noch einmal den Himmel zu sehen…

In Gedanken bereits mit dem Leben abgeschlossen, erwartete er ihre nächste Aktion. Man musste keinen Hochschulabschluss besitzen, um zu wissen, welche das sein würde. Sie brauchte Kleidung, also würde sie sich dorthin wenden, wo es welche gab.

Zum Schrank.

„Shampoo!“

Die delikate Hand des Mädchens stoppte wenige Zentimeter vor dem Griff. Wie in Zeitlupe krümmten sich die Finger und zogen sich zurück. Die junge Amazone seufzte entnervt.

„Ja Urgroßmutter?“

„Ich muss dich mal kurz sprechen.“

„Sicher Urgroßmutter.“

Lustlos stieg die exotische Schönheit zurück in ihre Kleider und verließ den Raum. Ihre Tür schloss sich mit einem leisen Klack. Mousse stakste kurz darauf aus dem Schrank. Sein Gang war steif und er selbst aschfahl.

Er hatte dem Tod ins Angesicht gesehen – und verdammt, für den Tod lohnte es sich echt zu sterben.
 

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Ein kleiner Glossar zum besseren Verständnis:
 

Seelensplitter: Den meisten Anhängern Rumiko Takahashis dürften diese hübschen, rosafarbenen Steinchen etwas sagen. Es handelt sich um die Bruchstücke des Shikon no Tama, also des Juwels der Vier Seelen. Und keine Sorge, dass war nur eine Anspielung dem Humor wegen - Inu Yasha bleibt also außen vor. Ich hasse nämlich Multi-Crossovers.^^°
 

Schöne Grüße,
 

euer Deepdream



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